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Walter und Helene leben seit Jahrzehnten in einer kleinen Wohnung in einer Zechenhaussiedlung in Duisburg. Sie sind beliebt, doch ohne Smartphone und digitale Vernetzung bleiben sie in der heutigen Nachbarschaft zunehmend unsichtbar. Als Walter den Hausbesitzer in einem Streit mit einer Pistole bedroht, folgt eine Räumungsklage. Das Paar plant, ihre Wohnung in Brand zu setzen, doch die Feuermelder alarmieren die Nachbarschaft. In einer langen Nacht überlegen sie neu und fahren bei Morgengrauen mit dem Auto zu einem Baum außerhalb der Stadt – ein letzter, verzweifelter Abschied. Parallel schildert der Roman die Perspektiven der anderen beteiligten Personen und zeichnet ein vielschichtiges Bild von menschlichen Schicksalen im urbanen Wandel. Themen und Leitmotive: •Verlust des Zuhauses und soziale Verdrängung •Einsamkeit und Isolation im Alter •Technik vs. Menschlichkeit •Würde und Abschied •Zwischenmenschliche Beziehungen in der Nachbarschaft •Gesellschaftlicher Wandel im Ruhrgebiet
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Was geschah wirklich in dem alten Zechenhaus
Dieses Buch erzählt keine große Geschichte. Es erzählt eine kleine, leise. Eine, die man in den Randspalten der Zeitung finden könnte oder auch gar nicht. Sie handelt von Walter und Helene, zwei alten Menschen, die niemanden stören, niemandem zur Last fallen wollen und doch plötzlich verschwinden. Es geht um ein Zuhause, das verloren geht. Um ein Urteil, das richtig ist und dennoch falsch wirken kann. Um eine Nachbarschaft, die helfen will aber schweigt, wenn es zählt.
Es ist ein Roman über ein Paar, das mit der Welt nicht mehr mithalten konnte, wie sie geworden war. Nicht aus Trotz. Nicht aus Dummheit. Sondern, weil das Leben irgendwann stiller wurde. Und, weil das Netz, was alle verbunden hatte, manchmal jene übersah, die nicht mehr klickten, tippten oder wischten. Dies ist eine Geschichte über Würde, Verlust und über ein leises Piepen, das lauter war als alle Worte.
Inhaltsverzeichnis
1. Was geschah wirklich
2. Die dicke Luft kroch durch
Wände und Tapeten
3. Die Pistole im Schrank
4. Oben drüber
5. Im Namen des Rechts
6. Das leise Piepen
7. Die letzte Fahrt
8. Was bleibt
9. Das Aufräumen
Kapitel 1 – Was
geschah wirklich in
dem alten
In der Zechenhaussiedlung in Duisburg Wehofen stand das alte Eckhaus. Ein unscheinbares Gebäude. Ein
Reihenendhaus, was vor ein paar Jahren ein Facelifting bekam und
denkmalgerecht gestrahlt wurde und heute in einem freundlichen Licht an der Straße steht, statt in dem originalen fast von schwarzen Ruß gefärbten
Gemäuern. Die Mauern, die mehr Geschichten kannten als sie jemals die Passanten ahnten. Hinter den Fenstern, durch die manchmal noch jemand heraus schaute, brodelte es seit Monaten heftig. Krach hallte durch die alten Mauern, Türen knallten, Stimmen schrien. Intrigen weiteten sich wie Spinnennetze durch die Etagen. Gerüchte wurden gestreut, Nachbarn aufgehetzt. Was harmlos begann, kleine Sticheleien, Missverständnisse, wuchs zu etwas dunklem heran. Bald schon flogen Drohungen durch das Haus. Beleidigungen wurden zum Alltag. Die kleinen Sticheleien in einer offenen Wunde, die niemals Zeit fanden zu heilen. Der Hauseigentümer fühlte sich bedroht, zog sich zurück, während andere feindselig wurden. Die Eskapaden sollten auch nicht unbemerkt bleiben. So ging es schon mal lautstark zur Sache, wenn der Gärtner am Grundstück war oder andere Handwerker Dinge in Ordnung bringen wollten. Walter liebte die kleinen Dinge. Den Geruch von frisch gebrühten Kaffee am Morgen, das leise Rascheln der Blätter vor dem Fenster und das Lachen der Kinder, was durch den Hof hallte. Er mochte die morgendlichen Aktivitäten mit dem Hund. Gerade in den frühen Morgenstunden, wenn der Nebel noch über den Gärten hing und die Straßen menschenleer wirkten, zog Walter seine Kreise mit dem Hund. Es war seine stille Zeit, in der er kurz dem Lärm im Haus entfliehen konnte. Die Routine gab ihm halt, ließ ihn für einen Moment vergessen, was im Inneren der alten Mauern brodelte. Die Nachbarn kannten das alte Ehepaar mit dem alten grauen Hund gut. Sie grüßten immer so freundlich, schenkten Kindern oft ein paar Bonbons oder Schokolade und waren Teil der
Gemeinschaft ohne viel Aufhebens, ohne Forderungen. Doch die Welt änderte sich und mit ihr die Menschen. Was nicht alles passiert ist in dem alten Gemäuer, wovon die Nachbarschaft nichts ahnte. Anzügliche Bemerkungen,
Resignationen bei Ankündigungen und bei Veränderungen.
Renovierungsarbeiten wurden so lange geschoben, bis die Mieter endlich in den Urlaub gefahren waren und die
