Virusinfektionen bei Haus- und Nutztieren -  - E-Book

Virusinfektionen bei Haus- und Nutztieren E-Book

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Beschreibung

Die Neuauflage des bewährten Kompendiums ist umfassend erweitert und stellt jetzt auch die Viruserkrankungen des Nutzgeflügels dar. Kompakt und übersichtlich beschreibt der Leitfaden alle wichtigen Virusinfektionen bei Haussäugetieren, Geflügel und Fischen einschließlich der Viruscharakteristika. Die Stärke dieses Buches ist die prägnante Kurzdarstellung der Virusinfektionen nach Ätiologie, klinischer und pathologischer Leitsymptomatik, Diagnostik, Prophylaxe und Bekämpfung. Der Tierarzt erfährt, zu welchem Zeitpunkt der Erkrankung, mithilfe welcher Proben und mit welcher Methodik er eine Erfolg versprechende Diagnostik durchführt. Studierenden der Veterinärmedizin liefert das Buch Kernfakten für die Lehrfächer „Klinische Virologie“ und „Tierseuchenbekämpfung“. Gleichzeitig bietet es das notwendige Basiswissen für jeden in der praktischen Diagnostik tätigen Veterinärmediziner.

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Seitenzahl: 401

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Bernd Liess / Volker Moennig / Ludwig Haas (Hrsg.)

Virusinfektionen bei Haus- und Nutztieren

Bernd Liess/Volker Moennig/Ludwig Haas (Hrsg.)

Virusinfektionenbei Haus- und Nutztieren

Haussäugetiere · Geflügel · Fische

Unter Mitarbeit vonMathias Ackermann, Sven Bergmann, Guiseppe Bertoni, Dieter Fichtner, Hans-Richard Frey, Martin Groschup, Christian Grund, Bernd Haas, Ludwig Haas, Timm Harder, Georg Herrler, Reimar Johne, Bernd Liess, Hans Lutz, Thomas Mettenleiter, Volker Moennig, Hermann Müller, Ernst Peterhans, Rüdiger Raue, Hans-Jürgen Schlotfeldt, Christel Schwegmann-Weßels, Jürgen Thiel, Uwe Truyen, Hans-Rudolf Vogt

3., aktualisierte und erweiterte Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de/ abrufbar.

ISBN 978-3-89993-064-1

© 2010,   Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Eine Markenbezeichnung kann warenzeichenrechtlich geschützt sein, ohne dass diese gesondert gekennzeichnet wurde. Die beschriebenen Eigenschaften und Wirkungsweisen der genannten pharmakologischen Präparate basieren auf den Erfahrungen der Autoren, die größte Sorgfalt darauf verwendet haben, dass alle therapeutischen Angaben dem derzeitigen Wissens- und Forschungsstand entsprechen. Darüber hinaus sind die den Produkten beigefügten Informationen in jedem Fall zu beachten.Der Verlag und die Autoren übernehmen keine Haftung für Produkteigenschaften, Lieferhindernisse, fehlerhafte Anwendung oder bei eventuell auftretenden Unfällen und Schadensfällen. Jeder Benutzer ist zur sorgfältigen Prüfung der durchzuführenden Medikation verpflichtet. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr.

Titelbild: Hämagglutinin-Protein (grün) des Hundestaupevirus in Zellkultur (Zellkerne blau). Florian Klauschies, Ludwig Haas, Institut für Virologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.

Satz: Dörlemann Satz, Lemförde

Druck und Bindung: Druckhaus »Thomas Müntzer«, Bad Langensalza

Inhalt

Verfasser

Abkürzungsverzeichnis

Anzeigepflichtige Virusinfektionen

Meldepflichtige Virusinfektionen

Vorwort zur 3. Auflage

1Virusinfektionen der Einhufer

1.1Ansteckende Blutarmut der Einhufer

1.2Afrikanische Pferdepest

1.3West-Nil-Fieber und andere Pferdeenzephalomyelitiden

1.4Stomatitis vesicularis

1.5Ansteckende Gehirn-Rückenmarkentzündung der Einhufer (Bornasche Krankheit)

1.6Equine Virus-Arteritis-Infektion (EVA)

1.7Equine Influenza

1.8EHV-1- und EHV-4-Infektionen

1.9Koitalexanthem der Pferde

2Virusinfektionen der Rinder

2.1Maul- und Klauenseuche (MKS)

2.2Rinderpest (RP)

2.3Enzootische Leukose der Rinder (EBL)

2.4Bovine Herpesvirus-Typ1-Infektionen (alle Formen)

2.5Lumpy Skin Disease

2.6Transmissible Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE)

2.7Bovine Virusdiarrhoe

2.8Bösartiges Katarrhalfieber (BKF)

2.9Stomatitis papulosa des Rindes (SPR)

2.10Euterpocken des Rindes (Parapoxinfektion)

2.11Bovines-respiratorisches-Synzytialvirus-Infektion (BRSV-Infektion)

2.12Parainfluenzavirus-Typ-3- Infektion

2.13Papillomatose des Rindes und Equines Sarkoid (ES)

3Virusinfektionen der kleinen Wiederkäuer

3.1Blauzungenkrankheit

3.2Pest der kleinen Wiederkäuer

3.3Pockenseuche der Schafe und Ziegen

3.4Rifttal-Fieber

3.5Scrapie

3.6Maedi-Visna

3.7Ecthyma contagiosum (Parapoxvirusinfektion)

3.8Border Disease (BD)

3.9Caprine Arthritis-Enzephalitis (CAE)

3.10Lungenadenomatose beim Schaf

4Virusinfektionen der Schweine

4.1Afrikanische Schweinepest (ASP)

4.2Klassische Schweinepest (KSP)

4.3Ansteckende Schweinelähmung (Teschener Krankheit)

4.4Aujeszkysche Krankheit (AK)

4.5Schweinepocken

4.6Transmissible Gastroenteritis des Schweines (TGE)

4.7 Porzine epidemische Diarrhoe (PED)

4.8Rotavirus-Infektion

4.9Porzines reproduktives und respiratorisches Syndrom (PRRS) .

4.10Schweineinfluenza

4.11Parvovirus-Infektion

4.12Porzine Circovirus-Infektion (PCV-2-Infektion)

5Virusinfektionen der Hunde

5.1Tollwut

5.2Herpesvirus-canis-Infektion

5.3Hundestaupe

5.4Canine Parvovirus-Infektion

5.5Hepatitis contagiosa canis (Hcc)

6Virusinfektionen der Katzen

6.1Panleukopenie

6.2Feline Calicivirus-Infektion

6.3Feline infektiöse Peritonitis (FIP)

6.4Feline Rhinotracheitis

6.5Feline Immundefizienzvirus (FIV)-Infektion

6.6Felines Leukämievirus (FeLV)

6.7Katzenpocken

7Virusinfektionen der Kaninchen

7.1Hämorrhagische Kaninchenseuche

7.2Myxomatose

8Virusinfektionen der Fische

8.1Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS)

8.2Infektiöse Hämatopoetische Nekrose (IHN)

8.3Frühlingsvirämie der Karpfen (SVC)

8.4Infektiöse Pankreasnekrose der Forellen und forellenartigen Fische (IPN)

8.5Koi-Herpesvirus (KHV)-Infektion der Karpfen

9Virusinfektionen des Geflügels

9.1Aviäre Influenza

9.2Newcastle Erkrankung

9.3Mareksche Krankheit

9.4Infektiöse Bursitis

9.5Infektiöse Laryngotracheitis (ILT)

9.6Vogelpocken

9.7Infektiöse Bronchitis des Huhnes

9.8Infektiöse Anämie der Küken

9.9Aviäre Enzephalomyelitis

9.10Entenpest

9.11Hämorrhagische Nephritis und Enteritis der Gänse (HNEG)

9.12Parvovirus-Infektion der Gänse

9.13Egg drop syndrome

9.14Hämorrhagische Enteritis der Pute

9.15Rhinotracheitis der Pute Swollen head syndrome des Huhnes

9.16Reovirusarthritis

10Anhang

Veterinärmedizinisch wichtige Virusfamilien

Ordnung: Nidovirales

Ordnung Mononegavirales

Stichwortverzeichnis

Verfasser

Prof. Dr. Mathias Ackermann Institut für Virologie Vetsuisse Fakultät Universität Zürich Winterthurerstrasse 266a CH–8057 Zürich

Dr. Sven Bergmann Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

PD Dr. Giuseppe Bertoni Institut für Veterinär-Virologie Vetsuisse Fakultät Universität Bern Länggass-Str. 122 Postfach 2735 CH–3001 Bern

Dr. Dieter Fichtner Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsanstalt für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

Dr. Hans-Richard Frey ehem. Institut für Virologie Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17 D–30559 Hannover

Prof. Dr. Martin Groschup Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

Dr. Christian Grund Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

Dr. Bernd Haas Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

Prof. Dr. Ludwig Haas Institut für VirologieStiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17 D–30559 Hannover

PD Dr. Timm Harder Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

Prof. Dr. Georg Herrler Institut für VirologieStiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17 D–30559 Hannover

PD Dr. Reimar JohneBundesinstitut für Risikobewertung (BfR)Diedersdorfer Weg 1D–12277 Berlin

Prof. Dr. Dr. h.c. Bernd Liess ehem. Institut für Virologie Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17 D–30559 Hannover

Prof. Dr. Hans Lutz Vetsuisse Fakultät Universität Zürich Winterthurerstrasse 266a CH–8057 Zürich

Prof. Dr. Thomas Mettenleiter Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Südufer 10D–17493 Greifswald-Insel Riems

Prof. Dr. Volker Moennig Institut für VirologieStiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17 D–30559 Hannover

Prof. Dr. Hermann Müller Institut für Virologie Fachbereich Veterinärmedizin Universität Leipzig An den Tierkliniken 29 D–04103 Leipzig

Prof. Dr. Ernst Peterhans Institut für Veterinär-Virologie Vetsuisse Fakultät Universität Bern Länggass-Str. 122 Postfach 2735 CH–3001 Bern

PD Dr. Rüdiger Raue Pfizer Animal Health VMR&D, Biologicals Development Ramsgate Road, IPC 188 UK–Sandwich, Kent, CT13 9NJ

Dr. Hans-Jürgen Schlotfeldt Postfach 4008 D–31265 Ahlten

PD Dr. Christel Schwegmann-Weßels Institut für VirologieStiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Bünteweg 17 D–30559 Hannover

Prof. Dr. Jürgen Thiel Institut für Virologie Fachbereich Veterinärmedizin Justus-Liebig-Universität Frankfurter Straße 107 D–35392 Gießen

Prof. Dr. Uwe Truyen Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen Fachbereich Veterinärmedizin Universität Leipzig An den Tierkliniken 1 D–04103 Leipzig

Dr. Hans-Rudolf Vogt Institut für Veterinär-Virologie Vetsuisse Fakultät Universität Bern Länggass-Str. 122 Postfach 2735 CH–3001 Bern

Abkürzungsverzeichnis

Anzeigepflichtige Virusinfektionen

(laut VO vom 03. November 2004)

Affenpocken

Afrikanische Pferdepest

Afrikanische Schweinepest

Ansteckende Blutarmut der Einhufer

Ansteckende Blutarmut der Lachse

Ansteckende Schweinelähmung (Teschener Krankheit)

Aujeszkysche Krankheit

Blauzungenkrankheit

Bovine Herpesvirus-Typ-1-Infektion (alle Formen)

Bovine Virusdiarrhoe

Ebola-Virus-Infektion

Epizootische Hämorrhagie der Hirsche

Enzootische Leukose der Rinder

Geflügelpest

Infektion mit dem West-Nil-Virus bei einem Vogel oder Pferd

Infektiöse Hämatopoetische Nekrose der Salmoniden

Koi-Herpesvirus-Infektion der Karpfen

Lumpy-skin-Krankheit (Dermatitis nodularis)

Maul- und Klauenseuche

Newcastle-Krankheit

Pest der kleinen Wiederkäuer

Pferdeenzephalomyelitis (alle Formen)

Pockenseuche der Schafe und Ziegen

Rifftal-Fieber

Rinderpest

Schweinepest

Stomatitis vesicularis

Tollwut

Transmissible Spongiforme Enzephalopathie (alle Formen)

Vesikuläre Schweinekrankheit

Virale Hämorrhagische Septikämie der Salmoniden

Meldepflichtige Virusinfektionen

(laut VO vom 20. Dezember 2005)

Ansteckende Gehirn-Rückenmarksentzündung der Einhufer (Bornasche Krankheit)

Bösartiges Katarrhalfieber des Rindes (BKF)

Ecthyma contagiosum (Parapoxinfektion)

Equine Virus-Arteritis-Infektion

Euterpocken des Rindes (Parapoxinfektion)

Gumboro-Krankheit (Infektiöse Bursitis)

Infektiöse Laryngotracheitis des Geflügels (ILT)

Infektiöse Pankreasnekrose der Forellen und forellenartigen Fische (IPN)

Maedi

Mareksche Krankheit (akute Form)

Säugerpocken (Orthopoxinfektion)

Stomatitis papulosa des Rindes (Parapoxinfektion)

Transmissible Virale Gastroenteritis des Schweines (TGE)

Visna

Vogelpocken (Avipoxinfektion)

Vorwort zur 3. Auflage

Wie im Vorwort zur Zweitauflage des Kompendiums angekündigt, war in der vorliegenden 3. Auflage die fortgeschrittene Kenntnis über die einzelnen Virusinfektionen und die sie verursachenden Virusarten zu berücksichtigen. Notwendige Änderungen des Tierseuchengesetzes mussten aktualisiert werden. Ein Abschnitt war dem Geflügel zu widmen, nicht zuletzt wegen der epidemiologischen Bedeutung für den Menschen. Ansonsten sind die Disposition und das Ziel des Kompendiums unverändert geblieben: ein komprimiertes Nachschlagewerk für Tierärzte und andere Berufgruppen mit dem Bezug zum Tier. Nur die Zahl der Autoren hat sich vergrößert. Ihnen gebührt Dank für die kompetente Mitarbeit, die dem Kompendium einen unvergleichlichen Charakter verliehen hat. Dank auch erneut dem Verlag, besonders der Lektorin Dr. Oslage und ihren Mitarbeitern sowie Frau von Grumbkow für die kritische Durchsicht des Manuskripts.

In der Vorbereitungsphase zu dem Kompendium traf die Nachricht vom Tode des ehemaligen Mitherausgebers Professor Dr. Oskar-Rüger Kaaden ein, dessen aktueller Beitrag im vorliegenden Kompendium seinen letzten wissenschaftlichen Niederschlag fand. Dem Kollegen und Freunde Kaaden gilt unser Gedenken.

Hannover, März 2010 für die Herausgeber

1Virusinfektionen der Einhufer

1.1Ansteckende Blutarmut der EinhuferL. Haas

Syn.: Infektiöse Anämie; equine infectious anemia (EIA); swamp fever; river bottom fever

Kurzbeschreibung

Die ansteckende Blutarmut der Einhufer kann akut oder chronisch verlaufen. Typisch ist ein intermittierendes Fieber mit Schwäche, Ödemen und Anämie. Die Infektion tritt in Deutschland nur noch sporadisch auf.

Ätiologie

Das Virus der ansteckenden Blutarmut der Einhufer (EIAV) gehört zum Genus Lentivirus, Familie Retroviridae (s. Anhang). Empfänglich sind nur Equiden. Verschiedene Feldvirusisolate weisen eine beträchtliche antigene Variabilität, vor allem in den Hüllproteinen, auf (antigenic drift).

Klinische und pathologische Leitsymptomatik

Bei der akuten Verlaufsform zeigen sich Fieber, Apathie, Schwäche, Schwitzen, Zittern, Ikterus, petechiale Blutungen (Zungenuntergrund, Konjunktiven), Thrombozytopenie, Fieber und Ödeme. Die chronische Verlaufsform ist gekennzeichnet durch Konditionsverlust, Anämie, Thrombozytopenie, Ödeme, Abmagerung trotz Futteraufnahme, rekurrierende Fieberanfälle und Krankheitsschübe, deren Intervalle sich mit der Zeit verlängern. Daneben ist ein inapparenter Verlauf beschrieben. Infizierte Tiere beherbergen das Virus lebenslang.

Allgemein haben die pathologischen Veränderungen im akuten Stadium eher degenerativen, im chronischen Stadium eher lympho-proliferativen Charakter. Bei akut verendeten Tieren werden Schwellung und Hämorrhagien in vielen Organen beobachtet. Die auffälligsten histopathologischen Befunde sind hepatische Nekrosen sowie kleine fokale Blutungen in der Milz. Chronisch infizierte Pferde weisen Hepatosplenomegalie und Lymphadenopathie auf. Mikroskopisch sieht man eine Infiltration von Lymphozyten in vielen Organen und eine lymphoide Hyperplasie in Milz (»Himbeermilz«) und Lymphknoten. In der Leber zeigt sich eine Muskatnuss-ähnliche Schnittfläche; es wird eine Proliferation der Kupfferschen Sternzellen und eine deutliche Hämosiderose beobachtet. Mitunter findet sich eine Glomerulonephritis. In den Röhrenknochen kann eine erythroide Knochenmarkshyperplasie zu sehen sein. Die manchmal vorgefundenen neurologischen Veränderungen sind durch eine Infiltration lymphoider Zellen, Gliose und granulomatöse Ependymitis gekennzeichnet.

Pathogenese

Blut von persistent infizierten Pferden ist die wichtigste Quelle für die Übertragung des EIAV. Unter natürlichen Bedingungen spielen blutsaugende Dipteren, besonders Tabaniden und Stomoxys calcitrans, eine wesentliche Rolle. Die Krankheit ist daher vor allem in Feuchtgebieten heimisch. Die EIA ist keine Arbovirus-Infektion, da sich das Virus im Arthropodenvektor nicht vermehrt. Möglich ist auch die iatrogene Übertragung durch kontaminierte Kanülen, in denen das EIAV mehrere Tage infektiös bleiben kann.

Die Zielzellen des EIAV gehören der Monozyten-Makrophagen-Linie an. Bestimmte Makrophagenpopulationen werden bevorzugt infiziert. So finden sich hohe Virus-Titer in der Leber (Kupffersche Sternzellen), der Milz und den Nieren, während in Lymphknoten, Knochenmark und Blutmonozyten nur geringe Viruskonzentrationen vorliegen.

Die Anämie, die der Infektion ihren Namen gibt, beruht im Wesentlichen auf einer Komplementvermittelten Hämolyse und einer Erythrophagozytose. Weiterhin wird über eine verminderte Erythropoese im Knochenmark, offenbar im Zusammenhang mit einem gestörten Eisenmetabolismus, berichtet.

Die akute EIA wird bei der Erstinfektion beobachtet. Aufgrund einer massiven Replikation in Makrophagen werden hohe Virus-Titer im Blut erreicht. Die »klassischen« Symptome der EIA treten im Verlauf wiederkehrender Zyklen der Erkrankung auf. Dieser chronisch-rekurrierende Verlauf wird mit dem Auftreten neuer Varianten des EIAV in Verbindung gebracht (antigenic drift), welche gegenüber den zuvor gebildeten nAk refraktär sind. Die Intervalle zwischen diesen Erkrankungszyklen sind variabel (Wochen bis Monate), der Schweregrad und die Frequenz der Erkrankungen nehmen im Allgemeinen im Laufe der Zeit ab. Daneben gibt es inapparent infizierte Tiere mit einem lebenslangen Trägerstatus. Eine deutliche Virämie ist hierbei nicht nachweisbar, jedoch ist infektiöses Virusmaterial, vermutlich zellgebunden, im Blut vorhanden.

Diagnostik

Aufgrund der genannten Symptome und epidemiologischer Daten kann eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Hämatologische Befunde (Anämie, erniedrigter Hämoglobingehalt, Nachweis von Sideroleukozyten, Hypergammaglobulinämie etc.) erhärten den Verdacht.

Differenzialdiagnostisch sind die Arteritisvirus-Infektion, Pferdepest, Babesiose und Leptospirose zu berücksichtigen, sowie gegebenenfalls chronische Bakterieninfektionen (Streptokokken) und Parasitosen, aber auch andere Prozesse, die mit Abmagerung, Schwäche und Ödemen einhergehen.

Direkter Infektionsnachweis

Der direkte Virusnachweis durch Anzüchtung in Zellkulturen ist aufwendig und wird routinemäßig nicht durchgeführt.

Indirekter Infektionsnachweis

Da das EIAV in den Tieren persistiert, wird in aller Regel der Ak-Nachweis herangezogen, der im positiven Falle das Tier als infiziert ausweist. Hierbei kommen ein AGPT, der sog. Coggins-Test, und gegebenenfalls ein ELISA zum Einsatz. Als Antigen wird aufgrund der antigenen Variabilität der Hüllglykoproteine das core-Protein p26 eingesetzt. EIAV-spezifische Ak-Titer bleiben relativ konstant, auch bei dem chronischen und inapparenten Verlauf der Infektion.

Prophylaxe

Eine Immunprophylaxe existiert nicht. Als Übertragungsvorbeugung sind in entsprechenden Endemiegebieten Maßnahmen zur Insektenbekämpfung (z. B. Verabreichung von Repellentien) durchzuführen. Auf eine Vermeidung der Übertragung von Blut bzw. virushaltigen Zellen ist zu achten.

Bekämpfung

Die Infektion ist anzeigepflichtig. Die Bekämpfung ist in der »Verordnung zum Schutz gegen die ansteckende Blutarmut der Einhufer« geregelt.

Literatur

CLABOUGH, D. L. (1990): Equine infectious anemia: The clinical signs, transmission, and diagnostic procedures. Vet. Med. 85: 1007–1019.

HAAS, L., WOHLSEIN, P. (2002): Ansteckende Blutarmut der Einhufer. Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle III, S. 229–232.

IBEN, B. (2006): Ansteckende Blutarmut der Einhufer. Großtierpraxis 7: 510–521.

LEROUX, C., CADORE, J.-L., MONTELARO, R.C. (2005): Equine infectious anemia virus (EIAV): what has HIV’s country cousin got to tell us? Vet. Res. 35: 285–512.

1.2Afrikanische PferdepestL. Haas

Syn.: African horse sickness (AHS)

Kurzbeschreibung

Die Afrikanische Pferdepest ist eine akut bis subakut verlaufende, saisongebundene Virusinfektion. Es kommen unterschiedliche klinische Verlaufsformen vor. Die Übertragung findet durch Insekten statt. Bei Pferden und Maultieren verläuft die Krankheit mit hoher Mortalität, Esel und Zebras hingegen sind weitgehend resistent.

Die Afrikanische Pferdepest ist südlich der Sahara endemisch, mit vereinzelten Ausbrüchen außerhalb dieser Gebiete. Bei diesen spielten subklinisch erkrankte Tiere beziehungsweise infizierte Vektoren eine Rolle.

Ätiologie

Das Virus ist der Familie Reoviridae, Genus Orbivirus, zugeordnet. Es sind neun Serotypen bekannt (s. Anhang), wobei zwischen manchen Serotypen eine teilweise serologische Kreuzreaktion besteht.

Klinische und pathologische Leitsymptomatik

Die Inkubationszeit dauert zwischen vier (gelegentlich weniger) und 14 Tagen.

Es können unterschiedliche Verlaufsformen beobachtet werden. Am schwerwiegendsten ist die (per)akute pulmonale Form, gekennzeichnet durch Schweißausbrüche, Fieber und hochgradige Atemnot mit schaumigem und gelegentlich blutigem Nasenausfluss. Die Tiere sterben innerhalb von vier bis fünf Tagen (Mortalität über 95 %).

Die (sub)akute kardiale Form zeigt sich durch hohes Fieber, Ödeme, besonders im Kopfbereich (Fossa supraorbitalis) und Nacken, seltener auf Brust und Bauch, sowie durch kolikartige Schmerzen. Die Mortalität beträgt 50–70 %. Häufig ist eine akute pulmokardiale Mischform dieser beiden Manifestationsarten zu beobachten! Daneben wird bei weniger empfänglichen Tieren von einer Fieberform berichtet, die mit einer geringgradigen Erhöhung der Körpertemperatur und Abgeschlagenheit einhergeht, wobei die Tiere nach einiger Zeit gesunden (horse sickness fever). Anlässlich der Sektion fallen bei der pulmonalen Form das Lungenödem, Pleuraergüsse und petechiale Blutungen (Perikard) auf. Die kardiale Form zeigt sich in subkutanen und intramuskulären, gelatineartigen Ödemen, epi- und endokardialen Blutungen, Myokarditis, Hydroperikard und gelegentlich in hämorrhagischer Gastritis.

Pathogenese

Die Übertragung erfolgt durch biologische Vektoren, besonders Culicoides spp. (das AHS-Virus (AHSV) ist ein Arbovirus), gelegentlich mechanisch durch andere Insekten. Vermutlich vermehrt sich das Virus erst in regionalen Lymphknoten und breitet sich dann über das Blut aus. AHSV wird häufig assoziiert mit Erythrozyten vorgefunden. Infizierte Tiere weisen eine deutliche Virämie auf, die bei Zebras und Eseln – bei weniger ausgeprägter klinischer Symptomatik als bei Pferden – lange (etwa vier bis sechs Wochen) dauern kann. Das Virus vermehrt sich in lymphatischen Geweben und Endothelzellen. Endothelschäden führen zu intravaskulärer Koagulation und Ödemen. Die Virulenzeigenschaften von AHSV scheinen mit der Fähigkeit zusammenzuhängen, Endothelzellen bestimmter Organe (z. B. Lunge, Herz) zu schädigen.

Diagnostik

Der labordiagnostische Nachweis in Deutschland wird am Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut) auf der Insel Riems bei Greifswald, geführt.

Direkter Infektionsnachweis

Die Virusisolierung kann in der Zellkultur versucht werden (BHK-, Vero-Zellen). Die Identifizierung erfolgt mittels SNT (Serotypisierung), Sandwich-ELISA oder PCR. Alternativ kann das Virus in neugeborenen Mäusen (i. c.-Inokulation) oder in embryonierten Hühnereiern angezüchtet werden. Zur Virusisolierung eignen sich z. B. heparinisierte oder EDTA-Blutproben, die in der akuten Fieberphase gewonnen wurden. Von frisch toten Tieren sollten bevorzugt Lunge, Milz und Lymphknoten entnommen werden und in Glyzerinpuffer (pH 7,4) gekühlt versandt werden.

Der Antigennachweis in Milzhomogenaten und Blutproben kann mit einem indirekten Sandwich-ELISA erfolgen.

Indirekter Infektionsnachweis

Der Nachweis von gruppenspezifischen Ak ist mittels ELISA oder KBR möglich (beide eingesetzt für internationalen Handel), der von serotypspezifischen mittels NT.

Prophylaxe

Impfungen mit polyvalenten oder monovalenten Lebendimpfstoffen sind in endemischen Gebieten möglich.

Bekämpfung

In endemischen Gebieten kann durch Quarantänemaßnahmen und Vektorkontrolle (Insektizide, Repellentien etc.) versucht werden, die Übertragung zu minimieren. Pferde aus betroffenen Gebieten dürfen nicht in die EU eingeführt werden. Die Afrikanische Pferdepest ist anzeigepflichtig. Mit der Richtlinie 92 / 35 / EWG hat der Rat EU-einheitliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Pferdepest vorgesehen. In Deutschland wurde diese Richtlinie nicht in einer Verordnung, sondern durch die »Leitlinien für Maßnahmen zur Bekämpfung der Pferdepest« vom 12. August 1993 in nationales Recht umgesetzt.

Literatur

LAEGREID, W. W. (1996): African horsesickness. In: STUDDERT, M. J. (Hrsg.), Virus infections of equines, Elsevier Science B.V., Amsterdam, S. 101–103.

MELLOR, P.S., HAMBLIN, C. (2004): African horse sickness. Vet. Res. 35: 445–466.

1.3West-Nil-Fieber und andere PferdeenzephalomyelitidenV. Moennig, O.-R. Kaaden

Kurzbeschreibung

Die Bezeichnung Pferdeenzephalomyelitiden umfasst eine Gruppe von Virusinfektionen, hervorgerufen durch Vertreter der Virusfamilien Togaviridae (western- (WEE), eastern- (EEE) und Venezuelan encephalitis (VEE)) und Flaviviridae (z. B. Japanische Enzephalitis (JE) und West-Nil-(WN-)Fieber). Es handelt sich um Arboviren (arthropode-borne-viruses), die unterschiedliche Verbreitungsgebiete haben. WEE, EEE und VEE kommen in Nord-, Mittel-, und Südamerika vor, während JE auf tropische Teile Asiens und den Norden Australiens beschränkt ist. In den Endemiegebieten sind Vögel und kleine Nager Reservoire für die Arboviren. Die Virusübertragung erfolgt durch Stechmücken verschiedener Genera beim Saugakt. Viele Arboviren haben ein breites Wirtsspektrum und zoonotisches Potenzial. Sie können in den Mücken auch bei winterlichen Temperaturen persistieren und können in den abgelegten, infizierten Eiern überwintern. Saisonale Häufungen der Infektionen korrespondieren mit der Dichte der Mückenpopulation, z. B. im Frühsommer und im frühen Herbst. In feuchten, sumpfigen, subtropischen bis tropischen Regionen der Neuen Welt sind Arbovirusinfektionen endemisch. Das WN-Virus (WNV) hat sich in den letzten Jahrzehnten von Afrika und dem Nahen Osten aus auf südeuropäische Länder (z. B. Südfrankreich, Italien, Ungarn und Rumänien) ausgedehnt und wurde 1999 in die Neue Welt eingeschleppt, wo es sich mit großer Geschwindigkeit ausgebreitet hat. Die Weiterverbreitung in Europa kann angesichts der Klimaveränderung nicht ausgeschlossen werden.

Ätiologie

Die Erreger der Pferdeenzephalomyelitiden gehören den Familien Flavi- und Togaviridae an (s. Anhang).

Klinische und pathologische Leitsymptome

Bei Pferden beträgt die Inkubationszeit etwa eine Woche. Viele Infektionen verlaufen symptomlos. Wenn es zur Erkrankung kommt, ist sie durch Fieber oder später auch Untertemperatur, Lethargie und Bewegungsstörungen bis hin zu Lähmungen gekennzeichnet. Von den schwerer erkrankten Tieren können bis zu 30 % sterben. Rekonvaleszente Pferde können neurologische Dauerschäden behalten. Pathologisch ist eine hochgradige Enzephalomyelitis mit perivaskulären Infiltraten, unterschiedlich starker Nekrose und Untergang von Neuronen feststellbar. Die tiefe graue Substanz, der Hirnstamm und das obere Rückenmark sind am stärksten betroffen.

Pathogenese

Nach der Blutmahlzeit infizierter Stechmücken gelangt das Virus über die Lymphe zum regionären Lymphknoten. Es verursacht eine biphasische Infektion mit primärer und sekundärer Virämie. Die Vermehrung findet in den neutrophilen Granulozyten und Makrophagen statt. Mit der Virämie kommt es zur Virusvermehrung in anderen Organen, u. a. auch im ZNS. Wenn neurologische Erscheinungen auftreten, entwickeln sich diese in weniger als einer Woche nach der Infektion. Im Pferd hat das WNV einen ausgesprochenen Neurotropismus. Die Veränderungen entsprechen dem Bild einer Polioenzephalomyelitis mit perivaskulären Infiltraten und auch perivaskulären Hämorrhagien.

Diagnostik

Labordiagnostische Untersuchungen werden nur in autorisierten Laboratorien im In- oder Ausland durchgeführt. Für Deutschland ist das Friedrich-Loeffler-Institut zuständig.

Direkter Infektionsnachweis

Der direkte Infektionsnachweis durch Isolierung aus Zellkulturen (z. B. primäre Hühnerembryo-fibroblasten) ist in frühen Phasen der Infektion möglich. Die RT-PCR zum Nachweis viralen Genoms bietet insgesamt eine höhere Sensitivität.

Indirekter Infektionsnachweis

Infektionsspezifische Ak können durch ELISA sowie HAH und NT nachgewiesen werden. Allerdings können kreuzreagierende Ak gegen andere Flaviviren stören und sind deshalb bei Importuntersuchungen zu berücksichtigen. Gepaarte Serumproben spielen bei Infektionsverdacht eine Rolle.

Prophylaxe

In den USA sind mehrere für Pferde zugelassene, inaktivierte und attenuierte Impfstoffe und eine Vektorvakzine auf dem Markt. In Deutschland ist ein inaktivierter Impfstoff zugelassen.

Bekämpfung

Die Infektion ist anzeigepflichtig. Wie bei anderen Arbovirusinfektionen kann eine Bekämpfung auf zwei Ebenen erfolgen:

Der Vektor kann durch Insektizide (inkl. Larvizide) und Trockenlegen möglichst vieler seiner Brutstätten in der Nähe der Tiere, wie Pfützen, kleine Tümpel oder andere stehende Gewässer, bekämpft werden.

Die empfänglichen Tiere können durch Einsprühen mit Repellents geschützt werden und sollten während der Hauptflugzeiten der Vektoren (Morgen- und Abenddämmerung) aufgestallt werden.

Literatur

CALISHER, C. H. (1994): Medically important arboviruses in the United States and Canada. Clin. Microbiol. Rev. 7: 89–116.

HAYES, E. B., SEJVAR, J. J., ZAKI, S. R., LANCIOTTI, R. S., BODE, A. V., CAMPBELL, G. L. (2005): Virology, pathology, and clinical manifestations of West Nile virus disease. Emerg. Infect. Dis. 11: 1174–1179.

1.4Stomatitis vesicularisL. Haas, O.-R. Kaaden

Syn.: Bläschenartige Mundschleimhautentzündung; Vesikuläre Stomatitis; sore mouth of cattle and horse

Kurzbeschreibung

Die vesikuläre Stomatitis (VS) ist eine hochkontagiöse, fieberhafte Erkrankung, die vorwiegend bei Pferden, Rindern und Maultieren, seltener bei Schweinen auftritt. Schaf und Ziege gelten als resistent. Die VS kommt im Südwesten der USA, in Zentral- und im nördlichen Südamerika vor. Die klinischen Erscheinungen bei den Klauentieren ähneln denen der Maul- und Klauenseuche. Die Übertragung erfolgt direkt oder über Vektoren (Arthropoden). Das Virus kann beim Menschen eine Influenza-ähnliche Erkrankung hervorrufen.

Ätiologie

Das VS-Virus (VSV) gehört zur Familie Rhabdoviridae, Genus Vesiculovirus (s. Anhang). Das VSV ist antigen nicht einheitlich. Es existieren mehrere Serotypen, von denen die Serotypen Indiana und New Jersey die bekanntesten sind (s. Anhang).

Klinische und pathologische Leitsymptomatik

Beim Pferd zeigen sich nach einer kurzen Inkubationsperiode im Bereich von Lippen, Zahnfleisch, Gaumen und Zungenoberfläche weißliche Flecken, die sich schnell zu Vesikeln entwickeln. Die Pferde sind abgeschlagen, febril und zeigen Salivation. Vesikel können auch am Kronsaum der Hufe, seltener an anderen Stellen (wie Genitalien, Unterbauch, Ohren) auftreten. Die Vesikel platzen schnell und hinterlassen Erosionen. Solange keine sekundären bakteriellen Infektionen hinzutreten, heilen die Läsionen ab.

Die pathologischen Veränderungen sind auf das Epithel der klinisch wahrzunehmenden Lokalisationen begrenzt.

Pathogenese

Nach einer Infektion der Mukosa des oberen Verdauungstraktes kommt es zur Bildung von Vesikeln, die zum Teil konfluieren. Betroffen sind vor allem das Epithel der Maulschleimhaut, der Genitalregion und des Kronsaumes an den Hufen.

Diagnostik

Direkter Infektionsnachweis

Am lebenden Tier

Der Virusnachweis kann durch Anzüchtung in einer Zellkultur und nachfolgende Identifikation (SNT oder IF) des in zahlreichen Mammalia-Zellkulturen zytopathogenen Agens erfolgen. Als Probenmaterial eignen sich Bläscheninhalt oder Schleimhaut.

Am toten Tier

Der direkte Infektionsnachweis erfolgt wie am lebenden Tier.

Indirekter Infektionsnachweis

Ein indirekter Nachweis für epidemiologische Erhebungen oder Exportuntersuchungen kann durch VNT mit dem Serum infizierter oder rekonvaleszenter Tiere etwa 14 Tage p. i., sowie mittels ELISA und KBR erfolgen.

Prophylaxe

Eine prophylaktische Impfung ist zwar prinzipiell möglich, sie ist aber aus epidemiologischen Gründen verboten. Europa ist seit vielen Jahrzehnten frei von VS.

Bekämpfung

VS ist in allen EU-Mitgliedsstaaten eine anzeigepflichtige Tierseuche. Im Falle ihres Auftretens würde durch Keulung eine Sanierung des Bestandes vorgenommen werden.

Literatur

HOWERTH, E. W., MEAD, D. G., MUELLER, P. O., DUNCAN, L., MURPHY, M. D., STALLKNECHT, D. E. (2006): Experimental vesicular stomatitis virus infection in horses: Effect of route of inoculation and virus serotype. Vet. Pathol. 43: 943–955.

LETCHWORTH, G. J., RODRIGUEZ, L. L., DEL C. BARRERA, J. (1999): Vesicular stomatitis. Vet. J. 157: 239–260.

1.5Ansteckende Gehirn-Rückenmarkentzündung der Einhufer (Bornasche Krankheit)V. Moennig, O.-R. Kaaden

Syn.: meningoencephalomyelitis enzootica equorum; Borna disease; seuchenhafte Gehirn-Rückenmark-Entzündung der Pferde

Kurzbeschreibung

Die Bornasche Krankheit (BK) ist eine virusbedingte, non-purulente Meningoenzephalomyelitis mit meist letalem Ausgang. Es kommen auch subklinische Infektionen vor. Die Bezeichnung der Krankheit erfolgte nach der Stadt Borna bei Leipzig.

Die BK befällt hauptsächlich Pferde und Schafe, aber auch Katzen, Rinder, Ziegen, Hauskaninchen sowie Straußenvögel. Experimentell lassen sich nahezu alle Säugetiere, einschließlich Primaten, infizieren. Seit einigen Jahren ist auch in Deutschland eine als staggering disease benannte Krankheit bei Katzen bekannt, die als feline Form der BK angesehen wird. Klinische Erkrankungen schienen früher auf den süddeutschen Raum beschränkt zu sein. Seropositive Tiere sind dagegen geografisch weit verbreitet.

Der mögliche zoonotische Charakter der Bornaschen Krankheit ist umstritten. Mögliche Infektionswege sind ebenfalls noch unklar.

Ätiologie

Das Virus der BK ist als einzige Spezies in der Familie Bornaviridae klassifiziert (s. Anhang). Antigenetisch ist der Erreger einheitlich, bezüglich der Virulenz bestehen jedoch zwischen den einzelnen Virusstämmen erhebliche Unterschiede.

Klinische und pathologische Leitsymptomatik

Die Inkubationszeit nach natürlicher Infektion des Pferdes ist sehr variabel und beträgt Wochen bis Monate. Der Beginn der Erkrankung ist durch Störungen des Allgemeinbefindens, Veränderung des Verhaltens sowie durch Gastroenteritis und Entzündung des oberen Respirationstraktes gekennzeichnet. Nach diesen unspezifischen Anzeichen kommt es zum Auftreten enzephalitischer, myelitischer und meningitischer Symptome, die jedoch sehr unterschiedlich verlaufen. Die häufigsten Symptome sind Erregungs- und Depressionszustände, leichte Bewusstseinsstörungen, unvermitteltes Zusammenbrechen, spastische Kontraktionen der Muskulatur, Speichelfluss, Nystagmus und Paresen. Als Ausdruck der motorischen Störungen nehmen die Tiere abnorme Stellungen ein, wobei die Beine weit vor- oder rückwärts gestellt oder gekreuzt sind. Zwangsbewegungen (Kreis- oder Zeigerbewegungen), Krämpfe und plötzliches Zusammenbrechen variieren das klinische Bild. Gegen Ende der Erkrankung stellen sich Lähmungen ein. Ganz besonders sind die Innervationsgebiete der Nn. optici, N. trigeminus, N. facialis, N. glossopharyngeus, N. vagus und N. hypoglossus ein- oder beidseitig betroffen, wodurch die Lippen-, Ohren- und Zungenmuskulatur gelähmt wird und die Futteraufnahme sowie das Kauen und Schlucken gestört sind. Im Durchschnitt dauert die Krankheit 10–14 Tage; die Letalität beträgt 80–90 %.

Beim Schaf wird die Inkubationszeit nach experimenteller Infektion mit sechs bis sieben Wochen angegeben. Der Krankheitsbeginn äußert sich häufig in verändertem Verhalten. Das klinische Kardinalsymptom der BK beim Schaf ist ein wiederholtes, plötzliches Zusammenbrechen der Tiere während der Bewegung oder im Stand. Die Tiere liegen dann minutenlang regungslos da. Plötzlich stehen sie wieder auf, sind verhältnismäßig munter und beginnen zu fressen. Dies kann sich mehrfach täglich wiederholen. Ähnlich, im ganzen aber milder, verlaufen die bei Ziegen beobachteten Borna-Symptome, während bei den wenigen beschriebenen Fällen beim Rind uncharakteristische Krankheitsbilder auftraten.

Pathogenese

Die Pathogenese der Erkrankung ist noch nicht vollständig geklärt. Vor allem wird kontrovers diskutiert, ob die klinischen Symptome das Ergebnis der Virusinfektion oder aber einer immunpathologischen Reaktion sind. Beim Pferd wird das Virus mit dem Nasenschleim und Speichel sowie über Harn und Milch ausgeschieden. Die Virusaufnahme erfolgt vor allem nasal, danach erreicht der Erreger über die olfaktorischen Nervenbahnen das ZNS. Dort werden Neuronen, aber auch Astrozyten, Oligodendrozyten sowie Epithelzellen des Plexus chorioideus infiziert. Bei der akuten Infektion bestimmt die Schwere der sich ausbildenden Entzündung mit Infiltration mononukleärer Zellen das Krankheitsbild.

Diagnostik

Am lebenden Tier

Das klinische Bild der BK ist derart variabel, dass eine klinische Diagnose nicht möglich ist. Bisher stand nur der indirekte Nachweis von Ak zur Verfügung, der aber wegen des häufigen Auftretens subklinischer Infektionen wenig aussagekräftig war. Besser geeignet ist der Ak-Nachweis in der Zerebrospinalflüssigkeit.

Am toten Tier

Hier stützt sich die Diagnose auf den Nachweis der Joest-Degenschen intranukleären Einschlusskörperchen, die jedoch fehlen können. Gesichert wird die Diagnose durch den Erreger- bzw. Antigennachweis mittels PCR oder IF an Gehirn-Abklatschpräparaten.

Prophylaxe

Der Lebendimpfstoff, der von Zwick über Passagen im Kaninchengehirn entwickelt worden war, ist nicht völlig apathogen und ist deshalb seit Jahren nicht mehr zugelassen. Daher stehen für die Prophylaxe hygienische Maßnahmen im Vordergrund, vor allem (falls möglich) Reglementierung von Dauerausscheidern sowie das Vermeiden des Kontaktes zu Rindern und v. a. Schafen.

Bekämpfung

Die BK ist meldepflichtig. Bei Ausbruch der Krankheit müssen die kranken und verdächtigen Tiere sofort von den gesunden getrennt werden. Die Stallungen sind vor einer Neubelegung gründlich mit Chloramin, Chlorkalk, Formalin oder handelsüblichen Präparaten mit vergleichbarer Wirkung zu desinfizieren. Gestorbene Tiere sind unschädlich zu beseitigen.

Literatur

CUBITT, C., OLDSTONE, C. H., DE LA TORRE, C. J. (1994): Sequence and genomic organization of Borna disease virus. J. Virol. 68: 1382–1396.

DÜRRWALD, R., KOLODZIEJEK, J., MULUNEH, A., HERZOG, S., NOWOTNY, N. (2006): Epidemiological pattern of classical Borna disease and regional genetic clustering of Borna disease viruses point towards the existence of to-date unknown endemic reservoir host populations. Microbes and Infection 8: 917–929.

GOSZTONYI, G., DIETZSCHOLD, B., KAO, M., RUPPRECHT, C. E., LUDWIG, H., KOPROWSKI, H. (1993): Rabies and Borna disease. A comparative pathogenetic study of two neurovirulent agents. Lab. Invest. 68: 285–295.

1.6Equine Virus-Arteritis-Infektion (EVA)L. Haas, O.-R. Kaaden

Syn.: Pferdestaupe; Rotlaufseuche; equine viral arteritis; pink eye; epizootic cellulitis

Kurzbeschreibung

Die EVA ist eine zyklisch verlaufende Allgemeinerkrankung, die mit Nekrosen der Tunica media kleinerer und mittlerer Arterien einhergeht. Das equine Arteritis-Virus (EAV) besitzt ein abortogenes Potenzial.

Ätiologie

Das EAV gehört zum Genus Arterivirus innerhalb der Familie Arteriviridae, Ordnung Nidovirales (s. Anhang). Der natürliche Wirt ist das Pferd; Esel sind möglicherweise für eine Infektion mit dem EAV weniger empfänglich. Serologisch verhält sich das Virus zwar einheitlich, es ist jedoch genetisch recht variabel und es können erhebliche Virulenzunterschiede beobachtet werden.

Klinische und pathologische Leitsymptome

Eine Infektion mit dem EAV verläuft in den meisten Fällen subklinisch.

Treten Symptome auf, sind sie sehr variabel. Es kommt nach drei bis zehn Tagen zu einem Temperaturanstieg (bis zu 41° C), Leukopenie, Anorexie und Abgeschlagenheit. Charakteristisch sind Ödeme, die besonders im Kopfbereich und an den Gliedmaßen, seltener an Unterbauch, Euter oder Präputium zu finden sind. Konjunktivitis und Chemosis (pink eye) mit ikterischer Verfärbung der Konjunktiven, Tränenfluss und Lichtscheue gehören zum typischen klinischen Bild der EVA. An Schleimhäuten können petechiale Blutungen zu sehen sein.

Eine Beteiligung des Respirationstraktes äußert sich in Pharyngitis, Laryngitis mit Husten, Rhinitis, Dyspnoe und Nasenausfluss. Gelegentlich treten Obstipationen und Koliken auf, die im weiteren Krankheitsverlauf mit Durchfällen einhergehen. Einige Tiere zeigen Hautausschläge (Urtikaria). Bei tragenden Stuten kann es zu Aborten (ab etwa dem dritten bis über den zehnten Trächtigkeitsmonat) kommen, die in die späte Fieberoder frühe Rekonvaleszenzphase fallen. Werden Fohlen im späten Trächtigkeitsstadium oder kurz nach der Geburt infiziert, können sich schwere, bisweilen letale Pneumonien entwickeln, mitunter tritt auch noch Durchfall auf (»Pneumoenteritis«).

Pathologisch-anatomisch bestimmen Ödeme und Hämorrhagien der Subkutis, Lymphknoten und Eingeweide mit teilweise erheblichen Flüssigkeitsansammlungen in den serösen Höhlen das Bild. Pferde, die nach einem Abort untersucht wurden, zeigten eine Myometritis. Medianekrosen besonders kleiner und mittlerer Arterien (Arteriitis) sind typische histologische Befunde.

Pathogenese

Nach intranasaler Infektion vermehrt sich das Virus zunächst in Lungenmakrophagen und gelangt innerhalb von zwei Tagen in die regionären Lymphknoten. Von dort aus wird es über den Körper verteilt. Etwa vier Tage p. i. kann das Virus im gesamten lymphoretikulären Gewebe nachgewiesen werden, von wo aus es auch die Endothel-und Mediazellen infiziert. Da kleinere und mittlere Arterien nur eine relativ dünne Wand besitzen, können deren Schädigungen zu erheblichen Flüssigkeitsverlusten führen. Bei trächtigen Stuten kann es aufgrund einer Myometritis zur verminderten Blutversorgung des Fetus mit folgendem Abort kommen. Jedoch scheint die direkte Infektion des Fetus wichtiger zu sein als Störungen der Plazentarschranke.

Das Virus wird während der Fieberphase mit Augen- und Nasensekret, Speichel, Urin, Kot und dem Sperma ausgeschieden. In abortierten Feten und in den Nachgeburtshäuten kann es ebenfalls nachgewiesen werden. Neben der Verbreitung durch Aufnahme von virushaltigen Sekreten und Exkreten, insbesondere respiratorischen Sekreten, kommt der Verbreitung über den Deckakt, beziehungsweise infiziertes Sperma im Rahmen der künstlichen Besamung, eine weitere wichtige Rolle zu. Ein relativ hoher Prozentsatz (ein bis zwei Drittel) infizierter Hengste kann das Virus unter Umständen jahrelang, permanent oder intermittierend, mit dem Sperma übertragen. Das Virus persistiert im Samenleiter und in den akzessorischen Geschlechtsdrüsen. Bei Wallachen, Stuten und Fohlen konnte bisher keine Persistenz nachgewiesen werden. Die Seroprävalenz bei Pferden in Deutschland liegt zwischen 20–40 %.

Diagnostik

Direkter Infektionsnachweis

Der direkte Erregernachweis ist nach Anzüchtung geeigneter Proben in empfänglichen Zellkulturen (z. B. RK13-Zellen) möglich. Spermaproben zum Nachweis von akut infizierten Hengsten oder Dauerausscheidern müssen aufgrund ihrer Zytotoxizität vorbehandelt werden. Der Nachweis des EAV ist auch mit der RT-PCR möglich.

Am lebenden Tier

Am lebenden Tier kann aufgrund klinischer Symptome nur die Verdachtsdiagnose EVA gestellt werden. Der direkte Virusnachweis gelingt während der Fieberphase aus Nasensekret, Trachealspülflüssigkeit, EDTA-Blut, Sperma, Vaginaltupfer und bedingt aus dem Urin. Dauerausscheider werden durch die wiederholte Untersuchung von Spermaproben identifiziert.

Am toten Tier

Ödeme und Hämorrhagien sowie vermehrte Flüssigkeitsansammlung in den serösen Höhlen deuten auf eine EVA hin. Zur Sicherung der Diagnose kann eine Virusisolierung aus Blut, Lymphknoten, Milz und Lunge versucht werden. Beim Abort ist die Plazenta mit in die Untersuchungen einzubeziehen.

Indirekter Infektionsnachweis

Eine Infektion mit dem EAV lässt sich auch indirekt über einen mindestens vierfachen Ak-Anstieg eines Serumproben-Paares im Abstand von etwa drei Wochen nachweisen (Akutphasen- und Rekonvaleszentenserum).

Zum Nachweis von Ak gegen das EAV wird der VNT angewendet. VNT-Titer ≥ 4 gelten entsprechend den internationalen Konventionen als positiv.

Prophylaxe

Es steht eine inaktivierte Vakzine zur Verfügung. Die Impfung ist unschädlich, schützt vor einer Erkrankung, verhindert aber nicht eine Infektion mit kurz andauernder Virämie und Virusausscheidung. Die Etablierung einer persistierenden Feldvirusinfektion beim Hengst ist nicht auszuschließen. Weiterhin ist eine serologische Differenzierung der Impflinge von natürlich infizierten Pferden nicht möglich.

Beim Zukauf von seropositiven Hengsten ist eine Virusausscheidung mit dem Sperma durch mindestens zweimalige Untersuchung auszuschließen.

Bekämpfung

Die EVA ist eine meldepflichtige Krankheit. Eine kausale Bekämpfung ist nicht möglich. Es kann eine symptomatische Therapie eingeleitet werden, die sich nach dem jeweiligen Krankheitsbild richtet (nichtsteroidale Antiphlogistika, Antibiotika, Diuretika etc.).

Literatur

BELL, S., BALUSURIYA, U. B. R., MACLACHLAN, N. J. (2006): Equine viral arteritis. Clin. Tech. Equine Pract. 5: 233–238.

DEL PIERO, F. (2000): Equine Viral Arteritis. Vet. Pathol. 37: 287–296.

HOLYOAK, G. R., BALASURIYA, U. B. R., BROADUSS, C. C., TIMONEY, P. J. (2008): Equine viral arteritis: Current status and prevention. Theriogenology 70: 403–414.

1.7Equine InfluenzaU. Truyen

Syn.: Hoppegartener Pferdehusten; Pferdeinfluenza; Pferdegrippe

Kurzbeschreibung

Equine Influenza-A-Viren sind die Ursache für akute respiratorische Erkrankungen des Pferdes. Nach ihrer antigenen Struktur (s. a. Porzines Influenzavirus, Schweineinfluenza) sind zwei Subtypen zu unterscheiden, repräsentiert durch die Referenzstämme Influenza A / equi /1 /Prag / 56 (H7N7) und Influenza A / equi / 2 / Miami / 63 (H3N8). Diese beiden Typen wurden ursprünglich in der ehemaligen Tschechoslowakei (A / equi / 1) beziehungsweise in den USA (A / equi / 2) isoliert, sind jedoch praktisch weltweit verbreitet. Obwohl beide Typen in den Pferdepopulationen vorkamen, wurden seit 1977 fast ausschließlich A / equi / 2-Viren (H3N8) isoliert. Das H7N7-Virus ist antigenetisch stabil, dagegen zeigen die H3N8-Viren eine stetige antigene Variation (antigenic drift). Seit etwa 1984 haben sich diese Viren in eine »amerikanische« und eine »europäische« Linie aufgespalten, die sich auch serologisch differenzieren lassen. 1989 wurde ein neues H3N8-Virus in China isoliert, das nicht durch reassortment zwischen den damals zirkulierenden equinen H3N8-Viren entstanden ist, sondern alle Gensegmente eines von Enten isolierten Influenzavirus aufweist. Diese Linie ist jedoch mittlerweile erloschen. Eine Übertragung equiner Influenzaviren auf den Menschen ist bisher nicht bekannt geworden, jedoch werden seit 2005 zunehmend Infektionen von Rennhunden mit A / equi / 2 in den USA beschrieben.

Ätiologie

Das equine Influenzavirus ist klassifiziert in dem Genus Influenza-A-Virus der Familie Orthomyxoviridae (s. Anhang).

Klinische und pathologische Leitsymptomatik

Die Infektion führt nach ein- bis dreitägiger Inkubation zu akuten respiratorischen Symptomen, insbesondere trockenem Husten, und zu hohem Fieber (bis 42 °C für etwa drei Tage). Die Erkrankung breitet sich schnell in betroffenen Ställen aus. Abhängig von der Schwere des Krankheitsbildes und des Managements im Stall gesunden die Pferde innerhalb von ein bis zwei Wochen. Verschleppte Fälle können bei Komplikationen durch bakterielle Infektionen jedoch Monate bis zur vollständigen Ausheilung benötigen. Das Ruhigstellen der Pferde während der akuten Phase ist entscheidend für den Verlauf der Infektion (ablesbar an der Körpertemperatur). Der Verlauf der H3N8-Influenza soll mit schwereren Symptomen einhergehen als die H7N7-Infektion. Er wird beherrscht von interstitieller Pneumonie mit Ödembildung und katarrhalischer Pleuritis, Bronchitis und Laryngitis.

Pathogenese

Nach Tröpfchenübertragung vermehrt sich das Virus in den Epithelien des Respirationstraktes. Virämien sind nicht zu erwarten. Intramuskulär verabreichtes Virus führte nicht zu Krankheitserscheinungen, dies ist ein Hinweis auf den lokalen Charakter mit kanalikulärer Ausbreitung der Infektion bis in die Tiefe des Atmungsapparates.

Diagnostik

Krankheitserscheinungen und hohe Kontagiosität in einem Pferdebestand erlauben gewöhnlich eine klinische Verdachtsdiagnose. Die Diagnose wird durch den Infektionsnachweis gesichert.

Direkter Infektionsnachweis

Am lebenden Tier

Eine schlüssige Diagnose wird durch den Virusnachweis ermöglicht. Die Virusisolierung kann früh während der akuten Phase aus Nasentupfern oder Spülproben (Nasennebenhöhlen) versucht werden. Ein Tupfer sollte in sterilem Virus-Transportmedium gekühlt aufbewahrt und umgehend (innerhalb von 48 Stunden) in das Untersuchungslabor gebracht werden. Vorübergehendes Einfrieren der Probe bei –20 °C führt zur beschleunigten Zerstörung des Virus und möglicherweise zu falsch-negativen Befunden. Das Aufbewahren der Probe bei tieferen Temperaturen (auf Trockeneis oder in flüssigem Stickstoff ohne zwischenzeitliches Auftauen) ist dagegen ratsam, wenn längere Transportzeiten überbrückt werden müssen.

Versuche der Virusisolierung erfolgen gewöhnlich im embryonierten Hühnerei oder in Zellkulturen. Nach Virusanzüchtung werden die viralen Hämagglutinine serologisch spezifiziert (HAH). Diverse validierte PCR-Applikationen erhöhen die diagnostische Sicherheit beträchtlich und führen weiterhin zu einer beschleunigten Befundstellung.

Am toten Tier

Tupfer- oder Schleimhautproben aus dem Respirationstrakt sollten gesichert werden, wenn der äußerst seltene Fall eines Virusnachweises zur Klärung der Todesursache (z. B. bei forensischen Fällen) eintritt.

Indirekter Infektionsnachweis

Die Untersuchung von Serumpaaren ermöglicht die retrospektive serologische Feststellung der Infektion. Die erste Blutprobenentnahme zur Serumgewinnung erfolgt zum Zeitpunkt der akuten Erkrankung, die zweite etwa vier Wochen später. Ein wenigstens vierfacher Titeranstieg im HAH oder NT wird als signifikant für eine Infektion angesehen.

Prophylaxe

Inaktivierte Impfstoffe sind in Kombination mit Herpesvirusantigenen oder Tetanustoxoid kommerziell verfügbar. Diese Vakzinen enthalten meistens mehrere prävalente Stämme (in jedem Fall Vertreter der Subtypen H7N7 und H3N8), um der biotypischen Antigenvariation des Influenzavirus Rechnung zu tragen. Ein neuartiger Vektorimpfstoff beruht auf einer Rekombination des Influenzahämagglutinins mit einem Kanarienpockenvirus.

Ein Impfschema sollte den Empfehlungen des Herstellers folgen. Bei der Verwendung inaktivierter Vakzinen ist auf eine Boosterinjektion vier Wochen nach der Grundimmunisierung unbedingt zu achten. Eine regelmäßige Reimmunisierung der Tiere wenigstens zweimal im Jahr (Januar und Juli) ist erforderlich, bei Jungtieren häufiger (alle drei Monate).

Ein hoher Spiegel an maternalen Ak verhindert bei Fohlen eine im frühen Lebensalter gravierend verlaufende Infektion, die nicht selten zu permanenten Folgeschäden führt.

Bekämpfung

Die Übertragung zwischen Pferden erfolgt durch direkten Kontakt, auf dem Luftwege oder über viruskontaminiertes Geschirr oder Tränken. Die schnelle Verbreitung über große Entfernungen wird durch den Transport von Pferden zu Rennplätzen, Turnieren oder zur Zucht erleichtert. Die Bekämpfung muss darauf gerichtet sein, den Kontakt empfänglicher, nicht regelmäßig geimpfter Pferde mit infizierten Tieren zu verhindern. Konsequente Immunprophylaxe und geeignete Management-Maßnahmen sind unerlässlich. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) schreibt für die Teilnahme an Pferdeschauen und Pferdeleistungsschauen für Pferde und Ponys die Impfung gegen die equine Influenza verbindlich vor. Entscheidend ist die Isolierung und stressfreie Aufstallung erkrankter Pferde, um einerseits die Heilung zu beschleunigen (und damit die Zeit der Virusausscheidung zu verkürzen) und andererseits die Infektion anderer Pferde zu verhindern. Das Virus ist in der Umwelt wenig stabil und leicht zu desinfizieren. Durch lipidlösende Substanzen oder bei niedrigen pH-Bedingungen (pH 3) wird es inaktiviert. Temperaturen von 56° C über 30 Minuten inaktivieren es zügig.

Literatur

CRAWFORD, P. C., DUBOVI, E. J., CASTLEMAN, W. L., STEPHENSON, I., GIBBS, E. P., CHEN, L., SMITH, C., HILL, R. C., FERRO, P., POMPEY, J., BRIGHT, R. A., MEDINA, M. J., JOHNSON, C. M., OLSEN, C. W., COX, N. J., KLIMOV, A. I., KATZ, J. M., DONIS, R. O. (2005): Transmission of equine influenza virus to dogs. Science 310: 482–485.

DALY, J. M., NEWTON, J. R., MUMFORD, J. A. (2004): Current perspectives on control of equine influenza. Vet. Res. 35: 411–423.

LANGE, W. (2002): Pferdeinfluenza. Virologie, Epidemiologie, Klinik, Therapie und Prophylaxe. Parey-Verlag Berlin.

WEBSTER, R. G., BEAN, W. J., GORMAN, O. T., CHAMBERS, T. M., KAWAOKA, Y. (1992): Evolution and ecology of influenza A viruses. Microbiol. Rev. 56: 152–179.

1.8EHV-1- und EHV-4-InfektionenL. Haas, H.-R. Frey

Syn.: Stutenabort; Rhinopneumonitis

Kurzbeschreibung

Das equide Herpesvirus Typ 1 (EHV-1) verursacht respiratorische Erscheinungen, den Virusabort der Stuten und neurologische Ausfälle, das equide Herpesvirus Typ 4 (EHV-4) vorwiegend die sog. Rhinopneumonitis. In Einzelfällen wurde EHV-1 bei anderen Spezies, wie Rindern, nachgewiesen. EHV-1 und EHV-4 sind in der Pferdepopulation weit verbreitet.

Ätiologie

EHV-1 und EHV-4 sind dem Genus Varicellovirus der Subfamilie Alphaherpesvirinae in der Familie Herpesviridae zugeordnet (s. Anhang).

Klinische und pathologische Leitsymptomatik

Infektionen mit dem EHV-1 oder EHV-4 können nach einer Inkubationszeit von 3–10 Tagen zu einer meist milden respiratorischen Erkrankung führen, die sich in Fieber, Abgeschlagenheit, Nasenausfluss und gelegentlich Husten äußert. Bei jungen Pferden kann sich eine schwerere Verlaufsform mit bakteriellen Sekundärinfektionen entwickeln.

Nach Infektion mit EHV-1, selten EHV-4, kann es bei tragenden Stuten nach einer variablen Inkubationszeit von einem bis vier Monaten ab etwa dem siebten Trächtigkeitsmonat zu meist spontanen Aborten kommen (Spätaborte). Auch die Geburt lebensschwacher Fohlen kann durch EHV-1-Infektionen nahe am Geburtszeitpunkt begründet sein. In den vergrößerten Lebern abortierter Feten und lebensschwacher Neugeborener sind kleine graugelbe, nekrotische Herde zu finden, außerdem ikterische Bindehäute, Herzbeutel-, Brust- und Bauchhöhlenergüsse.

In der Folge von Infektionen mit EHV-1 werden mitunter auch neurologische Symptome (Parese-Paralyse-Syndrom) beobachtet. Charakteristisch sind Kolikerscheinungen und Koordinationsstörungen. Bei mildem Verlauf kann es zu einer Heilung kommen. Schwerere Verlaufsformen mit Blasenlähmung, herabgesetztem Schweiftonus und Paresen der Hinterhand oder Paralyse haben eine schlechte Prognose.

Pathogenese

EHV-1 gelangt in Tröpfchen aerogen oder durch direkten Kontakt mit Nasensekreten erkrankter Pferde an die lymphatischen Gewebe der Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raumes. Nach primärer Virusvermehrung kommt es zu einer Leukozyten-assoziierten Virämie, wogegen eine Infektion mit EHV-4 meist auf den Respirationstrakt als primären Replikationsort beschränkt bleibt. In der Folge der lympho-hämatogenen Virusverbreitung gelangt EHV-1 grundsätzlich in alle Körperregionen, wobei der Genitaltrakt, insbesondere der Uterus trächtiger Tiere, der Hauptmanifestationsort ist. Leber, Lunge und Milz des infizierten Fetus sind besonders betroffen, jedoch kann die Infektion praktisch alle fetalen Gewebe erfassen. EHV-4 ist an Aborten selten beteiligt. Infektionen betreffen postnatal besonders Jungtiere; bei älteren Pferden verlaufen sie meistens inapparent.

Nicht vollständig geklärt ist die Pathogenese neurologischer Ausfallerscheinungen in Verbindung mit EHV-1- oder seltener EHV-4-Infektionen. Eine Infektion des Endothels von kleinen Gefäßen des Rückenmarks kann offenbar zu Vaskulitiden mit Thrombosen und Nekrosen führen, so dass eine sekundäre Ischämie und Hypoxie zu einem neuronalen Untergang führt. In diesem Zusammenhang werden auch Ablagerungen von Immunkomplexen und nachfolgende Schädigung des Endothels durch eine Arthus-Reaktion verantwortlich gemacht. In neueren molekularen Studien an neuropathogenen Virusstämmen wird eine Mutation in deren DNA-Polymerase-Gen als (Mit-)Ursache diskutiert.

Pathogenetisch und epidemiologisch bedeutungsvoll ist die Viruslatenz und Reaktivierbarkeit beider Virustypen wegen der damit verbundenen Ausscheidung von infektiösem Virus ohne klinische Anzeichen.

Diagnostik

Direkter Infektionsnachweis

Am lebenden Tier

Bei respiratorischen Erscheinungen eignen sich Trachealspül- und Nasentupferproben, bei Abortfällen fetales und Plazentagewebe zur Virusisolierung in Zellkulturen mit serologischer Identifizierung der Isolate (IFT und SNT) oder Nachweis mittels PCR.

EHV-1 besitzt ein relativ weites Wirtszellspektrum. In Zellkulturen aus Pferde-, Kaninchen-, Hamster- oder Schweinenieren vermehrt sich das Virus mit deutlichem zpE (Synzytienbildung, Zelllysis). EHV-4 hingegen sollte in equinen Zellkulturen angezüchtet werden.

Am toten Tier

Gewebeproben aus dem Respirationstrakt können für Antigennachweise mittels IFT in Gefrierschnitten direkt oder nach Anzucht in Zellkulturen verwendet werden. Bei Aborten sind Gefrierschnitte von fetalen Organen auf Virusantigen (IFT) oder Organverreibungen in Zellkulturen zu untersuchen.

Indirekter Infektionsnachweis