Verwirrspiel der Herzen? - Jane Porter - E-Book

Verwirrspiel der Herzen? E-Book

Jane Porter

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Beschreibung

Es ist die falsche Braut! Schiffsmagnat Damen Alexopoulos tobt, als er entdeckt, dass ihn nicht wie versprochen die ältere, sondern die jüngere Tochter seines Rivalen vor dem Altar erwartet. Trotzdem heiratet er Kassiani, um seine Geschäftsinteressen zu wahren. Kassiani ist keine klassische Schönheit, aber kurvenreich und verführerisch. Und sie lässt nichts unversucht, um ihn für sich einzunehmen. Damen kann nicht leugnen, dass auch er sich zu ihr hingezogen fühlt - aber lässt ihn sein Stolz den Betrug vergessen?

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Seitenzahl: 204

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2019 by Jane Porter Originaltitel: „His Shock Marriage in Greece“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2422 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Grit Wölten

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733713867

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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Prolog

Kassiani Dukas bemühte sich, möglichst ruhig zu sitzen, denn sie ahnte, dass es nur Ärger bringen würde, wenn sie die Aufmerksamkeit auf sich zöge. Zum Glück stand das breite, weich gepolsterte Sofa, auf dem sie sich zusammengekauert hatte, in einer Ecke des Wohnbereichs in der Ferienvilla ihrer Eltern. So war die Wahrscheinlichkeit gering, dass jemand sie bemerkte. Ihr Vater war außer sich vor Wut, und auch wenn das nicht an ihr lag, wollte sie unbedingt vermeiden, dass sein Zorn sich gegen sie richtete.

Die Situation war fatal. Kassianis ältere Schwester Elexis war verschwunden. Morgen sollte sie Damen Alexopoulos heiraten, doch heute Nacht hatte sie sich heimlich davongemacht. Irgendwie war es ihr gelungen, sich von dem Grundstück an der Athener Riviera davonzustehlen. Mit ihren Freunden, die ihr nur zu gern geholfen hatten, die Hochzeitspläne – und die Ehe – zu vereiteln, war sie mit dem Flugzeug von Athen aus geflohen.

Und jetzt musste ihr Vater dem Bräutigam, einem mächtigen griechischen Reeder, die schlechte Nachricht überbringen. Damen Alexopoulos war als brillanter und ehrgeiziger Geschäftsmann bekannt, der sehr ungemütlich werden konnte, wenn jemand seine Pläne durchkreuzte.

Und genau das war gerade passiert.

Als ihr Vater Kristopher mit großen Schritten über den schimmernden Marmorboden auf sie zukam, zuckte Kassiani zusammen. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt, sein Teint war aschgrau. Elexis’ Verschwinden verhieß nichts Gutes.

Aus der Eingangshalle waren Schritte zu hören. Kassiani setzte sich aufrecht, ihr Vater hielt in seinem ruhelosen Auf- und Abwandern inne.

Sobald Damen Alexopoulos den Raum betrat, stockte Kassiani der Atem. Sie hatte ihn erst einmal gesehen, auf der Verlobungsfeier in San Francisco, aber sie hatte noch nie ein Wort mit ihm gewechselt. Eigentlich war es keine Party für Elexis und Damen gewesen, sondern für die Reichen und Schönen der Gesellschaft. Tatsächlich hatte Damen die Gäste nur begrüßt und war ziemlich bald schon nach Griechenland zurückgeflogen. Elexis und er hatten vielleicht eine halbe Stunde miteinander verbracht.

Damen war auf sehr klassische Art attraktiv mit seinen dunkelbraunen Augen, den markanten Zügen und einem vollen, entschlossen wirkenden Mund, der sie faszinierte. Auch war er größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, seine Schultern waren breiter, insgesamt wirkte er sehr durchtrainiert.

Kass hatte nie verstanden, warum Elexis ihn nicht gutaussehend fand. Aber ihre Schwester stand mehr auf die Models und Schauspielertypen, die ständig um sie herumscharwenzelten. Jeder dieser jungen, hübschen Männer hoffte, etwas von Elexis’ Ruhm möge auf ihn selbst abfärben.

„Sie wollten mich sprechen“, begann Damen ohne Umschweife. Seine dunkle Stimme brachte etwas in Kassiani zum Schwingen.

„Guten Morgen, Damen“, begrüßte Kristopher ihn mit aufgesetzter Fröhlichkeit. „Ein schöner Tag, nicht wahr?“

Beinahe unmerklich zuckte ein Muskel unter Damens Auge. Das war kein gutes Zeichen für die Enthüllung, die unweigerlich folgen würde, vermutete Kassiani.

„Hier ist es doch immer schön“, gab Damen höflich zurück. „Worum geht es? Ich habe eine wichtige Besprechung unterbrochen, weil es hieß, es gebe einen Notfall.“

Seine Stimme hatte einen leicht rauen Unterton, der sich durch seine Ungeduld noch verstärkte. Er sprach Englisch mit einem leichten Akzent. Offensichtlich war er nicht zweisprachig aufgewachsen.

„Ein Notfall? Nein, nein“, wiegelte Kristopher lächelnd ab. „So würde ich es nicht nennen. Es tut mir leid, wenn Sie sich Sorgen gemacht haben.“

Wieder zuckte der Muskel unter Damens Auge. Es war unschwer zu erkennen, dass er sich zusammenreißen musste. „Ich habe mir keine Sorgen gemacht. Aber vielleicht könnten Sie mir endlich erklären, warum ich hier bin.“

Kassiani zog sich weiter in die Sofaecke zurück, als könnte sie sich dadurch kleiner machen. Was nicht einfach war, denn sie war recht groß für eine Frau und hatte üppige weibliche Rundungen. Nur ihre Taille hätte schmaler sein können, fand sie. Und überhaupt – sie hatte keinen perfekt flachen Bauch, ihre Schenkel waren nicht dünn, und es gab noch ein paar Gründe mehr, warum sie es nach Möglichkeit vermied, fotografiert zu werden.

Im Gegensatz zu der atemberaubend fotogenen Elexis schmeichelten Fotos Kass nicht. Und sie war auch nicht Teil des inneren Zirkels der besseren Gesellschaft. Weder flog sie in Privatjets noch machte sie Party in Las Vegas, der Karibik oder auf einer Jacht im Mittelmeer. Wenn ihr Familienname nicht Dukas wäre, dann wäre sie eine stinknormale Frau gewesen. Ihr Vater war einer der reichsten Griechen in Amerika – andernfalls hätte sie nie irgendjemand wahrgenommen. Sie wäre unsichtbar in der Menge verschwunden.

Im Laufe der Jahre hatte Kass sich mehr als einmal gewünscht, tatsächlich unsichtbar zu sein. Denn das erschien ihr weitaus erstrebenswerter, als wahrgenommen und bemitleidet zu werden. Verachtet. Zurückgewiesen. Und zwar nicht nur von den selbsternannten Prominenten, sondern von ihrer eigenen Familie.

Ihr Vater hatte nie auch nur einen Hauch Interesse an ihr gezeigt. Warum sollte er auch? Alles, was er sich von seinen Kindern wünschte, fand er in seinem Sohn und Erben Barnabas und in seiner wunderschönen Tochter Elexis, die ihn schon als Kind mit ihrem Charme und ihrem Schmollmund um den Finger gewickelt hatte.

Kass war keines dieser Kinder gewesen, die jeden Menschen sofort für sich einnahmen. Sie galt als still, geistesabwesend und unglaublich eigensinnig. Wie ihre Eltern erzählten, hatte sie, als sie klein war, selbst wichtige Gäste nur finster angestarrt und sich geweigert, sich mit ihnen zu unterhalten. Sie bezauberte nicht mit großartigem Klavierspiel oder glockenhellem Gesang, und sie beherrschte auch nicht den Augenaufschlag ihrer Schwester. Stattdessen fing sie gern an, die Gäste ihres Vaters in politische Diskussionen zu verstricken.

Schon bevor sie überhaupt zur Schule ging, war sie fasziniert gewesen von Wirtschaftsthemen. Ihr Vater war von dieser – in seinen Augen – Dreistigkeit entsetzt. Für ihn zählte nicht, dass sie ihrem Alter weit voraus und ein Mathegenie war. Gute griechische Mädchen mischten sich nicht in politische und wirtschaftliche Themen ein. Sie heirateten ehrbare und wohlsituierte Griechen und sorgten für den Erhalt der nächsten Generation. Das war ihre Aufgabe. Sonst nichts.

Irgendwann wurde Kassiani nicht mehr gebeten, an den Festen ihrer Familie teilzunehmen. Niemand erwartete von ihr, dass sie sich schick anzog und zum Dinner mit einflussreichen Geschäftsfreunden ihres Vaters herunterkam. Und sie wurde nicht mehr zu den Abendgesellschaften, Hochzeiten und Familientreffen eingeladen. Sie war eine Dukas, aber sie wurde von niemandem mehr wahrgenommen.

„Danke, dass Sie sofort gekommen sind“, versuchte Kristopher mit einem leichten Lächeln, Damen den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Es tut mir leid, dass ich Sie stören musste, aber wir haben ein Problem.“

Wie Damen war auch Kassianis Vater ein Schiffsmagnat, aber er war Amerikaner mir griechischen Wurzeln, der in San Francisco aufgewachsen war. Kassiani wusste, dass Kristopher nervös war, aber er ließ sich nichts anmerken. Vielmehr klang seine Stimme optimistisch. Kassiani war erleichtert. Man konnte sich nicht immer hinter Vertragsverhandlungen verstecken. Durch die Heirat von Damen und Elexis wären die beiden Firmen zu einem Reederei-Imperium verschmolzen. Dieses Unterfangen war jetzt in Gefahr.

Kassiani spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Niemals würde ihr Vater Damen die Summen zurückzahlen können, die dieser bereits in Dukas Shipping investiert hatte. Ihr Vater versuchte, diese Tatsache zu ignorieren. Sowohl die Firma als auch die Familie waren tendenziell knapp bei Kasse.

Aus diesem Grund hatte ihr Vater vor fünf Jahren die Heirat zwischen Elexis und Damen eingefädelt. Während Damen seinen Teil der Abmachung eingehalten und Dukas Shipping finanziell unterstützt hatte, musste Kristopher ihm nun schonend beibringen, dass die Familie Dukas ihren Part nicht erfüllen würde.

Nachdenklich und von Übelkeit geplagt sah Kassiani aus dem Fenster. Die weißen Mauern der Villa strahlten, und das Meer glitzerte im Sonnenlicht.

„Ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe“, sagte Damen. Auch er bemühte sich um einen äußerst freundlichen Ton, doch Kassiani war bewusst, dass dies nur der Auftakt eines erbitterten Kampfes sein würde. In Wahrheit kreuzten ihr Vater und Damen längst die Säbel.

Sie ließ den Blick von ihrem Vater zu Damen hinüberwandern. Nein, er wirkte nicht wie ein millionenschwerer Reeder. Mit seiner gebräunten Haut und dem trainierten Körper sah er eher aus wie ein Hafenarbeiter. Doch sein markantes Profil, die wie gemeißelt wirkenden Zügen verrieten: Dieser Mann war ein Kämpfer. Ein Grund mehr für Kassiani, froh zu sein, dass sie unbemerkt in der Sofaecke saß.

„Elexis ist fort.“ Ohne weiteres Vorgeplänkel kam Kristopher nun sofort zur Sache. „Wir hoffen, dass sie bald wieder auftaucht, wir müssen nur …“

„Tut mir leid, aber ich muss Sie gleich unterbrechen, Dukas.“ Damens Stimme war ruhig. „Nicht wir haben ein Problem. Sie haben ein Problem.“

Reglos blieb Kristopher sitzen, doch er wurde aschfahl. „Das ist mir bewusst. Aber ich dachte, wir sollten die Gäste rechtzeitig informieren.“

„Die Hochzeit wird nicht abgesagt. Ich akzeptiere es nicht, dass Versprechen gebrochen werden. Diese Sache wird nicht öffentlich. Haben Sie mich verstanden?“

„Aber …“

„Sie haben mir Ihre Tochter, Ihr Herzblatt, vor fünf Jahren zur Frau versprochen. Und ich erwarte, dass Sie zu Ihrem Wort stehen.“

Ihr Herzblatt. Kassianis Augen brannten, und sie biss sich auf die Unterlippe, um sich den Schmerz und die Beschämung nicht anmerken zu lassen.

Doch offensichtlich hatte sie doch einen Laut von sich gegeben, denn Damen sah sie fragend an. Es war nur ein kurzer Blick, doch ihr war, als hätte Damen das Messer in der Wunde gedreht.

Sie war nicht das Herzblatt ihres Vaters. Und das würde sie auch niemals sein.

Damen wandte sich wieder an ihren Vater, und er verzog seine vollen Lippen zu einem kaum merklichen Lächeln, das wie ein winziger heller Schein auch seine grauen Augen erreichte. „Wir sehen uns morgen in der Kirche“, sagte er. „Mit meiner Braut.“

Und damit ging er.

1. KAPITEL

Der Tag war perfekt für eine Hochzeit. Der Himmel an der griechischen Riviera war azurblau, und nur ein paar Schäfchenwolken waren am Horizont zu sehen. Die weiß getünchten Wände der kleinen Kapelle, die zu Damens Anwesen gehörte, strahlten in der Sonne. Von hier aus bot sich ein atemberaubender Blick über das Panorama der Ägäis.

Normalerweise wäre jede Braut entzückt gewesen von diesem Bilderbuchtag, doch Kassiani war keine normale Braut. Streng genommen war sie überhaupt keine Braut.

Eigentlich sollte heute Elexis’ Hochzeit stattfinden. Doch am frühen Morgen hatte Kristopher Dukas kurzerhand entschieden, dass Kassiani die Rolle ihrer Schwester einnehmen sollte. Der Bräutigam allerdings war noch ahnungslos. Und so stand Kassiani nun mit Herzklopfen und weichen Knien vor der massiven Holztür der kleinen Kirche und wartete auf ihr Stichwort.

Das Risiko, dass diese Geschichte nicht gut enden würde, war groß. Eigentlich ging Kassiani sogar davon aus, dass der Bräutigam sie mitten in der Zeremonie stehenlassen und verschwinden würde.

Schließlich war er einer der einflussreichsten Männer weltweit, und er würde sich nicht zum Narren machen lassen.

Kassiani war die jüngste und unscheinbarste der Dukas’. Und deshalb hatte sie heute Morgen, als ihr Vater mit seinem unglaublichen Plan herausgerückt war, nicht nur zugestimmt, um die Situation für ihren Vater zu retten, sondern auch, weil sie selbst nichts zu verlieren hatte.

Eine Ehe mit Damen erschien ihr als Ausweg. So entkam sie endlich ihrem Elternhaus und der Kontrolle ihres Vaters. Außerdem hätte sie nun Zugriff auf das Treuhandvermögen, das ihre Großtante für sie angelegt hatte. Eine stattliche Summe, die ihr Freiheit und einen finanziellen Spielraum ermöglichen würde.

Und auch wenn sie die Kontrolle über ihr Leben nun von einem Mann auf den anderen übertrug, fand sie, dass es mit zweiunddreißig Jahren endlich an der Zeit war, etwas in ihrem Leben zu ändern. Als verheiratete Frau würden die Leute sie mit anderen Augen betrachten.

In der Kirche hatte der Harfenist angefangen zu spielen, und ihr Vater bedeutete ihr ungeduldig, einzutreten. Kassiani unterdrückte einen Seufzer. Kristopher Dukas mochte sie nicht besonders. Als Kind hatte sie nie verstanden, warum er sie anders behandelte als Elexis, doch irgendwann hatte sie es begriffen.

Kristopher war kein attraktiver Mann, aber es war ihm wichtig, gemocht zu werden. Respektiert. Ein Weg, der Respekt verschaffte, war Geld. Ein anderer war es, hübsche Kinder zu haben. Und während Elexis ein Abbild ihrer Mutter war – sie hatte eine Modelkarriere aufgegeben, um den griechisch-amerikanischen Reeder zu heiraten –, kam Kassiani eher nach ihrem Vater. Sie hatte seine große Statur und sein energisches Kinn geerbt. Nicht gerade das, was man von der Tochter eines Fotomodells erwartete.

Kassiani atmete einmal tief durch. Diese Grübeleien waren wenig hilfreich. Ihr ohnehin recht fragiles Selbstbewusstsein brach in sich zusammen. In diesem Moment schnippte ihr Vater mit den Fingern.

Ihr Auftritt war gekommen.

Als sie sich bei ihrem Vater einhakte, zitterten ihre Finger. Er hielt kurz inne, um den Spitzenschleier vor ihr Gesicht zu ziehen, und schritt dann weiter.

Kassiani war gleichzeitig aufgeregt und seltsam ruhig. Wenn sie jetzt in die Kapelle eintraten, gab es kein Zurück mehr. Elexis hatte ihren Vater, ihre ganze Familie, im Stich gelassen. Das würde Kassiani nicht tun.

Dieses Mal konnte sie ihrem Vater und der Firma helfen. Schon immer hatte sie sich gewünscht, in der Reederei zu arbeiten. Sie hatte sogar Wirtschaft und internationales Recht in Stanford studiert, aber ihr Vater hatte sich geweigert, sie einzustellen. Seiner Meinung nach gehörte eine Frau ins Haus. Sie sollte für Kinder sorgen – vornehmlich für männliche Erben.

Nachdem sie zweiunddreißig Jahre lang das Gefühl gehabt hatte, nutzlos und enttäuschend zu sein, konnte sie ihrem Vater jetzt helfen. Sie spielte sogar die entscheidende Rolle dabei, ihn vor dem Bankrott zu retten.

Dieser Gedanke gab ihr Zuversicht, und Kassiani reckte entschlossen das Kinn und machte den ersten Schritt hinein in die vierhundertfünfzig Jahre alte kleine griechisch-orthodoxe Kirche.

Ihre Augen brauchten einen Moment, um sich an die Dämmerung im Innern zu gewöhnen. Und dann sah sie den Bräutigam, der vor dem Altar auf sie wartete. Damen Michael Alexopoulos trug einen schlichten schwarzen Anzug, und er wirkte noch einschüchternder als gestern in der Villa ihrer Eltern. Sie wusste nicht, ob es an seiner Größe lag oder an den breiten Schultern. Doch er strahlte eine gefährliche Ruhe aus. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.

Ahnte er etwas? Wusste er längst, dass sich unter dem Schleier nicht seine eigentliche Braut verbarg?

Zwar konnte Kass durch den dichten Spitzenstoff nur wenig erkennen, aber schließlich war Damen nicht dumm, und sie hatte weder von der Größe noch von ihrer Figur her besondere Ähnlichkeit mit ihrer Schwester. Selbst mit High Heels wirkte Kassiani kleiner als Elexis, und auch das Korsett verlieh ihr nicht die Zierlichkeit ihrer Schwester.

„Er weiß es“, flüsterte sie ihrem Vater zu.

„Auf keinen Fall“, knurrte er. „Außerdem ist es zu spät für Skrupel. Du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen.“

Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Nein, natürlich konnte sie das nicht.

Sie umklammerte den Arm ihres Vaters und reckte das Kinn. Die einzige Möglichkeit, eine schwere Situation zu meistern, war, sich ihr zu stellen. Es gab kein Zurück. Sie würde das durchstehen. Irgendwie würde es ihr gelingen, ihren Ehemann für sich einzunehmen.

Sie konnte es schaffen.

Die Frage war nur: Würde er mitspielen?

In dem Moment, als Kristopher Dukas mit seiner Tochter in die Kapelle eintrat, wusste Damen, dass es die falsche Braut war.

Er beobachtete, wie sie näherkamen – der korpulente Kristopher, der seine Tochter zum Altar führte. Ihr Schleier ließ nichts von ihrem Gesicht erkennen, doch schon daran, wie unsicher sie auf ihren hohen Schuhen lief, erkannte er sie. Angesichts der Dreistigkeit dieser amerikanischen Griechen war er fassungslos.

Offensichtlich hatte Kristopher schon wieder den einfachsten Weg gewählt. Statt die widerspenstige Elexis aufzuspüren und herzubringen, hatte er mal eben die Braut ausgetauscht.

Wer kam auf eine solche Idee?

Welcher Mann behandelte seine Töchter in der heutigen Zeit noch so? Sie waren doch kein Vieh, das man auf den Markt trieb.

Als Kristopher die Hand seiner jüngsten Tochter in Damens Hand legte, ging ein Ruck durch dessen Körper – Schock und Fassungslosigkeit. Selbst Damen, der im Geschäftsleben wenig rücksichtsvoll war, kannte den Unterschied zwischen Unehrlichkeit und Betrug. Und das hier war eindeutig letzteres.

Ihm ging es nicht darum, eine Schönheitskönigin an seiner Seite haben zu wollen. Aber er hatte Elexis aus gutem Grund zur Frau gewählt.

Die strahlende und ehrgeizige Elexis Dukas passte hinsichtlich ihres Temperaments zu ihm. Und auch optisch gaben sie ein harmonisches Paar ab. Sie liebte gesellschaftliche Empfänge, und sie war die perfekte Gastgeberin – zwei Dinge, die er an einer Frau zu schätzen wusste. Denn er selbst hasste ehrenamtliche Arbeit und weigerte sich schlicht, auf irgendwelchen Hunde- und Ponyschauen auftreten zu müssen. Elexis dagegen liebte das Rampenlicht. Niemand würde ihn vermissen, wenn sie ohne ihn zu Wohltätigkeitsveranstaltungen ginge.

Er liebte Elexis nicht, aber sie war diejenige, die er hatte heiraten wollen, und er kannte sowohl ihre Stärken als auch ihre Schwächen. Elexis führte ein beneidenswertes Leben inmitten des Jetsets. Sie feierte in den angesagtesten Clubs, trug die teuerste Kleidung, saß auf den Modenschauen stets in der ersten Reihe. Jeder Moment ihres Lebens war ein Foto wert. Doch er hätte ihr diesen Spaß gelassen, weil er überzeugt war, dass sie eine gute Ehefrau sein würde.

Er brauchte eine angemessene Frau an seiner Seite, die ihren Platz in der Gesellschaft kannte und von ihm keine Liebesschwüre erwartete. Für Gefühle hatte er keine Zeit. Und er akzeptierte es nicht, dass jemand etwas von ihm verlangte.

Doch jetzt war Elexis verschwunden, und an seiner Seite stand eine völlig andere Dukas-Tochter. Plötzlich kam es Damen in den Sinn, dass Kristopher dies von Anfang an geplant haben mochte. Hatte Elexis eventuell niemals vorgehabt, ihn zu heiraten? Hatte Kristopher ihm seine Lieblingstochter gar nicht zur Frau geben wollen?

Möglicherweise hatte Kristopher seine jüngere Tochter unter die Haube bringen wollen, von der er nie besonders nett gesprochen hatte.

Am besten ging er einfach, statt in diesem Spiel mitzumachen.

Gerade, als er ihre Hand abschütteln wollte, hob sie den Kopf, sah ihn durch den Schleier beschwörend an und flüsterte: „Es tut mir leid.“

Sie unterzeichneten die Heiratsurkunde im Vorraum der Kapelle. Zähneknirschend stellte Damen fest, dass er nicht einmal den Vornamen seiner Braut kannte. „Wen habe ich eigentlich geheiratet?“, stieß er hervor, als der Pfarrer ihm einen Stift reichte.

Inzwischen war der lange Spitzenschleier, der ihr Gesicht verhüllt hatte, zurückgeschlagen. Kurz sah sie Damen an, dann senkte sie den Blick. Wie lang ihre Wimpern sind, schoss es ihm durch den Kopf, und er spürte, wie sich etwas in seiner Brust zusammenzog.

„Ich heiße Kassiani“, sagte sie gepresst.

Das machte ihn noch wütender. Am liebsten hätte er mit der Faust gegen irgendetwas Hartes geschlagen – auf den Tisch oder gegen die Wand. „Der Pfarrer hat einen anderen Namen genannt“, entgegnete er.

„Petra – das ist mein offizieller Name. Aber niemand nennt mich so. Ich bin für alle nur Kass oder Kassiani.“

Damen biss die Zähne zusammen. Er war wütend auf sich selbst, nicht auf sie, gestand er sich ein. Warum hatte er diese Trauzeremonie nicht einfach verlassen? Wie konnte es sein, dass ihre scheu hervorgebrachte Entschuldigung ihn zum Bleiben bewegt hatte? Er war viel zu aufgewühlt, um Antworten auf diese Fragen zu finden.

„Glaub nicht, dass darüber schon das letzte Wort gesprochen ist“, knurrte er, nachdem er seine Unterschrift unter das Dokument gesetzt hatte, und reichte ihr den Stift.

„Das ist mir bewusst“, gab sie zurück, und zwischen ihren Augenbrauen erschien eine steile Falte.

„War das von Anfang an der Plan – dem ahnungslosen Bräutigam die andere Schwester unterzujubeln?“

Eine leichte Röte überzog ihre blassen Wangen. „Natürlich nicht.“

„Versteh mich nicht falsch – aber du bist nicht diejenige, die ich heiraten wollte.“

Die Farbe wich so schnell aus ihren Wangen, wie sie aufgezogen war. Sie öffnete den Mund – ihre Lippen waren voll und schön geschwungen, stellte er fest – und lachte ungläubig auf. „Schon klar.“

„Ich wollte dich nicht beleidigen.“

Energisch hob sie ihr Kinn und sah ihm direkt in die Augen. „Das habe ich auch nicht so aufgefasst.“

Unter anderen Umständen hätte sie ihm gefallen, gab er zu. Sie war direkt und klug und schlagfertig. Doch hier ging es nicht um ein harmloses Geplänkel. Ihm war gerade übel mitgespielt worden, und deshalb war er nicht in der besten Stimmung. „Ich bin niemand, der verzeiht.“

Er bemerkte, wie ein Schatten über ihr Gesicht flog, und sie tat ihm fast leid. Doch schon wirkte sie wieder ruhig und ungerührt.

„Und wie du sicher bereits bemerkt hast, bin ich niemand, der verzichtet“, entgegnete sie. Dann beugte sie sich vor und unterschrieb ihrerseits das Dokument. Der Schleier fiel über ihre Schulter und ergoss sich wie ein leuchtend weißer Wasserfall über ihrem Dekolleté. Sobald sie fertig war, straffte sie sich und gab ihm den Stift zurück.

Er hätte nicht sagen können, ob es an ihren Worten oder an ihrer Tapferkeit lag, dass er plötzlich von Gefühlen übermannt wurde – Gefühlen, die ihm gar nicht willkommen waren. Ohne nachzudenken, zog er Kassiani an sich, hob ihr Kinn und küsste sie.

Seine Braut war nicht klein, doch ihm reichte sie kaum bis zur Schulter. Und sie war überraschend warm und weich. Unwillkürlich intensivierte er seinen Kuss und presste sie beinahe brutal an sich. Mit jenem zärtlichen Kuss, den Frischvermählte sich normalerweise zu geben pflegte, hatte dieser nur wenig zu tun. Aber schließlich war an dieser Hochzeit gar nichts normal.

Mit großen Schritten durchmaß Kassiani das großzügige Schlafzimmer im Obergeschoss der Villa. In dem Bemühen, sich zu beruhigen, lief sie hin und her.

Ihr Ehemann begehrte sie nicht. Er mochte sie nicht einmal. Und sie befürchtete, es könnte alles schiefgehen.

Solange die Ehe nicht vollzogen war, hatte das Gelübde keinen Wert. Und sie konnte sich kaum vorstellen, dass Damen heute Nacht mit ihr schlafen würde. Ehrlich gesagt wollte sie es ebenso wenig. Als sie daran dachte, wie er sie gewarnt hatte, er werde ihr nicht verzeihen, erschauerte sie.

Sie zweifelte keinen Moment daran.

Genau aus diesem Grund hatte sie sich in dieses Schlafzimmer zurückgezogen. Sie hatte die Nerven verloren. Irgendwie hatte sie heute Morgen den Mut gefunden, Elexis’ Platz am Traualter einzunehmen. Doch davon war nichts mehr übriggeblieben.

Zum Glück war es nur eine kleine private Hochzeit im Familienkreis gewesen. Zum Empfang allerdings wurden mehrere hundert Gäste aus der ganzen Welt erwartet, die dieses Ereignis mit Damen Alexopoulos und seiner Braut Elexis feiern wollten.

Als sie an den bevorstehenden Empfang dachte, setzte Kassiani ihre Wanderung durch das Schlafzimmer noch rastloser fort. Wenn die Gäste sie anstelle ihrer Schwester erblickten, würden sie sich totlachen. Es war etwas ganz anderes, unter einem Spitzenschleier Elexis’ Rolle einzunehmen als in der Öffentlichkeit mit Gästen, die ihre Schwester kannten.

Kass konnte sich nicht vorstellen, beim Dinner auf der Terrasse neben Damen zu sitzen, mit ihm zu tanzen oder die Hochzeitstorte anzuschneiden. Immer wieder hatte sie sich gesagt, sie könne es schaffen – doch dabei hatte sie nur an die Trauzeremonie gedacht, nicht daran, an Damens Seite in der Öffentlichkeit aufzutauchen.

Sie war jetzt seine Frau.

Ihre Knie gaben nach, und sie ließ sich aufs Bett fallen.

Was hatte sie nur getan?

Gedankenverloren wischte sie sich die Tränen ab.

Plötzlich öffnete sich die Tür, und Damen trat ein. Er hatte nicht einmal angeklopft, stellte sie fest, sondern war ohne Vorwarnung hereingestürzt.

Empört sah sie auf und öffnete den Mund, doch als sie seine finstere Miene sah, schwieg sie und wartete, was er sagen mochte.

Doch auch er blieb stumm.

Er sah sie einfach nur unverwandt an, bis die Stille kaum mehr zu ertragen war. Ein Schauer durchfuhr sie.

Die nächsten Minuten erlebte sie wie in Zeitlupe. Sie versuchte, ihn anzusehen, doch die Verachtung, die sie in seinem Blick erkannte, war zu schmerzhaft. „Sag doch etwas“, bat sie ihn schließlich leise.

„Unsere Gäste warten schon.“