Watcher - Mario Schröttinger - E-Book

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Mario Schröttinger

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Beschreibung

Ohne die geringste Vorwarnung werden sie aus ihrem bisherigen Leben herausgerissen und finden sich kurze Zeit später auf dem Raumschiff »WATCHER« wieder. Sie, das sind der noch minderjährige Kleinkriminelle Dominik, die Altenpflegerin Bettina, die Professorin Corina, die Auszubildende Simone, die Zwillinge Christopher und Nele, der lebensmüde Werner und noch 14 weitere Personen. Kaum haben sie begriffen, wo sie gelandet sind, nimmt das größte Abenteuer ihres Lebens auch schon seinen Lauf. Aus einer Art digitalem Lexikon, das sie in den Bordsystemen der »WATCHER« gefunden haben, erfahren sie, dass sie alle von den Nerthusianern abstammen. Doch wer und was verbirgt sich dahinter? Um dies herauszufinden, geht es mit dem Raumschiff quer durch die Galaxis. Der Kampf um Leben und Tod lässt nicht lange auf sich warten, und der Wunsch, zur Erde zurückzukehren, ist fürs Erste in weite Ferne gerückt ...

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Seitenzahl: 348

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Über den Autor

Mario Schröttinger wurde 1973 in Ratingen geboren. Nachdem er seine Jugend an der Bergstraße in Hessen verbracht hat, zog es ihn 2002 wieder zurück in seine Geburtsstadt, wo er heute mit seiner Frau, seinen beiden Kindern und den beiden Hunden lebt.

Nach ein paar unveröffentlichten Kurzgeschichten wagte er dann hier den Schritt, an einem eigenen Buch zu arbeiten.

Für Suse, Mira und Iven

Inhaltsverzeichnis

Aufbruch

14.11.2009 - 13:46 Uhr

14.11.2009 - 13:53 Uhr

14.11.2009 - 11:22 Uhr

14.11.2009 - 13:46 Uhr

14.11.2009 - 13:46 Uhr

14.11.2009 - 13:34 Uhr

14.11.2009 - 13:56 Uhr

Ankunft

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Leben

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kampf

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Flucht

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Verluste

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Überraschungen

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Finale

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Heimkehr

Kapitel

Kapitel

I Aufbruch

1.14.11.2009 - 13:46 Uhr

Langsam quetschte sich Dominik, ein unscheinbarer rothaariger Junge, durch die Menschenmenge, die sich Schutz suchend vor dem Regen unter das Vordach des Eingangs Nord der Messehallen drängte. Seine Blicke wirkten flüchtig, doch auch wenn er die einzelnen Personen nur kurz anblickte, registrierte er jedes für ihn wichtige Detail. Hier die offene Jacke, dort die achtlos abgestellte Tasche oder das in die Gesäßtasche gesteckte Mobiltelefon. Dominik war nicht hier, um eine Eintrittskarte für die Technikmesse zu kaufen. Der Junge war hier, um den einen oder anderen Schnapper für sich zu machen. Am liebsten waren ihm Aktentaschen oder Rucksäcke. Natürlich lohnten sich Geldbörsen immer, auch wenn die wenigsten große Summen Bargeld bei sich hatten, reichte es für ihn doch immer für ein paar Tage. Zudem konnte er die meist zusätzlich enthaltenen Kreditkarten für kleines Geld weiter verkaufen. Doch er war ein Spieler. Er mochte das Kribbeln im Bauch, wenn er den Klickverschluss an einem Koffer öffnete. Er mochte den Schweiß auf seiner Stirn, wenn er den Reißverschluss eines Rucksacks aufzog. Oft befanden sich in den Taschen nur Unterlagen, Prospekte und Zeitschriften. Dann holte er sich einen Geldbeutel in der Straßenbahn auf dem Weg zurück in die Stadt. Er ging nie ein zweites Mal zur gleichen Messeveranstaltung. Das hatte ihm bis jetzt immer Glück gebracht, und daran wollte er auch nichts ändern. In der Altstadt, in der er früher unterwegs war, hatte er nur selten so viel Glück gehabt. Hier wurde er regelmäßig erwischt. Im günstigsten Fall von dem Bestohlenen selbst. Meistens kam er dann mit einem Tritt in den Allerwertesten davon. Selten hatte er mal eine flache Hand oder sogar eine Faust ins Gesicht bekommen.

Meistens war er schnell genug weg. Einmal wurde er festgehalten und von mehreren Teilnehmern eines Junggesellenabschieds verprügelt. Wenn er Pech hatte, wurde er von der Polizei erwischt. Das war ihm drei- bis viermal passiert. Da er noch nicht volljährig war, wurde er nach Feststellung der Personalien seinen Eltern übergeben. Seine Mutter zog sich meist weinend ins Schlafzimmer zurück, während er von seinem Vater eine Tracht Prügel bekam, bei der er sich regelmäßig nach dem Junggesellenabschied zurück sehnte. Doch alles war nicht so schlimm, wie von der eigenen Konkurrenz erwischt zu werden. Zusammengeschlagen von mehreren Mitgliedern einer kleinen Bande, die das Gebiet der Altstadt für sich in Anspruch nehmen wollte, war er mehrmals blutüberströmt im Park aufgewacht. Als er mal wieder planlos mit der Straßenbahn durch die Stadt fuhr, auf der Suche nach einem leichten Opfer, landete er zufällig am Messegelände. Hier gelang ihm sofort ein großer Fang, und ab da zog es ihn regelmäßig hierher zurück. In der Altstadt war er seitdem nicht mehr unterwegs.

Seine Augen blitzten kurz auf. In einer Ecke sah er einen Rucksack stehen. Der Eigentümer stand ein kleines Stück vor dem Rucksack und unterhielt sich angeregt mit einem anderen Messebesucher, welcher optisch aus einem asiatischen Land zu stammen schien und einen aufgeklappten Messeplan in der Hand hielt. Da der Eigentümer scheinbar der englischen Sprache nicht besonders mächtig war und der asiatische Besucher kein Deutsch sprach, entwickelte sich für Außenstehende ein recht witziger Dialog, der auch andere Besucher dazu veranlasste, dem Gespräch der beiden amüsiert zu folgen. Beste Voraussetzungen für Dominik. Er lehnte sich an die Wand und wartete einen kleinen Moment ab. Weder der Eigentümer des Rucksacks noch sein Gegenüber oder einer der anderen Messebesucher schenkten Dominik einen Hauch von Beachtung. Er ging leicht in die Knie, griff nach hinten und zog den Rucksack mit einer schnellen Bewegung zu sich hin. Keine fünf Sekunden später verließ er, seine Beute über die Schulter geworfen, das Messegelände in Richtung Park. All seine Sinne waren aufs Äußerste angespannt. Er versuchte, eventuelle Verfolger oder Geschrei aus dem Alltagslärm herauszufiltern. Erst als er ein gutes Stück im Park war, entspannte er sich etwas und blickte zum ersten Mal vorsichtig zurück. Keiner da! Er ging noch etwas den Weg entlang und setzte sich dann auf eine Bank, die in einer kleinen überdachten Hütte stand. Mit zittrigen Händen öffnete er den Rucksack. Er enthielt neben ein paar Unterlagen auch eine Geldbörse mit einem ordentlichen Betrag Bargeld. Zufrieden schob er alles zurück in den Rucksack, zog den Reißverschluss zu ...

... und verschwand!

2.14.11.2009 - 13:53 Uhr

Der Flur wirkte kalt, als Bettina ihren kleinen Wagen vor sich her schiebend an den verschiedenen Türen vorbeiging. Wie jedes Mal zählte sie dabei jede Tür, an der sie vorbeikam. Natürlich wusste sie genau, in welches Zimmer sie musste, aber trotzdem zählte sie immer wieder. Einmal hatte sie versucht, nicht zu zählen, und musste nach der Hälfte wieder umdrehen, eilte zurück zum Treppenhaus und ging den Weg noch mal. Diesmal zählend. Sie musste nicht in jedem Flur zählen, doch sie mochte keine Veränderungen. Beim ersten Mal in diesem Flur hatte sie die Türen gezählt und seitdem immer wieder. Jetzt war sie an der richtigen Tür angekommen, der Nummer zwölf. Wie immer klopfte sie kurz an und öffnete die Tür, ohne eine Antwort abzuwarten. In dem Zimmer standen zwei belegte Betten. Es roch muffig und durch das von zwei Vorhängen zugezogene Fenster drang nur wenig Licht hinein. Sie schob ihren Wagen durch die Tür und stellte ihn am zweiten Bett ab. Danach ging sie zum Fenster und schob die Vorhänge zur Seite. Es wurde nur wenig heller. Es regnete schon den ganzen Tag, und der Himmel bestand aus einer einzigen dunklen Wolke. Kurz blickte sie in den anliegenden Park, sah dort aber, bedingt durch das schlechte Wetter, nur eine einzige Person, die eilig den Weg entlang lief und Schutz in einer kleinen Hütte mit Bank suchte. Sie ging zurück zum Bett. Der alte Mann, der darin lag, grunzte leise, als Bettina die Bettdecke zur Seite schob, das Nachthemd anhob und langsam anfing, ihn zu waschen. Früher war sie Stationsschwester in einer Privatklinik am Stadtrand. Die Nachricht vor fünf Jahren, dass die Klinik schließen würde, hatte sie schwer getroffen. Lange hatte sie nach der Schließung nach einer neuen Stelle gesucht. Dabei waren nicht ihre 56 Jahre das Problem und schon gar nicht ihre Qualifikationen. Sie hatte immer einen guten Kontakt zur Geschäftsleitung der Klinik gehabt, und auch beim restlichen Personal war sie sehr beliebt gewesen. Sie hatte auf Grund ihrer hervorragenden Arbeitspapiere eine Menge Vorstellungsgespräche bekommen. Doch zu keinem einzigen ist sie hingegangen. Anfangs ist sie wie jeden Tag mit der Bahn zur Klinik gefahren, dort durch den Wald gewandert, hat zur Mittagszeit etwas auf einer Bank gegessen und ist zur üblichen Feierabendzeit wieder zurückgefahren. Erst als sie während ihrer Nachtschicht um drei Uhr nachts von der Polizei im Wald aufgegriffen wurde, merkte sie, dass sie etwas unternehmen musste. Sie rief ihre beste Freundin Gisela an. Mit deren Hilfe konnte sie sich langsam an ihre neue Situation gewöhnen. Nur zu Bewerbungsgesprächen ging sie trotzdem nicht. Sie musste noch die erste Veränderung in ihrem Leben verarbeiten, für eine weitere fehlte ihr zurzeit die Kraft. Dann stand eines Tages Gisela vor der Tür und überredete Bettina zu einem Spaziergang im Park. Doch der kurze Spaziergang war nur eine Ablenkung, um Bettina zu einem Bewerbungsgespräch im am Park angrenzenden Altenpflegeheim zu bringen. Ehe Bettina merke, was los war, saß sie auch schon im Büro der Heimleitung. Sie wusste nicht, wie ihr geschah, und das ganze Gespräch lief bei ihr wie in Trance ab. Gisela hatte das Gespräch für sie organisiert, als sie über eine Bekannte von der freien Stelle erfuhr. Sie hatte mit der Heimleitung ein langes Gespräch über Bettina geführt und diese schließlich zu dem Gespräch mit ihr überreden können. Ihre guten Qualifizierungen und der Mangel an geeigneten Bewerbern hatten schließlich dazu geführt, dass Bettina eine Stelle als Altenpflegerin bekam. Heute war sie seit einem Jahr in dem Altenpflegeheim tätig und hatte sich so gut eingelebt, wie es für sie möglich war. Am Abend wollte sie nun endlich mit Gisela essen gehen, als Dankeschön für ihre Hilfe. Schon oft hatte sie den Gedanken gehabt, konnte sich aber bis jetzt nicht dazu überwinden. Und auch, wenn sie sich noch immer unwohl bei dem Gedanken fühlte, freute sie sich doch sogar ein wenig darauf. Sie drehte den alten Mann auf die andere Seite. Als sie mit dem Waschen fertig war, zog sie die Decke wieder zurecht, steckte die benutzten Tücher in den dafür vorgesehenen Behälter auf ihrem Wagen und ging zum Fenster, um den Vorhang wieder zuzuziehen. Noch einmal blickte sie in den Park. Sie sah eine weitere Person, die sich trotz des Regens auf eine Bank gesetzt hatte und das Spiel der Regentropfen auf dem kleinen Teich dort zu beobachten schien. Sie sah, wie die Person eine Waffe aus einem Koffer holte und sich die Pistole an die Schläfe hielt. Bettina schrie auf. Sie versuchte, die Fenster zu öffnen, doch das war auf dieser Etage nicht möglich. Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund sah sie aus dem Fenster und wartete auf den Knall ...

... und verschwand!

3.14.11.2009 - 11:22 Uhr

Nervös blickte Corina durch das Fenster in den Hof hinter dem Museum. Jeden Moment musste der Kastenwagen mit den Kisten und den darin befindlichen Stücken eintreffen. Bei Bauarbeiten in der Innenstadt waren die Arbeiter auf ein paar Tonscherben und verzierte Steine gestoßen. Sie wurden zufällig auf einem der Container gefunden, kurz bevor sie abtransportiert werden sollten. Angeblich wusste keiner der Arbeiter, von welcher Stelle genau der Aushub war, und flüchtige Untersuchungen der Baustelle ergaben weder neue Funde noch Erkenntnisse, aus welchem Bereich die Funde stammen könnten. Also wurden die paar Sachen in zwei Kisten gepackt, und man rief im Museum an und erkundigte sich, ob Corina Interesse an den Funden hätte.

Am liebsten wäre Corina sofort nach dem Anruf selbst losgefahren, um die Sachen abzuholen. Doch leider hatte sie als Museumsdirektorin nicht die Zeit, um mal eben quer durch die Stadt zu fahren. Also schickte sie Rainer los. Rainer war erst seit vier Monaten im Museum beschäftigt und wusste die Ehre, die ihm durch diese Fahrt erteilt wurde, nicht zu schätzen.

»Hoffentlich ist auf der Fahrt nichts passiert«, murmelte Corina leise vor sich hin und ging weiter vor dem Fenster auf und ab. Dann endlich bog der kleine Transporter in den Hof ein. Noch ehe Corina den Wagen richtig sehen konnte, war sie auch schon zur Tür raus und lief den Gang entlang zum Ausgang. Noch während sie die Tür öffnete, rief sie laut:

»Ist alles dabei? Ist alles heil?« Rainer hielt schon die erste Kiste in den Händen, schaute kurz hinein und sagte zu Corina:

»Nun, soweit man bei den Teilen von heil sprechen kann, ja.« Er schaute noch einmal in die Kiste, schüttelte leicht den Kopf und ging in Richtung Corina. Corina, die mit ihren 1,63 Meter deutlich kleiner war als Rainer, versuchte einen ersten Blick in die Kiste zu erhaschen, konnte aber kaum über die Kante schauen. So, als wüsste er gar nicht, was er tat, hob Rainer die Kiste noch etwas höher und ging grinsend zum Eingang. Corina versuchte hüpfend, einen Blick in die Kiste zu werfen, ehe sie merkte, was vor sich ging. Sie fing an zu lächeln, schlug Rainer leicht auf den Arm und sagte:

»Hör auf damit! Bring die Kisten in mein Labor und dann fahr den Wagen zurück in die Garage.«

Zwei Stunden später hatte sie sich einen ersten Überblick verschaffen können. Sie hatte sich zuerst ein paar Tonscherben angesehen und erste Untersuchungen durchgeführt. Nun griff sie zu einem Stein, der ihr gleich sehr merkwürdig vorkam. Auf dem Stein waren scheinbar Schriftzeichen eingraviert. Als Professorin in Keltologie schätze sie die Schriftzeichen als eine Art Manx-Gälisch ein. Allerdings waren die Zeichen auf dem Stein teilweise verwaschen oder noch durch Lehm und Erde verschmutzt. Sie begann, den Stein vorsichtig zu reinigen, um die Zeichen besser lesen zu können. Je mehr Zeichen sichtbar wurden, umso aufgeregter wurde Corina. Immer mehr Worte konnte sie entziffern. Worte wie benutzen und Hilfe konnte sie entziffern, andere waren ihr wiederum völlig fremd. Erst nach einiger Zeit fiel ihr auf, dass sich die Schriftzeichen ringförmig um eine kleine Vertiefung im Stein reihten.

4.14.11.2009 - 13:46 Uhr

Simone stand jetzt seit fünf Minuten unter dem warmen Wasserstrahl der Dusche. Sie hatte die Augen geschlossen und den Kopf leicht nach oben geneigt. So sehr sie sich auch anstrengte, die vagen Bilder in ihrem Kopf blieben verschwommen. Vor 20 Minuten war sie nach Hause gekommen, nachdem sie mal wieder in einer fremden Wohnung neben einem fremden Mann wach geworden war. Sie drehte sich um, ließ jetzt das Wasser ihren Rücken massieren und senkte den Kopf nach unten. Wieder schloss sie die Augen. Immer dieselben Bilder - Leute auf einer Tanzfläche, schemenhafte Gesichter und jemand, der ihr ein Glas entgegenhielt. Nichts Brauchbares! Also versuchte sie, den Abend von Anfang an abzuspulen. Sie war mit anderen Auszubildenden aus ihrer Berufsschulklasse in die Altstadt gefahren, um ihren 22. Geburtstag zu feiern. Vor 15 Monaten hatte sie die neue Ausbildungsstelle als Tierarzthelferin angefangen, und diesmal wollte sie es bis zum Ende durchziehen. Sie wollte ihren Eltern beweisen, dass sie es alleine schaffen konnte. Seit zwei Jahren hatte sie keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern. Die Schule hatte sie frühzeitig abgebrochen, und vor der nun angefangenen Ausbildung hatte sie schon drei weitere abgebrochen. Der letzte Kontakt mit ihren Eltern war ein bitterböser Streit, demzufolge sie das Haus verlassen hatte und nicht wieder zurückgekommen war. Sie hatte nur kurze Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, um ihre Eltern wissen zu lassen, dass sie nicht nach ihr zu suchen brauchten. Sie war nicht dumm. Weder die Schule noch die Ausbildungsstellen hatte sie aufgrund schlechter Noten verlassen müssen. Im Gegenteil, sie war hochintelligent. Ihr Problem war, dass sie sich in der Schule langweilte. So kam es, dass sie lieber feiern ging, worüber die Lehrer und Arbeitgeber wenig erfreut waren. Hier strebte sie einen neuen Versuch in einer neuen Stadt mit einer neuen Ausbildungsstelle und mit neuen Freunden an. Bis gestern hatte es auch ganz gut geklappt. Sie hatten sich alle in der Altstadt getroffen, waren zuerst etwas rumgezogen und hatten in einem der vielen Imbisse eine Kleinigkeit gegessen. Nach dem Essen zogen sie weiter von einer Kneipe in die andere, um später noch in einem Club zu versacken. In welchem genau wusste sie schon nicht mehr, war sich aber ziemlich sicher, noch ohne männliche Begleitung gewesen zu sein. Simone drehte sich noch einmal unter der Dusche und streckte ihr Gesicht direkt in den Wasserstrahl. Doch sie bekam die Bilder einfach nicht klar. Sie sah nur diffuse Lichter und Farben und ein paar Gesichter. Einige bekannt, viele aber auch nicht. Sie drehte das Wasser ab und stieg aus der Dusche, blickte in den Spiegel und erschrak. Das Gesicht, das sie im Spiegel sah, schien nicht ihr zu gehören. Die Augen und Wangen aufgedunsen. Von dem hübschen Mädchen mit den braunen Augen und dem langen braunen Haar war nicht viel zu erkennen. Sie brauchte jetzt dringend eine Aspirintablette und wollte den Rest des Tages einfach nur auf der Couch verbringen. Sie nahm ein Handtuch, fing an, sich abzutrocknen ...

... und verschwand!

5.14.11.2009 - 13:46 Uhr

Christopher schaute gelangweilt in ein großes Becken mit vielen bunten Fischen. Seine Zwillingsschwester war die Patentante der zehn Jahre jüngeren Cousine der beiden. Und als Christopher sich über Nele, die an einem Samstagnachmittag mit einer Schar 6-Jähriger durch den Aquazoo ziehen musste, lustig gemacht hatte, wurde er kurzerhand von seiner Mutter gezwungen, auch an diesem Ausflug teilzunehmen. Er mochte seine Cousine, so war es nicht. Doch so süß sie auch war, einen Kindergeburtstag mit lauter 6-Jährigen brauchte er an einem Samstag nun wirklich nicht. Er ging weiter zum nächsten Becken. Eines der Kinder kam zu ihm gelaufen und sagte:

»Der sieht ja witzig aus. Was ist das für ein Fisch?« Christopher blickte zu dem Kind. Es war ein Mädchen in einem rosa Kleidchen, einer weißen Bluse und zwei Zöpfen, die rechts und links vom Kopf weg ragten. Die Kleine strahlte Christopher mit einem erwartungsvollen Blick an. Er brummelte etwas und las eines der Schilder, die an den Seiten der Becken angebracht waren.

»Das ist ein Kofferfisch, und jetzt geh schnell wieder zu den anderen.« Die Kleine schaute Christopher skeptisch an, fing dann aber an zu lächeln, sagte danke und ging zurück zu den anderen Kindern.

Ein Kofferfisch!, dachte Christopher bei sich und schaute zu seiner Schwester, die gerade ein anderes Kind auf dem Arm hatte, damit es besser in eines der Becken schauen konnte.

Ein Kofferfisch!, wiederholte er. Seine Schwester war ganz und gar nicht dick, sie war sportlich schlank, fühlte sich aber wie jedes Mädchen in der Pubertät zu fett. Also dachte sich Christopher kurzerhand eine passende Beleidigung aus, in der seine Schwester und ein Kofferfisch vorkamen und ging langsam in Richtung der Gruppe mit den Kindern. Als er am Becken ankam, erklärte seine Schwester gerade dem Mädchen mit den zwei Zöpfen, was für Fische sich in dem Becken befanden. Sie lächelte dabei und schien sogar Spaß daran zu haben. Noch ein Grund mehr, ihr die Beleidigung an den Kopf zu werfen. Er rief ihren Namen ...

... und Nele und Christopher verschwanden!

6.14.11.2009 - 13:34 Uhr

Inzwischen kam es Corina so vor, als wären auf dem Stein verschiedene gälische Dialekte vermischt worden. Einige Worte konnte sie nach wie vor nicht entschlüsseln. Die Anordnung der Worte um die Vertiefung in der Mitte schien sich jedoch zu bestätigen. Noch immer war der Stein stark verschmutzt, und Corina versuchte gerade, ein weiteres Wort unter der Dreckschicht freizulegen. Auch hatte sie noch nicht herausfinden können, um was für eine Art Stein es sich hier handeln könnte. Er war nicht sonderlich schwer, faustgroß und an den gesäuberten Stellen sehr glatt, wenn man von den leichten Einkerbungen der Schriftzeichen absah. Seine Farbe ging in ein leicht glänzendes Dunkelgrau. Die Schriftzeichen hatten die gleiche Farbe, aber man konnte sie teilweise nur erfühlen und nicht sehen. Wieder hatte sie ein ihr unbekanntes Wort freigelegt. Kopfschüttelnd versuchte sie nun, die Vertiefung in der Steinmitte freizulegen. Hier hatte sich der Schmutz wie eine Art Pfropfen in die Vertiefung gelegt, und man konnte nicht sehen, wie tief diese wirklich war. Nach gut zehn Minuten hatte sie auch hier den Dreck restlos entfernt. Der Stein hatte eine kleine, muldenförmige, ca. 4-5 mm tiefe Einkerbung mit einem Durchmesser von ca. 2 cm. Corina wischte die letzten Verschmutzungen mit dem blanken Zeigefinger weg. Gerade als sie mit dem Finger die ganze Mulde bedeckte, spürte sie ein leichtes Vibrieren im Stein. Erschrocken ließ sie ihn fallen. Sie blickte auf den Stein, der nun ganz ruhig auf dem Tisch lag. Hatte sie sich die Vibration nur eingebildet? War es eventuell ihr eigenes Zittern gewesen, das sie gespürt hatte? Vorsichtig nahm sie den Stein wieder auf und schaute ihn sich sorgfältig von allen Seiten an. Sie konnte nichts Außergewöhnliches entdecken. Wieder schob sie ihren Zeigefinger auf die Mulde, und kaum wurde diese komplett vom Finger bedeckt, spürte sie wieder die Vibration. Schnell zog sie den Finger weg.

Für einen kurzen Augenblick dachte sie, die Mulde hätte etwas geleuchtet. Ratlos stand sie in ihrem Büro und schaute auf den Stein. Sollte sie vorsichtshalber Rainer dazu rufen? Doch dann siegte ihre Neugier. Sie legte den Finger direkt auf die Mulde. Sofort ging eine kleine Vibration durch den Stein, und kurz danach fing die Mulde an zu glühen. Man konnte sehr gut an den Rändern des Fingers erkennen, wie das Licht durchschien. Nach ein paar Sekunden verschwand das Vibrieren, und das Leuchten breitete sich langsam über den ganzen Stein aus. Gerade als der ganze Stein vom Leuchten erfasst wurde, schien es, als ginge ein heller Strahl direkt aus dem Stein in Richtung Bürodecke. Es leuchtete so hell, dass Corina geblendet wurde. Dann war es dunkel.

7.14.11.2009 - 13:56 Uhr

Langsam schlenderte Werner den Kiesweg im Park entlang, den Koffer fest in seiner rechten Hand. Er steuerte auf die kleine Hütte zu, in der er immer mit Monika gesessen hatte, konnte aber schon aus einiger Entfernung erkennen, dass schon jemand in der Hütte saß. Er ärgerte sich kurz, ging dann aber ein kurzes Stück weiter zu einer Parkbank. Früher ging er einmal die Woche zum Schießstand, und Monika begleitete ihn so oft sie konnte. Auch wenn sie selbst nicht schoss, freute sie sich auf den gemeinsamen Nachmittag. Nach dem Schießstand gingen sie zusammen durch den Park, setzten sich für ein paar Minuten auf eine Bank, um danach etwas bei ihrem Lieblingsitaliener zu essen. Seit zwei Jahren ging Werner jetzt schon alleine zum Schießstand. Er ging alleine durch den Park, setzte sich alleine auf die Bank und aß alleine beim Italiener. Als Monika vor zwei Jahren starb, starb auch er. Er kündigte seinen Beruf als Förster und zog sich komplett aus dem öffentlichen Leben zurück. Nur seine wöchentlichen Besuche auf dem Schießstand behielt er bei. So war er in Gedanken bei Monika und sie bei ihm. Doch heute sollte sein letzter Spaziergang sein. Er setzte sich auf die Bank. Dass sie feucht war, störte ihn nicht. Er blickte auf und konnte durch die tropfenden äste der Bäume das Pflegeheim auf der anderen Seite des Parks sehen. Wie oft hatte er mit Monika hier gesessen? Wie oft mussten sich beide schwören, den anderen nie in solch einem Heim enden zu lassen? Der Krebs hatte ihnen die Entscheidung abgenommen. Er schloss die Augen und versuchte, sich einen sonnigen Nachmittag mit Monika vorzustellen. Doch nach zwei Jahren fiel es ihm immer schwerer, sich in diese Tage zurück zu träumen.Er beschloss, dass nicht noch mehr Erinnerungen in seinem Kopf verblassen sollten. Er hatte lange über diese Entscheidung nachgedacht, doch es gab nichts, was ihn hier noch hielt. Die paar Freunde, die er hatte, hatten sich schon längst von ihm abgewandt, und Kinder hatten er und Monika leider nie gehabt. Erneut blickte er zu dem dunklen grauen Gebäude. Bei einem Fenster wurden gerade die Vorhänge aufgezogen. Auf keinen Fall wollte er irgendwann in solch einem Gefängnis vor sich hin vegetieren. Ein letztes Mal blickte er sich im Park um. Alles wirkte grau. Er hörte keine Vögel. Nur wenige Blumen blühten. Und die Bäume waren kahl und kalt. Die Regentropfen, die auf die Oberfläche des kleinen Teichs trafen, auf dem früher immer Enten geschwommen waren, hinterließen kleine Wellen, die sich immer weiter ausbreiteten und schließlich an der kleinen Mauer, die den Rand bildete, verschwanden. Er nahm den Koffer auf den Schoß, öffnete den Klickverschluss und hob den Deckel. Ein paar Sekunden schaute er sich seinen Revolver an. Es war ein Smith & Wesson Kaliber .357 Magnum. Er nahm den Revolver aus dem Koffer. Er glänzte leicht in einem Lichtstrahl, der sich wagemutig durch den sonst grauen Himmel gemogelt hatte. Ein letzter Blick auf das Pflegeheim, ehe er eine einzige Patrone in die Hand nahm und sie in die Trommel des Revolvers schob. In ein paar Sekunden würde er sich auf den Weg zu Monika machen. Er freute sich darauf. Das Metall des Revolverlaufs fühlte sich kalt an der Schläfe an. Er zog den Hahn zurück, schloss die Augen ...

... und verschwand!

II Ankunft

1.

Nach dem hellen Licht folgten absolute Dunkelheit, Kälte und Panik. Corina konnte nicht mehr atmen. Es schien, als wäre die gesamte Luft aus ihrer Umgebung einfach verschwunden, zusammen mit dem Licht und der Wärme ihres Büros. Sie sackte zusammen und ging auf die Knie. Du weißt nicht warum, aber nun wirst du sterben! Diese Worte gingen ihr gerade durch den Kopf, als sie einen Windhauch im Gesicht spürte. Gierig sog sie die Luft ein, die sich immer mehr und stärker um sie sammelte. Sie schmeckte irgendwie ranzig und metallisch. Mit der Luft kam auch die Wärme wieder und Geräusche. Sie hatte das Gefühl, als befänden sich um sie herum andere Menschen. Sie hörte Husten, Weinen, Schreie und Hilferufe. Jetzt erst merkte sie, dass der Boden, auf dem sie kniete und auf dem sie sich mit den Händen abstützte, nicht der ihres Büros sein konnte. Sie hatte einen billigen Linoleumboden. Dieser hier schien aus Metall zu sein. Er fühlte sich furchtbar kalt an. Noch immer war es stockfinster, und sie versuchte krampfhaft, etwas zu erkennen, als die Dunkelheit plötzlich von kurzen Lichtblitzen unterbrochen wurde. Kurz darauf wurde es hell.

Langsam gewöhnten sich Corinas Augen an das Licht. Zuerst nur verschwommen konnte sie nach und nach immer deutlicher mehrere Personen um sich herum ausmachen. Viele lagen am Boden. Wieder andere schienen wie unter Schock einfach dazustehen. Corina blickte sich um. Nein, das war sicher nicht ihr Büro. Der Raum, in dem sie und die anderen sich befanden, war rund. Der Boden war genau wie die Wände aus einer Art Metall, welches das Licht leicht reflektierte. An der Decke befand sich in der Mitte eine kreisrunde Kuppel aus einem milchig scheinenden Glas oder Kunststoff. Sie schien transparent zu sein. Die Kuppel hatte einen Durchmesser von ca. 10 Metern. Den gesamten Raum schätzte Corina auf 16 Meter. Auf dem Boden erkannte sie Symbole, die parallel mit dem Rand der Kuppel an der Decke kreisrund angeordnet waren. Alle anwesenden Personen standen innerhalb dieser Schriftzeichen. Die Panik der Dunkelheit schien nun langsam dem Schock der Unwissenheit zu weichen. Die meisten Leute wirkten erschöpft. Einige saßen auf dem Boden, andere hockten. Einzelne standen steif da und riefen unregelmäßig um Hilfe.

Ein spitzer lauter Schrei unterbrach die eher leisen Geräusche, die Corina von den anderen Anwesenden vernahm. Jemand rief:

»Er hat eine Waffe!« Sofort blickten alle auf eine Frau, die den Schrei offenbar ausgestoßen hatte und folgten mit ihren Blicken ihrem ausgestreckten Zeigefinger. Dass die Frau nur ein Handtuch umgebunden hatte, interessierte zunächst keinen.

»Er hat eine Waffe!«, wiederholte die Frau. Der ältere Mann, auf den die Frau zeigte, schien verunsichert. Vorsichtig hob er die freie Hand und ging langsam in die Hocke, legte die Waffe auf den Boden und stand wieder auf.

»Es ist alles gut», sagte er langsam, »ich bin Sportschütze und war gerade auf dem Weg zum Schützenverein.« Zunächst erwiderte keiner etwas. Dann hörte man von weiter hinten eine Frau sagen:

»Ich kenne Sie. Ich habe Sie vom Altenpflegeheim aus gesehen. Sie saßen im Park auf einer Bank.«

»Ja!«, antwortete der Mann. »Ich habe gesehen, wie Sie den Koffer geöffnet haben, um ... um nach Ihrer Waffe zu sehen.«

»Ja, das ist richtig.«

»Hey, ich habe Sie auch gesehen. Sie sind im Park an mir vorbeigelaufen.« Ein schmaler, rothaariger Junge schob sich nach vorne. Doch plötzlich wurde er an den Schultern gepackt und herumgerissen. Ein kräftiger junger Mann in der Uniform einer Sicherheitsfirma blickte ihm ins Gesicht.

»Du bist doch der kleine Dieb, der sich immer an der Messe rumtreibt. Ich würde gerne mal in deinen Rucksack schauen.«

Der Junge versuchte, sich loszureißen, doch er konnte dem kräftigen Griff des Mannes nicht entkommen.

Corina nahm das alles wie in Trance auf. Es schien, als wäre sie gerade im Theater und vor ihr würde ein Kriminalstück aufgeführt. Allerdings mit schlechten Schauspielern. Sie räusperte sich kurz. Doch keiner reagierte. Der Wachmann zog weiter am Rucksack des Jungen. Corina räusperte sich noch einmal etwas lauter.

»Würden Sie mir bitte mal zuhören?« Die Worte kamen nur leise aus ihrer Kehle, zu leise, um den Lärm der streitenden Leute zu übertönen. Auch die junge Frau mit dem Handtuch und der Mann mit der Waffe diskutierten noch miteinander. Die anderen Leute im Raum blickten stumm zu der Gruppe.

Corina räusperte sich ein drittes Mal.

»Bitte!« Jetzt war ihre Stimme laut und deutlich zu hören. Die ersten Leute drehten sich zu ihr um. »Bitte!«, wiederholte sie noch etwas lauter, und auch die Streitenden blickten jetzt zu ihr.

»Bitte, ich denke, wir haben im Moment andere Probleme als den Inhalt eines Rucksacks. Ich gebe zu, das mit der Waffe sollten wir kurzfristig lösen, aber unser Hauptproblem scheint mir eher dieser Raum zu sein, und vor allem, wie wir hierher gekommen sind.» Die anderen Anwesenden schienen sich nun auch wieder der aktuellen Situation bewusst zu werden und blickten sich erschrocken um.

Neben Corina stand ein Mann, der sich, seit das Licht angegangen war, noch keinen Zentimeter gerührt hatte. Nun vernahm sie ein leises Husten und Röcheln von ihm. Der Mann stammelte noch etwas, was wie Asthma klang und brach dann urplötzlich zusammen. Sie bückte sich zu dem Mann hinunter und hörte ein leichtes Rasseln, während er schwach atmete. Im Raum wurde es still. Alle Blicke waren auf den Mann und Corina gerichtet.

»Ist hier ein Arzt?«, rief sie.

»Bitte, dieser Mann braucht einen Arzt!« Nach ein paar Sekunden hob die Frau aus dem Altenheim zögerlich die Hand.

»Ich bin zwar kein Arzt, aber gelernte Krankenschwester und Altenpflegerin. Kann ich helfen?«

»Bestimmt! Kommen Sie bitte rüber und helfen Sie mir. Ich glaube, es ist ein Asthmaanfall. Zumindest meine ich, er hätte sowas gesagt.«. Die Frau aus dem Altenheim kniete sich neben den Mann.

»Hallo, mein Name ist Bettina«, sagte sie.

»Ich bin Corina. Bitte helfen Sie mir suchen. Wenn er Asthmatiker ist, hat er bestimmt ein Spray dabei«. Zusammen durchsuchten sie die Taschen des Mannes. In einer der Innentaschen seiner Jacke wurden sie fündig. Bettina nahm das Spray und zusammen legten sie den Mann auf die Seite. Danach sprühte sie ihm das Spray, während er einatmete, in den Mund. Corina stand auf und sah sich um. Alle Anwesenden schauten zu ihr rüber.

»Noch jemand, der verletzt ist oder dem es nicht gut geht?« Vereinzelt war ein Kopfwackeln, ein kurzes Brummen oder ein knappes Nein zu vernehmen. Von unten hörte sie Bettina sprechen.

»Er ist wieder zu sich gekommen. Scheint aber noch etwas unter Schock zu stehen. Kann mir bitte mal jemand helfen, ihn rüber zur Wand zu bringen?« Der Mann mit der Waffe kam zu Corina und Bettina, reichte ihnen die Hand und stellte sich kurz als Werner vor. Corina beobachtete kurz, wie die zwei den Mann an die Wand lehnten. Danach drehte sie sich wieder zu den anderen um.

»Ich bin Corina. Ich arbeite im Museum des Aquazoos, der ja direkt an den Park grenzt. Werner, Bettina und der junge Mann mit dem Rucksack scheinen auch im Park oder in der Nähe gewesen zu sein. Kommt sonst noch jemand aus der Nähe des Parks?« Corina blickte sich um, und von den meisten Leuten kam ein Nicken oder ein kurzes Ja.

»Okay,« begann Corina, »wir scheinen nicht mehr im Park zu sein. Wir sollten jetzt erstmal alle durchatmen und schauen, wo wir hier eigentlich sind, und wie wir hier gelandet sind.«

»Entschuldigung!« Die junge Frau, die nur in ein Handtuch gewickelt war und etwas weiter hinten stand, hob die Hand. Es schien, als hätte sie ein Anliegen.

»Ja?«, antwortete Corina.

»Ähm, ich wollte fragen, ob nicht eventuell jemand eine Jacke übrig hätte. Ich fühle mich etwas unwohl.« Sofort zogen ein paar Männer ihre Jacken aus. Wenige Augenblicke später hatte sie eine Jacke als Oberteil, das Handtuch als Rock und sogar ein paar Socken an.

»Vielen Dank«, sagte sie verlegen. »Mein Name ist übrigens Simone.« Nach und nach stellten sich alle Anwesenden vor und begannen, sich im Raum zu verteilen. Der rothaarige Junge stellte sich als Dominik vor. Dann waren da noch Nele und Christopher, ein Zwillingspärchen, das Corina etwas älter als Dominik schätzte. Beide waren schlank gewachsen und hatten die hellsten blonden Haare, die Corina je gesehen hatte. Hans war etwas älter als Werner und Elektriker in der nahe gelegenen Messe, nicht besonders groß, wirkte dafür aber sehr kräftig, was er mit seinem Händedruck bestätigte. Corina musste danach unauffällig ihre Hand ausschütteln. Phil kannte sie schon und war froh, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Er war Zoopädagoge im Aquazoo, und man sah sich immer mal wieder, aber ohne sich groß zu unterhalten. Er war ein hagerer, schlaksiger, dunkelhäutiger Kerl, der gleich auf den ersten Blick sympathisch wirkte. Bettina, Simone und Werner kannte sie ja schon, und auch Martin, den Mann mit dem Asthmaanfall. Von den anderen konnte sie sich auf die Schnelle nicht die Namen merken. Insgesamt waren einundzwanzig Personen im Raum. Sie sah, wie Dominik genau in der Mitte des Raumes stand, zur Decke blickte und mit dem Kopf wackelte. Sie ging zu ihm rüber.

»Alles okay?«

»Habt ihr euch das mal alles angeschaut?«, fragte er in die Runde. »Das sieht doch nicht aus wie auf der Erde. Ich glaube, wir sind von Außerirdischen entführt worden. Für mich sieht das hier wie in einem Raumschiff aus.« Corina blickte sich um. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte, irgendwie hatte er recht. Es war still geworden im Raum. Alle blickten abwechselnd zur Decke und zu Dominik.

»Okay, schauen wir uns mal genauer um und suchen eine Tür.«

Der Raum war, abgesehen von den anwesenden Personen, leer. Das Licht kam aus einer Art Halbröhre, die an der Grenze zwischen Decke und Wand einmal rund um den ganzen Raum entlangführte. Sie schien aus dem gleichen milchigen Material wie die Kuppel in der Mitte zu bestehen. Die kreisrunde Wand wurde von acht säulenartigen Gebilden unterbrochen, die vom Boden bis an die Decke reichten. Die Wandflächen zwischen den Säulen waren alle identisch, weiß und glatt. Bis auf eine. Diese Fläche hatte eine deutlich dunklere Farbe und schien auch von der Struktur her anders zu sein. Vorsichtig ging Werner auf diese Wand zu. Als er sich der Wand bis auf einen Meter genähert hatte, wurde oben in der leuchtenden Halbröhre ein grünes Licht sichtbar. In der Wand entstanden zunächst kleine Löcher, welche immer schneller größer wurden. Nach nicht mal einer Sekunde erschien in der Wand eine halbkreisförmige Öffnung mit einem Durchmesser von ca. 4 Metern.

Erschrocken trat Werner mehrere Schritte zurück, bis er wieder in der Mitte des Raumes stand. Als sich der Durchgang öffnete, waren wieder kurze vereinzelte Schreie zu hören. Dann war alles still. Nach ca. 5 Sekunden schloss sich der Durchgang wieder.

»Komm, lass uns zusammen hingehen!« sprach Hans, der rechts von Corina stand, und ging dabei auf den noch immer etwas erschrocken wirkenden Werner zu. Im Vorbeigehen hob Hans die Waffe auf, die auf dem Boden lag, und drückte sie Werner in die Hand.

»Nur zur Sicherheit!«, sagte er. Beide näherten sich der Tür. Wieder öffnete sich der Durchgang, als die Männer sich auf ca. 1 Meter näherten. Dahinter konnte man einen Gang erkennen. Beide Männer gingen langsam durch die Öffnung in den Gang. Als sie einen weiteren Meter im Gang waren, schloss sich die Öffnung wieder. Im Raum herrschte Stille. Gerade als Corina etwas sagen wollte, öffnete sich der Durchgang erneut und Hans schaute in den Raum.

»Wir wollten nur testen, ob die Tür wieder aufgeht. Wir gehen jetzt bis zum Ende des Ganges und schauen, wie es weitergeht. Wir sind gleich zurück.«

»Seid vorsichtig!«, rief Corina ihnen hinterher. Sie wusste nicht, warum sie das fremden Männer hinterher gerufen hatte, aber es rutschte ihr einfach raus.

Nachdem die beiden hinter der Tür verschwunden waren, bildeten die anderen Anwesenden kleine Grüppchen und unterhielten sich miteinander. Corina stand etwas abseits und sah ihnen zu. In Gedanken ging sie die Orte durch, an denen sich die Leute zuletzt aufgehalten hatten. Zog sie einen gedanklichen Kreis um die Orte und suchte die Mitte, stieß sie genau auf den Aquazoo mit dem Museum. Sie griff in ihre Kitteltasche und fühlte den Stein darin. Ob sie für die ganze Sache hier verantwortlich war? Sie beschloss, es erst mal für sich zu behalten. Nach ein paar Minuten kamen Werner und Hans wieder in den Raum zurück.

»Am Ende des Gangs ist wieder eine Tür, die sich genauso öffnet wie diese hier. Danach kommt ein weiterer Gang, der nach rechts und links weiter geht. Wir sollten zwei Gruppen bilden, um den Gang weiter zu erkunden.« Alle Anwesenden nickten, und es wurden rasch zwei Gruppen gebildet. Corina bildete mit Christopher und Werner die erste Gruppe. Die zweite Gruppe bildeten Hans, Christian, der Wachmann von der Messe, und Dominik.

2.

Als sich die erste Tür hinter den beiden Gruppen schloss, schob sich Christian an den anderen vorbei und stellte sich vor Werner. Werner war nicht gerade klein und sah fit und durchtrainiert aus. Neben Christian wirkte er allerdings klein und schmächtig. Der kräftige Wachmann mit den kurz geschorenen blonden Haaren überragte Werner um gute 20 cm und war deutlich breiter als er.

»Ich wollte vor den anderen nichts sagen, aber warum haben Sie den Revolver im Park aus dem Koffer genommen? So etwas machen Sportschützen üblicherweise nicht.« Die anderen sahen Werner an. In seinen Augen funkelte es, während er Christian ansah. Für einen kurzen Moment befürchtete Corina, dass er einfach die Pistole ziehen und schießen würde. Doch nach ein paar Augenblicken verwandelte sich das Funkeln in eine Träne und die Anspannung in Werners Gesicht ließ nach. Mit leicht zittriger Stimme erzählte er.

»Ich bin Sportschütze, und die Waffe transportiere ich natürlich immer in einem Koffer, getrennt von der Munition, und nehme sie natürlich im Park nicht aus dem Koffer. Auch diesmal habe ich die Waffe so transportiert. Allerdings nicht zum Schießstand, sondern zu einer Bank im Park. Dort habe ich die Waffe aus dem Koffer genommen und geladen, … um, um mich zu erschießen.« Die fünf anderen sogen kurz die Luft ein. Selbst Christian war von dieser Erklärung überrascht.

»Es ist so, dass ich ...«

»Du musst uns nichts weiter erklären. Die Situation, in der wir gerade stecken, ist für alle schwer. Wichtig ist für uns nur, ob wir uns aktuell auf dich verlassen können«, unterbrach Christian Werner.

»Ja! Ihr könnt euch auf mich verlassen. Selbstmord steht gerade nicht oben auf meiner Liste.«

»Okay, dann lasst uns mal schauen, was in den Gängen zu finden ist.« Corina ging an Werner vorbei und berührte ihn vorsichtig mit der Hand an der Schulter. Die anderen taten es ihr gleich, und kurz danach standen alle hinter der zweiten Tür. Werner wischte sich die Augen trocken und folgte den anderen.

Während Christian, Dominik und Hans den rechten Gang nahmen, ging Corinas Gruppe die linke Seite des Ganges weiter. Dieser verlief in einer leichten Rechtskurve. Boden und Decke waren identisch mit denen des Ankunftsraumes. ähnlich wie im Raum waren auch hier in regelmäßigen Abständen Säulen an der Wand. Christopher berührte Corinas Arm und sagte:

»Da hinten, auf der rechten Seite, sieht die Wand wieder etwas anders aus.« Vorsichtig näherten sie sich der Tür. Als sie sich wieder auf einen Meter genähert hatten, leuchtete allerdings, anders als bei den vorherigen Türen, kein grünes, sondern ein rotes Licht an der Deckenleiste auf, und die Tür blieb verschlossen. Erschrocken und auf einen Alarm wartend gingen alle drei erstmal einen Schritt zurück. Doch es kam kein Alarm. Werner legte die Hand auf die Tür, doch es blieb bei einem rot leuchtenden Licht an der Decke.

»Abgeschlossen!«, sagte er und alle drei mussten ein wenig grinsen. Als sie weitergingen, leuchtete plötzlich schräg gegenüber ein grünes Licht auf und eine Tür öffnete sich. Vor lauter Aufregung über die zuvor entdeckte Tür hatten sie diese auf der anderen Seite nicht bemerkt. Vorsichtig schauten die drei in die offene Tür.

3.

»Nanu, schon wieder zurück? War wohl eine Sackgasse«, sagte jemand, als die Dreiergruppe mit Corina voran wieder in den Ankunftsraum trat. Doch noch während er sprach, merkte er, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien.

»Sind alle Leute da?«, fragte Werner.

»Bis auf die andere Gruppe, ja! Was ist denn los?« Ein paar Leute hatten scheinbar bemerkt, dass nicht alles in Ordnung war und näherten sich der Gruppe.

»Stimmt etwas nicht?« fragte einer von ihnen.

»Werner, kannst du bitte die anderen suchen und herbringen?«, fragte Corina. Werner nickte und eilte los. Kurz danach waren wieder alle im Raum versammelt.

»Bitte, hört mir mal alle kurz zu!«, rief Werner in den Raum. Alle blickten ihn an. »Also, zunächst möchte ich anmerken, dass wir scheinbar nicht unmittelbar in Gefahr sind. Allerdings haben wir gerade eine Entdeckung gemacht, wonach unser Freund hier ...« - er zeigte auf Dominik - »... offensichtlich Recht hatte. Wir haben einen Raum gefunden, der sehr stark an eine Art Kontrollraum erinnert. Wir haben viele Monitore, Steuergeräte, Hebel und Knöpfe gesehen. Einige haben es bereits vermutet, und einer hat es schon ausgesprochen. Wir scheinen auf einem Raumschiff gelandet zu sein.« Ein Raunen ging durch den Raum. Viele stellten Fragen, und auch das eine oder andere Wimmern und Weinen war zu vernehmen.

»Okay«, sagte Corina wieder etwas lauter, »wie Werner schon sagte, scheinen wir nicht unmittelbar in Gefahr zu sein. Deswegen bitte ich euch, ruhig zu bleiben. In dem Raum, den wir gefunden haben, sind sehr viele Monitore, Schalter und Hebel. Deshalb dort bitte äußert vorsichtig