Verlockende Verführung? - Christy McKellen - E-Book

Verlockende Verführung? E-Book

Christy McKellen

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Beschreibung

Ein Powerflirt mit einem megaheißen Womanizer, um ihr Selbstbewusstsein aufzupeppen? Das ist eigentlich nicht Lulas Stil. Aber die beliebte Radiomoderatorin muss sich für das wichtigste Gespräch ihrer Karriere wappnen. Da bietet sich der charismatische Fremde, der so unglaublich lässig am Tresen lehnt, als Testperson geradezu an. Doch wie kann sie ahnen, dass ein harmloser Flirt in einer so folgenreichen Nacht endet? Denn ihr sexy Lover ist niemand anderes als Tristan Bamfield, ihr neuer Chef - und ab jetzt fürchtet Lula nicht nur um ihren Job, sondern auch um ihr Herz…

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Seitenzahl: 194

Veröffentlichungsjahr: 2016

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2014 by Christy McKellen Originaltitel: „Fired by Her Fling“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN TEMPTED Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 202016 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Tina Beckmann

Abbildungen: kho / 123RF, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733707033

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

Tallulah Lazenby trank den letzten Schluck ihres großen Glases Sauvignon Blanc und genoss das Gefühl angenehmer Schwerelosigkeit, das für einen kurzen Moment in ihrem Kopf herrschte.

Angesichts dessen, was für sie auf dem Spiel stand, sollte sie besser nüchtern bleiben, doch sie brauchte dringend etwas, um ihre blank liegenden Nerven zu beruhigen. Morgen früh um zehn fand das Gespräch statt, das über ihre weitere Zukunft als Moderatorin bei Flash entscheiden würde. Der Eigentümer des Radiosenders würde es persönlich mit ihr führen, und wenn sie ihn nicht überzeugte, war es höchstwahrscheinlich ihr letzter Arbeitstag dort.

Mit einem Fingerschnippen holte ihre Freundin Emily sie in die schummrige Kneipe in Covent Garden zurück, wo sie den Geburtstag einer Freundin feierten.

„Jetzt reiß dich mal aus deiner Trauerstimmung, Lula. Es wird schon werden!“

Lula rang sich ein Lächeln ab. „Wie denn? Zuerst war ich so blöd, mit meinem Boss zu schlafen, und dann habe ich meine ganze Zukunft beim Sender ruiniert, indem ich mich weigerte, ihm auch weiterhin als Betthäschen zur Verfügung zu stehen.“

Emily versuchte, keine Miene zu verziehen, doch sie scheiterte kläglich. „Eine deiner Glanzideen war das sicher nicht“, gab sie zu. „Weiß der Himmel, was dich dazu getrieben hat, mit diesem Ekel zu schlafen.“

Lula blickte finster in ihr leeres Glas. Jeremy – oder Jez, wie er sich lieber nennen ließ – war ein selbstverliebter, egozentrischer Schürzenjäger und das genaue Gegenteil von dem, was sie sich als festen Partner wünschte.

„Wir hatten eine endlose, staubtrockene Redaktionssitzung hinter uns, und er hat mich in einem Moment der Schwäche erwischt.“ Lula hatte ihre Dummheit beinah augenblicklich bereut und Jez mit klaren Worten mitgeteilt, dass es keine Fortsetzung geben würde. Leider gehörte er nicht zu den Männern, die ein Nein akzeptieren konnten.

Nachdem er ihr mehrere Wochen lang mit einer Mischung aus gespreizter Förmlichkeit und unterschwelliger Aggression begegnet war, hatte er sie schließlich beiläufig informiert, dass sie den Frühstücksclub nun doch nicht übernehmen würde, obwohl er es ihr schon vor einem halben Jahr fest zugesagt hatte. Und um noch einen draufzusetzen, hatte er ihre Sendung für Autofahrer an ihre Kollegin Darla übergegeben, die offenbar kein Problem damit hatte, regelmäßige Schäferstündchen mit ihm abzuhalten.

Sie, Lula, sollte von jetzt an als Springerin fungieren und Vertretungen für die Kollegen übernehmen, die gerade eine Erholungspause von ihren Shows brauchten. Womit sie mit einem Schlag wieder ganz unten auf der Karriereleiter gelandet war.

„Immerhin nimmt der Eigentümer des Senders deine Beschwerde ernst, sonst würde er nicht persönlich mit dir reden wollen.“ Emily lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und nippte an ihrem Wodka-Tonic.

Lula stützte den Kopf in beide Hände und starrte düster auf die Tischplatte. „Das Schlimmste habe ich dir noch gar nicht erzählt. Ich habe heute herausgefunden, dass er und Jez’ Vater dicke Freunde sind. Ich habe also keine Chance, dass er für mich Partei ergreift. Du kennst doch diese eingeschworenen Altmännerclubs.“ Sie rieb sich die Augen und stöhnte. „Zur Hölle mit dieser verdammten Vetternwirtschaft!“

„Glaub mir, das wird schon wieder“, bekräftigte Emily erneut. „Du bist die beste Moderatorin des ganzen Senders, da werden sie dich nicht einfach gehen lassen. Hab etwas mehr Selbstvertrauen.“

Lula gab ein undefinierbares Geräusch von sich, worauf Emily ihr einen aufmunternden Klaps aufs Bein gab. „Du weißt doch, was du jetzt zu tun hast, oder? Pepp dein Selbstbewusstsein auf, damit du morgen hocherhobenen Hauptes den Sender betreten kannst.“

Lula warf ihrer Freundin einen gequälten Blick zu. „Und wie genau soll ich das anstellen?“

„Du könntest einen Powerflirt mit einem megaheißen Sexgott anfangen.“ Emily gab ihr kesses Augenzwinkern zum Besten, das ihr Markenzeichen war und ihr Legionen von Fans ihrer beliebten TV-Show Auf der Spur des Schatzes eingebracht hatte.

„Existieren solche Wesen überhaupt?“, spottete Lula. „Ich bin jedenfalls noch keinem Exemplar dieser Spezies begegnet.“

Emily verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte traurig den Kopf. „Wenn du einmal kurz deine unermüdliche Suche nach dem sagenumwobenen perfekten Mann unterbrechen und einfach nur ein bisschen Spaß haben würdest – vorzugsweise mit jemandem, der nicht dein Boss ist – dann würde vielleicht auch wieder dein Glücksstern aufgehen.“ Sie zog kurz eine ihrer fein gezeichneten Brauen hoch, bevor sie sich abwandte, um die Frage zu beantworten, die ihr jemand am Tisch zugerufen hatte.

Lula schnitt hinter dem Rücken ihrer Freundin ein Gesicht, musste aber zugeben, dass Emily nicht ganz unrecht hatte. Sie sollte wirklich aufhören, sich ständig zu fragen, ob sie je den „Einen“ finden würde, doch das war leichter gesagt als getan. In letzter Zeit hatte sie eine enttäuschende Beziehung nach der anderen erlebt, und allmählich überkam sie die Panik, bis in alle Ewigkeit Single bleiben zu müssen.

Was vermutlich auch der Grund für die idiotische Aktion mit ihrem Boss war.

Es war einen Tag nach ihrem einunddreißigsten Geburtstag passiert – den ihre Eltern in diesem Jahr beide vergessen hatten – und Jez war so charmant und aufmerksam gewesen, dass sie schließlich seinen Avancen nachgegeben hatte.

Und jetzt hatte sie den Salat. Nie wieder würde sie diesen Fehler machen! Mit Arbeitskollegen zu schlafen war einfach nur dumm. Es endete stets mit Tränen und peinlichen Situationen, und manchmal verlor man dabei auch noch seinen Job.

Wenn es nur nicht so nervenzermürbend wäre, mit Männern zu kommunizieren, die sie wirklich attraktiv fand! Es war viel leichter, mit Menschen in Kontakt zu treten, wenn sie hinter dem Mikrofon saß. Wenn während einer Sendung ein Gespräch unangenehm wurde oder sie ins Schwimmen geriet, konnte sie immer schnell einen Song oder Werbespot einspielen, bis sie sich wieder im Griff hatte, und niemand merkte etwas.

Im wirklichen Leben dagegen war es ganz anders. Da stand ihr oft ihre tief sitzende Unsicherheit im Weg und brachte sie dazu, einen Haufen dummes Zeug zu plappern. Oder sie bekam eine dieser schrecklichen Hirnlähmungen, die bewirkten, dass sie keinen zusammenhängenden Satz herausbrachte, während jeder ihr ansehen konnte, wie peinlich ihr das war.

Als Lula die Gäste in der Bar betrachtete, blieb ihr Blick an einem verliebten Pärchen hängen. Unwillkürlich verspürte sie einen Stich von Neid, als die beiden über einen intimen Scherz lachten, den nur sie verstanden.

War es denn wirklich zu viel verlangt, jemanden kennenlernen zu wollen, der ernsthaft an ihr interessiert war und mit ihr eine Familie gründen wollte? Davon träumte Lula, seit ihre eigene gestörte Familie auseinandergebrochen war …

Nein! ermahnte sie sich energisch. Dies war ganz sicher nicht der geeignete Zeitpunkt, wegen ihrer verkorksten Kindheit in Schwermut zu verfallen.

„Hey, Lu, wo wir gerade von Sexgöttern reden …“, raunte Emily ihr zu. „Sieh dir doch mal den Typen an, der direkt hinter uns sitzt.“

Neugierig drehte Lula sich um. In der gedämpften Beleuchtung konnte sie nur einen breiten Rücken und die Andeutung eines Profils ausmachen, aber sie wusste genau, warum dieser Mann das Interesse ihrer Freundin erregt hatte. Die sprichwörtliche Dreiecksform seines Oberkörpers vermittelte eine verführerische Vorstellung von dem, was sich unter dem teuer aussehenden Hemd befand.

Lula hätte darauf gewettet, dass er jeden Morgen ins Fitnesscenter ging, bevor er zu seinem hochdotierten Job aufbrach. Etwas an seiner selbstsicheren Haltung verriet ihr, dass er irgendwo auf einem ziemlich großen Chefsessel saß. Sie hätte es nicht genau benennen können, aber Leute wie er vermittelten einem ein ganz bestimmtes Gefühl.

Macht und Kontrolle.

Bei genauerem Hinschauen konnte sie ein paar Details erkennen. Die Haut zwischen dem blütenweißen Hemdkragen und der sauber ausrasierten Nackenpartie seiner dunklen Haare war von einem warmen Honigton, als wäre er gerade von einem Urlaub irgendwo im Süden zurückgekehrt.

Lula stellte sich vor, wie er in einer knappen Badehose entspannt im goldenen Sand lag. Unter der heißen Mittagssonne bildete sich allmählich ein glänzender Schweißfilm auf seinem Körper und …

Du liebe Güte! Wenn schon ein winziges Stückchen seiner Haut eine derartige Wirkung auf sie hatte, wollte Lula lieber nicht wissen, was passieren würde, wenn sie ihm gegenüberstand und mit ihm redete.

Plötzlich kam ihr eine Idee, die ihr Herz schneller schlagen ließ. Morgen früh musste sie unbedingt cool und selbstbewusst auftreten. Warum nicht einen Probelauf mit ihm als Testperson machen? Sie könnte einen Drink für ihn bestellen und sich damit an seinem Tisch niederlassen, als würde sie jeden Tag umwerfende Männer anquatschen. Wenn es ihr gelang, das Gefühl innerer Sicherheit zu mobilisieren, das sie in ihren Radiosendungen hatte, könnte sie auch in jeder anderen Situation die starke, extrovertierte Frau sein, für die ihre Hörer sie hielten.

Bei der Arbeit besiegte sie ihre Scheu vor neuen Kontakten, indem sie ihre Themen gründlich recherchierte und ihre Fragen vorbereitete. Aber dazu hatte sie jetzt nicht die Zeit. Dies würde eine Improvisationsübung werden.

Nur ein kleiner Flirt, Lula. Mehr wird nicht passieren.

Sie machte sich innerlich bereit. Wenn es ihr gelang, heute Abend das Interesse des heißesten Mannes in diesem Lokal zu erregen, dann würde sie verdammt noch mal auch den Besitzer des Senders dazu bringen können, ihr eine faire Anhörung zu gewähren.

Einfach nur den Rücken straffen.

Genau, und positiv denken. Das ist das Motto.

Angetrieben von diesem Gedanken griff Lula nach ihrer Tasche und machte sich auf den Weg zur Bar.

Tristan Bamfield zuckte genervt zusammen, als der angeheiterte Frauenclub hinter ihm schon wieder in kreischendes Gelächter ausbrach. Normalerweise nahm er immer im Hotel einen Schlummertrunk, wenn er beruflich unterwegs war, aber an diesem Abend hatte er das Bedürfnis gehabt, der übereifrigen Barkeeperin zu entfliehen, die offensichtlich ein Auge auf ihn geworfen hatte.

In diesem schummrig beleuchteten Pub mit seinen roh verputzten Wänden und den trendy abgewetzten Ledersofas glaubte er die ideale Zuflucht gefunden zu haben.

Bis etwa zehn Minuten nach seiner Ankunft diese entfesselte Hexenbande aufgetaucht war.

Dabei wollte er nichts weiter, als in aller Ruhe einen Drink zu sich nehmen, bevor er in sein einsames Hotelzimmer zurückkehrte, aber Frieden schien das Letzte zu sein, was er hier bekommen würde.

Normalerweise hatte Tristan nichts gegen fröhliche, ausgelassene Menschen, doch er verspürte eine undefinierbare innere Gereiztheit, seit er sich von seinem Vater hatte breitschlagen lassen, nach London zu fliegen, um eine ziemlich schlüpfrig klingende Angelegenheit in dessen Radiosender zu regeln. Sein alter Herr selbst konnte sich nicht darum kümmern, da er gerade im Mittleren Osten weilte und die Flitterwochen mit seiner fünften Ehefrau genoss.

Was für eine Farce!

Tristan hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, zur Hochzeit zu erscheinen, da diese Ehe ebenfalls nicht von langer Dauer sein würde. Stattdessen hatte er den beiden das teuerste Präsent von ihrer Hochzeitsliste geschickt, um die Verbindung anzuerkennen und möglichen Groll wegen seines Nichterscheinens zu mildern.

Nicht, dass er etwas gegen seine neue Stiefmutter gehabt hätte, er kannte sie ja kaum, doch er brachte es einfach nicht mehr über sich, das falsche Lächeln und die heuchlerische Begeisterung an den Tag zu legen, die bei solchen Anlässen erwartet wurden.

Geistesabwesend drehte Tristan die leere Bierflasche zwischen seinen Händen, während seine Gedanken zum Thema Radiosender zurückkehrten. Anscheinend behauptete eine Mitarbeiterin dort, der Geschäftsführer habe ihr einen zugesagten Moderationsauftrag wieder entzogen und ihr überdies ihre derzeitige Sendung weggenommen, nachdem sie sich geweigert hatte, mit ihm zu schlafen. Der Geschäftsführer wiederum erklärte, sie wolle sich mit dieser Lüge nur an ihm rächen, weil er sie wegen Trunkenheit bei der Arbeit abgemahnt habe.

Wie gesagt, eine ausgesprochen unerfreulich klingende Angelegenheit.

Hinzu kam, dass es sich bei dem betreffenden Geschäftsführer um den Sohn eines engen Freundes seines Vaters handelte, der jetzt natürlich erwartete, dass die Moderatorin gefeuert wurde, um das herzliche Verhältnis zu erhalten. Aus langjähriger Erfahrung wusste Tristan, dass sein Erzeuger gern den bequemen Weg wählte, um ein Problem zu lösen, anstatt sich die Mühe zu machen, das ganze Bild zu betrachten.

Seufzend rieb er sich mit einer Hand übers Gesicht und versuchte, das Gefühl wachsender Frustration abzuschütteln.

So etwas brauchte er jetzt wirklich nicht. Nach dem demütigenden Ende seiner vierjährigen Beziehung hatte es Monate gedauert, bis er sich halbwegs von dem Schlag erholt hatte. Er wollte einfach nur seine Ruhe haben und mit dem weitermachen, was von seinem Leben in Edinburgh noch übrig geblieben war.

Doch es sah nicht so aus, als ob sich sein Wunsch erfüllen würde.

Eine der Frauen vom Tisch hinter ihm ging an ihm vorbei. Ihr frischer Blumenduft stieg ihm in die Nase und lenkte ihn von seinen Grübeleien ab. Unter halb gesenkten Lidern beobachtete Tristan, wie sie auf unglaublich hohen Absätzen Richtung Bar stöckelte, wobei ihr wohlgeformtes Hinterteil provozierend hin und her schwang.

Trotz seines Vorsatzes, sich von Frauen fernzuhalten, bis er wieder ganz der Alte war, war Tristan wie gebannt vom ihrem Anblick. Sie strahlte etwas Amazonenhaftes aus. Eine Mischung aus verlockender Weiblichkeit, Willensstärke und sexueller Energie.

Doch dann, während sie am Tresen lehnte und darauf wartete, dass der Barkeeper sie bemerkte, vollzog sich eine merkwürdige Veränderung mit ihr. Ihre stolze, aufrechte Haltung sank allmählich immer mehr in sich zusammen, bis schließlich kaum noch etwas davon übrig war.

Etwas Bedrücktes ging jetzt von ihr aus, das Tristan unerwartet stark berührte. Es erinnerte ihn an die erste Zeit, nachdem Marcy ihm ihre Beziehung vor die Füße geworfen hatte und er sich gefühlt hatte, als wäre sein Innerstes nach außen gekehrt worden.

Er hatte ihr jeden Wunsch erfüllt. Ihr Designerklamotten gekauft, einen Sportwagen, absurd teuren Schmuck, aber das war ihr alles nicht genug gewesen. Noch immer empfand Tristan ein Gefühl brennender Demütigung, wenn er daran dachte, was sich wochenlang hinter seinem Rücken abgespielt hatte.

Die beiden mussten ihn für einen ausgemachten Trottel gehalten haben.

An diesem Punkt seiner düsteren Selbstbespiegelung straffte die Frau an der Bar plötzlich die Schultern. Ein kleiner Ruck ging durch sie hindurch, als hätte jemand sie ermahnt, sich gerade zu halten. Bei ihrer geringen Körpergröße sicher nicht zum ersten Mal, ging es Tristan durch den Kopf.

Eigentlich hätte er ins Hotel zurückgemusst, wo jede Menge Papierarbeit auf ihn wartete, doch sein Blick war ganz auf ihren runden von einer engen Jeans umspannten Po fixiert. Ihr fast taillenlanges hellbraunes Haar, das im Nacken zu einem losen Zopf zusammengebunden war, schwang wie ein Pendel hin und her, während sie unruhig von einem Fuß auf den anderen trat.

Er wettete im Stillen, dass sie eine niedliche kleine Nase hatte und große sinnliche Augen, die ihn auf der Stelle in etwas Aufregendes ziehen würden, sobald sie in seine blickten.

Plötzlich war es undenkbar zu gehen, bevor er nicht wenigstens einen Blick auf ihr Gesicht geworfen hatte. Marcy hatte kaum verhohlen angedeutet, dass ihm seine Intuition bezüglich Frauen abhandengekommen war, und nun war es ihm ungeheuer wichtig, den Gegenbeweis anzutreten.

Er stand auf und schlenderte zur Bar. Vielleicht würde er sich noch einen Drink bestellen, bevor er eine weitere öde Nacht allein in seinem Bett verbrachte.

Oh Mann! Es musste ganz schön schlecht um ihn bestellt sein, wenn er in einer Kneipe wie dieser zu so albernen Spielchen wie Rate-mal-was-für-ein-Gesicht-ich-habe Zuflucht nahm.

Als die hübsche Unbekannte sich unvermittelt umdrehte, und ihn vor sich stehen sah, trat ein halb überraschter, halb erschrockener Ausdruck in ihre kornblumenblauen Augen. Fast schien es Tristan, als hätte er sie bei etwas ertappt. Vielleicht hatte sie ihn ja vorher ebenfalls beobachtet?

Der Gedanke erwärmte ihn irgendwie.

Sie schien etwas sagen zu wollen, doch bevor es dazu kam, erstarrte sie. Ihre Augen weiteten sich panisch, während sie einen keuchenden Laut von sich gab. Hastig wandte sie das gequälte Gesicht von ihm ab und bedeckte ihren Mund mit einer Hand.

Sie war noch hübscher, als Tristan es sich vorgestellt hatte. Auf eine bezaubernd mädchenhafte Art, die sofort den Wunsch in ihm erweckte, ihr beruhigend über den Rücken zu streichen, bis der Hustenreiz aufhörte.

Das konnte er schließlich am besten – sich um andere kümmern. Bis sie ihm eiskalt das Messer in den Rücken stießen.

Tristan verdrängte den bitteren Gedanken und lächelte der jungen Frau zu. Dabei hoffte er, dass seine Miene angemessene Anteilnahme ausdrückte.

Sie antwortete mit einem Lächeln aus tränenfeuchten Augen und wedelte entschuldigend mit der Hand.

„Ist alles okay mit Ihnen?“, erkundigte er sich.

Sie nickte. „Ja, danke“, brachte sie nach einer Weile hervor. „Ich muss etwas in den falschen Hals bekommen haben.“

Sein Blick folgte ihrem Finger, der auf ihre Kehle deutete. Sie hatte schöne, cremig zarte Haut mit ein paar winzigen Leberflecken über der Einbuchtung ihres Schlüsselbeins. Tristan überkam ein seltsamer Impuls, mit den Fingern darüberzustreichen, doch er hütete sich, ihm nachzugeben. Es würde vermutlich nur zu einen weiteren Erstickungsanfall führen.

Am Ende hätte er es dann beinah doch getan, nur um seine Theorie auf die Probe zu stellen.

Als sein Blick zu ihrem Gesicht zurückkehrte, bemerkte er, dass sich auf ihren Wangen zwei knallrote Flecken gebildet hatten.

Wirklich süß.

Und er verstand nun auch, warum sie so wahnsinnig hohe Absätze trug. Selbst jetzt war sie noch über einen Kopf kleiner als er.

Abschätzend musterte sie ihn, so als würde sie überlegen, ob er es wert war, ihm noch mehr ihrer kostbaren Zeit zu widmen. Anscheinend bestand er den Test.

„Ich bin Lu“, teilte sie ihm nach einer Weile mit und reichte ihm eine kleine, zartgliedrige Hand.

Tristan ergriff sie und stellte fest, dass seine eigene im Vergleich dazu geradezu monströs wirkte. Er ermahnte sich, nicht zu fest zuzudrücken, um ihr nicht alle Knochen zu brechen.

„Ist das die Abkürzung für Louise?“, wollte er wissen.

Bevor sie antworten konnte, kam endlich der gestresste Barkeeper zu ihr und erkundigte sich nach ihren Getränkewünschen.

Sie bestellte ein Glas Wein und wandte sich dann Tristan zu. „Möchten Sie auch etwas …?“ Sie hob die Brauen und fragte damit gleichzeitig nach seinem Namen und dem Drink seiner Wahl.

Wow, was für eine Stimme! Wie knisternde Seide umschmeichelte sie Tristans Ohr und ließ ihn an alle möglichen unanständigen Dinge denken.

„Tristan Bamfield“, erwiderte er. Den Drink lehnte er ab, da er es für keine gute Idee hielt, aus dieser Begegnung mehr als ein kurzes Gespräch im Vorbeigehen werden zu lassen. Die Vorstellung, an ihren Tisch gezogen und dem Rudel gackernder Hühner vorgestellt zu werden, mit dem sie hier war, war einfach zu abschreckend.

Sie nickte seltsam wissend und orderte ein Bier von derselben Marke, die er vorhin bestellt hatte. Anscheinend hatte sie ihre eigene Vorstellung von dem, was er tatsächlich wollte.

„Sie haben bemerkt, was ich getrunken habe?“

Als Tristan ihren Blick einfing, glitt ein scheues Lächeln über ihre Lippen. „Ich habe ein gutes Auge für Details.“

„Ein sehr nützliches Talent.“

Sie zuckte die Schultern. „Ach, ich weiß nicht. Übermenschliche Kräfte zu besitzen oder in die Zukunft sehen zu können – das wäre wirklich nützlich.“

Wie wahr! Wäre ihm damals ein Blick in die Zukunft vergönnt gewesen, hätte er den Totalcrash seiner letzten Beziehung vermeiden können.

Der Barmann kam mit den Getränken zurück, die Lu sogleich bezahlte. Tristan fühlte sich ein wenig unwohl dabei, sich von einer Frau einen Drink kaufen zu lassen.

„Hier, bitte …“ Sie reichte ihm das Bier. „Als Wiedergutmachung, weil ich Sie eben angehustet habe.“

„Nicht nötig, aber trotzdem danke.“ Er prostete ihr mit der Flasche zu und genehmigte sich einen kräftigen Schluck.

Lu tat das Gleiche mit ihrem Wein. Das große Glas wirkte in ihrer kleinen Hand geradezu überdimensional.

„Wie ich sehe, wird der Wein hier halbliterweise ausgeschenkt“, zog Tristan sie auf. „Dieser Drink ist beinah so groß wie Sie.“

Für den Bruchteil einer Sekunde blitzten Betroffenheit und Ärger in ihren Augen auf, bevor ihre Miene einen Ausdruck amüsierter Gleichgültigkeit annahm.

„Ich stehe eben für Qualität und nicht für Masse“, klärte sie ihn auf. „Außerdem dachte ich immer, dass richtige Männer ihr Bier aus Maßkrügen trinken und Flaschen für verweichlicht halten.“

Tristan musterte sie überrascht. Er hatte sie ganz offensichtlich beleidigt, doch anstatt ihn gekränkt stehen zu lassen, bot sie ihm die Stirn und holte furchtlos zum Gegenschlag aus.

Diese Frau hatte Mumm, und das gefiel ihm.

Sehr sogar.

Anders gesagt war sie die erste Frau, die seit Marcys Abgang überhaupt sein Interesse erregte.

Lu machte einen Schritt auf ihn zu und sah im dabei direkt ins Gesicht. Ihr Blick schweifte über sein Haar, seine Augen und blieb schließlich an seinem Mund hängen. Dabei lag eine wilde Entschlossenheit in ihren Zügen, als würde sie einen heftigen inneren Kampf mit sich ausfechten. Einfach hinreißend!

Tristan spürte, wie seine Libido erwachte.

Er kniff die Augen zusammen und neigte den Kopf leicht zur Seite. „Sollte ich mir an dieser Stelle Sorgen machen? Ich meine, haben Sie einen wahnhaft eifersüchtigen Lover, der gleich hereinstürmt und mich als Weichei beschimpft, das versucht, sich an seine Freundin heranzumachen?“

Die Resonanz ihres kehligen Lachens drang Tristan bis in die Zehenspitzen.

„Nein, keine Sorge. Ich habe gerade eine katastrophale Episode mit jemandem hinter mir, dem ich nicht gleichgültiger sein könnte. Was sich bei mir allmählich zu einer Tradition zu entwickeln scheint“, fügte sie selbstironisch hinzu. Sie betrachtete ihn mit einem forschenden Blick. „Was denken Sie über eine Frau, die offenbar ein Schild mit der Aufforderung Benutze mich! auf der Stirn trägt?“

Tristan wusste, er sollte nichts von dem aussprechen, was ihm dazu einfiel, aber die Versuchung war zu groß, um ihr ganz zu widerstehen.

„Von meinem Standpunkt aus beinhaltet diese Aufforderung eine Fülle von Möglichkeiten …“

Sein Blick glitt zu ihren vollen Lippen, die sich langsam zu einem schwer deutbaren Lächeln verzogen. Hatte sie seine Andeutung richtig interpretiert? Und bedeutete ihr Lächeln, dass in ihr gerade dasselbe vorging wie in ihm?

Einige atemlose Sekunden vergingen. Dann wandte sie das Gesicht ab und trank noch einen hastigen Schluck von ihrem Wein, bevor sie das Glas auf dem Tresen abstellte.

Die Flecken auf ihren Wangen wurden noch dunkler.

War sie nervös?

Oder erregt von der Vorstellung, mit ihm ins Bett zu gehen?

Tristan erkannte, dass er sich eindeutig Letzteres wünschte.

Verdammt, es war höchste Zeit, die Notbremse zu ziehen! Mit einer Frau in einem Pub zu flirten war okay, aber mehr stand zurzeit nicht auf dem Plan.

Oder?

„Was feiern Sie heute eigentlich?“, fragte er, um die aufgeladene Atmosphäre zwischen ihnen etwas zu entschärfen.

„Den Geburtstag einer Freundin. Wir arbeiten alle hier in der Nähe, sodass dies unser Stammlokal geworden ist.“ Etwas schien sie zu besorgen. Sie zog plötzlich die Stirn kraus und griff erneut nach ihrem Glas. Nach einem weiteren tiefen Schluck wandte sie Tristan wieder ihre volle Aufmerksamkeit zu.

„Und was ist mit Ihnen?“, wollte sie wissen. „Was treiben Sie hier so ganz allein?“