Wegweiser Hashimoto - Sabine Nußbaumer - E-Book

Wegweiser Hashimoto E-Book

Sabine Nußbaumer

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Beschreibung

Morbus Hashimoto ist eine Schilddrüsenerkrankung mit sehr individuellem Verlauf. Oft wird sie erst nach zahlreichen Arztbesuchen und Ausschlussdiagnosen erkannt. Dann gilt es den persönlichen Behandlungsweg zu finden, um die Schilddrüse wieder ins Gleichgewicht zu bringen. • Wissen auf aktuellstem Stand: die Schilddrüse, ihre Funktionen und die Erkrankung • Hintergrundinfo: Was bedeuten meine Blutwerte? • Orientierungshilfe: Welche Therapie passt zu mir? Was kann ich zusätzlich zur Medikamenteneinnahme tun? • Balance durch Ernährung: Tipps und Rezepte • Häufig gestellte Fragen: Leben mit Hashimoto

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Sabine Nußbaumer

Wegweiser Hshimoto

HINWEIS

Die Informationen, Rezepte und Tipps in diesem Buch wurden sorgfältig recherchiert und nach aktuellem Wissensstand verfasst. Sie dienen der Orientierung, ersetzen jedoch nicht die persönliche Beratung und medizinische Untersuchung. Autorin und Verlag übernehmen keine Haftung für Schäden irgendeiner Art, die direkt oder indirekt aus der Verwendung dieses Buches entstehen. Zur grundsätzlichen Abklärung bzw. bei Verdacht auf gravierende Beschwerden konsultieren Sie bitte Arzt, Ärztin oder Apotheker:in!

Eine geschlechtergerechte Schreibweise wird in diesem Buch vorwiegend durch die Verwendung der Schreibung mit Doppelpunkt : realisiert. Ist die Schreibung auf diese Weise nicht möglich oder hemmt sie den Lesefluss, so werden abwechselnd die männliche und die weibliche Form genannt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Copyright © 2022 maudrich Verlag

Facultas Verlags- und Buchhandels AG

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Lektorat: Sabine Schönfellner, Wien

Typografie und Satz: Florian Spielauer, Wien

Umschlagbild: © BNP Design Studio, stock.adobe.com

Bilder Innenteil:

S.11, 61, 68, 81: shutterstock.com

S.14, 16, 21, 31, 32, 49, 65, 76, 80, 87, 129, 134, 135, 138, 148, 157, 160: stock.adobe.com

S.104, 108, 112, 116, 120, 124: Victoria Posch und Esther Karner, Wien

Druck: finidr

Printed in the E.U.

ISBN 978-3-99002-135-40

E-ISBN 978-3-99111-516-8

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wenn bei dir Hashimoto diagnostiziert wurde oder als Diagnose im Raum steht, kann das verunsichern. Im Labyrinth der Ursachenfindung und Therapieempfehlungen passiert es schnell, dass ganzheitliche Behandlungsansätze und Schulmedizin gegeneinander ausgespielt werden. Die Wahrheit liegt – wie so oft – irgendwo dazwischen.

Dieses Buch soll dir helfen, dein Leben mit Hashimoto bestmöglich zu meistern – mit all seinen Beschwerden, Höhen und Tiefen. Du bekommst Wissen und Werkzeuge in die Hand, um

zu verstehen, wie dein Körper funktioniert und wozu er die Schilddrüsenhormone benötigt.

mit deiner:deinem Endokrinolog:in und mit anderen behandelnden Fachärzt:innen auf Augenhöhe über deine Symptome und deine Therapieoptionen zu sprechen.

alternative Behandlungsmethoden auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen, um Geld, Zeit und Nerven zu sparen.

den aktuellen Stand der ernährungsmedizinischen Forschung beurteilen zu können.

(neu auftretende) Symptome einordnen zu können und entsprechend zu reagieren.

Dieses Buch ist in fünf Kapitel gegliedert. Du kannst es von der ersten bis zur letzten Seite durcharbeiten oder nur spezielle Kapitel lesen, die aktuell für dich wichtig sind.

Kapitel 1: Basiswissen: Schilddrüsenfunktion und Hashimoto

Kapitel 2: Basistherapie für mehr Lebensqualität

Kapitel 3: Ernährungs-Einmaleins: Was braucht dein Körper und worauf kannst du achten?

Kapitel 4: Ergänzende Therapiemöglichkeiten: Welche Angebote gibt es jenseits der Schulmedizin für dein Leben mit Hashimoto?

Kapitel 5: Hashimoto-Spezialfragen: sensible Lebensabschnitte und Fragen aus der Praxis

Wenn die Diagnose Hashimoto noch neu für dich ist, profitierst du davon, Kapitel 1 und 2 ganz durchzulesen. Hier findest du auch viele nützliche Tipps für dein nächstes Arztgespräch. Anschließend springst du nach Lust und Laune zu den Teilen im Buch, die dir momentan am wichtigsten sind.

So wie deine Autoimmunerkrankung dich ein Leben lang begleiten wird, soll auch dieses Buch dich in unterschiedlichen Lebensphasen dabei unterstützen, möglichst symptomfrei zu leben.

Geht es dir auch so?

Ella, 31, ist erfolgreiche Rechtsanwältin. Für das Angebot, in der Kanzlei Partnerin zu werden, hat sie im letzten Jahr noch härter gearbeitet als zuvor – Zeit für Familie und Freunde blieb dabei nicht.

Zu Hause ist sie seit Monaten nur noch, um zu schlafen – und das Bedürfnis nach Schlaf wird immer größer. Tagsüber ist sie ständig müde, auch wenn sie es einmal schafft, länger zu schlafen. Sie isst eilig zwischen zwei Terminen, und wahrscheinlich hat sie deshalb auch zugenommen. Im Büro friert sie ständig, obwohl Hochsommer ist, und kämpft mit der Klimaanlage. Als dann auch noch Konzentrationsschwierigkeiten dazukommen, sucht sie Hilfe bei ihrem Arzt.

Wie geht es weiter?

Hat Ella Glück, dann weiß ihr Arzt, dass gerade der beschriebene Stress negative Auswirkungen auf den ganzen Körper haben kann und dass die beschriebenen Symptome auch auf Probleme mit den Schilddrüsenhormonen hindeuten können. Er wird also mit dem Blutbild auch den TSH-, T3- und T4- Wert bestimmen lassen. Mit noch mehr Glück erhält sie eine rasche Überweisung zur Sonografie und Radiologie, wo sowohl die speziellen Schilddrüsenwerte wie freies T3 und T4 als auch die Autoantikörper angeschaut werden. Hat Ella Pech, startet jetzt erst eine Arztspirale, die lange keine Antwort liefert. Ihr Arzt interpretiert ihre Situation möglicherweise als Depression oder Burnout. Nach einem längerem Gespräch, einer unauffälligen Anamneseuntersuchung und keinen Auffälligkeiten im Blutbild (der TSH-Wert ist zwar etwas höher, aber absolut im Normalbereich) empfiehlt er, einen Psychologen aufzusuchen. Ella wird in der Therapie etwas über sich selbst lernen, aber die Symptome bleiben und verschlimmern sich weiter. Daher wird über Psychopharmaka gesprochen. Und Ella stimmt gerne zu, sie würde alles probieren. Die Nebenwirkungen der neuen Medikamente erschöpfen sie noch weiter. Die Verzweiflung steigt: Das kann doch nicht so weitergehen. Und das kann doch nicht alles nur in ihrem Kopf passieren? Ella beschließt zu recherchieren und stößt bald auf eine Antwort, die überraschend passend erscheint: Hashimoto. Aber wie kann es sein, dass ihre Ärztinnen und Ärzte das bei ihr nicht erkannt haben?

Sie macht Druck bei ihrem Arzt und erhält sehr rasch Termine. Eine Woche später liegen alle Befunde vor: Hashimoto. Ihr Arzt erklärt ihr, dass sie zwar ihr Leben lang Hormone wird nehmen müssen, das aber nicht so wild sei. Dann verweist er auf einen weiteren Termin in sechs bis acht Wochen, um zu sehen, ob Ella mit der Anfangsdosis gut zurechtkommt. Damit ist Ella entlassen. Und sprachlos: Keine Entschuldigung für die späte Diagnose, keine Erklärung zur Therapie und keine Antwort auf die Frage, ob ihre Schilddrüse wieder gesund wird oder ob sich die Krankheit verschlechtern kann.

Sie ist verunsicherter als zuvor.

Genau hier möchte ich mit diesem Buch für dich da sein. Vielleicht hast du auch schon lange um eine Diagnose gekämpft, bist müde und ausgelaugt. Dann soll dieses Buch dir helfen, nicht unnötig weitere Zeit zu verlieren und dich auf einem selbstbestimmten Weg durch die Erkrankung unterstützen.

Alles Gute!

Inhalt

1Schilddrüse und Hashimoto

Wofür steht „Hashimoto“?

Wofür brauchen wir eine Schilddrüse?

Wie entsteht eine Autoimmunerkrankung?

Hashimoto: Und jetzt? Werde ich wieder gesund?

Wenn es keine Heilung gibt – warum gibt es dann so viele Bücher darüber?

Exkurs: Chronische Erkrankungen und die Schuldfrage

Take-Aways: Schilddrüse und Hashimoto

2Hashimoto: (Noch) nicht heilbar, aber gut behandelbar

Schilddrüsenwerte, die du kennen solltest

Abgrenzung von anderen Formen der Schilddrüsenunterfunktion

Wie wird die Diagnose Hashimoto gestellt?

Phasen der Krankheitsbewältigung: Auch die Psyche muss heilen

Basis-Therapie bei Hashimoto

Neue und wiederentdeckte Therapieoptionen

Take-Aways: Hashimoto: (Noch) nicht heilbar, aber gut behandelbar

3Ernährung bei Autoimmunthyreoiditis

Hashimoto mit Ernährung heilen?

Ernährungs-Basics Hashimoto

Hashimoto-Ernährung: Essen und Trinken in der Praxis

Ernährungs-FAQ

Von der Theorie in die Praxis: Leitfaden zur schrittweisen Ernährungsveränderung

Rezepte: Kochen und genießen trotz Hashimoto

Take-Aways: Ernährung bei Autoimmunthyreoiditis

4Wie unterstütze ich meinen Körper am besten? Komplementäre und alternative Therapiemöglichkeiten

Mehr davon: Gut für den Körper (und den Geist)

Reduzieren oder ganz weglassen?

Such dir davon aus, was dir guttut

Du entscheidest, welche Methoden du einsetzt

Checkliste: Was möchte ich ändern und wie?

Take-Aways: Wie unterstütze ich meinen Körper am besten?

5Hashimoto-Spezialfragen

Psychische Erkrankungen und die Schilddrüse

Stress und das Immunsystem

Gewicht und Hashimoto

Hashimoto bei Kindern oder Jugendlichen

Hashimoto trifft auch Männer!

Weibliche Hormone in besonders sensiblen Lebensphasen

Hashimoto bringt weitere unerwünschte Gäste mit

Schilddrüsenkrebs

Take-Aways: Hashimoto-Spezialfragen

Infos, Kontakt und Danksagung

Weiterführende Informationen

Quellenverzeichnis

1 Schilddrüse und Hashimoto

Hashimoto gehört neben Morbus Basedow zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen. Die Erkrankung bricht aus, weil unser – eigentlich wertvolles und lebenswichtiges – Immunsystem eine Fehlfunktion hat. Es hat beschlossen, körpereigenes Gewebe, die Zellen deiner Schilddrüse, als fremd und gefährlich einzustufen. So bildet es Antikörper gegen diese Gewebezellen und markiert sie damit für den Angriff unserer Immunpolizei.

Dieser grundlegende Irrtum unterläuft dem Immunsystem allein, was autoimmune Schilddrüsenerkrankungen betrifft, bei ca. 5–7% der Bevölkerung in Europa. Zum Glück bricht nicht bei allen, die Antikörper gegen die eigene Schilddrüse entwickeln, eine Erkrankung mit Symptomen aus. Hormonelle Umstellungen und Stress scheinen den Ausbruch zu begünstigen, daher bricht die Erkrankung sehr häufig im Alter zwischen 30 und 50 Jahren bei Frauen aus.

Kommt der Teufelskreis einmal in Gang, greift unsere Abwehr die durch die Antikörper markierten, körpereigenen Zellen der Schilddrüse an. Das führt anfangs zu unbemerkten Entzündungen. Im weiteren Verlauf gehen jedoch die Zellen zugrunde, das Gewebe kann nicht mehr ausreichend regenerieren, es stirbt ab und vernarbt immer mehr zu einem funktionsunfähigen Zellhaufen.

Einziger Trost: Der komplette Prozess verläuft schmerzfrei. Das hat aber den Nachteil, dass die Erkrankung lange Zeit unbemerkt im Körper wüten kann, bis Symptome auftreten, es zu einer Diagnose kommt und anschließend eine Therapie eingeleitet wird.

Stoppt der Erkrankungsprozess nicht (Remission), reicht das gesunde Schilddrüsengewebe irgendwann nicht mehr aus, um eine ausreichende Menge der lebensnotwendigen Hormone (T3 und T4) zu produzieren. Es kommt zu einer irreversiblen Unterfunktion, auch als Hypothyreose bezeichnet.

Die Symptome, die sich spätestens in dieser letzten Phase bemerkbar machen, sind eher unspezifisch, man fühlt sich antriebslos, matt und richtig ausgelaugt. Außerdem friert man leicht, kann sich schlecht konzentrieren und das Gewicht kann nach oben klettern.

Da Hashimoto mehr Frauen als Männer betrifft (im Verhältnis 9:1), werden diese Symptome oftmals falsch gedeutet – es dauert für viele Betroffene noch immer Jahre, um die richtige Diagnose und Therapie zu erhalten. Und das, obwohl „Hashi“ seit über 100 Jahren bekannt und gut erforscht ist. Der große medizinische Durchbruch in der Therapie der Autoimmunthyreoiditis fehlt.

Die Krankheitsursachen sind noch immer weitgehend unbekannt, daher gibt es keine Therapie, die auf Heilung abzielt. Die einzig wirksame Haupttherapie besteht darin, dem Körper die fehlenden Hormone zu ersetzen.

Mit der täglichen Einnahme der Schilddrüsenhormon-Tabletten ist es trotz Hashimoto möglich, ein langes und beschwerdefreies Leben zu führen.

Darüber hinaus kannst du auch selbst deinen Körper durch Ernährung, Schlaf und Entspannung unterstützen. Erklärungen, Hinweise und auch konkrete Rezepte findest du daher in den folgenden Kapiteln.

Wofür steht „Hashimoto“?

Diesen harmlos klingenden Namen verdankt die Erkrankung dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto. Er hat die Symptome seiner Patient:innen erstmals 1912 mit der Schilddrüse in Verbindung gebracht und darüber geschrieben. Danach dauerte es noch weitere 40 Jahre, bis die autoimmunen Prozesse hinter der Erkrankung erkannt wurden. Weitere Bezeichnungen für die Erkrankung, die von Betroffenen selbst oft einfach als „Hashi“ bezeichnet wird, sind Autoimmunthyreoiditis, autoimmun bedingte Schilddrüsenentzündung und chronische lymphozytäre Thyreoiditis. Manche Fachkreise plädieren dafür, die Erkrankung zu Ord-Thyreoiditis umzubenennen, da der Londoner Arzt William Miller Ord schon 1878 dazu publiziert hat.

Die korrekte Bezeichnung der Diagnose ist Hashimoto-Thyreoiditis – ICD-Code E06.3. Das sagt nichts anderes aus, als dass es sich hierbei um eine autoimmun verursachte chronische Entzündung von Schilddrüsengewebe handelt, bei der über einen längeren Zeitraum Gewebe zerstört wird und die Schilddrüse in den meisten Fällen schrumpft.

Wofür brauchen wir eine Schilddrüse?

Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) gehört zu den endokrinen Organen unseres Körpers. Sie produziert für unser System lebenswichtige Hormone. Die Schilddrüse ist das kleinste hormonproduzierende Organ in deinem Körper, auf Milliliter umgerechnet passt sie in ein Schnapsglas! Optisch erinnert die Schilddrüse an einen Schmetterling, da das Organ aus zwei Lappen besteht, die über einen Steg miteinander verbunden sind.

Auf der Schilddrüse sitzen noch die Nebenschilddrüsen, diese produzieren das Parathormon. Grob verstreut findet man im eigentlichen Schilddrüsengewebe immer wieder kleine C-Zellen, diese produzieren ebenfalls ein Hormon, das Calcitonin. Diese beiden Hormone steuern den Kalzium- und Phosphathaushalt des Körpers. Sie sind u.a. wichtig dafür, dass der Herzschlag regelmäßig ist und Knochen und Zähne stark sind. Weiter wollen wir auf diese beiden Hormone jedoch nicht eingehen, da diese beiden Zellarten zum Glück durch Hashimoto nicht zerstört werden.

Kalzium-Regelkreislauf für starke Knochen

Die übrigen Zellen der Schilddrüse, die Thyreozyten, produzieren die Hormone T3 (= Tri-Jod-Thyronin) und T4 (= Tetra-Jod-L-Thyronin oder auch kurz Thyroxin) sowie eine Hormonvorstufe dieser beiden, das Thyreoglobulin. Dafür benötigen sie Jod aus der Nahrung.

Die beiden Hormone werden unterschiedlich schnell im Körper abgebaut. Während T4 eine Halbwertszeit von rund einer Woche hat, wird das biologisch wirksamere T3 drei- bis fünfmal schneller vom Körper abgebaut. T4 wird ausschließlich in den Zellen der Schilddrüse produziert. T3 kann hingegen auch von anderen Körperzellen aus T4 gebildet werden. Dafür wird mit speziellen Enzymen (den Deiodasen) das vierte Jod-Atom abgespalten, dieser Prozess benötigt wiederum eine ausreichende Versorgung mit Selen.

Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) klingen klein und harmlos. Wir reden von Millilitern und Mikrogramm, wenn wir über die Schilddrüse reden. Diese kleine Menge an Signalstoffen reicht jedoch aus, um in fast allen Systemen unseres Körpers entscheidend mitzuspielen. Daran merkt man auch, warum die Einstellung der Medikamente ihre Zeit braucht: Es ist nicht einfach, so ein sensibles Hormonsystem zu imitieren.

Da der D-A-CH-Raum ein Jodmangelgebiet ist, wird in diesen Ländern seit den frühen 90er-Jahren das Speisesalz mit Jod angereichert. Besonders wichtig ist dies, weil Jodmangel während der Schwangerschaft und Kindheit die Entwicklung des Gehirns schwer beeinträchtigen und sowohl zu dauerhafter Behinderung als auch zu Fehlgeburten führen kann!

Wenn im Labor die Hormone T3 und T4 bestimmt werden, wird die Konzentration der inaktiven, an ein Transportprotein (TBG) gebundenen Hormone gemessen.

Aktiv wirken im Körper weniger als 1% der Hormone in ihrer freien Form, als fT3 und fT4. Sie wirken systemweit auf fast alle Prozesse im Körper, indem sie (direkt und indirekt):

den Energieumsatz und die Wärmeproduktion steigern

den Sauerstoffbedarf erhöhen

den Abbau von Kohlenhydrat- und Fettspeichern stimulieren

den Aufbau von Eiweißstrukturen (z. B. unseren Muskelaufbau) stimulieren

die Herzfrequenz und Schlagkraft des Herzmuskels steigern

generell die Aktivität im Nervensystem steigern. Sie regen unser zentrales Nervensystem zum Wachstum und zur Reifung an, daher ist die ausreichende Schilddrüsenfunktion schon bei der Entwicklung des Fötus im Mutterleib wichtig.

Die Aufgabe der beiden schmetterlingsartig geformten Gewebelappen ist (über-) lebenswichtig. Mangelt es an Schilddrüsenhormonen, läuft unser kompletter Stoffwechsel nur mehr auf Sparflamme.

Funktionen der Schilddrüse im Körper

Die kleinen Hormone schalten so viele Prozesse in unserem Körper, dass sofort Chaos herrscht, wenn zu viele oder zu wenige Hormone produziert werden. Darum erhält die Schilddrüse regelmäßige engmaschige Befehle von „oben“.

Wie weiß die gesunde Schilddrüse,wie viel unser Körper braucht?

Die Hormonproduktion der Schilddrüse wird vom Gehirn aus im Wechselspiel von Hypothalamus und Hypophyse gesteuert.

Regelkreis der Hormonproduktion

Die Hypophyse nutzt für die Übermittlung des Befehls, wie viel T3 und T4 die Schilddrüse produzieren soll, das Hormon TSH (Thyroidea-Stimulating-Hormon). Je mehr TSH von der Hypophyse produziert wird, umso fleißiger produzieren die Schilddrüsenzellen T3 und T4.

Damit die Hypophyse wiederum weiß, wie viel TSH sie produzieren muss, wird die zirkulierende Hormonmenge direkt im Blut gemessen. Ist die Menge zu niedrig, meldet sich der Hypothalamus zu Wort und schüttet vermehrt TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) aus. Dieses TRH treibt die Hypophyse an, sie produziert mehr TSH, was wiederum die Schilddrüse anspornt, mehr Hormone zu produzieren. Der Hypothalamus ist erst wieder zufrieden, wenn die körpereigene Messung im Blut ergibt, dass die Hormonmenge passt. Darauf drosselt er die TRH-Menge und die Hypophyse drosselt die TSH-Menge. Die Schilddrüsenzellen können entspannen und die Hormonproduktion wieder auf Normalniveau herunterfahren.

Umgekehrt funktioniert dieser Regelkreis genauso: Sind zu viele Hormone im Blutkreislauf, werden alle Weichen gestellt, um die Produktion zu drosseln.

Wie wirkt sich die Krankheit Hashimotoauf diesen Regelkreislauf aus?

Solange genug gesunde Schilddrüsenzellen vorhanden sind, merkt man von der Erkrankung gar nichts. Es kann mehrere Jahre lang dauern, bis sich im Blut eine merkliche Veränderung zeigt.

Durch die Zerstörung des Gewebes kann langfristig nicht mehr ausreichend T3 und T4 produziert werden, die Spiegel im Blut sinken ab. Daraufhin wird mehr TRH und TSH produziert, um die vermeintlich faule Schilddrüse anzutreiben. Die gesunden Zellen reagieren noch auf diese Befehle und können der Anforderung nachkommen, die Hormonspiegel im Blut pendeln sich im Normalbereich ein. Lediglich der erhöhte TSH-Wert zeigt, dass hier etwas nicht ganz in Ordnung ist.

Im Verlauf der Erkrankung reichen die gesunden Zellen nicht mehr aus bzw. werden ebenfalls durch die lokalen Entzündungen in der Schilddrüse zerstört. Der Hormonspiegel im Blut sinkt wieder ab. Jetzt steigen der TRH- und der TSH-Spiegel sehr deutlich an, da die Schilddrüse nicht mehr reagieren kann. Der Hormonmangel macht sich schleichend bemerkbar (siehe Symptome Unterfunktion).

In einigen Fällen kommt es am Beginn der Erkrankung kurzfristig durch eine massive Zerstörung des Schilddrüsengewebes zur erhöhten Abgabe der gespeicherten Hormone ins Blut. Das Gehirn versucht gegenzusteuern und die vermeintliche Überproduktion zu stoppen, indem weniger TRH und TSH ausgeschüttet werden (siehe Symptome auf S. 21).

Krankheitsphasen – Krankheitsverlauf und Symptome

Vom Krankheitsausbruch zur Diagnose vergehen oft Jahre. Die Krankheit kann lange unbemerkt bleiben, bis die Symptome so schwer erträglich werden, dass die Betroffenen einen Arzt aufsuchen.

Euthyreose – Lange symptomlose Phase

Die Zerstörung der Schilddrüse läuft in Schüben ab. Da jede Zelle für sich weiterkämpft und ganz allein funktionieren kann, dauert es eine Weile, bis die verbleibenden Zellen das Arbeitspensum nicht mehr kompensieren können. Erst wenn die produzierte Hormonmenge nicht mehr ausreicht, treten erste Symptome auf.

Früher wurde während jeder Krankheitsphase sofort Thyroxin verordnet. Dadurch konnte unbemerkt bleiben, dass die Erkrankung gar nicht weiter fortschreitet (= Remission) und das verbleibende gesunde Schilddrüsengewebe eigentlich selbst noch genug körpereigenes Hormon produzieren könnte.

Die moderne Therapie dagegen geht immer mehr von der reinen Behandlung von Laborwerten ab.

Deswegen wird oftmals nach dem ersten Jahr der Therapie vom Arzt vorgeschlagen, die Medikamente versuchsweise auszuschleichen, „um zu sehen, was passiert“.

Das hat den Hintergrund, dass die Hormonersatztherapie dazu beitragen kann, dass die Antikörper sinken und die Entzündung der Schilddrüse abklingt. Es kann in manchen Fällen zu einer Remissionsphase kommen, in der das Schilddrüsengewebe nach dem Absetzen der Hormone wieder damit beginnt, selbst T3 und T4 zu produzieren. Reichen die körpereigenen Hormone aus, um beschwerdefrei zu bleiben, und sind die Laborwerte ebenfalls zufriedenstellend, wird jährlich beim Kontrolltermin evaluiert, wie und ob eine Behandlung wieder aufgenommen werden muss.

Hyperthyreose – kurzfristige Überfunktion im Krankheitsverlauf

Rückblickend erinnern sich viele Betroffene an Phasen, die sie nicht näher zuordnen konnten und die von selbst wieder vergangen sind. Phasen, in denen sie unbeabsichtigt an Gewicht verloren, sich übermotiviert und hibbelig gefühlt haben, vielleicht sogar Herzrasen und Durchfall hatten und nicht gut schlafen konnten. Phasen, in denen feuchte Hände tägliche Begleiter waren, die innere Unruhe manchmal auch in Angst und Panikattacken ausufern konnte. Das kommt dir bekannt vor? All das sind Symptome einer Hyperthyreose.

Während der ersten starken Entzündungsphase zu Beginn der Krankheit arbeiten zwei Mechanismen zusammen, die beide dafür sorgen, dass es zu einer schubweisen Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen im Körper kommen kann (Hashitoxikose).

Einerseits merkt der Körper, dass etwas nicht stimmt, daher verstärkt der Hypothalamus die Signale und regt eine erhöhte Produktion von Schilddrüsenhormonen an. Die noch gesunden Zellen speichern weniger ein und schütten die Hormone rasch ins Blut aus. Gleichzeitig geht Schilddrüsengewebe zugrunde, dabei werden aus den Speicherräumen zwischen den Zellen große Mengen an Schilddrüsenhormon freigesetzt.

Dieser Zustand, der von Gewichtsverlust, Reizbarkeit, Hyperaktivität und Hitzewallungen begleitet wird, dauert normalerweise maximal ein paar Wochen an und lässt sich sehr gut mit Betarezeptorenblockern behandeln – falls in dieser Phase überhaupt schon die Diagnose Hashimoto gestellt wird. Gerade bei Frauen über 40 werden diese Symptome oftmals als Beginn der Wechseljahre missinterpretiert.

Symptome von Schilddrüsenunter- und -überfunktion im Vergleich

Hypothyreose – Schilddrüsenunterfunktion, Symptome durch Hormonmangel

Das ist die Phase, in der für die meisten Patient:innen ein jahrelanger Ärztemarathon beginnt. Da die Hormone im ganzen Körper wirken, können die vielfältigen Symptome auf alles Mögliche hindeuten:

Am auffälligsten ist anfangs die Gewichtszunahme trotz Appetitlosigkeit.

Mental und körperlich fühlt man sich ständig müde und es fällt einem schwer, sich zu konzentrieren.

Des Weiteren kann ein teigig-verschwollenes Aussehen durch eine Verdickung der Hautschicht auftreten.

Es kommt zu Bewegungsverlangsamung im Verdauungstrakt – das merken wir als chronische Verstopfung. Auch Übelkeit tritt häufig auf.

Die Haut wird trocken und schuppig und meist friert man.

Die Libido ist stark reduziert.

Manchen Betroffenen hört man es auch an der Stimme an: rau und belegt.

Die Blutfettwerte, das Cholesterin kann – scheinbar grundlos – erhöht sein.

In dieser Phase muss bereits die individuell passende Menge an Hormonen substituiert werden, weil die eigenen Zellen nicht mehr genug Hormone produzieren können.

Eine Frau, die ihrem Arzt die obigen Symptome schildert und deren Blutbild auf den ersten Blick unauffällig aussieht, da genug Eisen und Vitamin D vorhanden sind und der TSH-Wert noch im grenzwertigen Normalbereich ist, bekommt leider oftmals die stereotype Antwort, dass das doch typisch weiblich sei und die Beschwerden wohl psychisch bedingt sind. Dabei hätte ein aufmerksamer Blick in die Laborwerte gezeigt: Es gibt eine körperliche Ursache. Zeigen kann das eine Analyse der Hormonwerte (fT3, fT4) sowie der Antikörper im Blut und eine Ultraschall-Untersuchung der Schilddrüse.

Wie entsteht eine Autoimmunerkrankung?

Unser Immunsystem schützt uns täglich vor schädlichen Eindringlingen. Dafür muss es in der ersten Stufe unterscheiden: Gehörst du zu uns oder nicht? Allem Fremden steht unser Immunsystem zunächst misstrauisch gegenüber und muss sich dann entscheiden: Schadest du mir oder bist du ungefährlich? Fehler führen zu Allergien und Unverträglichkeiten.

Fehlfunktionen im Erkennen von körpereigenem Material kommen weltweit bei rund 5–8 % der Menschen vor. Das führt dazu, dass unser Abwehrsystem eigenen Körperzellen gegenüber intolerant wird und beginnt, spezielle Antikörper gegen das vermeintlich Feindliche zu bilden. Diese Antikörper sind im Blut nachweisbar.

Antikörper bedeuten noch nicht, dass ein Mensch erkranken muss. Erst wenn Angriffe auf körpereigene Zellen ausgelöst werden, was zu Entzündungsreaktionen führt und in der Folge Gewebe zerstört, dann treten auch Symptome auf – eine manifeste Autoimmunerkrankung ist da.

Je nachdem, welche Zellen vom Immunsystem als „fremd“ identifiziert wurden, beschränkt sich die Autoimmunerkrankung auf ein Organ oder auf einen Zelltyp (z. B. bei Hashimoto) oder tritt im ganzen System auf (z. B. Lupus erythematodes). Mischformen treten ebenfalls auf.

Gerade Schilddrüsenzellen scheinen ein beliebtes Ziel unseres Immunsystems zu sein, wobei unter den Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse Hashimoto am häufigsten auftritt.

Was wir glauben, über die Ursachen zu wissen

Die Gene allein sind ausschlaggebend – aber nicht allein dafür verantwortlich, dass eine solche Erkrankung auftritt.

Damit eine Veranlagung zu einer Autoimmunerkrankung dazu führt, dass diese auch ausbricht, braucht es ein ungünstiges Zusammenspiel aus Prädisposition (Genen) und auslösenden Faktoren.

Es gibt viele Theorien dazu, warum das körpereigene Immunsystem beschließt, die eigenen Zellen anzugreifen. Bekannte Risikofaktoren für Autoimmunerkrankungen sind: