Vielfalt statt Abgrenzung -  - E-Book

Vielfalt statt Abgrenzung E-Book

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Beschreibung

Im Jahr 2015 hat Deutschland mehr als eine Million flüchtende Menschen aufgenommen. Sie kamen vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, aber auch aus Afrika. Die Deutschen empfingen sie mit großem Engagement – das Schlagwort lautete "Willkommenskultur". Deutschland zeigte aber auch ein anderes Gesicht: Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Demonstrationen gegen die Einwanderungspolitik, Hetze in den sozialen Medien. Pegida demonstrierte regelmäßig in Dresden und die AfD-Partei legte in Umfragen zu. Was bedeuten diese Entwicklungen für das soziale Miteinander? Droht die Gesellschaft zu zerreißen? Oder entsteht hier eine zunehmend offene und plurale Gesellschaft? Die Beiträge des Bandes "Vielfalt statt Abgrenzung" beleuchten die vergangenen Geschehnisse und blicken in die Zukunft.

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Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Vielfalt statt Abgrenzung

Wohin steuert Deutschland in derAuseinandersetzung um Einwanderungund Flüchtlinge?

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2016 Verlag Bertelsmann Stiftung, GüterslohVerantwortlich: Dr. Kai UnzickerRedaktion: Gesine BonnetLektorat: Heike HerrbergHerstellung: Christiane RaffelUmschlaggestaltung: Elisabeth MenkeUmschlagabbildung: Shutterstock/Sven HanscheISBN 978-3-86793-740-5 (Print)ISBN 978-3-86793-757-3 (E-Book PDF)ISBN 978-3-86793-758-0 (E-Book EPUB)

www.bertelsmann-stiftung.de/verlag

Inhalt

Vorwort

Deutschland und die Auseinandersetzung um Einwanderung und Flüchtlinge

Kai Unzicker

Neue Rechte, Rechtspopulismus und die Flüchtlingseinwanderung: Herausforderungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Patrick Gensing

Wenn das Volk gegen die Demokratie aufsteht: Die Bruchstelle der repräsentativen Demokratie und die populistische Herausforderung

Hans Vorländer

Rechtspopulistische Gegenwelt: Aktuelle Kommunikationsformen, gesellschaftliche Resonanz und demokratische Antworten

Denis van de Wetering

»Wir schaffen das!« Die Flüchtlingseinwanderung als Wendepunkt für das deutsche Selbstverständnis als Nation

Orkan Kösemen

Migrationsgesellschaftliche Zugehörigkeiten im Kontext globaler Fluchtbewegungen

Astrid Messerschmidt

Welche Werte halten pluralistische Gesellschaften zusammen? Die Leitkulturdebatte im Kontext von Flucht und Migration

Sabine Achour

Islam als Etikett: Wie sich Rechtspopulisten ein medial produziertes Narrativ zunutze machen

Yasemin El-Menouar

Wie kann Verständigung gelingen? Der Auftrag des Journalismus und das Misstrauen des Publikums

Michael Haller

Mit Zumutungen umgehen – Zusammenhalt wahren

Kai Unzicker (Mitarbeit: Gesine Bonnet)

Die Autorinnen und Autoren

Abstract

Vorwort

Im Jahr 2015 haben rund eine Million Flüchtlinge Deutschland erreicht. Die Flüchtenden kommen in ein Land, das seit der Jahrtausendwende widerstrebend, aber doch unaufhaltsam ein recht pragmatisches Verständnis von sich selbst als Einwanderungsland entwickelt hat – ohne dass dies in allen Teilen der Bevölkerung konsensfähig ist.

Heute hat hierzulande jeder fünfte Mensch einen Migrationshintergrund – das sind rund 16 Millionen Menschen. Elf Millionen von ihnen sind im Ausland geboren, die Übrigen haben Vorfahren – Eltern, Großeltern und inzwischen auch schon Urgroßeltern –, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind. Schaut man auf die Kinder in unserem Land, dann stammt bereits mehr als ein Drittel der unter Zehnjährigen aus Einwandererfamilien. Seit 2015 kommen nun in großer Zahl die Flüchtlinge hinzu.

Die Debatte über das Für und Wider der Flüchtlingsaufnahme ist scharf, ja teilweise unversöhnlich geworden. Und zwischen den Polen »Pegida« und »Willkommenskultur« greift Verunsicherung um sich. Bei dieser Verunsicherung spielen neben der berechtigten Sorge, ob und wie es gelingen kann, die materiellen Herausforderungen der Aufnahme – Unterkunft, Gesundheit, Bildung und Arbeit – zu lösen, auch Befürchtungen um die ideellen Grundlagen des Gemeinwesens eine wesentliche Rolle: Wie verändert sich die deutsche Identität durch die Einwanderer? Welche Prinzipien gelten in der Gesellschaft? Prägen Leitkultur oder Multikulturalismus unser Land?

Dabei verstärkt der Streit um die Flüchtlingspolitik Vorurteile und Ängste, die aus den integrationspolitischen Debatten der vergangenen Jahrzehnte wohlbekannt sind. Nicht erst seit den Vorfällen in der Silvesternacht von Köln ist der Islam zur Chiffre für diese Bedrohlichkeit geworden. Bereits der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung hat gezeigt, dass die Angst vor Muslimen und ihre Ablehnung seitens der Bevölkerung weit verbreitet ist – und zugenommen hat. Mit der Studie konnten wir aber auch darlegen, wie haltlos viele Bilder vom Islam in Deutschland sind und dass die überwältigende Mehrheit der Muslime hierzulande gut integriert lebt und demokratische Werte vertritt.

Wohin steuert die deutsche Gesellschaft im Streit um Einwanderung und Flucht? In diesem Buch wollen wir ausloten, vor welchen Chancen und Risiken wir aktuell stehen, und der Frage nachgehen, wie es uns gelingt, miteinander zu leben. Der Blick auf die Zahlen zeigt: Wir können gar nicht anders, als miteinander zu leben – wir tun es ja schon! Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland. Miteinander zu leben ist aber auch eine Aufforderung, das Leben miteinander zu gestalten: nicht nebeneinander oder aneinander vorbei leben, sondern gemeinsam.

Herkunft, Sprache, Religion und Tradition stellen häufig noch Trennlinien in unserer Gesellschaft dar. Miteinander zu leben hieße dann, diese Grenzen zu überschreiten, aus einem Einwanderungsland eine echte Einwanderungsgesellschaft zu machen, in der Lebenschancen nicht nach Herkunft, Sprache oder Religion verteilt sind: eine Einheit der Vielheit schaffen.

Der sich ausbreitende Rechtspopulismus und die scharf geführte Debatte um Flüchtlinge bergen die Gefahr, dass sich das Klima der Offenheit in Deutschland verändert und die beachtlichen Erfolge der letzten Jahre verspielt werden. Doch es gibt auch Hoffnung: Die vielen freiwillig Engagierten, die Sprachkurse geben, den Flüchtlingen helfen und sich für ihr Gemeinwesen einsetzen – sie alle zeigen, dass der Kern des demokratischen Gemeinwesens offen, tatkräftig und stark ist.

In welche Richtung also wird sich unser Gemeinwesen entwickeln: zu mehr Vielfalt in einem liberalen und demokratischen Miteinander oder zu Ausschluss und Abschottung?

Der vorliegende Band kann hierzu keine abschließenden Antworten liefern. Aber die Beiträge werfen Schlaglichter aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf die Veränderungen, die wir alle momentan erleben. Das Ziel dabei ist eine möglichst facettenreiche Bestandsaufnahme: vom Aufstieg der AfD und den Verlockungen des Populismus über die Rolle der Medien bis hin zur Diskussion um Leitkultur und Islam sowie unseren Umgang mit Vielfalt. Damit möchten wir Anhaltspunkte liefern, welche Weichen gestellt werden müssen, damit wir das Ziel, miteinander zu leben, erreichen.

Stephan VopelDirectorProgramm »Lebendige Werte«Bertelsmann Stiftung

Deutschland und die Auseinandersetzung um Einwanderung und Flüchtlinge

Kai Unzicker

Im Jahr 2016 blickt die Bundesrepublik auf eine lange Phase wirtschaftlicher Stärke, politischer Stabilität und internationalen Bedeutungsgewinns zurück. Und dennoch – so sehen es immer mehr Menschen im Land – war das soziale Gefüge seit der Wiedervereinigung nie fragiler als heute.

Wer sich in Deutschland genau umschaut, kann schnell das Gefühl bekommen, der gesellschaftliche Zusammenhalt stehe auf der Kippe: Wenn alles gut geht, dann sind wir auf dem Weg in eine buntere, offenere und selbstsicherere Gesellschaft. Wenn nicht, dann drohen harte Zeiten, mit weniger Freiheiten und schmerzhaft spürbaren Bruchlinien zwischen politischen Extremen, zwischen den Religionen und den sozialen Schichten. Das durchaus erfolgreiche und verlässliche Arrangement des gesellschaftlichen Miteinanders in Deutschland steht auf dem Spiel. Der Ausgang scheint ungewiss.

Dieser Eindruck spiegelt sich auch in der Stimmung der Bevölkerung: In der alljährlichen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach gaben zum Jahreswechsel 2015/2016 nur noch 41 Prozent der Befragten an, »mit Hoffnung« ins neue Jahr zu schauen. Zwölf Monate zuvor waren es noch 56 Prozent. Eine allgemeine Verunsicherung mit Blick auf die Zukunft teilt inzwischen jeder Zweite in Deutschland. Im Sommer 2014 waren es lediglich 29 Prozent (Petersen 2016).

Ein Krisenjahr

Wo liegen die Gründe für die Verunsicherung? 2015 war ein Jahr der Krisen: Das Frühjahr stand noch im Lichte des Ukraine-Konflikts und der Schuldenkrise in Griechenland. Aber im weiteren Jahresverlauf rückte das Thema »Flüchtlinge« immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Seit Jahren tobt in Syrien ein Bürgerkrieg und genauso lange suchen Flüchtlinge in den Nachbarländern Schutz oder machen sich auf die Reise nach Europa. Hinzu kommen – ebenfalls seit mehreren Jahren – Menschen aus Afrika, die den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nach Europa wählen. Deutschland erreichten diese Flüchtlinge erst, als für einige Monate die ost- und südosteuropäischen Länder auf der Balkanroute den Zustrom nicht mehr aufhielten und Flüchtlinge weiter nach Nordwesten reisen ließen. Fachleute haben diese Entwicklung schon seit Längerem kommen sehen (»Frontex-Warnung: Regierung wusste angeblich früh von hohen Flüchtlingszahlen« 2015), Öffentlichkeit und Bundespolitik wirkten dennoch überrascht.

Etwa 1,1 Millionen Flüchtlinge sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI 2016) im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen. Sie mussten untergebracht, versorgt und registriert werden. Rund 480.000 von ihnen stellten einen Erstantrag auf Asyl, über den die (zunehmend überforderten) Mitarbeiter des BAMF entscheiden müssen. Zu Notunterkünften umfunktionierte Turnhallen, Hotels, ehemalige Kasernen oder auch Schulen finden sich inzwischen in ganz Deutschland, genauso wie Zelt- und Containerlager. Politik und Verwaltung auf allen Ebenen, von den Kommunen bis zum Bund und zur EU, versuchen, die Flüchtlingssituation zu bewältigen. An manchen Orten gelingt das erstaunlich reibungslos, an anderen kommen die Verantwortlichen schnell an ihre Grenzen, wie etwa in Berlin. Die erbärmlichen Zustände in und vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales, kurz LAGeSo, machen bundesweit Schlagzeilen (vgl. z.B. »LaGeSo: Ablauf katastrophal« 2016; Kneist 2015).

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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