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Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Ingenieurwissenschaften - Wirtschaftsingenieurwesen, Note: 1,3, Hochschule der Medien Stuttgart, Sprache: Deutsch, Abstract: „Denn davon bin ich überzeugt: Die Zukunft der Zeitung ist digital. […] an unserem Geschäftsmodell aber hat sich nichts geändert. Information und Unter-haltung für verschiedene Zielgruppen.“ (Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG) Das „digitale Zeitalter“ hat den Journalismus vor neue Herausforderungen gestellt. Die Branche der Zeitungsverleger, deren Heimat zuvor ausschließlich der Druck war, geht Mitte der neunziger mit Ihren Produkten online. Das Internet verändert seitdem die Zeitungsbranche und eröffnet neue Geschäftsfelder. WebTV ist eines davon, das derzeit die Verlage stark beschäftigt. Das Thema der vorliegenden Diplomarbeit entstand aus der beruflichen Tätigkeit des Autors, dem Aufbau des WebTV-Portals „STIMME.TV“2, für das Medienunter-nehmen Heilbronner Stimme GmbH & Co.KG3. Gegenwärtig gibt es keine detail-lierten Untersuchungen dazu, wie eine WebTV-Produktion innerhalb eines Zeitungsverlags bestmöglich integriert werden kann. Demzufolge existieren kaum Erkenntnisse zur optimalen Vermarktung von WebTV. Selbiges gilt für das Potenzial, welches in diesem Geschäftsfeld steckt. Der dringende Klärungsbedarf, der sich hieraus ergibt, wirft unter anderem, folgende Fragestellungen auf: Welche Motive und Ziele verfolgen Zeitungsverlage mit WebTV? Welche technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedin-gungen sind wesentlich für eine erfolgreiche Umsetzung? Was ist beim Aufbau einer hauseigenen Videoproduktionsabteilung zu beachten? Welches Vermarkt-ungspotenzial hat WebTV? Und: wie könnte sich dieses zukünftig entwickeln? Neben der Klärung dieser Fragen liefert die Arbeit ein Gesamtverständnis von WebTV und Beispiele für praktische Umsetzungen in Zeitungsverlagen.
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Veröffentlichungsjahr: 2008
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Zur Erlangung des Grades eines Diplom-Wirtschaftsingenieurs (FH)
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Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
AFP Agence France-Presse GmbH AGF Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung BBC British Broadcasting Corporation BDZV Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. CMS Content-Management-System (Redaktionssystem) CNN Cable News Network DPA Deutsche Presse-Agentur GmbH DSL Digital Subscriber Line DVB Digital Video Broadcast EB Elektronische Berichterstattung FKT Fachzeitschrift für Fernsehen, Film und elektronische Medien FTD Financial Times Deutschland FTP File Transfer Protocol GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte HDTV High Definition Television IPTV Internet Protocol Television ISP Internet Service Provider KUG Kunsturheberrechtsgesetz OMS Online Marketing Service GmbH & Co. KG QoS Quality of Service TKP Tausend-Kontakt-Preis UMTS Universal Mobile Telecommunications System URL Uniform Resource Locator USA United States of America WAZ Westdeutsche Allgemeine Zeitung WDR Westdeutscher Rundfunk Köln
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Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vor- und Nachteile von IPTV und WebTV .......................................... 18 Tabelle 2: Internetzugänge in Deutschland 1997 bis 2006 ................................ 23 Tabelle 3: Stärken und Schwächen von Video Ads ............................................ 98
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Kapitel 1 Einleitung
„Denn davon bin ich überzeugt: Die Zukunft der Zeitung ist digital. […] an unserem Geschäftsmodell aber hat sich nichts geändert. Information und Unter-
haltung für verschiedene Zielgruppen.“1(Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG)
Das „digitale Zeitalter“ hat den Journalismus vor neue Herausforderungen gestellt. Die Branche der Zeitungsverleger, deren Heimat zuvor ausschließlich der Druck war, geht Mitte der neunziger mit Ihren Produkten online. Das Internet verändert seitdem die Zeitungsbranche und eröffnet neue Geschäftsfelder. WebTV ist eines davon, das derzeit die Verlage stark beschäftigt.
Das Thema der vorliegenden Diplomarbeit entstand aus der beruflichen Tätigkeit des Autors, dem Aufbau des WebTV-Portals „STIMME.TV“2, für das Medienunternehmen Heilbronner Stimme GmbH & Co.KG3. Gegenwärtig gibt es keine detaillierten Untersuchungen dazu, wie eine WebTV-Produktion innerhalb eines Zeitungsverlags bestmöglich integriert werden kann. Demzufolge existieren kaum Erkenntnisse zur optimalen Vermarktung von WebTV. Selbiges gilt für das Potenzial, welches in diesem Geschäftsfeld steckt.
Der dringende Klärungsbedarf, der sich hieraus ergibt, wirft unter anderem, folgende Fragestellungen auf: Welche Motive und Ziele verfolgen Zeitungsverlage mit WebTV? Welche technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wesentlich für eine erfolgreiche Umsetzung? Was ist beim Aufbau einer hauseigenen Videoproduktionsabteilung zu beachten? Welches Vermarktungspotenzial hat WebTV? Und: wie könnte sich dieses zukünftig entwickeln?
Neben der Klärung dieser Fragen liefert die Arbeit ein Gesamtverständnis von WebTV und Beispiele für praktische Umsetzungen in Zeitungsverlagen.
1http://www.welt.de/print-welt/article215176/Der_Journalismus_lebt_-_Essay.html, (20.04.2008)
2Siehe www.stimme.tv
3Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, im Folgenden als Heilbronner Stimme bezeichnet.
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Kapitel 1 Einleitung
Die Diplomarbeit gliedert sich in insgesamt neun Kapitel. Nach dieser Einleitung dient das zweite Kapitel der klaren Abgrenzung und Definition des bislang noch abstrakten Begriffs WebTV. Eine Vorstellung der derzeitigen und potenziellen Marktteilnehmer erlaubt die Abschätzung der Konkurrenzsituation für Zeitungsverlage im Allgemeinen. Zum Schluss des Kapitels wird mit einem Ausblick eine mögliche Konvergenz zwischen den abgegrenzten Videoübertragungsformen geprüft.
Die Untersuchung der Internetbandbreiten in Kapitel drei soll Rückschlüsse auf die aktuelle und zukünftige Reichweite von WebTV zulassen. Neben dem Internetzugang gilt auch der Videoplayer als wichtige Komponente, die die Nutzungsmöglichkeiten und Funktionen von WebTV bestimmen. Dabei spielt der Flash Player eine zentrale Rolle und wird daher genauer untersucht. Die Beschreibungen zu den möglichen Übertragungs- und Kompressionsverfahren erlauben dem Leser eine Abwägung und Beurteilung der jeweiligen Verfahren.
Das Fernsehen steht in enger Verwandtschaft zu WebTV und fließt daher in die Untersuchungen in Kapitel vier mit ein. Die Veränderungen im Fernsehmarkt und die damit verbundenen Reaktionen liefern Hinweise auf die veränderte Mediennutzung. Die genauere Betrachtung von Nutzergruppen und deren Verhalten, im Bezug auf WebTV, soll Bewertungen zur Formatentwicklung und Reichweite ermöglichen. Zum Abschluss des Kapitels wird auf die Notwendigkeit zur Bekanntmachung von WebTV eingegangen.
Das fünfte Kapitel behandelt den Zeitungsmarkt, ausgehend von den Veränderungen der Branche bis hin zu den Alleinstellungsmerkmalen der Tageszeitung, unter Verwendung aktueller Studien. Dies erlaubt eine Abschätzung der Bewegründe von Zeitungsverlagen zur Ausweitung ihrer Geschäftsfelder und deren Erfolgsaussichten. Anschließend wird das neue Angebot WebTV näher untersucht.
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Kapitel 1 Einleitung
Die praktische Umsetzung eines WebTV-Portals am Beispiel der Heilbronner Stimme ist Gegenstand des sechsten Kapitels. Ausgehend von den strategischen Zielen, die der Verlag mit STIMME.TV verfolgt, wird die personelle und technische Umsetzung praxisnah erläutert. Besonders die Erfahrungen aus dem Produktionsablauf liefern neue Erkenntnisse zur Formatentwicklung und zeitlichen Optimierung von Videoproduktionen. Diese werden ergänzt und belegt durch die innerbetrieblichen Auswertungen aus über 200 WebTV-Produktionen.
In Kapitel sieben werden wesentliche rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Produktion von Videos geprüft. Im Besonderen die Fragen zum Persönlichkeitsrecht, Urheberrecht und zum Thema Rundfunkregulierung.
Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage der Vermarktung von WebTV. Analogien zur TV-Werbung lassen Schlussfolgerungen auf die Werbe- und Ver-marktungsformen von WebTV zu. Eine Betrachtung nationaler und internationaler Nachrichtenportale zeigt Beispiele für die praktische Umsetzung von Werbung im WebTV. Im Weiteren werden verschiedene Werbeformen vorgestellt und bewertet. Eine Abwägung der Stärken und Schwächen von Videowerbung dient als Grundlage zur nachfolgenden Beurteilung der Vermarktungsstrategien. Unter Verwendung praxisnaher Zahlenbeispiele werden die Erlöspotenziale von WebTV untersucht. Neben der reinen Werbefinanzierung werden weitere mögliche Einnahmequellen und Geschäftsfelder im Umfeld der Videoproduktion vorgestellt.
Die Schlussbetrachtung liefert die Antworten auf die zur Einführung gestellten Fragen, zeigt die Grenzen der Untersuchung und mögliche Schwächen des neuen Geschäftsfelds WebTV auf.
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Kapitel 1 Einleitung
Die hohe Aktualität und Dynamik des Themas verlangen zum einen gegenwärtige Informationsquellen, aber auch solche, die zukünftige Entwicklungstendenzen berücksichtigen. Häufig können Autoren nicht so schnell Bücher über die Informations- und Kommunikationswelt schreiben, wie der technologische Fortschritt diese verändert. Die klassische Literaturrecherche stößt schnell an ihre Grenzen sobald es sich um neuartige Themen wie WebTV, dessen technische Umsetzung, Nutzung und Vermarktung handelt. Aus diesem Grund beruht ein großer Teil dieser Arbeit, neben der bekannten Primärliteratur, auf aktuellen Studien, Zeitschriftenartikeln, Internetquellen, und Erfahrungen aus der beruflichen Tätigkeit des Autors. Über die Auswahl der Quellen wird zum einen sichergestellt, dass die Ergebnisse der vorliegenden Diplomarbeit die heutige Situation des Untersuchungsfeldes klar wiedergeben. Darüber hinaus ermöglichen sie einen Ausblick auf denkbare zukünftige Entwicklungen.
In der Welt der Internet Service Provider (ISP) gibt es derzeit kaum ein stärker diskutiertes Thema als IPTV. Im Gegensatz dazu ist der Bereich WebTV kaum erforscht. Obwohl IPTV und WebTV nur in Teilen vergleichbar sind, können Publikationen zu IPTV bei der Untersuchung von WebTV sehr aufschlussreich sein. Das gilt sowohl für Forschungen zur Akzeptanz, wie auch für die technische Realisierung von Videoübertragungen mittels des Internet Protokolls.
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Kapitel 1 Einleitung
Der Autor verantwortet den Aufbau der Abteilung „Videoproduktion“ im Medienunternehmen Heilbronner Stimme. Dazu gehört das WebTV-Angebot STIMME.TV, welches im März 2007 auf dem hauseigenen Nachrichtenportal www.stimme.de implementiert wurde. Nach einer erfolgreichen Testphase befindet sich das Projekt nun im zweiten Jahr der noch andauernden Entwicklungsphase. Seither wurden über 240 Videobeiträge produziert.4Neben der Optimierung und Koordination von Videoproduktionen zählen die Entwicklung von WebTV-Formaten und deren Vermarktung zu den Hauptaufgaben des Autors. Dieser Praxisbezug wird vor allem in die Kapitel 6 und 8 einfließen und bietet so eine realistische Betrachtung der theoretischen Inhalte.
4Siehe Anhang A: Entwicklung von Output und Reichweite von STIMME.TV
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Kapitel 2 IPTV und WebTV
Der stetige Ausbau der DSL-Infrastruktur und sinkende Anschlusspreise haben dazu beigetragen, das Angebot und die Nachfrage nach Videobeiträgen im Internet rasant wachsen zu lassen. Bewegtbilder können jedoch schon seit rund 10 Jahren via Internet übertragen werden.5In dieser Zeit sind unterschiedliche Techniken und Definitionen für die Übertragung von Video via Internet entstanden.
Zu Beginn dieses Kapitels wird eine klare Abgrenzung zwischen den Begrifflichkeiten geschaffen und deren Unterschiede sowie Vor- und Nachteile näher beleuchtet. Neben Verlagshäusern und Medienunternehmen gibt es weitere Anbieter, die im Markt von IPTV und WebTV eine Rolle spielen. Deren Absichten und Verbreitung sind Gegenstand des darauffolgenden Unterkapitels 2.2. Im Unterkapitel 2.3 erfolgt ein hypothetischer Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Videoübertragung mittels des Internetprotokolls.
„Internet Video“, „Streamingmedia“, „Internetfernsehen“, „Video-Podcast“, „Internet Television“, „IPTV“ und „WebTV“ sind nur einige der Begriffe, die für Videoübertragung via Internet stehen. Genaue Abgrenzungen und Definitionen der genannten Begriffe sind derzeit in der Literatur schwer zu finden. Eine Gemeinsamkeit lässt sich aber bei allen genannten Bezeichnungen feststellen: Das Trägermedium ist das Internet, beziehungsweise die Übertragung basiert auf Grundlage des Internet Protokolls. Unterschiede liegen hauptsächlich in der Bildqualität und den Inhalten der „Internet-Videos“.
5Vgl. Schnepf, 2007, S. 58
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Kapitel 2 IPTV und WebTV
Nach Ansicht des Autors lassen sich alle genannten Begriffe zwei Hauptgruppen zuordnen: Zur ersten Gruppe zählt die Übertragung von Videos in geschlossenen Breitbandnetzen von Telekommunikationsunternehmen. In diesem Fall werden die Videos vorrangig über ein Fernsehgerät mit ausgestrahlt.6Diese Form wird im folgenden Text als IPTV bezeichnet. Da dieser Begriff von den großen Telekommunikationsunternehmen geprägt wurde und über groß angelegte Marketingkampagnen innerhalb von Triple-Play-Angeboten7verbreitet wird, gibt es keine konkreten Synonyme. Zur zweiten Gruppe gehört die Bereitstellung von Videos über das Internet, mit dem vorrangigen Ziel der Darstellung auf Computer-monitoren. Die Bezeichnungen Internet Video, Internet TV und WebTV werden in diesem Zusammenhang am häufigsten genannt und synonym verwandt. Um Irritationen zu vermeiden, legt sich der Autor an dieser Stelle auf den Begriff WebTV fest.8
Eine Sonderform des WebTVs ist der Video-Podcast. Darunter versteht man einen Videobetrag, der mittels RSS-Feed9abonniert werden kann. Ein prominentes Beispiel ist der Video-Podcast von Angela Merkel,10indem die Bundeskanzlerin eine wöchentliche Videobotschaft zu aktuellen Themen veröffentlicht.
Die digitale Übertragung von Videosignalen via Internet unterscheidet sich deutlich vom Digitalfernsehen.11IPTV und WebTV nutzen im Gegensatz dazu das Internet als Distributionsweg und den daran gekoppelten direkten Rückkanal. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist die dadurch gewonnene Interaktivität.
6Breunig, 2007, S. 478 ; http://www.iptv-anbieter.info/unterschied-iptv-webtv.html, (08.01.2008) ;
Ebenda
7Bei einem Triple-Play-Angebot erhält der Kunde über einen einzigen Lieferanten einen Breit-
bandzugang, Internet-Telefonie und IPTV.
8Gründe für diese Entscheidung liegen unter anderem in der Verwandtschaft zu dem häufig zitier-
ten Begriff „Web 2.0“ und der subjektiven Wahrnehmung des Autors, dass WebTV in den, für die
vorliegende Arbeit verwendeten Studien, am häufigsten genannt wurde.
9RSS-Feed (Really Simple Syndication) ist ein auf XML-basiertes Dateiformat. Der User wird
durch das Abonnieren eines RSS-Feeds automatisch auf Aktualisierungen einer Website hinge-wiesen.
10Siehe http://www.bundeskanzlerin.de/Webs/BK/DE/Aktuelles/VideoPodcast/video-podcast.html
11Unter Digitalfernsehen bzw. Digital-TV versteht man die Übertragung des bisherigen Rundfunk-
programms, als digitales Signal, über die bereits etablierten Distributionswege Antenne (DVB-T),
Kabel (DVB-C) oder Satellit (DVB-S). ; Vgl. http://www.digitaler-zugang.de/, (08.01.2008)
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Kapitel 2 IPTV und WebTV
Der Begriff IPTV umfasst mehr als seine beiden Bestandteile „internet protocol“ und „television“. IPTV ist also mehr als Fernsehen auf Basis des Internetprotokolls. Wäre dem so, müssten ebenfalls alle anderen Techniken der Videoübertragung via Internet als IPTV bezeichnet werden.12IPTV ist im Zusammenhang mit der Triple-Play-Strategie der ISPs entstanden. Der Unternehmensberater und Publizist Werner Lauff formulierte 2007 folgende Definition für IPTV:
„Von IPTV kann man immer dann sprechen, wenn lineare Programme und on-demand-Bewegtbildinhalte auf individuelle Anforderung mittels des IP-Protokolls von einer Plattform unter Nutzung eines Servers oder eines als Server dienenden Clients (peer to peer) über ein Punkt-zu-Punkt-Breitbandnetz (gegebenenfalls auch hybrid unter Nutzung eines Rundfunknetzes) auf Fernsehgeräte oder PCs aus dem kontrollierten Bereich eines Netzbetreibers (»walled garden«) oder aus dem Internet in Echtzeit übertragen werden.“13
Nach dieser Definition ist es unerheblich, ob das Programm auf einem Fernsehgerät oder einem PC-Monitor betrachtet wird. Auch wenn andere Quellen das Fernsehgerät als Differenzierungsmerkmal von IPTV betrachten14, scheint die genannte Argumentation sinnvoll. Schon heute gibt es eine Vielzahl an Geräten15, die über zusätzliche Anschlüsse analoge Rundfunksignale verarbeiten können und zugleich als PC-Monitor dienen.
Ein weiterer Punkt, bei dem sich die Experten uneinig sind, ist das Kriterium des sogenannten „walled garden“. Damit ist ein in sich geschlossenes Übertragungsnetzwerk gemeint. Die Definition von Lauff aus 2007 ist in doppelter Hinsicht, im Bezug auf die Technik, offen. Zum einen beschränkt sie die Übertragung von IPTV nicht zwangsläufig auf DSL - auch via Kabel soll IPTV übertragbar sein.
12Vgl. Studie „IPTV - Definition, Status und Ausblick“ (2005), S. 4
13Lauff, 2007, S. 6
14Vgl. http://www.iptv-anbieter.info/unterschied-iptv-webtv.html, (13.01.2008)
15Beispiel eines solchen Gerätes wäre der Samsung Syncmaster 225MW,
siehe http://monitor.samsung.de/produkte/detail2_main.aspx?guid=93759964-63e0-4495-89ca-
a3d170dde78b, (16.01.2008)
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Kapitel 2 IPTV und WebTV
Zum anderen ist auch eine Verbreitung über das Internet möglich.16Dagegen erläutert der Autor Breunig, die Telekommunikationsunternehmen hätten sich auf eine Walled-Garden-Strategie geeinigt, um die Kontrolle über ihre Inhalte zu behalten.17Somit soll IPTV, auch wenn es technisch möglich ist, nicht offen zugänglich, sondern über geschlossene Netze nur für Kunden des ISPs abrufbar sein. Auch aus lizenzrechtlicher Sicht dürfen viele Programmangebote der Rundfunkanstalten nicht weltweit bereitgestellt werden.18
Ob IPTV letztendlich ausschließlich in geschlossenen Netzen angeboten wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Unabhängig davon, über welchen Distributionsweg der Konsument IPTV empfangen möchte: er braucht dafür einen speziellen Empfänger in Form einer Set-Top-Box. Diese übernimmt neben dem Enkodieren des Signals auch die Verschlüsselung und das DRM-System19. WebTV hingegen benötigt außer einem Internetanschluss nur die entsprechenden Plug-ins20im Browser.
„IPTV soll sich an den bisherigen Fernsehgewohnheiten und Qualitätsansprüchen der TV-Zuschauer orientieren, und nicht an der Leidensfähigkeit der Internetnutzer.“21
Demnach hebt sich IPTV hauptsächlich durch Quality of Service (QoS) von WebTV ab. Dazu zählen unter anderem eine fest definierte Verzögerungszeit, eine entsprechende Bildqualität durch hohe Übertragungsdatenraten und eine für Programmlieferanten wichtige Funktion zum Schutz der Urheberrechte.22Visuell anspruchsvolle Inhalte, wie zum Beispiel „Hollywood Blockbuster“ erfordern demnach eine hochauflösende Bildqualität, die über WebTV zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist. Um diese hohe Bildqualität zu erreichen, bedarf es sehr hoher Datenraten, die für eine geschlossene Netzstruktur sprechen.
16Vgl. Lauff, 2007, S. 6
17Vgl. Breunig, 2007, S. 479
18Vgl. Breide/Glusa, 2007, S. 527
19DRM (Digital Rights Management) ist eine Anwendung zur Nutzungskontrolle von Daten
20Plug-ins dienen dem direkten Abspielen von Videodateien innerhalb eines Browserfensters, dazu
gehören neben Flash auch Quicktime, RealVideo und weitere.
21Schnepf, 2007, S. 59
22Ebenda ; Wöhler-Moorhoff, 2007, S. 14
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Kapitel 2 IPTV und WebTV
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal liegt in den Programmformaten. Weitläufig wird unter dem Begriff IPTV die Verbreitung herkömmlicher Fernsehinhalte ver-standen. Dazu gehören neben den Free-TV-Programmen, auch Pay-TV Sender wie zum Beispiel Premiere.23Neue, extra für IPTV produzierte, Formate gibt es momentan noch nicht. Im Gegensatz werden für WebTV bereits eine Vielzahl eigenständiger Formate angeboten, wie zum Beispiel ehrensenf.tv24oder auch STIMME.TV.
Ein anderes wichtiges Differenzierungsmerkmal ist das Nutzungsverhalten. Während der Konsument bei der Betrachtung von WebTV am PC eine aktive Rolle einnimmt, hat er bei der Nutzung von IPTV Angeboten eine passive Haltung, vergleichbar mit der während des Fernsehkonsums. Man spricht bei ersterer auch von „lean forward“, wörtlich übersetzt „nach vorne gelehnt“. Also dem Bildschirm zugewandt und mit einer aktiven, angeregten Haltung. „Lean backward“ meint dagegen, die „zurückgelehnte“ Position, z.B. auf der Couch, mit dem Ziel der passiven Unterhaltung durch ein vorbestimmtes Programm.25Die bereits angesprochene technische Konvergenz von TV-Gerät und PC-Monitor und die steigende Verbreitung mobiler Displays26erschweren längerfristig die genaue Zuordnung des lean forward und lean backward Konsumverhaltens über ein bestimmtes Gerät.
Zusätzliches kann der Kostenfaktor als ein aus ökonomischer Sicht sehr bedeutsames Unterscheidungskriterium genannt werden, das in der Literatur nur selten erwähnt wird. Die Preise für IPTV sind zwar in der Vergangenheit stark gefallen und liegen aktuell beim günstigsten Anbieter bei 9,90 Euro pro Monat, zuzüglich 24,90 Euro für eine DSL-Flatrate27. Doch im Gegensatz dazu sind WebTV-Angebote in der Regel kostenlos verfügbar. Es fallen lediglich die Kosten eines DSL-Anschlusses an. Jegliche Kosten, auch in sehr geringer Höhe, bilden schnell eine Barriere für potentielle Nutzer. Hier kann ein über Werbung finanziertes WebTV-Angebot ansetzen.
23Vgl. Lauff, 2007, S. 4-5 ; Schnepf, 2007, S. 60
24Siehe http://www.ehrensenf.de/
25Vgl. Studie „IPTV Fernsehen der Zukunft?“ (2007), S. 40 ; Studie „IPTV - Definition, Status und
Ausblick“ (2005), S. 5
26Zu Displays zählen in diesem Fall auch Notebooks, Videoplayer, Handys mit Videofunktion usw.
27Siehe http://www.alice-
dsl.de/kundencenter/export/de/residential/produkte/alice_light/details/index.html, (16.01.2008)