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Beschreibung

Als Leo Trotzki am 20. August 1940 vom stalinistischen Agenten Ramon Mercader erschlagen wurde, stand die Menschheit an der Schwelle der größten Katastrophe ihrer bisherigen Geschichte. In Deutschland, Italien und Spanien waren faschistische Regime an der Macht. Ein Jahr vorher hatte mit dem deutschen Einmarsch in Polen der Zweite Weltkrieg begonnen. In den folgenden fünf Jahren sollten achtzig Millionen Menschen an der Front, in Gaskammern, vor Erschießungskommandos und im Bombenhagel der Städte ums Leben kommen. Es waren die größten und bestialischsten Verbrechen der bisherigen Geschichte. Der Mord an Trotzki stand in engem Zusammenhang mit der Vorbereitung dieser Verbrechen. Seine Ermordung war der Höhepunkt eines, wie der russische Historiker Wadim Rogowin schrieb, »politischen Völkermords«, dem eine ganze Generation revolutionärer Sozialisten zum Opfer fiel. Ohne diese Enthauptung der sozialistischen Arbeiterbewegung hätten, wie ich im Laufe meines Vortrags zeigen werde, der Zweite Weltkrieg und der Holocaust nicht stattfinden können.

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Seitenzahl: 189

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Editorial

Das Aufbrechen der Europäischen UnionVon Peter Schwarz – 24. Dezember 2015

Die Wiederkehr des Militarismus

Nein zum deutschen Kriegseinsatz in Syrien!Erklärung der Partei für Soziale Gleichheit – 28. November 2015

Die Linkspartei und der SyrienkriegVon Ulrich Rippert und Peter Schwarz – 9. Dezember 2015

Die Regionalwahlen in Frankreich und die Gefahr einer DiktaturVon Alex Lantier – 18. Dezember 2015

Bundestag beschließt Ausweitung der Militärmission in AfghanistanVon Gustav Kemper – 19. Dezember 2015

Die Zeit ruft nach dem »starken Staat«Von Johannes Stern – 24. Dezember 2015

Wissenschaft statt Kriegspropaganda

IYSSE kandidieren zur StuPa-Wahl an der Humboldt-UniversitätVon unserem Korrespondenten – 27. November 2015

Amerikanische Nazi-Website lobt Humboldt-Professor Jörg BaberowskiVon Johannes Stern – 19. Dezember 2015

Der Syrienkrieg und die historischen Interessen des deutschen Imperialismus im Nahen OstenVon unserem Korrespondenten – 12. Dezember 2015

Herfried Münkler: Ein Akademiker im Dienste des deutschen ImperialismusVon unserem Korrespondenten – 22. Dezember 2015

Münkler und Baberowski werben für imperialistische AußenpolitikVon Peter Schwarz – 10. Dezember 2015

»Wissenschaft oder Kriegspropaganda« findet große BeachtungVon Christoph Dreier – 5. November 2015

Die Hetze gegen Flüchtlinge

Rechte Clique bestimmt deutsche FlüchtlingspolitikVon Christoph Dreier – 13. November 2015

Merkels Parteitagsrede: Ausländerfeindschaft und DeutschtümeleiVon Ulrich Rippert – 16. Dezember 2015

Lafontaine hetzt gegen FlüchtlingeVon Johannes Stern – 11. November 2015

EU-Kommission plant Sondertruppe gegen FlüchtlingeVon Martin Kreickenbaum – 16. Dezember 2015

EU-Gipfel: Heftige Konflikte über FlüchtlingspolitikVon Peter Schwarz – 18. Dezember 2015

Vierte Internationale

Die politischen Lehren aus dem Verrat Syrizas in GriechenlandErklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale – 21. November 2015

Der Mord an Leo Trotzki

75 Jahre seit der Ermordung Leo TrotzkisVon Peter Schwarz – 3. Dezember 2015

Sicherheit und die Vierte Internationale, der Gelfand-Prozess und die Aussage von Mark Zborowski Ein offener Brief von David North an Susan Weissman – 5. Dezember 2015

Das Aufbrechen der Europäischen Union

Von Peter Schwarz – 24. Dezember 2015

Es sind erst 70 Jahre her, seit große Teile Europas in Trümmern lagen. Großmachtstreben, Nationalismus und Faschismus hatten den Kontinent zum Brennpunkt zweier Weltkriege gemacht, die zusammen fast hundert Millionen Opfer forderten. Nun breiten sich dieselben Tendenzen wieder aus.

Überall in Europa rücken die herrschenden Eliten scharf nach rechts. Sie rüsten militärisch auf, beteiligen sich an den imperialistischen Kriegen im Nahen Osten und Afrika, ziehen die Grenzen hoch und schüren fremdenfeindliche Stimmungen, um Flüchtlinge abzuwehren. Sie entwickeln autoritäre Herrschaftsformen und bauen einen Polizeistaat auf, um die wachsenden sozialen Spannungen zu unterdrücken.

In Frankreich hat die Regierung der Sozialistischen Partei nach den Anschlägen von Paris für drei Monate den Ausnahmezustand verhängt, tausende Soldaten auf den Straßen stationiert und ihren einzigen Flugzeugträger in den Persischen Golf entsandt, um Syrien zu bombardieren. Profiteur dieser Politik ist der rechtsextreme Front National, der in der ersten Runde der Regionalwahl zur stärksten Partei des Landes wurde.

In Ungarn und Polen bekennen sich die Regierungen offen zu den autoritären Regimen der 1920er und 1930er Jahre.

In Deutschland fordern führende Politiker und Akademiker, das Land müsse wieder die Rolle eines »Hegemons« und »Zuchtmeisters« in Europa und einer Großmacht auf der Welt anstreben, als hätte es die Verbrechen des Nazi-Regimes nie gegeben. Die Austeritätspolitik, die Berlin den wirtschaftlich schwächeren EU-Mitgliedern seit Jahren aufzwingt, hat die sozialen und politischen Spannungen in ganz Europa verschärft.

Selbst der italienische Regierungschef Matteo Renzi, ansonsten ein politischer Gefolgsmann der deutschen Kanzlerin, warf Angela Merkel diese Woche in der Financial Times vor, ihre Wirtschaftspolitik schüre die Flammen des Populismus, beschädige Regierungen auf dem ganzen Kontinent und beruhe auf einer Doppelmoral, die Deutschland nütze und Italien schade. Die Regierungen in Warschau, Athen, Lissabon und Madrid hätten ihren Job verloren, weil sie die Politik der fiskalischen Disziplin ohne Wachstum getreu befolgt hätten.

Zahlreiche Kommentare in den Medien befassen sich mit dem Aufbrechen der Europäischen Union unter dem Druck wachsender Gegensätze und Spannungen.

Reuters-Korrespondent Paul Taylor schreibt unter der Überschrift »Europas entsetzliches Jahr könnte Schlimmeres ankündigen«: »Die Krisen von 2015 haben die Union beinahe zerrissen und sie beschädigt, verletzt, mutlos und übersät mit neuen Grenzen zurück gelassen.«

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warnte in der Zeitung Die Welt, niemand könne sagen, »ob es die EU so in zehn Jahren noch geben wird«. Die Alternative sei »ein Europa des Nationalismus, ein Europa der Grenzen und Mauern. Das wäre verheerend, denn ein solches Europa hat unseren Kontinent in der Vergangenheit wiederholt in die Katastrophe geführt.«

Ein Kommentar in der Süddeutschen Zeitung fordert sogar einen »Plan B« für den Fall, dass die EU auseinander breche. Die Hauptgefahr drohe weniger von der Griechenland- und der Flüchtlingskrise oder einem Austritt Großbritanniens, als vom »Neo-Nationalismus«, heißt es darin.

Doch während diese und andere Kommentare vor einem Auseinanderbrechen der Europäischen Union und den möglichen Folgen warnen, geben sie keine Antwort auf die Frage, weshalb Nationalismus und Militarismus in Europa wieder aufflammen. Ja, sie stellen sie noch nicht einmal.

Anders als es die offizielle Propaganda wahr haben will, hat die Europäische Union die Konflikte nie überwunden, die Europa zum Brennpunkt zweier Weltkriege gemacht hatten. Sie verkörpert nicht die »Einheit Europas« und vereint nicht die europäischen Völker, sondern war stets ein Werkzeug der mächtigsten Wirtschafts- und Kapitalinteressen, denen sie als Waffe gegen die Arbeiterklasse im Innern und gegen ihre internationalen Rivalen nach außen diente. Sie ist die Brutstätte von Nationalismus, Ungleichheit, Diktatur und Krieg und der nationalen Spannungen, die Europa auseinander reißen.

Sie ist der lebendige Beweis dafür, dass es unmöglich ist, den Kontinent auf kapitalistischer Grundlage zu vereinen. Die Verteidigung von kapitalistischem Privateigentum, freiem Kapitalverkehr und Profit, die im Mittelpunkt der EU-Verträge steht, hat unweigerlich zur Folge, dass die mächtigsten Konzerne in der EU den Ton angeben und die stärksten Staaten den schwächeren ihren Willen aufzwingen. Statt die nationalen und sozialen Gegensätze zu mildern, treibt die EU sie auf die Spitze.

Die Erweiterung der Europäischen Union nach Osteuropa vor zehn Jahren brachte nicht Demokratie und Wohlstand. Die neuen Mitglieder dienten den großen europäischen Konzernen als billige Werkbank. Die Sozialsysteme wurden zerschlagen, die Löhne blieben niedrig und die Arbeitslosigkeit hoch, während es eine kleine, korrupte Elite zu Wohlstand brachte.

Die Finanzkrise 2008 nutzten die EU und vor allem Deutschland dann, um im Namen der Haushaltskonsolidierung einen beispiellosen sozialen Kahlschlag zu diktieren. In Griechenland, wo ein Exempel statuiert wurde, sank der durchschnittliche Lebensstandard in wenigen Jahren um 40 Prozent.

Auf die wachsenden sozialen Spannungen reagierten die EU und ihre Mitglieder mit Militarismus und innerer Aufrüstung. Die reale oder angebliche Gefahr terroristischer Anschläge diente ihnen dabei als willkommener Vorwand.

Mit der Flüchtlingskrise sind die Folgen der imperialistischen Kriege im Mittleren Osten und Nordafrika in diesem Jahr nach Europa zurückgekehrt. Die Flüchtlingsfrage hat Europa weiter polarisiert. Während breite Teile der Bevölkerung mit Hilfsbereitschaft reagieren, entfesseln die herrschenden Kreise eine wüste Hetze, ziehen Grenzzäune hoch und bekämpfen sich gegenseitig.

Die Gefahren, die sich aus dem Aufbrechen der Europäischen Union ergeben, sind sehr real. Neue Kriege und Diktaturen, auch innerhalb Europas, sind eine wirkliche Gefahr. Aber diese Gefahr lässt sich nicht durch die Verteidigung der Europäischen Union verhindern, sondern nur in einem unversöhnlichen Kampf gegen sie und den Kapitalismus, auf dem sie beruht.

Die einzige Möglichkeit Europa im Interesse seiner Bevölkerung zu vereinen, seine gewaltigen Ressourcen im Interesse aller zu nutzen und weitere Kriege zu verhindern, sind Vereinigte Sozialistische Staaten von Europa. Nur die unabhängige Mobilisierung der europäischen Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms kann der drohenden Katastrophe Einhalt gebieten.

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Nein zum deutschen Kriegseinsatz in Syrien!

Erklärung der Partei für Soziale Gleichheit – 28. November 2015

Die Entscheidung der deutschen Regierung, sich am Krieg in Syrien zu beteiligen, kennzeichnet ein neues Stadium der Wiederkehr des deutschen Militarismus. Hinter dem Rücken der Bevölkerung wird ohne jede öffentliche Diskussion ein neues, blutiges Abenteuer vorbereitet.

Am Donnerstag beschloss die Bundesregierung, sich mit sechs Tornado-Jets, mindestens einem Tankflugzeug, einem Kriegsschiff sowie Satellitenaufklärung an der von den USA angeführten internationalen Militärkoalition zu beteiligen, die in Syrien Stellungen des Islamischen Staats (IS) bombardiert. An der Zustimmung des Bundestags dürfte es keine Zweifel geben, da sowohl die CDU/CSU wie die SPD den Einsatz unterstützen.

Obwohl die Tornados keine Bomben tragen und ausschließlich der Aufklärung dienen, handelt es sich eindeutig um einen Kampfeinsatz. Nach dem Jugoslawienkrieg (1999) und dem Afghanistankrieg (seit 2001) ist es der dritte in der Geschichte der Bundeswehr.

Die von den Tornados gesammelten hochpräzisen Daten werden direkt an die anderen Mitglieder der Koalition weitergeleitet und dienen der Auswahl und Bestimmung der Angriffsziele. Der Verteidigungspolitiker Rainer Arnold (SPD) ließ keinen Zweifel am Charakter des Einsatzes. Auch Aufklärungstornados seien »ein Beitrag zum aktiven Kampf, da brauchen wir nicht herumreden«, sagte er. Es mache »ethisch keinen Unterschied, ob man Ziele definiert oder die Ziele bekämpft«.

Die Entsendung von Aufklärungsflugzeugen ist zudem nur der Anfang. Ist die Bundeswehr erst einmal am Krieg beteiligt, werden bald Forderungen nach einer Aufstockung folgen, bis hin zum Einsatz von Bodentruppen.

Deutschland mischt sich in einen Krieg ein, der – wie der Balkan vor dem Ersten Weltkrieg – zum Brennpunkt internationaler Konflikte und Interessengegensätze geworden ist. In einer hochexplosiven Gemengelage wird in Syrien seit mehr als drei Jahren ein »Stellvertreterkrieg« geführt, der »sogar zu einem heißen Krieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten werden« könnte, schrieb die konservative Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 18. Oktober.

Der Abschuss eines russischen Kampfbombers durch türkische Kampfflugzeuge, der offenbar mit amerikanischer Rückendeckung erfolgte, hat diese Gefahr bestätigt. Ein offener Krieg zwischen Russland auf der einen Seite und der Türkei und der Nato auf der anderen Seite könnte die Folge sein. Trotzdem – oder gerade deshalb – hat die Bundesregierung entschieden, sich an dem Krieg zu beteiligen.

Wie bei allen Kriegen muss man dabei zwischen den vorgeblichen und den tatsächlichen Gründen unterscheiden.

Offiziell wird das militärische Eingreifen mit einem Hilfsersuchen des französischen Präsidenten François Hollande nach den Anschlägen von Paris gerechtfertigt. Es gehe darum, so die offizielle Begründung, eine Allianz gegen den internationalen Terror zu schmieden und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu besiegen. Tatsächlich wurde das militärische Eingreifen Deutschlands im Nahen Osten seit Jahren vorbereitet. Die Anschläge von Paris boten lediglich den willkommenen Anlass, vorhandene Pläne in die Praxis umzusetzen.

Seit dem Libyenkrieg vor viereinhalb Jahren sind führende Vertreter in Politik und Medien der Auffassung, dass die deutsche Nichtteilnahme ein großer Fehler war. Über 50 führende Politiker aller Parteien, Journalisten, Akademiker, Militärs und Wirtschaftsvertreter arbeiteten unter Federführung der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) eine neue außenpolitische Strategie aus. Sie gipfelte in der Forderung, Deutschland müsse politisch und militärisch wieder eine internationale »Führungsrolle« einnehmen, weil es als »Handels- und Exportnation« wie kaum ein anderes Land auf »die Nachfrage aus anderen Märkten sowie Zugang zu internationalen Handelswegen und Rohstoffen« angewiesen sei.

Gestützt auf dieses Papier verlangten Bundespräsident Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen Anfang 2014 ein »Ende der militärischen Zurückhaltung«. Deutschland sei »zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren« und müsse »bereit sein, sich außen- und sicherheitspolitisch früher, entschiedener und substanzieller einzubringen«, erklärten sie.

Nun begründet von der Leyen in einem Interview mit dem Handelsblatt das militärische Eingreifen in Syrien ausdrücklich mit ihrer damaligen Forderung. »Im Frühjahr 2014 war die heutige Situation für niemanden absehbar«, erklärt sie. »Und dennoch war es gut, dass der Bundespräsident, der Außenminister und ich diese Debatte praktisch zeitgleich angestoßen haben: Wir haben dort Fragen diskutiert und Standpunkte erarbeitet, auf die wir uns nur wenige Monate später in realen Krisen stützen konnten.«

In die Praxis umgesetzt wurden diese »Standpunkte« erstmals in der Ukraine, wo Deutschland gemeinsam mit den USA den rechten Putsch unterstützte, der ein pro-westliches Regime an die Macht brachte und einen scharfen Konflikt zwischen der Nato und Russland provozierte, der bis heute andauert.

Schon damals warnten wir vor einer Eskalation der Konflikte im Nahen Osten. Im September 2014 verabschiedete eine Sonderkonferenz der Partei für Soziale Gleichheit eine Resolution gegen Krieg, in der es heißt: »Unter dem Vorwand des Kampfs gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die von den USA und ihren Verbündeten Saudi-Arabien, Katar und Türkei aufgebaut und gefördert wurde, hat eine weitere Runde der gewaltsamen Neuaufteilung der rohstoffreichen Region begonnen, die noch blutiger und verlustreicher zu werden droht, als die bisherigen Kriege im Irak, Libyen und Syrien.«

Mittlerweile sind große Teile Syriens, des Iraks und Afghanistans zerstört. Millionen Menschen sind in benachbarte Länder und nach Europa geflohen. Die gesamte Region ist ein hochexplosives Pulverfass, in dem internationale und regionale Mächte gegensätzliche Interessen verfolgen. Die USA, Russland, die Türkei, Frankreich, mehrere arabische Länder und bald auch Großbritannien bombardieren Ziele in Syrien und Irak und bewaffnen lokale Hilfstruppen.

Die gegensätzlichen Interessen sind so komplex, dass es kaum mehr möglich ist, den Überblick zu behalten. Die USA wollen das Assad-Regime zu stürzen, das sich neben der eigenen Armee auf iranische Milizen und die libanesische Hisbollah stützt. Russland verteidigt des Assad-Regime und bombardiert dessen Gegner, darunter die Al-Nusra-Front, den syrischen Ableger von Al-Qaida, der von den USA und ihren Verbündeten unterstützt wird.

Deutschland und Frankreich bemühen sich, die USA und Russland und einige der lokalen Kontrahenten an einen Tisch zu bringen, weil sie fürchten, ein unkontrollierter Kollaps des Assad-Regimes werde weitere Millionen Flüchtlinge nach Europa treiben und Syrien in einen permanenten Bürgerkrieg stürzen. Gleichzeitig verschlimmern sie die Lage, indem sie selbst den Krieg anheizen. Der Abschuss des russischen Kampfbombers durch die Türkei diente nicht zuletzt dazu, die deutsch-französischen Pläne zu durchkreuzen.

Die Türkei strebt wie die USA den Sturz Assads an, will aber gleichzeitig eine Stärkung der Kurden verhindern, die sowohl von den USA wie von Deutschland ausgebildet und bewaffnet werden. Deutschland wiederum ist auf türkische Unterstützung angewiesen, um den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa zu stoppen, der die Europäische Union zu sprengen droht.

Je verzwickter die Lage ist, desto aggressiver schlagen die Großmächte um sich. Napoleon, der ein genialer Feldherr war, wird der Satz zugeschrieben: »On s’engage et puis on voit« – »Man geht ins Gefecht und wird sehen«. Im Nahen Osten scheint das Motto zu lauten: »Man bombt alles kurz und klein und wird sehen.«

Während immer schwereres Kriegsgerät aufgefahren wird, hat keine der kriegsführenden Mächte eine Vorstellung, wie der Konflikt beendet werden kann. Das fällt selbst vielen Kommentatoren in den Medien auf. So kommentierte die F.A.Z. am Donnerstag, um Syrien herum werde demnächst genügend militärisches Gerät vorhanden sein, um den IS empfindlich zu treffen. »Doch mangelt es den vielen Kriegsparteien nach wie vor an Einigkeit, zu welchem Zweck die massierte Militärmacht eingesetzt werden soll. Und was käme nach einem ›Sieg‹ über den IS?«

Die USA, Deutschland und die anderen Großmächte reagieren mit der Eskalation des Kriegs im Nahen Osten auf die tiefe Krise des kapitalistischen Systems. »Die Wiederbelebung des Militarismus ist die Antwort der herrschenden Klasse auf die explosiven gesellschaftlichen Spannungen, auf die sich verschärfende ökonomische Krise und auf die wachsenden Konflikte zwischen den europäischen Mächten«, schrieben wir in der bereits zitierten Resolution. »Der Militarismus dient der Eroberung neuer Einflusssphären, Absatzmärkte und Rohstoffe, auf die die exportabhängige deutsche Wirtschaft dringend angewiesen ist. […] Und er zielt auf die Militarisierung der ganzen Gesellschaft: den Ausbau des staatlichen Überwachungs- und Repressionsapparats, die Unterdrückung von sozialer und politischer Opposition und die Gleichschaltung der Medien.«

Nur eine internationale Antikriegsbewegung, die die Arbeiterklasse für ein sozialistisches Programm mobilisiert, kann die Gefahr eines dritten, nuklearen Weltkriegs verhindern, die sich im Nahen Osten und anderen Weltregionen anbahnt. Der Kampf gegen Krieg und der Kampf gegen Kapitalismus sind untrennbar miteinander verbunden. Die Partei für Soziale Gleichheit und das Internationale Komitee der Vierten Internationale kämpfen dafür, eine solche Bewegung aufzubauen.

Die Linkspartei und der Syrienkrieg

Von Ulrich Rippert und Peter Schwarz – 9. Dezember 2015

Die Rede, mit der Sahra Wagenknecht im Bundestag die Ablehnung des deutschen Kriegseinsatzes in Syrien durch die Fraktion der Linken begründete, hat einiges Aufsehen erregt. Die Abgeordneten von CDU, SPD und Grünen reagierten mit unflätigen Zwischenrufen und das Video der Rede erzielte auf Youtube mehrere Zehntausend Klicks.

Wagenknecht hatte erklärt, der Bombenkrieg schwäche den Islamischen Staat (IS) nicht, sondern stärke ihn. Auch Bombenkrieg sei Terror. Der Westen und »vor allem die Vereinigten Staaten« hätten »das Monster geschaffen, das uns alle heute in Angst und Schrecken versetzt«.

Es sei »ein großes Versagen der europäischen Politik«, den USA bei ihren Kriegen viel zu lange »die Hand gereicht und den Rücken freigehalten« zu haben. Es sei falsch sich in einen Krieg hineinziehen zu lassen, in dem bereits 14 Staaten kämpfen, und zwar »nebeneinander, miteinander und gegeneinander«. Es gebe »kein gemeinsames Ziel, und keine gemeinsame Strategie, noch nicht einmal innerhalb der Nato-Staaten«.

Statt sich am Bombenkrieg in Syrien zu beteiligen, sollten die Waffenlieferungen an die Türkei, Saudi-Arabien und andere US-Verbündete gestoppt und die Wiener Friedensgespräche fortgesetzt werden. Wörtlich sagte Wagenknecht: »Noch vor einer Woche hatten wir das Gefühl, dass Herr Steinmeier wirklich ehrlich an einem Erfolg der Wiener Friedensgespräche arbeitet.« Die Eskalation des Krieges zerstöre nun diese Friedensbemühungen.

Wagenknechts Anti-Kriegsrhetorik täuscht darüber hinweg, dass Die Linke in diesem Konflikt selbst längst Kriegspartei ist. Sie hat sich als verlängerter Arm des deutschen Außenministeriums intensiv daran beteiligt, das Assad-Regime zu destabilisieren und die pro-imperialistische syrische Opposition aufzubauen, mit deren Hilfe Washington und auch Berlin das Land in den Bürgerkrieg getrieben haben.

Zu ihren wichtigsten Verbündeten zählt der syrische Oppositionelle Michel Kilo, der zu den Wortführern einer westlichen Militär­intervention gehört. Noch vor zwei Jahren hatte er in einem Interview gefordert: »Die USA sind nun verpflichtet, den Militärschlag auszuführen.« Kilo sprach mehrfach auf Veranstaltungen der Linkspartei zum Syrienkrieg und gab dem Partei­blatt Neues Deutschland drei ausführliche Interviews. Auch in einem Syrien-Buch von Wolfgang Gehrcke war er mit einem eigenen Beitrag vertreten.

Als die USA im Sommer 2013 ihre Pläne kurzfristig abbliesen, Syrien zu bombardieren, änderte auch Die Linke ihre Taktik. Wie die Bundesregierung setzte sie nun darauf, die Kurden im Irak und Syrien zu unterstützen. Auch Wagenknecht lobte in ihrer Rede ausdrücklich den »Kampf der kurdischen Verbände vor Ort«.

Wenn Wagenknecht im Bundestag trotzdem die Pazifistin gibt und wortradikal verkündet: »Krieg ist Terror, der neuen Terror hervorbringt«, dann hat dies vor allem zwei Gründe.

Erstens weiß die Linkspartei, dass der Kriegseinsatz in Syrien unpopulär ist. Deshalb gibt sie sich als Opposition aus, um zu verhindern, dass sich eine wirkliche Antikriegsbewegung entwickelt, die weder sie noch die anderen Bundestagsparteien unter Kontrolle halten können. Das fällt ihr umso leichter, als es auf ihre Stimmen bei der Abstimmung nicht ankam.

Zweitens spricht sie für einen beträchtlichen Teil der herrschenden Eliten, der es für falsch hält, im Schlepptau der USA und Frankreichs in einen Krieg hineinzugehen, über dessen Zweck, Ziel und Verlauf Berlin nicht selbst bestimmen kann. Das ist keine Friedenspolitik, sondern die Verfolgung des von Bundespräsident Gauck vor zwei Jahren verkündeten Ziels, Deutschland müsse in der Welt wieder eine Rolle spielen, die seiner Größe und seinem Einfluss tatsächlich entspreche.

Es ist bezeichnend, dass mehrere führende Medien den Kriegseinsatz von diesem Standpunkt kritisieren.

So trägt der Leitartikel der jüngsten Ausgabe des Spiegels den Titel: »Der falsche Krieg«. Er beginnt mit den Worten: »Man muss kein Pazifist sein, um diesen Militäreinsatz nicht für richtig zu halten«. Er wirft der Bundesregierung vor, sie missachte die Lehren aus der »gescheiterten Intervention in Afghanistan«: »Kein Einsatz ohne klar definiertes Ziel« und »setze dir kein Ziel, das du mit den Mitteln, die du bereit bist einzusetzen nicht erreichen kannst«.

Wie Wagenknecht betont auch Der Spiegel, dass ein Sieg über den IS »mit Luftschlägen nicht zu erreichen sein« werde. Und wie Wagenknecht fordert Der Spiegel, die Bundesregierung solle ihre Waffenlieferungen an den engen US-Verbündeten Saudi-Arabien einstellen und auf den Nato-Partner Türkei einwirken.

Ganz ähnlich argumentiert auch Theo Sommer in der Zeit. Unter der Überschrift »Die drei Irrtümer der Syrien-Strategie« schreibt Sommer, der Krieg könne aus der Luft nicht gewonnen werden, denn »Bomben können ein Land nur zerstören, sie können es nicht besetzen«. Dem politischen Prozess unter Einbeziehung Russlands sei absolute Priorität einzuräumen.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner kritisiert die Hast, mit der sich die Regierung in den Syrienkrieg stürzt. Die Kriegsziele, die Kriegsstrategie, die Rechtslage und die Frage der Bündnispartner seien nicht ausreichend geklärt.

Nicht zufällig veröffentlichte Spiegel-Online diese Woche ein langes Interview und eine schmeichelhafte Fotostrecke der Linken-Fraktionsvorsitzenden. In dem Interview verzichtet Wagenknecht weitgehend auf die pazifistische Rhetorik der Bundestagsrede und spricht sich stattdessen für eine andere Strategie aus, um die Region zu dominieren: »Richtig ist das Bestreben, eine gemeinsame Strategie jener Akteure zu finden, die den IS tatsächlich bekämpfen wollen. Ohne russischen Druck hätte es die Wiener Konferenz nicht gegeben. Dieser Weg in Richtung einer Friedenslösung muss weiter gegangen werden.«

Ziel der Wiener Konferenz ist sowenig eine »Friedenslösung«, wie dies 1884 in Berlin oder 1920 in Sèvres der Fall war, wo der Balkan bzw. der Nahe Osten unter den Großmächten aufgeteilt wurden. Es geht vielmehr um eine Neuordnung der Machtverhältnisse in der rohstoffreichen und strategisch wichtigen Region.