Von Bierkrügen und Giftmorden - Cecily von Hundt - E-Book

Von Bierkrügen und Giftmorden E-Book

Cecily von Hundt

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  • Herausgeber: Midnight
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Der zweite Fall für Hobbydetektivin Lorie Pfeffer Nachdem die Lokalredakteurin Lorie Pfeffer den Mordfall um eine Moorleiche für den Ebershausener Boten aufgeklärt hat, erfreut sie sich in der Kleinstadt aufregender Berühmtheit. Doch dann wird es wieder still um sie, und Lorie langweilt sich mit ihren Artikeln für den Gartenklub und ein Jubiläum der reichen Bierbrauer-Familie Berchberger aus Dachau. Das unfreundliche Familienoberhaupt, Otto Berchberger, macht ihr bei den Recherchen besonders zu schaffen. Als Otto nach der großen Jubiläumsfeier tot aufgefunden wird, stürzt sich Lorie geradezu in den neuen Fall. Doch es stellt sich heraus, dass der Mann viele Feinde hatte. Und während Lorie ungewollt die Geheimnisse der Familie aufdeckt, gerät sie selbst in Gefahr. Von Cecily von Hundt sind bei Midnight by Ullstein erschienen: Von Mistgabeln und Morrleichen (Lorie Pfeffer ermittelt 1) Von Bierkrügen und Giftmorden (Lorie Pfeffer ermittelt 2) Die Cavensish-Villa Das letzte Geständnis

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Von Bierkrügen und Giftmorden

Die Autorin

Cecily von Hundt, geboren 1974 in Düsseldorf, studierte Bibliothekswesen in Potsdam und arbeitete als freie Journalistin für BILD Berlin und die Süddeutsche Zeitung. 2004 eröffnete sie in Berlin Mitte den Buchladen Hundt, Hammer Stein. Sie lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in der Nähe von München.

Das Buch

Der zweite Fall für Hobbydetektivin Lorie PfefferNachdem die Lokalredakteurin Lorie Pfeffer den Mordfall um eine Moorleiche für den Ebershausener Boten aufgeklärt hat, erfreut sie sich in der Kleinstadt aufregender Berühmtheit. Doch dann wird es wieder still um sie, und Lorie langweilt sich mit ihren Artikeln für den Gartenklub und ein Jubiläum der reichen Bierbrauer-Familie Berchberger aus Dachau. Das unfreundliche Familienoberhaupt, Otto Berchberger, macht ihr bei den Recherchen besonders zu schaffen. Als Otto nach der großen Jubiläumsfeier tot aufgefunden wird, stürzt sich Lorie geradezu in den neuen Fall. Doch es stellt sich heraus, dass der Mann viele Feinde hatte. Und während Lorie ungewollt die Geheimnisse der Familie aufdeckt, gerät sie selbst in Gefahr.

Von Cecily von Hundt sind bei Midnight by Ullstein erschienen:Von Mistgabeln und Morrleichen (Lorie Pfeffer ermittelt 1)Von Bierkrügen und Giftmorden (Lorie Pfeffer ermittelt 2)Die Cavensish-VillaDas letzte Geständnis

Cecily von Hundt

Von Bierkrügen und Giftmorden

Ein Bayern-Krimi

Kriminalroman

Midnight by Ullsteinmidnight.ullstein.de

Originalausgabe bei MidnightMidnight ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinDezember 2018 (1)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018Umschlaggestaltung:zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95819-242-3

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

Leseprobe: Von Mistgabeln und Moorleichen

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Cover

Titelseite

Inhalt

Prolog

Prolog

Anneliese

Er führte das Glas Wasser zum Mund. Sie beobachtete fasziniert, wie sich seine dünnen, harten Lippen öffneten und sich ein gelblicher Schleimfaden zwischen seinem Ober- und Unterkiefer spannte. Mit seiner anderen, knochigen Hand nahm er die Tablette und legte sie auf seine Zunge, seine Fingernägel schlugen dabei gegen die porösen Zähne. Das jahrelange Zigarrenrauchen hatte sie gelb und stumpf werden lassen. Er trank einen kräftigen Schluck, und sein dicker Adamsapfel hüpfte auf und nieder. Sie nahm das Glas ungeschickt aus seiner Hand, sodass ein Rest Wasser über seine Hose lief.

Er spannte sich an, sammelte Kraft, um sie zurechtzuweisen, wie er es immer tat, aber er verschluckte sich, und röchelnd beugte sein starker Oberkörper sich nach vorne.

Sie reagierte nicht, seine quälenden Bewegungen waren wie Balsam für ihre Seele, eine Stimmung von Hoffnung und Befriedigung lag in der Luft. Aber sein blaues Gesicht hatte wieder eine leicht rosige Färbung angenommen, und sie klopfte ihm schließlich leicht zwischen die Schulterblätter, ein kläglicher und viel zu später Versuch, ihm zu helfen. Er lehnte sich in den Stuhl zurück, der Hustenanfall schien ihn geschwächt zu haben, für einen Moment zumindest. Seine geschlossenen Augenlider waren von roten Äderchen durchzogen, und auf seinem kantigen Gesicht mit der groben Nase waren die Spuren heftiger Trinkgelage abzulesen.

Einen Moment verharrte er so, dann öffneten sich seine Augen mit einem Ruck, und sein stechender Blick ließ keine Anzeichen von Schwäche erkennen, im Gegenteil. Seine Augen waren hell, kalt. Sie erschrak, als sie in der Stille des Schlafzimmers seine schnarrende Stimme hörte.

»Nun«, sagte er schneidend und hob den Kopf ein Stück höher. »Auf geht’s!«

1. Kapitel

Jaaaa, das war schon besser. Lorie streckte sich ein wenig und ließ den linken Arm an der Liege entlang weiter hinunterrutschen. So kam der Masseur besser an den oberen Nacken heran. Jetzt tat zwar die rechte Schulter weh, aber sie wollte den armen Mann nicht völlig aus der Fassung bringen.

»Kraft gut?« Er hatte eine komisch säuselnde Stimme, irgendwas zwischen honigsüß und türkischem Basar.

»Wie bitte?« Lorie konnte ihren Kopf kaum heben, der Masseur drückte ihr Kreuz so kräftig in die Liege, dass ihr Gesicht in den sogenannten Auflagering gequetscht wurde. Sie hatte das Gefühl, ihr würden die Augen aus dem Kopf quellen.

»Ob Kraft so gut?«, zwitscherte er wieder und drückte noch einmal so kräftig zu, dass Lorie vor Schmerz aufstöhnte.

»Bisschen fest …«, murmelte sie, kaum verständlich, weil sie ein Stück Handtuch im Mund hatte.

»Gut, macht gerne bisschen fester!«, flötete es über ihr, und Lorie brach der Schweiß am ganzen Körper aus. Sie hatte doch gewusst, dass das eine ganz schlechte Idee gewesen war. Eigentlich hätte sie sich im Moment auf der anderen Seite der Weltkugel befinden sollen, mit einer gekühlten Margarita oder Rum-Cola oder was man auf Kuba als mit Sonnencreme eingeölte und zufriedene Touristin eben so trank. Aber nein, es war natürlich wieder etwas dazwischengekommen.

Den Traumurlaub hatte Ferdinand ihr zum letzten Weihnachtsfest geschenkt, nachdem sie selbst knapp dem Tode entkommen war und Ferdinand in letzter Sekunde aus dem Knast befreit hatte. Mithilfe ihrer Freundin Hanne und Töchterchen Sophie hatte sie einen Mordfall im Dachauer Hinterland aufklären können.

Ihr Flieger war gestern, vollgestopft mit strahlenden und mit Vorfreude erfüllten Touristen, pünktlich gen Sonne gestartet. Lorie hatte den Start auf ihrem iPad verfolgen können – hoch lebe das Internet! – inklusive heftigem Schneetreiben vor ihrem heimatlichen Wohnzimmerfenster. Aber eben ohne sie im Flieger. Ohne Ferdinand, Lorie und Sophie. Sophie hatte es gelassen hingenommen, die Vorstellung, drei Wochen am Stück mit ihren Eltern ohne eine Fluchtmöglichkeit auf einer Insel in weiter Ferne gefangen zu sein, war ihr sichtlich unheimlich gewesen. Ferdinand, der Verursacher der geplatzten Reise, hatte leichtes Bedauern geäußert, aber das war schon alles gewesen. Aber ihr, ihr hatte es das Herz gebrochen.

Sie hatte sich so gut gefühlt, bevor es losgehen sollte. Ein Ticket gen Sommer in der Tasche und ein Mordfall, den sie, Lorie Pfeffer! – ihres Zeichens leicht übergewichtige Hausfrau und bekennender Krimi-Junkie – beinahe im Alleingang gelöst hatte.

»Dann bekommt dein Käseteint ja mal richtige, echte Südseesonne ab!«, hatte ihre Freundin Hanne bemerkt, deren Pigmentierung aufgrund Daueraufenthalts im karibischen Süden schon auf Dunkelbraun umgestellt war. »Pass auf, dass du keinen anaphylaktischen Schock bekommst!«

Zu dem Zeitpunkt hatte Lorie das noch witzig gefunden. Jetzt, auf der schwitzigen Massageliege in der völlig überheizten Erdinger Therme unter Anatols öligen Fingern, war Lorie plötzlich nachtragend. Ferdinand hatte ihr mit waidwundem Blick eine Wochenkarte für die Therme in die Hand gedrückt, nachdem er damit herausgerückt war, dass leider, leider, genau zu der Zeit, in der sie hatten fliegen wollen, der größte Ärztekongress auf dem Gebiet der Chirurgie und Ästhetik in München angesetzt worden war. Selbstverständlich würden sie die Reise nachholen, sobald er wieder Luft in seinem Kalender hätte. Was, realistisch betrachtet, niemals sein würde, das wusste Lorie. Zumindest nicht, bevor sie das Rentenalter erreicht hatten.

Mittlerweile konnte Lorie den unteren Teil ihrer Beine nicht mehr spüren, und ihr tat der Rücken mehr weh als vorher. Außerdem war sie so schrecklich müde. Eine Müdigkeit, die sich nicht allein auf Schlafmangel zurückführen ließ. Die prickelnde Welle der Energie, die in der Weihnachtszeit und auch noch eine Weile danach durch ihren Körper gefegt war, war verebbt. Irgendwo zwischen der grauen Februarkälte und den ersten Schoko-Osterhasen im Supermarkt war sie ihr verloren gegangen.

Dabei war es ihr nach Weihnachten so gut gegangen wie schon lange nicht mehr. Der neue Job in der Redaktion hatte sie beflügelt. Als Reporterin des Ebershausener Boten hatte sie eine erschütternde Mordserie aufdecken können. Wie hatte Soferl, die neue Redaktionssekretärin, gestaunt! »Sie sind DIE Lorie Pfeffer, die die Moorleiche im Dachauer Moor der Polizei geradezu auf dem Präsentierteller serviert hat!«

Wie gut hatte ihr diese offensichtliche Bewunderung und Anerkennung getan. So war sie mit stolzgeschwellter Brust und mindestens einem Kuli zu Versammlungen der örtlichen CSU, zur Einweihung des neuen Schwimmbads und den Vorlesewettbewerben der Drittklässler der Grundschule Dachau erschienen. Jeder kannte sie, seit sie mit ihrer Recherche der Mordkommission von Dachau hatte helfen können. Selbst der Bürgermeister fragte nicht mehr nur nach ihrem Mann Ferdinand, sondern hatte sich sogar mit ihr fotografieren lassen, und sie hatte von der Polizei einen riesengroßen Blumenstrauß überreicht bekommen. Jeder wollte ihr bereitwillig für den Ebershausener Boten ein Interview geben, egal wo sie auftauchte. Sie hatte sogar abgenommen, vier Kilo! Vor lauter Arbeit war sie teilweise nicht zum Essen gekommen oder hatte so viel um die Ohren gehabt, dass sie gar kein Hunger aufkam. Das war ihr vorher in ihrem gesamten Leben noch nicht passiert!

Aber dann hatte es irgendwann nachgelassen. Sogar Ferdinand war nicht mehr so begeistert von ihrem Job als Lokalredakteurin, vielleicht weil er es schlichtweg nicht gewohnt war, dass seine Lorie sich um etwas anderes kümmerte als um ihn und Sophie natürlich. Auch Lorie war sich hin und wieder nicht so sicher, ob sie auf dem richtigen Lebensweg war.

Sie seufzte laut in ihr Handtuch.

»Zu fest?« Anatols besorgte Stimme riss sie aus ihren Grübeleien.

»Nein, alles gut«, brummte Lorie in ihr Handtuch, obwohl sie sich fühlte wie ein durchgekneteter Brotlaib. Aber selbst jetzt konnte sie nicht für sich einstehen.

Die altbekannte Erschöpfung war ihr im Laufe der letzten Wochen mehr und mehr in den Körper gekrochen, die Termine, zu denen Heinz Fleischmann, ihr Chefredakteur, sie hinschickte, waren langsam Routine geworden, und es guckte auch niemand mehr bewundernd, wenn sie den Raum betrat. Sie war einfach wieder Lorie Pfeffer, und auch wenn sie die Waage mit Missachtung strafte, hatten die Hosen wieder an den üblichen Stellen zu zwicken begonnen.

»So, fertig!« Anatol klatschte neben ihrem Ohr so laut in die Hände, dass Lorie zusammenzuckte. Fragte sich nur, wie sie sich jetzt wieder von dieser Liege und aus dieser Position hochhieven sollte.

Aber ehe sie sich versah, hatte der Masseur Lorie mit einem lauten Schnaufer auf die Seite gerollt und am Arm nach oben gezogen. Vielleicht hatte er eine Umschulung hinter sich. Seine engagierten Bewegungen erinnerten Lorie verdächtig an den Klempner, der sich letzte Woche ihrer Spüle angenommen hatte.

»Gut?«, fragte er strahlend und tätschelte Lories Oberarm.

»Gut«, sagte Lorie erleichtert und suchte in ihrer Mundhöhle mit der Zunge nach verbliebenen Handtuchfäden.

»Fantastik!« Anatol strahlte und tätschelte ihr mütterlich und mit der Grazie eines britischen Hockey-Kumpels den Oberarm. »Morgen wieder? Freue mich!«

2. Kapitel

Oh, oh. Diesen Ausdruck kannte Lorie nur zu gut. Und sie konnte nicht behaupten, dass sie ihn mochte. Wenn Ferdinand jetzt noch die Stirn in Falten legte und so komisch mit dem Kopf hin und her wackelte, dann war es Zeit, sich in Sicherheit zu bringen.

»Liebling?«, fragte Ferdinand und wackelte mit dem Kopf hin und her. Na toll.

»Jaaa?« Lorie guckte unwillig von ihrem Krimi hoch und versuchte vorsichtig, den schmerzenden Nacken zu bewegen. Anatol würde sie jedenfalls so schnell nicht wieder in seiner Folterkammer zu Gesicht bekommen, so viel stand fest.

Jetzt war Ferdinands Gesichtsausdruck von leicht scheinheilig zu mutlos gewechselt, und sie konnte seine Nervosität förmlich riechen.

»Ferdinand, was genau willst du mir sagen?« Lorie kannte ihren Ehemann nun schon seit über zwanzig Jahren. Irgendwie war es ja rührend, dass er immer noch dachte, er könnte ihr etwas vormachen, deshalb ließ sie ihn gerne ein bisschen zappeln. Was jetzt kommen würde, würde allerdings weniger schön werden.

»Hm«, murmelte ihr liebenswerter Ehemann, seines Zeichens Chef einer der renommiertesten Kliniken auf dem Gebiet der Orthopädie und Plastischen Chirurgie im Münchner Umland, was man ihm allerdings im Moment nicht wirklich ansah.

»Hm, was? Soll ich jetzt etwa raten?«

Ferdinand fuhr sich durch sein leicht schütteres Haar und atmete einmal tief ein und aus.

»Ich dachte«, sagte er schließlich und blickte seiner Frau tapfer in die Augena, »da wir ja eine sich sehr liebende und zusammenhaltende Familie sind …« Er stockte einen Moment und sah Lorie fragend an, als wollte er sagen: zu dick aufgetragen? »Und ähm, Sophie Adelheids einzige Enkeltochter ist, wäre es vielleicht ganz schön, wenn meine Mutter bei uns ihren runden Geburtstag feiern würde.«

Da war es. Lorie schloss kurz die Augen und seufzte einmal innerlich auf.

»Was ist passiert?«

»Passiert?« Ferdinand versuchte unschuldig zu gucken und blinzelte dabei nervös.

»Du kannst mir nicht ernsthaft erzählen, dass es deine Idee war, hier zu feiern. Also, was ist passiert?«

»Spielt das denn eine Rolle? Sie ist meine Mutter, da kann ich ja wohl schlecht Nein sagen, oder?«

Lorie seufzte erneut. So erleichtert sie auch war, dass ihre Eltern vor vier Jahren ihr kleines Haus in Krefeld verkauft hatten und an die Côte d’Azur in eine winzige Wohnung gezogen waren und jetzt immerhin tausend Kilometer Sicherheitsabstand zwischen ihnen und Lorie lagen. Manchmal wäre sie doch froh, wenn sie sich in Bayern blicken lassen würden, nur so zum Ausgleich. Und nur theoretisch natürlich, versteht sich.

»Sie hat sich wieder mit irgendjemandem gestritten, richtig?«

Ferdinands Mutter Adelheid war nach dem Tod ihres Mannes vor zweieinhalb Jahren ins betreute Wohnen gezogen, aber nun gab es regelmäßig Knatsch mit ihren Mitbewohnern. Immer mal wieder mussten Ferdinand und Lorie zwischen den Damen und Herren schlichten und einen brüchigen Frieden herstellen, der aber nie lange anhielt. Das war mühsam und kostete viel Zeit.

»Hm, hm.«

»Worum ging es diesmal?«

Aber Ferdinand kam, wie so häufig, um eine klare Antwort herum, denn just in dem Moment polterte Sophie die Treppe herunter.

»Aufgehoben ist nicht aufgeschoben!«, murmelte Lorie – ganz im Sinne ihrer sprichwörtererprobten Schwiegermama –, um sich dann ganz auf ihre Tochter zu konzentrieren. Sophie hatte Perle in ihrem Schlepptau, die übergewichtige Dackeldame, die Lorie im letzten Winter von ihrer Freundin Hanne, genauer gesagt von deren Putzfrau, die auf Nimmerwiedersehen nach Tunesien verschwunden war, geerbt hatte. Sophie ließ sich auf einen freien Esszimmerstuhl fallen und starrte ihre Eltern auffordernd an. Perle fiel asthmatisch keuchend zu Sophies Füßen nieder, rollte sich zu einer dicken Wurst zusammen und schlief augenblicklich ein. Der Weg vom Kinderzimmer zum Esszimmer hatte sie sichtlich erschöpft.

»Was gibt‘s zum Frühstück?«

Irrte Lorie sich, oder hatte Sophie ihre Augenbrauen mit einem kohlschwarzen Augenbrauenstift nachgezogen? Wie bitte, mit fünfzehn Jahren? Die Augenbrauen sahen aus wie schwarze eckige Tesastreifen.

»Guten Morgen erst mal, ja danke, wir haben ebenfalls gut geschlafen«, sagte Lorie vorwurfsvoll und starrte weiterhin irritiert die eigentlich wohlgeformten Augenbrauen ihrer Tochter an.

»Ja, auch, was gibt‘s zum Frühstück?«, wiederholte die.

»Das, was auf dem Tisch steht«, ließ sich Ferdinand hinter seiner Zeitung vernehmen, hinter die er sich gerettet hatte.

Sophie verschränkte die Arme vor der Brust und wippte mit dem Fuß auf und ab.

»Ich esse keinen Schinken«, verkündete sie feierlich.

»Dann iss Leberwurst«, sagte Lorie und angelte sich ein Stück Salami vom Teller. Sie hatte gestern noch einkaufen wollen, aber sie hatte sich mit ihrer Nachbarin und Freundin Hanne verquatscht. Genauer gesagt hatte sie sich bei ihr über das langweilige Leben in ihrem noblen Villenort vor den Toren Münchens ausgeheult. Dabei durfte sie sich eigentlich nicht beschweren, immerhin war es ihre Idee gewesen, hier rauszuziehen.

Wenn sie ehrlich war, war sie sich manchmal nicht ganz sicher, ob das tatsächlich eine gute Idee gewesen war. Sie fühlte sich hier wie ein leicht übergewichtiges Alien, das auf dem falschen Planeten gelandet war, auf dem alle Kleidergröße vierunddreißig trugen und derart glatte Stirnen hatten, dass man sich darin spiegeln konnte. Und irgendwie schienen auch alle glücklich in ihrer kleinen Welt, in der sie vom Yogakurs zur Montessorischule zu Charitykonzerten und wieder zurück pendelten. Immer perfekt gestylt, mit duftigen, frisch gelegten Haaren, eine Frau perfekter als die andere.

Na ja, eben fast alle. Mit Ausnahme von Estelle Panopolis, die mit Ehemann und Tochter eine faszinierend scheußliche, in Eigenregie erbaute griechische Villa den Pfeffers gegenüber bewohnte und einen Tick zu dunkelhäutig war, um bei den Ladys der Umgebung mitspielen zu dürfen. Und Lories Freundin Hanne eben, der dieses ganze Theater herzlich egal war und die genug Geld hatte, um trotzdem immer und überall eingeladen zu werden.

»Gibt’s keinen Käse?«, riss Sophie sie aus ihren Gedanken.