Veronica Mars 2 - Mörder bleiben nicht zum Frühstück - Rob Thomas - E-Book

Veronica Mars 2 - Mörder bleiben nicht zum Frühstück E-Book

Rob Thomas

4,3

Beschreibung

Veronica Mars muss sich in ihrem aktuellen Fall mit den verborgenen Seiten eines der glamourösesten Orte in Neptune befassen: Das Neptune Grand war schon immer das eleganteste Hotel am Platz. Der pure Luxus ist hier zu Hause - Reiche und Prominente gehen ein und aus. Doch das Neptune Grand ist auch Schauplatz zwielichtiger Geschäfte und diverser Skandale. Als eine Frau behauptet, in einem der Zimmer brutal angegriffen worden zu sein, wenden sich die Hotelbesitzer an Veronica. Die Veronica Mars-Fernsehserie und der im vergangenen Jahr gezeigte Kinofilm begeisterten Zuschauer weltweit. Auch der erste Roman rund um die toughe Privatdetektivin, Zwei Vermisste sind zwei zu viel, der die Handlung des Kinofilms weiterspinnt, rief enthusiastische Rückmeldungen bei Fans und Thriller-Lesern hervor und stürmte sogleich die Bestsellerliste der New York Times. Nun legt Veronica Mars-Schöpfer Rob Thomas den heißersehnten zweiten Thriller um die Kult-Detektivin vor.

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PROLOG

In Neptune regnete es. Was selten vorkam, selbst Anfang März. Normalerweise war der Himmel über dem kleinen südkalifornischen Städtchen das ganze Jahr über strahlend blau. Jetzt aber hatten sich Wolken über den Pazifik herangewälzt und dicke Tropfen klatschten auf die Häuser von Arm und Reich – die einzige ausgleichende Kraft in einer Stadt ohne Mittelschicht.

Ein schmuddeliger weißer Kleinbus rollte gemächlich durch die Straßen am östlichen Rand der Stadt, wo die sorgsam gehegten Feng-Shui-Gärten immer mehr brachliegenden, unkrautüberwucherten Grundstücken wichen. In dieser Gegend gab es keine Millionärsvillen, keine Boutiquen, keine Surferläden, keine Ferienapartments, in denen sich gut betuchte Damen von ihren Schönheitsoperationen erholten. Hier draußen gab es auf Betonziegeln aufgebockte Fertighäuser, Bikerbars, illegale Autowerkstätten. Die Gebäude waren ausgeblichen und schäbig und die Straßen voller Schlaglöcher, die den Bus mit seinen abgenutzten Stoßdämpfern buckeln ließen.

Frank Kozlowski war Schrotthändler, genau wie sein alter Herr es gewesen war. Seine verstorbene Frau hatte immer behauptet, er handle mit »Antiquitäten«, dabei waren neunzig Prozent von dem, was er aufgabelte, nichts als Müll – kaputte Elektrogeräte, die er ausschlachtete, oder Altmetall, das er für ein paar Kröten das Kilo vertickte. Aber hin und wieder mal fand er auch etwas richtig Gutes. In einer Stadt wie Neptune, wo die Reichen schon immer mehr gehabt hatten, als sie mit vollen Händen ausgeben konnten, sahnte ein Typ mit einem fahrbaren Untersatz und ein bisschen Einsatzbereitschaft ab und an ganz ordentlich ab. Noble Möbel, die bloß neu gepolstert oder ein bisschen restauriert werden mussten, Designerklamotten mit winzigen Flecken oder Rissen. Ausrangierte Gemälde, antike Straßenschilder oder Frühstücksdosen aus Blech mit Comicfiguren aus den Siebzigern auf dem Deckel. Die besten Sachen nahm Frank mit und verkaufte sie anschließend in seiner Garage, hauptsächlich an junge Typen mit ironisch getragenem Tirolerhut und Mädchen mit Karottenjeans aus zweiter Hand und kurz rasiertem Haar, die seine Waren mit Vokabeln wie »naiv« oder »authentisch« beschrieben. Kozlowski war ihre Affektiertheit egal – wenn sie ihm denn überhaupt auffiel. Diese Snobs sorgten dafür, dass er seine Hypothek abbezahlen konnte und immer genug Bier im Kühlschrank hatte.

Er kutschierte gemächlich durch den Regen, immer Ausschau haltend nach dem allerkleinsten Blitzen im Gestrüpp am Straßenrand. An seinem Rückspiegel schaukelte ein Rosenkranz beinahe synchron mit den Scheibenwischern hin und her. Auf dem Beifahrersitz saß Gus, sein kleiner, struppiger Hund, in Habachtstellung, die Ohren aufgestellt. Es war kurz nach sieben Uhr morgens und Frank war schon seit zwei Stunden unterwegs. Bis jetzt beschränkte sich seine Ausbeute auf einen Stapel verzogener Kanthölzer, einen Schubladenknauf aus Messing und einen mit Zigarettenbrandmalen übersäten Formschalenstuhl.

Aber so lief das nun mal in seinem Geschäft. Manche Tage waren die komplette Pleite. Dafür ließ die Schrottfee an anderen einen glitzernden Pfad erscheinen, der zu einem wahren Schatz führte. Das war es, was Kozlowski immer wieder dazu bewegte, um vier Uhr aus dem Bett zu kriechen und raus in den dunklen, schweinekalten Morgen zu fahren. Weniger die Aussicht auf Bares, sondern auf einen kräftigen Adrenalinstoß, auf den Kick beim nächsten großen Fund. Die Vorfreude auf eine einzige magische Entdeckung, die hundert beschissene, verschwendete Fahrten auf einen Schlag wettmachte. Das hatte er Nell nie so richtig erklären können. Sie hatte immer nur die Augen verdreht, wenn er mal wieder mit einer Ladung Ramsch vom Straßenrand nach Hause gekommen war. »Mensch, Frank, kannst du nicht einfach ganz normal Haushaltsauflösungen abklappern? Oder Flohmärkte? Secondhandläden? Dieser Krempel ist doch völlig wertlos.«

Wertlos. Allein das Wort – seine schiere Bedeutung – hatte ihm die Sprache verschlagen. Nichts war wertlos. Nicht wenn man wusste, wer es vielleicht gebrauchen konnte. Nicht wenn man wusste, was sich daraus machen ließ. Aber dafür hatte sie nie einen Sinn gehabt.

Und doch … in dem Jahr, nachdem sie gestorben war (Lungenemphysem – sie hatte einfach nie die Finger von den verdammten Zigaretten lassen können), hatte er erstaunt festgestellt, wie still es im Haus auf einmal war, wie schwer ihm das Einschlafen ohne ihre eisigen Füße an seinen Waden fiel. Kinder hatten sie keine. Und so waren nur noch Gus und er und diese kribbelige Rastlosigkeit übrig, die ihn von Zimmer zu Zimmer tigern ließ, in den eisigen Morgenstunden weckte und aus dem Haus trieb, zu den Müllkippen und leer stehenden Gebäuden am Stadtrand von Neptune. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dieses Gefühl als Trauer zu bezeichnen.

Während Kozlowski so durch die verlassenen Straßen kurvte, hing er seinen Gedanken nach. Er dachte an die Donuts, die er sich immer auf dem Rückweg von der Arbeit kaufte, an die heiße Dusche, sobald er den Bus ausgeladen hatte. Gus würde heute auch ein Bad nötig haben nach dem ganzen Regen und Schlamm. Er war kurz davor, es für heute gut sein zu lassen und nach Hause zu fahren, als er etwas sah.

Da vorne.

Er lenkte den Bus auf den Seitenstreifen und schaltete den Motor aus. Die Böschung fiel an dieser Stelle steil ab, hin zu einer von wildem Buchweizen und Sumach gesäumten Brachfläche – ein verwahrlostes Grundstück mit einem Zu-verkaufen-Schild auf einem Holzpfosten. Das Schild stand schon seit mindestens zehn Jahren dort. Die Grundstücke hier draußen am Stadtrand in der meilenweiten Öde zwischen einer heruntergekommenen Wohnwagensiedlung und der Balboa-County-Jugendvollzugsanstalt waren nicht gerade heiß begehrt auf dem Immobilienmarkt. Stattdessen nutzte halb Neptune die Gegend zur kostengünstigen Müllentsorgung, ein Umstand, der Kozlowski auf seinen Runden regelmäßig herlockte. Über die Jahre war er hier schon auf so einige Schätze gestoßen. Eine Kiste voller eselsohriger Playboys. Einen eins achtzig hohen Kunststoff-Cheeseburger von irgendeinem lange geschlossenen Drive-in-Imbiss. Die vordere Hälfte eines 68er Buick Skylark, die er an eine Schrauberwerkstatt verkauft hatte. Und auch jetzt hatte er im Dämmerlicht etwas erspäht – etwas, das es wert sein könnte, dafür die Böschung hinunterzustolpern.

Gus machte einen federnden Satz aus dem Bus und stürmte mit wedelndem Schwanz los. Er liebte ihre Schatzsuchen genauso sehr wie Kozlowski, spürte die Aufregung seines Herrchens und ließ sich davon anstecken.

Kozlowski stieg ebenfalls aus und knallte die Tür hinter sich zu. Wie eisige Nadeln trafen die Regentropfen auf seinen Hals und seine Wangen. Zum Schutz vor der Kälte zog er die Schultern hoch, während seine Stiefel im Matsch versanken. Einen Moment lang konnte er gar nichts erkennen und fragte sich, ob seine Augen ihm einen Streich gespielt hatten. Doch dann sah er es erneut: schmutzig rosa, halb vom hohen Gras verdeckt. Eine Schneiderbüste vielleicht, oder eine Schaufensterpuppe? Sein Herz machte diesen vertrauten kleinen Hüpfer, der fast immer auf einen guten Fund hindeutete.

Kozlowski ging neben Gus in die Hocke und kraulte dem Hund die bebende Flanke. »Na, was meinst du? Lohnt es sich, dafür nass zu werden?«

Gus rannte aufgeregt im Kreis. Mehr Ermutigung brauchte sein Herrchen nicht.

Der Hang war steil und rutschig. Schritt für Schritt schlitterte er hinunter, immer schön nach hinten gelehnt, um bloß keinen Adler zu machen. Gus stürmte vor ihm her und blieb am Fuß der Böschung kurz stehen, um sich trocken zu schütteln.

Kozlowskis Blick fand den Gegenstand im Gras wieder. Kein Zweifel, eine Schaufensterpuppe – jetzt konnte er auch die im Matsch ausgebreiteten Arme und Beine erkennen. Sauber und ein bisschen aufgemöbelt könnte sie ihm locker einen Hunni von irgendeinem Vintage-Laden oder einem Schneider einbringen. Und dann bestand natürlich immer noch die minimale Chance, dass sie richtig was wert war. Er hatte von antiken Schaufensterpuppen gehört, die für sieben-, achthundert das Stück über den Ladentisch gingen, manchmal sogar noch mehr, wenn es seltene Modelle in besonders gutem Zustand waren.

Aber selbst aus fünfzehn Metern Entfernung konnte man deutlich sehen, dass diese hier ziemlich ramponiert war. Die Haare waren so verfilzt und dreckverkrustet, dass es schwer zu sagen war, welche Farbe sie ursprünglich gehabt hatten. Der linke Arm, vermutlich abgebrochen, lag in einem unnatürlichen Winkel zum Rumpf. Der bleiche Körper war von dunklen Schlammstriemen überzogen.

Gus schoss auf das Ding zu und rannte ein paarmal wild drumherum, während Kozlowski heranstapfte.

Er war noch ein paar Meter weit weg, als sich ihm unvermittelt die Nackenhaare aufstellten. Irgendetwas war faul an diesem Bild.

Das hautenge Kleid der Schaufensterpuppe war ihr bis über die Hüfte hochgerutscht und gab den Blick auf hübsch gewölbte Pobacken frei. An jedem anderen Tag hätte Kozlowski darüber gelacht und sich gefragt, warum zum Teufel jemand eine Puppe mit einem so realistischen Hintern designen sollte. Aber hier draußen im Regen, mitten im Matsch, wirkte der Anblick so traurig – so verstörend –, dass ihn ein schleichendes Unbehagen überkam und die Dollarzeichen vor seinen Augen verdrängte.

Gus stupste den Torso mit der Pfote an und gab ein dünnes Winseln von sich.

Über dem prasselnden Regen hörte Kozlowski das ferne Krächzen eines Raben irgendwo in den Bäumen am Rand des Grundstücks. Er ging weiter, bemerkte weder das dumpfe Pochen in seinem Knie noch das eisige Gewicht seiner durchweichten Jeansjacke und hockte sich schließlich neben die lädierte Gestalt im Ginstergestrüpp.

Dann geschahen zwei Dinge auf einmal.

Als Erstes bestätigten Kozlowskis Augen den Verdacht, den er schon die ganze Zeit dumpf gehegt hatte: dass diese blasse pfirsichfarbene Textur kein Kunststoff war, sondern Haut. Dass das Kleid regelrecht in Fetzen gerissen worden war. Dass sich unter den dunklen Dreck Schlieren von Rot mischten.

Das Zweite war, dass die linke Hand der Frau – die in groteskem Winkel zum Rest des Körpers lag – zuckte und sich ihre Finger in den Schlamm gruben.

Sie lebte noch.

KAPITEL 1

Drückende Julihitze erfüllte Gerichtssaal Nummer drei. Die Zuschauer auf der Galerie hatten ihre Jacken ausgezogen und die Kragen aufgeknöpft, Hemden und Blusen feucht von Schweiß. Überall wedelten zu Papierfächern umfunktionierte Flyer einer Verbrechensbekämpfungskampagne. Die Klimaanlage in diesem Teil des Gerichtsgebäudes von Balboa County war ausgefallen. Und da Eli Weevil Navarros Verurteilung bei der Justizbehörde von Neptune, Kalifornien, sowieso schon als beschlossene Sache galt, hatte es offenbar niemand für nötig befunden, die Verhandlung in einen kühleren Teil des Gebäudes zu verlegen. Alles deutete darauf hin, dass es ein kurzer Arbeitstag werden würde, da lediglich ein einschlägig bekannter Latino, dessen Vorstrafenliste bis in seine Grundschulzeit zurückreichte, rückfällig geworden war.

Was normalerweise auch eine ziemlich sichere Annahme ist, dachte Veronica Mars, die im hinteren Teil des Gerichtssaals neben ihrem Vater saß. Die Cops von Neptune kassieren selten jemanden ein, der sich einen langen Prozess leisten kann. Für die Armen und Nicht-Weißen dieser Stadt mahlen die Mühlen unserer Justiz schnell, aber nicht zwangsläufig gerecht. Sie öffnete ihren obersten Blusenknopf und zupfte an ihrem Kragen, um sich die Erleichterung zu verschaffen, die die kaputte Klimaanlage ihr verwehrte. Aber eins muss man sagen: Wenn wir jemanden grundlos verurteilen, dann wenigstens in klassischem Hollywood-Stil. Brütend heißer Gerichtssaal, knisternde Papierfächer, eine Gerichtsschreiberin mit Schweißperlen auf dem Dekolleté. Alles, was jetzt noch fehlt, sind Gerichtsdiener in weißen Colonel-Sanders-Anzügen und Zuschauerränge voll ernst dreinblickender Schwarzer in Arbeiterkluft.

»Im Laufe der letzten Woche konnten Sie miterleben, wie die Beweise gegen meinen Mandanten einer nach dem anderen widerlegt wurden.« Cliff McCormack stand am Kopfende des Gerichtssaals, seine schwarzen Haare klebten ihm feucht in der Stirn. Er war um die fünfzig, gut eins fünfundachtzig groß, hager und trug einen grauen Anzug mit einer Krawatte im Farbton Tropentraum, die gleichzeitig »Effekthascherei« und »Ausverkauf bei JC Penney« zu schreien schien. Seine Stimme war tief und Whiskey-trocken, als er sich an die Jury wandte. »Der sogenannte Zeuge, der behauptet hat, MrNavarro die Waffe verkauft zu haben, hat seine Aussage bereits wenige Wochen nach dem Vorfall zurückgezogen. Die Aufzeichnung von Celeste Kanes Notruf wiederspricht ebenfalls ihrer Schilderung des Tathergangs – die Anschuldigung, MrNavarro habe sie verbal bedroht, mit eingeschlossen.«

Bilde ich mir das bloß ein oder hat irgendjemand Cliff McCormack eine Extraportion Sambal in sein Pad Thai gemischt? Der alte Haudegen zieht ja alle Register für Weevil.

Veronica kannte den Anwalt schon fast ihr ganzes Leben lang; er und ihr Vater waren alte Freunde. Er hatte eine selbstironische Art und bezeichnete sich selbst gern als Discount-Strafverteidiger, aber Veronica wusste es besser. Cliff arbeitete hart, um seinen Klienten einen fairen Prozess zu sichern. Ein fast aussichtsloses Unterfangen in einer Stadt wie Neptune, wo die Gerechtigkeit in der Regel an den Meistbietenden ging.

»Die Staatsanwaltschaft hat keine Mühen gescheut, um meinen Mandanten als abgebrühten Verbrecher darzustellen, der wieder in alte Verhaltensmuster verfallen ist. Aber was ist mit den fünf Jahren zwischen seiner letzten Verurteilung und den Vorfällen in der Nacht des fünfundzwanzigsten Januar? Fünf Jahre, in denen Eli Navarro sich als verantwortungsvoller, gesetzestreuer Bürger erwiesen hat, und das immer wieder. Sie haben die Aussagen Dutzender Leumundszeugen gehört: Freunde, Kollegen, Kirchenvertreter, die MrNavarro ausnahmslos als hart arbeitenden Mann und liebenden Vater und Ehemann beschrieben haben – als einen völlig verwandelten Menschen.«

Hmm … jetzt trägst du aber ein bisschen dick auf, Cliffy, dachte Veronica. Gut, bis vor sechs, sieben Monaten hatte Weevil Navarro tatsächlich wie ein neuer Mensch gewirkt – oder zumindest Welten entfernt von dem Highschool-Gangsterboss, als den Veronica ihn zehn Jahre zuvor kennengelernt hatte. Damals war Weevil noch der Alpha-Kieferbrecher einer lokalen Bikergang gewesen. Sein Foto hatte einen Stammplatz in BUST*ed! gehabt, dem Fahndungsfoto-Klatschblatt der örtlichen Polizei. Aber als Veronica ihm auf ihrem Klassentreffen vor weniger als einem Jahr wiederbegegnet war, hatte es ausgesehen, als wäre er endlich zur Ruhe gekommen. Er war glücklich verheiratet, völlig vernarrt in seine Tochter und führte sein eigenes kleines Geschäft.

Das alles hatte sich geändert, als er versucht hatte, Celeste Kane zu helfen, deren Auto in einem der »bunteren« Viertel der Stadt liegen geblieben war. Weevil war im Krankenhaus wieder aufgewacht, mit einer Schusswunde in der Schulter und einem Haufen Anschuldigungen am Hals, unter anderem wegen versuchten Raubüberfalls, versuchter Körperverletzung und Waffenbesitzes. Celeste behauptete, er habe sie bedroht. Die Polizisten gaben an, ihn mit einer gestohlenen Glock in der Hand am Tatort aufgefunden zu haben. Weevil dagegen schwor Stein und Bein, seit Jahren keine Schusswaffe angerührt zu haben.

In den Monaten danach war seine einst so erfolgreiche Autowerkstatt pleitegegangen. Neptunes reiche Bürger weigerten sich, ihre Bentleys und McLarens jemandem anzuvertrauen, der verdächtigt wurde, eine Waffe gegen eine der ihren erhoben zu haben. Jetzt schob Weevil hin und wieder ein paar Schichten in der Autowerkstatt seines Onkels, aber damit konnte er sich kaum über Wasser halten. Kein Wunder also, dass er seither wieder öfter mit ein paar seiner zwielichtigen Bikerkumpels herumzog. Weevil achtete darauf, Veronica nicht mehr zu erzählen, als sie, Privatdetektivin und Tochter des ehemaligen Sheriffs von Neptune, Keith Mars, seiner Meinung nach wissen musste. Und diese neue Verschwiegenheit machte umso deutlicher, dass er hin und wieder den Pfad der Tugend verließ, um sein Einkommen aufzubessern.

»Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft«, fuhr Cliff fort, »sind nichts als ein Kartenhaus, das am Ende unter dem Gewicht all der unbeantworteten Fragen und schlicht absurden Annahmen in sich zusammenbrechen wird. Bedenken Sie bitte, dass der angebliche Überfall sechzehn Minuten nachdem MrNavarro den Babysitter nach Hause gebracht hat, stattgefunden haben soll.« Er hielt kurz inne, damit die neue Information ihre Wirkung entfalten konnte.

Veronica konnte von ihrem Platz aus nur Weevils Hinterkopf sehen. Er war kahl rasiert und glänzte vor Schweiß. Über dem Rand seines Kragens schlängelten sich die verblichenen Ausläufer eines Tattoos seinen Hals hinauf. Hinter ihm bevölkerten seine Geschwister, Cousins, Cousinen, Tanten und Onkel die Galerie, angespannt und schweigend. Veronica erkannte Chardo, den Cousin, der Weevil vor Jahren seinen eigenen Kreditkartenbetrug in die Schuhe geschoben hatte. Aber das schien inzwischen Schnee von gestern zu sein.

Ein paar Reihen vor Chardo saß, die Schultern angespannt, Weevils Ehefrau Jade und ließ die Geschworenenbank nicht aus den Augen. Die hübsche, rehäugige Frau wirkte jedes Mal, wenn Veronica sie sah, ausgemergelter – mit dunklen Ringen unter den Augen und einem Schlüsselbein, das sich beunruhigend scharf unter ihrem Top abzeichnete. Angesichts der pleitegegangenen Werkstatt, der Arztrechnungen, der Anschuldigungen gegen Weevil und der wieder aufgeblühten Freundschaft zu seinen alten Kumpanen musste Jade sich fühlen, als hätte jemand eine Reihe von Dominosteinen zum Umstürzen gebracht. Heute geriet nun auch noch der Allerletzte ins Schwanken und man durfte gespannt sein, in welche Richtung er fallen würde.

»Ms Ortiz’ Aussage zufolge war MrNavarro nüchtern, zurechnungsfähig und guter Dinge, als er sie zu Hause abgesetzt hat. Sollen wir also allen Ernstes annehmen, dass er den Abend bei seinem zehnjährigen Highschool-Klassentreffen dazu genutzt hat, noch schnell einen Überfall zu planen, bevor er ein paar Windeln kaufte und anschließend zu seiner Frau und seiner Tochter nach Hause gefahren ist? Das ergibt doch nun wirklich keinen Sinn. Warum sollte ein erfolgreicher Kleinunternehmer, der eine Familie zu ernähren hat, all das aufs Spiel setzen, um einer von Neptunes einflussreichsten Einwohnerinnen das Auto zu klauen? Warum sollte ein Mann, der unermüdlich dafür gearbeitet hat, einem Leben in Armut und Kriminalität zu entfliehen, eines Tages aufwachen und beschließen, das alles wegzuwerfen?«

Cliff war eindeutig auf der Zielgeraden zum Sieg. Doch Veronica wusste, dass er nicht die Fragen stellte, die ihn wirklich interessierten. Während der Vorbereitung für Weevils Verteidigung hatte er Keith gebeten, den sich seit Jahren häufenden Vorwürfen gegen das Sheriff’s Department nachzugehen, es manipuliere Beweismittel. Keith hatte Dutzende von Leuten ausfindig machen können, die aus persönlicher Erfahrung darüber berichten konnten. Wie zu erwarten, waren sie ausnahmslos leichte Opfer – arm und vorbestraft, sodass die meisten von ihnen sich freiwillig schuldig bekannt hatten, anstatt es auf ein langwieriges Verfahren und immer wildere Anschuldigungen ankommen zu lassen. Cliff und Keith hatten vorgehabt, mithilfe der Aussagen ein Netz aus Korruption aufzudecken und damit Weevils guten Ruf wiederherzustellen. Dann aber waren sämtliche Zeugenaussagen kurz vor Prozessbeginn abgeschmettert worden. Richter Oglesbee hatte sie für »irrelevant« erklärt.

Veronica hatte über die Jahre miterlebt, wie Cliff einiges an Rückschlägen einstecken musste, aber dieser hier war besonders bitter.

Cliff entfernte sich ein paar Schritte von den Geschworenen, bevor er sich wieder zu ihnen umwandte.

Einer von Veronicas Jura-Professoren an der Columbia hatte sich damit gebrüstet, jedes Urteil anhand der Mienen der Jurymitglieder während der Schlussplädoyers vorhersagen zu können. Als Veronica nun die zwölf unbewegten Gesichter betrachtete, kam sie zu dem Schluss, dass das, bei allem Respekt, Professor, gequirlte Kacke war.

»Meine Damen und Herren Geschworenen, ich möchte Sie bitten, bei Ihren Beratungen Folgendes zu berücksichtigen: Hat die Staatsanwaltschaft auch nur eine dieser Fragen beantwortet? Hat sie die Lücken in der Beweislage hinreichend erklärt, die Ungereimtheiten im zeitlichen Ablauf, das Fehlen eines glaubhaften Motivs? Wenn das nicht der Fall ist, dann sollte Eli Navarro als ein freier Mann gehen dürfen. Ich danke Ihnen vielmals.«

Gemurmel erfüllte den Saal. Der Richter ließ zwei kurze, zackige Hammerschläge ertönen. »Die Geschworenen ziehen sich nun zurück. Bitte führen Sie die Jury ins Beratungszimmer.«

Veronica und Keith wechselten einen Blick. Ringsum war das Scharren von Stuhlbeinen zu hören, als die Leute aufstanden.

Jetzt hieß es abwarten.

KAPITEL 2

»Wie kannst du dich jetzt auf so was konzentrieren?«

Gut zwei Stunden später saß Keith Mars mit seiner Tochter im Miki’s, einer kleinen Surferkaschemme gleich gegenüber dem Gerichtsgebäude. In seiner Zeit als Sheriff war Keith öfter hier gewesen und seitdem hatte sich das Diner kaum verändert. Klar, inzwischen hatten die Kunstlederbänke ein paar mit Teppichklebeband geflickte Risse mehr, die Surfbretter an den Wänden hier und da eine neue Delle, aber der Speck war immer noch knusprig und es gab rund um die Uhr Pfannkuchen, genau so, wie der liebe Gott es vorgesehen hatte.

Keith sah von dem Kreuzworträtsel, über dem er gerade brütete, zu Veronica auf, deren French Toast unangetastet in einer inzwischen glibberigen Siruppfütze lag, während sie ungeduldig mit den Fingern gegen ihre Kaffeetasse trommelte.

»Es ist dir vielleicht noch nicht aufgefallen, aber dein alter Herr hat eben ganz schön was auf dem Kasten.« Triumphierend hielt er die Zeitung hoch und präsentierte ein tintenblaues, nahezu unleserliches Gekrakel in den ordentlichen Kästchenreihen. »Na? Wie viele Leute, glaubst du, haben den Mumm, so etwas mit Tinte auszufüllen?«

»Schon klar, Steve McQueen, du lachst dem Tod ins Gesicht und Regeln sind was für Warmduscher.«

»Ich bin der Typ, der furchtlos auf dem Tian’anmen-Platz steht. Und dieses Rätsel ist der Panzer – im Zickzack auf der Flucht vor der drohenden Erniedrigung!« Keith grinste, dann nickte er gewichtig und trug ein weiteres Wort ein.

Veronica verdrehte die Augen. »Schieb dein Gangsterkinn noch ein Stück weiter vor, dann lässt Kanye West dich vielleicht seine Auswahl an B-Bitches unterhalten.« Sie seufzte und trommelte noch nervöser mit den Fingern gegen ihre Tasse. »Was meinst du, wie lange die noch brauchen?« Sie wollte gerade nach dem Henkel greifen, aber Keith kam ihr zuvor und zog die Untertasse ein Stück von ihr weg.

»Vielleicht solltest du es langsam mal gut sein lassen mit dem Kaffee. Das ist schon deine vierte Tasse, seit wir hier sitzen.«

»Ja, du hast ja recht. Gut, dass wir nicht auf die Idee gekommen sind, in einer Kneipe zu warten. Dann würde ich jetzt wahrscheinlich auf meinem Barhocker stehen und die Leute zum Mitgrölen bei Livin’ on a Prayer animieren.« Veronica stützte das Kinn in die Hand und seufzte. »Cliffs Fall will mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich grübele die ganze Zeit darüber nach, wie die Jury sich wohl entscheiden wird, damit ich darauf vorbereitet bin. Seine Argumentation war absolut überzeugend. Er hat die Beweisführung demontiert und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Geschichte ziemlich dumm dastehen lassen –«

»Hör sich das einer an«, fiel Keith ihr ins Wort. »Man könnte fast meinen, du hättest Jura studiert.«

Veronica hatte das Jobangebot einer Topanwaltskanzlei in New York ausgeschlagen und war zurück nach Neptune gekommen – eine Entscheidung, die zu akzeptieren Keith noch sechs Monate später seine Schwierigkeiten hatte. Dass seine Tochter eines Tages in seine Privatdetektiv-Fußstapfen treten würde, war nicht gerade das, was er sich für sie gewünscht hatte.

»Schön wär’s, wenn man das nur fast meinen könnte.« Veronica schloss kurz die Augen. »Aber egal, ich habe jedenfalls das Gefühl, als könnte es in beide Richtungen gehen. Wenn sie doch nur die Aussagen zu den fingierten Beweisen zugelassen hätten …«

»Ich weiß, haben sie aber nun mal nicht. Und sich darüber Gedanken zu machen hilft uns jetzt auch nicht weiter.« Keith langte über den Tisch und tätschelte ihre Hand. »Hör mal, Cliff war doch in Höchstform. Er hat eine klasse Leistung hingelegt, wenn man unsere Ausgangslage berücksichtigt. Jetzt können wir nur noch warten und hoffen, dass die Geschworenen das genauso sehen. Wir müssen uns damit abfinden, dass es Dinge gibt, die wir nicht beeinflussen können.«

Veronica antwortete eine Weile nicht, sondern wägte ihre Worte sorgsam ab. »Kann ich unzensiert sagen, was ich denke?«

»Klar.«

»Dad, das, was du da gerade vom Stapel gelassen hast, ist eine Plattitüde zum Thema Gelassenheit, wie alte Leute sie auf Facebook posten, keine echte Keith-Mars-Reaktion auf eine derbe Klatsche. Du hast dir ein Bein für diese Sache mit den fingierten Beweisen ausgerissen und jetzt war das alles umsonst. Ganz abgesehen davon, dass Lamb mal wieder davonkommt, selbst wenn Weevil freigesprochen wird.« Sie warf ihrem Vater einen Seitenblick zu. »Und von dem Autounfall will ich gar nicht erst anfangen. Du solltest toben vor Wut.«

Keith tat so, als konzentrierte er sich wieder auf sein Rätsel.

Veronica versuchte schon seit Monaten, ihm Einzelheiten über den Unfall zu entlocken, und er würde ihr auf keinen Fall nach all dieser Zeit noch auf den Leim gehen. Er wusste, dass sie die Wahrheit ahnte – dass er sich mit Deputy Jerry Sacks wegen der manipulierten Beweise getroffen hatte. Dass Sacks kurz davor gewesen war, mit der Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, als ihnen im letzten Moment ein Lieferwagen in die Seite gerast war, der gleich darauf umgedreht hatte, um ihr Auto noch mal zu rammen. Sacks war gestorben und Keith kurz davor gewesen.

Er ermittelte seit sechs Monaten in der Sache, aber bislang hatte sich seine Mühe nicht ausgezahlt. Laut der offiziellen Version hatte Sacks sich von einem seiner Kontakte in der Unterwelt schmieren lassen, der sich dann tragischerweise gegen ihn gewendet hatte. Aber Keith hatte keinerlei Hinweise gefunden, dass Jerry Sacks korrupt gewesen war. Wenn er auch nicht beweisen konnte, dass der Fahrer des Wagens im Auftrag von Sheriff Lamb gehandelt hatte, sein Bauch sagte ihm, dass daran kein Zweifel bestand.

Und darum würde er auf keinen Fall zulassen, dass Veronica mit in die Geschichte hineingezogen wurde. Lamb und Konsorten hatten bewiesen, dass sie über Leichen gingen, um ihre Geheimnisse zu wahren. Und Keith würde nicht auch noch seine Tochter in Gefahr bringen – egal wie gern er die Korruptheit des Sheriff’s Departments auffliegen lassen wollte.

»Warum sollte ich toben? Du tobst doch genug für uns beide.« Er lächelte schwach und trug Ramis in zwölf senkrecht, bei Bebrillter Geisterjäger ein. »Im Moment hoffe ich einfach nur, dass Eli nicht in den Knast wandert. Wenn wir ihn freibekommen, verbuche ich das als Erfolg.«

Veronica senkte seufzend den Blick, aber sie widersprach ihm nicht. Sie musste wissen, dass er recht hatte. Neptunes Rechtssystem war schon immer ein Morast aus Korruption gewesen und daran würde sich in nächster Zeit auch nichts ändern, mit oder ohne Lamb. Wenn Eli freikam, hätten sie wenigstens ihn davor bewahrt, als jüngstes Justizopfer zu enden.

Aber Veronica war noch nie gut darin gewesen, einem Konflikt aus dem Weg zu gehen – das hatte sie ganz klar von ihrem Vater geerbt. Keith hatte viel Zeit damit zugebracht, seinen Laptop mit Informationen über Lamb zu füllen, er hatte Dutzende von Leuten befragt, die der Meinung waren, das Sheriff’s Department habe ihnen Beweise untergejubelt, unnötig Gewalt angewendet oder sie mittels völlig aus der Luft gegriffener Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsmaßnahmen um ihr Eigentum gebracht.

Anhand all dieser Justizopfer war es Keith gelungen, sich ein ziemlich klares Bild des korrupten Polizeibetriebs in Neptune zusammenzupuzzeln. Lamb hatte Mauscheleien im Stil eines organisierten Verbrecherrings am Laufen. Ortsansässige Geschäftsleute, die brav zahlten, wurden geschützt; die anderen, die sich weigerten, mussten in Angst vor Diebstahl, Brandstiftung und sogar tätlichen Angriffen leben. Das Geld ging verschlungene Wege, die nahezu unmöglich zurückzuverfolgen waren. Aber Keith wusste, dass Lamb sich das Strandhaus, das er vor Kurzem gekauft hatte, unter normalen Umständen niemals hätte leisten können, ganz zu schweigen von seinem jährlichen Skiurlaub in Tahoe, dem nagelneuen SUV und den Karten für die erste Reihe bei Lakers-Spielen fünf- bis sechsmal pro Saison.

Es hatte mal eine Zeit gegeben, da hätte Veronica all diese Vorgänge in Echtzeit verfolgt, nachdem sie Keiths Schreibtisch durchsucht und den Code seines Safes herausgefunden hatte. Vielleicht hätte er sie von Anfang an stoppen sollen, gleich an jenem Abend vor elf Jahren, als ihm aufgefallen war, dass sie in den Akten zum Fall Lilly Kane geschnüffelt hatte. Aber aus irgendeinem Grund, der ihm bis heute nicht ganz einleuchtete, hatte er es nicht übers Herz gebracht, sie auszuschließen. Sie hatte sich mit wilder Entschlossenheit auf die Jagd nach Lillys Mörder gemacht, bis Aaron Echolls sie – und Keith – am Ende beinahe umgebracht hätte. Die Erinnerung an die Flammen, die nach seinen Beinen züngelten, während Veronica dahinter in der Falle saß, ließ ihn noch immer unwillkürlich erschaudern.

Aber das war lange her. Sie waren jetzt Partner. Veronica war fast neunundzwanzig, sie bearbeitete ihre eigenen Fälle, führte ihr eigenes Leben. Für Keith hatte es den Anschein, als respektierte sie seine Entscheidung, sie bei den Ermittlungen gegen das Sheriff’s Department auf Sicherheitsabstand zu halten.

Die Bedienung kam und schenkte ihnen Kaffee nach. Veronica zog ihre Tasse wieder zu sich und begann mit ihrem zwanghaften Ritual. Mit stiller Belustigung sah Keith ihr dabei zu, wie sie das Zuckertütchen schüttelte – viermal, wie immer –, bevor sie es aufriss und den Inhalt in ihren Kaffee schüttete, gefolgt von einem großzügigen Schuss Milch. Am Schluss schlug sie dreimal mit ihrem Löffel an den Rand der Tasse und legte ihn auf die ordentlich gefaltete Serviette.

»Was meinst du, hat es für Folgen für Lamb, wenn Weevil davonkommt?«

Die Frage war ganz unvermittelt aus ihr herausgeplatzt. Keith legte das Kreuzworträtsel neben seinen leeren Teller auf den Tisch.

»Dann könnte es zu Ermittlungen wegen der gestohlenen Glock kommen. Aber wie ich Lamb kenne, findet er auch da wieder einen Weg, sich herauszuwinden. Du weißt schon, die Schuld auf ein paar rangniedere Deputys abwälzen, sie feuern und dann groß herausposaunen, wie sauber sein Laden doch ist.«

Veronica zog eine Grimasse. »Wenigstens würde es dadurch einiges an schlechter Presse geben. Das könnte ihm bei der Wahl zum Verhängnis werden.«

»Na ja, im Moment hat er ja nicht mal einen Gegenkandidaten, darum glaube ich kaum, dass Weevils Fall den Wahlausgang groß beeinflussen wird. Dafür wäre schon ein richtig haarsträubender Skandal nötig, der ihn für das Amt komplett disqualifiziert.« Keith deutete auf die Titelseite der Zeitung, wo ein grinsender Lamb zu sehen war, der bei irgendeiner Preisverleihung dem Bürgermeister die Hand schüttelte.

»So langsam kommt mir das Konzept der Demokratie vor wie die Siri unter den politischen Systemen: viel besser in der Theorie.« Veronica stützte den Ellbogen auf den Tisch und lehnte ihre Wange in die Hand. »Aber ich hoffe immer noch, dass Lamb uns vielleicht noch in letzter Sekunde ein knackiges Kataströphchen liefert. Unzucht mit Nutztieren in der Öffentlichkeit, Einführung des Scharia-Gesetzes, einen milchkaffeebraunen Filmstar, den er nicht erkannt und getasert hat. Irgendetwas so Himmelschreiendes, dass die Leute nicht mehr weggucken können.«

»Ganz mein Mädchen, immer voll der Hoffnung, dass es jemandem die Beine unter dem Hintern wegreißt.« Keith wandte sich wieder seinem Rätsel zu. »Aber jetzt hilf mir mal hiermit. Achilles’ anatomischer Unterbau – zehn Buchstaben. Müsste mit F anfangen, es sei denn, Farrah Fawcett bei dreizehn senkrecht ist falsch, aber ich glaube eigentlich nicht –«

Er brach ab, als ihrer beider Handys piepsten. Er warf einen Blick auf das Display.

Eine Nachricht von Cliff.

Jury hat sich entschieden. Urteilsverkündung in zehn Minuten.

Über den Tisch hinweg sahen sie sich an. Bei aller vorgetäuschten Ruhe geriet Keiths Herz kurz ins Stolpern.

»Bereit?«, fragte er.

»Und ob.« Veronica schnappte sich ihre Tasche und schlüpfte in ihre Jacke. »Ach und übrigens: Fersenbein. Das ist der Knochen unterhalb der Achillessehne.«

»Schon klar, du Schlauberger.« Keith boxte ihr sanft gegen den Arm. »Na komm, dann lass uns mal nachsehen, ob wir heute Abend etwas zu feiern haben.«

KAPITEL 3

»Herzlichen Glückwunsch!«, empfing Cindy Mac Mackenzie sie an der Tür von Mars Investigations.

Veronica pfefferte ihre Handtasche auf einen Beistelltisch. »Achtung, bitte zurücktreten! Hier kommt ein freier Mann!«

Hinter ihr marschierten Keith und Cliff herein. Weevil folgte als Letzter, einen benommenen Ausdruck im Gesicht.

In den Büroräumen von Mars Investigations war es schummrig und kühl, eine wahre Erleichterung nach der sengenden Hitze draußen. Staub glitzerte in den Sonnenstrahlen, die durch die Spalten der Rollos hereinsickerten. Die gemieteten Räumlichkeiten verströmten einen industriellen Charme, was allerdings mehr auf ihren ursprünglichen Zweck zurückzuführen war – das Brauen enormer Mengen von Lagerbier – als auf irgendwelche bewussten Design-Absichten. Die Decke war sechs Meter hoch und der Betonboden fleckig. Die Räume waren so groß, dass es schwer war, sie ordentlich auszuleuchten, weshalb sich in den Ecken tiefe Schatten bildeten. Der einzige Teil des Hauptraums, den man als modern und stylish hätte bezeichnen können, war Macs Schreibtisch, beladen mit Computerzubehör. Manche Klienten mochten sich wundern, wofür eine Empfangssekretärin fünf verschiedene Monitore brauchte. Aufmerksamere Zeitgenossen kamen auf den Gedanken, dass Mac möglicherweise nicht nur Anrufe entgegennahm.

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