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Vladimir Kemenov

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Wassili Surikow

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Vladimir Kemenov

© 2022 Parkstone Press International, New York, USA

© 2022 Confidential Concepts, worldwide, USA

© Image-Barwww.image-bar.com

Alle Rechte vorbehalten.

Das vorliegende Werk darf nicht, auch nicht in Auszügen, ohne die Genehmigung des Inhabers der weltweiten Rechte reproduziert werden. Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeiten den jeweiligen Fotografen, den betreffenden Künstlern selbst oder ihren Rechtsnachfolgern. Trotz intensiver Nachforschungen war es aber nicht in jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen. Gegebenenfalls bitten wir um Benachrichtigung.

ISBN: 978-1-63919-922-8

Inhalt

Hauptpunkte Von Surikows Leben Und Schaffen

Historische Gemälde

Der Morgen Der Strelitzenhinrichtung

Menschikow In Beresowo

Die Bojarin Morosowa

Die Erstürmung Der Schneefestung

Die Eroberung Sibiriens Durch Jermak

Der Übergang Suworows Über Die Alpen

Stepan Rasin

Besuch Der Zarentochter Im Nonnenkloster

Porträts

Zeittafel

Abbildungsverzeichnis

Porträt des Künstlers Wassili Surikow, 1885. Öl auf Leinwand, 32,9 x 38,1 cm. Die Tretjakow-Galerie, Moskau.

HAUPTPUNKTE VON SURIKOWS LEBEN UND SCHAFFEN

Das Schaffen von Wassili Iwanowitsch Surikow zeichnet sich durch eine ungemeine Zielstrebigkeit aus. Seine ganze Schaffenskraft widmete er der Aufgabe, die russische Geschichte zu gestalten, und führte den Betrachtern mit einem ungewöhnlichen Sinn für die Lebenswahrheit die Begebenheiten längst vergangener Zeiten vor Augen. Surikow hat ganze sieben historische Gemälde hinterlassen, deren jedes die Frucht einer jahrelangen Arbeit ist. Die Gemälde beeindrucken den Betrachter durch die charaktervollen Volkstypen, die nationale Eigenart und die wahrheitsgetreue Wiedergabe der historischen Atmosphäre. Surikow begann seine Tätigkeit in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts, als die russische realistische Malkunst ihre Hochblüte erreicht hatte. Sein Schaffen ist unlöslich mit den fortschrittlichen demokratischen Ideen seiner Zeit, mit dem Wirken der »Wanderkünstler« verbunden. Aber auch in jener an glänzenden Talenten reichen Zeit tut er sich durch die Eigenständigkeit seiner Begabung hervor. In der Herausbildung und Entwicklung seines Talents spielten die ungewöhnlichen Umstände seines Lebenslaufs eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Wassili Iwanowitsch Surikow wurde am 12. (24.) Januar 1848 in Krasnojarsk geboren, er stammte aus einem alten Kosakengeschlecht; seine Ahnen waren Don-Kosaken, die mit Jermak im 16. Jahrhundert ausgezogen waren, »Sibirien zu bekriegen«. In Sibirien, wo Surikow seine Kindheit und Jugendjahre verbrachte, hatte er die Lebenseindrücke gesammelt, die ihm später zu einer reichen Quelle seiner bildhaften Vorstellungen werden sollten.

Diese Eindrücke von dem patriarchalischen Leben der fernen russischen Provinzstadt brachte Surikow nach Petersburg mit, wo er sein Studium an der Akademie der Künste begann. Der Gegensatz war verblüffend. Der junge Mann fand sich plötzlich in der Hauptstadt des europäischen Russlands, wo alles von den heimischen Verhältnissen grundverschieden war. Seinen neuen Eindrücken hat Surikow in seinem ersten Gemälde Ansicht des Denkmals Peters I. auf dem Senatsplatz zu St. Petersburg Ausdruck gegeben. In den für die dem Andenken Peters I. gewidmete polytechnische Jubiläumsausstellung ausgeführten Zeichnungen (Peter I. lässt für die Eroberung der von den Schweden besetzten Festung Noteburg die Schiffe aus der Onegabucht in den Onegasee schleppen, Peter I. und Menschikow unter den niederländischen Matrosen) kündigt sich bereits sein Interesse für die Menschen und Taten der Petrinischen Epoche an. Gleichzeitig arbeitete Surikow nach dem akademischen Programm, indem er Studien nach antiken Vorbildern zeichnete und Kompositionen zu biblischen Stoffen schuf.

Nach Surikows Worten hatten während seines Studiums an der Petersburger Akademie der Künste drei Perioden der Geschichte sein besonderes Interesse erweckt: »…Zuerst war es die Welt der Antike, insbesondere das alte Ägypten … dann wurde Ägypten durch Rom verdrängt, das die halbe Welt seiner Gewalt unterworfen hatte, und zuletzt das auf seinen Trümmern machtvoll erblühte Christentum.« Diesen drei Perioden entsprechen auch die Arbeiten, die Surikow während seiner Studienzeit malte: die Skizze Kleopatra (1874), die auf Puschkins »Ägyptischen Nächten« gegründet ist, die Skizzen Belsazars Mahl (1874) und Die Ermordung des Julius Cäsar (1870er-Jahre) und das Gemälde Der Apostel Paulus erklärt die Glaubensdogmen vor dem König Agrippa, dessen Schwester Berenike und dem Prokonsul Festus (1875). Auf Belsazars Mahl wollen wir hier näher eingehen.

Der Eherne Reiter, Denkmal, 1870. Öl auf Leinwand, 52 x 71 cm. Das Russische Museum, Sankt Petersburg.

Belsazars Fest, 1874. Öl auf Leinwand, 81 x 140 cm. Das Russische Museum, Sankt Petersburg.

Der Fürstenhof, 1874. Öl auf Leinwand, 80 x 129 cm. Die Tretjakow-Galerie, Moskau.

Der Prophet Daniel tritt vor den tafelnden König Belsazar, der den Tempel schändet, und prophezeit ihm seinen Untergang, indem er die Feuerschrift an der Wand deutet. Der Charakter des Bildaufbaus, der plastischen und malerischen Mittel sind hier noch akademisch. Aber die temperamentvolle Manier, die Surikow immer auszeichnete, ist schon in dieser Darstellung unverkennbar. Dem von königlichem Prunk umgebenen Belsazar steht der Prophet Daniel gegenüber, der mit der Hand auf die an der Wand aufblitzenden Worte »Gezählt, gewogen, geteilt« weist, die den Untergang des babylonischen Reiches voraussagen. Geschickt benutzt Surikow das phosphoreszierende Licht, das von der Schrift ausgeht, und modelliert kühn die Figuren und Gegenstände. Die halb bekleideten Gestalten, die mit gerungenen oder verzweifelt ausgestreckten Händen dargestellt sind, bekommen in dem bläulich weißen Licht ein marmorhaftes Aussehen. Für das Gemälde Belsazars Mahl erhielt Surikow den ersten Preis. Das Bild wurde veröffentlicht und machte das Publikum auf den jungen Maler aufmerksam. Zur selben Zeit schuf Surikow die Komposition Vor demFürstengericht (1874), die einen Stoff aus dem Leben der Alten Rus behandelte. Seine allererste Komposition dieser Art, Die Tötung des Falschen Dimitri, aus dem Jahre 1870 ist nicht erhalten. Nicht alles ist hier dem jungen Surikow gleich gut geraten, aber schon hier treten die Besonderheiten seiner Manier deutlich hervor, die sich von den Forderungen der akademischen Studienaufgaben zu mythologischen und biblischen Stoffen : merklich unterscheiden. Die Professoren hatten den Akademiestudenten das Thema »Der Zusammenstoß zweier Elemente — des christlichen und des heidnischen — zur Zeit Wladimirs« zur Gestaltung aufgegeben. Es erweckte das Interesse des jungen Künstlers. Auf seinem Gemälde ist eine Episode aus dem Leben der Kiewer Rus dargestellt, die kurz nach der Einführung des Christentums stattfindet, als in den Sitten und in dem Äußeren der Ostslawen noch viele heidnische Züge vorhanden waren. Die Handlung spielt im Hofe vor einem Fürstenpalast. Auf der Treppe thront feierlich unter Kirchenfahnen der greise Fürst inmitten einer Schar von Geistlichen. Der Fürst ist in eine altrussische Tracht gekleidet, er trägt das Korsno — einen blutroten bestickten Mantel, einen pelzverbrämten Hut und rote Stiefel. Rechts auf der Galerie sitzt auf dem Ehrenplatz die Fürstin. Sie hat eine Krone mit großen Edelsteinen auf dem Haupt, die an den Schläfen, wie bei den byzantinischen Kaiserinnen, mit einem Gehänge aus Perlenschnüren geschmückt ist, und trägt ein reich geschmücktes Brokatkleid. Neben dem Fürsten sieht man — nach dem Stab, dem Talar und der Kopfbedeckung zu urteilen — einen byzantinischen Bischof.

Unten im Hof ist eine lärmende Menschenmenge versammelt. Ein Gerichtstag wird abgehalten. In der Mitte der linken Gruppe befindet sich eine Frau mit ihren Kindern, die Klägerin, die den Fürsten um sein Urteil bittet. Rechts steht der Mann, den sie anklagt; der slawische Krieger aus der vorchristlichen Zeit der russischen Geschichte macht eine höchst ausdrucksvolle Figur. Vor dem Krieger steht schweigend, als ob sie ihn vor dem Zorn des Fürsten schützen wollte, ein anderes Weib, auch dieses mit ihren Kindern, die auch ein Anrecht auf ihn zu haben scheint. Der Grund für den Prozess ist ohne Weiteres verständlich: nach der Einführung des Christentums setzte sich die Kirche für die Monogamie ein, die Vielweiberei wurde von der Geistlichkeit verfolgt und solche, die »scham- und furchtlos zwei Weiber haben«, wurden gleich anderen, die außer der angetrauten Frau noch Konkubinen hatten, bestraft. Den Menschen, die noch in jüngster Vergangenheit Heiden waren, fiel es schwer, etwas, was seit Alters her gang und gäbe war, plötzlich als ein Verbrechen zu erkennen, umso mehr als auch der Fürst, der nun über ihnen zu Gericht sitzt, es früher nicht anders getan hatte. Da steht nun der halbwilde Barbar, einer von denen, die ihr Land tapfer gegen die Feinde verteidigen, verdutzt da und kann es nicht begreifen, wessen man ihn beschuldigt. Im Fürstengericht sind im Vergleich zu Belsazars Mahl die Züge, die später in Surikows Schaffen zur Entfaltung kamen, schärfer ausgedrückt. Vor allem handelt es sich um das Interesse für das Leben der einfachen Menschen und für die Volkstypen des alten Russland, die bezeichnenderweise auch hier in den Vordergrund gerückt sind. Nachdem Surikow im Laufe seines Studiums an der Akademie der Künste alle nötigen Preise und Medaillen erworben hatte, wurde er zur Bewerbung um die große Goldmedaille zugelassen. Das Thema, welches es zu gestalten galt, hieß Der Apostel Paulus erklärt die Glaubensdogmen vor dem König Agrippa, dessen Schwester Berenike und dem Prokonsul Festus.

Der von der Akademie vorgeschlagene Stoff bereitete dem Künstler große Schwierigkeiten. Dem Sujet ermangelte es an dramatischer Handlung, aber die schöpferische Fantasie des Künstlers belebte den abstrakten Stoff. Den Zusammenprall verschiedener Anschauungen — des Christentums, des Judaismus und des römischen Heidentums — hat er in den Persönlichkeiten des Paulus, des Agrippa und des Festus gestaltet.

Die fortschrittlich gesinnten Professoren der Akademie setzten sich dafür ein, Surikow die große Goldmedaille zu verleihen, die ihm das Anrecht auf einen dreijährigen Studienaufenthalt im Ausland gegeben hätte. Doch unter den Pädagogen behielten die Konservativen die Oberhand, und Surkow bekam die Medaille nicht. Surikow übernahm den Auftrag für die Ausführung von vier Wandbildern für die neuerbaute Moskauer Erlöserkirche, welche die Geschichte der Ökumenischen Kirchenkonzile zum Stoff hatten. Die Bestellung sollte angemessen bezahlt werden, und der Maler entschloss sich zu dieser Arbeit, um sich die nötigen Mittel zu verdienen, die ihm für einige Jahre eine unabhängige Existenz sichern würden, sodass er sich einer selbstständigen schöpferischen Arbeit widmen könnte. Eine neue Periode in Surikows Leben beginnt mit der Übersiedlung nach Moskau. Begeistert malte Surikow die alten Gebäude, die ihn stark beeindruckt hatten: die Kremlmauern, den Roten Platz, die alten Kirchen usw.

Der Apostel Paulus verteidigt das Dogma des christlichen Glaubens vor König Agrippa, seiner Schwester Berenice und Prokonsul Festus, 1875. Öl auf Leinwand, 142 x 218,5 cm. Die Tretjakow-Galerie, Moskau.

Straße Chotkowo, 1884. Öl auf Leinwand, 33,5 x 46,6 cm.

Kirche, 1910. Öl auf Leinwand, 22 x 29,6 cm.

Zubowski-Boulevard. Öl auf Leinwand, 42 x 30 cm. Die Tretjakow-Galerie, Moskau.

Surikow erinnerte sich: »Hier in Moskau wurde mir merkwürdig zumute. Vor allem fühlte ich mich viel heimischer als in Petersburg: Moskau hatte etwas, was mich viel mehr an Krasnojarsk gemahnte, namentlich im Winter. Wenn man manchmal durch die Stadt ging und in eine Nebenstraße einbog, mutete einen etwas so bekannt an, ganz wie dort, in Sibirien. Und wie vergessene Träume tauchten vor mir die Bilder auf, die ich in der Kindheit und dann* in der Jugend gesehen hatte; ich entsann mich der alten Typen, der Trachten, und es erfasste mich eine Sehnsucht danach, wie nach verwandten und unsäglich lieben Dingen.« Wenn er in der Dämmerung, wenn in der zunehmenden Dunkelheit alle Umrisse zu verschwimmen beginnen, an den Kremlmauern entlangging, zauberte ihm die Einbildung plötzlich undeutliche Gestalten, die seine Aufmerksamkeit fesselten, hervor: bald sieht er dort Menschen in altrussischen Trachten stehen, bald erfasst ihn ein Gefühl, dass im nächsten Augenblick Frauen in pelzgefütterten Brokatjacken mit Kikas auf dem Kopf aus dem Tor heraustreten würden. »Die Vorstellung war so lebendig, dass ich unwillkürlich stehenblieb und darauf wartete, dass sie gleich wirklich vor mir erscheinen würden. Bald merkte ich, dass ich die ganze Gegend um den Kreml herum mit altbekannten Menschentypen und Trachten bevölkerte, die ich als Kind in der Heimat so oft gesehen hatte.«

Der Historienmaler Surikow erlebte eine Art Offenbarung. Hier, auf dem Roten Platz, geschah es, dass »in meiner Einbildung plötzlich die Hinrichtung der Strelitzen aufblitzte, mit einer Deutlichkeit, die mir förmlich das Herz pochen ließ«. »Kaum war ich auf den Roten Platz getreten, verband sich mir alles mit den sibirischen Erinnerungen«, erzählte Surikow über die Strelitzen. »Als ich den Gedanken an diesen Stoff fasste, standen alle Gesichter wie von selbst vor meinen Augen.«

»Das Bild kostete viel Zeit und Arbeit«, bemerkt der Biograf nach den Worten des Künstlers. »Obwohl viele Skizzen in Moskau gemacht worden waren, hat Surikow hier in den Figuren der zum Tode verurteilten Strelitzen die Züge der Menschen festgehalten, die er von Krasnojarsk her in Erinnerung hatte.«Die angeführten Worte zeigen, welche Rolle Sibirien und die sibirischen Kindheits- und Jugendeindrücke in der Herausbildung von Surikows Talent gespielt haben. Doch wie eng die Verbindung der Biografie des Künstlers und seines Schaffens auch immer gewesen sein mag, lassen sich durch diese Tatsache allein weder der Ideengehalt noch der Stil und die allgemeine Ausrichtung seiner Kunst erschöpfend erklären. Bestimmend für diese Besonderheiten seines Schaffens wurden die gesellschaftlichen Voraussetzungen und die konkreten historischen Zustände, unter denen sich seine Künstlerpersönlichkeit heranbildete. Surikows Hauptwerke entstanden in der Zeitspanne um 1880–1900. In den besten Kunstwerken dieser Zeit bahnt sich ein tieferes, von der offiziösen Schönmalerei und von subjektivistisch moralisierendem Anflug freies Verständnis der Petrinischen Epoche an. Interessant ist in dieser Hinsicht die Aufzeichnung des Zurückbox-Biografen, die der Künstler vor der Veröffentlichung in Augenschein genommen hatte und unverändert ließ: »Das Gemälde [Der Morgen der Strelitzenhinrichtung] ist kräftig, grausig und — was das Wichtigste ist — wirklich historisch geworden. Man sieht darauf, wie, schwer es alle haben. Man fühlt unwillkürlich das tiefste Mitleid mit den verurteilten Menschen, die zu Hunderten sterben müssen, dabei versteht man aber auch Peter I., der mit zusammengebissenen Zähnen krampfhaft die Zügel festhält und vor den Leuten, die er für die geschworenen Feinde seiner Sache hält, die Augen nicht niederschlägt. Wie in der Geschichte, kann man hier für die einen oder den anderen Partei ergreifen, je nachdem, zu wem man sich hingezogen fühlt, doch sieht man ein, dass es in der Geschichte keine Gerechten und Ungerechten gibt, sondern nur die grässliche Wirklichkeit solcher Kollisionen, die ohne großes Blutvergießen nicht gelöst werden können.«

In den drei Gemälden der 1880er-Jahre — dem Morgen der Strelitzenhinrichtung, Menschikow in Berjosow und in der Bojarin Morosowa — schildert Surikow die russische Vergangenheit des 17. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts als das historische Drama des russischen Volkes. In diesen Werken ist die tragische Kollision eindringlich in ihrem nationalrussischen Charakter dargestellt. Die Wirkung liegt nicht nur daran, dass Surikow sich in der Gestaltung der Menschentypen, der Landschaft, der Architektur und der Trachten nationale Vorbilder zum Muster nimmt (das haben außer ihm auch andere Künstler getan, z. B. K. Makowski, W. Schwarz und N. Newrew), sondern darin, dass die Frage nach dem russischen Volkstum und der russischen Nationalkultur in Surikows Fall von vornherein in die Problematik der Bildidee und ihres tragischen Gehalts einbezogen wird.

Die alte patriarchalische Gesellschaftsordnung schien in mehrerer Hinsicht weniger drückend zu sein als die neue. Der zur Zerstörung der hergebrachten, jahrhundertealten Daseinsformen führende historische Konflikt, der durch die Kirchenreform des Zaren Alexej Michailowitsch eingeleitet und durch die petrinischen Reformen jäh beschleunigt wurde, hatte das gesamte russische Volk berührt und auf sein Schicksal Einfluss genommen.

In den Gemälden Surikows, die in den 1880er-Jahren entstanden, ist das Volk in seinen inneren Gegensätzen, in den Kämpfen, von denen es zerrissen wurde, gezeigt; die Stärke der menschlichen Charaktere kommt in den Momenten ihrer tragischen Kollisionen zum Vorschein: in der Hinrichtung der Strelitzen, bei der Abfahrt der Bojarin Morosowa in die Verbannung, bei der Verbannung Menschikows. Auf diesen Aspekt der Geschichte wurde der Künstler durch die Gegenwart mit ihrer Atmosphäre der revolutionären Bewegung hingewiesen, die das Bild des gesellschaftlichen Lebens in Russland nach der Reform von 1861 während der 70er und 80er-Jahre des 19. Jahrhunderts bestimmte.

Surikows Werke der 1890er-Jahre Die Eroberung Sibiriens durch Jermak und Der Übergang Suworows über die Alpen haben einen anderen Problemgehalt. Für diese Gemälde wählte der Künstler solche Stoffe, in denen das Volk als eine geeinte Kraft auftritt, sodass seine historische Aktivität ohne die Tragödie einer inneren Spaltung verläuft und kein sichtbarer Konflikt mit der Staatsmacht vorliegt. Das Ziel, das sich der Künstler setzt, ist die Darstellung der großen Taten, die das Volk vollbringt.

In den Jahren um 1900 tritt in Surikows Schaffen ein waches Interesse für das Thema der Volksaufstände in der russischen Vergangenheit in den Vordergrund. Er arbeitet an der Komposition Krasnojarsker Empörung von 1695 bis 1698 und schafft das große Gemälde Stepan Rasin, das er im Dezember 1906 in Moskau ausstellt (1909-1910 führte er die Arbeit an diesem Stoff fort). 1908 begann Surikow die Arbeit an dem Gemälde