Wega 10: Finale auf Tramp - Lucy Guth - E-Book

Wega 10: Finale auf Tramp E-Book

Lucy Guth

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Beschreibung

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden bereisen die Menschen den Weltraum und erforschen die Wunder des Universums. Sie sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet, haben zahlreiche Welten besiedelt und kosmische Geschichte gestaltet. Als im Jahr 2059 Neuer Galaktischer Zeitrechnung Perry Rhodan zur blauen Sonne Wega reist, erlebt er mit, wie die zuvor unbekannten Maccani das System von der Milchstraße abriegeln. Um die Gegner abzuwehren, müssen Rhodan und seine Gefährten einem neuen Galaktischen Rätsel nachspüren. Reginald Bull und den Mausbiber Gucky verschlägt es hierbei in die ferne Vergangenheit auf Guckys Heimatwelt Tramp. Dort zerstreiten sich die beiden und verfolgen seither unterschiedliche Ziele. Gucky will sein Volk vor dem Untergang und feindlichen Robotern retten. Bull geht einer anderen Spur nach, um wieder ins Wegasystem und die Gegenwart zurückzukehren. Ihre Aktionen münden in ein dramatisches FINALE AUF TRAMP ...

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Nr. 10

Finale auf Tramp

Ein Terraner und ein Mausbiber – sie erreichen die Stadt der Roboter

Lucy Guth

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

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13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

Impressum

Seit mehr als dreieinhalb Jahrtausenden bereisen die Menschen den Weltraum und erforschen die Wunder des Universums. Sie sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet, haben zahlreiche Welten besiedelt und kosmische Geschichte gestaltet.

Als im Jahr 2059 Neuer Galaktischer Zeitrechnung Perry Rhodan zur blauen Sonne Wega reist, erlebt er mit, wie die zuvor unbekannten Maccani das System von der Milchstraße abriegeln. Um die Gegner abzuwehren, müssen Rhodan und seine Gefährten einem neuen Galaktischen Rätsel nachspüren.

Reginald Bull und den Mausbiber Gucky verschlägt es hierbei in die ferne Vergangenheit auf Guckys Heimatwelt Tramp. Dort zerstreiten sich die beiden und verfolgen seither unterschiedliche Ziele.

Gucky will sein Volk vor dem Untergang und feindlichen Robotern retten. Bull geht einer anderen Spur nach, um wieder ins Wegasystem und die Gegenwart zurückzukehren. Ihre Aktionen münden in ein dramatisches FINALE AUF TRAMP ...

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Terraner hat eine verblüffende Begegnung.

Gucky – Der Mausbiber zieht gegen ein Roboterheer in den Krieg.

Ghiafir – Die Iltin ist von den Aktionen ihres Begleiters verstört.

Mink – Die halbintelligente Raubkatze erweist sich als treue Gefährtin.

Siebenbruch

1.

»Vorsicht, Gucky!«

Der Ilt, der eben noch von einer Düne aus den Horizont beobachtet hatte, drehte sich alarmiert um. Ghiafirs Ruf kam fast zu spät: Er sah einen langen, orangeroten Schatten durch den Sand auf sich zuschießen und teleportierte instinktiv weg.

Leider ließen seine angeschlagenen Kräfte keine großen Sprünge zu. Er kam nur ein paar Schritte weit und zahlte den Einsatz seiner Paragabe mit einem stechenden Schmerz, der ihm durch den Kopf schoss. Er keuchte, taumelte und war für einige Sekunden orientierungslos.

Diese Zeit reichte der seltsamen Kreatur aus, die ihn angegriffen hatte: Nachdem ihr Opfer auf so geheimnisvolle Weise vor ihrer Nase verschwunden und in einiger Entfernung wiederaufgetaucht war, zögerte sie nicht lange.

Der Hieb eines gewaltigen, schuppigen Schwanzes traf Gucky in den Kniekehlen und brachte ihn zu Fall. Mit einem Aufschrei landete er auf dem Rücken. Kleine Steine, die in der Wüste von Tramp nicht selten waren, bohrten sich in den Raumanzug des Typs SERUN – nicht spitz und scharf genug, um das widerstandsfähige Material zu beschädigen, aber ausreichend, um unangenehm und schmerzhaft zu sein.

Gucky verzog die Schnauze. »Autsch!«

Allerdings hatte der Ilt größere Probleme als blaue Flecken durch Steine. Denn nun erkannte er, was ihn angegriffen hatte: ein schlangenähnliches Wesen, gut ein Dutzend Meter lang mit zehn Beinen, die im Verhältnis zum Körper winzig wirkten. Es glitt durch den Sand auf den Mausbiber zu wie ein Eiskunstläufer auf einem zugefrorenen See. Der Kopf erinnerte an einen Leguan mit einem Haifischgebiss, das Maul war weit aufgerissen, bereit, zuzuschnappen. Gucky wollte wieder teleportieren, doch seine Psikraft versagte – stattdessen wurde ihm vor Schmerz schwarz vor Augen.

Warum unterstützte ihn die Schutzmontur nicht? Warum baute sie keinen Prallschirm auf, versteifte nicht die Außenhülle, um die Wucht des Schlags zu mindern? Nahm diese sonderbare Kreatur Einfluss auf die Anzugpositronik – oder gar auf den Ilt? Gaukelte sie ihm etwas vor, was gar nicht geschah?

Im nächsten Augenblick fühlte sich Gucky zur Seite gestoßen. Und dann hörte er Ghiafir.

»Lass sie in Ruhe!«, wollte Gucky schreien. Aus seiner Kehle kam jedoch nur ein Gurgeln.

Ächzend drängte er den Schmerz beiseite und stemmte sich auf die Ellbogen hoch. Er musste blinzeln, um den Sand aus den Augen zu bekommen, denn er hatte den Helm des SERUNS unvorsichtigerweise nicht geschlossen. Kaum dass er den Schemen erkennen konnte, schlug er telekinetisch zu.

Erneut ertönte ein Kreischen, aber es stammte definitiv nicht von einem Mausbiber. Es klang wie das Brüllen eines Höllendämons.

Gucky konzentrierte sich auf den orangeroten Schemen und versuchte, ihn telekinetisch zu packen. Während er weiterhin blinzelte, um klare Sicht zu bekommen, kämpfte er gleichzeitig an zwei Fronten: gegen den immer stärker werdenden Kopfschmerz und gegen die sich aufbäumende Leguanschlange.

Die Gegenwehr des Wesens machte ihn wütend. Hau endlich ab, du Riesenwurm! Er spürte, wie ihm die Kräfte schwanden. Er würde die Kreatur nicht mehr lange unter Kontrolle halten können.

Seine Ellbogen gaben unter ihm nach, und er landete auf dem Bauch, ließ das Wesen jedoch nicht aus den Augen. Genau in dem Moment, in dem er unkontrolliert zu zittern begann, spürte er, dass etwas in der Leguanschlange zerbrach. Das Leben wich aus ihr, sie erschlaffte. Ebenso wie Gucky.

*

Als er wieder zu sich kam, kniete Ghiafir an seiner Seite. Der SERUN hatte ihm aufputschende Mittel injiziert, er fühlte sich etwas besser. Die Kopfschmerzen indessen waren noch da, und sie fühlten sich nicht so an, als seien sie nur für einen Kurzbesuch gekommen.

»Alles in Ordnung?«, fragte Ghiafir besorgt.

»Ja, dank dir!« Gucky setzte sich auf – langsam, um das Gefühl, von einer Korvette gerammt worden zu sein, nicht zu verstärken. »Bei dir alles okay?«

»Ja, mir geht's gut.« Ghiafir zeigte ihren Nagezahn, der eine kleine Kerbe im oberen Bereich aufwies. »Die Kawengu hat mich nur ein bisschen am Arm erwischt, als ich dich weggestoßen habe.« Sie hob ihren linken Arm, über den ein etwa zehn Zentimeter langer, klaffender Riss lief, der allerdings nur leicht blutete.

Erschrocken richtete sich Gucky auf. »Das müssen wir verarzten. Lass mich dir helfen.«

Besorgt griff Ghiafir nach seinem Arm, als Gucky taumelte. »Ich glaube, dir wird eine Rast auch ganz guttun.«

Ghiafir teleportierte mit ihm zu einer nahen Oase. Gucky hatte zwar die Befürchtung, dass sie die Roboter, denen die beiden Mausbiber nun bereits seit Stunden nachschlichen, dadurch aus den Augen verlieren mochten. Er war allerdings am Ende seiner Kräfte. Deswegen sandte er, wie schon zuvor, ein paar Kleinstsonden aus dem SERUN aus.

Der Anzug funktionierte wieder so, wie Gucky es von ihm wollte. Eine rasche Systemprüfung brachte keine Erkenntnisse, die dem Ilt weiterhalfen. Warum hatte der SERUN bei der Attacke der ... der Kawengu falsch oder, besser gesagt, gar nicht reagiert?

Fasziniert beobachtete Ghiafir, wie er die medizinische Ausrüstung seines Anzugs nutzte, um ihre Wunden zu versorgen. »Ist das Zauberei?«

»Nein – nein! Das habe ich dir doch erklärt. Es ist Technik. So wie die Roboter oder ihre Gerätschaften.« Gucky seufzte. Er hatte ein paarmal versucht, Ghiafir möglichst einfach und verständlich nahezubringen, was es mit dem SERUN auf sich hatte. »Wirklich, es existiert unendlich mehr, als du dir vorstellen kannst. Dort oben zwischen den Sternen am Himmel gibt es so viel Faszinierendes zu sehen ...«

»Und du warst dort?« Ghiafir verzog kurz die Schnauze, als sie eine Injektion gegen Infektionen verabreicht bekam. »Zwischen den Sternen, meine ich? Wie bist du dort hingekommen?«

»Nun, ich ...« Gucky überlegte. Er hatte nicht vor, Ghiafir zu verraten, dass er aus der Zukunft kam. Er wollte sie nicht anlügen – schon deswegen, weil er wusste, dass Lügengeschichten irgendwann aufflogen. »Ich war eines Tages an der Oberfläche, als ein Raumschiff landete. Ich war neugierig und habe mich an Bord geschlichen. So habe ich Bully kennengelernt – ihn und andere gute Freunde.«

Ghiafirs Augen waren groß geworden. »Das muss lange her sein. Ich bin nicht besonders alt, erst um die achtzig Sonnenumläufe. Du musst Tramp viele Jahre, bevor ich geburtsgeschickt wurde, verlassen haben.«

»Tja.« Gucky vermied es, sie anzusehen. »Ich bin auf jeden Fall deutlich älter als du. Und als ich zu den Sternen aufgebrochen bin, war ich noch ein junger Hüpfer. Ich habe viele Abenteuer mit meinen Freunden erlebt, seit ich in dieses Raumschiff gestiegen bin.«

Ghiafir griff nach seiner Hand, als er ihr gerade den Verband anlegte. »Du vermisst ihn, oder?«

Seufzend ließ Gucky die Bandage sinken. »Bully ist mein bester Freund. Ich bin nicht glücklich darüber, wie wir uns getrennt haben.«

Eigentlich war es schlimmer: Er, Gucky, der Retter des Universums, hatte ein schlechtes Gewissen. Er hatte Bull angegriffen und ihn telekinetisch zu Boden geschleudert. Was ist nur in mich gefahren?

Sicher, er hatte den Terraner bereits häufiger durch die Luft fliegen lassen. Schon bei ihrer ersten Begegnung war Bull telekinetisch geschwebt. Aber Gucky hatte ihn nie willentlich verletzen wollen.

Dabei wusste Gucky genau, woran es lag, dass er eine solche Wut auf Bull entwickelte. Es waren die Worte, die ES ihnen übermittelt hatte, der Auftrag, »die Zivilisation der Mausbiber zu bewahren«. Diese Mission elektrisierte Gucky nach wie vor – gab sie ihm doch die Hoffnung, dass es tatsächlich denkbar war, sein Volk vor der Vernichtung zu schützen.

Es besteht die Möglichkeit, dass ich vielleicht bald nicht mehr der letzte überlebende Mausbiber in unserer Zeit bin – und was macht Bully? Er wirft mir Knüppel zwischen die Beine!

Sofort war die Wut wieder da, als Gucky daran dachte, wie vehement sich Bull dagegen ausgesprochen hatte – aus Angst, ein Zeitparadoxon auszulösen. Dabei war es doch eine Anweisung von ES gewesen. Warum verstand Bull das nicht?

Reflexartig ballten sich Guckys Hände zu Fäusten.

Ghiafir gab ein mitleidiges Fiepen von sich. »Ich verstehe dich, Gucky. Es ist nicht leicht, wenn man Streit mit dem besten Freund hat. Wenn Zarfre und ich nicht einer Meinung sind ...« Tränen traten in ihre großen, hellbraunen Augen.

Gucky hatte mitbekommen, wie eng die Verbindung zwischen Ghiafir und ihrer Freundin war – und dass auch Ghiafir ein schlechtes Gewissen quälte, weil Zarfre ein Stück von ihrem Schwanz verloren hatte. Dazu brauchte er seine Telepathie, die ihm momentan ohnehin nur Kopfschmerzen verursachte, nicht zu bemühen. Er tätschelte ihre Schulter.

»Hey, es ist nicht deine Schuld.«

»Doch, das ist es.« Mit einer harschen Bewegung wischte sie sich die Tränen weg. »Wenn ich sie nicht dazu verleitet hätte, nach draußen zu gehen, hätten die Roboter sie nicht erwischt.«

»Entschuldige dich niemals dafür, deiner Neugier nachgegeben zu haben. Sie ist eine Grundeigenschaft unseres Volkes und wurde bislang durch diese ekelhaften Roboter unterdrückt. Und sie sind es, die schuld an Zarfres Verletzung sind, nicht du. Ich hingegen habe mir den Streit mit Bully selbst eingebrockt, weil ich ihn nicht überzeugen konnte, wie wichtig es ist, die Roboter zu vernichten.« Gucky schluckte. »Sogar Mink hat sich von mir abgewandt.«

Die Raubkatze, der sie auf Tramp begegnet waren, war seine Vertraute gewesen, die auf besondere Weise telepathisch mit ihm in Verbindung stand. Und er hatte sie einfach bei Bull zurückgelassen. Das hatte sie ihm übel genommen. Nun war Bull ihr Vertrauter.

Gucky spürte den Stich der Eifersucht. Er wusste nicht mal, ob dieses Gefühl Bull oder Mink galt. Wahrscheinlich beiden.

Ein Lichtreflex am Himmel ließ Gucky aufblicken. Es war eine der Erkundungssonden, die zum SERUN heimkehrte. Gucky hatte bereits ein paar Stunden vorher einige davon ausgesandt. Regelmäßig kamen sie zurück, um ihm die gesammelten Daten zu übermitteln – er befürchtete, dass die Roboter der sogenannten Einheit, wie die Maschinen ihre Gemeinschaft bezeichneten, es anmessen würden, wenn er in Funkkontakt mit den winzigen Flugrobotern blieb.

Die Bilder, die diese Sonde auf die Innenseite seines Helmvisiers projizierte, glichen denen, die er zuvor gesehen hatte: die Karawane der Roboter, angeführt von einem Maschinenwesen namens Siebenbruch. Es hatte einen humanoiden Oberkörper, einen Unterleib wie eine Spinne mit sechs Beinen. Ein siebtes Bein trug Siebenbruch erhoben wie eine Klaue und war damit eindeutig von seinen Kumpanen zu unterscheiden.

Gucky presste die Kiefer aufeinander. Diese Roboter waren schuld daran, dass sich die Mausbiber auf ihrer Heimatwelt träge fast nur unter der Erde bewegten und kaum je das Tageslicht sahen. Weil diese Monster den Ilts mithilfe seltsamer Schwebequallen, den Cludana, zudem ihre natürliche Psi-Energie abzapften, konnten die Mausbiber auch ihre Paragaben nicht einsetzen. Die Roboter »ernteten« und sammelten diese Psi-Energie in den Eiern der Cludana, den Kysela – das war ein weiterer Punkt, der Gucky wie ein Sakrileg vorkam. Und dass die Nähe der als Psi-Bomben verwendeten Kysela seine eigenen Parakräfte extrem schwächte, setzte dem Ganzen in seinen Augen die Krone auf.

»Sie gehen sehr zielstrebig immer weiter«, beschrieb Gucky seiner Begleiterin, was er sah.

Für Ghiafir war es zunächst unglaublich gewesen, dass Gucky mithilfe der Mikrosonden Dinge in großer Entfernung sehen konnte. So ganz akzeptiert hatte sie es immer noch nicht, das merkte er ihr an.

»Wann können wir sie angreifen?«, fragte sie und bleckte abenteuerlustig den Nagezahn.

»Noch nicht. Ich weiß, ich würde auch zu gern gleich etwas gegen sie unternehmen.« Mit zusammengekniffenen Augen rieb sich Gucky die Schläfen. »Aber wir wissen nicht, wie wir sie besiegen können. Meine Kräfte sind eingeschränkt. Diese Kysela machen mir Kopfschmerzen. Ich frage mich ehrlich gesagt, warum das bei dir nicht so ist.«

Ghiafir ließ den Schwanz kurz auf den Boden klatschen – das mausbibersche Äquivalent eines Schulterzuckens. »Ich weiß es auch nicht. Eine Cludana hat mir einmal mit Traumbildern eingeflüstert, ich hätte eine besondere Gabe, weil ich so viel Psi-Energie besitze. Vielleicht liegt es daran.«

»Ja, vielleicht.« Was Gucky Ghiafir nicht sagte, war, dass er ihr einen offenen Angriff auf die Roboter nicht zutraute. Sie war sehr jung und lernte gerade erst, mit ihren Kräften umzugehen. »Außerdem scheinen diese Maschinen ein konkretes Ziel zu haben. Ich bin gespannt, wo es ist.«

2.

Unter Reginald Bull erstreckte sich Tramps Wüstenlandschaft: zerklüftete Felsen, Schluchten und Bodenspalten, gelber und roter Sand und Gestein. Bull flog mit seinem SERUN darüber hinweg. Er achtete darauf, dass Mink ihm folgen konnte: Die Raubkatze setzte ihm mit großen Sprüngen nach, sodass sie es auf rund 60 Stundenkilometer brachten. Dennoch ging es ihm nicht schnell genug.

Ihr Ziel war eine Region im Nordwesten. Bulls Sonden hatten dort etwas Seltsames entdeckt: eine kristalline Struktur, die in den Niederungen eines schmalen Tals wucherte. Die Sonden hatten mittlerweile fast den ganzen Planeten kartografiert, doch etwas Vergleichbares hatten sie an anderer Stelle nicht gefunden.

Es waren etwa 100 Kilometer bis zu ihrem Ziel, als Bull bemerkte, dass Mink langsamer wurde. Er landete neben ihr. »Brauchst du eine Pause?«

Die Raubkatze schnaubte und setzte sich demonstrativ hin, um sich die Pfoten zu lecken. Bull seufzte und streichelte Mink über das gepunktete Fell. Er wusste nie, wie viel das Wesen von dem verstand, was er sagte. Gucky hatte auf telepathischem Weg besser mit ihr kommunizieren können, weil laut dem Mausbiber auch die Raubkatze parabegabt war.

Bull ließ sich neben Mink auf einen Felsen sinken und holte einen Nahrungskonzentratriegel aus einer Tasche seiner Montur.

»Verflixter Mausbiber.« Bull wurmte es, dass er wieder an Gucky gedacht hatte. Seit ihrem Aufbruch versuchte er, jeden Gedanken an den Freund zu verdrängen, weil er ihn sauer machte.

Mink maunzte – dabei klang das Riesentier tatsächlich wie ein verspieltes Bauernhofkätzchen, nur eben etliche Dezibel lauter – und stieß ihn mit der Pfote an.

»Ist doch wahr. Du hast dich auch über ihn geärgert.« Dass die Raubkatze sich während des Streits mit Gucky auf Bulls Seite gestellt hatte, statt auf die des Mausbibers, hatte ihn am meisten überrascht. Bis zu dem Augenblick hatte er angenommen, dass Mink ihn nicht sonderlich mochte. Was eigentlich auf Gegenseitigkeit beruhte. Minks Entscheidung hatte ihn jedoch berührt, er empfand nun ebenfalls eine gewisse Sympathie für das exotische Katzenwesen. Dabei bin ich eher ein Hundemensch ...

Es bestärkte ihn in seiner Überzeugung, das Richtige zu tun, dass Mink nicht nur freiwillig mit ihm gegangen war, sondern sich sogar selbst nach Nordwesten orientierte. Sie lief, wenn sie zwischendurch kurz anhielten, danach stets in diese Richtung weiter und forderte Bull dabei unverkennbar auf, ihr zu folgen.

Er brach ein Stück des Konzentratriegels ab und warf es Mink hin. Sie betrachtete es eine Weile, dann sah sie ihn mit ihren bernsteinfarbenen Augen an. Er konnte die Frage darin lesen, ohne Telepath zu sein: Soll das ein Witz sein?

Mit einem verstimmten Brummen warf er Mink auch den restlichen Nahrungsriegel zu und holte sich einen weiteren aus seinem schrumpfenden Vorrat.

»Gucky ist mein bester Freund. Ich bin nicht glücklich darüber, wie wir uns getrennt haben. Weißt du, es ist Guckys Sturheit, die mich nervt. Man sollte meinen, er habe im Laufe der Jahrtausende einiges dazugelernt. Aber manchmal ist er genauso naiv und uneinsichtig wie damals, als er sich auf unser Schiff geschlichen und ein riesiges Chaos angerichtet hat.« Gegen seinen Willen musste Bull grinsen. »Immer wollte er nur spielen – mit Raumschiffen, Technik, mit Leuten, die ihm im Weg waren. Wenn Perry ihn geschimpft hat, war er ganz kleinlaut, doch bei der nächsten Gelegenheit hat er wieder über die Stränge geschlagen.«

Bulls Grinsen verblasste. Dass Gucky nicht bereit gewesen war, ihn zu begleiten, war eine Sache. Und Bull war nicht das erste Mal wegen des Mausbibers durch die Luft geflogen, auch wenn der Aufprall diesmal schmerzhaft gewesen war. Am meisten störte ihn jedoch, dass Gucky ihm nicht vertraute. Der Ilt hatte sich derart in sein Ziel verrannt, dass gar nicht mehr mit ihm zu reden war.

Während sich Mink die Reste des Nahrungskonzentrats von den Schnurrhaaren leckte, betrachtete Bull noch einmal die Aufzeichnungen der Sonde. Die Kristallflächen waren auf den ersten Blick kaum zu erkennen: Gelbweiß und mit roten Einschüssen passten sie sich farblich an die umgebende Wüstenlandschaft an. Erst als die Sonde näher flog, wurde die kristalline Struktur deutlich. Die Flächen glänzten jedoch nicht, sondern waren stumpf.

»Ich bin sicher, dass das unser Ziel ist und ES uns darauf aufmerksam machen wollte«, murmelte Bull.

Mink hatte ihren Kopf auf die Pfoten gebettet und schien zu dösen.

Seufzend wandte sich Bull ab und blickte mit gerunzelter Stirn zum Horizont – allerdings nicht nach Nordwesten, wo das eben von ihm definierte Ziel lag, sondern nach Norden. Dorthin waren die Roboter verschwunden. Dorthin war Gucky mit der Iltin Ghiafir unterwegs. Erneut unterdrückte Bull einen deftigen Fluch. Dass sich Gucky in seine selbst gewählte Mission verrannt hatte, war eine Sache, aber dass er einen anderen Ilt mit hineinzog ... Es war völlig untypisch für Gucky, Unschuldige in Gefahr zu bringen. Diese Ghiafir war stark, sie war jedoch jung und unerfahren. Sie für diesen Rachefeldzug zu rekrutieren, war moralisch mehr als zweifelhaft.

»Am liebsten würde ich Gucky hinterherfliegen, weißt du.« Gedankenverloren kratzte er sich am Kinn. »Er darf diese Roboter nicht vernichten. Als Perry und ich im Jahr 1975 alter Zeitrechnung auf Tramp landeten, waren ein paar von ihnen noch hier. Gucky könnte ein Zeitparadoxon auslösen.«