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Ein Erzengel im Exil.
Eine mächtige Rasse rachsüchtiger Kreaturen.
Ein Konflikt apokalyptischen Ausmaßes.
Das Leben des verwöhnten Erzengels Luzifer kommt zum Stillstand, als er erfährt, dass der Himmel leer und sein Vater verschwunden ist.
In der Suche nach Antworten, wird er mit Göttern, die mit seinem Vater und der Welt, die er erschaffen hat, äußerst unglücklich sind, konfrontiert.
Mit dem Vorhaben die Ketzerei seines Vater zu tilgen und die Erde in Finsternis zu stürzen, sperren sie Luzifer in der Hölle ein.
Währenddessen macht der Geliebte des Erzengels sich dazu auf, seine Kritiker Lügen zu strafen.
Doch Luzifers Einfluss über ihn ist größer, als er gedacht hatte und seine Angst, lediglich ein Schoßtier für ihn zu sein, wird plötzlich allzu real.
Vorboten der Finsternis ist das erste Buch in dieser Fantasy-Reihe von Susan-Alia Terrys.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Copyright (C) 2017 Susan-Alia Terry
Layout design und Copyright (C) 2022 Next Chapter
Verlag: 2022 von Next Chapter
Cover von The Cover Collection
Dieses Buch ist frei erfunden. Namen, Figuren, Orte und Ereignisse entspringen der Phantasie der Autorin oder werden fiktional verwendet. Eine Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen, Orten, oder Personen, lebend oder tot, ist rein zufällig.
Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung oder Verbreitung von Passagen aus diesem Buch, durch Kopieren, Aufzeichnen, oder über eine Datenbank oder ein System zur Informationsverarbeitung, ist ohne die Zustimmung der Autorin nicht gestattet.
Danksagung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Sehr geehrter Leser
Keith Abbott und jedem Studenten in seinen Kursen an der Jack Kerouac School der Naropa Universität, für die Unterstützung dabei, dieses Buch von einer Ansammlung an Ideen zu einer vollwertigen Geschichte zu machen.
Susan Livingston, für deine Arbeit als Editor, selbst wenn dich dein Leben auf andere Pfade geführt hat.
Rachel Johnson und Mindy DeBaise für eure Freundschaft, Unterstützung und Begeisterung.
Joe Cook für seine unschätzbar wertvollen Anmerkungen und sein Feedback, das mir half heraus zu finden, was ich beibehalten, neu schreiben, oder mir für später aufheben sollte.
Pastor Treneater-Nur C. Horton, der mich durch schwierige Zeiten führte und mir half mich daran zu erinnern, wer ich tatsächlich bin.
Für meinen Vater, der immer an mich glaubte, selbst wenn ich selbs es nicht konnte.
Mit besonderem Dank an CK & SC, die eine kreative Flamme in mir entfachten, welche mich inspirierte meine Stimme als Autorin zu finden.
“Das wirst du nicht tragen.”
Während Kai noch einen Seufzer unterdrückte, blickte er an sich hinab und sah wie seine Klamotten sich verwandelten. Statt der schwarzen Hose, T-Shirt und Schuhe, trug er nun einen geschneiderten, cremefarbenen Anzug mit Slippern. Er hasste Slipper. Er drehte sich um und wartete auf das Eintreten seines Liebhabers.
Luzifer, welcher sein langes, weißes Haar offen um die Schultern trug und eine erst kürzlich erworbene schwarze Katze in seinen Armen hielt, trat in die Eingangshalle und warf einen kritischen Blick mit seinen silberfarbenen Augen auf Kai. Für jemanden der immer in verschiedenen Weiß-Schattierungen gekleidet war, (wer hätte gedacht, dass es so viele von diesen gäbe) hatte Luzifer sehr viel darüber zu sagen, wie genau Kai sich kleidete. Tatsächlich verwand Luzifer einen fast schon religiösen Eifer auf seine Kleidung, sodass jeder, der nicht so verständnisvoll wie Kai war, ihn verrückt genannt hätte. Das war auch der Grund, warum Kai versucht hatte sich aus dem Haus zu schleichen, bevor Luzifer ihn mustern konnte.
„Ach komm schon Luz, das ist so gar nicht zweckmäßig, das weißt du“, sagte Te und gesellte sich zu ihnen in die Eingangshalle während er Kais Kleidung wieder zurückverwandelte. „Wie du von ihm erwartest als Späh- und Suchtrupp in Slippern zu arbeiten, werde ich nie verstehen“.
„Danke”, sagte Kai mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Banausen, allesamt“, spöttelte Luzifer. „Seide wäre ja wohl das Mindeste…“ Kai trug nun ein schwarzes, raues Seidenhemd und konnte sich nicht eingestehen, dass er mochte, wie es sich anfühlte.
„Seid ihr jetzt fertig?“ fragte er, in einem Versuch ärgerlich zu klingen, der jedoch in liebevoller Resignation endete.
Te schmunzelte. Mit seinem glatzköpfigem Haupt, brauner Haut und einem Grinsen, dass sich von seinem einzelnen goldenen Ohrring bis zu seinen perlweißen Zähnen spannte, war es für Kai schwer sich an einen Zeitpunkt zu erinnern an dem Tes silberne Augen nicht voll guten Humors glänzten. Er teilte Luzifers Vorliebe für stilvolle, teure Kleidung und war selbst immer sehr elegant angezogen. Ungleich Luzifer, jedoch, war Te noch nie einer Farbe begegnet, in der er nicht gut aussah. Sein gegenwärtiger Nadelstreifen Anzug war rot, das Outfit wurde mit einem passenden Bowler-Hut, Fliege und Gamaschen vervollständigt.
Luzifer gab ihm seinen üblichen, diskreditierenden Blick und schlenderte in das anliegende Wohnzimmer. Er platzierte seinen langen, schlanken Körper sehr wissentlich auf der Couch. Die Katze imitierte ihn und streckte sich, während sie auf ihm saß. Selbst nach siebenhundert Jahren als Paar, wurde es Kai nie überdrüssig ihn zu beobachten. Luzifer verkörperte nicht nur eine endlose Faszination für ihn, sondern auch die Liebe seines Lebens und hatte seine absolute Hingabe.
Te betrat das Wohnzimmer kurz hinter Luzifer und setzte sich auf einen antiken Ohrensessel, mit seinen Füßen auf einem passenden Schemel. Es war immer eine Überraschung, als die alten, filigranen Möbel nicht protestierten, sobald Te sich auf sie setzte. Doch seine Ausmaße waren trügerisch. Zwar war er mindestens einen Meter fünfundneunzig groß und kräftig gebaut, doch seine Persönlichkeit, nicht ungleich der Luzifers, lies ihn größer erscheinen, als er eigentlich war.
„Was kommt heut Abend so?“, fragte Te während der 60 Zoll Fernseher zu Leben flimmerte.
Luzifer machte kein Geheimnis daraus, wie sehr er Menschen hasste. In der Tat scheute er keine Mühen, jedem der zuhören würde, zu erläutern wie sehr und warum genau er sie so sehr hasste. Das hieß jedoch nicht, dass er nicht die Speisen, Kleidung und unzähligen von ihnen hergestellten Gadgets genoss. Das Haus war gefüllt mit allem, was seinen Blick fing, inklusive der aktuellsten Technologie.
„Desperate Housewives“, erwiderte Luzifer, während er durch Kanäle zappte.
„Ist das die Sendung mit Kendra?“, fragte Te mit einer Schüssel Popcorn im Schoß. Vier weitere Katzen erschienen wie aus dem Nichts und positionierten sich um die zwei Sitzenden.
„Nicht die Kendra, an die du denkst.“
Der große Dämon zog eine Grimasse und fing an sich Popcorn in den Mund zu schaufeln.
Kai lehnte sich gegen den Türrahmen und nahm einen Moment, sich seiner kleinen Familie zu erfreuen.
„Warte, Warte. Schalt zurück“, verlangte Te.
“Ist das Rosemaries Baby?” fragte Luzifer, der zurückgeschalten hatte. “Oh, stimmt, ich hätte es fast übersehen.” Er sah zu Kai hinüber und machte eine einladende Handbewegung. „Komm schon, ich weiß, dass du hierbleiben willst.“
Er hatte Recht. Rosmaries Baby war einer ihrer Lieblingsfilme und er wollte bei ihnen bleiben, doch es gab Arbeit zu erledigen. Kai lief zum nahegelegenen Kleiderständer und nahm seinen ledernen Trenchcoat.
„Ich muss jetzt los“, rechtfertigte er sich und zog seinen Mantel über die Schultern. „Te, könntest du mir behilflich sein?“
Te blickte über seine Schulter auf ihn und schmunzelte. “Bist du sicher? Warum bleibst du nicht? Gregory löst sich schon nicht In Luft auf.”
„Ich bin sicher.“
“Dann natürlich, ja. Waidmannsheil.”
Mit einer Handbewegung Tes, verschwand Kai.
Star Roberta Maxwell saß an ihrem Schreibtisch und zog es in Betracht ihren Chef mit einem Brieföffner zu töten, oder noch besser mit einem Tacker, weil das länger dauern würde. Nichts war gut genug für William Ford Gregory III.
“Star, hast du die Zahlen schon nach Genf gefaxt? Was braucht da so lang? Bring mir einen Kaffee, der hier ist kalt.” Das war William Ford Gregory III, auch genannt, das Arschloch.
Während sie auf die Tür zulief, um ihm zu antworten (sie war der Einstellung, dass schreien am Arbeitsplatz unprofessionell sei), verfluchte sie die Namenswahl und Erwartungen ihrer Mutter zum wohl hundertsten Mal, seit sie hier zu arbeiten angefangen hatte. Sich als Roberta vorzustellen wäre vergebene Liebesmühe gewesen. Dieser Mann hatte ihren vollen Namen seit ihrer ersten Begegnung gekannt und sich geweigert, sie so zu nennen. Stattdessen sprach er Star so betont aus, dass sie jedes Mal daran erinnert wurde, was sie nie seien würde.
“Ich habe es vor zwanzig Minuten gefaxt, aber es ist früher morgen in Genf, ich glaube nicht, dass jemand im Büro dort ist.” Sie klaubte seinen Kaffeebecher vom Schreibtisch.
“Natürlich sind sie da. Was meinst du für was ich sie bezahle? Langsam und dümmlich, für bezahl ich eigentlich dich? Wo bleibt mein Kaffee überhaupt?”
Roberta seufzte und versuchte nicht die Nerven zu verlieren. „Ich werde Sie mit Herrn Prideaux verbinden und Ihnen sofort Ihren Kaffee bringen, Herr Ford Gregory.“
Sie versuchte das „Ford Gregory“ wie ein „du mich auch mal“ klingen zu lassen, doch versagte erbärmlich. Ihre strenge Erziehung machte es ihr unmöglich unhöflich gegenüber ihren Chefs zu sein, ganz egal wie rüpelhaft er sich verhielt. Sie eilte zurück in ihren Bereich des Büros und überlegte, was nun dringender war: Kaffee oder Telefongespräch. Egal wie sie es gemacht hätte, wäre es verkehrt gewesen, also füllte sie den Becher wieder auf, ohne frischen Kaffee auf zu setzten und lehrte den verbleibenden Kaffeesatz in seine Tasse. Wenn sie Ihm nicht sagen konnte, dass er sie mal könne, dann konnte sie wenigstens seinen Kaffee verhunzen. Mit einem kleinen, süffisanten Lächeln, brachte sie die Tasse zurück in sein Büro und stellte sie vorsichtig auf dem Schreibtisch ab.
Wieder außerhalb, rief sie in der Schweiz an und bereitete sich geistig darauf vor dem Arschloch zu erzählen, dass niemand abnahm.
Nach dem dritten Rufton nahm jemand ab: „‘Allo?“
Ein Stein fiel von Robertas Herzem.
„Hallo, Herr William Ford Gregory III für Herrn Pierre Prideaux.“
„Ja, hier Pierre.“
„Bleiben Sie bitte am Telefon, ich verbinde Sie“
„Herr Gregory, Herr Prideaux ist am Apparat, ich verbinde Sie jetzt.“
„Pierre, altes Haus, wie geht‘s? Wie geht‘s dem Frauchen? Ausgezeichnet. Deine Tochter das Geburtsgeschenk bekommen, das ich geschickt hatte? Sie hat es geliebt, stimmt‘s? Gut, sehr gut. Ja, ich weiß es ist spät, du hast was gut dafür. Hör mal, mein Mädel hat gesagt, sie hat dir ein Fax geschickt. Und, hast du‘s bekommen? Ja? Ok. Okay, das ist, was du tun musst...“
Roberta schloss die Tür hinter sich. Sie spürte, wie ihre Augen und Nase anfingen zu kitzeln, sie hielt die Luft an und verbat sich in Tränen aus zu brechen. Zu hören, wie besorgt und entschuldigend seine Stimme klang, nur wenige Sekunden nachdem er sie angeschrien hatte, brachte sie fast zu Boden. Wie konnte er so nett zu allen, außer ihr selbst sein?
„Drei Tage noch“, flüsterte sie, „Drei Tage und ich bin hier sowas von weg.“
* * *
Verhüllt im Schatten saß Kai auf der hohen Wand, die das Gregory Anwesen umringte. Er wartete dort nun seit zwei Tagen, beobachtete das Kommen und Gehen und war darauf erpicht, seinen Job zu erledigen. Das Anwesen in dem Gregory lebte und arbeitete war riesig, es überspannte eine Fläche von mindestens zwanzig Fußballfelder im Hinterland von New York, etwa eine Stunde Fahrt entfernt von der Stadt selbst. Die Einfahrt war lang und wand sich durch das Grundstück, bis sie auf die Hauptgebäude stieß, welche hinter Blattwerk versteckt und am Ende eines gewundenen Pfades lagen. Obligatorische Überwachungskameras waren über das komplette Gelände verteilt, und deckten so alles vom Eingangstor aus ab. Wie Kai wusste, gab es Wachen, einige am Eingangstor, andere an Kontrollpunkten in der Nähe der Gebäude. Zusammenfassend fielen die Sicherheitsvorkehrungen überraschend schwach aus und würden kein Problem darstellen.
Die Katzen, allerdings, waren ein Problem. Sie waren überall, schlichen um die Bäume, jagten, spielten und schliefen im Gras. Er konnte keine größere Fläche erkennen, die frei von ihnen war. Keine Möglichkeit das Gebäude zu erreichen, ohne Unruhe zu verursachen. Zweifellos hatte Gregory einen Angriff von Te erwartet und sich dementsprechend vorbereitet.
Ein starker Geruch von Ozon, gemischt mit Zimt, stieg in seine Nase. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Uriel. Ich hab‘ schon gedacht, du hättest mich vergessen.“
„Vorsichtig, Vampir, auf das du nicht zu vertraut mit mir umspringst“, antwortete Uriel.
„Als ob du das jemals zulassen würdest.“
Kai musterte den Erzengel, prüfte ob er mit seiner scharfen Erwiderung nicht zu weit gegangen war. Trotz, dass Uriel sich es zur Gewohnheit gemacht hatte, ihn auf diese Art Jobs zu begleiten, war es Kai erst seit kurzem Möglich sich in seiner Gegenwart zu entspannen. Ihre Wort-Geplänkel ließen ihn immer noch unwohl fühlen. Wie immer gab es von Uriels Seite keinerlei Anzeichen von Unmut, jedoch wusste Kai auch nicht, wie so etwas bei ihm überhaupt aussehen würde.
Gekleidet in einer schwarzen Tunika mit roten Akzenten, schwarzen Reithosen und schwarzen Lederstiefeln, umhüllte Uriels schulterlanges, leuchtend rotes Haar ein attraktives Gesicht, dass von vollkommend Ausdruckslosigkeit gekennzeichnet war. Kai wunderte sich häufig, ob Uriels Gesicht ein Lachen überhaupt unversehrt überstehen würde.
Uriel sah ihn nicht an und richtete stattdessen seine kupferfarbenen Augen auf das Gelände. Auch gut, den bohrenden Blick Uriels auf ihm zu spüren, machte Kai immer unbehaglich, als würde er ihn beurteilen und für ungenügend erachten. Eine Idee, die nicht zu weit hergeholt erschien, zog man seinen stetig geringschätzenden Gesichtsausdruck in Erwägung. Vor diesen Besuchen, kannte Kai den Erzengel nur aus Erzählung. Sein Ruf eilte ihm voraus. Uriel war bekannt als Meuchelmörder und Fanatiker. Verwüstung im großen Stil - a la Sodom und Gomorrha – war, was man von ihm erwartete, diese hilfreiche Version, die neben ihm stand, war es nicht. Die ganze Familie seines Geliebten in Betracht gezogen, vermutete er, dass es am unwahrscheinlichsten war, dass er sich gerade in der Gegenwart Uriels jemals wohl fühlen könnte.
„Es scheint, als hättest du ein Problem“, sprach Uriel.
„Lediglich ein Ärgernis“, bluffte Kai und versuchte so zu tun, als würde er nicht gerade wegen den Katzen seit zwei Tagen auf dieser Mauer sitzen. Was es wiederrum Uriel überließ, nicht nur auf das Offensichtliche hinzuweißen, sondern ihn auch noch unzulänglich fühlen zu lassen.
„Wie hattest du geplant an ihnen vorbei zu kommen?“
Kai sah auf. War das Belustigung in Uriels Stimme? Verflucht sei er. „So weit war ich noch nicht“, gab er zu und fühlte Blut in den Kopf schnellen. „Ich könnte deine Hilfe gebrauchen“, sagte Kai zähneknirschend und im guten Wissen, dass es das war, was der Erzengel hören wollte.
Uriel glitt von der Mauer auf den Boden. Alle Katzen in der Nähe eilten auf ihn zu. Sie schnurrten, rieben und wanden sich zwischen seinen Füßen, allesamt begeistert von seiner Präsenz. Die Ägypter lagen richtig, Katzen zu verehren. In einzigartiger Weise mit dem Übernatürlichen im Einklang, war ihre reine Gegenwart genug um Geister und Gespenster fern zu halten, ihr Speichel giftig für solche Kreaturen. Während die Katzen Kai nicht verletzen konnte, würden sie doch den Alarm auslösen. Es war ungemein Hilfreich, dass Uriel sie davon abhalten konnte.
Kai sah von seinem Hochsitz aus zu, wie Uriel unter ihnen wandelte, sich hin und wieder beugte, um sie zu streicheln, liebkosen und hinter ihren aufgestellten Ohren zu kratzen. Letztendlich hob er eine graue Katze auf und lief einige Schritte mit ihr.
Er drehte sich zu Kai und sprach ihn an: “Komm herunter, Vampir. Sie werden dich nicht verraten.”
* * *
Roberta blickte auf ein Bild zweier Katzen auf ihrem Schreibtisch, die Haustiere ihrer Vorgängerin. Sie wunderte sich, was mit ihnen passiert sei. Ihre Besitzerin war Aufgrund eines Schlaganfalls sehr plötzlich verstorben, nachdem sie fast fünfzehn Jahre hier gearbeitet hatte. Das konnte sich Roberta nicht einmal vorstellen. Sie war nun die dritte Aushilfe in drei Tagen, weswegen ihr ein lächerlich hoher Lohn versprochen wurde, das Jobangebot anzunehmen und dabei zu bleiben. Einen Ruf zu haben, für jeden arbeiten zu können, egal wie schwierig diese Person war, hatte seine Vorteile.
Sie war unter dem Eindruck gewesen bereits alles gesehen zu haben und es mit einem Lächeln auf den Lippen und Professionalität wegstecken zu können. Gregory testete diese Theorie in den ersten fünfzehn Minuten ihrer Begegnung. Er war unhöflich, derb und beleidigend. Nach der ersten Stunde am ersten Arbeitstag, war sie in Tränen aufgelöst gewesen.
Das war auch der Zeitpunkt an dem sie realisierte, dass die vierzig Dollar pro Stunde schlicht und einfach Bestechungsgeld waren. Die Agentur, für die sie arbeitete, hatte einen Vertrag mit seiner Firma abgeschlossen und wollten diesen auch behalten. Und wenn es ihr nicht möglich war, sich mit ihm zu arrangieren, hatten sie Niemanden der es konnte. Für vierzig Dollar die Stunde, würde sie fast alles tun. Sie könnte tastsächlich ein Sparkonto anlegen.
Das war damals, jetzt wollte sie es nur noch bis Freitag schaffen. Am Freitag würde sie dann kündigen und die Agentur könnte jemand anderen bestechen. Man konnte ihre Loyalität kaufen, aber nur bis zu einem gewissem Grad.
Sie atmete durch und sah durch die großen Fenster des Vorraums. Sie war überrascht, dass Gregorys Zuhause und Büro beide auf einem ausgedehnten Anwesen in einem entlegenen Teil New Yorks waren. Wie sich herausstellte, war er ein arbeitswütiger Einsiedler. Er lebte und arbeitete auf seinem Grundstück und erwartete das Gleiche von seine Angestellten.
Sie lebte in der Wohnung seiner ehemaligen Sekretärin. Ein bezauberndes, einstöckiges Häuschen mit steinernem Kaminofen und freigelegten Steinwänden. Für andere Mitarbeiter gab es Schlafsäle. Sie wusste bis heute noch nicht, warum er von ihnen verlangte vor Ort zu leben. Im Bürogebäude befanden sich eine Cafeteria, ein Lebensmittelgeschäft und ein Fitnessraum mit Spa und Sauna. Die Mahlzeiten waren köstlich und die meisten der Mitarbeiter waren nett, wenn auch ein bisschen sonderbar. Im Großen und Ganzen erschien es wie ein guter Arbeitsplatz, gratis Kost und Logis, sowie ein gutes Gehalt.
Unglücklicherweise war das Hauptproblem die Person, für die sie arbeiten musste.
Sie war von sich selbst enttäuscht. Man hatte sie mit dem Geld, der gratis Verpflegung und Unterkunft verführt. Doch ein Monat war schon vorbei. Am Ende jeder Woche wollte sie bei der Agentur anrufen und ihnen sagen, dass sie sich den Job sonstwohin stecken konnten, doch sie konnte sich nicht dazu. Sagte sich selbst, dass es doch nicht so schlimm sei, dass sie sich vielleicht einfach nur übers Wochenede hinweg ausruhen musste. Also steckte sie hier fest.
Als ihr die Wohnung angeboten wurde, schlug sie das Angebot aus, sagte sie wolle nicht umziehen, bis sie eine feste Anstellung angeboten bekam. Es war ihre Art zu sagen: „Könnt ihr komplett vergessen.“ Kurz darauf wurde ihre Mietwohnung in Brooklyn aufgekauft und sie hatte keine andere Wahl, als umzuziehen. Die Frau des Arschlochs, Catherine, auch genannt „Die Eiserne Lady“, hatte eingegriffen und einen Umzugsservice für sie bestellt.
Einfach so.
Roberta wollte widersprechen, doch jedes mal wenn sie eine Öffnung sah, fühlte sie sich als wären ihre Gründe fadenscheinig und sie war zu beschämt, um sich zu beschweren. Außerdem war es wesentlich einfacher auf dem Grundstück zu leben.
Einige Katzen jagten sich auf dem Grasfeld vor ihrem Fenster. Waren die Katzen ihrer Vorgängerin unter ihnen? Als sie sich nach den Katzen erkundigte, erzählte ihr die Eiserne Lady selbst, dass sie und ihr Ehemann Katzen so gerne hatten, dass sie sich entschieden hatten die gesamten Außenanlagen zu einem Zufluchtsort für die Tiere zu machen.
Roberta hatte das als unglaubwürdig empfunden. Sie vermutete, dass das Ehepaar nichts lieben konnte, was nicht Geld oder Macht war. Sie hatten massigb von Beidem und keine Erben. Vielleicht würden die Katzen alles bekommen, falls die Beiden sich nicht entschlossen für immer zu leben oder sich mit dem Geld eingraben zu lassen. Keine der Alternativen hätte sie geschockt.
* * *
„Nach all dieser Zeit mit Luzifer, Vampir, überrascht es mich, dass dir Katzen immer noch Furcht einflößen“, spottete Uriel während sie liefen, immer noch die Katze in seinen Armen streichelnd.
„Ich habe keine Angst vor ihnen, ich mag sie nur nicht“, erwiderte Kai, die Augen fest auf den Boden gerichtet, während sie durch die umliegenden Tiere navigierten. „Gregory ist in einem der Gebäuden da vorne, kannst du mir sagen in welchem?“
“Nein, er verbirgt sich vor mir. Ich könnte ihn wohl finden, doch ihn von Hand zu finden, wird schneller gehen.”
„Wird wohl auch mehr Spaß machen“, fügte Kai hinzu bevor er über eine große, orangene Katze stolperte. „Das war doch Absicht“, warf er der Katze vor, welche blinzelte und ihn unschuldig anschnurrte. Er hatte keine Zweifel, dass sowohl die Katze als auch Uriel ihn auslachten. „Nochmal und ich mach aus dir ein Paar Hausschuhe“, warnte er die Katze, welche verstörend unbeeindruckt blieb.
„Es ist mein Verständnis, Vampir, dass deine Gattung für ihre schnellen Reflexe gerühmt wird.“ Uriels Lippen kräuselten sich zu einem winzigen Grinsen.
„Möglichenfalls haben dich die Jahrhunderte mit meinem Bruder...weich gemacht.“
Kai hielt inne und drehte sich zu Uriel. „Warum würdest du dich so früh schon unbeliebt machen, Uriel?“
Der Erzengel sah ihn abwägend an: „Gib Acht Vampir, nicht, dass du im hohen Alter noch dünnhäutig wirst.“
Kai musste grinsen, trotz seines Unwohlseins mochte er Uriel.
Sie liefen weiter.
Letztendlich kamen sie zu einer Reihe an Hecken, hinter denen keine Katzen mehr zu sehen waren. Uriel setzte die graue Katze, die er in seinen Armen gehalten hatte, ab und streichelte sie ein letztes Mal.
„Diese Runen“, er deutete auf einige Steine, „sie machen es den Katzen unmöglich auf die andere Seite der Hecke zu gehen. Der Aufwand, die Zeit und das Geld, dass Gregory für die Defensivmechanismen des Grundstücks investiert hatte, waren beeindruckend. „Er ist ausgezeichnet geschützt. Außer vor meinen Artgenossen und dir, selbstverständlich.
Te hatte Kai erzählt, dass Gregory magische Abschreckmittel hatte, jedoch hatte keiner der beiden diese Ernst genommen. Kai hatte seine eigenen Schutzvorkehrungen. Die Katzen hatten ihn überrascht, doch waren, dank Uriel, nur eine kleine Unannehmlichkeit gewesen. All das, hatte die Schuld Gergorys recht überzeugend bewiesen. Niemand, der Nichts zu verbergen hatte, betrieb so einen Aufwand versteckt und abgesichert zu bleiben.
* * *
Robertas Magen knurrte. Sie fragte sich, ob sie damit durchkommen würde, sich etwas zu essen zu holen. Vielleicht könnte sie dem Arschloch dabei auch noch sein Abendessen auftischen. Nach einem prüfenden Blick, um sicher zu stellen, dass die Luft rein war, wagte sie es. Als sie auf ihrem Weg an der Tür zur Höhle des Löwen vorbeikam, versuchte sie festzustellen, ob er noch am Telefon war, oder bald nach ihr verlangen würde. Noch war er beschäftigt, weiter ging es also, auf den Ausgang zu.
Tief durchatmend, schritt sie aus dem Büro, hinein in einen langen Gang, Augen auf den Boden gerichtet. Sie schritt schleunigst an den Leibwachen des Arschlochs vorbei, welche an den Rändern des Gangs positioniert waren. Allesamt waren von asiatischer Abstammung, großgewachsen und schlank, mit langen Haaren und Zöpfen. Sie trugen schwarze Kleidung und waren mit komplizierten Tribal Tattoos bedeckt. Ihre bloße, bedrohliche Präsenz drehte ihr den Magen umdrehen. Sie trugen keine Schusswaffen, jedoch hatte jeder von ihnen ein Schwert an der Hüfte befestigt. Roberta hatte nicht direkt Angst vor ihnen, jedoch bereiteten die Männer in Schwarz ihr ein mulmiges Gefühl.
Als der Spießrutenlauf durch die Bodyguards geschafft war, atmete sie tief durch und machte sich auf den Weg zur Cafeteria. Abermals wand sie ihre Augen nicht vom Boden ab als sie an den Steinstatuen, die links und rechts an den Wänden Spalier standen, vorbeieilte.
Die Eiserne Lady hatte schrecklichen Geschmack was Kunst anging. Diese hässlichen, frazenschneidenden Dinger standen überall herum. Dann waren da die scheußlichen Mitbringsel auf dem Schreibtisch und den Regalen des Arschlochs, von denen einige aussahen als könnten sie aus Teilen von echten Tieren, oder Menschen, gemacht sein. Nur bei dem bloßen Gedanken an diese, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Als sie einmal ein Kommentar über das Dekor gemacht hatte, erzählte ihr die Eiserne Lady, dass sowohl sie, als auch das Arschloch, primitive Kunst liebten. Sie hatten oftmalig vergessene Orte auf der ganzen Welt besucht, um dort ungewöhnliche Kunststücke in ihre Sammlung aufzunehmen.
Sobald sie die Cafeteria betrat, waren diese Gedanken wie weggeblasen und sie stand für einen Moment stirnrunzelnd vor dem Menü. Als sie sich wieder zusammengerissen hatte, entschied sie sich für einen Cheeseburger mit Edelpilzkäse für sich - zum Teufel mit den Kalorien - und Hackbraten mit Kartoffelbrei und gemischtem Gemüse für das Arschloch. Zweifellos würde er lachend auf ihren Teller schauen und sie fragen ob sie schon jemals was von Salat gehört hätte. Sie würde dann freundlich grinsen und sich wünschen, sie hätte seinen Hackbraten vergiftet.
Natürlich war sie dick, das war so offensichtlich wie ihre brauen Augen. Aber es gab andere Tatsachen über ihren Körper, mit denen sie zufrieden war. Mit ihren ein Meter achtzig war sie, mit und ohne High-Heels, größer als sowohl das Arschloch, als auch die Eiserne Lady. Ihr Haar war so lang und schwer, wie es üppig war, es nahm, ohne murren, jede Farbe und Form an, die sie ihm diktierte. Rotbraun war die momentane Haarfarbe ihrer Wahl, sie glaubte, dass dies ihrem ansonsten unscheinbaren Erscheinungsbild den nötigen Pepp verleihen würde. Es musste sich nicht alles um ihr Gewicht drehen und das war ihr Recht.
Leider war es ihrer Mutter, einer perfekten XS Trägerin, nicht recht, dass ihre Tochter nicht über ihr Gewicht reden wollte, wie sie es ihr auch während ihres letzten Weihnachtsbesuchs klarmachte. Da Roberta ja ihre „sehr vielversprechende Karriere in der Unterhaltungsbranche“, „weggeworfen“ hatte, war ihre Mutter der Meinung, dass alles was sie hatte noch ihr Aussehen war. Sie fragte sie tatsächlich: „Was für ein Mann will eine dicke Frau?“
Roberta war ungefähr zehn Jahre alt gewesen als ihr klargeworden war, dass ihre Mutter Wahnvorstellungen hatte, wenn es um ihre angeblichen Talente ging. Sie hatte sich durch den Tanzunterricht gequält, obwohl sie sich im Klaren war, dass sie nicht im Entferntesten elegant war, was ihre Selbstvertrauen untergrub, was ihr Tanzen wiederum schlechter machte. Sie hatte Albträume vom Gesangsunterricht. Egal wie viel sie übte, ihre Stimme passte einfach nicht zur Musik. Sie war unmusikalisch und vor Schuld über ihre Unfähigkeit zerfressen.
Also spielte sie mit, lies die beschämenden Blicke der anderen Kinder und deren Eltern über sie ergehen, während ihre Mutter ihnen erzählte, was für ein großer Star Roberta doch einmal werden würde. Sie war jedoch nicht all zu schlecht im Schauspielunterricht gewesen. Sie filmte ein paar Werbespots als Kind, doch nach einem sehr ehrlichen, und privaten, Gespräch mit ihrem Agenten, hatte Roberta auch das aufgegeben.
Aushilfsjobs waren ihre Rettung gewesen. Eine talentierte Büroarbeiterin zu sein, hatte ihr Selbstwergefühl aufgebessert, endlich war sie gut in etwas. Ihre Mutter allerdings, hatte ihr nie vergeben und beschwerte sich immer noch bei ihr, dass sie ihre Chance ein Star zu sein, verschwendet hatte. Weswegen Feiertagsausflüge und der gelegentliche Anruf, aller Kontakt mit ihrer Familie war, den sie aushielt.
Sobald die Essenspakete fertig und gepackt waren, machte sie sich auf den Weg zurück ins Büro und wunderte sich, ob das Arschloch überhaupt mitbekommen hatte, dass sie verschwunden war. Aus Angst zu lange abwesend gewesen zu sein, nahm sie auf dem Rückweg eine Abkürzung durch die Küche.
Als sie ankam, waren die Türen des Bürozimmers weit offen und sie konnte Schreie hören. In der Annahme, dass er sie anschrie - gefühlt war sie die einzige Person die er je anschrie - ignorierte sie ihn für eine Weile, während sie ihr Abendessen auf den Schreibtisch stellte. Danach richtete sie sich auf, bereitete sich mental auf eine verbale Tracht Prügel vor und lief mit einem Teller in der Hand in die Höhle des Löwen.
* * *
Als Kai die Hecke hinter sich lies, nahm er einen Geruch auf, mit dem ihm klar wurde, warum die Katzen auf die Rasenfläche beengt waren. Genauere Analyse des Geruchs verriet ihm, dass sich fünf Werwölfe in diesem Bereich des Gartens aufhielten. Er musste sich nicht auf seine Nase verlassen, um zu verstehen, dass allesamt Mischlinge waren. Kein reinblütiger Werwolf würde jemals mit einem Menschen zusammenarbeiten.
Sein Schlendern verwandelte sich in einen Sprint in ihre Richtung. Sie standen in einer Gruppe in der Nähe des zweiten Kontrollpunktes. Es musste wohl gerade erst Schichtwechsel gewesen sein, sie sahen entspannt aus, lachten und rauchten.
Ohne langsamer zu werden, um das Überraschungselement auf seiner Seite zu haben, brach Kai das Genick Zweier. Mischlinge verwandelten sich nur während des Vollmonds und da dieser noch einige Wochen entfernt war, hatten sie ihm nichts entgegenzusetzen außer ihren geschärften Sinnen und unnatürlicher Geschwindigkeit. Nicht ansatzweiße genug, allein aufgrund seines Alters. Sie umkreisten Kai, machten sich bereit sich auf ihn zu stürzen. Er wich einem aus, hatte vor einen anderen anzuspringen, als plötzlich drei brennende Pfeile aus dem Nichts auftauchten und alle drei Werwölfe auf der Stelle töteten.
„Verdammt, Uriel.“ Kai drehte sich in die Richtung seines schuldigen Begleiters.
“Komm schon, Vampir. Hör auf zu herumzutrödeln“, sagte Uriel im vorbeigehen zu ihm, während er die Auffahrt entlangschlenderte.
Perplex, überraschte das Lachen aus seiner eigenen Kehle selbst Kai. Er war, trotz dem unvereinbartem Eingreifen Uriels, mehr amüsiert als irritiert. Er joggte die Straße entlang und kam neben dem Erzengel zum Halt. Zwei halbblütige Vampirwachen unterhielten sich in der Nähe des Eingangs. Sie schienen ruhig, als hätten sie nichts von dem vorhergehenden Tumult mitbekommen.
„Ab jetzt gehören sie mir“, knurrte Kai mit einem Seitenblick auf Uriel.
„Wie du wünschst, Vampir.“
„Ich habe einen Namen, weißt du?“, murmelte er, bevor er sich Richtung Wachen aufmachte.
„Natürlich. Vampir,” antwortete Uriel.
Kai schnaubte und schüttelte seinen Kopf, er würde nie das letzte Wort haben.
In freudiger Erwartung die zwei Bastarde seiner Rasse zu vernichten, schritt er auf die Mischlinge zu. Als er die Zufahrt entlangspazierte, musste er sich erinnern, dass er in professioneller Kapazität hier war. Das hieß: Schnell und sauber arbeiten, keine Zeit Schmerzen zu bereiten. Im Wissen, dass es ihnen unmöglich war ihn zu wittern, bewegte er sich in einem gemächlichen Tempo, dass den Wachen reichlich Zeit gab ihn zu sehen. Sobald er gesichtet wurde, richtete der ihm Nächste eine Waffe auf ihn.
„Stehenbleiben!“, rief er.
„Mischlinge mit Schusswaffen“, antwortete Kai ohne langsamer zu werden, „hättet ihr auch nur einen Hauch Selbstachtung, wärt ihr beschämt.“
„Vielleicht überdenkst du das nochmal“, erwiderte die nun grinsende Wache und drückte ab.
Die Kugel traf Kai in die Brust. Er ächzte vor Schmerzen, während er vorwärts sprintete, die Waffe nahm und sie durch den Kopf der Wache schlug. Der zweite Mischling, schoss ihm in den Rücken.
Kai fluchte, wirbelte herum und sprang. Er entwaffnete seinen Gegner, während er seine Beine unter ihm wegfegte, in dem er sie brach. Die Wache schrie auf und fiel zu Boden. Kai zerbrach die Waffe und warf die Teile von sich.
Er konnte die Kugeln in seinem Körper spüren, wie sie sich ihren Weg zurück ins Freie bahnten. Angeschossen zu werden war nicht seine Lieblingsbeschäftigung und wäre da nicht der Gesichtsausdruck der Schützen, als die Kugeln ihn nicht stoppten, hätte er wohl versucht den Geschossen auszuweichen. Es war die Schmerzen wert, ihr Gesicht zu sehen.
„Nachdem die erste Kugel mich nicht zu Boden gebracht hat, hättet ihr etwas Anderes versuchen sollen“, erklärte er der Wache, während er sich vor sie in die Hocke setzte, um auf Augenhöhe zu sein.
Der fassungslose Bastard versuchte vor ihm wegzukriechen. “Die Kugeln waren nicht nur aus Silber, sondern auch noch gesegnet, ein Schuss hätte dich töten sollen.“
„Unglücklicherweise für dich, hat er das nicht.“ Das Geräusch der Kugeln, die sich nun endlich den Weg aus Kais Körper gebahnt hatten, unterstrichen seine Antwort.
Kai zog einen Flachmann aus seinem Mantel, öffnete ihn und nahm einen Schluck. Danach streckte er seinen Arm aus und lies etwas Flüssigkeit auf die Wache tropfen, welche schreiend versuchte auszuweichen. Seine entsetzten Augen fixierten sich auf Kai.
“Was bist du?”
„Ist das wirklich relevant, wenn man deine momentane Situation in Betracht zieht?“
Der Mischling starrte ihn hilflos an. Kai nahm einen weiteren Schluck Weihwasser.
“Wo ist Gregory?”
Der Blick der Wache lag nun fest auf dem Flachmann.
„Wie weiß ich, dass du nicht noch mehr auf mich schüttest?“
“Tust du nicht. Aber dir sollte klar sein, dass ich auf jedenfall weitermachen werde, solltest du mir nicht antworten.” Seine Drohung wahrmachend, goss Kai eine kleine Menge des Weihwassers über das gebrochene Bein des Vampirs, was ihm weitere Schreie entlockte.
“Bitte… Flur entlang die erste links, bitte hör auf”, bat die Wache schmerzenserfüllt.
Kai nickte. „Viele Dank.“ Er verschloss den Flachmann, steckte ihn wieder ein und stand auf um zu gehen.
„Warte“, schrie ihm die Wache nach. Kai sah ihn fragend an. „Du kannst mich hier nicht so liegen lassen.“ Er gestikulierte in Richtung seines gebrochenen, langsam schmelzenden Beines.
„Was würdest du vorschlagen?“
Die Wache unterbrach den Augenkontakt und sah auf den Boden.
„Wenn du nicht mal danach fragen kannst, hast du‘s nicht verdient.“ Mit einem düsteren Lächeln auf dem Gesicht, drehte sich Kai um und lief in Richtung Eingang, die schluchzende Figur der Wache hinter sich lassend.
Bastarde zu foltern bevor er sie tötete war eine seiner liebsten Zeitvertreibe, der Gedanke einen umzubringen bevor er ihn zumindest ein bisschen gequält hatte, war wirklich absurd gewesen. Er lachte in sich hinein, Weihwasser war wie Säure auf dem Fleisch der Bastarde, selbst wenn es nicht mehr in direktem Kontakt zu ihrer Haut war, würde es sie immer noch tödlich vergiften. Er stellte sich selbst mit dem Wissen zufrieden, dass der Tod der Wache langsam und schmerzvoll sein würde, selbst wenn er nicht dabei sein könnte, um es mit zu bekommen.
Uriel wartete geduldig auf ihn an der Tür. Kai fühlte die Belustigung des Erzengels eher, als dass er sie sah.
„Was ist denn jetzt schonwieder?“, fragte er, während sich ein Lächeln über sein Gesicht spannte.
“Nichts, bist du fertig? Kein Grund sich meientwegen zu beeilen.”
Kai musste nun unverblümt lachen. Halbblüter waren Ungeziefer, Uriel verstand seine Einstellung. Sie betraten das Gebäude zusammen. Sobald er über die Schwelle schritt konnte Kai alte, mächtige Magie spüren, die mit einem erdrückenden Gewicht in der Luft hing. Er konnte jedoch nicht die Quelle ausmachen. Uriel zeigte auf die Statuen an den Seiten des Korridors. Kai sah ihn fragend an.
„Um das unnormale normal aussehen zu lassen, um den Verstand zu beirren und Fragen zu unterdrücken“, antwortete der Erzengel erklärend.
Kais erster Instinkt war, sie zertrümmern zu wollen. Uriel erleichterte es ihm, indem er Pfeile abschieß und die Statuen so im vorbeigehen zerstörte. Überraschenderweise wurden keine weiteren Wachen durch den Lärm alarmiert. Der Gedanke, dass sie bereits alle Hürden überwand hatten, enttäuschte Kai kurz, bis sie um die Ecke gingen.
“Ronin.” Kais Wort stieß auf einen überraschten Atemzug Uriels. Sechs tätowierte Kämpfer standen inmitten des Ganges, Schwerter gezückt. Wie konnte Te nicht gewusst haben, dass Gregory Ronin Wachen hatte?
„Ich werde dir in diesem Kampf nicht beistehen können“, beantwortete Uriel seine ungestellte Frage. „Jedoch kann ich dies tun.“
Ein Schwert erschien in Kais Hand. Er wog es in seinen Fingern, schwang es zur Übung in der Luft und empfand es nicht perfekt, aber dennoch gut balanciert. Als er aufsah, um Uriel zu danken, war Kai überrascht etwas das sehr nach Mitleid aussah in Uriels kupferfarbenen Augen zu sehen, auch wenn er nichts zu ihm sagte. Kai wand sich nun seinen Gegner zu und machte einen Schritt nach vorne, während er sich versuchte an all das zu erinnern, was ihm sein Meister, der von den Ronin ausgebildet wurde, über den Kampf gegen sie erzählt hatte.
Das Erste, was ihm in den Sinn kam war natürlich der Tipp sich nie in einen Kampf mit ihnen verwickeln zu lassen, da man schlicht und einfach verlieren würde.
Zweitens sollte man, sei man gezwungen, nur kurz mit ihnen kämpfen und sich schnellstmöglich einen Fluchtweg suchen. Der Ehrenkodex der Ronin verbat ihnen, fliehende Gegner zu verfolgen.
Angst schnürte ihm die Kehle zu und gab ihm ein flaues Gefühl im Magen. Weder sein Meister noch er waren Feiglingen, aber Fakten waren nun einmal Fakten.
Ronin waren unschlagbar.
Die Tatsache, dass Gregory diese antike Rasse als Wachen hatte, war verwunderlich. Jemanden zu finden, der die Ronin Rituale kannte, war so gut wie unmöglich und ihre Rituale selbst waren höchst präzise und kompliziert. Ein Fehltritt und es war vorbei, der Suchende war entweder tot oder so gründlich davon abgebracht seine Suche weiterzuführen, dass er nicht einmal über die Erfahrung selbst reden würde.
Ronin weigerten sich ihre Waffen gegeneinander zu richten.
Geschichten, wie sie das Kampffeld verließen nachdem verfeindete Generäle ihnen befielen gegeneinander zu kämpfen, waren zu Legenden geworden.
Sie waren Telepathen, Meister jeder vorstellbaren Waffe und besaßen übernatürliche Stärke, Geschwindigkeit und Ausdauer. Kurzgesagt: Killermaschinen. Selbst die Kazat wollten nichts mit ihnen zu tun haben.
Kai atmete tief durch und ließ seine Instinkte die Kontrolle übernehmen. Das Letzte was er tat, bevor er einen weiteren Schritt nach vorne machte, war sich zu wundern, ob Luz auf ihn gehört und ihm kein weiteres Schutzsiegel ins Fleisch geritzt hatte. Falls ja, würde dies sein letzter Kampf sein.
Ein Ronin brach von der Gruppe, um ihm entgegen zu treten. Der Kodex schrieb vor, dass, sollten sie ihren Gegnern in Zahlen überlegen sein, nur eine gleiche Anzahl Ronin wie Gegner kämpfen sollten. Da er auf sich allein gestellt war, hieß das Eins gegen Eins.
Sie hielten einige Schritte von einander inne. Kai verbeugte sich, wie angebracht war und übersah nicht den Blick erfreuter Überraschung auf dem Gesicht des Ronin, bevor er die Verbeugung erwiderte. Sekunden später erhob er sein Schwert und griff an. Die Zwei umkreisten sich, testeten ihr Können. Jeder Stoß der pariert wurde, jedem Schlag dem ausgewichen wurde, brachte sie dem tatsächlichen Kampf näher. Kai entspannte sich und glitt von Position zu Position, seine Instike übernahmen völlig und machte ihn selbstsicherer.
Nur allzu bald war die Testphase vorbei und der Kampf fing an intensiver zu werden. Er konnte sich unter einem Schlag auf Kopfhöhe hindurchducken und stieß sein Schwert nach vorne, in Richtung Bauch des Ronin, welcher jedoch elegant auswich. In einem Versuch ihn zu entwaffnen, griff Kai in die Luft, als der Ronin verschwand und hinter ihm wiederauftauchte. Er erlangte seine Fassung gerade schnell genug wieder, um nicht entzwei gespalten zu werden. Sie fuhren fort, keiner der Beiden konnte die Oberhand gewinnen.
„Genug.“ Sein Gegner trat unverzüglich einen Schritt zurück und verbeugte sich, tiefer als zuvor. Kai machte ebenfalls einen Schritt zurück.
Der Ronin, der gesprochen hatte, trat auf ihn zu. Kai hatte das ungute Gefühl, dass, da er den Einen nicht besiegen konnte, er nun einen Anderen bekämpfen müsste, und so weiter, bis seine Stärke ihn endgültig verlies. Das Selbstvertrauen, dass er zuvor aufgebaut hatte, verschwand und hinterließ ihn verunsichert.
„Du wurdest von Ronin trainiert.“
Verblüfft brauchte Kai einen Moment bis er antwortete: “Mein Meister Aram, wurde das.”
Der Ronin nickte, ein Blick zwischen Bewunderung und Belustigung auf seinem Gesicht. “Aram. Die Ronin erinnern sich an ihn. Er war diszipliniert, eifrig. Du beehrst ihn.”
Kai verbeugte sich, immer noch unsicher wohin in dieses Gespräch sie führen würde, selbst als bei der Erwähnung seines Meisters sich unsichtbare Finger um sein Herz schlossen.
“Der Grund für deine Anwesenheit wurde nun erfasst. Du magst gewähren.” Auf Kais verwirrten Blick hin, erklärte der Ronin: „Lord Te ist ein Freund der Ronin, wir werden nicht eingreifen.”
Die Ronin verbeugten sich allesamt vor ihm und liefen in Richtung Ausgang an ihm vorbei. Gemeinsam hielten sie vor Uriel inne und verbeugten sich tief. Ihr Wortführer ging auf Uriel zu und sprach so leise, dass nicht einmal Kais empfindliches Gehör das Gesagte verstehen konnte. Der Erzengel stand still, ein Ausdruck von Erstaunen prägte sein Gesicht, bevor er sich zügelte und den Ronin zunickte, als diese an ihm vorbeigingen und das Gebäude verließen.
Kai wusste besser, als Uriel zu fragen, was der Ronin ihm erzählt hatte, trotz, dass er es unbedingt wissen wollte. Er war zufrieden damit, dass Uriels ihm respektvoll zunickte, als er ihn in der Mitte des Korridors Gesellschaft leistete. Kai vermutete, dass Uriel ihn nun nicht mehr nur als Luzifers Schoßtier oder Tes Laufburschen ansah, sondern als Krieger. Stolz schwellte ihn ihm auf. Uriel durfte seine Geheimnisse haben.
Sie machten sich auf den Weg in das Innere des Büros. Gregory, der tief in ein Telefongespräch vertieft war, sah auf und missbilligte die Unterbrechung.
„Wer zum Teufel seid ihr, und wie seid ihr hier reingekommen?“, herrschte er sie an. „Roberta, wo ist sie denn jetzt schon wieder?“, fragte er während er seinen Blick über das Büro schweifen lies. „Pierre, ich werde dich zurückrufen müssen“, er legte auf. Er sprang aus seinem Stuhl und bahnte sich seinen Weg durch die zwei Eindringlinge, hinaus ins Vorzimmer. „ROBERTA“, schrie er abermals, obwohl es offensichtlich war, dass das der Vorraum menschenleer war. “Dummer Frau, wo ist sie denn jetzt?”, brummte er.
Er lugte aus der Tür: „Und wo, gottverdammt nochmal, ist meine Security?“
Kai und Uriel drangen weiter in die Untiefen des Büroraums vor und warteten auf die Rückkehr Gregorys, jedoch nicht lange.
“Hätte wissen sollen, dass diese Ronin nutzlos sind. Unbesiegbar am Arsch,” regte er sich auf, während er zu seienm Schreibtisch maschierte und sich hinsetzte.
Obwohl Kai wusste, dass Gregory älter war, sah er aus wie ein durch und durch gesunder Mann in seinen Fünfzigern, mit schlanker Figur und vollem, graumeliertem Haar.
Nun, da er sich von der Überraschung erholt hatte, sah er sie aus klugen, braunen Augen an. “Na, was wollt ihr jetzt? Wer hat euch geschickt? Die Saudis? Die Russen? Egal was sie euch zahlen, ich verdreifache es.”
Uriel lachte spöttisch von seinem Platz am Fenster aus.
„Ich wurde hierher gesandt, vom Einzigen, der dir irgendetwas bedeuten sollte“, antwortete Kai und platzierte sein Schwert sorgsam auf dem Schreibtisch. Gregory sah ihn abwägend an und sprach als hätte er nichts gehört:
“Ah zum Teufel, ihr habt meine Männer besiegt, wollt ihr vielleicht nen Job? Anscheiend brauch ich ja neue Security.” Er lachte etwas nervös auf.
Kai lehnte sich auf den Schreibtisch. „Lord Te ist äußerst verärgert mit euch.“
Bei der Erwähnung Tes Namens, weiteten sich Gregorys Augen und er erbleichte mit plötzlichem Verständnis. “Das muss es ein Missverständnis geben. Lasst mich ihn nur kurz anrufen, ich bügel das gleich wieder aus.” Er reichte nach seinem Telefon; Kai griff nach seinem Handgelenk und hielt es auf dem Schreibtisch fest.
“Kein Missverständnis. Es scheint als wärst du auf dein Alter hin geizig geworden. Zu wenig Abgaben, wenn ich richtig verstanden hab.” Kais Hand schloss sich fester um Gregorys Handgelenk, er zuckte zurück. “Hast du gedacht Lord Te würde es nicht merken? Ich bin hier um seine Schulden einzutreiben.”
„Natürlich. Lass mich nur schnell zum Safe gehen, ihr könnt alles haben, bitte um Entschuldigung.”
Kai schüttelte langsam seinen Kopf, ein unbarmherziges Lächeln verzerrte seine Züge. „Im Austausche gegen Reichtum, Macht und Unsterblichkeit hast du bestimmte Dinge versprochen. Du hast einen Vertrag unterschrieben. Einen Vertrag, den du seitdem gebrochen hast. Du denkst wirklich, du könntest einfach so deinen Safe öffnen und alles wäre wieder gut? Du ganz besonders solltest wissen, dass die Zeit für eine solch einfach Lösung nun schon längst vorbei ist.“ Er packte Gregory am Hals und zog ihn näher an sein Gesicht. “Die jetzt fällige Zahlung? Fleisch und nach meinem Gutdünken, Blut” sagte er und leckte sich seine nun ausgefahrenen Fangzähne genüsslich ab.
„Warte, warte...Lass uns hier nichts überstürzten.“
“Überstürzen? So meinst du?” Kai griff einen fuchtelnden Unterarm und drückte zu, Knochen brachen.
Gregory schrie. „Bitte, bitte, ich tu alles, lass mir nur gehen, sag du konntest mich nicht finden. BITTE!“
„Nein.“ Kai schüttelte ihn, er erschlaffte.
„Das war‘s schon?“ Er schüttelte ihn abermals, Gregory floppte herum wie eine Stoffpuppe. „Nach all meinen Mühen, du hast mich gegen einen Ronin kämpfen lassen.“
Ein letztes Mal schleuderte er ihn herum. „Und für was?“ Kai lies den Mann fallen, er hielt seinen Arm schützend und sackte in sich zusammen. “Jammerlappen. Du verdienst die Erwägung Lord Tes nicht, schon garnicht erst sein Erbarmen.”
Heißer, unnachgiebiger Zorn stieg in Kai auf, er war enttäuscht. Er hatte erwartet mehr Überzeugungsarbeit leisten zu müssen, vielleicht sogar etwas Blut zu vergießen. Irgendetwas, aber nicht diese erbärmliche Hülle eines Multimillionärs, der so einfach aufgegeben hatte. Er bemerkte ein Bild auf dem Schreibtisch und eine Idee begann sich zu formen. Für all die Beschwerden durch die sich Kai kämpfen hatte müssen, wollte, nein brauchte er sein Pfund Fleisch und er vermutete, dass er einen Weg gefunden hatte, es zu bekommen.
„Ist das deine Frau?“ Gregory sah auf, Horror in den Augen. „Sie hat auch von der Großzügigkeit Lord Tes profitiert, oder nicht? Ich denke ich werde sie als eine Art Bonus behandeln.“ Er versuchte nicht sein Entzücken über den entsetzten Schrei des Mannes zu verstecken.
„Nein!“, kreischte er mit widerkehrender Tatkraft. Kai setzte seinen Fuß auf Gregorys Rücken, drückte den nun kämpfenden Mann zu Boden. „Ich werde dir nichts erzählen, es ist mir egal, was du mit mir tust, aber nicht sie...nicht sie.“
Endlich, etwas Leben, etwas Widerstand. Kai sah auf die gefangene, schluchzende Figur und ging in seinem Kopf die Arten Verletzungen durch, die er ihm zufügen könnte, ohne ihn zu töten. Dann realisierte er, dass sie nicht allein waren. Er sah auf, eine Frau stand wie gelähmt in der Tür.
* * *
Roberta kam zu einem abrupten Stopp, als sie durch die Tür schritt. Inmitten des weiträumigen Büros standen zwei Männer. Einer in Schwarz gekleidet, einem dunklen, olivfarbigen Hautton, schwarzen Haaren und Tattoos in seinem Gesicht, die sich über seinen Hals bis unter seinen Kragen zogen. Der Andere hatte glänzend rote Haare und sah aus, als ob er aus einem Märchen herausgerissen worden war...war das ein Bogen und ein Köcher auf seinem Rücken?
Der erstaunlichste Teil der Szene, die sich ihr ergab, war allerdings nicht die Seltsamkeit der beiden Männer, die war in diesem Job schon fast erwartet, nein, es war, dass der tätowierte Mann das Arschloch mit einem Bein auf dem Boden festhielt.
Gregory weinte.
Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Eine leise Stimme im Hinterkopf riet ihr so schnell wie möglich Land zu gewinnen, bevor sie bemerkt wurde.
Aber zu spät. Der tätowierte Mann hielt inne und sah sie an. Der Andere, seinem Blick folgend, drehte sich ebenfalls zu ihr. Die Intensität der Blicke erlaubten ihr nicht sich zu bewegen, sie zitterte.
“Seine Frau?”, fragte der Tätowierte Mann, nahm einen Schritt auf sie zu, „Wo ist seine Frau?“
„Wehe du erzählst diesem blutsaugenden Hurensohn etwas, du fette Kuh. Kein verdammtes Wort, hast du mich verstanden?“ Das Arschloch richtete sich, soweit möglich, auf und schrie sie an.
Selbst heulend und auf seinen Knien beschimpfte er sie noch. Sie fühlte einen Hauch Befriedigung, als der tätowierte Mann ihm gegen den Kopf stieß.
„So spricht man doch nicht mit einer Dame“, belehrte er das Arschloch, welches abermals in einen Weinkrampf verfiel.
“Bitte, nicht meine Fraue. Lass mich, lass mich Lord Te anrufen. Ich bin mir sicher wir finden eine Lösung.” Er wechselte zwischen dem Versuch sich an der Hose des Mannes fest zu halten und angsterfüllt Distanz zu suchen. Roberta sah fasziniert zu, wie er verzweifelt versuchte sich zu verteidigen.
Sie war überrascht, dass sie ihn bemitleidete, hatte sie doch seit dem Tag, an dem sie ihn kennen gelernt hatte, nichts für ihn empfunden außer Hass. Der Tätowierte zog ein Metallband, welches an einer Kette befestigt war, aus einer Manteltasche. Er griff das Arschloch am Haar und befestigte das Band und seinem Hals.
Ich muss an meinem Schreibtisch eingeschlafen sein. Keine Chance, dass hier ist viel zu verrückt, um wirklich zu passieren.
„Eine Frage wurde an euch gerichtet.“ Der Märchenmann sprach zu ihr, zerschlug ihre Hoffnung, dass das alles hier nur ein Traum sei. „Es wäre dienlich für euch zu antworten.“
Er trat auf sie zu. Sie löste sich aus ihrer Schockstarre, warf das Tablett auf ihn, drehte sich um und rannte. Sie wunderte sich, dass das Tablett kein Geräusch gemacht hatte, als es ihn traf oder zu Boden fiel. Doch dieser Gedanke wurde von der Erkenntnis verdrängt, dass sie sich nicht bewegte.
„Dreh dich um.“
Ihr Körper gehorchte, ohne ihr Einverständnis. Im Augenwinkel sah sie das Tablett, welches ordentlich auf dem Boden lag, als ob man es sorgfältig dort abgestellt hätte. Der Mann kam näher. Sie erkannte zu spät, dass sie ihm nicht in die Augen hätte schauen sollen.Ihr Wille etwas Anderes zu tun, außer ihm zu gehorchen, schwand. Seine Präsenz allein vernichtete ihren Selbsterhaltungstrieb. Er brannte durch sie hindurch und sie würde bereitwillig zu Asche verglimmen und nichts tun, um sich zu retten.
„Uriel, lass das“, hörte sie eine verärgerte Stimme sagen.
Uriel? Was für ein wunderschöner Name.
Der tätowierte Mann drückte sich an Uriel vorbei, auf sie zu, das Arschloch bei seiner neuen Leine führend.
„Willst du nun Informationen, oder nicht?“, antwortete Uriel antwortete, unterbrach jedoch nicht den Blickkontakt zu ihr.
Die Unterhaltung ging an ihr vorbei, während sie auf weißen, bauschigen Wolken der Verehrung schwebte.
„Nicht, wenn du sie zu einem sabbernden Idioten machst, nein.“
Uriels Haare waren so rot. So musste eches Rot aussehen.
„Kümmert es dich überhaupt?“
Ein Rot, welches sowohl Mensch als auch Natur strebten zu imitieren. Lebendiges Feuer. Die Wahrhaftigkeit der Farbe wird ihnen immer entweichen, aber ich sehe es. Ich weiß es. Das Wissen, dass diese Erkenntnis nur für sie war, etwas Besonderes, wärmte sie von Innen heraus.
„Ja, das tue ich. Du solltest es auch.“
* * *
Kai sah auf den ausdruckslosen Blick der Frau und schüttelte angewidert seinen Kopf. Er war mit Uriel warm geworden, jedoch wurde er nun enttäuscht, er erinnerte sich wie rücksichtslos Engel waren, wenn es darum ging ihre Ziele zu erreichen. Keine Rücksicht auf Unschuldige. Es verärgerte ihn, wie unnötig grausam sie seien konnte.