Waldwichte des Schwarzwalds - Dominik Vorbach - E-Book

Waldwichte des Schwarzwalds E-Book

Dominik Vorbach

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Beschreibung

Die drei Freunde Finn, Ole und Calla haben schon einige Abenteuer zusammen im Nordschwarzwald erlebt. Sie lieben es, in der Natur zu sein und sich neuen Herausforderungen zu stellen. Eines Tages finden sie eine Schatzkarte, und ihr neues Abenteuer beginnt. Bevor die Reise in ein fremdes Tal unternommen werden kann, müssen die Kinder im heimatlichen Dorf einige Tüfteleien anstellen und die Zustimmung aller Bewohner für ihr Vorhaben erhalten. Auf ihrem Weg begleitet sie Jesper, ein alter Eremit voller Tatendrang. Er führt sie auch zur Teufelsmühle, deren Name allein den Kindern einen Schauer über den Rücken laufen lässt... Die Geschichte der Waldwichte erzählt von einer naturverbundenen Kindheit dreier Freunde, die in einer Gemeinschaft mit beispielloser Unterstützung aufwachsen. Da sie sehr abgeschiedenen wohnen, genießen die Kinder ihr Leben voller Einfallsreichtum, Leichtigkeit und spontaner Begeisterungsfähigkeit, weit weg von modernen Einflüssen und gesellschaftlichen Normen.

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EPUB
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Seitenzahl: 93

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Für Philipp und Flora

Inhaltsverzeichnis

Die Kienbächler

Das Baumhaus

Zum Ochsen

Besuch bei Jesper

Das Dorf

Das Geheimnis von Jesper

Der Sommer

Die Einladung

Entscheidung bei Schweinshaxe

Pläne schmieden

Tüfteln in der Stellmacherei

Der Winter

Abschied

Ungebetene Gäste

Fahrt ins Ellbachtal

Vorbereitungen für den großen Tag – oder die Teufelsmühle

Das Rennen

Die Heimreise

Die Kienbächler

Finn und Ole waren Waldwichte. Sie wohnten im Schwarzwald, genauer gesagt im Kienbachtal, das von den Einheimischen liebevoll Kienbächle genannt wurde. Waldwichte waren kleine Wesen, die Menschen ähnelten, jedoch viel besser an das Leben im Wald angepasst waren. Sie hatten kräftige Arme und Beine und konnten mit ihren großen, spitz zulaufenden Ohren sehr gut hören. Finn und Ole spielten gern auf den Wiesen in der Nähe ihrer Behausungen oder auf den am Waldrand liegenden Wiesen. Einige der Häuser waren im Schutze großer Weißtannen, am Bachlauf oder in der Nähe von Quellen errichtet worden. Die Kinder spielten liebend gerne Verstecken und jagten sich über die Wiesen und durch den Wald. Finn war ein aufgeweckter, schlanker Junge, der gerne bei jeder Gelegenheit rannte so schnell ihn seine Beine trugen. Ole war etwas kleiner und rundlicher und liebte die Gemütlichkeit. Oft spielte Calla mit den beiden. Sie war sportlich und klug und konnte es gut mit den etwas größeren Jungs aufnehmen. Calla hatte lange, dunkle Haare und steckte sich gerne eine gepflückte Blume in ihre wellige Mähne. Die drei waren ungefähr neun oder zehn Jahre alt. So genau wussten sie es nicht, da Waldwichten die Zeit nicht so wichtig war und sie auch keine Geburtstage feierten. Wenn man die Kinder fragte, wie alt sie waren antworteten sie schlicht: „Keine Ahnung, das ändert sich von Jahr zu Jahr." Die Wichte konnten nicht verstehen, was man daran finden konnte, die Zeit zu messen. Sie hatten keine Uhren, und brauchten auch keine. Die Sonne sagte einem, wann der Tag anfing und wann er endete, und der Bauch einem, wann es Zeit zum Essen war. Wobei die Jungs doch manchmal dachten, dass eine Uhr gar nicht so schlecht wäre. Zu oft hatten sie schon auf Calla warten müssen. „Du kommst immer zu spät", sagte Finn, als ihre Freundin einmal gemütlich auf sie zugeschlendert kam. „Nein", entgegnete diese. „Ich komme nie zu spät, ihr habt's nur immer so eilig."

Das Leben der erwachsenen Wichte war ein Kampf mit der Natur. Sie mussten fleißig sein bei der Jagd oder beim Anbau, um später ernten zu können und Vorräte anzulegen. So arbeiteten die Waldwichte fast das ganze Jahr hindurch hart. Nur im Winter, wenn der Schnee sich wie eine Decke über die Landschaft legte, kehrte Ruhe ins Tal ein.

Jeder der Erwachsenen in der Gemeinschaft erfüllte die Aufgaben, die ihm der Stammesälteste bei einer der regelmäßigen Zusammenkünfte zugeteilt hatte. In der Regel war dieser Stammesälteste der Anführer. Eine Ausnahme ergab sich nur, wenn er zurücktrat und damit Platz für den Zweitältesten ließ. So war es vor einigen Jahren geschehen, als Jesper, der Älteste der Waldwichte, sich aus der Gemeinschaft zurückgezogen hatte. Ihm war es im Dorf zu laut und hektisch geworden und so hatte er sich auf den nächstgelegenen Berg zurückgezogen, das Höferköpfle. Die Kinder hatten ihn gefragt, was er denn an diesem einsamen Fleck so schön fände. Da hatte Jesper ihnen entgegnet, dass er es liebe, den Wind zwischen den Bäumen jagen zu hören und sonst im Wald außer ein bisschen Vogelgezwitscher, nichts weiter zu vernehmen. Er liebte die Einsamkeit und die Ruhe des Waldes, ließ sich aber hin und wieder im Dorf blicken, denn seine frühere Gemeinschaft war ihm in guter Erinnerung geblieben, und er interessierte sich für die Neuigkeiten aus dem Dorf.

Nun war jedoch schon eine lange Zeit vergangen, seit man Jesper zum letzten Male gesehen hatte. Sorgen machten sich die Waldwichte aber um ihn nicht. Wenn der Wind günstig stand, hörte man sein Pfeifen im Tal, und so wussten alle, dass es ihm gut ging. Ansonsten hämmerte, sägte und klopfte es im ganzen Dorf, denn alle Waldwichte waren sehr fleißig. Sie bauten immerzu an ihren Unterkünften, Vorratsschuppen und den Geräten, die sie für die Arbeit auf dem Feld und im Wald benötigten. Dabei waren sie sehr erfindungsreich und entwickelten immer bessere und ausgetüftelte Werkzeuge, Wagen und Behälter. Während die Erwachsenen viel arbeiteten, hatten die Kinder Zeit zum Spielen und Toben, was eine große Freude für sie war. Eine Schule gab es im Kienbachtal nicht, und so waren die Kinder meist den ganzen Tag im Freien. Für sie konnte es keinen schöneren Platz auf der Welt geben als ihr Kienbächle.

Das Baumhaus

Finn, Ole und Calla trafen sich fast jeden Tag zum Spielen. Die drei waren so gute Freunde, dass man meinen könnte, sie seien fest wie Magnete verbunden. Es gab in der Umgebung des Dorfes keinen Bach, den sie nicht durchquert, keinen Kletterbaum, den sie nicht erklommen, und keine Fuchshöhle und keinen Dachsbau, den sie nicht zusammen erforscht hatten.

„Kommt, lasst uns auf unser Baumhaus gehen", rief Ole seinen beiden Freunden zu „unseren Schatz vor gefährlichen Räubern verteidigen!" Das Baumhaus am Waldrand, in dem die drei so gerne spielten, war vor einiger Zeit auf großen Pfählen von Menschen erbaut worden. Von dort aus hatte man einen atemberaubenden Blick auf das Kienbachtal und das angrenzende Sankenbachtal. Finn und Calla waren von der Idee begeistert und rannten sogleich laut schreiend über die blühenden Wiesen in Richtung Baumhaus. Dabei fand Calla eine große, gelbe, wunderschöne Blüte, die sie sich gleich in ihr Haar steckte.

Als sie auf die Plattform des Baumhauses geklettert waren, hielten sie erst einmal Ausschau, ob sie jemand Fremden sahen oder ob sie sich sicher fühlen konnten. Heute schien es keinen Eindringling zu geben, der ihnen das Baumhaus streitig machen wollte. So konnten sie den Blick etwas weiter schweifen lassen. Auf der einen Seite lag das Kienbachtal. Dort sahen sie die Stellmacherei, die Knud, der Wagner, betrieb. In und um seine Werkstatt herum standen unzählige Wagenräder in unterschiedlichster Größe. Nebenan war die Schmiede von Liv zu sehen, aus deren Schornstein schwarzer Rauch aufstieg. Weiter oben standen die anderen Hütten, und überall wimmelte es von Waldwichten, die fleißig ihrer Arbeit nachgingen. Auf der anderen Seite lag das Sankenbachtal, indem es ganz ruhig war und wo man nur das Rauschen des Baches hörte.

„Lasst uns nachsehen, ob unsere Schatzkarte noch da ist.", sagte Calla und schob auch schon zwei Bretter der Baumhauswand beiseite. Gespannt schauten die Kinder in das dunkle Loch dahinter. „Kannst du etwas sehen, Calla?", fragte Ole. „Da ist sie!", rief Calla erleichtert und holte ein altes, verdrecktes Stück Leder hervor. „Kann man die Farbe darauf noch erkennen?", fragte Finn neugierig. Calla kratzte vorsichtig den Dreck von dem Leder. Zum Vorschein kamen blau gemalte Linien. „Was soll das sein?", sagte Finn. „Vielleicht Flüsse oder Bäche?", vermutete Calla. „Schaut, hier ist noch ein Pfeil." „Merkwürdig, was das wohl bedeutet?" „Dort könnte ein Schatz liegen." Die Kinder rätselten noch etwas über das seltsame Stück Leder, das sie bei einem ihrer Ausflüge im Wald in der Nähe des Bergerbrunnens – einem aus einem Baumstamm gemachten Brunnen – gefunden hatten und es seitdem als ihre Schatzkarte betrachteten. Sie malten sich aus, was sie alles in der Schatzkiste finden könnten. Wenn sie nur wüssten, was es mit der Zeichnung wirklich auf sich hatte!

Auf einmal rief Finn: „Verstecken! Ein Angriff!" Schnell duckten sich die kleinen Wichte und spielten, wie sie tapfer ihr Baumhaus verteidigten. Sie bildeten sich ein, gegen wilde Angreifer zu kämpfen, und sprangen dabei aufgeregt im und um das Baumhaus herum.

Ole war dabei auch schon einmal von der Plattform gefallen, als er nicht merkte, dass ihm Finn ein Bein gestellt hatte. Der arme Ole war damals am ganzen Körper blau und lila gewesen und es hatte einige Tage gedauert, bis er Finn verzeihen konnte.

Die Kinder versanken mit ihren Fantasien so sehr in ihrer Spielwelt, dass sie dabei alles um sie herum vergaßen, bis sie plötzlich ein lauter Knall aufschrecken ließ. Aus dem angrenzendem Sankenbachtal hörten sie fluchende Stimmen: „Verdammt, wir sind aufgelaufen! Hat sich jemand verletzt?" Die drei Kinder schauten in die Richtung. Sie sahen fünf Wichte und ein Floß im Bach. Es waren Bewohner aus dem Sankenbachtal. Da die Kienbächler sehr kontaktscheu waren, hatten sie mit den Sankenbächer Wichten kaum etwas zu tun; man ließ sich gegenseitig in Ruhe. Die Sankenbächer waren im Vergleich zu den Kienbächlern etwas kleiner und schmächtiger. „Hilfe, wir ertrinken gleich!", schallte es durch das Tal. Finn, Ole und Calla sprangen von ihrem Baumhaus herunter ins hohe Gras und rannten die Wiese hinunter zum Fluss. Finn lief so schnell, dass er beim Rennen stolperte, sich überschlug und den steilen Berg hinunterrollte. Ole und Calla erreichten als Erste den Bach. Die Kinder sahen, dass die Wichte ins Wasser gestürzt waren. Ihr Floß war in eine Stromschnelle geraten und gekippt und steckte nun an einem Felsbrocken fest. Die fünf gekenterten Wichte versuchten sich über Wasser zu halten und wurden immer wieder von den Wellen des Baches getroffen. „Hier, haltet euch daran fest!", rief Ole, der von einem umgestürzten Baum einen Ast abgeknickt hatte. Dessen Blätter waren noch grün, er war also noch frisch und der Baum vermutlich erst beim letzten Sturm umgefallen. Ole versuchte den Ast zu einem verzweifelten Wicht herüberzureichen, was nicht einfach war. Nach und nach gelang es, einen Wicht nach dem anderen mithilfe des Astes ans Ufer in Sicherheit zu bringen. Die Verunglückten bibberten vor Kälte. Sie waren sehr erschöpft und dankbar, dass die drei Freunde sie gerettet hatten. Finn, Ole und Calla waren etwas ängstlich, als ihnen die Fremden gegenüberstanden, und so verabschiedeten sie sich schnell, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass es den Verunglückten gut ging. Die drei Kinder rannten über die duftenden Wiesen zurück zum Baumhaus, wo sie noch den ganzen Nachmittag spielten.

Der Hunger trieb sie abends nach Hause. Das Stück Leder mit der merkwürdigen Zeichnung nahmen sie diesmal mit. Sie wollten es in Ruhe noch einmal anschauen, da sie sich immer noch keinen Reim darauf machen konnten, was man mithilfe der Karte entdecken konnte. Auf dem Rückweg kamen sie bald an einem der ersten Häuser, der Werkstatt von Knud, dem Wagner, vorbei. Es war eine alte Scheune, deren mächtige Dachsparren einen weiten Vorsprung ergaben. Auch der Dachfirst ragte weit heraus und reichte fast bis zu Straße. An seinem Ende war eine Umlenkrolle angebracht, mit der man große Baumstämme von den Wägen der Waldarbeiter in die Scheune heben konnte. Ole hatte sich einmal den Spaß gemacht und Finn mit einem Seil angebunden und ihn dann mithilfe der Umlenkrolle nach oben gezogen. Beim Anblick seines am Dachfirst hängenden Freundes hatte er sich gar nicht mehr einkriegen können. Der Arme hing dann den halben Tag dort, bis ihn Knud endlich befreien konnte. Wobei, einen guten Ausblick hatte man dort oben schon.