Vom Gott der Angst zum Gott der Liebe - Dr. Uta Kronshage - E-Book

Vom Gott der Angst zum Gott der Liebe E-Book

Dr. Uta Kronshage

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Beschreibung

Weshalb meistern einige Menschen Krisen besser als andere? Die Psychotherapeutin Dr. Uta Kronshage geht dieser Frage auf den Grund, ermutigt zu einem sinnerfüllten Leben mit Gott und zeigt, wie aus einem angsterfüllten Gottesbild ein liebendes wird. Man könnte glauben, dass Menschen, die christliche Werte für ihr Leben vermittelt bekommen haben, ganz grundsätzlich seelisch und dadurch auch körperlich gesünder sind. Aber das ist nicht der Fall: Denn es gibt auch Gottesbilder, die krank machen. Wenn Menschen mit Tod und Teufel gedroht wird oder sie sich von Gott bestraft fühlen. Welche psychologischen Mechanismen tragen dazu bei, dass Menschen krank werden? Was sind wichtige Voraussetzungen für Heilung? Was macht Leben lebenswert und welche Faktoren verhindern, dass Menschen sich als glücklich und mit sich selbst im Reinen erleben? Dr. Uta Kronshage schreibt auf Basis ihrer langjährigen Erfahrung als Psychotherapeutin und zeigt auf, welche Grundüberzeugungen entscheidend für körperliches und seelisches Wohlbefinden und Lebensqualität sind. Letztlich geht es um die Frage einer heilsamen Beziehung zu dem, was die Welt in ihrem Innersten zusammenhält. "Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die mit ihrem Leben wirklich zufrieden sind, die zum Teil schwerste Krisen und Schwierigkeiten bewältigt haben und dennoch freundlich, humorvoll, voller Liebe und Lebendigkeit geblieben sind, eine Beziehung zu einem stets anwesenden, zugewandten und bedingungslos liebenden Gott pflegen. Und ich bin der Meinung, dass jeder Mensch eine solche Beziehung zu Gott braucht und dass jeder sie haben kann." Uta Kronshage

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Dr. Uta Kronshage

Vom Gott der Angst zum Gott der Liebe

Wie uns ein positives Gottesbild stärkt

Knaur eBooks

Über dieses Buch

»Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die mit ihrem Leben wirklich zufrieden sind, eine Beziehung zu einem stets zugewandten und bedingungslos liebenden Gott pflegen. Jeder Mensch braucht eine solche Beziehung zu Gott und jeder kann sie haben.«

 

Dr. Uta Kronshage

 

Es gibt Gottesbilder, die krank machen. Wenn uns mit Tod und Teufel gedroht wird oder wir uns von Gott bestraft fühlen. Und auf der anderen Seite kann der Glaube an einen liebenden Gott Türen für körperliches und seelisches Wohlbefinden öffnen.Das hat Dr. Uta Kronshage in zahlreichen Gesprächen als Psychotherapeutin und auch ganz persönlich erfahren. Sie zeigt auf, welche psychologischen Mechanismen uns krank machen können. Und was wichtige Voraussetzungen für Heilung sind. Letztlich geht es um eine tragende Beziehung zu dem, was die Welt in ihrem Innersten zusammenhält.

Inhaltsübersicht

Vorbemerkung

Einleitung

Wieso schreibt eine Psychotherapeutin über Gott?

Warum überhaupt Gott?

Aufbau des Buches

Wie entwickelt sich die Beziehung zu Gott?

Bedingungslose und bedingte Liebe

Angst versus Liebe

Bedingungslose Selbstliebe

Leben in der Angst – Leben in der Liebe

Das Angstuniversum

Kontrollmechanismen der Angst

Gott im Angstuniversum

Angstuniversum ohne Gott

Angst oder Liebe: die Kindheit entscheidet

Gott und das Universum der Liebe

Exkurs I

Wo war Gott in Auschwitz – meine Geschichte mit Gott

Exkurs II

Gott und das Christentum

Die bedingungslose Liebe heute

Die Verkleidungen der Angst

Den Gott der Angst abwählen

Leben im Kontakt mit der bedingungslosen Liebe

Alltag mit einem bedingungslos liebenden Gott

Heilung mit Gott

Gesellschaft mit Gott

Zum guten Schluss

Danksagung

Anhang A

Bekenntnis zur Liebe

Anhang B

Literaturempfehlungen

Beim Schreiben dieses Buches habe ich mich gefragt, wie ich mit der Frage von geschlechtergerechter Formulierung umgehen soll. Ich finde die Diskussion, die im Moment stattfindet, spannend und bin neugierig, welche Veränderungen unsere Sprache an diesem Punkt erfahren wird. Ich habe mich entschlossen, auf das Gendersternchen zu verzichten und möglichst geschlechterneutral zu formulieren, was aber natürlich nicht immer möglich ist. Da ich sehr viel mehr Patientinnen als Patienten habe, habe ich in diesem Fall grundsätzlich die weibliche Form gewählt. Alle anderen Menschen sind dabei jeweils mitgemeint.

 

Einleitung

Wieso schreibt eine Psychotherapeutin über Gott?

Wenn mir jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, ich würde einmal ein Buch über Gott schreiben, wäre ich sehr erstaunt gewesen. Und das, obwohl ich mich schon seit Jahrzehnten mit den Fragen beschäftige, wie es Menschen gelingt, ein gutes, erfülltes Leben zu leben, und: Welche psychologischen Mechanismen tragen dazu bei, dass Menschen krank werden? Was sind wichtige Voraussetzungen für Heilung? Was macht Leben lebenswert, und welche Faktoren verhindern, dass Menschen sich als glücklich und mit sich selbst im Reinen erleben? Das hat mich schon immer interessiert.

 

Bei meiner Tätigkeit als Psychotherapeutin wurde mir immer klarer, dass jeder Mensch Grundüberzeugungen über das Leben, über das Schicksal und über Gott hat und dass diese Grundüberzeugungen zentralen Einfluss haben auf körperliches und seelisches Wohlbefinden und Lebensqualität. Nicht jeder Mensch beschäftigt sich bewusst mit diesen Fragen und nicht jeder verwendet für sich den Begriff »Gott«. Ich habe aber auch noch keinen Menschen gefunden, der diesen Begriff nicht kennt und der nicht in irgendeiner Weise auf ihn reagiert.

So hat jeder Mensch eine Beziehung zu diesem Wort und zu dem, was es repräsentiert. Denn jeder muss für sich Antworten finden auf die ganz großen Fragen. Früher oder später. Natürlich können wir im Alltag diese Fragen verdrängen und uns damit beschäftigen, unser persönliches Leben zu bewältigen. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem wir nicht mehr weiterwissen. Ein Punkt, an dem wir konfrontiert sind mit Dingen, die sich unserer Kontrolle entziehen. Krankheit, Geburt, Tod oder große Liebe, Lebenskrisen. Und spätestens dann kommt Gott ins Spiel. Immer. Es ist nicht die Frage, ob Gott eine Rolle spielt oder nicht. Die Frage ist, welche Rolle er spielt. Vielleicht sagen wir statt Gott auch »das Leben«, »die Natur« oder »das Schicksal«. Oder wir verwenden gar keine Worte, sondern fühlen nur, dass da etwas Größeres ist, das über uns hinausweist. Egal, ob wir also den Begriff »Gott« verwenden oder nicht: Entscheidend ist, wie wir dieses Große, Allumfassende erleben. Fühle ich mich davon getragen? Ist mir diese Kraft eine Quelle von Unterstützung und Trost oder nicht? Darum geht es hier.

 

Wenn in der Therapie das Gespräch auf Gott kommt, sagen viele Patientinnen: »Ich glaube nicht an Gott. Weil er mir oder anderen Menschen nicht geholfen hat, als er gebraucht wurde.« Das bedeutet aber im Grunde: Ich glaube schon an Gott, ich gehe nur nicht davon aus, dass er hilfreich ist. Ich gehe davon aus, dass Gott gleichgültig ist, und darum wende ich mich von ihm ab.

Andere Menschen sagen, dass sie an Gott glauben, und wenn ich sie frage, wo und wie sie das konkret im Alltag hält und trägt, können sie das nicht beantworten. Manche Menschen glauben an Gott und haben die ganze Zeit Angst. Angst, es nicht richtig hinzubekommen, Angst, auf die falsche Weise zu glauben, Angst, dass das Böse (der Teufel) Macht über sie erhalten könnte und sie dann verdammt sind. Wenn etwas in ihrem Leben schiefgeht, fühlen sie sich von Gott bestraft.

Es gibt Menschen, die sagen: »Über Gott habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Er spielt keine Rolle in meinem Leben, ich brauche Gott nicht.« Und manche merken dann, dass sie in einer Lebenskrise plötzlich anfangen zu beten, obwohl sie gar nicht wissen, zu wem eigentlich. Einigen ist das dann regelrecht peinlich: »Bin ich denn nicht stark genug, alleine klarzukommen? Wenn es schwierig wird, renne ich zu Gott, was bin ich nur für ein Weichei.«

Jeder dieser Menschen hat eine Beziehung zu Gott. In vielen Fällen ist diese Beziehung aber nicht gut. Nicht so, wie sie aus meiner Sicht sein kann und sollte, wenn sie hilfreich und nährend wäre.

 

Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die mit ihrem Leben wirklich zufrieden sind, die zum Teil schwerste Krisen und Schwierigkeiten bewältigt haben und dennoch freundlich, humorvoll, voller Liebe und Lebendigkeit geblieben sind, eine Beziehung zu einem stets anwesenden, zugewandten und bedingungslos liebenden Gott pflegen. Und ich bin der Meinung, dass jeder Mensch eine solche Beziehung zu Gott braucht und dass jeder sie haben kann. Auch wenn Sie also zu den Menschen gehören, die sagen: »Ich würde gerne an Gott glauben, ich kann es aber nicht« oder auch »Gott interessiert mich nicht, der Glaube an Gott ist lächerlich«, können Sie eine gute Beziehung zu Gott aufbauen und sich damit einen Zugang verschaffen zu einer Kraft, die über Ihre eigene weit hinausgeht.

Vielleicht gehören Sie auch zu denen, die sagen: »Ich glaube an Gott und ich gehe auch in die Kirche. Ich praktiziere meinen Glauben, Gott ist wichtig in meinem Leben. Aber dass ich mich immer bedingungslos geliebt, gehalten und getragen fühle, dass mir das hilft, mich selbst bedingungslos anzunehmen, das kann ich nicht behaupten.« Auch dann kann Ihre Beziehung zu Gott noch besser werden, sodass Sie diese Kraft uneingeschränkt und konkret im Alltag spüren können.

Warum überhaupt Gott?

Wir Menschen wissen einfach so wenig: Wo kommen wir her, wo gehen wir hin, was soll das hier alles? Gibt es nur uns Menschen hier auf der Erde oder ist da noch mehr Leben im Universum? Haben wir nur dieses eine Leben und, wenn ja, warum nur? Wozu soll das alles gut sein? Schon Kinder stellen diese Fragen und können dabei sehr hartnäckig sein. Es ist eine echte Herausforderung für Erwachsene, auf diese Kinderfragen zu antworten.

Da wir so wenig wissen, füllen wir automatisch die »Leerstellen« mit Vorstellungen, Bildern, Ideen. Das haben Menschen immer schon so gemacht, und sie werden es immer tun. Wir können es nicht nicht tun. Wir müssen Antworten auf diese Fragen finden und solange wir leben, können wir niemals ganz sicher sein, ob unsere Antworten wahr sind. Unser Bedürfnis nach Antworten auf Fragen, die letztlich vermutlich nie wirklich beantwortet werden können, bildet die Grundlage für die Entstehung von Religionen.

Religionen sind Konstrukte, die das menschliche Zusammenleben regeln sollen und gleichzeitig dem Wunsch des Menschen nach Antworten entgegenkommen. Insofern haben Religionen im Laufe der Geschichte der Menschheit bis zum heutigen Tag immer eine sehr große Rolle gespielt.

 

Ich bin Psychologin und keine Religionswissenschaftlerin oder Theologin. Mein Blick auf die Welt geht immer vom einzelnen Menschen aus zum großen Ganzen. Mein Erfahrungshintergrund besteht aus vielen einzelnen Lebensgeschichten, die sich mit der Zeit zu immer größeren Bildern des Menschseins zusammensetzen. Insofern interessiert mich Religion in erster Linie unter dem Aspekt der Beziehung zu Gott, die der einzelne Mensch hat. Das hat auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen. Darauf werde ich am Ende des Buches zu sprechen kommen.

 

Für mich stellt sich die Sache also so dar: Jeder Mensch braucht Antworten auf die großen Fragen und jeder Mensch gibt sie sich im Laufe des Lebens. Diese Antworten können durchaus in unterschiedlichen Lebensphasen sehr unterschiedlich ausfallen. Das ist sogar wahrscheinlich. Für mich als Psychologin ist es nicht so bedeutsam, ob die Antworten, die mein Gegenüber für sich findet, die richtigen sind. Ich gehe davon aus, dass wir das sowieso nicht wissen können. Mir ist wichtig, wie es den Menschen mit ihren ganz persönlichen Antworten geht, wie sie sich damit fühlen. Sind diese Antworten hilfreich? Sind sie unterstützend, geben sie Mut und Zuversicht? Machen sie freundlich und liebevoll, sich selbst und anderen gegenüber? Helfen sie bei Krisen und der Heilung von Traumata? Dann halte ich diese Antworten ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes für gut. Wenn das nicht der Fall ist, empfinde ich es als meine Aufgabe, zusammen mit Menschen, die dies wollen, andere Antworten zu finden; Antworten, die das Leben besser gelingen lassen als die bisherigen.

 

Ich selbst fühle mich von einem bedingungslos liebenden Gott gehalten und getragen und die Beziehung zu diesem Gott gibt mir im Alltag viel Kraft. Ohne diese Beziehung könnte ich meine Arbeit als Psychotherapeutin nicht tun. Mit dieser Beziehung macht mir diese Arbeit sehr viel Freude und ich liebe sie.

Sollte es nach meinem Tod so sein, dass mir irgendwelche Aliens erklären, dass alles ganz anders war, als ich dachte, und dass Gott, zu dem ich all die Jahre diese herzliche Beziehung hatte, gar nicht existiert, dann kann ich immerhin antworten: »Tja, das ist natürlich blöd. Aber in all den Jahren, die ich auf Erden war und das einzige Leben gelebt habe, das ich damals kannte, hat mir diese Beziehung sehr geholfen und ich finde, das ist die Hauptsache!« Und wenn diejenigen recht behalten, die sagen, der Tod ist einfach das Ende, wir gehen ins Nichts und kriegen nichts mehr mit, dann werde ich nie erfahren, dass ich mich geirrt habe. Beides sind Möglichkeiten, die ich nicht ausschließen kann, die mich aber nicht davon abhalten, mich hier auf der Erde in einem liebenden Gott geborgen und aufgehoben zu fühlen.

 

In diesem Buch soll es nicht darum gehen, ob Gott wirklich existiert oder nicht. Ob es einen Gottesbeweis geben kann, ja oder nein. Ob und, wenn ja, welche Religion die richtige Antwort auf all die großen Fragen kennt. Das mögen interessante Themen sein, allerdings haben die Debatten darüber uns als Menschheit nicht sehr weit vorangebracht. Für das Seelenheil des Einzelnen sind diese Fragen nicht wichtig. Einzig und allein die Fragen: »Wie ist mein Gott? Hilft er mir, ist er für mich da, gibt er mir Kraft und Sinn, macht er mich freundlich und liebevoll oder nicht?« spielen eine Rolle. Und wenn Menschen durch das Gefühl, geborgen und geliebt zu sein, offener und mitfühlender werden, hat das auch gesellschaftlich günstige Auswirkungen.

 

Wir alle werden in gesellschaftliche Strukturen hineingeboren, also auch in religiöse Strukturen (zu denen ich atheistische Systeme ebenfalls zähle). Welcher Religion wir angehören oder eben auch nicht, hängt in erster Linie davon ab, in welche Familie in welchem Land wir geboren werden. Religion ist für mich unter diesem Aspekt so etwas wie die Muttersprache. Wir suchen sie uns nicht aus. Wir können auch andere Sprachen lernen, aber unsere Muttersprache wird immer ein Gefühl von Vertrautheit und Heimat in uns auslösen, selbst dann, wenn wir das Land, in dem wir diese Sprache erworben haben, aus irgendeinem Grund verlassen haben oder es vielleicht sogar ablehnen. Die Prägung bleibt. Wenn man diese Sprachanalogie noch weiter bemüht, wird deutlich, wie unglaublich absurd der Streit darüber ist, welche Religion »die richtige« ist. Die wenigsten Menschen würden darüber streiten, welche Sprache die einzig richtige in der Welt ist. Allerdings kann man sich trefflich darüber streiten, welche Sprache gesprochen werden sollte, aber das nur am Rand …

 

Ich selbst bin in die evangelisch-lutherische Religion hineingeboren. Ich bin getauft und konfirmiert. Ich bin mit 25 Jahren aus der Kirche aus- und mit 52 wieder eingetreten. Für beides gab es gute Gründe, die in diesem Buch noch zur Sprache kommen. Ich schreibe also als Christin, die sich intensiv mit der christlichen Religion auseinandergesetzt hat. Die meisten meiner Patientinnen sind auch Christinnen, auch wenn sich das zunehmend ändert. Das Christentum ist noch immer die einflussreichste Religion der Welt und hat eine starke Wirkung im Unbewussten vieler Menschen. Insofern werde ich mich, wenn es um den Einfluss der Religion auf die Beziehung des Einzelnen zu Gott geht, auf das Christentum beziehen, einfach weil ich darüber am meisten weiß. Ich gehe aber davon aus, dass auch diejenigen, die sehr wenig mit dem Christentum zu tun haben, die in eine andere Religion oder in die Religionslosigkeit hinein sozialisiert sind, das Buch mit Gewinn lesen werden. Zumindest ist das mein Wunsch.

Aufbau des Buches

Gott ist entweder ein Gott der Angst oder der Liebe. Wie er erlebt wird, hängt ganz entscheidend von Kindheitserfahrungen ab. Daher wird es im ersten Teil des Buches darum gehen, wie sich die Beziehung zu Gott entwickelt und welche Auswirkungen es hat, ob wir Gott als liebend oder als beängstigend wahrnehmen.

Im zweiten Teil geht es dann um die konkrete Veränderung der Beziehung zu Gott hin zu einem Gott, der zu einer stetigen Quelle von Unterstützung, Trost und Heilung wird.

Am Schluss werde ich einen kurzen Ausblick darauf geben, welche gesellschaftlichen Auswirkungen es hat, wenn Gott mehrheitlich als Gott der Angst angesehen wird oder als Gott der Liebe.

 

Ich habe mich anfänglich gefragt, ob ich tatsächlich das Wort »Gott« verwenden oder nicht doch lieber von einer »höheren Macht« sprechen sollte oder andere Umschreibungen verwenden. Aber es geht genau um dieses Wort. Es ist nun einmal das Wort, das Menschen am ehesten kennen und auf das sie reagieren. Auch Menschen, die Gott in ihrem Leben abgewählt haben und andere Begriffe nutzen oder sich weigern, sich damit zu beschäftigen, verbinden etwas mit dem Begriff. Das bedeutet, dass er wirksam ist, und sei es nur unbewusst. Also lohnt es sich, sich genau mit diesem Wort auseinanderzusetzen und die Wirkung, die es auf uns hat, gegebenenfalls zu verändern. Wenn Sie am Ende des Buches für sich entscheiden, dass Sie sich nun endgültig von diesem Wort verabschieden und für sich andere Begriffe finden wollen, ist das kein Problem. Denn bis dahin haben Sie Erkenntnisse darüber gewinnen können, welche unbewussten Wirkungen dieses Wort für Sie hat und ob diese Wirkungen für Sie hilfreich sind oder nicht.

 

Anregung:

Denken Sie jetzt einmal intensiv das Wort »Gott« und beobachten Sie dabei Ihre Reaktion. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie das Wort denken? Geht Ihr Herz auf, wird es weit und froh oder zieht sich eher etwas in Ihnen zusammen? Bemerken Sie gar keine Reaktion? Sind Sie wütend auf Gott, enttäuscht? Oder erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie Gott als wunderwirkend erlebt haben? Ist Gott zu groß, um sich damit zu beschäftigen? Oder empfinden Sie diese Größe als spannend? Bewerten Sie Ihre Reaktionen nicht, registrieren Sie sie nur. Diese Erfahrungen geben Ihnen bereits einen ersten Hinweis darauf, wie Ihre Beziehung zu Gott zu diesem Zeitpunkt ist.

Wie entwickelt sich die Beziehung zu Gott?

Kinder haben grundsätzlich eine gute Beziehung zu allem Geheimnisvollen und Wunderbaren. Die Welt ist für sie völlig unüberschaubar. Sie wissen, dass sie nichts wissen, und sie wissen, dass sie Hilfe benötigen. Sich jemandem anzuvertrauen, der klüger und weitsichtiger ist als sie selbst, ist für sie eine Überlebensnotwendigkeit. Diese Ansprechpartner sind in den meisten Fällen die Eltern oder, wenn diese es aus irgendwelchen Gründen nicht sein können, andere Erziehungsberechtigte. Für das Kind sind die Eltern allwissend und unfehlbar, und damit sind die Eltern für das Kind sehr gottähnlich. In jeder Familie gibt es normalerweise eine Person, die die »gottähnlichste« ist, also die Person mit der höchsten Autorität. Bei einigen Menschen ist das die Mutter, bei anderen der Vater. In Großfamilien kann es auch ein Großvater, eine Großmutter oder sonst ein Familienmitglied sein, eben das »Familienoberhaupt«. Diese Person scheint die weiseste zu sein, die, die am besten weiß, wo es langgeht, und die deswegen auch die wichtigsten Entscheidungen trifft. Diese Person zufriedenzustellen und von ihr akzeptiert zu werden, ist für alle Familienmitglieder sehr wichtig. In religiösen Familien steht von Anfang an fest, dass über der höchsten Autorität in der Familie noch eine höhere Macht steht, eine, die von niemandem angefochten werden kann, nämlich Gott. Kinder in religiösen Familien lernen, dass sich jeder Mensch, egal wie groß seine Autorität sein mag, der Macht Gottes beugen muss, dass Gott die Dinge letztendlich regelt und nicht der Mensch.

 

In nicht religiösen Familien merkt das Kind ebenfalls irgendwann, dass auch die mächtigste Person noch andere Autoritäten über sich hat, dass auch diese Person nicht unfehlbar und nicht völlig unabhängig ist. Wenn zum Beispiel in einer Familie ein Familienmitglied sehr krank wird oder stirbt, wird das Kind zunächst sehr verwundert darüber sein, dass das Familienoberhaupt daran nichts ändern kann. Vielleicht fragt es sogar, warum denn keiner, auch die klügste und mächtigste Person in der Familie, etwas dagegen tut. In einer solchen Situation hört das Kind möglicherweise das erste Mal von einer Macht, die höher ist als die Macht der Menschen, die es kennt. In vielen Familien wird spätestens jetzt zum ersten Mal Gott erwähnt. Vielleicht werden aber auch andere Erklärungen gegeben wie: »So ist das Leben nun mal, das gehört zur Natur des Menschen«. Dann wäre die höchste Autorität das Leben oder die Natur, vielleicht in einer sehr naturwissenschaftlich orientierten Familie auch die Naturgesetze.

 

Egal, wo und wie das Kind aufwächst: Es erfährt früher oder später, dass es Kräfte gibt, die über die menschlichen Möglichkeiten der Eltern und anderer Erwachsener hinausgehen.

Wie das Kind sich diese höchste Macht vorstellt und welche Beziehung es dazu entwickelt, hängt stark davon ab, wie die Beziehung zum mächtigsten Menschen im Leben des Kindes ist. Das Kind mag zwar erfahren, dass es etwas gibt, das mächtiger ist als beispielsweise der Vater. Dennoch wird es ihm schwerfallen, sich diese Kraft ganz anders vorzustellen als den Menschen, den es als höchste Autorität erlebt. Insofern wird die höchste Macht in der Vorstellung des Kindes sehr viel Ähnlichkeit mit dem Familienoberhaupt haben. Genau so, nur noch viel weiser, größer und mächtiger. In der christlichen Religion zeigt sich das sehr deutlich in der Verwendung des Wortes »Vater« als Synonym für Gott.

 

Anregung:

Wer war in Ihrer Familie das Familienoberhaupt? Wer hatte die höchste Autorität? War für Sie als Kind von vornherein klar, dass über diesem Menschen noch eine höhere Macht stand, und wie wurde diese bezeichnet? Wenn Sie erst im Laufe der Zeit verstanden haben, dass das Familienoberhaupt nicht allmächtig ist, wie und in welcher Situation haben Sie das erfahren? Und welche Erklärung gab es dafür oder welche Erklärung haben Sie sich selbst als Kind dafür gegeben?

Bedingungslose und bedingte Liebe

Um genauer zu verstehen, welche Beziehung ein Kind zu der höheren Macht aufbaut und wie es sich darin erlebt und fühlt, müssen wir die Entwicklung von Kindern etwas genauer beleuchten.

Wenn ein Kind auf die Welt kommt, ist es vollkommen hilflos und noch überhaupt nicht in der Lage, irgendwelche Erwartungen oder Bedingungen, die die Eltern stellen, zu erfüllen. Es ist einfach da und braucht Liebe. Diese Liebe muss naturgemäß bedingungslos sein. Das Kind kann sich diese Liebe nicht verdienen, sie ist da oder nicht. Wenn sie fehlt, kann das Kind nichts dagegen tun. Wir Menschen sind glücklicherweise so gemacht, dass wir kleinen Kindern sehr selbstverständlich diese bedingungslose Liebe geben. Sie fließt beim Anblick eines kleinen Kindes einfach so aus uns heraus. Insofern fällt es psychisch gesunden Menschen üblicherweise nicht schwer, ein Baby bedingungslos zu lieben. Und das ist segensreich, denn wenn ein Baby diese Liebe nicht bekommt, wird es sterben. Das klingt jetzt vielleicht etwas dramatisch, aber es ist tatsächlich so. Wenn Kinder nur Nahrung und Obdach bekommen, aber nie in den Arm genommen oder liebevoll angesprochen werden, sterben sie. So wichtig ist für das »soziale Tier« Mensch die Verbindung zu anderen Menschen. Schon im 13. Jahrhundert musste der Stauferkaiser Friedrich II. diese Erkenntnis gewinnen, als er Kinder vollständig isolierte und nur ihre körperlichen Bedürfnisse erfüllen ließ. Er wollte herausfinden, welches die »Ursprache« der Menschen ist, die diese sprechen würden, wenn sie von niemandem Ansprache erhielten. Es kam aber gar nicht erst so weit, dass die Kinder sprechen lernten, denn sie starben schon vorher aufgrund des Mangels an Zuwendung.

 

Wenn ein Kind älter wird, erlebt es, dass die Eltern es für ein bestimmtes Verhalten loben, bei anderem ablehnend reagieren. Es erfährt also, dass es selbst einen gewissen Einfluss auf die Reaktion der Eltern hat. Das Kind lernt, Bedingungen zu erfüllen und dann bedingte Liebe zu erfahren. Diese Liebe kann es sich verdienen. Wenn sie fehlt, kann das Kind zumindest versuchen, sie zu erlangen, indem es sich anpasst, sich anstrengt, alles tut, um die Erwartungen, die an es gestellt werden, zu erfüllen.

 

Im günstigsten Fall verläuft die Entwicklung eines Kindes so, dass es zunächst ganz viel bedingungslose Liebe erhält, in die nach und nach immer mehr bedingte Liebe »hineingemischt« wird. Das Kind wird sich bemühen, die Bedingungen zu erfüllen, aber das wird ihm natürlich nicht immer gelingen. Und nun ist es sehr wichtig, dass das Kind, wenn ihm etwas misslingt, wieder auf die bedingungslose Liebe zurückgreifen kann. Dass es weiß: »Es ist wichtig, dass ich mich bemühe, dass ich tue, was man von mir erwartet, aber wenn es nicht möglich ist, dann bin ich immer noch geliebt. Ich kann zwar zwischenzeitlich die bedingte Liebe der Eltern oder anderer wichtiger Personen verlieren, aber niemals die bedingungslose Liebe.« Ein Kind, das das weiß, fühlt sich im Leben sicher und geborgen. Es wird sowohl bereit sein, sich zu bemühen als auch mutig Fehler und Niederlagen zuzulassen. Das Kind kann sich frei entfalten.

 

Damit ein Kind diese Gewissheit der bedingungslosen Liebe erhält, ist es entscheidend, dass die Eltern oder andere Erziehungspersonen, wenn sie das Kind kritisieren, das Verhalten des Kindes infrage stellen und niemals die Person! Kinder wissen, dass sie nicht alles richtig machen und dass sie viel lernen müssen. Dass sie korrigiert und angeleitet werden, ist für sie selbstverständlich. Sie wollen es sogar. Aber wenn statt des Verhaltens die Person des Kindes angegriffen wird, kann das Kind sich nicht mehr geliebt fühlen. Wenn es hört: »Du bist dumm, du taugst nicht, du bist faul, du bist frech« oder welche Aussagen über die Person auch immer, dann empfindet sich das Kind selbst als falsch und nicht nur sein Verhalten. Und sich anders zu verhalten, das kann ein Kind lernen, anders zu sein jedoch nicht.

 

Die Gewissheit, bedingungslos geliebt zu sein, ist die wichtigste Quelle der Kraft im Leben. Ohne sie geht es nicht oder zumindest nicht gut. Ganz ohne geht es tatsächlich gar nicht. Jeder Mensch, der lebt, hat also irgendwann einmal die Erfahrung bedingungsloser Liebe gemacht, er wäre sonst schlicht und ergreifend nicht mehr da. Aber diese Erfahrung kann sehr brüchig sein, eher wie ein kleines Rinnsal, das das Überleben garantiert, und kein steter Fluss, an dem man jederzeit seinen Durst stillen kann.

Jede Mutter, jeder Vater liebt im tiefsten Inneren das eigene Kind bedingungslos. Das ist gar nicht anders möglich. Das heißt aber leider nicht, dass die Eltern diese Liebe auch immer wahrnehmen, und schon gar nicht, dass sie sie immer ausdrücken können. Eltern sind eben auch nur Menschen und das heißt, sie fühlen sich auch nicht immer gut, sind nicht immer mit sich und der Welt im Reinen, wissen – anders als das Kind annimmt – manchmal überhaupt nicht weiter. Und wenn dann das Kind Erwartungen nicht erfüllt, dann kann es für die Eltern sehr schwer sein, dem Kind die bedingungslose Liebe zu zeigen. Dazu kommt, dass Kinder das Verhalten von Eltern sehr leicht missverstehen können und dann Reaktionen auf sich beziehen, die gar nichts mit dem Kind selbst zu tun haben.

Ein Patient von mir hatte zum Beispiel einen Vater, der bei der Heimfahrt von seiner Arbeit immer mit einem Kollegen zusammen fuhr, der den Vater häufig herabwürdigte. Wenn der Vater dann nach Hause kam, war er oft ärgerlich und gereizt und reagierte ungeduldig auf die ganz normalen Lebensäußerungen der Kinder. Das führte dazu, dass der Patient glaubte, dass er es seinem Vater nie recht machen könne und dass sein Vater ihn eben nicht bedingungslos liebte. Hätte man den Vater dazu befragt, hätte er mit Sicherheit gesagt: »Oh nein, wie kommen Sie denn darauf, dass ich meinen Sohn nicht geliebt habe? Er war ja mein großer Lichtblick am Abend nach der Arbeit. Meine Kinder waren und sind das Wichtigste in meinem Leben. Ich könnte gar nicht aufhören, meine Kinder zu lieben, egal, was sie tun!«

 

Wenn Sie selbst Kinder haben, dann können Sie eine solche Aussage sicher gut verstehen. Ich vermute, es geht Ihnen genauso. Sie könnten gar nicht aufhören, Ihre Kinder zu lieben, ganz egal, was sie tun. Das ist die bedingungslose Liebe. Sie wissen um diese Liebe, aber Sie können nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass Ihre Kinder ebenfalls darum wissen.

 

Natürlich gibt es auch Eltern, die ihre Kinder tatsächlich ablehnen und ihnen das auch immer wieder sagen. Üblicherweise war die Geburt des Kindes in solchen Fällen eben kein Anlass zur Freude, sondern führte zu Konflikten, Leid und Schmerz. Vielleicht weil das Kind unehelich geboren wurde (was heute glücklicherweise meistens kein Problem mehr darstellt), sich die Mutter zu jung fühlte, depressiv war, das Elternpaar eigentlich gar nicht zusammenbleiben wollte, das Geld nicht reichte oder was auch immer. In allen Fällen lag die Ablehnung des Kindes durch die Eltern nicht im Kind selbst begründet! Die Eltern projizieren ihre unangenehmen Gefühle im Zusammenhang mit der Geburt des Kindes auf das Kind. Mit dem Kind selbst ist aber immer alles in Ordnung. Das allerdings kann es nicht wissen und es wird sich eben nicht bedingungslos geliebt fühlen.

 

Wie hängt die Wahrnehmung der bedingungslosen Liebe der Eltern mit der Beziehung zu Gott zusammen? Ich habe beschrieben, dass für Kinder Gott sehr große Ähnlichkeit mit der höchsten Autorität im Familiensystem hat. Ob ein Kind sich von diesem mächtigsten Familienmitglied bedingungslos geliebt gefühlt hat oder nicht, wird entscheidend mitbestimmen, ob das Kind Gott als bedingungslos liebend wahrnehmen kann oder nicht. Darum ist die Frage, wie Sie die höchste Autorität in Ihrer Familie erlebt haben, so bedeutsam. Sie beeinflusst unbewusst Ihr Bild von Gott und damit Ihre Beziehung zu ihm.

Damit Gott eine echte Kraftquelle sein kann und damit Sie Gott in Ihrem Leben segensreich nutzen können, sich in Gott geborgen, von ihm getragen und gehalten fühlen können, müssen Sie davon ausgehen können, dass Gott Sie bedingungslos liebt. Alles andere funktioniert nicht.

 

Wenn Menschen als Kind oder auch heute noch die höchste menschliche Autorität in ihrem Leben als nicht bedingungslos liebend wahrnehmen, dann können wir davon ausgehen, dass es ein Problem in ihrer Beziehung zu Gott gibt. Es ist für Menschen außerordentlich schwierig, diese beiden Beziehungen voneinander zu trennen. In unserem Inneren verschmelzen sie oft regelrecht miteinander. Erwachsene können diese Trennung sehr wohl vornehmen, aber sie müssen dies bewusst tun. Und den meisten Menschen ist gar nicht klar, wie sehr sie noch immer von der unbewussten Verschmelzung ihres Bildes ihrer Eltern und ihres Bildes von Gott bestimmt werden. Insofern setzen sie sich so gut wie nie mit diesen alten Einflüssen auseinander.

Wenn Sie ein Interesse daran haben, Ihre Beziehung zu Gott zu verändern, dann können Sie sich jetzt daranmachen, diese beiden Bilder voneinander zu lösen.

Vorher schauen wir uns aber noch an, welche Auswirkungen es auf das gesamte Leben hat, wenn der Mensch sich nicht bedingungslos geliebt weiß. Denn dann kommt das Gefühl der Trennung und damit die existenzielle Angst ins Spiel.

 

Anregung:

Wie haben Sie die höchste menschliche Autorität in Ihrem Leben erlebt? Haben Sie sich von ihr bedingungslos geliebt gefühlt oder hatten Sie Angst, diese Liebe verlieren zu können? Wie sehr haben Sie sich von dieser Autorität verstanden und unterstützt gefühlt? Wurde in Ihrer Familie das Verhalten kritisiert oder gleich die ganze Person? Welche Situationen haben gegebenenfalls dazu geführt, dass Sie an der bedingungslosen Liebe gezweifelt haben oder eventuell heute noch daran zweifeln?

Angst versus Liebe