Uwe - Muck Cihak - E-Book

Uwe E-Book

Muck Cihak

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Beschreibung

Uwe war ein Mann, der das Leben liebte. Die Überholspur war die einzige Option für sein Tempo, seine Lieben hat er auf seinen Abenteuern gerne mitgenommen. Viele Freunde und Bekannte teilten seine Erfolge und schönsten Stunden mit ihm. Über Facebook findet er noch einmal die große Liebe und nichts scheint unmöglich. Aber eines Tages ist das Schicksal plötzlich schneller. Ein Schlaganfall verändert alles. Silvia Cihak erzählt eine sehr persönliche und berührende Geschichte, schildert die Erlebnisse nach dem Schicksalsschlag und zeigt, welche Herausforderungen das Leben plötzlich prägen. Wie viel kann ein Mensch aushalten? Wie lange kann man kämpfen? Ein Tag kann alles ändern und auf einmal prägen Fragen das eigene Leben, an die man davor wohl kaum gedacht hat.

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Seitenzahl: 227

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2024 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99146-925-4

ISBN e-book: 978-3-99146-926-1

Lektorat: L. V. Bischof

Umschlagfoto- & Innenabbildungen: Muck Cihak

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Vorwort

Ich habe lange überlegt und mit mir gerungen. Soll ich ein Buch über unser kurzes Leben schreiben?

Ist es richtig?

Es ist ja auch sehr privat.

Ich hatte jeden Tag seit deiner Erkrankung meine Gedanken und Gefühle aufgeschrieben.

Ich schreibe schon seit meiner Kindheit. Ich habe schon immer eine Art Tagebuch geschrieben. Mir hat es immer geholfen, all das, was ich in meiner Kindheit und als Jugendliche erlebt habe, zu verarbeiten. Ich weiß nicht, wo ich heute wäre, wenn ich das nicht gemacht hätte.

Es war eine schwere Kindheit. Keine schöne. Aber darauf möchte ich hier und heute nicht eingehen.

Nun hatte ich viele Seiten vollgeschrieben. Mir hat es geholfen, mit besonderen Situationen besser umzugehen. Man ist viel allein. Die eigenen Kinder will man nicht immer belasten. Und Freunde haben sicher selbst mit der Situation zu kämpfen. Mit ihren eigenen Leben viel zu tun.

Ich habe das zumindest in meinem Leben erlebt, irgendwie das Leben allein zu meistern. Die eigenen Probleme zu lösen. Nicht andere um Hilfe zu bitten.

Aber auch darauf möchte ich gar nicht weiter eingehen. Aber vielleicht sind das alles Gründe, die mich dazu bringen zu schreiben.

Ich habe Uwes Schwester, den engsten Freunden und meinen Kindern davon erzählt, dass ich ein Buch über das Leben mit Uwe schreiben möchte, dass ich eigentlich schon alles aufgeschrieben habe. Ich müsste nur alles ins Reine schreiben.

Ich fing dann vor fast einem Jahr an. Ich fuhr dafür nach Dänemark. Mietete mir ein kleines Haus. Ich brauchte eine andere Umgebung, Zeit und Ruhe.

Ich habe in der Zeit viel geschrieben. Aber nicht alles. Es war nicht einfach. Meine Emotionen überwältigten mich und hinderten mich oft daran weiterzuschreiben.

Zu Hause nahm ich mir vor, das zu tun. Das gelang mir nur bedingt. Die Arbeit ließ mir wenig Zeit dafür.

Mir gelang es höchstens mal ein paar Zeilen zu schreiben.

Da nun der sechste Todestag von Uwe näherkam, entschied ich mich, wieder nach Dänemark zu fahren. Ich mietete mir wieder für eine Woche ein Haus. Ich konnte mich erst schwer dazu zu bringen zu schreiben. Ich war müde und ziemlich urlaubsreif. Also schlief ich die ersten zwei Tage viel und ging am Strand spazieren.

Aber als ich am dritten Tag morgens aufstand, war es so weit. Ich schrieb und schrieb, bis ich fertig war.

Es war das letzte Kapitel und die Tage bis zur Beerdigung. Das war für mich nicht leicht. Die Erinnerungen waren so nah, als sei es erst vor Kurzem gewesen. Nicht doch schon sechs Jahre.

Wie die Zeit vergeht.

Ich hatte auch überlegt, schreibe ich ein Vorwort?

Was schreibt man da?

Ich lese viel, schon immer. Daher ist mir ein Vorwort natürlich nicht fremd.

Also schrieb ich nun auch ein Vorwort …

Mir war einfach wichtig, nicht nur meine Gedanken und Gefühle aufzuschreiben. Auch ist mir wichtig, Leser, die in ähnlichen Situationen waren oder sind, meine Erfahrungen mitzuteilen. Vielleicht erkennt sich jemand wieder?

Ich überlege seit dieser Zeit, wie man jüngeren Menschen mit Behinderungen/Beeinträchtigungen besser helfen kann. Familien bessere Hilfen geben kann. Weniger unbürokratisch. Auch versuche ich seitdem Möglichkeiten zu finden, genau diesen Menschen menschenwürdigere Einrichtungen zu ermöglichen. Menschen mit Beeinträchtigungen, die noch zu jung sind, um in einer Pflegeeinrichtung das Leben mehr schlecht als recht zu beenden.

Eine Einrichtung, die diesen Menschen gerecht wird. Warum nicht Wohnungen, die behindertengerecht sind, wo sie auch allein und selbstbestimmt leben können. Ihren Bedürfnissen gerecht werden. Sie entsprechend gefördert werden. Altersgerecht und ihrem jetzigen Zustand entsprechend.

Ich möchte nicht ungerecht sein. Natürlich weiß ich, dass es auch gute Einrichtungen gibt. Dass es großartige Pfleger*innen gibt, die alles geben, um diesen erkrankten Menschen ein einigermaßen lebenswertes Leben zu geben. Wir wissen alle, dass unser System, das nicht immer gewährleistet.

Betroffene Familien benötigen auch dringend mehr Hilfe. Die komplette Familie ist im Ausnahmezustand und muss sich dann auch um alles kümmern. Das darf und sollte nicht sein. Zumindest sollte es leichter sein.

Da ich selbst aus dem pädagogischen Bereich komme, wusste ich eher, wo ich Hilfe bekomme. Welche Wege ich gehen muss, wo ich finanzielle Hilfen bekomme und und und. Das ist überhaupt auch ein schwieriges Thema. Da ich gut verdiene und selbstständig bin, konnte ich vieles ermöglichen. Andere Familien vielleicht nicht. Das darf so nicht sein.

Wir brauchen unbedingt viel mehr Informationen und Hilfen.

Daran werde ich weiterarbeiten, versprochen.

Dieses Buch ist sicher sehr emotional und nicht immer leicht zu lesen.

Gerne stehe ich für ein Gespräch zur Verfügung.

Viel Vergnügen kann ich nicht wünschen, aber eventuell Inspirationen, Hilfen und ein Gefühl von Verständnis für alle, die in so einer Situation sind oder waren.

Ich freue mich auch über ein Feedback.

Kapitel 1

Uwe

Ich schaute mal wieder bei Facebook vorbei. Wie so oft.

Da sah ich ein Auto, welches mich sofort an meine Kindheit erinnerte. Ein warmes Gefühl überkam mich und mein Opa und meine Oma waren sofort präsent. Die Zeit bei meinen Großeltern war eine schöne Zeit. Das erwähne ich, weil die Zeit bei meinen Eltern das ganze Gegenteil war. Aber das nur nebenbei.

Das Auto war orange und hatte ein weißes Dach. Ein Audi 1000 S.

Der Mann daneben war auch interessant. Ich schrieb ihm an. Schnell antwortete er mir. Wir schrieben lange und dann telefonierten wir sogar. Das war am Mittwochabend.

Wir verabredeten uns für Freitag. Das ging alles sehr schnell, aber es fühlte sich richtig an.

Freitag war es so weit. Ich erzählte meiner Freundin von diesem Mann mit diesem tollen Auto. Sie war überrascht, dass ich mich so schnell auf ein Treffen eingelassen hatte. Ich auch …

Wir waren zu dieser Zeit fast jeden Freitag im Musik-Garten-Lokal an der Elbe. Ich liebte diese Atmosphäre dort. Auch heute noch.

Wir waren Freunde und Bekannte und hatten eine ausgelassene Stimmung. Dann war es so weit. Ich sah das Auto. Auch andere Gäste. Dieses Auto erregte Aufmerksamkeit. Ich freute mich, aber etwas unangenehm war es schon.

Es stieg ein gutaussehender Mann aus. Das war er wirklich, genau wie das Bild bei Facebook.

Er kam auf uns zu. Mit einem großen bunten schönen Blumenstrauß. Seine Haare wehten. Er erinnerte mich an einen 80er Jahre Popper. Etwas gewöhnungsbedürftig. Ich begrüßte ihn und er setzte sich sofort zu uns. Alle Gäste sahen zu uns. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Meine Freundin bemerkte das und ich bekam einen Tritt unter dem Tisch.

Ich zweifelte, mag ich ihn? Oder interessierte mich nur das Auto?

Schnell war er mittendrin in unserer Runde, lachte und wir unterhielten uns alle angeregt. Irgendwann fragte er mich, ob wir nicht mal etwas spazieren gehen könnten. Wieder traf mich ein Tritt unter dem Tisch. „Okay“, sagte ich und wir gingen. Haben uns auf eine Bank in der Nähe gesetzt und unterhielten uns. Wir bekamen überhaupt nicht mit, wie die Zeit verging. Irgendwann wurde es hell und die Sonne ging auf. Ich sah mich um und war überrascht, dass niemand mehr da war. Auch meine Freunde nicht. Wir waren so mit uns beschäftigt, dass wir nicht mitbekamen, dass es nun schon 5 Uhr morgens war.

Uwe, so hieß er, meinte, dass er nun dringend losmüsste, da er seinen Laden öffnen muss. Uwe hatte ein Fahrradfachgeschäft in Mölln. Was untertrieben war, was ich später erfahren und gesehen habe.

Da wir fast den gleichen Weg hatten, fuhren wir gemeinsam los. Jeder mit seinem Auto. Ich sah mir das Auto genau an und war immer noch total begeistert. Fast wie ein Spielzeugauto.

Bei mir zu Hause angekommen, hielt Uwe an und meinte ein Kaffee wäre toll. Gesagt, getan. Wir tranken Kaffee. Aber Uwe musste nun wirklich los. Wir verabschiedeten uns. Ein wirklich magischer Moment. Kann das sein? Kann man sich tatsächlich so schnell verlieben? Liebe auf den ersten Blick? Ich habe nie daran geglaubt.

Ich hatte so viel Adrenalin in mir. Ich konnte nicht schlafen. Ich rief dann meine Nachbarin an, die auch eine liebe Freundin und Beraterin war. Wir haben schon einiges gemeinsam erlebt.

Sie war neugierig und kam am Nachmittag zu mir rüber. Wir tranken Kaffee und einen Sekt. Wir waren ausgelassen und lustig drauf.

Plötzlich kam ein Motorrad aufs Grundstück. Ein Mann mit Birkenstocksandalen und ohne Socken, aber mit Helm. Er stieg ab, es war Uwe. Er begrüßte uns und ging an uns vorbei. Ich war erstaunt und irritiert. „Wo willst du hin?“, fragte ich. „Ich gehe in die Küche und koche!?“

Wir sahen uns an und lachten. Meine Nachbarin ging lachend nach Hause und wünschte uns viel Spaß.

Uwe machte wirklich ein Essen in meiner Küche. Es war ein total leckerer Salat mit allem, was man sich vorstellen kann. Ich konnte mich nicht erinnern, ob und wann das mal ein Mann für mich gemacht hat. Ich war überrascht und total überwältigt.

Wir genossen den Salat, uns …

Uwe übernachtete das erste Mal bei mir. Ja stimmt, das war schnell, sehr schnell, aber absolut richtig. Alles fühlte sich komplett richtig an.

Okay, die Birkenstocksandalen waren gewöhnungsbedürftig, sehr …

Später erfuhr ich, dass diese Sandalen zu Uwe gehörten wie das Salz in der Suppe. Ich habe in der ganzen Zeit noch viele solche Momente erlebt. Uwe war ein individueller Mann. Auf der einen Seite warm, herzlich und emotional. Auf der anderen Seite ein Geschäftsmann. Ein Mann. Ein Macher, ein Handwerker, ein Biker.

Das gesamte Paket machte es aus.

Wir telefonierten täglich, schrieben uns bei Facebook und sahen uns, wann immer wir es schafften. Da wir beide selbständig waren, war das nicht immer einfach. Aber uns war beiden auch wichtig, dass wir unsere Zeit hatten. Wir hatten beide beruflich viel zu tun, aber auch privat hatten wir beide viele Freundschaften, die wir pflegten.

Ja und dann war es so weit. Uwe war ein Macher, das merkte ich nun richtig.

Uwe kam mit einer großen Tasche, mit seinen persönlichen Dingen. Machte eine Seite vom Schrank frei und meinte, das wäre nun seine Schublade. So ging es täglich weiter. Zwei Wochen später brachte er Möbel mit. Uwe war eingezogen.

Denkt nun ja nicht, dass er das machen musste. Nein, Uwe hatte zwei Häuser, war finanziell unabhängig. Das kannte ich so auch nicht. Denn, wenn ich Männer kennengelernt hatte, war immer ich diejenige, die ihnen ausgeholfen hatte.

Wir räumten nun um und aus. Wir wohnten nun zusammen. Sehr intensiv wohnten wir zusammen.

Ich lernte schnell seine Familie und Freunde kennen. Wir fuhren gemeinsam zu Flohmärkten, was unser Hobby war. Wir verreisten nach Mannheim zum DKW-Oldtimer treffen. Machten dort eine Rallye mit und gewannen sogar. Wir fuhren nach Rügen auch zum DKW-Oldtimertreffen. Ich war noch nie auf Rügen und verliebte mich in diese Insel.

Wir fuhren zum Teilemarkt nach Mannheim und danach nach Kroatien. Wir erlebten einen unvergesslichen Urlaub.

Wir lebten ein Leben auf der Überholspur. Ich lernte ein komplett neues Leben, neue Menschen und Freunde kennen.

Wir liebten uns. Ja, wir stritten auch. Wir sind beide starke Charaktere. Aber ich war jeden einzelnen Tag dankbar und liebte diesen Mann. Das war meine schönste Zeit in meinem Leben. Natürlich nach meinen geliebten Kindern.

Ich könnte noch so viel über diese Zeit schreiben, aber dieses Buch hat einen ganz anderen Hintergrund. Ich habe sehr lange überlegt, ob ich darüber schreibe. Darf man über dieses Thema schreiben?

Heute Mittwoch, der 11.02.2015

Heute war ein besonderer Tag für uns. Ein weiterer Höhepunkt für uns beide. Wir wollten uns heute eine Harley-Davidson ansehen und kaufen. Uwe hatte sich schon vorweg informiert und wir fanden beide diese Harley super.

Gestern Abend rief mich Uwe gegen 23 Uhr an. Er war, wie immer am Dienstag beim Brink, sein Herrenabend mit seinen engsten Freunden. Dann kam Uwe nie nachhause und schlief in seinem Campingwagen auf dem nahegelegenen Campingplatz in Mölln.

Uwe meinte noch, bitte sei morgen pünktlich. Er wusste, warum er mich daran erinnerte. Ich war leider nicht immer pünktlich.

Wir wünschten uns eine gute Nacht. Das waren die letzten Worte, die ich von Uwe gehört habe, wenn ich das doch nur vorhergesehen hätte …

Ich blieb zu Hause, damit ich auch wirklich pünktlich sein würde und wir schnell losfahren konnten. Uwe machte immer am Mittwoch seinen Laden spätestens um 13 Uhr zu. Also musste er ca. 13:30 Uhr bei uns sein.

Aber Uwe kam nicht. Uwe und nicht pünktlich? Aber nun gut, kann passieren. Es wurde 14 Uhr, 14:30 Uhr. Nun machte ich mir Sorgen. Ich konnte Uwe auch nicht erreichen. Auch im Laden nicht.

Ich dachte noch, er ist eventuell mit dem Auto liegengeblieben.

Ich fuhr los, um Uwe entgegenzufahren. Vielleicht sehe ich ihn und kann helfen.

Aber auf der ganzen Strecke war Uwe nicht zu sehen. Ich wurde immer unruhiger und mein Magen krampfte. Ich fuhr in den Laden. Aber alles war dunkel. Der Briefkasten wurde nicht geleert und Pakete lagen vor der Tür. Uwe war nicht im Laden.

Wo war er?

Ich fuhr zum Campingplatz. Ich sah sofort seinen Bus auf dem Parkplatz. Aber von Uwe war nichts zu sehen.

Ich ging zum Campingwagen. Er war verschlossen. Ich frage den Nachbarn, ob er Uwe gesehen hätte. Aber er verneinte das. Mir war so, als hörte ich etwas, ein Geräusch im Wagen. Ich rief immer wieder: „Uwe, bitte mach auf!“ Aber nichts passierte. Wir versuchten die Tür aufzumachen oder irgendwie in den Campingwagen zu kommen. Vergeblich …

Ich rief Lars an und erzählte ihm von der Situation. Lars lächelte und meinte: „Ach was, mach dir keine Gedanken, er ist bestimmt irgendwo unterwegs.“ Ich erzählte Lars von unserem Vorhaben heute. Lars wurde nun auch nachdenklich. Er hatte schon Feierabend und war schnell bei mir.

Lars konnte das Fenster aufbrechen und stieg in den Wohnwagen.

Ich hörte nur, wie Lars immer wieder „Papa“ rief. Also Uwe war im Wagen, aber es musste etwas Schreckliches passiert sein.

Lars rief, ich sollte sofort einen Krankenwagen rufen. Ich sah Uwe am Boden liegen. Ein schrecklicher Anblick, den ich nie wieder vergessen werde.

Schnell war der Krankenwagen da. Auch ein Notarzt war schnell zur Stelle. Lars und ich warteten vor dem Campingwagen und rauchten eine Zigarette. Es dauerte so unerträglich lange.

Ich weinte und Lars war auch völlig durcheinander. Natürlich …

Irgendwann hieß es, sie bringen Uwe in die Uniklinik Lübeck.

Wir sollen für Uwe private Sachen besorgen, uns Zeit lassen und dann in die Klinik nachkommen.

Ich fuhr nach Hause. Wie ein Roboter, ferngesteuert. Was war passiert? Ich ging schnell mit Barni, unserem Hund. Packte einige Sachen für Uwe ein. Rief Sabine, Uwes Schwester an. Fuhr so schnell es ging nach Lübeck.

Mirco, den ich auch informierte, rief Marvin an, der in Lübeck studierte. Marvin war schon in der Klinik, als ich kam. Ich war so froh, nicht allein zu sein. War dankbar.

Als wir auf der Intensivstation ankamen, waren auch schon Uwes Kinder, Lars und Carina da. Auch Uwes Frau und Sabine.

Wir warteten und waren alle im Ausnahmezustand. Redeten nicht viel. Wir waren alle geschockt. Wir wussten nur, dass Uwe im OP war. Uns blieb nichts anderes übrig, als zu warten.

Nach einer unendlich langen Zeit kam ein Arzt zu uns. Erklärte uns, was passiert war. Uwe hatte einen Schlaganfall. Da Uwe scheinbar lange unentdeckt im Campingwagen lag, konnte man Uwe nicht schnell genug helfen. Was beim Schlaganfall sehr wichtig ist.

Uwe hatte Einblutungen im Kopf. Diese wurden entfernt. Nun müssen wir abwarten. Aber sein Zustand war sehr kritisch und wir müssten mit allem rechnen.

Wir durften einzeln zu Uwe, nur kurz.

Der Anblick war so schlimm. Überall Kabel, Monitore, es piepste überall. Uwe war kaum wiederzuerkennen.

Wir waren alle erschüttert, verzweifelt. Aber eigentlich gibt es keine Worte für diese Situation.

Wir weinten und verabschiedeten uns von Uwe. Wir mussten gehen. Fuhren nachhause.

So viele Fragen in meinem Kopf. Verzweiflung pur …

Wie geht es weiter, sehe ich Uwe noch einmal lebend?

Ich war voller Hoffnung. Uwe ist ein Kämpfer, er wird es schaffen …

Kapitel 2

Der Tag danach …

Ja der Tag danach. Ich hatte eine schlaflose Nacht. Lasse mein Handy nicht aus der Hand. Immer an meiner Seite. Ich will auf gar keinen Fall einen Anruf vom Krankenhaus verpassen. Die Zeit vergeht so gar nicht. Wann ist die Nacht vorbei, wann kann ich endlich zu Uwe ins Krankenhaus? Ich informiere meine Mitarbeiter. Ich werde für länger ausfallen. Ich bin aber auch für alle telefonisch erreichbar, wenn es nötig ist.

Meine Mitarbeiter reagieren bestürzt. Sie kennen Uwe alle und schätzen ihn sehr. Sie versichern mir, dass ich mir keine Sorgen machen soll. Sie bekommen alles hin. Sie stehen hinter mir, hinter Uwe und wünschen uns alles Liebe.

Ich rufe im Krankenhaus an. Uwe hatte eine schwere Nacht. Ich darf erst ab 15 Uhr kommen. Am Telefon können sie mir nicht mehr Auskunft geben.

Ich ging lange mit meinem Hund Barni spazieren. Der arme Kerl. Ich habe gerade wenig Zeit für ihn. Ich denke auch Barni merkt, dass etwas anders ist.

Ich rief alle seine Freunde an, die ich kenne und von denen ich eine Nummer habe. Bitte um Weitergabe an alle, die ich nicht erreiche. Und da Uwe viele Freunde hat, habe ich zu tun. Es ist sehr anstrengend und sehr emotional.

Ich merkte, dass meine Kräfte schwinden. Mein Kopf so leer war. Tausend Gedanken, Sorgen, Fragen, Ängste. Wie geht es weiter?

Peter, der Angestellte von Uwe, kümmerte sich um den Laden von Uwe. Aber alles konnte er nicht. Aber wenigstens sicherstellen, dass die Reparaturen gemacht wurden. Die Pakete angenommen und verschickt werden. Eine Mitteilung an die Geschäftstür, dass wir nur eingeschränkten Betrieb für unbestimmte Zeit haben werden.

Uwes Frau kam in den Laden. Aber dazu später mehr.

Ich hielt es nicht mehr aus und fuhr endlich los zu Uwe. Ich musste nach Lübeck ins Uke. Von mir aus fast eine Stunde.

Die Fahrt dorthin war – hm, ich weiß nicht mehr. Alles lief wie in einem bösen Traum ab. Ich habe mir keine Gedanken gemacht, ob ich heil ankomme. Ich funktionierte.

Endlich durfte ich zu dir. Man sagte mir, du wärest stabil. Aber das sah gar nicht so aus. Der Anblick war so erschreckend. Überall piepste es. Überall Schläuche, Geräte, die ich noch nie gesehen habe. Du wurdest beatmet. Auch wenn du stabil warst, wurde mir sehr ernsthaft und ehrlich gesagt, dass du in Lebensgefahr bist. Dass zurzeit niemand sagen kann, ob du das überlebst und wenn, wie …

Sagen die Ärzte das gerade wirklich zu mir?

Nein, das kann nicht wahr sein. Uwe ist ein starker Mann mit großer Willenskraft. Wir lieben uns doch und wir planen eine gemeinsame Zukunft. Nein, das kann nicht sein. Ich bin mir sicher, Uwe schafft das. Ich werde alles, was in meiner Macht steht, dafür tun.

Ich durfte bei Uwe bleiben. Ich hielt seine Hand. Ich streichelte ihn. Ich redete und redete mit Uwe. Ich betete, ja ich betete.

Die Stunden vergingen. Ich konnte einfach nicht gehen. Ich hatte Angst, dich dann nicht mehr lebend zu sehen. Nicht genug für Uwe zu tun. Es waren immer Ärzte und oder Schwestern bei dir im Zimmer. Sie waren alle so nett zu mir. Sie unterrichteten mich über alles, was sie gerade für Uwe taten. Sie brachten mir Kaffee.

Sabine, Uwes Schwester, war fast den ganzen Tag an meiner und Uwes Seite. Das half uns etwas.

Wir besprachen, was wir tun könnten. Wie geht es mit dem Laden weiter? Uwe hatte diesen Laden erst im Januar neu eröffnet.

Es hing so viel davon ab. Es mussten zwei Häuser finanziert werden. Der Laden musste weiterlaufen. Seine Tochter ging noch zur Schule und wollte studieren. Unterhalt musste gezahlt werden. Gelieferte und bestellte Ware musste bezahlt werden.

Wir beschlossen, der Laden muss wieder geöffnet werden. Nur so geht es. Und Uwe wäre es wichtig und in seinem Sinne.

Wir nahmen uns einige Tage Zeit dafür. Samstags machten Sabine und Lars, Uwes Sohn, den Laden. Beide kannten sich gut aus. Ich dagegen, wusste nichts. Ich war ahnungslos. Aber Peter, Sabine und Lars kümmerten sich erst einmal um das Nötigste.

Uwe hat viel über Ebay eingekauft und verkauft. Uwe hatte sich unter anderem auf Boschteile für Autos und Motorräder spezialisiert. Er hatte sich ein großes Wissen angeeignet und war sehr bekannt dafür.

Ich war jeden Tag von morgens bis abends bei Uwe. Er bekam viel Besuch. Aber es durfte immer nur eine Person noch zusätzlich zu Uwe.

Ich nahm mir dann auch mal Zeit, um einen Kaffee zu trinken. Ich musste auch immer wieder zwischendurch nach Hause. Barni war ja auch noch da. Barni tat mir leid. Er war nun viel allein. Manchmal sind Nachbarn mit Barni spazieren gegangen. Wenn ich zu Hause war, verbrachte ich so viel Zeit wie möglich mit Barni. Er schlief immer an Uwes Bettseite.

Zu Hause grübelte ich, weinte, war oft ratlos, mit meinen Kräften am Ende. Was für ein Alptraum. Schlafen war nicht wirklich möglich. Immer das Handy an meiner Seite.

Dein Zustand änderte sich nicht.

Der dritte Tag

Heute ist Freitag und die Ärzte wollten dich eventuell aufwecken.

Ich freute mich so. Voller Erwartungen kam ich zu dir. Leider keine guten Nachrichten!

Sie versuchten es zwar dich zu wecken, aber dein Hirndruck stieg sofort an. Der Kreislauf machte nicht mit. Dein Körper wollte nicht. Du warst noch nicht so weit.

Schnell legten sie dich wieder in tiefere Narkose. Durch das lange Liegen hattest du eine Lungenentzündung. Nun wollten die Ärzte ein paar Tage warten und dann erneut versuchen dich zu wecken. Alle waren sehr bemüht um dich. Du hattest Glück mit so vielen tollen Ärzten und Schwestern. Wenn man da von Glück sprechen kann. Alle hielten uns ständig auf dem neuesten Stand.

Sabine und ich überlegten, wie wir es der Mama von Uwe mitteilten. Sie ist nicht mehr die Jüngste. Hatte schon viele Schicksalsschläge hinter sich gebracht. Wie wird sie das aufnehmen? Ein schwerer Gang stand uns bevor.

Freitag gingen wir zu ihr. Sie ahnte wohl schon etwas und fragte uns sofort: „Was ist passiert?“ Sie erzählte uns, dass sie letzte Nacht von dir geträumt hat, als du Kind warst. Mein Gott, wie furchtbar …

Sie nahm es gefasst auf und wollte aber erst zu dir, wenn du wach bist. Wir konnten das gut verstehen und waren eigentlich auch erleichtert, denn der jetzige Anblick würde ihr das Herz brechen.

Der dritte Tag danach war wieder ein schlimmer Tag.

Am Abend zu Hause rief ich seine engsten Freunde an. Berichtete vom Tag und von deinem Zustand. Ich war so froh, solche tollen Freunde. Sie waren alle zu jeder Zeit da. Sie versprachen mir, dass sie immer helfen, egal wann und was.

Der vierte Tag

Samstag …

Ich fuhr wieder zu dir. Sabine holte mich ab. Da war ich froh drüber, denn meine Kräfte wurden weniger.

Tausend Gedanken, Hoffnungen. Wir weinten beide sehr viel. Sabine ist wie ich ein sehr emotionaler Mensch. Aber beide unterstützen wir uns und das machte uns stärker.

Im Krankenhaus angekommen, die nächste schlechte Nachricht. Du hattest eine Lungenentzündung. Sie wurde schlechter. Dein Fieber stieg. Das war nicht gut. Auch ansonsten war dein Zustand kritisch.

Sie hatten in der Nacht eine neue Kanüle in deinen Kopf gelegt. Damit sie den Druck besser kontrollieren konnten und möglichst keine OPs mehr am Kopf gemacht werden müssten.

Schweren Herzens verabschiedete ich mich am Abend von dir.

Ich bin irgendwie im Dämmerzustand. Oft weiß ich nicht, wie ich nach Hause komme oder gekommen bin. Heute fährt uns aber Sabine.

Marvin wartete bei mir zu Hause. Ich konnte erzählen und Marvin hörte geduldig zu. Wir verbrachten gemeinsam den Abend. Marvin wich nicht von meiner Seite.

Wenn ich doch nur schlafen könnte …

Sonntag

Heute wollte deine Mama nun doch mit.

Wir hoffen, sie schafft das.

Natürlich merkte man ihr an, dass sie sehr aufgeregt, aufgewühlt war.

Sie weinte still, ja still. Sie hielt deine Hand und war sehr tapfer. Auch Sabine und ich weinten. Tapfer waren wir gerade nicht. Aber ich habe die letzten Tage so viel geweint. Ich glaube, das hilft, alles irgendwie zu ertragen. Muss man immer stark sein? Ich denke nicht. Ich will ja stark sein, aber es gelingt mir nicht.

Nach einigen Minuten konnte deine Mama nicht mehr und wollte gehen. Sabine ging mit ihr einen Kaffee trinken. Hat sie Abschied von Uwe genommen?

Ich hatte noch ein wenig Zeit mit dir allein. Wobei wir ja eigentlich nie alleine waren. Es war immer eine Schwester und oder Arzt bei dir. Und das war auch gut so. Sehr beruhigend. Was würden wir ohne diese großartigen Menschen tun? Wir danken diese Arbeit einfach viel zu wenig. DANKE an alle Ärzte, Schwestern und pflegende Menschen.

Abends zu Hause ist immer furchtbar. Tausend Gedanken plagen mich immer wieder.

Hoffen, beten …

Eine neue Woche

Ich hoffe auf eine bessere Woche und fahre voller Hoffnung zu Uwe ins Krankenhaus. Immer noch Intensivstation.

Ich durfte gleich zu dir. Oft ist es nicht so und ich muss im Warteraum warten. Ich hatte gleich kein gutes Gefühl.

Die Ernüchterung kam auch schnell. Die Ärztin bat mich zu dir.

Dein Zustand sei sehr kritisch. Hatte sich in der Nacht verschlechtert. Wir müssten mit ALLEM rechnen.

Mir wurde schlecht. Meine Beine versagten, alles drehte sich. Das konnte nicht wahr sein. NEIN …

Die Ärztin erzählte dann, dass sich dein Zustand dramatisch verschlechtert hat. Uwes Fieber konnte nicht gesenkt werden. Es stieg stetig an, trotz antibiotischer Behandlung. Die Antibiotika schlugen nicht an. Du hattest nun auch noch eine schwere Lungenentzündung. Deine Lungenfunktion war fast nicht mehr gegeben. Eine Blutvergiftung (Sepsis) hat sich im Körper ausgebreitet. Multiorganversagen droht!

Ich hörte gar nicht mehr richtig zu.

Ich blieb bei dir, solange ich durfte. Nahm mir ein Zimmer in deiner Nähe. Ich hatte keine Kraft mehr zu fahren. Barni hatte ich gut untergebracht.

Manfred, ein Freund von Uwe, kam, um dich zu besuchen. Er war sehr geschockt, das sah man ihm an. „Dass ich Honki“, das war Uwes Spitzname, „so sehen werde!“

„Ich kenne Uwe 30 Jahre“.

Später kamen auch noch Lars, Carina und Christiane, Uwes Ehefrau. Sie lebten aber schon lange getrennt und die Scheidung war eingereicht.

Carina hielt es nicht lange aus. Sie ging völlig verweint und fertig. Wir alle konnten das gut verstehen. Der Anblick vom geliebten Papa ist auch schwer zu ertragen.

Wir gingen alle in den Warteraum und unterhielten uns noch lange. Wir hatten alle viele Fragen. Wie geht es weiter? Kann es weiter gehen? Ängste waren deutlich zu spüren.

Ein weiterer guter Freund, der Rüdiger, kam auch dazu. Als er von Uwe kam, sah man ihm seine tiefe Trauer an.

Wir berieten wieder einmal, was soll mit dem Laden passieren? Mir war das gerade alles egal. Ich wollte doch nur, dass du aufwachst. Aber natürlich müssen wir auch daran denken.

Dein Laden – dein Leben …

Auch heute konnte ich mich nicht von dir lösen. Einfach zu schwer. Immer der Gedanke: „Sehe ich dich das letzte Mal lebend?“

Was ist morgen?

Fix und fertig und voller Tränen allein im Hotelzimmer. Nee, das geht auch nicht. Morgen werde ich wieder nachhause fahren. Mein Sohn, Marvin, kommt zu mir. Das ist auch gut so. Marvin kann sich um Barni kümmern. Er nimmt mir viel ab. Er kocht jeden Tag für uns. Er ist da und hört mir zu.

Dienstag, 17.02.