Wann sind Frauen wirklich zufrieden? - Martin Schröder - E-Book
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Wann sind Frauen wirklich zufrieden? E-Book

Martin Schröder

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Beschreibung

»Schröders imposantes Pionierwerk lässt hoffen, dass uns die Wissenschaft helfen kann, die Lebenskunst der Zufriedenheit besser zu meistern.« Psychologie heute über »Wann sind wir wirklich zufrieden?«

Überraschenderweise arbeiten viele Frauen gerne in Teilzeit und möchten sich stärker für ihre Familie engagieren. Sie fühlen sich dabei jedoch nicht benachteiligt, sondern ganz im Gegenteil anerkannt und zufrieden. Beruflich können Frauen genauso erfolgreich sein wie Männer. Sie wollen aber oft etwas anderes. Diese klare Sprache sprechen die Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels und der Beziehungsstudie pairfam, die Martin Schröder ausgewertet hat. Im Gegensatz dazu proklamiert der Feminismus – der zweifellos viel für weibliche Lebensentwürfe errungen hat – Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen auch dort, wo die Daten eindeutig etwas anderes zeigen: Frauen leben längst, wie es ihnen gefällt. Sie wählen ihre Lebensentwürfe selbst und müssen sich dafür vor niemandem rechtfertigen.

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Karriere, Partnerschaft, Kinder, Freizeit: Wann sind Frauen zufrieden?

Überraschenderweise arbeiten viele Frauen gerne in Teilzeit und möchten sich stärker für ihre Familie engagieren. Sie fühlen sich dabei jedoch nicht benachteiligt, sondern ganz im Gegenteil anerkannt und zufrieden. Beruflicher Erfolg ist für Frauen nicht schwieriger zu erlangen als für Männer. Aber nicht was Frauen erreichen können, sondern was sie wollen, unterscheidet sich grundsätzlich von dem, was Männer wollen. Diese klare Sprache sprechen die Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels und der Beziehungsstudie pairfam, die Martin Schröder ausgewertet hat.

Der Feminismus hat viel für die Frauen erreicht, aber inzwischen proklamiert er Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen, wo die Daten eindeutig etwas anderes zeigen: Frauen leben längst, wie es ihnen gefällt, weil sie sich genau so und nicht anders entschieden haben. Es ist daher an der Zeit, ihnen das gute Gefühl zu geben, sich für ihre Lebensentwürfe nicht schämen zu müssen.

Martin Schröder, geboren 1981, hat am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln promoviert, war danach Postdoc an der Harvard University und ist Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er durch Auftritte in den Tagesthemen, Stern TV oder RTL News bekannt. ZEIT, FAZ, Le Monde, SPIEGEL und Stern berichten regelmäßig über seine Forschungsergebnisse. Zuletzt von ihm erschienen sind »Warum es uns noch nie so gut ging und wir trotzdem ständig von Krisen reden« (2018) und »Wann sind wir wirklich zufrieden?« (2020/21), das als Wissenschaftsbuch des Jahres ausgezeichnet wurde.

www.cbertelsmann.de

Martin Schröder

Wann sind Frauen wirklich zufrieden ?

Überraschende Erkenntnisse zu Partnerschaft, Karriere, Kindern, Haushalt

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Copyright © 2023 C.Bertelsmann

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: total italic/Thierry Wijnberg

Umschlagabbildung: Shutterstock/Mrs. Opossum

Satz: Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-28554-8V001

www.cbertelsmann.de

Inhalt

1  Warum es Menschen meist besser geht, als wir vermuten

2  Weltweit geht es Frauen so gut wie Männern. Sie wollen aber nicht dasselbe

3  Frauen und Männern geht es auf dem Arbeitsmarkt gleich gut

4  Im Privatleben sind Frauen nicht benachteiligt

5  Wie die Gender Studies sich von der Realität verabschiedeten

6  Für eine Gleichberechtigung, die Menschen wirklich hilft

7  Wie man mich missverstehen kann: ein paar Klarstellungen

Dank

Literatur

Anmerkungen

Abbildung 1: Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern in Deutschland, Zeitverlauf

Abbildung 2: Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern weltweit

Abbildung 3: Verteilung familienzentrierter, adaptiver und karrierezentrierter Männer und Frauen

Abbildung 4: Jobzufriedenheit von Frauen und Männern im Zeitverlauf

Abbildung 5: Stundeneinkommen je nach Einstellung zu Mutterschaft

Abbildung 6: Tägliche Freizeit kinderloser Frauen und Männer, Väter und Mütter

Abbildung 7: Freizeitzufriedenheit kinderloser Frauen, Männer, Väter, Mütter

Abbildung 8: Freiraum in Beziehungen von Frauen und Männern

Abbildung 9: Häufigkeit von Sex

Abbildung 10: Zufriedenheit mit Sex, Frauen und Männer

Abbildung 11: Partnerwunsch von weiblichen und männlichen Singles

Abbildung 12: Zufriedenheit mit der Situation als Single

Abbildung 13: Was ist für Frauen typischer? Standardisierte Effektstärken

Abbildung 14: Was ist für Männer typischer? Standardisierte Effektstärken

1

Warum es Menschen meist besser geht, als wir vermuten

Lesen Sie sich die folgenden zwei Sätze einmal durch:

Mehr als 60 Prozent aller Ehepartner bleiben zusammen.

Fast 40 Prozent aller Ehen werden geschieden.

Schauen Sie jetzt nicht nach oben, sondern überlegen Sie: An welche der beiden Informationen erinnern Sie sich gerade?

Wenn Sie ticken wie die meisten Menschen, erinnern Sie sich spontan, dass fast 40 Prozent aller Ehen scheitern, statt dass 60 Prozent aller Ehepartner niemals die Scheidungspapiere ausfüllen. Doch beides ist dieselbe Information. Ist sie negativ verpackt, erinnern wir uns allerdings besser daran. Sich an negative Informationen besser zu erinnern, hört sich nach einem Fehler an. In der Wissenschaft ist dies als Negativity Bias bekannt.[1] Früher war diese Negativitätsverzerrung kein Fehler, sondern ein Feature. In grauer Vorzeit waren negative Informationen für unser Überleben schlicht wichtiger als positive. Missachtet man die Information: »Neben dir steht ein Tiger«, liegt man schnell unter der Erde. Missachtet man die Information: »Der Apfel ist lecker«, passiert nicht viel. Besser, man achtet auf das Negative.[2]

Was früher sinnvoll war, um in einer gefährlichen Welt zu überleben, macht uns heute oft blind. Wir haben noch nie so viel über jeden Flugzeugabsturz, jeden Krieg und jede Hungersnot erfahren. Das ist erst mal auch gut. Schließlich sollte Unglück nicht unbeachtet bleiben. Doch während spektakuläre negative Ereignisse etwas über reales Leid verraten, erzählt uns kaum jemand von den positiven Trends hinter diesen spektakulären Ausnahmen. Oder hätten Sie gewusst, dass Fliegen in den letzten 80 Jahren 2100-mal sicherer wurde?[3] Dass in den 1950er Jahren noch fast jeder zweite, heute dagegen nur noch jeder zehnte Mensch in extremer Armut lebt?[4] Dass die Wahrscheinlichkeit, in Kriegen zu sterben, sich in den letzten 70 Jahren um mehr als 90 Prozent verringert hat, so dass mehr Menschen mittlerweile an zuckerhaltigen Softdrinks sterben als an Kriegen?[5] Ja, Cola ist mittlerweile gefährlicher als Krieg. Doch wir sehen die Welt oft negativer, als sie ist, weil wir viel über spektakuläre Abweichungen von positiven Trends erfahren, jedoch kaum etwas über die viel wichtigeren positiven Trends dahinter, die gerade nicht die Ausnahme sind.

An derselben Verzerrung leiden wir, wenn wir über das Leben von Frauen nachdenken. Wir haben wahrscheinlich noch nie so viel über Diskriminierung, Mütter-Burn-out und Geschlechterquoten geredet. Und das ist gut so. Denn auch hier gilt: Leid sollte nicht unter den Tisch gekehrt werden. Doch wer kennt die andere Seite? Das sind die vielen neuen empirischen Studien, wonach Frauen bei Bewerbungen nicht mehr diskriminiert werden (Kapitel 3). Wem ist klar, dass Mütter so viel Freizeit haben wie Väter und damit auch genauso zufrieden sind (Kapitel 4)? Wer weiß, dass der Gender Pay Gap mittlerweile fast vollständig mit Lebensentscheidungen und Vorlieben von Männern und Frauen erklärbar ist statt mit Diskriminierung (Kapitel 3)? Weil wir kaum etwas davon erfahren, beurteilen wir das Leben von Frauen viel zu negativ. Um das zu ändern, habe ich die entsprechenden Studien und Daten zusammengetragen. Ich kann Ihnen versprechen: Gingen Sie bisher davon aus, dass Frauen ein trauriges Leben haben, werden Sie aus dem Staunen nicht herauskommen – wobei es Männern übrigens auch gut geht.

Und keine Sorge. Es ist nicht so, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt, wenn Sie bisher das Gegenteil dachten. Das liegt neben unserem natürlichen Negativitäts-Bias an drei weiteren Verzerrungen, unter denen wir alle leiden. Denn erstens zeichnen Medien das Leben von Frauen negativer, als es dem Durchschnitt entspricht, nicht weil Medien ihre Arbeit nicht gut machen, sondern gerade weil sie ihre Arbeit machen, wie wir es von ihnen erwarten. Niemand will schließlich in der Tagesschau hören, wie ein Haus nicht abgebrannt, ein Flugzeug nicht abgestürzt und ein Land nicht angegriffen wurde. Genauso wenig interessieren wir uns dafür, dass Familien keinen Streit hatten, Frauen zufrieden mit ihrem Gehalt sind oder Eltern ihre Kinder lieben. Uns interessiert vielmehr, was schiefläuft. Und dieses Interesse befriedigen die Medien. Sie erzählen uns deswegen von dem einen Flugzeugabsturz und dem besonders aufsehenerregenden Familienstreit. So erfahren wir nichts von glücklichen Müttern, sondern nur von jenen, die tränenreich bereuen, jemals Kinder bekommen zu haben. Wir erfahren von Ausnahmen, aber nicht von der Regel. Denn die Regel ist langweilig.

Nachdem die Nachrichten uns von den negativen Ausnahmen erzählt haben, sorgt unser sogenannter Recall Bias dafür, dass wir die Realität nun anhand dieser negativen Nachrichten bewerten. Der Recall Bias, auch »Verfügbarkeitsheuristik« genannt, ist eine generelle menschliche Tendenz, etwas für wahrscheinlicher zu halten, desto leichter man sich daran erinnert. Auch das war einmal sinnvoll. Schließlich war bisher tatsächlich wahrscheinlicher, woran man sich leichter erinnern konnte.[6] Wer sich beispielsweise gut an den letzten kalten Winter erinnern kann, wird wahrscheinlich bald wieder einen kalten Winter erleben. Besser, man bereitet sich darauf vor. Wer sich hingegen an keinen einzigen kalten Winter erinnern kann, muss sich wahrscheinlich auch auf keinen vorbereiten. Doch dieser früher sinnvolle Denkmechanismus spielt uns mittlerweile Streiche. Haben Sie gerade einen Zombiefilm gesehen, argwöhnen Sie Untote hinter jeder Ecke. Und haben Sie eine Reportage über gestresste Frauen gesehen, halten Sie Frauen auch generell für gestresst. Wir bewerten die Welt eben nicht anhand statistischer Jahrbücher, sondern anhand einer Medienberichterstattung, die auf Probleme fokussiert ist. Daraufhin verallgemeinern wir diese negative Berichterstattung zum Zustand der Welt. Wir denken deswegen, das Leben von Frauen sei ganz furchtbar, obschon die meisten Frauen ihr Leben nicht als furchtbar empfinden.

Und es gibt noch einen Grund, weswegen wir das Leben von Frauen für schlechter halten, als es ist. Denn immer wieder fällt uns schmerzhaft auf, dass die Welt nicht unseren moralischen Ansprüchen genügt. Schließlich gibt es Armut, Gewalt und Ungleichheit. Doch wenn wir bemerken, dass die Welt schlechter ist, als wir es möchten, so vergessen wir, dass nicht nur die Welt schlecht, sondern auch unser Anspruch hoch sein kann. Werden Frauen schlechter bezahlt? Werden sie diskriminiert? Haben Eltern weniger Zeit für ihre Kinder? Die Frage ist nicht, ob all dies schlechter wird. Die neuesten Daten, die wir noch sehen werden, sind eindeutig: All dies wird messbar besser. Doch schneller, als die Realität sich verbessern kann, steigen unsere moralischen Ansprüche daran. Wir sehen deswegen auch dort mehr Ungerechtigkeit, wo es mittlerweile messbar weniger gibt. Forscher nennen dies »prävalenzinduzierten Konzeptwandel«. Dieses Wortungetüm bedeutet, dass wir unsere Bewertungen daran anpassen, was wir jeweils als normal ansehen. Fragt man Sie beispielsweise an einem 15 Grad warmen Januartag, ob es heute warm ist, antworten Sie: »Ja, heute ist es warm.« Denn wenn Sie im Winter gefragt werden, ist ihr Vergleich ein typischer Wintertag. Stellt man Ihnen jedoch genau dieselbe Frage an einem genauso warmen Julitag, empfinden Sie die gleichen 15 Grad als kalt. Denn Ihre Referenz ist nun kein Wintertag, sondern ein Sommertag. Wir richten unsere Bewertungen also immer an dem aus, was in einem bestimmten Umfeld als normal gilt.[7] Das ist erst mal sinnvoll. Doch dadurch empfinden wir in einer besser werdenden Welt immer mehr Probleme, wo früher niemand Probleme gesehen hat. Man kann das durchaus zivilisatorischen Fortschritt nennen. Doch deswegen vermuten wir auch, dass das Leben von Frauen problematischer wird, während es sich radikal verbessert. Die Münchener Professorin Barbara Vinken meinte beispielsweise um die Jahrtausendwende, in Deutschland sei »seit den Zwanzigerjahren in Sachen Gleichberechtigung nicht viel passiert«, und Sarah Speck, Professorin für Frauen- und Geschlechterforschung, findet, seit 1950 sei »fragwürdig […] inwieweit überhaupt von Fortschritt oder Emanzipationsgewinnen gesprochen werden kann«.[8] Heute beträgt der Gender Pay Gap noch ungefähr 20 Prozent. Darüber regen wir uns vielleicht zu Recht auf. Doch in den 1950er Jahren regte sich kaum jemand über einen viermal so hohen Gender Pay Gap auf.[9] Diese zunehmende moralische Sensibilität ist ein Fortschritt. Doch dieser Fortschritt wird zum gefühlten Rückschritt, wenn wir unsere steigenden Ansprüche mit einer faktischen Verschlechterung der Welt verwechseln. Wir vermuten dann nämlich, dass die Welt schlechter wird, obwohl sie rasant besser wird.

Zuletzt bewerten wir das Leben von Frauen auch deswegen zu trübselig, weil ein »illiberaler Feminismus« Frauen als chronische Opfer präsentiert. Sie kennen vielleicht den Begriff »illiberale Demokratie«. Viktor Orbán, Ministerpräsident Ungarns, bezeichnet sein Land als illiberale Demokratie. Das trifft es recht gut. Illiberale Regierungen können sich nämlich nicht vorstellen, dass andere auch mal Recht haben könnten. Statt sich nach den Meinungen ihrer Bevölkerung zu richten, versuchen illiberale Regierungen ihrer Bevölkerung deswegen lieber vorzuschreiben, was sie zu denken hat.[10] Ebenso sind Teile des Feminismus und der Gender Studies illiberal geworden. Denn sie fragen Frauen nicht mehr, wann es ihnen gut geht und was sie selbst wollen, sondern präsentieren Frauen selbst dann noch als machtlose Opfer ihrer Lebensumstände, wenn diese sich gar nicht so fühlen.

Schon Mitte der 1970er Jahre meinte die old school Feministin Alice Schwarzer, Frauen seien »die Opfer der Opfer«.[11] Die feministische Aktivistin Catherine MacKinnon ging noch weiter. Sie meinte, dass »das substanzielle Prinzip, welches das Privatleben von Frauen strukturiert, Machtlosigkeit gegenüber Männern ist«.[12] Vielleicht können Sie sich außer Machtlosigkeit noch andere Prinzipien vorstellen, die das Privatleben von Frauen strukturieren; mir würden Freundschaft oder Liebe einfallen, nur so als Beispiele. Doch auch das aktuelle Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung meint, die »Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen« entscheide über dessen »Herrschaft und Unterworfensein«.[13] Und noch 2020 meinte die einflussreiche feministische Philosophin Sally Haslanger, Frauen seien schon aus Prinzip unterdrückt.[14]

Empfindet eine Frau (oder ein Mann) sich tatsächlich als unterworfen, machtlos oder beherrscht, muss man das selbstverständlich ernst nehmen. In milderen Fällen kann man Freunde und Psychologen, Paartherapien oder den Scheidungsantrag empfehlen, ansonsten den Polizeinotruf 110 oder das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen. Doch das Wesen des Illiberalismus ist ja gerade, sich nicht dafür zu interessieren, ob Frauen sich tatsächlich schlecht fühlen, sondern Frauen schon deswegen als unterworfen, machtlos und beherrscht anzusehen, weil sie Frauen sind. Ob die Frauen sich dabei selbst als Opfer ansehen, spielt keine Rolle. Ganz im Gegenteil: Wer sich nicht als Opfer sieht, wird sogar abgewertet. So meint die feministische Autorin Charlotte Raven: Wenn eine Frau glaube, es gehe ihr gut, verleugne sie in Wahrheit nur »ihren Schmerz und ihr Opferdasein«.[15] Mareike Nieberding schreibt: »Es ist fast ein bisschen egal, wie emanzipiert eine Frau sich fühlt. Faktisch ist sie es nicht.«[16] Die feministische Journalistin Teresa Bücker meint gar, sie »verachte« jene, die finden, dass »erwachsene Menschen sich nicht in eine Opferrolle begeben sollten«.[17] Frauen weiszumachen, unglückliche, machtlose und unterdrückte Opfer zu sein, selbst wenn sie das Gegenteil beteuern, ist, wie seiner Freundin einzureden, ihr Lieblingseis sei Mango, obschon sie beteuert, es sei aber doch Stracciatella. Kann man machen. Ist aber illiberal.

Das soll nicht in Abrede stellen, dass Frauen nicht immer bekommen, was sie verdienen. Manche haben fiese Partner; einige werden nicht befördert; andere trotz bester Qualifikationen nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen. All das ist schlimm. Und genau deswegen sollten wir wissen, ob es seltener geworden oder immer noch die Regel ist. Dieser Versuch eines datengetriebenen Soziologen, die Welt zu messen, kann etwas verkühlt rüberkommen gegenüber der endlosen Beteuerung, die Welt solle doch besser werden. Also for the record: Die Welt sollte besser werden. Bin ich auch dafür. Finde ich sogar richtig gut. So, ist das erledigt. Doch bevor wir die Welt besser machen können, müssen wir doch erst einmal wissen, wie sie ist. Sonst gehen wir von falschen Voraussetzungen aus.

Falls Sie erst einmal kaum glauben können, dass es Frauen viel besser geht als vermutet, ist das übrigens umso besser. Sie sollen es ja auch nicht glauben, sondern an den Daten sehen. Diese dokumentieren auch, inwiefern es durchaus noch Benachteiligung gibt, Stichwort Partnerschaftsgewalt und Alleinerziehende. Doch die Daten zeigen ebenfalls, wie es oft selbst dort keine strukturellen Probleme mehr gibt, wo wir noch ganz fest an sie glauben. Vielleicht habe ich Unrecht. Und wenn Sie das am Ende des Buches immer noch denken, dann wenigstens aufgrund der neuesten Studien und Daten. Doch selbst wenn Sie mein Argument am Ende des Buches für falsch halten, bin ich mir recht sicher, dass Sie dann zumindest nachvollziehen können, wie man vernünftigerweise die Sichtweise vertreten kann, dass die Emanzipation im Wesentlichen abgeschlossen ist, da es Frauen und Männern gleich gut geht.

Das zweite Kapitel zeigt dazu mit zwei der weltweit größten Erhebungen, dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) und dem World Values Survey, dass Frauen in Deutschland und der ganzen Welt mit ihrem Leben so zufrieden sind wie Männer. Doch in unterschiedlichen Ländern zeigt sich merkwürdigerweise, dass Väter zufriedener sind, wenn sie länger arbeiten, Mütter aber nicht. Frauen wird deswegen ein »falsches Bewusstsein« unterstellt, nämlich selbst nicht zu wissen, was gut für sie ist. Doch internationale Vergleich zeigen: Je freier Männer und Frauen werden, desto unterschiedlicher werden sie. Mehr Gleichberechtigung geht also mit weniger Gleichstellung einher. So studieren Frauen technische Fächer am seltensten dort, wo es am meisten Gleichberechtigung gibt, beispielsweise in Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden. Wo es dagegen am wenigsten Gleichberechtigung gibt, studieren Männer und Frauen am öftesten dasselbe, beispielsweise in Algerien oder der Türkei. Und für Deutschland zeigen die Daten: Frauen entscheiden sich nicht gegen technische Fächer, weil sie davon abgehalten werden, sondern weil sie messbar keine Lust darauf haben. Auch Karriere bezeichnen Frauen als genauso erreichbar, jedoch als weniger erstrebenswert. Frauen und Männer verfolgen also unterschiedliche Ziele. Und je freier sie darin sind, desto mehr unterscheidet sich ihr Leben. Man kann Männer und Frauen insofern entweder unterstützen, zu leben, wie sie möchten, das wäre Gleichberechtigung. Oder man kann dafür sorgen, dass sie gleich leben, das wäre Gleichstellung. Beides gleichzeitig geht jedoch nicht. Denn Männer und Frauen werden umso unterschiedlicher, je mehr Freiheit man ihnen gibt.

Das dritte Kapitel zeigt mit Daten des SOEP, was das für Deutschlands Arbeitsmarkt bedeutet. Schon junge Männer und Frauen haben unterschiedliche Wünsche. Und ihre späteren Karrieren entsprechen diesen früheren Wünschen. Frauen sind daraufhin mit ihren Jobs genauso zufrieden wie Männer; sie verdienen auch nicht weniger, weil sie Frauen sind, sondern nur, falls sie weniger karriereorientierte Einstellungen haben; Frauen arbeiten zudem in genauso prestigeträchtigen Jobs wie Männer. Bringen sie dieselbe messbare Leistung, sind sie tendenziell sogar bevorteilt. Frauen können ihre Wünsche also genauso in die Tat umsetzen wie Männer. Nicht was sie bekommen können, sondern was sie wollen, unterscheidet sich. Nach dem Arbeitsleben führt dies nicht dazu, dass Frauen finanziell unzufriedener sind, so dass sie insgesamt, so kann man die Ergebnisse zusammenfassen, mit ihrem Arbeitsleben recht zufrieden sind. Und das, obwohl Studien immer wieder versuchen, genau das Gegenteil herauszufinden.

Das vierte Kapitel zeigt mit Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam, dass Frauen auch privat recht zufrieden sind. Wo die Gender Studies Recht haben: mit der Hausarbeit sind Frauen wirklich unzufriedener. Auch leisten sie mehr Fürsorgearbeit. Doch das wollen sie auch, wie Umfragedaten zeigen. Frauen haben zudem ebenso viel Freizeit wie Männer. Sie sind mit ihrem Lebensstandard genauso zufrieden und minimal zufriedener mit ihrem Beziehungs- und Familienleben. Das ist vielleicht kein Wunder. Schließlich geben sie in ihren Beziehungen öfter den Ton an als ihre männlichen Partner. Das Muster ist dasselbe wie im Arbeitsleben: Frauen bekommen, was sie wollen, genauso wie Männer. Doch Frauen wollen nicht dasselbe wie Männer, also bekommen sie auch etwas anderes. Und das erklärt ihr unterschiedliches Leben viel mehr als jedwede Benachteiligung. Auch als Single kommen Frauen besser klar. Sie sind insofern unabhängiger von Männern als umgekehrt.

Kapitel 5 zeigt, wieso wir Frauen oft als Opfer ansehen, obwohl sie sich in Wirklichkeit weder so fühlen noch es objektiv sind. Früher zeigte die Geschlechterforschung, wo Gleichberechtigung noch nicht erreicht ist. Dort konnte der Feminismus für gleiche Rechte kämpfen. Doch in seiner illiberalen Variante hört der Feminismus Frauen nicht mehr zu, sondern predigt ihnen, wie sie zu leben haben. Kaum zu glauben? Einer der größten Bluffs aller Zeiten bewies es. In Fachzeitschriften der Gender Studies veröffentlichten drei Scherzkekse Artikel, die lediglich radikale und vollkommen absurde Forderungen enthielten, beispielsweise Männer für die bisherige Unterdrückung von Frauen in Uniseminaren anzuketten, die männlich geprägte Astronomie mit einer feministisch-queer-indigenen Astrologie zu ergänzen oder Männer, die sich nicht anal befriedigen wollen, als transphob zu brandmarken. Anscheinend wurden die Artikel trotz ihres verrückten Inhalts veröffentlicht, weil sie Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Kapitel 5 ist interessant für Sie, wenn Sie verstehen wollen, wie eine Wissenschaftsrichtung voller schlauer Leute sich derart radikalisieren konnte, dass heute kaum noch jemand mitmachen will. Daraufhin schauen wir uns an, wie es besser gehen könnte.

Lebenschancen von Frauen und Männern haben auch eine politische Dimension. Ein Staat muss möglichst gleiche Chancen herstellen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung. Wenn die Politik jedoch von falschen Annahmen ausgeht, kann sie auch nicht die richtigen Maßnahmen ergreifen, um Diskriminierung zu bekämpfen. Wie kann man es besser machen? Das sechste Kapitel zeigt auf Basis der analysierten Daten, wie man Menschen ermöglichen kann zu leben, wie sie möchten, statt wie Gleichstellungsbeauftragte es für richtig halten. So sprechen die analysierten Daten für die beste öffentliche Kinderbetreuung der Welt, Familiensteuersplitting, mehr Elterngeld und mehr Elternrente. Sie legen auch nahe, Kinder möglichst geschlechtsneutral zu erziehen, Frauen durch vollkommen anonyme Bewerbungen alle Türen zu öffnen, Geringverdiener steuerlich zu entlasten und typische Frauenjobs im öffentlichen Dienst besser zu bezahlen, Alleinerziehenden zu helfen und den bereinigten Gender Pay Gap auf null zu bringen. Wofür die Daten jedoch nicht sprechen, ist, Frauen in dieselben Jobs wie Männer zu drücken oder umgekehrt. Selbst eine Quote könnte man allerdings unter bestimmten Bedingungen einführen. Aus Sicht eines unterstützenden statt illiberalen Feminismus müsste man jedoch den Männern und Frauen helfen, die es tatsächlich gibt, statt bestimmte Lebensmodelle zu fördern und andere zu unterdrücken, weil man selbst meint, genau zu wissen, wie Menschen leben sollten. Wenn Sie wissen möchten, wie solch ein unterstützender statt illiberaler Feminismus aussehen könnte, ist Kapitel 6 interessant für Sie.

Es gibt viele Möglichkeiten, dieses Buch falsch zu verstehen. Das siebte Kapitel schließt daher, indem es mit ein paar Einwänden umgeht. So argumentiere ich nicht, dass es keine Diskriminierung gibt. Auch Gewalt gegen Frauen gibt es. Und wenn es sie gibt, ist sie furchtbar. Ich zeige, warum alle Argumente des Buches genauso funktionieren, wenn Unterschiede zwischen Männern und Frauen klein oder rein kulturell statt biologisch sind. Ich zeige jedoch auch, dass die derzeitigen Annahmen im öffentlichen Diskurs nicht alle gleichzeitig stimmen können, weil sie sich widersprechen. Und ich lege dar, warum manche Kritik an den Gender Studies wirklich unangemessen ist. Zuletzt geht es darum, wieso ich Unrecht haben könnte und das in Ordnung ist.

Haben Sie als Frau schon einmal gedacht, dass Ihnen Ihr Leben viel besser vorkommt, als der moderne Feminismus predigt? Auf den folgenden Seiten können Sie nachlesen, woran das liegt. Haben Sie sich als Mann schon einmal gefragt, wieso manche Sie als Unterdrücker bezeichnen, obwohl Sie sich beim besten Willen nicht so fühlen? Die folgenden Seiten geben Ihnen Antworten. Dazu sollte man sich erst einmal vor Augen führen, dass es Männern und Frauen im Schnitt gleich gut geht, obwohl wir fast immer das Gegenteil annehmen.

2

Weltweit geht es Frauen so gut wie Männern. Sie wollen aber nicht dasselbe.

Du hast wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank!

War der berechtigte Einwand meiner Freundin, als ich zaghaft die These in den Raum stellte, Frauen könnten heute möglicherweise leben, wie sie möchten – zumindest im selben Ausmaß wie Männer. Anscheinend hat sie Recht. Und ich nicht alle Tassen im Schrank. Schließlich lesen wir doch überall, es sei »längst keine wirkliche Gleichberechtigung hergestellt«.[18] Und es kann niemand in Abrede stellen, dass Frauen selbst in entwickelten Ländern weniger verdienen. Wie können sie dann emanzipiert oder gleichberechtigt sein?

Gehen wir einen Schritt zurück: Was bedeutet »emanzipiert« überhaupt? Würde es »gleich viel verdienend« bedeuten, wäre ich als Universitätsprofessor auch gegenüber einem Investmentbanker nicht emanzipiert. Stattdessen wird Emanzipation definiert als: »Gleichberechtigung anstrebend bzw. besitzend« und als sich »aus Kontrolle, Abhängigkeit, Beherrschung und Unterdrückung zu befreien«.[19] Emanzipiert ist man also, wenn man gleiche Rechte hat und nicht durch Abhängigkeit, Tradition oder Werte an dem Leben gehindert wird, das man leben möchte.[20] Deswegen war und sind Gleichberechtigung, Emanzipation, überhaupt alles, was die Frauenbewegung erstritten hat, so wichtig: gleiches Wahlrecht, sexuelle Selbstbestimmung, gleichberechtigter Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt.

Doch mittlerweile setzen nicht mehr alle Emanzipation mit gleichen Rechten gleich. Einige definieren sie als »Wandel auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit, der unbegrenzte Möglichkeiten sowohl für Frauen als auch für Männer als menschliche Wesen eröffnet.«[21] In der Tat: Definiert man sie so, wird die Emanzipation nie abgeschlossen sein. Denn »unbegrenzte Möglichkeiten« sind eine per Definition unerreichbare Zielvorstellung. Meine »unbegrenzten Möglichkeiten« werden schon dadurch beschnitten, dass ich immer wieder Hunger und Durst bekomme, periodisch müde werde und regelmäßig auf Toilette muss.

Legt man jedoch die klassische Definition von Emanzipation an, nämlich nicht kontrolliert, abhängig, beherrscht und unterdrückt zu sein, sondern vielmehr Entscheidungen frei treffen zu können, um ein zufriedenes Leben zu erreichen, dann ist die Emanzipation zumindest in entwickelten Ländern tatsächlich messbar erreicht, obschon sich das Leben von Männern und Frauen noch unterscheidet. Glauben Sie nicht mir, sondern den Daten. Fangen wir mit Deutschland an.

In Deutschland sind Frauen so zufrieden wie Männer

Seit 1984 hat die größte Langzeitstudie der Welt, das sogenannte Sozio-oekonomische Panel, jedes Jahr tausenden repräsentativ ausgewählten Deutschen dieselbe Frage gestellt: »Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig, alles in allem, mit Ihrem Leben?« Dabei bedeutet 0 »ganz und gar unzufrieden« und 10 »ganz und gar zufrieden«. Zufriedenheitswerte von 0 bis 10 hören sich erst mal abstrakt an.

Was also bedeuten sie? Der niederländische Zufriedenheitsforscher Ruut Veenhoven hat es folgendermaßen definiert: »Das subjektive Wohlbefinden des Einzelnen enthält wichtige Informationen über die Qualität des sozialen Systems, in dem er lebt. Wenn sich Menschen typischerweise schlecht fühlen, ist das soziale System offensichtlich nicht gut für die menschliche Existenz geeignet.«[22] Hohe Zufriedenheitswerte bedeuten somit, dass die Welt für Menschen lebenswert ist. Mit niedrigen Zufriedenheitswerten sind Menschen hingegen öfter krank, besorgt, gestresst, traurig und ärgerlich. Wer also vermeiden möchte, dass Menschen krank, besorgt, gestresst, traurig und ärgerlich sind, muss ihnen hohe Zufriedenheitswerte wünschen. So einfach ist es eigentlich.

Internationale Umfrageorganisationen wie Gallup definieren deswegen Werte zwischen 7 und 10 Punkten als »thriving«, also als erfolgreiches, florierendes, man kann auch einfach sagen: gutes Leben. Niedrigere Werte von 5 bis 7 gelten hingegen als »struggling« und somit als nur mäßiges, inkonsistentes Wohlbefinden, ein ledigliches »Zurechtkommen«. Menschen berichten bei diesen lediglich mittelhohen Werten von mehr Stress und Geldsorgen; sie sind auch fast doppelt so oft krank.[23] Die erst mal abstrakten Zahlen von 0 bis 10 gehen also mit fast allem einher, was wir als erstrebenswertes Leben ansehen. Schließlich ist niemand gerne krank, gestresst oder besorgt. Deswegen widmen sich mittlerweile einige der weltweit besten wissenschaftlichen Fachzeitschriften der Lebenszufriedenheitsforschung.

Doch jenseits nerdiger Wissenschaftlerzirkel hatte merkwürdigerweise noch niemand allgemein verständlich zusammengetragen, wann Menschen zufrieden sind. Deswegen berechnete ich es für mein letztes Buch und illustrierte es mit Grafiken, die jeder versteht. Vieles geht stark mit der eigenen Zufriedenheit einher. Beispielsweise sind westdeutsche, jüngere, größere, attraktivere, ausgeschlafenere, politisch eher mittig wählende, emotional stabilere und intelligentere Menschen viel zufriedener mit ihrem Leben als der Rest der Deutschen.[24]

Doch zwischen zwei Gruppen finden sich einfach keine Unterschiede: Ob Sie in Deutschland als Mann oder Frau geboren werden, ist für Ihre Lebenszufriedenheit schlichtweg egal. Und das liegt nicht daran, dass man sich an alles gewöhnt. Schauen Sie sich die Entwicklung der Zufriedenheit von Männern und Frauen seit 1984 in Deutschland selbst an.

Abbildung 1: Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern in Deutschland, Zeitverlauf

Die gestrichelte graue Linie mit grauen Kreisen zeigt die Zufriedenheitswerte von Männern. Die durchgezogene schwarze Linie mit schwarzen Vierecken die von Frauen. Sie können die Linien kaum unterscheiden? Kein Wunder. Denn die Zufriedenheit von Männern und Frauen ist in fast jedem Jahr identisch. Dagegen hat sich die Zufriedenheit aller Deutschen über die Zeit stark verändert. Die Zufriedenheit aller ging bis circa 2005 zurück und steigt seitdem wieder. Warnung: Jetzt kommen 20 Sekunden (größtenteils harmlose) Statistik. Jeder Wert hat ein sogenanntes Konfidenzintervall. Das ist die Bandbreite, innerhalb derer die Zahlen der vielen tausend Befragten mit hoher Wahrscheinlichkeit liegen. Schließlich sind nicht alle Männer und Frauen gleich zufrieden. Das Konfidenzintervall zeigt also – vereinfacht gesagt – die Schwankung der Lebenszufriedenheit innerhalb eines Geschlechts. Doch die Zufriedenheit von Männern und Frauen ist sich derart ähnlich, dass diese statistischen Konfidenzintervalle sich weitgehend überlappen, trotz einer riesigen Stichprobe von genau genommen 83 984 Menschen, die 663 842-mal befragt wurden.

Wenn man unbedingt will, könnte man versuchen herauszulesen, dass Frauen bis Mitte der 1990er Jahre etwas unzufriedener waren als Männer. Vielleicht, aber auch das ist spekulativ, weil Emanzipation und Gleichberechtigung damals noch nicht so weit waren. Doch wenn es seitdem überhaupt Unterschiede gibt, dann, dass Frauen seit Anfang der 2000er Jahre minimal zufriedener sind als Männer. Nicht die Unterschiede der beiden Kurven fallen jedoch ins Auge, sondern wie sie sich miteinander bewegen. In manchen Jahren sind also fast alle Deutschen zufriedener, in anderen fast alle unzufriedener. Doch das trifft eben genauso für Männer wie für Frauen zu. Und die Lebenszufriedenheitswerte von Männern und Frauen sind sich nicht ähnlich, weil beide gleich unzufrieden sind, sondern weil beide gleich zufrieden sind. So lag die Lebenszufriedenheit von Männern zuletzt bei 7,43, die von Frauen bei 7,48 der 10 möglichen Punkte.

Zwar vermuten einige, dass Frauen »die Care-Arbeit […] erschlagen hat, der Mental Load, die buchstäblich physikalisch unmöglich zu erfüllenden Rollenbilder und Erwartungen, die finanziellen Sorgen, der Gender-Pay-Gap, Eltern-Burn-out und Homeschooling«.[25] Doch hört man tatsächlich zu, ob Frauen mit ihrem Leben zufrieden sind, statt nur Behauptungen darüber aufzustellen, zeigt sich erstaunlicherweise das Gegenteil: Frauen geht es nicht schlecht. Und Männern auch nicht. Und das nicht nur, weil wenige sehr zufrieden sind, sondern weil kaum jemand unzufrieden ist. Wären einige sehr zufrieden und andere sehr unzufrieden, wären die statistischen Konfidenzintervalle größer. Stattdessen gaben sich zuletzt fast 80 Prozent aller Männer ebenso wie aller Frauen 7 oder mehr Lebenszufriedenheitspunkte. Demgegenüber verorteten sich nur 12,7 Prozent der Frauen und 12 Prozent der Männer in der unteren Hälfte der Skala, bei 0–5 Punkten. Wir werden deswegen noch darüber reden, ob es einer speziellen Untergruppe von Frauen doch schlechter geht als Männern. Dass es Frauen in Deutschland jedoch insgesamt schlecht geht, kann man aufgrund der Daten ebenso ausschließen wie dass es ihnen schlechter geht als Männern. Denn vielmehr geht es sowohl Frauen als auch Männern messbar recht gut.

Das kann nicht daran liegen, dass Menschen sich an alles gewöhnen oder selbst dann noch äußern, zufrieden zu sein, wenn sie es nicht sind. Denn wie Sie sehen, sind die Deutschen in manchen Jahren durchaus unzufriedener. Das Tal der Tränen der deutschen Lebenszufriedenheit war 2004. Als Grund wird oft die damals hohe Arbeitslosigkeit genannt. Seither geht es den Deutschen offenbar immer besser, zuletzt sogar erstmals wieder so gut wie seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr, seit es also durchgehende Messungen gibt. Das ist eigentlich eine super Nachricht. Doch was ist mit dem Rest der Welt? Weltweit können Frauen unmöglich so zufrieden sein wie Männer. Oder doch?

Auch weltweit sind Frauen so zufrieden wie Männer

Weltweite Zufriedenheit erfasst der World Values Survey, eine weitere megalomanische Umfrage. Denn der WVS hat seit 1981 über 420 000 Menschen aus 105 Ländern gefragt: »Alles in allem, wie zufrieden sind Sie heutzutage mit Ihrem Leben als Ganzes?« Die Antwort 1 bedeutet »völlig unzufrieden«, eine 10 ist »völlig zufrieden«. Die Umfrage repräsentiert einen Großteil der Weltbevölkerung und innerhalb eines Landes dessen jeweilige Bevölkerung.

Sind Frauen also weltweit unzufriedener? Oder ist das Leben für sie genauso lebenswert wie für Männer? Schaut man sich die letzten Daten des World Values Survey an, haben Frauen im Schnitt eine Lebenszufriedenheit von 6,82 und Männer von 6,75. Damit sind Frauen zwar etwa 0,07 Punkte zufriedener. Doch das ist auf einer Skala von 1–10 nicht besonders viel.

Im Schnitt geht es Frauen und Männern also weltweit ungefähr gleich gut. Dahinter verbergen sich allerdings große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern. In manchen Ländern ist das Leben nämlich für alle super, in anderen jedoch für beide furchtbar. Frauen geht es also nicht überall gut. Doch wo es Frauen schlecht geht, geht es Männern ebenso schlecht. Schauen Sie sich die durchschnittlichen Zufriedenheitswerte selbst an.

Abbildung 2: Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern weltweit

Sorry für das Zahlengewusel. Doch hier probieren wir ja auch, die weltweite Zufriedenheit von Menschen mit einer einzigen Abbildung zu verstehen. Sie sehen als schwarze Rauten immer die Lebenszufriedenheitswerte von Frauen. Die grauen Kreise zeigen die jeweilige Männerzufriedenheit. Sie sind wahrscheinlich nicht gerade überrascht, dass Iraker mit ihrem Leben am unzufriedensten sind. Der Irak ist schließlich nicht gerade als Paradies menschlicher Entfaltung bekannt. Wer also meint, dass irakische Frauen ein schlimmes Leben haben, hat Recht: Sie haben tatsächlich nur 4,4 von 10 möglichen Lebenszufriedenheitspunkten, ein Negativrekord. Menschen geht es also beileibe nicht immer gut. Lange hat man der Literatur zur Lebenszufriedenheit vorgeworfen, wenig auszusagen, weil Menschen sich an alles gewöhnen und deswegen auch mit allem zufrieden sein können. Doch das stimmt nicht. Man gewöhnt sich schließlich nicht an das Leben im Irak. Es ist und bleibt miserabel. Doch fast genauso schlecht, wie es irakischen Frauen geht, geht es irakischen Männern: Sie haben ebenfalls nur 4,5 Lebenszufriedenheitspunkte. Auch simbabwischen, tunesischen, nigerianischen und äthiopischen Frauen geht es schlecht. Doch genauso schlecht geht es Männern in diesen Ländern.

Dagegen bewerten mexikanische Männer ihr Leben mit 8,2 Punkten: Weltrekord. Mexikanische Frauen geben sich allerdings genauso 8,1 Punkte. Deutschland liegt ebenfalls weit vorne. Männer zwischen der Nordsee und den Alpen bewerten ihr Leben mit 7,6, deutsche Frauen sogar mit 7,8 Punkten. Die Werte sind etwas höher als im SOEP, weil die Skala hier von 1–10 statt von 0–10 geht.

Falls Sie schon immer wissen wollten, welche Völker zufrieden und welche unzufrieden sind, schauen Sie sich die Werte in Ruhe an. Vielleicht bestätigen sie Ihre Vermutungen. Südamerikanern wird ein sonniges Gemüt nachgesagt. Und tatsächlich: viele südamerikanische Länder sind unter den weltweit zufriedensten. Wichtiger für die Argumentation dieses Buches ist allerdings, dass Frauen fast nirgendwo signifikant zufriedener oder unzufriedener als Männer sind. Genau genommen sind Frauen in Bolivien, Peru, Rumänien und Russland etwas unzufriedener, jedoch in Deutschland, Indonesien, Japan, Singapur, Thailand etwas zufriedener als Männer. Ansonsten gibt es in allen Ländern mit guten Daten einfach keinen signifikanten Unterschied.

In manchen Ländern geht es Frauen also schlecht. Doch dort geht es Männern genauso schlecht. In anderen Ländern geht es Männern gut. Und dort geht es Frauen genauso gut. Dass Männer ein besseres Leben haben als Frauen oder umgekehrt, kommt hingegen kaum vor. Das sieht man auch daran, dass 14 Prozent der eigenen mehr oder minder hohen Lebenszufriedenheit sich dadurch erklären, in welchem Land man lebt. Doch wie viel der eigenen Zufriedenheit erklärt sich durch das eigene Geschlecht? Lediglich 0,01 Prozent. Nur ein Zehntausendstel der eigenen mehr oder weniger hohen Lebenszufriedenheit hängt also davon ab, ob man als Mann oder Frau geboren wird. Es ist, mit anderen Worten, für Ihre Lebenszufriedenheit fast vollkommen egal, ob Sie als Mann oder Frau auf die Welt kommen. In welches Land Sie jedoch hineingeboren werden, ist ziemlich relevant für Ihre Chance, ein zufriedenes Leben zu führen.

Die Daten zeigen also, dass Menschen nicht automatisch und überall zufrieden sind. Im Gegenteil: Wo das Leben schlecht ist, sind Menschen äußerst unzufrieden. Übrigens lautet die Grundregel hinter hoher und niedriger Zufriedenheit, dass nicht alle armen Länder eine unzufriedene Bevölkerung haben. Doch alle reichen Länder haben eine zufriedene Bevölkerung. Im Ländervergleich garantiert also Armut nicht Unzufriedenheit. Reichtum garantiert jedoch Zufriedenheit.[26]

Während aber das eigene Land einen enormen Einfluss auf die eigene Zufriedenheit hat, ist es fast gleichgültig, ob ich innerhalb eines Landes als Mann oder Frau geboren werde. Denn innerhalb eines Landes geht es Frauen und Männern fast immer gleich gut – oder gleich schlecht. Es ergibt insofern keinen Sinn, auf das schlimme Leben von Frauen im Irak, Simbabwe, Tunesien, Nigeria, Äthiopien oder in der Ukraine hinzuweisen. Denn ja, Frauen geht es dort schlecht. Doch ebenso schlecht geht es Männern dort. Man könnte sich also genauso gut beschweren, dass es in diesen Ländern Linkshändern, Radfahrern oder Teetrinkern schlecht geht. Das würde stimmen. Man würde auch viele Beispiele dafür finden. Doch es greift eine bestimmte Gruppe als Opfer heraus, obwohl das Leben aller anderen im selben Land genauso miserabel ist. Nicht Frauen, sondern fast alle Menschen in schlechten Ländern haben ein schlechtes Leben. Und nicht Männer, sondern fast alle Menschen in guten Ländern haben ein gutes Leben.

Demgegenüber schreibt beispielsweise die wegweisende Geschlechterforscherin Maria Mies: »Das uns Verbindende sind die auf der ganzen Welt vorhandenen Erfahrungen von Frauen mit Unterdrückung, Sexismus und Ausbeutung«, überall seien Frauen durch »den Opfer- und Objektstatus unterdrückter, gedemütigter, ausgebeuteter Wesen« gekennzeichnet.[27] Nimmt man diese Aussagen ernst, ist man eine Frau erst so richtig, wenn man auch ein schlechtes Leben hat. Doch das Problem daran ist: Frauen finden ihr Leben meist gar nicht schlecht, zumindest nicht schlechter als Männer. Nicht nur meine Ergebnisse dazu sind eindeutig. Eine Untersuchung mit über 1,6 Millionen Befragten aus 166 Ländern zeigt ebenfalls, dass Frauen sogar minimal zufriedener sind.[28]

Aber man kann doch nicht bezweifeln, dass Frauen unter furchtbaren Grausamkeiten leiden: Beschneidung! Vergewaltigung! Femizid! All das ist doch real! Natürlich ist es das. Und wir können nur hoffen und dafür arbeiten, dass sich das ändert. Doch wo Frauen Schreckliches widerfährt, geschieht es Männern ebenso. Zudem darf man Zufriedenheit nicht mit Freiheit verwechseln. Der World Values Survey zeigt nämlich auch, dass Frauen sich beispielsweise in Ägypten, Russland, dem Irak, Jordanien, Äthiopien oder Pakistan weniger frei fühlen als Männer. Erst in entwickelten Ländern wie Deutschland fühlen Männer und Frauen sich gleich frei (7,1 von 10 Punkten). Und in Bezug auf Freiheit stimmt tatsächlich, dass eine generelle Verschlechterung besonders eine Verschlechterung für Frauen bedeutet. Je weniger Freiheit es in einem Land generell gibt, desto weniger frei sind dort insbesondere Frauen. Dagegen gibt es in sowieso schon freien Ländern keinen Unterschied zwischen der Freiheit von Männern und Frauen. Während sich also in generell unfreien Ländern besonders die Frauen unfrei fühlen, sind in freien Ländern Männer und Frauen gleich frei. Das belegt nebenbei die These des Sozialisten Charles Fourier, der schon 1808 vermutete, den Entwicklungsgrad einer Gesellschaft an der Freiheit von Frauen ablesen zu können. Er hat Recht: Die Freiheit von Frauen geht mit dem Entwicklungsgrad einer Gesellschaft einher.[29]

Zwar sind Frauen also genauso zufrieden wie Männer. Doch gleich frei sind sie nur in entwickelten Gesellschaften. Deswegen: Wer in Ländern wie Afghanistan Gleichberechtigung fordert, verfolgt ein wichtiges Ziel. Und selbst in entwickelten Ländern muss man aufpassen, dass Frauenrechte nicht abhandenkommen. Schließlich können Frauen heute beispielsweise in den USA weniger über eine Abtreibung entscheiden als früher. Es gibt keine Garantie für Frauenrechte und auch nicht dafür, dass alles immer besser wird. Oft muss man dafür kämpfen. Doch wer meint, in entwickelten Ländern seien Frauen immer noch unfreier als Männer, der hat die Daten gegen sich und kann insofern auch nicht mit dem Zuspruch von Frauen rechnen. Denn die fühlen sich mittlerweile genauso frei.

Die Behauptung, Frauen seien selbst in entwickelten Ländern weniger frei, widerspricht nicht nur den subjektiven Gefühlen der Frauen, sondern ebenso objektiven Indizes. So zeigt der Women, Business and the Law Index der Weltbank, dass Frauen in den entwickelten OECD-Ländern 95 Prozent der Rechte von Männern haben. In den Ländern des mittleren Ostens und Nordafrikas sieht es dagegen recht düster aus. Für Deutschland zeigt der Index, dass Frauen über alle Bereiche hinweg (Mobilität, Arbeitsplatz, Bezahlung, Selbstständigkeit, Heirat, Vermögen und Renten) 97,5 Prozent der Rechte von Männern haben. Warum nicht 100 Prozent? Weil der Staat nicht 100 Prozent der Mutterschaftszeit und des Mutterschutzes zahlt, sondern die Krankenkassen einen Zuschuss zahlen, zu dem auch die Arbeitgeber beitragen, so dass für Frauen ein Nachteil entstehen könnte.[30] Das ist es laut Weltbank, was Deutschland noch bis zur vollkommenen Gleichberechtigung fehlt. Allerdings sah das bis vor kurzem noch anders aus. Laut dem Index waren 1971 lediglich 63 Prozent der Gleichberechtigung erreicht, selbst im Jahr 2000 waren es nur 77 Prozent. Die quasi vollkommene Gleichberechtigung ist deswegen erst seit kurzem erreicht. Entsprechend hätte man dieses Buch vor 20 Jahren noch nicht schreiben können.

Das heißt jedoch umgekehrt, dass es in entwickelten Ländern wie Deutschland keinen Sinn mehr macht, Frauen weiterhin einen gesonderten Opferstatus einzuräumen. Weder fühlen sie sich so, noch rechtfertigen objektive Indikatoren es. Man darf dabei nur nicht vergessen, dass es sich immer um Durchschnitte handelt. Jeder kennt Unzufriedenheit, Benachteiligung und Unfreiheit. Ich bin allerdings nicht Psychoanalytiker, sondern Statistiker und Soziologe. Ich kann also nicht beurteilen, wann und warum Einzelne sich gut oder schlecht fühlen. Ich kann nur berechnen, ob Frauen durchschnittlich leben können, wie sie möchten. Dass Einzelne Opfer werden, bestreite ich also selbstverständlich nicht. Dass allerdings Frauen systematisch häufiger unter diesen Opfern sind, das bestreite ich durchaus. Denn es steht nun mal im Widerspruch zu den Daten. Will man also verstehen, wie gut das Leben eines Menschen ist, so ist dessen Geschlecht eine weitgehend nutzlose Information. Denn Frauen geht es im Schnitt weder schlechter noch nennenswert besser als Männern. Während sich allerdings die durchschnittliche Zufriedenheit der beiden kaum unterscheidet, unterscheidet sich durchaus, womit Männer und Frauen zufrieden sind.

Weltweit sind Väter mit längeren Arbeitszeiten zufriedener, Mütter nicht

Vor ein paar Jahren stieß ich auf ein merkwürdiges Ergebnis: Daten des SOEP zeigten, dass länger arbeitende Väter zufriedener sind. Die Zufriedenheit von Müttern stieg dagegen nicht, wenn sie länger arbeiteten.[31] Ich veröffentlichte die Studie in einer der beiden großen deutschen soziologischen Fachzeitschriften. Als Journalisten davon erfuhren, wollten sie immer eine Erklärung von mir, weswegen Väter mit längeren Arbeitszeiten zufriedener sind, Mütter allerdings nicht. Doch ich konnte das nicht wirklich beantworten und wollte auch nicht. Denn als empirischer Sozialforscher kann ich zwar einen Zusammenhang berechnen. Doch alles darüber hinaus wird schnell zur subjektiven Interpretation.

Eine Frage ließ mich daraufhin allerdings nicht los. Und ich wusste, dass empirische Forschung sie beantworten kann: War das Ergebnis eine deutsche Besonderheit? Waren also gerade deutsche Männer seltsam erzogen, so dass sie mit längerer Arbeitszeit zufriedener wurden? Oder würde man das Ergebnis weltweit finden? Ich beschaffte Daten aus allen Ländern mit ähnlich hochwertigen Befragungen. Das sind weltweit nur wenige. Denn kaum jemand hat eine so gute Umfrage wie Deutschland mit dem SOEP. Für Länder mit ausreichender Datenqualität berechnete ich die Zufriedenheit von Eltern, kinderlosen Männer und Frauen je nach wöchentlichen Arbeitsstunden.[32]

Das Ergebnis war schon wieder merkwürdig. Denn nicht nur in Deutschland, sondern auch in so unterschiedlichen Ländern wie den USA, Australien, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Russland und Südkorea sind Väter viel zufriedener, wenn sie länger arbeiten. Mütter dagegen werden bei längerer Arbeitszeit nicht oder kaum zufriedener. Kinderlose Männer und kinderlose Frauen sind dazwischen; sie profitieren nicht ganz so sehr von längerer Arbeitszeit wie Väter, doch immer noch mehr als Mütter. Und dann wurde es noch verrückter. Denn ich berechnete ebenfalls, wie zufrieden Menschen je nach Arbeitszeit ihrer Partner sind. Und dabei zeigte sich: Frauen sind weltweit zufriedener, wenn ihre Partner länger arbeiten! Nicht nur fühlen sich also Väter und kinderlose Männer besser, wenn sie länger arbeiten; auch ihren Frauen geht es besser, wenn ihre Partner länger aus dem Haus sind. Männer und besonders Väter scheinen also zufriedener, wenn sie selbst länger arbeiten. Dagegen geht es Frauen und besonders Müttern besser, wenn ihre Partner länger arbeiten.