Wechseljahre - Rosetta Reitz - E-Book

Wechseljahre E-Book

Rosetta Reitz

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Beschreibung

Frauen sprechen über sich, über ■ ihr Alter und ihre Jugend, ■ ein neues Kennenlernen ihres Körpers, ■ ihren Zorn und ihre Angst, ■ ihre Fruchtbarkeit und ihr Selbstbewußtsein, ■ ihre Kraft, ■ den Umgang mit der Medizin und ■ die Wechseljahre der Männer. Das Buch erzählt von Alter und Jugend, von einer neuen Sprache des Körpers, die nicht beängstigend sein muß, vom Zorn der Frauen und ihrer Unsicherheit, von einer neuen Beziehung der Frauen zu anderen und zu sich selbst. Es ist ein spannendes Buch zu einem verdrängten Thema, mit dem Frauen sich endlich identifizieren können.

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Seitenzahl: 419

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Rosetta Reitz

Wechseljahre

Ermutigung zu einem neuen Verständnis

Aus dem Englischen

Ihr Verlagsname

Übersetzt, bearbeitet und erweitert von Ulla Ernst und Freda Meissner-Blau

Über dieses Buch

Frauen sprechen über sich, über

 

◼ ihr Alter und ihre Jugend,

◼ ein neues Kennenlernen ihres Körpers,

◼ ihren Zorn und ihre Angst,

◼ ihre Fruchtbarkeit und ihr Selbstbewußtsein,

◼ ihre Kraft,

◼ den Umgang mit der Medizin und

◼ die Wechseljahre der Männer.

Über Rosetta Reitz

Rosetta Reitz (1924–2008) war Buchhändlerin, Feministin und Jazz-Kennerin. Sie gründete 1979 das Plattenlabel ‹Rosetta Records›.

Inhaltsübersicht

Vorwort zur deutschen Ausgabe1 Warum dieses Buch?Auf der Suche nach Gesprächspartnerinnen2 Wechseljahre – was sie wirklich sindUnsere GeschlechtshormoneWechseljahre als Teil des ÄlterwerdensSymptome und BeschwerdenMenstruationskalender in den Wechseljahren3 WallungenEs hilft, darüber zu sprechenWas tun bei Wallungen?Nächtliches Schwitzen4 Dick sein ist kein Verbrechen, aber es ist gefährlichSind unsere Hormone schuld?Was wir alles tun können, um abzunehmen5 Andere BeschwerdenHaut und HaarNatürliche Heil- und PflegebäderGesichtspflege aus der KücheDie Aloe-Vera-PflanzeDas Haar – unser schönster natürlicher SchmuckVerstopfungDer Rücken tut weh, alle Glieder schmerzenKopfschmerzenGeschwollene Brüste und BlähungenSchmerzen im allgemeinen6 Depressionen sind kein SchicksalHeile dich selbstWir müssen zu uns selbst findenMit Ängsten leben lernenSei gut zu dir7 Laß deinem Zorn freien Lauf – sei gut zu dirWir unterdrücken unseren Zorn nicht längerSich spielend lieben lernen8 Wer rastet, der rostetBewußt spazierengehen9 Mein Spekulum: Ein Blick ins InnereDie Beschaffenheit der Scheide10 Wir lernen über den Wechsel zu sprechenWörter, die uns weh tunGibt es eine weibliche Sprache?11 SelbstbefriedigungKein «zweitklassiger» SexErlaubt ist, was uns Freude macht12 Unser Liebesleben endet nicht mit FünfzigWas verändert sich?Unser Geschlechtstrieb: Befriedigung und SättigungFrauen sprechen miteinander13 Unsere HormoneEs geht nicht nur um ÖstrogeneÖstrogenquellen außerhalb der Hormondrüsen14 Hormone und Krebs15 Östrogen-ErsatztherapieGenug der IrreführungFür und wider Östrogen-ErsatzWie ich mir selbst zu helfen versuchte16 Die Frau im Wechsel – eine Heldin?17 Gesunde Ernährung ist die beste MedizinGutes FettVitamine, Mineralien und ZusatzstoffeMineralienNahrungsmittel speziell für die WechseljahreNahrungsmittel, die wir nie oder nur in sehr kleinen Mengen essen solltenNahrungsmittel, die besonders gut für uns sindCholesterinJoghurt-TherapieAphrodisiaka – erotisierende Nahrungsmittel18 Männer im WechselGeraten bei Männern die Hormone durcheinander?DepressionenStress

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Als wir an dem Kapitel «Wechseljahre» in dem Frauenhandbuch «unser körper – unser leben» (Rowohlt Taschenbuch Verlag 1980) arbeiteten, erging es uns ähnlich wie Rosetta Reitz zwei Jahre zuvor in New York: Auf der Suche nach Informationen und Büchern über den Wechsel fanden wir außer wenigen trockenen medizinischen Abhandlungen – allesamt von männlichen Ärzten verfaßt – so gut wie nichts. Je mehr wir jedoch mit Frauen zwischen 40 und 60 über ihre Probleme sprachen, desto bewußter wurde uns, wie wenig wir über die körperlich-seelischen Zusammenhänge wissen, die das Leben von Frauen dieses Alters beeinflussen. Das Thema begann uns immer mehr zu faszinieren.

Just zu demselben Zeitpunkt landete Rosettas druckfrischer Band auf unserem Schreibtisch. Es war genau das Buch, das bisher gefehlt hatte: Rosettas Ziel ist nicht nur, den Frauen die Angst vor dem Wechsel zu nehmen und ihnen dadurch die Möglichkeit einer positiven Neubewertung ihres Lebens zu erschließen, es ist ihr auch gelungen, durch ihre Gesprächskreise vielen Frauen in den mittleren Jahren den Weg aus der Isolierung zur Gemeinschaft zu öffnen.

Mit Rosettas Zustimmung nahmen wir uns die Freiheit, den Text streckenweise zu raffen, die nicht auf europäische Verhältnisse übertragbaren Passagen herauszunehmen, beziehungsweise sie durch eigene Überlegungen und Erfahrungen zu ersetzen.

Wir wünschen uns, daß der vorliegende Band der Leserin wenigstens einen Teil der ermutigenden Einsichten, aber auch des Lesevergnügens bietet, das wir bei der gemeinsamen Bearbeitung immer wieder hatten.

 

Wien, November 1980

Ulla Ernst

Freda Meissner-Blau

1 Warum dieses Buch?

Weshalb wissen wir so wenig über den Wechsel? · «Informationen», die angst machen · wir sprechen mit anderen Frauen über unsere Probleme

Vor uns liegt ein revolutionäres Buch: Es betrachtet die Wechseljahre als eine positive Erfahrung. Damit steht es genau im Gegensatz zu allem, was uns bisher – bewußt oder unbewußt – über unseren Körper vermittelt wurde. Welcher Frau wurde nicht beigebracht, ihren Körper abzulehnen, sich für ihr Regelblut zu schämen, die Wechseljahre zu leugnen und sich vor dem Älterwerden zu fürchten. Dieses Buch handelt davon, daß wir uns wohlfühlen können in unserer Haut und unserem Körper, daß wir uns mögen können, ja daß wir sogar Wallungen positiv erfahren und das Altern zum Erlebnis machen können. So ist das Buch ein bewußter Versuch, den Schaden wiedergutzumachen, den unsere von Männern geprägte Kultur an Frauen angerichtet hat, besonders an denen mittleren Alters, den Millionen der über 45jährigen, die sich ignoriert und minderwertig fühlen, einfach weil die Wechseljahre als tabu gelten. Ich möchte versuchen, dieses Schweigen zu durchbrechen und die Zeit des Wechsels von den ihm angedichteten Spinnweben zu befreien, indem wir ihn uns genau anschauen.

Was ist der Wechsel wirklich? Früher wußte ich auch lediglich, daß die Monatsblutungen aufhören würden. Ich hatte wohl von Wallungen gehört und von Andeutungen über mysteriöse «Frauenbeschwerden», die angeblich um diese Zeit herum auftreten. Als ich Anfang 40 war, begann ich mir dann Fragen zu stellen über den Wechsel, denn seit zwei Jahren verstärkte sich das, was man vormenstruelle Nervosität nennt. Könnte diese innere Spannung und Gereiztheit der Beginn des Wechsels sein? Ich wollte es genau wissen.

Nie hätte ich mir träumen lassen, daß es irgendwelche Schwierigkeiten geben könnte, Antworten auf meine Fragen zu finden. Als ich seinerzeit über das Kinderkriegen etwas wissen wollte, brauchte ich bloß in einen Buchladen zu gehen und unter einem recht großen Angebot auszuwählen, um zu erfahren, was sich während der Schwangerschaft und der Geburt meines Kindes in meinem Körper abspielt.

Glücklicherweise hatte ich mein erstes Kind in einer Zeit bekommen, als die «natürliche Geburt» schon bekannt war. So suchte ich mir einen sympathischen Arzt, der mich nicht betäuben würde, um mir «die Schmerzen zu ersparen» und damit mich und mein Erlebnis ausschalten würde. Ich wollte die Geburt miterleben. Und ich wollte die schrecklichen Dinge vermeiden, die mir andere Frauen über das Kinderkriegen erzählt hatten. So ging ich zur Schwangerengymnastik, machte gewissenhaft alle Übungen, hörte mir Vorträge an und las Dick Reads Buch «Geburt ohne Angst» sowie Bücher über die Entwicklung des Embryos. Ich interessierte mich für eine vernünftige, gesunde Ernährung und achtete darauf, daß ich genügend Vitamine zu mir nahm. Als ich dann schließlich im Kreißsaal im Spiegel über dem Gebärtisch meine Tochter Robin aus mir herauskommen sah, war es das schönste und aufregendste Erlebnis meines Lebens. Nach all den Monaten des Schwererwerdens war ich vor Glück und Erleichterung ganz euphorisch. Ich hatte die ganze Zeit gewußt, was in meinem Körper vorging und fürchtete mich keine Sekunde.

Ich hatte erwartet, daß ich auch über den Wechsel aus Büchern alles Wissenswerte erfahren könnte. Um zu lernen, wie man ein Käsesoufflé macht, brauchte ich mir nur ein Kochbuch zu besorgen. Als ich an der Börse arbeiten wollte, holte ich mir entsprechende Fachbücher. Aber als ich erfahren wollte, was während des Wechsels in meinem Körper geschieht, suchte ich vergeblich in einer großen Buchhandlung nach einem Regal «Wechseljahre». Es erging mir so ähnlich wie vor 30 Jahren, als ich in einer Drogerie Monatsbinden kaufen wollte und mich nicht getraute, danach zu fragen: es gehörte sich einfach nicht. Damals flüsterte ich schließlich verlegen, was ich wollte, und der Verkäufer brachte mir die Binden, bereits eingewickelt in braunes Papier.

Daß es keine Bücher über den Wechsel gab, machte mich nachdenklich. Über Gärtnerei oder Fischen gibt es massenhaft Bücher, aber wieviel Prozent der Bevölkerung hat schon einen Garten oder geht fischen? Sogar das Kinderkriegen berührt weniger Frauen als die Wechseljahre, denn jede Frau, gleichgültig ob sie ein Kind hatte oder nicht, macht sie durch – und wir Frauen sind der größere Teil der Gesamtbevölkerung! Mir wurde klar, daß der Wechsel als Thema einfach uninteressant ist, nicht so wichtig wie Sport oder Geschichte oder Krieg. Ich begriff die Hintergründe: vermutlich haben die Verlage und Buchhandlungen gar kein Vorurteil gegen die Wechseljahre; sie spiegeln bloß wieder, was in unserer Gesellschaft für wichtig gehalten wird.

Noch begann das «Abenteuer» der Wechseljahre nicht; ein paar Jahre würde es noch dauern. Denn jedesmal, wenn die Anzeichen, die ich vor der Regel hatte, mit ihr auch wieder verschwanden, vergaß ich meine Fragen. Meine verstärkte Nervosität war kein Dauerzustand, sie kam und ging ohne ersichtlichen Grund. Mein Interesse am Wechsel war nicht vordringlich. Ich hörte wohl hin, wenn Frauen darüber sprachen, aufmerksamer als früher. Und ich suchte weiter nach Büchern zu dem Thema. Dabei stellte ich fest, daß das Wort Wechsel selten direkt benützt wird. In den wenigen Büchern, die es über den Wechsel gibt, wird das Wort schon im Titel beschönigend umschrieben, wie «Du wirst es überleben», «Frau ohne Alter», «Ewige Weiblichkeit» und «Höhepunkt des Frauenlebens» und ähnliches. Diese Bücher waren zwischen 1937 und 1967 geschrieben worden.

Ich las diese Bücher und war sehr unglücklich. Kam das, was sie beschrieben, wirklich auf mich zu? Ich hatte nie erwartet, daß der Wechsel ein Spaß oder ein Spiel sein würde. Schließlich war ich in den Vierzigern und hatte drei Kinder. Aber die Einstellung, die diese Bücher vermittelten, erinnerte mich an die biblische Drohung: «Dein Schmerz wird vervielfacht werden.»

Dr. Robert Wilson, der Autor von «Ewige Weiblichkeit» (Feminine Forever[*]) züchtete geradezu unsere Angst. Das fünfte Kapitel heißt «Wechseljahre, der Verlust von Weiblichkeit und Gesundheit». Im folgenden einige Zitate aus diesem Kapitel:

… die Eierstöcke vertrocknen und sterben durch den Wechsel.

… die Frau wird (im Wechsel) zu einer Art Eunuch.

Mir sind Fälle bekannt, bei denen die im Wechsel entstandene körperliche und seelische Qual so unerträglich wurde, daß die Patientin Selbstmord beging.

… keine Frau kann sich darauf verlassen, dem Schrecken dieses körperlichen Verfalls (‹living decay›: lebendige Verwesung!) zu entkommen. Jede Frau wird von ungewöhnlichem Leid und Untauglichkeit bedroht.

… die meisten Frauen sind sich bewußt, wie sehr sie durch den Wechsel zu Krüppeln werden.

Ich habe Frauen gesehen, die nicht behandelt wurden und die zu Karikaturen ihrer selbst geschrumpft sind.

Obwohl das körperliche Leid durch den Wechsel wahrhaft schrecklich sein kann, hat mich die Persönlichkeitszerstörung am tragischsten berührt.

Direkter Mord mag eine ziemlich seltene Konsequenz des Wechsels sein, jedoch nicht so selten, wie die meisten von uns vermuten würden.

… diese gewöhnliche Abweichung.

Plötzlich zum geschlechtslosen Wesen zu werden ist eine echte Katastrophe für sie …

… sie ist unfähig, rational ihre eigene Situation zu erfassen.

Die Umwandlung einer tüchtigen, sympathischen Frau in wenigen Jahren in eine dümmliche, aber scharfzüngige Karikatur ihrer selbst ist eines der traurigsten menschlichen Schauspiele.

In einem Irrgarten von Sehnsüchten und Einbildungen verlieren sie Kontakt mit der Wirklichkeit, daraus besteht die Wechseljahrneurose.

Es war mir instinktiv klar, daß eine derartig negative Darstellung nur negative Auswirkungen haben kann. Der Wechsel, genauso wie das Gebären, vollzieht sich in meinem Körper, und ich möchte ihn verstehen. Ein Kind auf die Welt zu bringen war ein schönes Erlebnis, trotz Gewicht und Schmerzen. Wäre es nicht möglich, mit dem Wechsel eine ähnliche Erfahrung zu machen, trotz der Wallungen? Schließlich handelt es sich um ein und denselben Körper.

Ich höre schon so manche sagen: «Wie kann man nur den Wechsel und das Gebären miteinander vergleichen, wenn das eine ein schöpferischer Akt ist und das andere das Ende eben dieses Schöpferisch-sein-Könnens bedeutet?» Ohne vergleichen zu wollen, stelle ich mir aber doch die Frage: Weshalb ist die herrschende Einstellung zum Kinderkriegen positiv und die zum Wechsel so generell negativ? Was spielt da alles mit? Warum bewundert man es einerseits, wenn mein Körper entsprechend seiner natürlichen Funktion reagiert und verachtet andererseits, nun zwanzig Jahre später, eine genauso natürliche Funktion? Mein Leben schien sich viel tiefgreifender zu verändern, als ich mein erstes Kind bekam, als durch das Ausbleiben meiner Monatsblutungen, und ich finde, daß die Mutterschaft viel eher als ein fundamentaler «Wechsel» im Leben einer Frau anzusehen ist als die Phase des Klimakteriums.

Als ich die wenigen vorhandenen Bücher über den Wechsel gelesen hatte, stellten sich mir mehr und mehr Fragen. Eine der medizinischen Definitionen bezeichnet den Wechsel als «Mangelkrankheit». Bis dahin hatte ich geglaubt, eine Krankheit ist etwas, was Ärzte zu heilen versuchen. Ich fand heraus, daß viele Ärzte verschiedene Medikamente für den Wechsel verschreiben. Das irritierte mich, denn ich hatte weder als ich zu menstruieren begann noch als ich Kinder bekam Medikamente gebraucht. Weshalb sollte ich nun Arzneien brauchen, wenn die Menstruation aufhörte?

Mein «Abenteuer» begann. Mein Instinkt sagte mir, je mehr ich über meinen Körper und seine natürlichen Funktionen weiß, desto weniger habe ich zu befürchten. Nicht wissen, nicht verstehen, von den Ereignissen überrannt zu werden, macht ängstlich. Und die Bücher? Sicherlich lernte ich aus ihnen, aber zugleich enttäuschten sie mich. Ich mochte ihren herablassenden, belehrenden Stil nicht. Und die Ausdrücke, mit denen sie die Wechselerscheinungen beschreiben, störten und verletzten mich. Als ich das erste Mal auf den Ausdruck «atrophierende Vagina» (schrumpfende Scheide) stieß – ein Begriff, der praktisch in jedem Artikel oder Buch über den Wechsel vorkommt –, packte mich die nackte Angst. Hieß das wirklich, daß meine Scheide schrumpfen würde?

Zwei gute Freundinnen von mir, die eine 64 und die andere 69 Jahre alt, hatten ein aktives Liebesleben. Ich rätselte über ihre Scheidenschrumpfung. War es bei ihnen anders als bei Frauen, die sexuell nicht aktiv sind? Bei meinem Interesse an anderen Frauen wurde immer wichtiger für mich, ob und wie sich ihre Erfahrungen auf mich übertragen lassen. Manchmal hatte ich einen Liebhaber und manchmal nicht. Würde das Auswirkungen auf meine Scheide und auf die Trockenheit haben, von der in den Büchern geschrieben stand? Ich wollte es nicht nur wissen, ich wollte es auch sehen. Später tat ich das auch. (Siehe Kapitel 9, «Mein Spekulum».)

Das Absurde an diesen Büchern ist, daß die meisten von Männern geschrieben werden, die den Wechsel selbst nie erleben. Ich wußte, daß der Wechsel nicht bloß mit Physiologie und «neurotischen Frauenbeschwerden» zu tun hat. Die herablassende Haltung der Autoren weckte mein Mißtrauen. Aber in meinem Bestreben, bei Ärztinnen zu erfahren, wie ich mich während der Wechseljahre fühlen würde, mußte ich feststellen, daß da kaum ein Unterschied bestand. Wenn überhaupt, beklagten die Ärztinnen das Schicksal der armen Ehemänner, die den Wechsel ihrer Frauen miterleben mußten.

1950 schrieb Dr. Miriam Lincoln eines der bekannteren Bücher über den Wechsel «You’ll live through it»[*]. Es wird heute immer noch als Taschenbuch verkauft, und viele ärztliche Kollegen sehen in ihm einen wichtigen Beitrag. Dr. Lincoln schreibt:

«Eine rücksichtsvolle Frau bemüht sich meistens tapfer, die Tatsache, daß sie im Wechsel ist, zu verheimlichen. Ihre Kraft ist ihr Stolz: der Stolz jung zu bleiben, nicht über körperliche Beschwerden zu sprechen, sich den Forderungen der Natur anzupassen. Das verschließt ihr hermetisch die Lippen und läßt sie ihren Kopf aufrecht tragen durch die Monate hindurch, in denen sie neue, ungewohnte Dinge verspürt.»

Auf der nächsten Seite fordert Dr. Lincoln noch einmal, unbedingt zu schweigen: «Darüber sprechen heißt, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen …».

Die psychoanalytische Fachliteratur beruft sich auf Helene Deutsch, die bekannte Freudianerin, deren mutmaßliche Irrtümer sich mit denen ihres Meisters verbanden, denn beide bezeichneten den Wechsel als ein allgemeines Gefühlstrauma, welches das «Ende des Dienstes am Menschengeschlecht» kennzeichnet. 25 Jahre später veränderte Therese Benedek diese Freudsche These dahingehend, daß sie betonte, die Frau in den Wechseljahren sei fähig, durch ihre Anpassungsfähigkeit Energien für neue Sublimationen freizusetzen. Jedoch hielt Benedek an der Meinung von Deutsch fest, daß die Veränderungen im weiblichen Hormonhaushalt automatisch zu Stress, Spannungen und daher zum Verlust des emotionalen Gleichgewichtes führen.

Auf der Suche nach Gesprächspartnerinnen

Mir wurde allmählich klar, daß die einzige echte Aufklärung nur von Frauen kommen kann, die schon die Erfahrung des Wechsels gemacht haben oder gerade machen. Nur sie konnten mir weiterhelfen. Ich war auf der Suche nach Einzelheiten, Andeutungen und Schwingungen, Schlagworte wie «Östrogene nehmen ab» konnten nicht mehr genügen. Ich wußte nicht einmal, was das im Grunde bedeutet. Wie wirkt sich die Verminderung der Östrogene auf unser Befinden oder auf unser Liebesleben tatsächlich aus?

Natürlich fragte ich auch meine Ärztin. Jedesmal wenn ich wegen meines alljährlichen Abstrichs zu ihr ging, fragte ich sie, ob ich nicht im Wechsel oder kurz davor sei. Sie wollte wissen, ob ich noch regelmäßig menstruiere. Das tat ich. Darauf sah sie sich wieder meine Scheide an und meinte: «Nein, alles ist in Ordnung.» – «Was sollen aber diese merkwürdigen Gefühle, die ich vor der Periode bekomme, ich bin nahe am Weinen?» – «Typisch vormenstruell», sagte sie, «viele Frauen haben das.» – «Und daß ich aufgebläht bin und empfindliche, geschwollene Brüste habe?» – «Alles vormenstruelle Erscheinungen, Sie sind noch nicht im Wechsel.» Ein wirkliches Gespräch mit einem Arzt ist fast nie möglich, immer haben sie es eilig, und man hat Hemmungen, ihre Zeit in Anspruch zu nehmen, weil so viele Kranke auf sie warten.

Aber Gespräche waren es, was ich brauchte. Ich wollte ausführlich sprechen können, aber auch hören, wie es anderen Frauen erging. Ich suchte alle Frauen auf, von denen ich annahm, daß sie im Wechsel waren, und stellte Fragen. Das war nicht immer leicht, denn viele Frauen scheuen sich davor, in die Details zu gehen, die mich interessierten. Nur wenn ich sie wirklich gut kannte, konnte ich zum Beispiel Fragen zu ihrer Sexualität stellen.

Zuerst mußte ich selbst lernen, wie man über den Wechsel spricht. Es ist einfach nicht dasselbe, über Wallungen an sich zu reden, oder darüber, welche Gefühle sie auslösen. Man muß auch wissen, daß Wallungen nicht gleich Wallungen sind, daß sie bei jeder Frau anders sind, daß sie sich darin voneinander unterscheiden, wie sie erlebt werden und wie wir damit umgehen. Sie zu beschreiben führt weiter zu anderen Fragen, denn wie wir auf sie reagieren, hängt eng mit unserer augenblicklichen Lebenssituation zusammen. Viel enger als mit unserem Östrogenspiegel.

Unweigerlich wird in einem Gespräch über den Wechsel unsere Einstellung zum Alter deutlich. Aber um vom Älterwerden sprechen zu können, brauchen wir Geborgenheit. Als ich zuerst mit meinen Freundinnen zu sprechen begann, beschlossen wir, sehr aufrichtig über den Wechsel zu sprechen. Diese Klarheit scheint uns freier zu machen.

Über den Wechsel zu sprechen ist das Beste, was eine Frau für sich tun kann. Wenn wir eine uns zugewandte Gesprächspartnerin haben, lernen wir – vielleicht zum erstenmal – unsere eigenen Gefühle kennen. Für unsere westliche Kultur war der Wechsel nie ein Thema, so als ob er peinlich wäre. Kein Wunder also, daß die übliche Einstellung dazu verschwommen bis bedrohlich ist. Das hat sich natürlich auch auf uns übertragen, auf vielerlei unterschwellige und manchmal sogar sehr direkte Art und Weise. Diese negative Einstellung haben wir nach und nach verinnerlicht. Die beste Art, sie loszuwerden, ist darüber zu sprechen.

Sobald ich davon überzeugt war, daß die gemeinsamen Gespräche den Wechsel für mich zu einer positiven Erfahrung machen würden, veränderte sich mein Leben. Ich lud Frauen zu mir nach Hause ein, um mit ihnen zu sprechen, Tee zu trinken, zusammen zu essen. In dieser Privatatmosphäre und mit genügend Zeit (mindestens drei Stunden, aber möglichst mehr) sowie der Eindeutigkeit unserer Themenstellung, frei von Angst vor Beurteilung oder Bedrohung, konnte ich erfahren, wie Frauen den Wechsel erleben, aber auch, wie sie über Liebe, Sexualität, Alter, Gesundheit, über ihre Arbeit und ihre Kinder denken.

Unsere Gespräche beeindruckten mich. Ich bemerkte, daß auch andere Frauen von ihnen fasziniert waren. Und ich dachte, daß ich die Einsichten, die wir aus den Gesprächen gewonnen hatten, einmal allen Frauen zugänglich machen sollte, auch durch die Notizen, die ich gemacht hatte. Während der Jahre, in denen ich diese Interviews durchführte, wurde ich nach und nach bekannt bei Frauen meines Alters als jemand, der sich sehr für das Thema Wechseljahre interessierte. Ich war zu dieser Zeit auch Mitglied einer Gruppe, die eine Zeitschrift für Frauen mittleren Alters herausgab und Gesprächsrunden für ältere Frauen organisierte.

Ich wurde eingeladen, bei verschiedenen Gruppen Vorträge zu halten. Am liebsten waren mir die anschließenden Diskussionen, weil immer wieder Probleme aufkamen, an die ich noch nicht gedacht hatte. Es zeigte sich, daß auch bisher anscheinend selbstverständliche Vorstellungen einfach nicht notwendigerweise immer richtig sind. Aus der Arbeit in den Gruppen taten sich Erfahrungsbereiche auf, die uns mit neuen Energien erfüllten. Jede Diskussion, ob mit 250 Frauen und Männern in einer öffentlichen Versammlung oder mit 20 Frauen in einem Wohnzimmer, eröffnete ich in derselben Weise: «Ich heiße Rosetta Reitz, ich bin 50 Jahre alt und bin im Wechsel.»

Dann erklärte ich, weshalb ich das gesagt hatte: wir hatten gelernt, unser Alter zu verheimlichen, weil es ein Nachteil ist, älter zu werden, besonders in der Arbeit und in der Liebe. Aber es ist unmöglich, aufrichtig über den Wechsel und das Alter zu sprechen, wenn wir nicht bereit sind, ehrlich zu sein. Diese Erklärung veränderte die Atmosphäre, die Menschen schienen sich plötzlich zu entspannen, etwas wie ein Seufzer der Erleichterung ging durch die Reihen.

Als ich beschlossen hatte, dieses Buch zu schreiben, organisierte ich eine Reihe von Gesprächsrunden, die mir ermöglichten, meine Gedanken und Ideen zu testen und zu erforschen. Die Gesprächsrunden fanden bei mir zu Hause statt, mit etwa zehn Frauen jeweils an einem Abend pro Woche in fünf aufeinanderfolgenden Wochen. Die Gespräche halfen uns, mit uns selber eher einverstanden zu sein. Wir sind nicht gewohnt, über unseren Körper offen zu sprechen. Nur indem wir anderen zuhören und mit ihnen diskutieren, können wir diese alte Hemmung überwinden. Auch ermutigen uns die Sorgen anderer Frauen, uns mit unseren eigenen Problemen auseinanderzusetzen. Wir sprachen über die Dinge, die uns bedrückten, unsere körperlichen Veränderungen, die sich mehrenden Falten, die Schwierigkeit, uns in der Sexualität mit unseren Wünschen und Bedürfnissen einzubringen. Oder die Angst vor Krankheiten und unsere Scheu, sie mit Ärzten zu besprechen, weil ja «Frauenbeschwerden» peinlich sind.

Die Dinge, die ich von den Frauen lernte, habe ich in diesem Buch zusammengefaßt, nur die Namen habe ich geändert. Nicht immer machte ich mir Notizen; wenn ich befürchten mußte, es würde die Atmosphäre beeinträchtigen, wartete ich, bis wir fertig waren, und schrieb auf, an was ich mich erinnerte.

Diese Gesprächsrunden waren in ihrem Stil das, was man in der Gruppendynamik «bewußtseinserweiternde Gruppenarbeit» nennt. Wir gingen immer nach demselben Schema vor: zuerst sprach jede Frau etwa fünf Minuten zu einem vereinbarten Thema, z.B., «was der Wechsel für mich bedeutet». Niemand durfte unterbrochen, keine Ratschläge gegeben werden. Das ist wichtig, damit jede Frau über sich selbst bestimmen kann. Jede von uns weiß mehr über sich selbst als jede andere; was für Maria gut ist, mag für Helene nicht stimmen. Das Wort «sollte» war absolut tabu, es ist ein zerstörerisches Wort. Frauen machen sich immer Vorwürfe, daß sie nicht das tun, was sie eigentlich tun sollten, wie sie glauben. Das wollten wir uns endlich abgewöhnen.

Fragen stellten wir immer erst, nachdem jede Frau ihre fünf Minuten gesprochen hatte. Wir schenkten einander nicht nur unsere Aufmerksamkeit, sondern auch unser Verständnis und unsere Sympathie. Jede gab der anderen, was sie selbst zu erhalten hoffte, und da es keine Leitung und Führung gab, fühlte sich keine bevorzugt oder benachteiligt. Solche Gespräche waren schöpferisch, obwohl wir am Anfang oft Angst hatten, denn eine offene Selbstdarstellung setzt die üblichen Verteidigungsmechanismen praktisch außer Kraft; die meisten von uns waren darauf getrimmt worden, keine unliebenswürdigen Gedanken oder Gefühle zu äußern.

Sich Dinge bewußt zu machen, hat zahlreiche positive Auswirkungen, weil es unsere geistigen Fähigkeiten erweitert. Eine Gefahr besteht allerdings, nämlich daß die Veränderungen in uns und unsere neue Art zu denken heftigen Widerstand bei den Menschen, die uns außerhalb der Gruppe nahestehen, hervorrufen können.

Viele Freundschaften entstanden durch die Gesprächsrunden. Ein anderes wichtiges Ergebnis war, daß jede einzelne Teilnehmerin durch unsere Diskussionen eine neue Einstellung zu sich und zu ihren Wechseljahren bekam. Wir lösten uns von den bisher auch von uns akzeptierten Stereotypen und wurden zu selbstbestimmenden Individuen, die Unaussprechbares aussprachen und statt Strafe nur Bestätigung erfuhren.

Frauen haben schon immer die Gesellschaft anderer Frauen gesucht, sei es bei Nähkränzchen oder Klönrunden. Wir brauchen einander, das Zusammensein; das Sprechen stärkt und tröstet uns. Vielleicht ist es ein Ersatz für die großen Familien von früher, wo Tanten, Großmütter, Kusinen und Schwestern da waren, eine große Gemeinschaft, die wir bei unserem heutigen Lebensstil oft so schmerzhaft vermissen.

Von diesem Buch erhoffe ich mir, daß es dazu beiträgt, unsere negativen Prägungen loszuwerden, damit wir den Wechsel genießen können, statt ihn zu fürchten. Ich meine wirklich genießen, denn ich bin davon überzeugt, daß wir unsere Sinne, unseren Verstand und unseren Körper in jeder Lebensphase wirklich mögen und respektieren können und keine Drogen, haßerfüllten Gedanken oder Süßigkeiten brauchen, um unseren Kummer ertragen zu können.

Dieses Buch ist alles andere als ein medizinisches Werk. Ich bin keine Ärztin und behaupte nicht, medizinische Fragen beantworten zu können. Ich bin eine Frau in den Wechseljahren, die eine Menge Fragen hatte und Antworten darauf gesucht hat. Dieses Buch ist auch keine wissenschaftliche Studie. Ich hatte nie die Absicht, psychologische Fragebögen zu verteilen, um zu erfahren, wie viele Frauen in welcher Kategorie Wallungen haben. Derartige Umfragen sind sicher sinnvoll, jedoch nicht Ziel und Aufgabe dieses Buches. Vielmehr sind die in ihm enthaltenen Gedanken aus den Fragen entstanden, die Frauen an Frauen richteten.

Bücher über den Wechsel sprechen stets über «sie, die Frauen». Ich wünschte mir ein Buch, das von «uns» spricht. Dieses Buch handelt von uns, es schildert offen unsere Gefühle über den Wechsel, ohne Scham und Scheu.

Die Frau, die sich in der Lebensmitte befindet und, wie Gertrude Stein einmal sagte, sich bemüht, in Würde und Selbstrespekt – und hoffentlich auch zeitweise mit Freuden – zu überleben, sie fordere ich auf, ein Stück Weges mitzugehen und das Abenteuer eines neuen Verständnisses unserer selbst mit uns gemeinsam zu erleben.

2 Wechseljahre – was sie wirklich sind

Was passiert mit unserem Körper? · die Wechselsymptome, krankhaft oder normal? · jede erlebt sie anders · wir beobachten unseren unregelmäßigen Zyklus · wir helfen uns gegenseitig

Wechseljahre und Altern haben nichts Mythisches an sich, sondern sind Realität für uns, naturbedingte Teile unseres Lebens. Wie wir damit fertigwerden und inwieweit wir darunter leiden, hängt wesentlich von unserer Einstellung zu uns selbst ab. Unser Körper kann sich unmöglich 35 Jahre lang monatlich auf eine Befruchtung vorbereiten, mit rund 400 Eiern in 400 Zyklen, und dann damit aufhören, ohne daß wir die Veränderung spüren. Zu behaupten, daß nichts passiert, ist nicht nur absurd, es ist auch unrecht. Unser Körper macht im Wechsel Veränderungen durch, die wir nicht leugnen wollen. Denn das hieße, daß wir den Kontakt zu uns selbst verloren haben, daß wir unseren Körper nicht fühlen, fast so als wären wir in Narkose.

Isaac Asimov, ein bekannter Wissenschaftspublizist, sagt in seinem Buch «Human Body»[*] folgendes über den Wechsel: «Es ist ein Zustand, der für die Frauen um so frustrierender ist, als er von den Männern entweder verständnislos abgetan oder überhaupt ignoriert wird.» Die Wechseljahre werden mit einer Atmosphäre des Schweigens umgeben: es ist Zeit, sie endlich zu entmystifizieren.

Was aber ist der Wechsel wirklich? Das Merck-Handbuch, ein Bweitverbreiteter ärztlicher Diagnose- und Therapieleitfaden, ist ein typisches Beispiel für die negative Einstellung unserer Gesellschaft. Anstatt Wechseljahre unter Gynäkologie zu bringen, wo sie als natürlicher, körperlicher Vorgang hingehören, erscheinen sie unter «Dysfunktion der Eierstöcke». Dysfunktion heißt Fehlfunktion, anormale Funktion, Schädigung oder Verminderung der Normalfunktion. Kein Wunder, daß Ärzte die Wechseljahre als Krankheit behandeln! Wenn ein junger, von derartigen Lehrbüchern beeinflußter Arzt die Wechseljahre als Fehlfunktion, anstatt als Teil des normalen Alterungsprozesses ansieht, muß er auf seine ratsuchende Patientin entsprechend reagieren: er glaubt, eine Kranke vor sich zu haben.

Uns scheint es absurd, daß ein Frauenleben während der rund 30 Jahre Fruchtbarkeit «normal» sein soll, vorher und vor allem nachher aber «anormal». Diese Sichtweise reduziert uns zu reinen Gebärmaschinen. Schließlich sind unsere Eierstöcke nur ein Teil von uns, weshalb sollen wir und unser Leben nach ihrer Fähigkeit beurteilt werden, reife Eier zu produzieren?! Wenn schon gewertet werden muß, weshalb dann nicht nach der Wachheit unseres Verstandes oder dem Reichtum unserer Erfahrungen?

Das Merck-Handbuch definiert den Wechsel als «Übergangsphase im Leben der Frau, wenn die monatliche Regel aufhört. Sie kann natürlich, vorzeitig oder künstlich sein». In Klammern steht Wechsel, Klimakterium. In älteren Ausgaben wird weiter ausgeführt, daß diese Übergangsphase «oftmals von komplexen Störungen der Hormondrüsen und des autonomen Nervensystems begleitet ist». Als Behandlung werden Schlaf- und Beruhigungsmittel auf Barbitursäurebasis sowie Östrogen empfohlen. Die neue Ausgabe beinhaltet die zusätzliche Bemerkung: «Ununterbrochene Östrogentherapie ist ungünstig». Noch 1961 wurden dagegen hohe Dosen von Östrogenen empfohlen. Es ist übrigens bemerkenswert, daß sich im Merck-Handbuch nur zwei numerische Hinweise zum Begriff Wechseljahre befinden, dagegen acht unter dem Wort Prostata. Nur 40 Prozent der Männer über 60 haben Prostataprobleme, dagegen gehen alle Frauen durch den Wechsel. Das Geschlecht der Redaktionsmitglieder von Merck ist unschwer zu erraten.

1976 fand ein Fernsehinterview zum Thema Wechseljahre mit vier Ärzten in New York statt. Doktor Marcia Storch, Professorin für Geburtshilfe an der Columbia Universität sagte im Verlauf der Sendung:

«In Wirklichkeit ist das Problem (des Wechsels) ein gesellschaftliches. Es mag sogar eine soziale Krankheit sein, keinesfalls eine medizinische. Es ist unfair zu behaupten, die Frauen haben bloß psychische Probleme. Diese Einstellung ist so tief in unserer Gesellschaft verwurzelt, daß wir erst lernen müssen, Frauen als Menschen und nicht als Besitz zu betrachten.»

Der medizinische Ausdruck für Wechsel ist Klimakterium oder Menopause, das Ende der monatlichen Regelblutungen. Nun gibt es eine Reihe von Wechselsymptomen, die oft schon auftreten, bevor die Blutungen endgültig ausbleiben. Die 47jährige Cynthia hat zum Beispiel gelegentlich Wallungen, aber regelmäßige Blutungen. Sie befindet sich also schon im Wechsel, dessen Beginn man verallgemeinernd mit dem Zeitraum vor den letzten Monatsblutungen ansetzen kann.

Es ist unmöglich, die Vielfalt der Wechselerscheinungen in ein Schema zu pressen. Henriette, 58, hatte ihre letzte Regel mit 51, aber wenn sie sich aufregt, bekommt sie immer noch Wallungen. Sylvia dagegen hat mit ihren 49 Jahren keinerlei Anzeichen von Wallungen, ihre Blutungen jedoch sind seit einigen Monaten schwächer als vorher. Sie mag die nächsten ein oder zwei Jahre keinerlei weitere Beschwerden haben, trotzdem würden wir sagen, daß sie sich am Beginn des Wechsels befindet. Wir können jedoch nicht vorhersagen, wie er sich schließlich bei ihr auswirken wird. Doch wir wollen ein Gedankenexperiment machen: wenn wir uns anschauen, wie Sylvia mit anderen Ereignissen und Veränderungen in ihrem Leben fertig wurde, mit Ehe, Geburten, Krankheiten, mit Stress oder ihrem Beruf, können wir darauf schließen, wie es ihr im Wechsel gehen wird. Hat sie die bisherigen Herausforderungen des Lebens gemeistert, so wird sie wahrscheinlich auch keine ernsthaften Schwierigkeiten mit dem Wechsel haben und mit etwaigen Beschwerden gut fertigwerden.

Einige Fachleute behaupten, daß der komplette Wechsel etwa vom 45. bis zum 60. Lebensjahr dauert. Sie bezeichnen ihn als die Endphase eines Zyklus, der in der Pubertät mit der ersten Menstruation beginnt, in unserer westlichen Kultur meistens im Alter von 12 Jahren, und zwischen 45 und 53 Jahren aufhört. All diese Zahlen sind jedoch im besten Fall Anhaltspunkte für uns, denn wir sind alle verschieden und jede von uns hat ihren eigenen Rhythmus.

Der oft behauptete Zusammenhang zwischen früh einsetzender Menstruation und spätem Wechsel konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden. Die anerkannte englische Gynäkologin Dr. Katharina Dalton sagt allerdings in ihrem Buch «The Menstrual Cycle» (Der Menstruationszyklus)[*]:

«Merkwürdigerweise hören meistens die Frauen, die spät, mit 16 oder 17 Jahren ihre erste Regel bekommen, früh damit auf, während diejenigen, die früh beginnen, oft bis in ihre Fünfziger menstruieren. Oft finden wir auch, daß Frauen, deren Mütter und Schwestern einen frühen Wechsel hatten, selbst eher früh mit der Regel aufhören und umgekehrt.»

Frauen wissen heute im allgemeinen mehr über gesunde Ernährung als ihre Mütter, und wir glauben, daß dies den Wechsel beeinflußt: eine gesündere Ernährung scheint einen späten Wechsel zu begünstigen. Die kürzeste Menstruationsperiode, von der wir je gehört haben, war die der heute 71jährigen Christine, die von Dänemark nach den USA ausgewandert war: Christine begann mit 19 zu menstruieren und hörte mit 28 Jahren wieder auf – und ist heute noch eine kerngesunde Frau.

Dr. Dalton sagt, daß während der ersten zwei und während der letzten zwei Jahre der Regel kein Eisprung stattfindet. Während der Pubertät findet während des Zyklus häufig kein Eisprung statt, und im Wechsel sind sie entweder nach den rund 400 Zyklen aufgebraucht oder lösen sich einfach auf.

Wir werden mit etwa einer halben Million Eiern in unseren Eierstöcken geboren. In der Pubertät sind es nur mehr rund 75000. Es sind also unsere Fortpflanzungsorgane schon bei unserer Geburt komplett vorhanden; sie brauchen nur zu reifen. Im Unterschied dazu produzieren Männer die Spermien erst ab Eintritt der Geschlechtsreife und dann laufend neu.

Im Wechsel sprechen die Eierstöcke weniger als in der Pubertät auf die Stimulierung durch die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) an, die die gesamte Hormonversorgung des Körpers steuert.

Die Menstruation ist nur indirekt von den Eierstöcken abhängig. Unmittelbar verursacht wird sie vielmehr durch das Abstoßen des Endometriums, einer schwammigen Zellmasse im Inneren der Gebärmutter. Das Endometrium baut sich während der zweiten Hälfte des Monatszyklus als Vorbereitung zur Aufnahme des Eis in besonderem Maße auf. Wird dieses zu Beginn der zweiten Zyklushälfte nicht befruchtet oder hat gar kein Eisprung stattgefunden, wird die Gebärmutterschleimhaut als Regelblutung abgestoßen.

Unsere Geschlechtshormone

Östrogene sind die wichtigsten weiblichen Sexualhormone. Zugleich produzieren wir aber auch Progesteron, das mithilft, die Gebärmutterinnenhaut aufzubauen. Die Produktion unserer Geschlechtshormone ist ein äußerst komplexer Vorgang. Sie erfolgt in erster Linie jedoch nicht ausschließlich in den Eierstöcken. Für uns ist besonders wichtig zu wissen, daß Östrogene, unser Hormon Nummer 1, auch während und nach dem Wechsel in unserem Körper produziert werden. Durch ungenaue, schlampige Ausdrucksweise wird von manchen Leuten – besonders von jenen, die daran interessiert sind, daß wir zusätzlich Östrogene einnehmen –, unterstellt, daß wir plötzlich keine Östrogene mehr hätten. Östrogenstop, überalterte Eierstöcke, fehlende Hormone, Steroidmangel, Hormoninsuffizienz, all diese mehr oder weniger medizinischen und pseudo-medizinischen Ausdrücke werden durch die Medien verbreitet. Sie sind schlichtweg falsch. Unsere Eierstöcke «versagen» nicht im Wechsel, sie machen lediglich einen natürlichen, biologischen Prozeß durch.

Unser Körper ist großartig konstruiert. Er ist kein Kartenhaus, das zusammenbricht, wenn ein Teil wackelt. Unsere Östrogenproduktion hört nicht plötzlich, mit 50, auf, und wir brechen auch nicht zusammen. Tatsächlich beginnt die Ausschüttung von Östrogenen schon ab dem 25. Lebensjahr, dem Höhepunkt unserer Fruchtbarkeit und der Östrogenproduktion, abzunehmen.

Während des Wechsels hören die Hormondrüsen auf, die Hormone gleichmäßig zu produzieren; es findet abwechselnd eine Art «Lieferstopp» und dann wieder eine Neuausschüttung statt, so als suche der Körper ein neues hormonelles Gleichgewicht. Die verschiedenen Hormone arbeiten ja zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Gleichgewicht zusammen. Die Veränderung der Produktion eines Hormons wirkt sich immer auf das gesamte Hormonsystem aus. Die Neuanpassung wird vor allem durch die Veränderungen innerhalb der Eierstöcke notwendig, Veränderungen, die sich sowohl auf die Eierstöcke selbst, aber auch auf Gebärmutter, Brüste, Scheide, auf die Hypophyse, Nebennieren, Schilddrüse und den Hypothalamus (ein Teil des Zwischenhirns) auswirken. Es ist also die ungleichmäßige Produktion, die unseren Hormonhaushalt und damit unser Befinden beeinflußt. Sie wird als Störung des hormonellen Gleichgewichts bezeichnet.

Allmählich pendelt sich die Hormonausschüttung wieder ein und erreicht ein Niveau, das nach Ansicht von Fachleuten etwa bis zu unserem 70. Lebensjahr stabil bleibt.

Progesteron ist nicht ganz so wichtig wie die Östrogene, seine Funktion ist auf die zweite Hälfte des Menstruationszyklus beschränkt. Unsere Progesteronversorgung verringert sich durch Ausbleiben des Eisprungs, bis das Hormon seine Hauptfunktion nicht mehr zu erfüllen vermag, nämlich die günstigen «Nistbedingungen» für das Ei herzustellen, beziehungsweise beim Stopp der Progesteronproduktion nach nicht erfolgter Befruchtung des Eis die Gebärmutterschleimhaut in Form der Regelblutung abzustoßen. Das heißt, wenn sich unsere Blutung verzögert, hatten wir wegen des fehlenden Eisprungs nicht genügend Progesteron, trotz aller anderen gewohnten, von den Östrogenen verursachten Symptome, die wir vor jeder Regel haben. Die Östrogenproduktion geht weiter, wenn auch verringert. Diese Verringerung ist jedoch, wie schon gesagt, ein allmählicher Prozeß, der sich über Jahre hinzieht.

Die 52jährige Veronika hat seit 18 Monaten keine Regel mehr, dennoch stellen sich pünktlich ihre monatlichen Symptome ein, vom Anschwellen der Brüste bis zur schlechten Laune. Die östrogenbedingten Symptome wirken sich trotz der abnehmenden Östrogenproduktion stärker aus, da das regulierende Progesteron fehlt. Dagegen erzählte uns Selma, 49, daß sie seit 6 Monaten nicht mehr menstruiert hat und auch sonst keinerlei Anzeichen feststellen konnte. Sie mußte überhaupt erst ihren Kalender studieren, um zu wissen, ob und seit wann ihre Regel ausgeblieben ist, beide Frauen erleben also ihren Wechsel ganz verschieden.

Die großartigste Fähigkeit unseres Körpers ist, daß einem nicht voll funktionierendem Organ durch ein anderes ausgeholfen wird. Genau das geschieht mit unserer Östrogenversorgung. Wenn unsere Eierstöcke als Hauptöstrogenproduzenten einen Teil ihrer Zellen einbüßen, wie das in unserem ganzen Körper durch den Alterungsprozeß geschieht, und nach und nach weniger Östrogene herstellen, übernimmt die Nebenniere einen Teil der Produktion. Darüber hinaus gibt es aber noch andere Östrogenquellen, die außerhalb der Hormondrüsen liegen, doch mehr darüber im 13. Kapitel.

Wechseljahre als Teil des Älterwerdens

Unsere Sprache ist etwas Lebendiges und verändert sich ständig. Es wäre schön, wenn das Wort Wechsel zu einem allgemein gebräuchlichen Ausdruck wird, ohne negativen Nebenton, sondern im Gegenteil mit einem positiven Klang. Da ja seit neuestem auch von den Wechseljahren des Mannes gesprochen wird, neigt man eher dazu, sie als «Probleme der Lebensmitte» zu bezeichnen.

In den letzten Jahren ist eine ganze Menge über die männlichen Wechseljahre geschrieben und gesprochen worden. Auch Männer machen in ihrer Lebensmitte Veränderungen ihres Hormonhaushaltes durch. Es ist fast unmöglich, den Wechsel vom Altern zu trennen.

Klimakterium ist, wie schon gesagt, die medizinische Bezeichnung für den Wechsel. Es bedeutet eine kritische Lebensphase auf Grund von hormonellen, körperlichen und psychischen Veränderungen. Es ist mit dem Wort Klimax (Höhepunkt) verwandt. Aber es ist ein schlecht gewählter Ausdruck, denn dadurch, daß man diese Lebensphase als kritisch bezeichnet, wird sie oft erst wirklich kritisch. Ist die Adoleszenz nicht viel eher eine kritische Phase? Und wenn der Wechsel der Höhepunkt ist, hieße das, daß es danach mit uns bergab geht? Das wäre eine traurige Aussicht für den Rest unseres Lebens! Es könnte doch gerade in dieser Zeit reicher und umfassender werden: Unser Wissen, unsere Erfahrungen verhelfen uns zu einer viel besseren Einschätzung der verschiedenen Lebenssituationen als in der Jugend. Die Vorstellung, ohne Aussicht auf weiteres Wachstum leben zu müssen, ist eine völlig negative und entmutigende Sichtweise des Alterns, die uns aber durch die Begriffe, die bisher für den Wechsel verwendet wurden, suggeriert wird. Es hört sich so an, als ob unsere Entwicklung plötzlich zum Stillstand käme. Natürlich beeinflußt das auch unsere eigene Sicht der Dinge. In Wirklichkeit liegt noch so viel Schönes vor uns, auch in der Sexualität. Doch die Männer, die meist die gängige Terminologie geschaffen und verbreitet haben, wußten das offenbar nicht und interessierten sich auch nicht für das, was in uns Frauen wirklich vorgeht.

Die Beschäftigung mit sich selbst in der Lebensmitte ist weder typisch männlich, noch typisch weiblich. Wir alle ziehen während dieser Zeit mehr oder weniger bewußt Bilanz. Wir stellen uns Fragen über Nichtgelebtes und Nichterlebtes, über Versäumtes und nichtgenutzte Chancen, über die Zuwendung, die wir vielleicht gerne gehabt hätten und nicht bekamen, und überlegen, wie es weitergehen soll. Nur ist die Wirklichkeit des Alterns für Frauen in den Wechseljahren greifbarer als für Männer, schon wegen des Endes der jahrelangen, fast rituellen Handgriffe während der Regel, mit Binden und Tampons. Das Ende eines jeden Rituals, auch eines unangenehmen, wird irgendwie als schmerzlich empfunden; schon gar, wenn es während zwei Dritteln unseres bisherigen Lebens ausgeübt wurde und nun zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt aufhört. Dieser leise Schmerz kann sehr wohl unser Gefühl der Erleichterung begleiten, endlich von der Regel und von allem, was damit zu tun hat, befreit zu sein.

Unsere westliche Industriegesellschaft geht nicht gerade behutsam mit dem Alter um; im Grunde ist ihre Einstellung zu ihm abscheulich. Aber werden wir deshalb abscheulich?

Sehr deutlich wurde diese Einstellung vor einigen Jahren bei der Ankündigung des Theaterstückes «Endspiel» von Samuel Beckett in New York. Das Plakat zeigte die Köpfe einer alten Frau und eines alten Mannes in ihren eigenen Mülleimern. Die letzte Lebensphase wertlos wie Abfall, eine grausige Sicht! Wenn wir der neueren Altersforschung glauben sollen, ist aber der Wechsel kaum mehr als der halbe Weg. Im Jahre 2000 soll die Lebenserwartung 90 bis 100 Jahre betragen. Laut Prognosen der Rand Corporation soll sich die Lebenserwartung bis zum Jahr 2020 um 50 % erhöhen. Allerdings gehen diese Studien von neueren biologischen Forschungserkenntnissen aus, nach denen wir Menschen lediglich die Möglichkeit haben, 120 Jahre alt zu werden. Nicht berücksichtigt werden in der genannten Studie die rückläufigen Tendenzen auf Grund von Zivilisationsschäden, der Verschlechterung der Lebensqualität in Industrie- und Ballungsgebieten, die sich in steigenden Krebsraten, erhöhtem Stress, Herz-Kreislauferkrankungen, Autounfällen und Umweltschäden ausdrücken. Damit sich die Vorhersagen der Rand-Studie bewahrheiten können, wäre eine Trendumkehr in Richtung Verbesserung der Lebensbedingungen notwendig.

Die Erkenntnis, daß die Probleme der Lebensmitte alters- und nicht geschlechtsbedingt sind, ist ein Schritt zum Abbau der Diskriminierung von Frauen. Es ist ein erfreulicher Schritt, den ich begrüße. Aus demselben Grund wehre ich mich auch nicht gegen den Ausdruck «männlicher Wechsel». Manche Frauen haben das Gefühl, daß uns die Männer dadurch eine typisch weibliche Funktion wegnehmen, «nicht einmal den Wechsel lassen sie uns …». Ich glaube dagegen, daß es unsere Einsicht in die Abläufe und Veränderungen während der Wechseljahre erweitert und uns dadurch vielleicht hilft, die kulturellen Vorurteile gegen den Wechsel abzubauen.

Symptome und Beschwerden

Das übliche Alter für den Wechsel ist in unseren Breiten um 50 herum, doch ist es nicht ungewöhnlich, daß Frauen schon mit 35 Jahren die ersten Anzeichen in Form von verstärkten vormenstruellen Symptomen feststellen, manchmal sogar schon 10 bis 15 Jahre bevor die Monatsregel aufhört. Das stimmt nicht mit der Behauptung überein, daß der Wechsel fünf Jahre dauert, denn diese Art des «Vor-Klimakteriums» trifft für eine beträchtliche Zahl von Frauen zu und ist keineswegs ungewöhnlich.

Als ich 39 war, nahmen meine nervösen Reaktionen vor der Regel Formen an, daß ich die griechische Göttin Hysteria in meinem Körper zu spüren vermeinte. (Die alten Griechen betonten den Zusammenhang zwischen den Gefühlen einer Frau und ihrer Gebärmutter, die sie hystera nannten. Bis zum Beginn unseres Jahrhunderts wurde Frauen die Gebärmutter radikal entfernt, angeblich, um sie von emotionalen und sexuellen Störungen «zu heilen»!) Ich ging zu einem Arzt, weil mich meine heftigen Ausbrüche erschreckten. Er verordnete mir automatisch Tranquillizer (Beruhigungsmittel) und Östrogen in Form von Premarin, ohne auch nur eine einzige Frage über mein Leben oder meine Ernährung zu stellen. Damals trank ich viel Kaffee mit Saccharin, aß sehr viel Fleisch, besonders Steak, und trank jeden Abend Rotwein. Meine drei Töchter waren 8, 9 und 10, ich lebte in Scheidung und suchte eine Stellung. Kein Wunder, daß ich ängstlich und nervös war! Man braucht wirklich keinen gestörten Hormonhaushalt, um in dieser Situation beklommen und zittrig zu sein. Ich bin davon überzeugt, daß seelisches Gleichgewicht und Selbstvertrauen unsere Reaktionen auf unsere Östrogenproduktion stark beeinflussen.

Übrigens wußte ich damals noch nicht einmal, daß Premarin ein Ostrogenpräparat ist, und mein Arzt machte mich auch nicht darauf aufmerksam. Nachdem ich einen Monat lang die kleinen ovalen Pillen geschluckt hatte, stellte ich ein zunehmendes Gefühl der Teilnahmslosigkeit und Benommenheit fest. Ich hörte sofort auf, sie zu nehmen. Viel länger brauchte ich, um von den Beruhigungspillen loszukommen. Erst Jahre später erkannte ich den Zusammenhang zwischen dem, was in mir vorging, und dem Beginn des Wechsels.

Immer schon schwollen vor der Regel meine Brüste an. Das wurde dann auch mein größtes Problem in den Wechseljahren; ihr Zustand geht von normal bis stark geschwollen, mit allen Zwischenstadien. Wenn sie zu schwellen beginnen, schwerer und empfindlicher werden, schlafe ich mit einem lockeren Büstenhalter. Wenn sie sehr geschwollen sind, tun sie mir sogar beim Umdrehen weh. Seit zwei Jahren leide ich jeden zweiten Monat darunter. Wenn die Schwellung beginnt, geh ich viel spazieren, das lindert den Druck. Der Saft von Sellerie und Gurken als natürliche harntreibende Mittel ist gut gegen Ödembildung und Schwellungen.

Ich hoffe, es nimmt mir keine übel, wenn ich etwas abschweife. Aber dieses Buch soll wie ein Gespräch und keine Vorlesung sein. Bisher waren es fast ausschließlich Männer, die über den Wechsel geschrieben haben, und sie bestimmten, was er ist. Diejenigen, die angeblich alles darüber wissen, sind die Ärzte. In den USA sind nur 7 Prozent aller Ärzte Frauen und davon sind lediglich 3 Prozent Frauenärztinnen.

In den meisten Büchern wird uns gesagt, daß der Wechsel in drei Formen auftritt: abrupt, allmählich oder unregelmäßig. Hierbei wird aber lediglich vom Ende der Regelblutungen gesprochen und nicht von der längeren Zeitspanne des Wechsels; viele Frauen haben Wechselbeschwerden lange bevor die Regel aufhört und oft auch noch lange danach.

Abrupt heißt, daß die Regelblutung plötzlich aufhört und nie wiederkommt. Viele Frauen sagen, daß sie es überhaupt erst Monate später gemerkt haben. Diese Frauen haben meistens wenig oder gar keine Beschwerden. Wenn man allerdings genauer nachfragt, stellt sich oft heraus, daß sie doch Symptome hatten, ihre Belastungsschwelle für körperliches Unbehagen jedoch sehr hoch liegt, so daß sie diese Anzeichen noch nicht als unangenehm empfanden. Genau wie wir die Menstruation individuell und als ganz persönliche Erfahrung erleben, erlebt jede von uns den Wechsel auf ihre eigene Weise. Es gibt übrigens noch andere Ursachen für ein abruptes Ende der Menstruation, nämlich als Reaktion auf starken Stress in dieser Lebensphase, ausgelöst durch einen Todesfall, eine Trennung von einem lieben Menschen, einen neuen Arbeitsplatz oder einen Umzug etc. Allerdings kommt es vor, daß die Blutungen später wieder beginnen, wenn die Umstellung und Anpassung an die neue Situation erfolgt und der Stress abgeflaut ist.

Allmählich bedeutet, daß die Blutungen auf Grund einer allmählichen Veränderung des hormonellen Gleichgewichts schwächer und kürzer werden. Dieses Abebben kann sechs Monate bis drei Jahre dauern und mag kaum wahrnehmbar sein. Wenn aber eine Frau z.B. 35 Jahre lang 5-Tage-Blutungen hatte und sie dann nur mehr 2 bis 3 Tage dauern und weniger stark sind, kann sie sicher sein, daß sie sich im Wechsel befindet. Die Blutungen werden immer schwächer, es mag öfters eine übersprungen werden, oder sie werden nach und nach unregelmäßig, aber mit zyklischer Regelmäßigkeit. So können z.B. zwei, drei oder vier Perioden übersprungen werden; wenn sie wiederkommen, ist es im Rahmen dieses Zyklus: Wenn der Zyklus 28 Tage war, wird die übersprungene Zeit ein Mehrfaches der 28 Tage betragen.

In den weitaus häufigsten Fällen enden die Blutungen unregelmäßig. Sie schwanken zwischen stark und schwach ohne ersichtlichen Grund. Auch die Dauer der Regel wird unregelmäßig ebenso wie die Zwischenräume zwischen den Blutungen. Es ist nicht ungewöhnlich, daß die Regel ein ganzes Jahr aussetzt, um dann einmal oder mehrmals wiederzukommen. Besonders in Stressituationen kann sie wieder für mehrere Monate eintreten. Man nimmt an, daß die Regelblutung nicht mehr wiederkommt, wenn sie zwei Jahre ausgeblieben ist.

Wir sollten unterscheiden zwischen unregelmäßigen aber normalen Blutungen und anormalen Blutungen. Drei Blutungsarten sind im Wechsel nicht normal: blutsturzartige Regeln, die heftiger sind als starke Normalblutungen; Schmierblutungen außerhalb der Perioden, welche Tage und Wochen andauern, und zu häufige Blutungen. Derartige Unregelmäßigkeiten müssen keine besorgniserregende Ursache haben und hören oft von selbst auf, aber sie sollten genau beobachtet und mit dem Arzt besprochen werden. Polypen, Fibrome, Anti-Babypillen oder eine Östrogenbehandlung sind die häufigsten Ursachen von unregelmäßigen Blutungen.

Polypen sind kleine, fleischige Gewächse meist am Gebärmutterhals und können oft sogar gleich in der ärztlichen Praxis ambulant entfernt werden. Myome, die in jedem Alter vorkommen können, entstehen in den Muskelfasern der Gebärmutter. Sie verursachen meistens keine Beschwerden, können aber zu heftigen Blutungen führen, wenn sie in den inneren Hohlraum der Gebärmutter hineinragen. Sie schrumpfen und verschwinden oft nach dem Wechsel. Manche Frauen haben eine oder zwei heftige Monatsblutungen während des Wechsels. Es handelt sich dabei aber nicht um einen Blutsturz oder Hämorrhagie, denn sie können mit einem Tampon oder ein oder zwei Binden aufgehalten werden, was bei einem echten Blutsturz nicht möglich ist. Manchmal bilden sich Blutklümpchen, obgleich die Gerinnungsfähigkeit des Menstruationsblutes stark herabgesetzt ist. Sie entstehen dann, wenn viel Blut so schnell fließt, daß die Gerinnungshemmer nicht in ausreichendem Maße produziert werden konnten.

Jede Blutung, die nach dem Wechsel (also nach mindestens einem Jahr ohne Regel) auftritt, sollte unbedingt ärztlich kontrolliert werden.

Viele Beschwerden werden dem Wechsel zugeordnet, aber wir glauben, daß außer dem Ende der Regel kein anderes Symptom ausschließlich auf den Wechsel zurückzuführen ist. Nicht einmal die typischste aller Wechselbeschwerden, die Wallungen, werden ausschließlich von Hormonveränderungen verursacht, denn Frauen, die oft schon über zehn Jahre den Wechsel hinter sich haben, haben gelegentlich Wallungen. Wir wollen hier alle Symptome erwähnen, denen wir begegnet sind, obwohl wir von einigen glauben, daß sie in erster Linie mit dem Prozeß des Alterns zusammenhängen. Die Furcht vor dem Alter von dem Wechsel zu trennen, scheint uns unmöglich.

Wallungen sind, wie gesagt, das häufigste und meist diskutierte Symptom. Kälteempfindungen wie Schüttelfrost sind meistens eine Folgeerscheinung von Wallungen. Sehr häufig sind auch Schweißausbrüche, vor allem in der Nacht. Die medizinische Bezeichnung für diese Erscheinungen ist «vasomotorische Labilität». Es heißt, daß manchmal auch Männer sie im entsprechenden Alter bekommen.

Nervosität, Erregtheit, Irritierbarkeit und Angst stehen ganz oben auf der Liste der Wechselbeschwerden, aber mit ihnen ist es wie mit Kopfschmerzen: Wer weiß, ob sie vom Wechsel oder von etwas anderem kommen? Wenn eine Frau zum Beispiel an geschwollenen Brüsten leidet und dadurch weiß, daß ihr Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht ist, und wenn sie außerdem sehr nervös ist, kann sie ziemlich sicher sein, daß sie im Wechsel ist. Plötzliche Gewichtszunahme ist ein weiteres Symptom, das Frauen stark beschäftigt, es wird jedoch in der einschlägigen Fachliteratur kaum erwähnt, ebensowenig wie Blähungen, unter denen viele Frauen in dieser Zeit leiden.

Depressionen, Melancholie, Lustlosigkeit, Erschöpfung, Gefühlsausbrüche, Wutanfälle, Überempfindlichkeit, schlechte Laune und Weinkrämpfe sind Symptome, die immer wieder von Frauen erwähnt werden. Ob sie jedoch wechselbedingt sind, läßt sich wohl nur durch ihre Häufigkeit und Intensität bestimmen.