Verlustausgleiche an Krankenhäuser in öffentlicher Hand im EG Beihilfenrecht - Joachim Spieß - E-Book

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Joachim Spieß

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Beschreibung

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Jura - Europarecht, Völkerrecht, Internationales Privatrecht, Note: 1,0, Hochschule Pforzheim, Sprache: Deutsch, Abstract: Durch das Beihilfenrecht sind Begünstigungen der europäischen Mitgliedsstaaten an Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige verboten, wenn Sie damit den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und dabei den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen. Das Beihilfenrecht soll für einen freien Wettbewerb sorgen, der im Grundsatz ohne Begünstigungen Einzelner durch den Staat auskommt. Das EG Beihilfenrecht schränkt dabei den Bund und die Länder immer mehr ein. Durch einseitige Begünstigungen kann es dazu kommen, dass die bevorzugten Marktteilnehmer nicht mehr dem Risiko des Wettbewerbs unterliegen, wie es die Konkurrenten tun. Im Normalfall sorgt der freie Wettbewerb dafür, dass eine ineffiziente Teilnahme negative Folgen hat. Erst kommt es zu Fehlbeträgen bei ineffizienten Unternehmen, später kann es dann zum Ausscheiden aus dem Markt führen. In den letzten Jahren sind staatliche Zahlungen an Krankenhäuser in den Mittelpunkt gerückt. Durch einen allgemeinen Rückgang anderer staatlicher Zuwendungen und steigendem Konkurrenzdruck kommt es vermehrt zu Verlusten bei öffentlichen Krankenhäusern. Diese Verluste werden vereinzelt durch die Kommunen (Gemeinden und Landkreise) ausgeglichen, um die Krankenhäuser in ihrer Existenz zu sichern. Die privaten Krankenhausanbieter fühlen sich benachteiligt, weil sie selbst keine Sonderzuwendungen erhalten, und scheuen sich nicht vor Gericht zu ziehen. Auch wurden Beschwerden vor der Kommission eingeleitet mit dem Ziel, die Zahlungen an die öffentlichen Krankenhäuser wegen des Beihilfeverbots zu verbieten. [...] Gegenstand der Untersuchung dieser Arbeit soll es zunächst sein, Grundlagen des europäischen Beihilfenrechts und der Krankenhausfinanzierung zu erläutern. [...] Die Europäische Kommission kam den Mitgliedsstaaten allerdings mit verschiedenen Maßnahmen entgegen, um ihnen Freiheiten bei der Bezuschussung von Unternehmen einzuräumen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind. Es gilt diesen Begriff näher zu bestimmen und festzustellen, ob er auf den Krankenhausbereich Anwendung findet. Es wird deutlich werden, welche rechtlichen Konflikte zwischen gut gemeinter staatlicher Einflussnahme auf den Krankenhausmarkt einerseits und dem Schutz des Wettbewerbs durch die Gemeinschaft andererseits bestehen. Zudem werden konkrete Erfordernisse benannt werden, mit welchen Verlustausgleiche als rechtmäßig gelten können.

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Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung.
B. Das europäische Beihilfenrecht.
I. Die Sicherung von Wettbewerb.
II. Unterschiede zum deutschen Beihilfenrecht.
C. Das Gesundheitssystem.
I. Allgemeines.
II. Die Stellung der Krankenhäuser.
1. Der Begriff Krankenhaus.
2. Finanzierung und Krankenhausplan.
3. Privatisierungstrend.
4. Verluste als Ausgangspunkt.
5. Die Privaten setzen sich zur Wehr.
D. Das Beihilfeverbot.
I. Allgemeines.
II. Die Rolle der Kommission.
III. Daseinsvorsorge und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen
1. Befugnisse der Mitgliedsstaaten.
2. Altmark Trans.
3. Präzisierung durch die Kommission.
4. Kompetenz zur Regelung im Gesundheitsbereich.
E. Rechtmäßigkeit der Verlustausgleiche.
I. Art. 87 Abs. 1 EG.
1. Das Erfordernis von Wettbewerb.
2. Begünstigung.
a) Market-Economy-Investor-Test.
b) Die Altmark Trans Kriterien.
aa) Krankenversorgung als Gemeinwirtschaftliche Verpflichtung.
bb) Betrauung.
cc) Das erste Kriterium: Pflichtendefinierung
dd) Das zweite Kriterium.
ee) Das dritte und vierte Kriterium.
3. Die weiteren Tatbestandsmerkmale des Art. 87 EG.
II. Art. 86 Abs. 2 EG.
1. Erforderlichkeit.
2. Objektive oder subjektive Aufgabenverhinderung.
3. Subjektive Kostenbetrachtung durch die Freistellungsentscheidung.
4. Weitere Voraussetzungen der Freistellungsentscheidung.
F. Fazit.

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Joachim Spieß

Abgabedatum: Januar 2009

Verlustausgleiche an Krankenhäuser in öffentlicher Hand im EG Beihilfenrecht

Bachelorthesis

vorgelegt zur Erlangung des Bachelorgrades der Hochschule Pforzheim

Page 4

Abkürzungsverzeichnis

ABl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Abs. Absatz Art. Artikel Aufl. Auflage Az. Aktenzeichen BayKrG Bayerisches Krankenhausgesetz BayLKrO Landkreisordnung für den Freistaat Bayern BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BHO Bundeshaushaltsordnung BPflV Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze BSG Bundessozialgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Ders. Derselbe Dies. Dieselbe DRG Diagnosis Related Groups DS Drucksache EG Europäische Gemeinschaft(en), Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft endg. endgültig EU Europäische Union EuG Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften EuR Europarecht (Zeitschrift) EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Fn. Fußnote Freistellungsentscheidung Entscheidung der Kommission 2005/842/EG FS Festschrift

Page 5

GemO Gemeindeordnung GesR Gesundheitsrecht GG Grundgesetz GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen HGrG Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder Hrsg. Herausgeber JuS Juristische Schulung KHG Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der

KOM Kommissionsdokument KOME Entscheidung der Europäischen Kommission Kommission Europäische Kommission LHO Landeshaushaltsordnung LKHG Landeskrankenhausgesetz lit. littera (Buchstabe), litterae (Buchstaben) Nds. KHG Niedersächsisches Krankenhausgesetz NJW Neue Juristische Wochenschrift NZS Neue Zeitschrift für Sozialrecht OECD Organisation for Economic Co-operation and Development Rn. Randnummer Rs. Rechtssache RWI Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirt-schaftsforschung e.V. S. Seite, Seiten s. siehe SGB V Sozialgesetzbuch, fünftes Buch Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Europäi-

StabG Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft

Page 6

u.a. und andere Var. Variante verb. Rs. verbundene Rechtssachen Vgl. Vergleiche VO Verordnung VV-BHO Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushalts-ordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz ZEuS Zeitschrift für Europarechtliche Studien ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffer

Page 1

A. Einleitung

Durch das Beihilfenrecht sind Begünstigungen der europäischen Mitgliedsstaaten an Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige verboten, wenn Sie damit den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und dabei den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen. Das Beihilfenrecht soll für einen freien Wettbewerb sorgen, der im Grundsatz ohne Begünstigungen Einzelner durch den Staat auskommt. Das EG Beihilfenrecht schränkt dabei den Bund und die Länder immer mehr ein.1

Durch einseitige Begünstigungen kann es dazu kommen, dass die bevorzugten Marktteilnehmer nicht mehr dem Risiko des Wettbewerbs unterliegen, wie es die Konkurrenten tun. Im Normalfall sorgt der freie Wettbewerb dafür, dass eine ineffiziente Teilnahme negative Folgen hat. Erst kommt es zu Fehlbeträgen bei ineffizienten Unternehmen, später kann es dann zum Ausscheiden aus dem Markt führen.

In den letzten Jahren sind staatliche Zahlungen an Krankenhäuser in den Mittelpunkt gerückt. Durch einen allgemeinen Rückgang anderer staatlicher Zuwendungen und steigendem Konkurrenzdruck kommt es vermehrt zu Verlusten bei öffentlichen Krankenhäusern. Diese Verluste werden vereinzelt durch die Kommunen (Gemeinden und Landkreise) ausgeglichen, um die Krankenhäuser in ihrer Existenz zu sichern. Die privaten Krankenhausanbieter fühlen sich benachteiligt, weil sie selbst keine Sonderzuwendungen erhalten, und scheuen sich nicht vor Gericht zu ziehen. Auch wurden Beschwerden vor der Kommission eingeleitet mit dem Ziel, die Zahlungen an die öffentlichen Krankenhäuser wegen des Beihilfeverbots zu verbieten. Es wird geschätzt, dass die deutschen Kommunen ihre öffentlichen Krankenhäuser jährlich mit drei Milliarden Euro unterstützen, um Defizite auszugleichen.2

Gegenstand der Untersuchung dieser Arbeit soll es zunächst sein, Grundlagen des europäischen Beihilfenrechts und der Krankenhausfinanzierung zu erläutern. Es wird dargelegt werden, weswegen und in welcher Form in den letzten Jahren das

1Mähring,JuS 2003, 448, 448.

2 Handelsblatt vom 12.7.2005, EU überprüft Hilfen für staatliche Kliniken, S. 1.

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Gesundheitssystem einem starken Wandel unterlag. Wichtig ist dabei die Frage, ob auf dem stark regulierten Gesundheitssektor ein Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern besteht.

In Deutschland besitzen die Kommunen nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG das (einschränkbare) Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Jenes beinhaltet auch Regelungsbefugnisse für die stationäre Krankenversorgung.3Aus diesem Grund mag ein Eingreifen der EG in Form eines Beihilfenverbots aus Sicht der öffentlichen Hand auf Unverständnis stoßen. Die Europäische Kommission kam den Mitgliedsstaaten allerdings mit verschiedenen Maßnahmen entgegen, um ihnen Freiheiten bei der Bezuschussung von Unternehmen einzuräumen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind. Es gilt diesen Begriff näher zu bestimmen und festzustellen, ob er auf den Krankenhausbereich Anwendung findet. Es wird deutlich werden, welche rechtlichen Konflikte zwischen gut gemeinter staatlicher Einflussnahme auf den Krankenhausmarkt einerseits und dem Schutz des Wettbewerbs durch die Gemeinschaft andererseits bestehen. Zudem werden konkrete Erfordernisse benannt werden, mit welchen Verlustausgleiche als rechtmäßig gelten können.

B. Das europäische Beihilfenrecht

I. Die Sicherung von Wettbewerb

Das Beihilfenrecht in der Europäischen Gemeinschaft ist ein wichtiger Teil des Wettbewerbsrechts. Schon nach Art. 3 Abs. 1 lit. g EG gehört es zur Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft ein System zu schaffen, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt. Nach Art. 4 Abs. 1 EG müssen die Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft eine Wirtschaftspolitik verfolgen, die dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist. Außerdem spricht Art. 98 Satz 2 EG von „einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird“.

Eine staatliche Begünstigung kann diesen Marktmechanismus außer Kraft setzen. So profitieren nicht die innovativen und kostengünstigen Unternehmen von der

3 Vgl. BVerfG, Az. 2 BvL 24/84, NVwZ 1992, 365, 366 ff. Unterpunkt III; Rinken/Kellmer, Die Verwaltung, 39 (2006), 1, 15.

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Marktteilnahme, sondern solche, die vom Staat besonders mit Geldern bedacht werden.4Schnell kann dies dazu führen, dass sich Unternehmen lieber mit den geldgebenden Stellen in Gestalt von Politikern oder Kommunen anfreunden, als mit dem Wettbewerbsdruck.

Für Politiker kann ein Anreiz bestehen, sich leichtfertig zu Begünstigungen hinreißen zu lassen. Denn die Vorteile für eine kleine Gruppe von Begünstigten sind leicht messbar, wohingegen sich die monetäre Belastung auf eine große, schwer abzugrenzende Gruppe verteilt.5Bei den Steuerzahlern stellt sich wegen der geringen individuellen Belastung kaum eine Reaktion ein, wohingegen die Bezuschussten oft öffentlichkeitswirksam zu Wort kommen und so die Politiker unterstützen.6Ein solches Handeln kann diskriminierende Folgen für die nicht unterstützten Marktteilnehmer haben, die in Folge dessen entweder gleichsam Beihilfen an sich reißen wollen oder den Unternehmensstandort verlagern.7Die nicht berücksichtigten Unternehmen wissen nicht nur unter Umständen von den bevorzugten Subventionsempfängern, sie müssen auch damit rechen, dass sie durch ihre Abgaben die fremden Marktteilnehmer unfreiwillig unterstützen. Nicht zu vergessen ist der belastende Aspekt für das Haushaltsetat, da aufgrund steigender Unterstützung durch den Staat die Steuern und Abgaben steigen.

Das Beihilfenrecht sorgt also primär dafür, dass der Wettbewerb geschützt wird. Ein zusätzlicher Nebeneffekt ist, dass Staatsausgaben reduziert werden können.

Erste Reglungen zur Wettbewerbspolitik existierten bereits im Vertrag für die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl aus dem Jahre 1951.8Doch den wahren Ursprung hatte das europäische Beihilfenrecht im Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 1957 gefunden. Dort fand schon damals das Beihilfeverbot in Art. 92 seine Wurzeln, welches seit dem 1. Januar 1958 gilt. Im Vergleich zum heutigen Art. 87 EG gibt es nur marginale Unterschiede. Das grundsätzliche Beihilfeverbot in Abs. 1 der Artikel blieb über die

4Noll,EU-Kommission als Hüterin des Wettbewerbs, Beiträge der Fachhochschule Pforzheim Nr. 97, S. 9.

5 Monopolkommission, Weniger Staat mehr Wettbewerb, Gesundheitsmärkte und staatliche Beihilfen in der Wettbewerbsordnung, Siebzehntes Hauptgutachten gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 GWB, 2006/2007, Rn. 936.

6 Monopolkommission (Fn. 5), Rn. 936.

7Noll,EU Kommission als Hüterin des Wettbewerbs, S. 16.

8 Der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ist abruf- bar über: http://eur-lex.europa.eu/de/treaties/index.htm.