Verschlusssache - Markus Cremer - E-Book

Verschlusssache E-Book

Markus Cremer

4,9

Beschreibung

Katzen auf geheimer Mission, Hitlerklone und die Area 51. Aleister Crowley, Organraub und der Slenderman. Urbane Legenden und Verschwörungstheorien werden erzählt, hinterfragt, geglaubt – und manchmal verändert. Wie lautet die Wahrheit und welche Geschichten werden nur als solche verkauft? Keilschrifttafeln treffen auf Datenüberwachung, feline Geheimagenten auf Drachen und Männer ohne Gesicht auf Welten voller Magie. Nun ist es höchste Zeit, die Verschlusssache zu einer öffentlichen Angelegenheit zu machen. Deswegen öffnen 17 AutorInnen geheime Akten.

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Seitenzahl: 370

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Verschlusssache

Fabian Dombrowski (Hrsg.)

Die Deutsche Bibliothek und die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnen diese Publikation in der jeweiligen Nationalbibliografie. Bibliografische Daten:

http://dnb.ddp.de

http://www.onb.ac.at

© 2015 Verlag ohneohren, Ingrid Pointecker, Wien

www.ohneohren.com

ISBN: 978-3-903006-27-0

1. Auflage

Covergestaltung: Fabian Dombrowski

Lektorat, Korrektorat: Fabian Dombrowski, Ingrid Pointecker

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und/oder des entsprechenden Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Alle Personen und Namen in diesem E-Book sind frei erfunden.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Sebastian Bartoschek

Akte 1

Bigfoot-Kult will Stalin klonen

Marcus Cremer

Akte 2

Auf Herz und Nieren

Melanie Vogltanz

Akte 3

Der Ruf nach Wahrheit

Luisa Meißner

Akte 4

JFKthulhu

Sebastian Bartoschek

Akte 5

Agartha

Alexa Waschkau

Akte 6

Die verpatzte Mondlandung

Diana Menschig

Akte 7

O.S.K.A.R.

An Brenach

Akte 8

Codename: Blue Tree

Bettina Bellmont

Akte 9

Das Dragoman-Diktat

Thomas Heidemann

Akte 10

Pascualita

Marion Jaggi

Akte 11

[ˈslɛndɜːmæn]

Torsten Exter

Akte 12

Kennen Sie Alex T. Fiori?

Erik Hauser

Akte 13

Durch die Augen der Nephilim

Alessandra Reß

Akte 14

Das Biest von Brüssel

Werner Graf

Akte 15

Der Preis der Unsterblichkeit

Dahlia von Dohlenburg

Akte 16

Die Frau, ihr Magier, seine Katze und deren Geheimnis

Oliver Plaschka

Akte 17

Selig sind die geistig Armen

Anna-Katharina Höpflinger

Nachwort

Vorwort

Sebastian Bartoschek

Herzlich willkommen in diesem Vorwort. Vorworte sind eine seltsame Sache. Eigentlich braucht man sie nicht. Ein gutes Buch spricht für sich selbst – naja – eigentlich ist es anders: Die Texte eines Buches sprechen für die Autoren und diese wiederum hoffentlich eine ansprechende Sprache, wobei jede Sprache natürlich im Sinne des Wortes ansprechend ist, und ich mich gerade im Detail verliere.

Genau dies soll aber ein gutes Vorwort nicht machen, es soll helfen das Kommende einzuordnen, es einzuleiten – und mitunter auch den Leser, der das Buch in einer Buchhandlung aufschlägt, dazu bringen, es zu kaufen.1

Das Vorwort lässt man deswegen gerne von jemandem schreiben, der a. irgendwie mit dem Verlag verbandelt ist, b. irgendwo so etwas wie Bekanntheit genießt, c. fürhin narzisstische Züge hat und d. fachlich dem Gesamtthema der Publikation zugeordnet werden kann. Ja. Und da sind wir nun. Sie und ich. Sie, die sich anschicken die nachfolgenden Kurzgeschichten zum Thema Verschwörungstheorien zu lesen und ich – der ich selbst eine Geschichte beigesteuert habe (somit a. erfülle), eigene Podcasts betreibe und für Medien schreibe (ich finde, damit ist b. abgehakt), gerne meinen Namen unter Texten lese (jaja, c. halt) und eine Promotionsschrift verfasst habe, die Kriterium d. erfüllt – nämlich zur „Bekanntheit von und Zustimmung zu Verschwörungstheorien“2.

Über 1500 Menschen habe ich vier Jahre lang zu 95 verschiedenen Verschwörungstheorien befragt, und versucht herauszufinden, wer welche Verschwörungstheorien glaubt – und ein wenig auch, wieso. Sie halten hier nun eine Anthologie in Händen, in der sich 17 Autoren fast ebenso vielen Verschwörungstheorien widmen – oder unerklärlichen Phänomenen, die sie dann in einen verschwörerischen Kontext setzen.

Sie werden von Kartoffeln lesen, Tote im Wald vermuten, den Mond betreten, immer wieder auf Außerirdische treffen, Blut fließen sehen und es mit bösen bösen Wesenheiten zu tun bekommen. Das könnten sich auch in anderen Horror-/Fantastik-Sammelbänden. Was macht diesen Band – neben diesem wunderbaren Vorwort – also besonders? Wieso interessieren sich die Autoren, wieso interessieren sich Leser, ja, wieso interessieren sich Menschen besonders für Verschwörungstheorien?

Weil ihnen der Hauch des Möglichen anlastet.

Und dieses Mögliche ist gefährlich, düster, verschleiert.

Verschwörungen gibt es. Auch wenn Julius Cäsar und MacBeth es nicht wahrhaben wollten und dafür teuer bezahlten. Hitler-Stalin-Pakt. Sven Olof Palme. Oktoberfestbombe. Ruhrlade. Phöbus-Kartell. P2. Operation Gladio. Irak-Krieg. Edward Snowden. Klingelt da was? Alles echte Verschwörungen. Nein – bei einem Punkt habe ich gelogen. Finden Sie ihn? Wie leicht ist es, echte Verschwörungen von angeblichen zu unterscheiden? Ist dies nur in der Rückschau möglich? Ist dies nicht nur eine Frage des Standpunktes? Nein. Aber kriegen Sie sauber argumentiert, wieso mein „Nein“ richtig ist?

Eine Verschwörung ist die geheime Verabredung einer Gruppe zu einem illegalen oder illegitimen Handeln. Es bringt für diejenigen einen Nachteil, die nichts von der Existenz dieser Verabredung wissen. Davor möchten wir uns schützen. Das ist ein Aspekt, der Faszination der Beschäftigung mit Verschwörungstheorien.

Ein anderer Aspekt liegt in der Komplexitätsreduktion. Denn es ist so: Das mediale Angebot an Information ist immens, und das ist zunächst einmal eine wundervolle Sache. Wissen ist allgemein verfügbar. Aber es entstehen dadurch zwei Probleme.

Das erste Problem ist, dass dadurch, dass jeder sein Wissen, seine Meinung veröffentlichen kann – und dabei behaupten kann, es handle sich um Fakten und nicht um Meinungen – und auch schlicht Fakten fälschen kann – wird schnell unüberblickbar, welcher Information welcher Stellen- und Wahrheitswert zuzuordnen ist. Stimmt etwas schon deswegen nicht, weil es bei Russia Today gesagt wurde? Und ist etwas wahr und wichtig, weil es im Spiegel steht? Wie sind sich widersprechende Meldungen zu bewerten? Kann man diese schlicht gegeneinander aufrechnen? Hat die Mehrheit immer recht? Dies sind Fragen, die manchmal eindeutig, manchmal von Fall zu Fall und manchmal gar nicht zu beantworten sind. Der Psychologe und Ur-Skeptiker Ray Hyman sagte einmal zu mir, dass er das Verhältnis von Nachrichten und Wissen wie das Verhältnis von Höhe zu Raum in einer Pyramide sähe. Früher habe es (Spitze der Pyramide) weniger Nachrichten gegeben (geringer Rauminhalt), in denen dann viel Wahres zu finden war (geringe Höhe). Der Rauminhalt wächst aber nicht linear zur Höhe, sondern exponential. Was heißt das? Das Verhältnis von Höhe zu Rauminhalt, von Wissen zu Nachrichtenmenge wird immer geringer. Mittlerweile ertrinken wir geradezu in einer Flut von Nachrichten, in denen sicherlich absolut gesehen mehr Wahres verbreitet wird, im Verhältnis gesehen aber weniger. Anders als vor 20 oder 30 Jahren ist nun der Einzelne gefragt, Wahres von Falschem zu trennen – was natürlich dann ab und an auch schief geht. Verschwörungstheorien helfen dabei, nur diejenigen Informationen zu suchen, die in ein Deutungsmodell passen. So haben Aluhüte3 eine schnelle Faustregel, welche Nachrichten stimmen und welche nicht. Das betrifft aber leider auch Nicht-Aluhüte. Die Gretchenfrage ist die, ob man einer Widerlegung des eigenen Weltbildes noch offen gegenübersteht. Ist dies der Fall: alles super. Ist dies nicht der Fall: Aluhut oder religiös; wobei ich auf einen zentralen Befund meiner Dissertation verweisen möchte, nämlich das selbst berichtete Religiosität nach politischem Extremismus am besten vorhersagt, wer viel und an viele Verschwörungstheorien glaubt.

Das zweite Problem baut auf dem ersten auf. Es beschäftigt sich mit der Frage der Kausalität, der Betrachtung von Ursache und Wirkung. Menschen sind tolle Musterfinder. Wir finden selbst dort Muster, wo keine sind. Schauen Sie einfach einmal länger aufs Fernsehrauschen oder auf ein kariertes Blatt – auf beiden gibt es keine Muster. Aber nach einer Zeit wird Ihr Gehirn Muster finden. Wieso? Weil uns das evolutionär weitergebracht hat. Es ist einfach eine gute Sache eine Kausalität zwischen dem Essen der roten Beeren und diesen seltsamen Krampfanfällen zu erkennen, die denjenigen befallen, der sie gegessen hat. Wenn Sie einen dunklen Raum betreten, und auf einen Schalter drücken, und das Licht in diesem Raum geht an, gehört nicht viel dazu, um sicher davon auszugehen, dass das Licht angegangen ist, WEIL sie den Schalter gedrückt haben. Das führt zu Fehlschlüssen, zum Beispiel dann, wenn der Schalter in dem beschriebenen Beispiel in Wirklichkeit defekt ist, und das Licht aufgrund eines Näherungsschalters angeht. Unser Problem: Wir werden den Schalter beim Betreten des Raumes immer drücken, weil es uns nur logisch erscheint, und uns so um die Widerlegungsmöglichkeit unserer Kausalitätsannahme bringen. Aber: Wir haben eine Struktur in unser Leben gebracht. So funktionieren eben Verschwörungstheorien. Mitunter richtige Einzelbeobachtungen werden sinnhaft und kausal miteinander verknüpft und die Verknüpfung wird nach einer Zeit nicht mehr hinterfragt. Dadurch können viele verschiedene Informationen scheinbar sinnvoll verbunden werden, und Ereignisse erscheinen erklärbar.

Komplexität wird so scheinbar reduziert, gleichwohl geht eine Angst damit einher – zum einen vor der Verschwörung, zum anderen davor, Verschwörungen zu übersehen, was der von mir verehrte H.P. Lovecraft4 wunderbar auf den Punkt brachte:

"Die größte Gnade auf dieser Welt ist, so scheint es mir, das Nichtvermögen des menschlichen Geistes, all ihre inneren Geschehnisse miteinander in Verbindung zu bringen."

Mit diesem Gedanken entlasse ich Sie nun aus diesem nicht notwendigen, aber hoffentlich nicht überflüssigen Vorwort.

Und wenn Sie im Dunkeln einen schwarzen Raum betreten, denken Sie an mich und meine Worte:

Ich bin das Auge in der Pyramide!

Dr. Sebastian Bartoschek

1 An eben jene Zielgruppe: YOLO! Hey hey. Kauft dieses Buch. Es ist sehr gut. Und was ist da hinter dir? Ein dreiköpfiger Affe. Nein – natürlich nicht. Und nein, dein Handy hat gerade nicht vibriert. Bitte. Danke.

2 Hüstel. Hüstel. Räusper. Mein anderer Verleger weißt darauf hin, dass sich in diesem Buch irgendwo eine Anzeige befinden dürfte. Ich kann gerade nicht blättern. Aber ich denke, sie wird findbar sein.

3 Aufgrund der vermeintlichen Kopfbedeckung zur Abwehr von Gedankenklau der liebevolle Name für Verschwörungstheoretiker.

4 An anderen Stellen dieses Buches mehr zu ihm. Auch von mir.

Akte 1

Bigfoot-Kult will Stalin klonen

Markus Cremer

Die Wartezeit im warmen Wagen verging quälend langsam, doch der Stapel Mahnpapiere hatte ein Maß erreicht, welches seine Existenz bedrohte. Er tat es nicht gern, musste aber etwas unternehmen. Während Harvey Wilde in seinem rostigen Ford schwitzte, überflog er noch einmal seinen Leitartikel der National Inquisitor Times. Neben einer lächerlichen Fotomontage von Männern in haarigen Kostümen und einer russischen Statue stand in blutroten Lettern: Bigfoot-Kult will Stalin klonen, um ihn für seine Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.

„Awesome!“, entfuhr es ihm laut. Warum sich dieses dämliche Heureka! durchgesetzt hatte, blieb ihm ein Rätsel. Harvey konnte ein trockenes Lachen nicht unterdrücken. Natürlich war sein Artikel Schund und selbstverständlich hatte er nichts mit wirklichem Journalismus zu tun, aber seine Ergüsse verkauften sich. Überall in den Staaten wurde sein Zeug gelesen und von einigen Hohlköpfen im Mittleren Westen sogar geglaubt.

Wahrscheinlich werden die Zeitungen dort geraucht, dachte Harvey und musste erneut lachen. Er war froh, in Washington D.C. zu leben. Die Stadt bot so ungeheuer viele Möglichkeiten, zumindest wenn man über die nötige Fantasie verfügte.

Leider zahlte der Inquisitor nicht so gut, wie er es verdient hätte, fand er. Auf der anderen Seite wusste dieser Dreckskerl von Chefredakteur, dass es für Harvey Wilde keine Anstellung mehr in der aufrechten Nachrichtenwelt gab. Zu tief steckte er schon im Sumpf der Alien-Autopsien und in den Augenzeugenberichten über geheime Konzerte von Elvis und John Lennon.

Aber ich habe es drauf, sagte sich Harvey mit einem Anflug von Selbstzufriedenheit. Ich bin der Beste im Erfinden von Schwachsinn für Schwachsinnige.

Sein Wagen stand unter einer defekten Laterne und so hatte er freie Sicht auf das Privathaus seines Kontakts, ohne selbst gesehen zu werden. Er blickte auf und entdeckte den Mann, auf den er wartete. Möglichst lautlos stieg Harvey aus und näherte sich dem Anzugträger von hinten. Als er auf Armreichweite an ihn herangekommen war, schlug er ihm mit der Zeitung leicht auf den Kopf. Ruckartig fuhr der beleibte Politiker herum und hob abwehrend die Hände.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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