Vor meinen Augen - Alice Kuipers - E-Book

Vor meinen Augen E-Book

Alice Kuipers

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Beschreibung

19 Minuten – und nichts ist mehr so, wie es war Das Haus kommt ihr zu groß vor, der Schultag zu lang, das Licht zu hell. Manchmal dreht sich alles und Sophies Hände werden schweißnass. Und was in aller Welt hat sie jemals mit Abigail verbunden? Ihre beste Freundin hat nur noch Partys und Jungs im Kopf und ist Sophie mit einem Mal furchtbar fremd. Verbunden fühlt sich Sophie dagegen mit der neuen Mitschülerin Rosa-Leigh. Sie schreibt Gedichte und genießt es, anders zu sein. Aber wie soll Sophie ihr näherkommen – ohne über den schrecklichen Tag zu reden? Den Tag, der alles veränderte ... Poetisch und mit großer Sensibilität hat Alice Kuipers, Autorin des Bestsellers ›Sehen wir uns morgen?‹, Sophies Geschichte umgesetzt. Fast wie in einem Krimi, erfährt der Leser durch Sophies Tagebuch nur Stück für Stück die furchtbare Wahrheit.

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Seitenzahl: 252

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Alice Kuipers

Vor meinen Augen

Aus dem Englischen von Angelika Eisold Viebig

Fischer e-books

Für meinen Bruder, seine Frau und deren Tochter

Dann fielen Fenster aus – und dann

Schwand mir zum Sehn die Sicht – Emily Dickinson

1Die Äste der Bäume Nackt stehen sie da

Sonntag, 1. Januar

Ich blicke auf die Worte hinab, sie sind schwarz wie Tintenspinnen, und ich betrachte die Netze, die sie weben. Es hat etwas Befriedigendes, eine leere Seite zu füllen, auch wenn ich das Lynda gegenüber nie zugeben würde. Von ihr habe ich dieses leere Notizbuch. Sie gab es mir, als ich am Donnerstag bei ihr war und sagte: »Das Schreiben wird dir helfen, alles zu verarbeiten.«

»Was ist, wenn ich das gar nicht will?«

»Ich denke, es wäre gut.«

»Es wird nichts ändern.«

»Vielleicht solltest du es einfach ausprobieren.«

Ich verdrehte die Augen.

In ihrer absolut nervigen, ach so geduldigen Art sagte sie: »Möchtest du über das reden, was du gerade empfindest?«

»Mir geht es gut!«, sagte ich und wünschte, die Stunde wäre vorbei.

Dienstag, 3. Januar

Ich überlege, was ich schreiben könnte. Keine Ahnung, wo ich anfangen soll, aber das Schreiben selbst mag ich irgendwie. Vielleicht fange ich einfach mit heute Morgen an.

Ich wachte echt müde auf und hatte etwas Furchtbares geträumt. Die meisten Leute, die ich kenne, würde es davor grausen, wieder in die Schule zu müssen, ich dagegen war froh, aus dem Haus zu kommen. Heute war der erste Tag nach den Weihnachtsferien, das hieß: Willkommen zurück an der St. David’s High! Ich wohne in Islington, das liegt im Londoner Norden, und mein Schulweg besteht aus zehn Minuten absolut langweiligem Fußweg und dann noch sieben Haltestellen mit dem Bus. St. David’s ist eine Mädchenschule. Ich bin im ersten Jahr der Oberstufe, aber weil ich erst im Juli Geburtstag habe, dauert es noch ewig, bis ich siebzehn werde.

Da stand ich also frühmorgens in BH, Slip und Strumpfhose und zog meine Schuluniform an. Ich knöpfte die hellblaue Bluse (Small) zu, zog den Reißverschluss meines dunkelblauen Rocks (Medium) zu und schlug den Bund um, damit der Rock ein paar Zentimeter kürzer wurde. Ich zog meinen dunkelblauen Pulli darüber, kämpfte mich in den Blazer mit den furchtbaren Schulterpolstern und strich das Revers glatt, gleich neben dem Aufdruck Nil Ye Dread, was soviel wie Fürchtet euch nicht bedeutet. Ich schlüpfte in meine schwarzen Ballerinas. Beim Schlucken hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund, der nicht einmal durch Zähneputzen wegging. Wie von zu starkem Kaffee. War ich nervös?

Ich nahm die braune Tasche, die Emily mir aus Leeds mitgebracht hatte, lief durch den Flur, an Emilys Zimmer und an Mums Büro vorbei und ging die Holztreppe hinunter in die Küche. Mum (sie ist Innenarchitektin – zumindest war sie das bisher) hat die weißen Wände und das Parkett ausgesucht, das wir in jedem Zimmer haben, außer in der Küche, wo der Boden aus roten Korkfliesen ist. Niemand saß dort am runden Holztisch. Mir war klar, dass es weder Brot noch Milch gab, also hielt ich auch nicht an, um zu frühstücken. Ich rief nach oben zu Mum: »Ich komme später.« Sie antwortete nicht. Vielleicht war sie auch gar nicht da.

Ich ging durchs Wohnzimmer, an den Bücherregalen vorbei und an den coolen Fotos von Plastiktüten, die Emily gemacht hatte. Ich öffnete die Haustür und trat hinaus in den kalten Morgen. Die Wolken waren mit grauem Licht durchzogen wie mit dichtem Rauch. Ich versuchte, gar nichts zu denken, meinen Kopf leerzumachen, aber ich schaffte es nicht, und für einen Moment waren die Erinnerungen einfach zu stark. Unsicher streckte ich eine Hand aus, wie eine alte Frau mit Parkinson, und sah, wie sie zitterte. Meine Lungen waren voller Rauch; die Luft war zu dick, um zu atmen. Ich lehnte mich gegen den Nachbarzaun, holte ein paarmal tief Luft und sagte mir, dass alles in Ordnung war.

Sobald ich in den Bus gestiegen war, konzentrierte ich mich darauf, aus dem Fenster zu sehen, und kam heil bei der Schule an. Während ich unter dem Torbogen hindurch zum Hauptgebäude lief, sagte ich mir immer wieder, dass alles in Ordnung war; dass es Zeit war, über den letzten Sommer hinwegzukommen. Im Herbst war die Schule wie im Nebel an mir vorbeigewabert, aber jetzt hatte ein neues Jahr begonnen, das hieß Neuanfang – diesmal wirklich. Ich schlich mich an der Sekretärin vorbei, winkte ein paar Leuten zu, vermied es, genauer in ihre albernen, fröhlich grinsenden Gesichter zu sehen und irgendwelche Fragen über Weihnachten zu beantworten. Ich schob mich den Flur entlang, quetschte mich an irgendwelchen Grüppchen vorbei, an Mädchen, die Arm in Arm liefen, in ihre Handys sprachen oder von Mrs P. angeschnauzt wurden, nicht so zu drängeln.

Alles um mich herum – die anderen, der Lärm, das Läuten des Schulgongs – war so laut, dass ich Kopfschmerzen bekam. Die Leuchtstoffröhren entlang der Decke surrten neongelb, die Farbe war viel zu grell für meine Augen. Ich holte tief Luft und rief mir meinen Neujahrsvorsatz in Erinnerung: Ich lasse alles, was passiert ist, hinter mir. Ich rede nicht mehr darüber, denke nicht mehr daran und lasse mich auch nicht von Erinnerungen überfallen wie von einem lauernden Tiger, nichts von all dem!

Ich ging in mein Klassenzimmer und hielt nach meiner besten Freundin Abigail Ausschau, doch sie saß nicht auf ihrem Platz am Fenster, gleich neben den für Ms Bloxam ja so unverzichtbaren Weltkarten. Abi war spät dran. Oder ich zu bald. Ich weiß noch, wie Abi und ich uns immer am Schultor getroffen und über unseren Morgen oder den vergangenen Abend geredet haben, auch wenn wir praktisch den ganzen Abend bereits telefoniert hatten oder im ICQ gewesen waren. Abi und ich haben uns am allerersten Schultag kennengelernt, als wir im Flur standen und nervös auf unsere erste Stunde warteten. Sie kam zu mir herüber und sagte hallo. Ich fand das total mutig, denn ich war zu schüchtern, um auf irgendjemand zuzugehen. Wir wurden schnell Freundinnen und haben so ziemlich alles zusammen durchgestanden. Ich war immer die typische ruhige, gute Schülerin, die anderen zuhört; sie war lustig, impulsiv und lebhaft. Sie brachte mich zum Lachen.

Ich seufzte und ging in meine Tischreihe. Ein neues Mädchen saß auf dem Platz neben mir. An ihr sah unsere Schuluniform richtig gut aus. (Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist.) Ihre Bluse war nicht zu eng oder zu weit, und die Farbe passte gut zu ihrer milchigen Haut. Ihr kurzer Rock ließ das Fischgrätmuster ihrer schwarzen Strumpfhose sehen, und ihre Schuhe hatten einen kleinen Absatz.

Sie saß über ihren Tisch gebeugt da und schrieb etwas, ihr langes, rabenschwarzes Haar fiel auf die Tischplatte. Ohne aufzusehen sagte sie: »Hast du vor, mich weiter anzustarren oder willst du etwas sagen?«

Ich antwortete nicht. Da blickte sie hoch und kniff ihre blauen Augen zusammen. Sie fragte: »Was ist?«

»Nichts. Ich wollte nur … es ist nur, dass Megan sonst da sitzt.«

»Tja, dann muss Megan eben heute woanders sitzen.«

Mir würde es nie einfallen, so etwas zu sagen. Ich entschuldige mich immer sofort und stottere herum, wenn mich jemand anmeckert. Was nicht mehr sehr oft vorkommt. Ich wusste nicht so recht, was ich antworten sollte. »Bist du Amerikanerin?«, fragte ich.

Sie faltete das Papier zusammen, auf das sie geschrieben hatte, und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich komme aus Kanada. Aber ich lebe jetzt hier.«

»Wieso?«

»Meine Mom ist gestorben und ich bin vor zwei Wochen hierhergezogen, um bei meinem Dad zu wohnen.« Sie machte eine Pause. »Was ist?«, fragte sie dann.

»Tut mir leid, das mit deiner Mutter.«

Sie zuckte mit den Schultern und sagte: »Ist ja nicht deine Schuld.« Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und kippelte.

»Was hast du denn geschrieben?«, fragte ich.

»Nichts weiter.«

»Ich bin nur neugierig.«

»Ein Gedicht.«

»Was für ein Gedicht?« Ich hatte noch nie jemand kennengelernt, der Gedichte schrieb.

»Ein Gedicht über den Tod.«

Ich hätte nicht sagen können, ob es ihr Ernst war. Aber ich würde über so etwas keine Witze machen. »Bist du jetzt in unserer Klasse?«, fragte ich.

»Was meinst du denn?« Sie griff in ihre Tasche und holte ein Päckchen Kaugummi heraus. Mit einem kleinen Lächeln bot sie mir einen an, aber ich schüttelte den Kopf.

Der Gong ertönte wieder und die anderen kamen ins Klassenzimmer. Die Neue blieb genau da sitzen, wo sie war. Die anderen sahen sie komisch an, beinahe als wäre sie ein Tier im Zoo, an dessen Existenz sie nicht glaubten – wie ein Okapi oder ein roter Panda. Abigail rannte mit einem lauten Kreischen auf mich zu und umarmte mich ganz fest.

»Wo hast du über Weihnachten bloß gesteckt, Sophie? Wie war’s denn bei dir?«

Sie wollte nur nett sein, aber ich verkrampfte mich trotzdem, denn zwischen uns war es in letzter Zeit irgendwie komisch geworden. Insgeheim gab ich mir selbst eine Kopfnuss, weil ich so bescheuert war; ich wollte das neue Jahr schließlich völlig NORMAL anfangen. Abi sah zu dem neuen Mädchen, sagte aber nichts zu ihr, nicht einmal hallo oder so. Sie – Abi, nicht das neue Mädchen – legte ihre Hand auf meine Schulter und erzählte mir von einer Party, die sie plante. Halb hörte ich Abi zu und halb beobachtete ich die Kanadierin, die ihr Papier wieder auseinanderfaltete, an ihrem Stift kaute und dann weiter an ihrem Gedicht schrieb.

Es gongte zum dritten Mal. Ms Bloxam kam herein. Sie ist so dick und unsportlich, dass ich Angst habe, sie kriegt eines Tages einen Herzinfarkt. Ich stelle es mir vor: Wie sie uns aufruft, während der Schweiß ihr aufgedunsenes Gesicht herunterläuft. Plötzlich, wenn sie gerade dabei ist, »Sophie Baxter« (mich) und »Megan Bigley« aufzurufen, wird sie einen erstickten Laut ausstoßen und sich ans Herz fassen. Dann sackt sie über dem Pult zusammen und schnappt zuckend nach Luft, doch es wird zu spät sein. Ohne alle Schüler aufgerufen zu haben, wird sie direkt vor der ganzen Klasse sterben.

Heute hat sie jedoch alle aufgerufen, allerdings nicht das neue Mädchen, und sie bemerkte anscheinend auch nicht, dass Megan zu spät kam, sich mit verschränkten Armen auf einen freien Platz setzte und alle böse anstarrte. Ms Bloxam fragte, ob wir schöne Weihnachten gehabt hätten, wartete aber gar nicht auf eine Antwort, sondern redete gleich weiter: »Ein neues Jahr hat begonnen, und wir freuen uns alle darauf … äh … nach vorne zu blicken, nach den … äh … furchtbaren Ereignissen des letzten Jahres. Ihr alle, liebe Mädchen, ihr alle« – ich bin mir sicher, sie hat mich dabei angesehen – »müsst euch auf das konzentrieren, was an Lernstoff ansteht, auf alles« –, an dieser Stelle holte sie Luft, weil sie scheinbar überhaupt keine mehr in den Lungen hatte – »auf alles, was auf euch zukommt, mit all der nötigen … äh … Ernsthaftigkeit, die ihr braucht, um eure Zukunft zu meistern. Bevor ihr euch verseht, werdet ihr völlig …«

Ab dem Zeitpunkt schaltete ich ab. Ich bohrte meinen Stift in das Holz meines Tisches und schrieb den ersten Buchstaben meines Namens. S. Sophie. Ob ich wohl ein völlig neuer Mensch sein könnte, wenn ich einen neuen Namen hätte? Ein Mensch ohne Vergangenheit. Ein Mensch, der nur die Zukunft vor sich hat. Ich drückte das S stärker in das Holz und spürte Hitze in meinem Rücken. Ich drehte mich um, aber da war nichts. Keine Hitze, nichts außer Zara, die ihre sorgfältig manikürten Fingernägel mit einem silbernen Stern an jeder Spitze verzierte. Zara hat dunkle Haut und trägt ihr Haar um die Ohren herum ganz kurz, was ihr etwas Elfenhaftes gibt. Sie sieht aus wie ein Model. Als sie meinen Blick bemerkte, machte sie einen Schmollmund – ihre Art zu lächeln. Ich drehte mich wieder um. Ms Bloxam, die immer noch schwitzend ihren Vortrag hielt, kündigte an, dass in ein paar Wochen ein Tanzlehrer aus Manchester zu uns käme. Dann endlich stellte sie uns das neue Mädchen vor. Ihr Name ist Rosa-Leigh. Megan sprang hoch, unterbrach sie und sagte, Rosa-Leigh sitze auf ihrem Platz.

Megan ist klein und hat einen ziemlich großen Busen. Ihr Haar ist irgendwie drahtig und schlammbraun. Sie hat einen breiten Mund mit (leider) perfekten Zähnen. Damit sie weniger blass aussieht, benutzt sie Bräunungscreme. Ihre Augen sind braun, was sich anhört, als seien sie schön, aber ich finde, sie wirken bei ihrer hellen Haut irgendwie zu gelblich. Sie kann noch so viel Bräunungscreme benutzen, ihre Augen scheinen einfach die falsche Farbe zu haben. Ich habe Megan noch nie gemocht. Sie kommt mir irgendwie teigig vor, wie ein ungebackenes Brötchen, vielleicht weil sie keine richtige Figur hat, abgesehen von ihren großen Brüsten. Diese Beurteilung ist eigentlich ziemlich fies von mir – schließlich bin ich selbst figurmäßig auch nicht gerade perfekt. Wahrscheinlich mag ich sie nicht, weil sie eine Klette ist. Sie ist immer DA. Man könnte meinen, das liegt daran, dass sie unsicher ist oder so was, aber das ist es nicht, denn sie findet sich selbst so TOLL. Ms Bloxam presste ihre Lippen aufeinander, sah Megan an, dann drehte sie sich um und sagte Rosa-Leigh, sie solle zu einem freien Platz auf der linken Seite wechseln.

Ich sah zu Rosa-Leigh. Genau wie der Rest der Klasse: Dreißig Augenpaare sahen sie an. Sie wartete gerade lange genug, dass jeder dachte, sie würde es nicht tun, nahm dann aber im letzten Moment ihre Sachen, sagte: »Kein Problem« – und ging hinüber.

Als Erstes hatte ich eine Doppelstunde Kunst. Dann Pause. Dann Englisch und Geschichte. In der Mittagspause zerrte mich Abigail zu ihr und Megan an den Tisch. Zara setzte sich zu uns, und ich hörte zu, während die drei über die Hausaufgaben, über Megans Freund und Zaras tolle Weihnachten in Spanien redeten. Ich sagte nicht viel. Im letzten Jahr hat sich alles geändert. Jetzt sitzen wir auf einmal alle zusammen, und ich muss so tun, als hätten Abigail und ich nicht immer darüber gelästert, wie langweilig und oberflächlich Megan und Zara sind. Ich mag Megan immer noch nicht, Zara eigentlich auch nicht, und Abigail mochte sie früher genauso wenig. Abi hat mir letztes Jahr noch erzählt, dass sie Megan nicht traue und dass Zara ihr das Gefühl gäbe, unwichtig und dumm zu sein. Das scheint sich geändert zu haben. Also saß ich da, war ganz normal und lachte genau an den richtigen Stellen, denn so sind die Dinge eben nun.

Sie fingen an, über Abigails Party zu reden. (Sie will die Gelegenheit nutzen, dass ihre Mum übernächstes Wochenende fort ist.) Megan geht schon um fünf zu Abigail – alle anderen können um acht kommen. Alle anderen, dazu gehöre auch ich. Früher war ich diejenige, die vor den anderen kam. Ich erinnere mich an das eine Mal vor Jahren, als Abi und ich eine riesige Übernachtungsparty bei ihr planten. Als wir am Nachmittag zusammen die Filme aussuchten und massenweise Chips und Schokolade für unsere Party hinstellten, waren wir total aufgeregt. Es wurde acht Uhr und niemand tauchte auf. Abi war den Tränen nahe, also stopften wir uns mit Chips voll und sahen uns die Hälfte der Filme an, bevor wir merkten, dass wir die anderen für den falschen Tag eingeladen hatten. Sie tauchten alle am nächsten Abend auf, und Abi und ich waren total erledigt, weil wir die Nacht davor so lange aufgeblieben waren. Jahrelang machten wir Witze über unser mangelndes Organisationstalent, bis nur eine von uns das Wort »Übernachtungsparty« sagen musste, damit die andere schon grinste. Ich fragte mich, ob Abigail sich wohl noch daran erinnerte. Ich blickte zu ihr, doch sie sah mich nicht an. Unentwegt ging es nur: »Megan bringt die Freunde ihres Bruders mit« oder »Megan hat eine tolle Idee für die Musik«. Ich konnte es kaum erwarten, endlich aus der überfüllten Cafeteria zu verschwinden.

Samstag, 7. Januar

Heute hat Mum für uns zum Mittagessen was vom Chinesen bringen lassen: Hähnchen in Zitronensauce und Schweinefleisch süß-sauer. Wir haben schweigend in unserem Essen herumgestochert. Sobald sie fertig war, ist sie aufgestanden und hat den Rest des Abends bei ihrer Sammlung in ihrem Büro verbracht. Ich ging los, um der armen Fluffy Katzenfutter zu kaufen und fütterte sie, sobald ich zurück war. Sie schnurrte dankbar und strich um meine Beine. Dann setzte ich Wasser auf. Ich wollte Mum fragen, ob sie auch einen Tee trinken wollte, aber als ich nach oben ging, konnte ich durch die Tür hören, wie sie weinte. Da ging ich wieder nach unten und machte mir allein eine Tasse Tee (ohne Milch, würg). Ich schaltete den Computer ein, so dass ich beschäftigt aussah, als Mum vorbeikam und damit sie nicht merkte, dass ich sie gehört hatte.

Montag, 9. Januar

Rosa-Leigh, die Neue, und ich nehmen den gleichen Bus nach Hause, aber sie redet nie mit mir. Stattdessen geht sie auf die obere Plattform, sobald wir eingestiegen sind. Darüber bin ich froh. So kann ich während der Fahrt aus dem Fenster sehen und brauche an gar nichts zu denken.

Dienstag, 10. Januar

Heute Abend habe ich meine ganzen Hausaufgaben gemacht und ein wenig ferngesehen. Es gab praktisch nur irgendwelche Haus-Renovierungs-Sendungen oder echt gewalttätiges Zeug, das ich überhaupt nicht ertragen kann. Irgendwann stellte ich den Fernseher ab und saß nur da. In dieser abendlichen Düsternis wünschte ich mir, Abigail würde anrufen. Wir waren schließlich beste Freundinnen. Ich weiß, das Problem ist, dass sie nicht weiß, was sie sagen soll, das hat sie mir sogar schon mal erklärt, aber ich wünschte trotzdem, sie riefe an.

Abigail hat angerufen, gerade eben. Verrückt. Ich sagte ihr, dass ich dabei bin etwas zu schreiben, und sie wollte wissen, was. Als ich ihr sagte, es sei privat, gab es eine unangenehme Pause, obwohl wir gerade mal zehn Sekunden miteinander telefoniert hatten. Dann wechselte sie das Thema. Sie erzählte, dass Megan ihren Bruder und all seine Freunde zu ihrer Party mitbrächte, was sie gestern in der Mittagspause schon erzählt hatte, und dass einer seiner Freunde in einem Club auflegen würde. Bei der Vorstellung, dass nun Megan die Party mit ihr plante, durchfuhr mich ein furchtbarer Stich – Megan ist zur Zeit immer überall dabei.

Abigail fragte: »Was ist denn?«

»Nichts.«

»Hast du nicht Lust rüberzukommen?«

Ich dachte daran, zur U-Bahn zu laufen, mir eine Fahrkarte zu kaufen und zu ihr zu fahren, wie ich es schon tausendmal vorher getan habe. Mein Kopf fing an zu dröhnen. »Ich hab noch Hausaufgaben.«

»Du hast sie noch nicht gemacht?« Ich wusste, was sie meinte: Das sieht dir überhaupt nicht ähnlich. »Ach, komm schon, Soph! Komm einfach zu mir.«

»Nein«, stieß ich hervor. »Ich muss Schluss machen.« Die Worte kamen schroffer heraus, als ich wollte, aber ich konnte sie nun nicht mehr ungesagt machen. Ich weiß, Abi versucht nur, nett und normal zu sein, wie ich es mir ja auch wünsche, aber es ist, als könnte ich mich selbst einfach nicht steuern. Ich verstehe nicht, warum ich nicht einfach NORMAL sein kann. Alles ist in Ordnung. Mit mir ist alles in Ordnung, aber ich verhalte mich dauernd KOMISCH. ICHMUSSNACHVORNESEHEN. »Ciao«, sagte ich.

Ich legte auf und machte mir dann Sorgen, dass sie sauer oder beleidigt oder was auch immer war, aber als ich sie noch mal anrufen wollte, um mich zu entschuldigen, war ihr Handy ausgeschaltet. Ich rief auf dem Festnetz an und ihre Mum ging ran. Sie hat einen starken Akzent, weil sie ursprünglich aus Russland kommt. Sie ist ausgewandert, um Abis Dad zu heiraten, und nach London gezogen, wo es ihr nie gefallen hat. Abis Dad hat sie verlassen, als Abi acht war, und da konnte sie dann auch nicht mehr zurück. Sie sagte mir jedenfalls, dass Abigail mit Megan zu Zara gegangen sei. Ich stellte mir vor, wie Abi, Zara und Megan zusammen Spaß hatten.

Abigails Mum fragte: »Wie geht es dir?«

»Mir geht es gut und Ihnen?« Ich wünschte, die Leute würden aufhören mich damit zu löchern.

»Auch gut. Außer … hör mal, wo ich dich gerade am Telefon habe, Sophie, meinst du, mit Abigail ist alles in Ordnung?«

»Ich glaube schon.«

»Und mit dir? Mit dir auch?«

»Wirklich, alles bestens.« Ich verzog das Gesicht. Ich wollte eigentlich nur gefragt werden, ob ich nicht zu der blöden Zara mitkommen wollte. »Ja, wirklich alles okay«, behauptete ich. »Bis bald, Mrs Bykov.«

Mittwoch, 11. Januar

Als ich heute zur Schule kam, wartete Abigail am Tor. Sie winkte mit ihrem mageren Arm hoch über dem Kopf. »Hey!«, rief sie. Sie hat wilde rote Locken, und weil es nieselte, waren sie noch krauser als sonst. Sie musste gesehen haben, wie ich auf ihr Haar guckte, denn sie strich es glatt, als ich zu ihr rüberkam und sagte: »Ich weiß, der blöde Regen.«

»Sieht doch gut aus«, schwindelte ich. Auf dem Weg ins Schulgebäude hakte sie sich bei mir unter. Ich konnte Zigarettenrauch an ihrer Schuluniform riechen.

»Was hast du denn so gemacht?«, fragte sie.

»Nicht viel.«

»Und wie läuft’s?«

»Gut.« Ich zermarterte mir das Gehirn nach irgendetwas, was ich sagen konnte. Warum fühlte sich die Unterhaltung mit meiner besten Freundin auf einmal an, als spräche ich mit irgendeiner Fremden, die mich auf der Straße zu einer Spende für einen guten Zweck überreden will? Was STIMMTENICHT mit mir? Schließlich fiel mir etwas ein: »Wie läuft es denn mit der Partyvorbereitung?«

»Super. Du kannst ja mit Megan früher kommen, wenn du magst. Komm doch um fünf.« Sie machte eine Pause. »Natürlich nur, wenn du willst.«

Ich merkte, wie ich mich doch freute. Alles würde wieder gut werden. »Gern«, sagte ich, »okay.«

»Ein paar Freunde von Megans Bruder sind echt süß. Da ist dieser eine Typ, an den ich dauernd denken muss. Er ist groß und hat uuuunglaublich tolle blaue Augen …« Sie machte eine kurze Pause. »Also, es ist gut zu sehen, dass es dir wieder viel besser geht. Im letzten Jahr dachte ich schon, dass du vielleicht, na ja, du weißt schon, nie drüber wegkommst.«

»Ja«, sagte ich. Wir waren im Flur vor den Klassenzimmern. Die Menge an Leuten brachte mich zum Schwitzen. Wenn noch mehr Leute in den Flur strömten, dann konnte leicht eine Massenpanik ausbrechen wie bei überfüllten Konzerthallen, man las ja darüber. Ein Schweißtropfen rollte ganz langsam unter meinem T-Shirt hinab. Ich zerrte mit meiner freien Hand an meinem Kragen. »Ja, es geht mir viel besser.«

Sie drückte meinen Arm ganz fest. »Das ist gut«, sagte sie. »Ich hab dich vermisst.«

»Ja.« Das war genau das, was ich mir zu hören gewünscht hatte, also warum konnte ich nicht einfach mal cool bleiben und diesen Augenblick genießen?

»Du weißt, dass du meine beste Freundin bist, oder?«

Ein Mädchen drängte sich an mir vorbei und rempelte mich an der Schulter an. In meinem Kopf wurde das Gedränge immer schlimmer, und ich stellte mir vor, wie alle kreischten, als würden sie umgebracht. Panik zuckte in mir auf und loderte mit flammender Zunge mein Rückgrat hoch. Ich stotterte: »Mir ist gerade eingefallen … ich habe etwas oben im Kunstraum vergessen.«

»Ich komme mit.«

»Nein, dann kommst du nur zu spät.« Ich aktivierte die Gesichtsmuskeln, um ein Lächeln herauszulocken, wie den Kuckuck aus einer Kuckucksuhr.

Abis Augen wurden schmal, doch ich lief bereits von ihr weg.

Ich musste sofort hier raus. »Bis später!«, rief ich und drängte mich im überfüllten Flur an den vielen Körpern und Gliedmaßen vorbei. Ich kämpfte mich weiter, bis ich es durch eine Seitentür hinausschaffte.

An der frischen Luft wurde ich ruhiger, und ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Ich musste gar nicht in den Kunstraum. Aber es war jetzt auch zu spät, um zurückzugehen, Abigail zu suchen und mich dafür zu entschuldigen, dass ich so durchgeknallt war. Ich ging rüber zur Aschenbahn und blickte hinaus aufs Spielfeld. Der Rasen sah ziemlich schlimm aus, vom Hockey- und Leichtathletiktraining abgewetzt und mit Schlammpfützen durchzogen. Meine Wimpern wurden feucht vom Nieselregen. Es war bloß ein weiterer grauer Tag. Das war alles, woran ich denken musste.

Donnerstag, 12. Januar

Ich möchte einfach nur alles vergessen. Als ich das zu der blöden »Ms Brown, bitte nenn mich Lynda« sagte – die rundlich und sanft ist, und mich aus großen Augen wie ein verstörtes Kätzchen ansieht, wenn ich nicht mit ihr reden will –, antwortete sie freundlich: »Meinst du wirklich? Ich glaube nicht, dass es dir helfen wird, alles tief in dir zu begraben.«

Sie täuscht sich so sehr, dass ich am liebsten laut losgeschrien hätte. Stattdessen beschloss ich, die ganze Stunde nicht mehr zu reden. Ich langweilte mich so sehr, dass ich das Gefühl hatte, meine Zunge würde mir aus dem Mund fallen wie eine Schnecke aus dem Salat. Ich musste meine Augen offen halten, denn wenn ich sie schloss, sah ich Emily, was das Letzte war, was ich wollte, aber meine Augen offen zu halten, bedeutete, dass ich das Mitgefühl und die Geduld auf Lyndas Gesicht sah.

Ich bekam es so satt, dass ich aufsprang, hinausrannte und die Tür hinter mir zuschlug. Lyndas Praxis befindet sich in einem normalen zweistöckigen Wohnhaus aus Backstein. Die Vorhänge sind gelb. Eine fröhliche Farbe, krankenhausfröhlich. Ich ließ das alles hinter mir und marschierte die Straße hinunter.

Als ich hörte, dass Lynda mir nachrief, verschwand ich schnell in einem Eckladen. Ich tigerte auf und ab durch die schmalen Gänge und ging dann zur Kasse, da sah ich die Zigaretten. Ich wollte eine Packung kaufen, obwohl ich gar nicht rauche. Ich steckte meine Hände in die Taschen und tastete nach Geld, aber ich hatte keines dabei. Der dünne Mann hinter der Kasse musterte mich und runzelte die Stirn. Abigail und Megan rauchen; Zara und ich nicht. Ungefähr zwei Sekunden überlegte ich, ob alles zwischen mir und Abigail wieder normal würde, wenn ich mir das Rauchen auch angewöhnte, aber das war natürlich nur so eine blöde Idee.

Der Mann sagte: »Kann ich dir helfen?«

Ich antwortete nicht, sondern sah nur zu, dass ich schleunigst aus dem Laden kam.

2Mit Ringen an den Fingern Und Knoten im Haar

Freitag, 13. Januar

Heute Abend ist Abigails Party. Wenigstens fährt Mum mich hin, so dass ich nicht die Bahn nehmen muss.

Ich weiß nicht, was ich anziehen soll. Ich habe Abigail angerufen, um zu fragen, aber bei ihr war besetzt. Bei Megan war auch besetzt. Ich saß eine ganze Weile auf dem Bett und versuchte, nicht sauer zu sein, weil die beiden offensichtlich miteinander telefonierten. Warum bin ich nur so erbärmlich?

Schließlich rief ich noch mal bei Megan an, aber diesmal ging sie ran. Natürlich hatte ich ihr überhaupt nichts zu sagen, denn ich hatte nur angerufen, um zu sehen, ob sie immer noch mit Abigail telefonierte, und alles, was mir einfiel, war zu fragen, was ich ihrer Meinung nach wohl zur Party anziehen sollte. Ich hörte an ihrer Stimme, dass sie mich armselig fand, aber sie sagte: »Ich trage einen Rock und ein neues Top, das ich letztes Wochenende mit Abi gekauft habe.«

Ich mag keine Röcke. Ich ziehe lieber meine Jeans an.

Samstag, 14. Januar

Es ist spät, und ich bin gerade von der Party nach Hause gekommen. Bloß gut, dass ich die Jeans angezogen habe. Megan trug auch Jeans, genau wie alle anderen. In einem Rock hätte ich total bescheuert ausgesehen.

 

Ich habe schlecht geschlafen. Ich hatte einen furchtbaren Traum: Ich steckte in einem Brunnen fest, der voll Wasser lief, so dass ich nicht raus kam, dann änderte sich der Traum, und ich träumte von der Party. Als ich aufwachte, wusste ich im ersten Moment gar nicht, was Wirklichkeit und was der Albtraum war. Die schlechten Träume machen mich echt fertig, so dass ich das Schlafen am liebsten ganz aufgeben möchte.

Also: Ich bin erst relativ spät bei Abi angekommen, weil ich ewig gebraucht habe, mich zu entscheiden, was ich anziehen soll. Megan und Abi waren schon dabei, sich in Abis Zimmer zurechtzumachen. Ich liebe ihr Zimmer; ich war schon tausendmal dort. Ich mag die hellorangefarbenen Wände und die rot und gelb geblümte Tagesdecke aus Mexiko auf dem Bett, genau wie das Regal aus Holzbrettern und Backsteinen neben dem Bett. Über dem Regal hängt eine riesige Batikdecke, auf der Sonne und Meer abgebildet sind. Abis Bruder hat sie aus Indonesien mitgebracht. Diese Art von Sachen mag Abi zur Zeit eigentlich gar nicht mehr – zu hippiemäßig, meint sie –, sie steht jetzt mehr auf eine moderne Einrichtung, aber ich finde, man fühlt sich in ihrem Zimmer wie beim Sonnenaufgang.

Abi saß im Schneidersitz auf dem Bett, über den Spiegel ihrer Schwester gebeugt. Sie trug Abdeckstift unter den Augen auf und sagte: »Ich hasse meine blöde Schwester.« Dann sah sie mich an, ihr Mund war noch offen und die Worte hingen irgendwie zwischen uns in der Luft. Ganz schnell schob sie nach: »Ich meine, sie ist so nervig. Sie hat mich angeschrien, weil ich mir ihren Spiegel ausgeliehen habe. Gott sei Dank geht sie in ein paar Tagen zurück an die Uni.«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also sah ich in ihren Schrank.

Sie sagte: »Du kannst dir gern mein weißes T-Shirt ausleihen.«

Ich war froh über den Themenwechsel. »Gern«, antwortete ich, denn in diesem Shirt sieht mein Busen größer aus.

Dann warf sie mir noch eine Hose zu. »Die passt mir nicht mehr, und du bist im Moment definitiv dünner als ich.«

Megan sagte gar nichts. Es war fast, als sei sie gar nicht im Zimmer.

Abigail fragte leise: »Wie geht’s deiner Mum?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Nicht so gut. Die meiste Zeit verbringt sie mit ihrer Sammlung.«

Dann wünschte ich, ich hätte es nicht gesagt, denn Megan wollte mit ihrer nasalen Stimme wissen: »Welcher Sammlung?«

»Nichts weiter«, sagte ich.

Doch Abigail erklärte ihr: »Sophies Mum sammelt Dinge, die andere Leute verloren haben.« Ich warf ihr einen Blick zu, dass sie still sein solle, doch es war zu spät. Sie brabbelte einfach weiter. »Verlorene Handschuhe zum Beispiel oder Fotos, die in Leihbüchern vergessen wurden, und Zettel, die Leute verlieren. Notizen und so. Sie hat jede Menge Münzen, ein ganzes Glas voll, oder? Und sogar ganz hübschen Schmuck.«

Megan drehte ihren Lippenstift wieder in die Hülse zurück. »Verrückt«, sagte sie.

Abi schien zu merken, dass es mir vielleicht peinlich sein könnte, denn sie wurde rot und sah mich schuldbewusst an. Obwohl sie weiß, dass ich nicht rauche, fragte sie: »Möchtest du eine Zigarette?«, als ob das all ihr Geplapper vor Megan ungeschehen machen könnte.

»Nein, danke.« Ich machte auf dem Absatz kehrt, um ihr zu zeigen, dass ich immer noch sauer war, und ging ins Badezimmer. Ich atmete ein paarmal tief durch und zog dann das T-Shirt an. Durch dieses Weiß sahen meine Augen grüner aus. Ich tuschte mir die Wimpern noch einmal – nur oben, damit es unter den Augen nicht verschmiert, das habe ich mal irgendwo gelesen. Es klingelte und die ersten Leute kamen.