Wenig Dinge braucht das Glück - Gabi Raeggel - E-Book

Wenig Dinge braucht das Glück E-Book

Gabi Raeggel

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Beschreibung

Sich vom ganzen Ballast befreien und endlich wieder aufatmen! Wünschen wir uns das nicht alle? Stattdessen fühlen wir uns nicht mehr wohl im vollgestopften Zuhause mit seinen überquellenden Schränken. Manches wächst einem buchstäblich über den Kopf: Meterhohe Papierstapel und Zettelwirtschaft, volle Terminkalender und Freizeitstress, digitale Reizüberflutung und überbordender Konsumwahn. Oft hetzen wir dann planlos durch einen überladenen Alltag, der uns nur noch überfordert. Wie der physischen Unordnung, dem emotionalen Durcheinander und Gedankenwirrwarr begegnen? Wenn in unserem Leben das Chaos regiert, hilft nur noch eins: Aufräumen und den Kopf klarkriegen. So bringen wir nicht nur die eigenen vier Wände, sondern auch unser Seelenleben wieder in Ordnung. Gabi Raeggel zeigt achtsame Wege auf zu einem "entrümpelten" und entspannteren Alltag mit neuen Freiräumen. Praktische Übungen veranschaulichen, wie man sich von überflüssigen Dingen trennt, die nur noch belasten. Inspirierende Anregungen, wie wir lernen, loszulassen und ein aufgeräumteres und glücklicheres Leben zu führen.

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Gabi Raeggel

Wenig Dingebraucht das Glück

Aufräumen für ein entspannteres Leben

Inhalt

Vorwort

Wo kommt das ganze Zeug bloß her?

Sicherheitsbedürfnis und Überlebensnotwendigkeit

Belastende Lebenssituationen und Krisen

Erinnerungen

Grenzen und Grenzüberschreitungen

Perfektionismus

„Aufschieberitis“

Bequemlichkeit und Hilflosigkeit

Andere Prioritäten und Ungeduld

Soziale Gründe, Neid und Werthaltungen

Das Leben ist nicht statisch

Platzhalter für die wirklichen Bedürfnisse erkennen

Der achtsame Umgang mit den Dingen

Achtsame Haltungen als Basis für Entrümpeln und Loslassen

Freiräume schaffen: Loslassen und Entrümpeln

Persönlicher und gemeinsamer Besitz

Entscheidungen treffen: Kann das weg oder möchte ich das behalten?

Hinweise auf überflüssige Dinge

Effektiv entrümpeln – Tipps zum Ablauf

Tipps für das Entrümpeln einzelner Kategorien

Der Kleiderschrank

Der Kleinkram in der Küche

Private Dokumente und Unterlagen entrümpeln

Umgang mit besonderen Erinnerungsstücken

Umgang mit ehemals teuren Dingen

Bei schwierigen Entscheidungen: Entrümpeln auf Probe

Entrümpelungsmethoden

Praktischer Ablauf des Entrümpelns

Wohin mit all den überflüssigen und entrümpelten Dingen?

Ein aufgeräumtes Zuhause für Ihr persönliches Wohlbefinden

Die Grundregeln des achtsamen Aufräumens

Das magische „Aufräum-Trio“: Menge – Ort – Zeit

Aufräumtipps für einzelne Bereiche:

Mehr Übersicht in der Küche

Mehr Übersicht im Wohnzimmer

Mehr Übersicht im Schlafzimmer

Mehr Übersicht im Kinderzimmer

Mehr Übersicht im Badezimmer

Mehr Übersicht im Flur

Mehr Übersicht auf dem Schreibtisch und im Büro

Zwischenresümee: Die vier Grundpfeiler des Aufräumens

Aufräumgewohnheiten ändern

Zeitfresser entrümpeln

Leider keine Zeit

Mehr Zeit und Raum für sich selbst

Die Zeit achtsam gestalten

Begegnungs- und Beziehungsräume gestalten

Gemeinsame Dinge und die Dinge der anderen

Wie geht es mir in der Beziehung mit anderen Menschen?

Achtsame Kommunikation – das Miteinander gestalten

Gelingende Beziehung zu sich und anderen

Achtsames Konsumieren

Zurümpeln – warum passiert das so oft?

Strategien gegen das Zurümpeln

Die Achtsamkeitstreppe

Die 10-Punkteliste des achtsamen Konsumierens

7 Fragen vor dem und beim Einkaufen

Entspannter und glücklicher leben

Im Rhythmus der Natur

Den eigenen Lebensrhythmus gestalten

Gedankenwelt entrümpeln

Raus aus dem Gedankenkarussell

Nachwort

Impressum

Vorwort

Mehr ist besser: mehr kaufen, mehr genießen, mehr haben. So kennen wir es. So ist es uns vertraut. Wir haben beispielsweise keine Zeit oder Lust, stundenlang das Gemüse klein zu schnippeln, also suchen wir uns eine Küchenmaschine, die uns die Arbeit abnimmt. Wir wollen morgens länger schlafen und suchen uns ein größeres und noch komfortableres Auto, mit welchem wir noch schneller und angenehmer den Weg zur Arbeit schaffen können. Der Kleiderschrank platzt aus allen Nähten und wir denken über einen begehbaren Kleiderschrank oder gleich ein ganzes Ankleidezimmer nach. Die Wohnung ist irgendwann zu eng geworden mit all den Möbeln und dem vielen Zeug darin und so denken wir darüber nach, ob wir uns eine größere Wohnung suchen oder gleich ein eigenes Haus bauen. Und ist das Haus endlich gebaut, fehlen uns plötzlich der Pool, die Gartenlaube und der Rasenmäher-Roboter. Irgendwas ist immer unperfekt, irgendwas kann immer besser werden. Wir wollen ein schöneres und angenehmeres Leben und üblicherweise versuchen wir, uns dieses mit dem Anschaffen und Sammeln von noch mehr Dingen zu verschaffen.

Mehr Dinge helfen uns aber vorrangig dann, wenn wir einen wirklichen Mangel an exakt diesen Dingen haben. Es gibt beispielsweise materielle Bedürfnisse, die haben wir alle. Wir benötigen beispielsweise alle Essen, Trinken, Kleidung. Wir möchten ein schützendes Dach über unserem Kopf. Fehlt es an solch grundlegenden Dingen, dann ist klar, dass dann mit der Verbesserung dieser materiellen Bedürfnisse auch eine Verbesserung der Lebensqualität verbunden ist. Doch wo ist die Grenze? Wann ist der Punkt erreicht, wo es nicht mehr um die Behebung von Mängeln und unser Wohlbefinden geht, sondern die angehäuften Dinge längst zur Belastung geworden sind?

Was wir hier in unserer Gesellschaft oft vorfinden, sind nicht Dinge, von denen wir zu wenig haben, sondern es gibt sie im Übermaß. Beim Einkaufen stehen wir vor meterlangen Regalen mit Kosmetikartikeln oder müssen uns zwischen 20 verschiedenen Erdbeermarmeladen entscheiden. Zu Hause stehen wir ratlos vor dem überfüllten Kleiderschrank und wissen nicht, was wir anziehen sollen. Die TV-Bildschirme werden immer größer oder werden gleich durch eine Heimkinoanlage ersetzt. Es gibt Zeug, wohin wir schauen. Doch welche Dinge davon verbessern unser Leben wirklich? Irgendwann finden wir uns wieder in einem vollgestopften Leben und wir bemerken, dass es mit unseren Besitztümern ähnlich ist wie beim Essen: Es kann noch so lecker sein, irgendwann ist man einfach satt, übersättigt.

Wir wollen uns in unserer Umgebung wohlfühlen, uns erholen und entspannen. Manchmal gelingt dies nicht mehr, weil alles zu viel geworden ist. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Vielleicht war es der durch Werbung versprochene Spaß und die Verführung durch die vielen attraktiv wirkenden Konsumangebote. Dann gibt es die bekannten Frustkäufe. Manchmal geraten aber auch fast unbemerkt Dinge in unsere Wohnung, weil wir privaten oder beruflichen Stress haben und uns sowohl Zeit als auch Nerven fehlen, regelmäßig aufzuräumen und unsere wirklichen Bedürfnisse überhaupt noch wahrzunehmen.

Der Reiz, der von neuen Dingen ausgeht, lässt uns schnell den Zeitpunkt übersehen, an dem das Ansammeln vieler Dinge nicht mehr zur Erleichterung unseres Lebens beiträgt, sondern längst zu einer nicht unerheblichen Belastung geworden ist. Nutzen wir all unsere Besitztümer wirklich noch und können wir sie genießen? Je mehr wir besitzen, desto mehr Aufwand müssen wir auch betreiben. Denn viele Dinge müssen entsprechend öfter entstaubt, aufgeräumt und irgendwo verstaut werden. Welchen Mangel haben wir wirklich? Spätestens dann, wenn wir bemerken, dass wir uns einfach nicht mehr richtig wohlfühlen, ist es Zeit, etwas zu verändern.

Ich erinnere mich noch recht gut an genau diesen Zeitpunkt in meinem Leben: Es war 2010. Als Sozialpädagogin fühlte ich mich aufgrund zunehmender Arbeitsverdichtung beruflich überlastet. Ich entdeckte die Achtsamkeit für mich und dadurch fiel mir nach und nach auf, auf welch „wundersame“ Weise manche Dinge in mein Zuhause gerieten. Nach der Arbeit war ich müde, ich fühlte mich gestresst, war oft unzufrieden. Genau in solchen Situationen wollte ich mir etwas Gutes tun und mir unter anderem auch mit irgendwelchen Käufen das Leben verschönern: zunächst einen Kaffee, dann ein neues Handy hier und irgendein Computerteil dort. Aber das reichte nur für einen kurzen Kick und konnte meine Unzufriedenheit nur kurzfristig überdecken. Durch Achtsamkeit wurde mein Blick geschärft und ich bemerkte, dass ich durch mehr Dinge und mehr Besitz nicht glücklicher wurde. Im Gegenteil. Ich begann daraufhin, mich darauf zu konzentrieren, was ich wirklich brauche, und verabschiedete die Dinge, die nicht mehr zu mir passten. Dies machte dann auch den Weg frei, schrittweise zu einem entspannteren und glücklicheren Leben zu finden.

Der individuelle Anlass und die Motivation, in der Wohnung und im eigenen Leben aufzuräumen, sind natürlich ganz unterschiedlich. Lösungsansätze für ein zufriedeneres und glücklicheres Leben sind ebenso unterschiedlich und vielfältig, wie wir Menschen selbst auch ganz unterschiedlich und vielfältig sind. Mit diesem Buch möchte ich Ihnen Anregungen und Hilfen an die Hand geben, das für Sie passende Maß an Dingen, Aufgeräumtheit, Klarheit, Freiraum und Zufriedenheit in Ihrem Leben zu finden. Verstehen Sie die Anregungen in diesem Buch wirklich als Leitlinien und Orientierungshilfen.

Entdecken und probieren Sie diese aus, ignorieren Sie, was Ihnen unsinnig erscheint, und konzentrieren Sie sich auf das, was Sie anspricht, motiviert und hilfreich erscheint. Ich möchte Sie ermutigen, Ihre persönlichen Bedürfnisse achtsam zu erkennen und ernst zu nehmen. Welche Gegenstände benötigen Sie wirklich im Alltag? Schaffen Sie sich schrittweise genau die Struktur und das Maß an Dingen, welches für Sie und Ihr Leben passend ist. Achtsamkeit im Alltag, Achtsamkeit auf die vielen kleinen und großen Dinge, Situationen und auf das, was in Ihnen und um Sie herum geschieht, ist hierfür eine wichtige Begleitung und Unterstützung.

Um wirklich einen Zugang zur Achtsamkeit im Alltag zu finden, ist es sinnvoll, sich auch in formeller Achtsamkeitspraxis zu üben. Haben Sie hiermit noch keine Vorerfahrungen, schauen Sie einmal in Ihrer Umgebung nach entsprechenden Angeboten und Kursen. So werden beispielsweise die achtwöchigen MBSR-Kurse (Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion) von vielen gesetzlichen Krankenkassen finanziell unterstützt. Um einen ersten Eindruck von formeller Achtsamkeitspraxis zu bekommen, finden Sie auf meiner Webseite hierfür Tipps, Anregungen und kostenlose Downloads: www.achtsame-lebenskunst.de/achtsamkeitsuebungen

Hilfreich sind auch persönliche Notizen. Halten Sie fest, was Ihnen wichtig ist, was Sie denken, wie Sie sich fühlen und wie Sie ganz praktisch und konkret vorgehen möchten. Sich im eigenen Leben wirklich auf die persönlich wesentlichen Dinge zu konzentrieren und loszulassen, was nicht mehr gebraucht und überflüssig geworden ist, führt oft zu mehr als „nur“ einer aufgeräumteren Wohnung. Nutzen Sie für Ihre persönlichen Notizen zum Beispiel ein Tagebuch. Wichtig ist, dass Sie sich immer wieder vergegenwärtigen, wie Sie sich ein aufgeräumteres und entspannteres Leben vorstellen, welche Vorteile dies für Sie haben wird und was in Ihrem Leben dann mehr Platz, Zeit und Raum haben kann.

Es heißt, dass Veränderung mit dem ersten Schritt beginnt. Stimmt, ohne einen ersten Schritt geht es nicht. Ich möchte aber noch ergänzen: Es endet aber nicht mit diesem ersten Schritt, dieser ist lediglich der Beginn. Veränderung ist ein Prozess, der dann zum Erfolg führt, wenn auf den ersten Schritt noch viele weitere kleine, aber beständige Schritte folgen. Gönnen Sie sich im Bedarfsfall auch kleine Schritte. Verpulvern Sie dabei nicht Ihre anfängliche Motivation und Energie, sondern versuchen Sie diese Energien zu nutzen, um am Ball zu bleiben.

Ein Hinweis: Wenn ich in diesem Buch von „ich“ und „mein“ schreibe, so hat dies einmal damit zu tun, dass Aufräum- und Entrümpelungsprozesse zunächst mal immer bei den ganz eigenen persönlichen Besitztümern ansetzen sollten. Es sind aber auch ganz pragmatische Gründe, damit das Lesen einfacher und weniger unübersichtlich ist. Natürlich spreche ich immer auch Paare, Familien und Wohngemeinschaften an. Für sie gibt es ergänzend auch noch ein extra Kapitel mit Tipps zum gemeinsamen Entrümpeln und Aufräumen.

Packen Sie es an! Ich wünsche Ihnen viel Erergie dabei!

Gabi Raeggel

Wo kommt das ganze Zeug bloß her?

Konsum ist oftmals mit einer gewissen Atemlosigkeit verbunden, da die Freude über ein neues Teil oft nicht lange hält. Beim nächsten Kauf ist dann doch nicht alles besser. Aber nun ist das ganze Zeug eben da. Um dann mit weniger Dingen glücklich zu sein, ist es wichtig, sich zunächst mit der Frage zu befassen, wie und warum überhaupt so viele Dinge in die eigene Wohnung geraten sind. Warum hat sich so viel Zeug angesammelt und warum ist es manchmal so schwierig, eine Struktur zu schaffen und das Durcheinander zu bewältigen? Die Auseinandersetzung mit dieser Frage zu möglichen Gründen hierfür ist hilfreich, denn oft ist in den Fragen bereits ein erster Hinweis auf die Antwort enthalten:

Sicherheitsbedürfnis und Überlebensnotwendigkeit

Zunächst dürfen wir nicht vergessen, dass das Ansammeln von Dingen jahrhundertelang eine absolute Notwendigkeit für uns Menschen war, um überhaupt überleben zu können. Es steckt uns genau genommen im Blut. So waren zu früheren Zeiten Lebensmittelvorräte lebenswichtig, um den Winter zu überleben. Auch Materialien des täglichen Lebensbedarfs waren in der Regel rar und teuer, daher waren jeder Nagel, jede Schraube und jedes noch so kleine Teil wichtig und wertvoll. Dinge anzusammeln und vorrätig zu halten ist daher ein ganz natürliches und nachvollziehbares Verhalten, welches uns existenzielle Sicherheit gegeben hat. Letztlich ist es noch heute so. Wir benötigen Dinge, um leben zu können.

Tipp: Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie ein viel zu starkes Sicherheitsbedürfnis haben, dann versuchen Sie zu erspüren, woher dieses kommt und was Ihnen außer den vielen Dingen noch Sicherheit geben könnte. Achten Sie beim Entrümpeln und Aufräumen immer wieder darauf, welche Dinge denn tatsächlich lebenswichtig und relevant für Sie sind. Versuchen Sie immer wieder Objektivität in Ihr Leben zu bringen: Nützt es Ihrer Sicherheit tatsächlich, wenn Sie zum Beispiel 50 Gläser haben und mit der Bettwäsche eine ganze Fußballmannschaft ausstatten können? Bringt Ihnen die große Sammlung von Werkzeugen im Bastelkeller etwas, wenn diese nicht genutzt wird oder das Reparieren zur Tortur wird?

Belastende Lebenssituationen und Krisen

Nicht selten sind es Phasen von länger andauerndem Stress und Überlastung, aber auch Lebenskrisen, die dazu führen, dass Zeit und Energie fürs Aufräumen fehlen. Sich anhäufende Überstunden, beruflicher Erfolgsdruck, finanzielle Existenzsorgen, Arbeitslosigkeit, Firmeninsolvenz, ernste und langwierige Krankheiten oder der Tod eines lieben Menschen, die Trennung vom Partner – es gibt viele Gründe, warum das Leben zwischenzeitlich aus dem Takt geraten kann und so auch das Chaos der Dinge zunimmt.

Tipp: Wenn Sie sich in stark belastenden Lebenssituationen befinden, geht es nicht anders, als zu überlegen, was Entlastung bringen könnte. Welche Überstunden müssen nicht sein? Wo können Sie sich Hilfe suchen (Freunde? Familie? Professionelle Helfer?)? Welchen konkreten Schritt können Sie für Ihr persönliches Wohlbefinden tun? Autos bringt man zur Inspektion, Smartphone-Akkus laden wir auf – warum sollten wir nicht endlich auch mal schauen, wie wir unsere „inneren Akkus“ wieder aufladen können und welche Art von „Inspektion“ unser Leben und unsere Wohnung benötigen.

Erinnerungen

Ein häufiger Grund für angehäufte Dinge ist weiterhin, dass manche Dinge stark mit der Erinnerung an besondere Situationen oder Personen verbunden sind. Werden diese erinnerungsbehafteten Dinge losgelassen, besteht nun die Sorge, dann auch die Erinnerungen zu verlieren.

Tipp: Überlegen Sie, ob Sie nicht ein einzelnes und ganz besonderes Erinnerungsstück statt einer ganzen Sammlung von Erinnerungen behalten. Beginnen Sie nicht mit dem Entrümpeln solch besonderer Erinnerungsstücke, sondern legen Sie diese Entscheidungen an das Ende. Ausführlichere Tipps für den Umgang mit besonderen Erinnerungsstücken finden Sie auch auf Seite 51/52.

Grenzen und Grenzüberschreitungen

Sich selbst oder anderen Menschen da Grenzen zu setzen, wo sie sinnvoll sind, fällt manchen Menschen sehr schwer und kann ebenfalls zu Überkonsum und Durcheinander in den persönlichen Besitztümern führen:

Überschreiten von Konsumgrenzen:

Manche Menschen kaufen gerne und viel – zu viel. Es wird mehr gekauft und somit auch mehr angesammelt, als überhaupt benötigt wird. Das Shoppen als solches ist ein Hobby, eine Leidenschaft. Kaufen verschafft kurzfristige Glücksgefühle. Diese halten jedoch nicht lange an und führen nicht zu langfristiger Zufriedenheit, so dass schnell und viel neu gekauft werden muss.

Tipp: Lassen Sie sich Zeit beim Kaufen, versuchen Sie auf Spontankäufe zu verzichten. Versuchen Sie wahrzunehmen, ob und wann Kaufen eine Ersatzbefriedigung ist. Setzen Sie Wünsche auf eine Liste und warten Sie erst mal ab. Gehen Sie gegebenenfalls nur mit einer begrenzten Menge Bargeld in die Stadt.

Überschreiten von Persönlichkeitsgrenzen:

Manchen Menschen fällt es schwer, sich gegenüber wohlmeinenden Schenkern abzugrenzen. Die „Vielschenker“ meinen es gut, aber manchmal auch zu gut. Sie schenken und schenken, überhäufen die Familie, Verwandte, Freunde mit tausenderlei Dingen. Die „Vielschenker“ nehmen die Grenzen der Menschen unzureichend wahr, denen sie eigentlich etwas Gutes tun wollen. Den Beschenkten fällt es schwer, sich gegenüber den „Vielschenkern“ abzugrenzen, und so sammeln sich die Dinge bei ihnen an und werden mehr und mehr.

Tipp: Achten Sie immer wieder auf Klarheit. Wenn Sie gerne schenken: Schenken Sie Zeit, Aufmerksamkeit, Erlebnisse. Wenn Sie viel beschenkt werden: Sprechen Sie mit den Schenkern, geben Sie ihnen Tipps, über was Sie sich wirklich freuen würden. Denken Sie daran: Ihr Gegenüber kann nur dann Ihre persönlichen Grenzen erkennen, wenn Sie diese Grenzen auch klar nach außen kommunizieren.

Unordnung als Abgrenzung:

Die Unordnung kann auch ein Hilfsmittel sein, sich gegen andere Menschen abzugrenzen. Die Unordnung bleibt, damit man sich letztlich nur selbst darin zurechtfindet und niemand anderes sonst.

Tipp: Spüren Sie in sich hinein: Warum ist Ihnen die Abgrenzung durch Unordnung wichtig? Wo gelingt Sie Ihnen ansonsten eventuell nicht richtig? Gegenüber welchen Menschen und Situationen sind in Ihrem Leben klarere Grenzen wichtig?

Perfektionismus

Entweder ganz oder gar nicht. Es gibt Menschen, die sich über Stunden hinweg am Aufräumen einer einzigen Schublade festbeißen, während sich der Rest der Wohnung immer noch im gleichen ungeordneten Zustand befindet. Der Perfektionismus blockiert ein Weiterkommen. Besonders schwierig wird es, wenn sich Perfektionismus mit Vielshopperei kombiniert.

Tipp: Üben Sie sich in Gelassenheit und versuchen Sie, sich nicht in Details zu verlieren. Es kann hilfreich sein, wenn Sie nur einen ganz bestimmten Zeitrahmen wählen, sich dazu einen Wecker oder eine Zeitschaltuhr stellen, um einen ganz bestimmten Bereich zu entrümpeln oder aufzuräumen. Alles, was bis dahin nicht erledigt ist, bleibt, wie es ist. Schauen Sie, wie es Ihnen damit ergeht, was Probleme bereitet und was eventuell hilfreich ist.

„Aufschieberitis“

Aufräumen ist Arbeit und wird gerne vor sich hergeschoben. Manchmal gibt es gute Gründe für unsere Aufschieberei, wie Müdigkeit, Krankheit, Überlastung, manchmal mangelnde Zeitstruktur, manchmal aber auch Bequemlichkeit.

Tipp: Es ist wichtig zu analysieren, warum Sie Dinge vor sich herschieben. Wenn es Müdigkeit, Überlastung oder eine Erkrankung ist, benötigen Sie einfach Erholung und Entlastung. Suchen Sie gezielt nach entsprechenden Freiräumen. Verzichten Sie auf das, was Ihnen nicht guttut. Bei mangelnder Zeitstruktur hilft es, sich kleine Aufräumroutinen im Alltag anzugewöhnen oder als Motivationsschub vielleicht auch einmal mit einem Freund oder Familienmitglied eine Art Aufräum-Wettbewerb zu veranstalten.

Bequemlichkeit und Hilflosigkeit

Wenn das „Hotel Mama“ sehr bequem war und Mutti letztlich immer doch alles weggeräumt hat, so ist es natürlich mühsam, wenn man plötzlich alles selbst erledigen muss. Wenn dann nach dem Auszug von zu Hause das „Hotel Mama“ von Partner oder Partnerin weitergeführt wird, so ist dies zunächst äußerst bequem. Allerdings bleibt so Ihr „Selbstständigkeits-Muskel“ schwach, da er bislang kaum notwendig war. Entsprechend schwer fällt es, die Dinge endlich selbst in die Hand zu nehmen. Schnell kann das Gefühl entstehen, dem Chaos hilflos ausgeliefert zu sein und nichts dagegen ausrichten zu können.

Tipp: Versuchen Sie sich klar darüber zu werden: Möchten Sie wirklich so unselbstständig und abhängig von anderen Menschen sein? Wenn ja, dann ist es so und Sie müssen das Durcheinander so lange ertragen, bis das „Hotel Mama“ dies eventuell für Sie regelt. Wenn Sie diese Unselbstständigkeit nicht weiter fortführen möchten, hilft nur: selber machen – so umständlich, hilflos und stümperhaft die Anfänge sein mögen, versuchen Sie es! Betrachten Sie es als Training für Ihren „Selbstständigkeits-Muskel“. Anfänglich vielleicht unangenehm, aber das Selbstbewusstsein und die Selbstsicherheit steigen mit jedem einzelnen Schritt in ein unabhängigeres Leben.

Andere Prioritäten und Ungeduld

Manchmal liegen die Prioritäten einfach woanders. Aufräumen ist lästig und dauert nun mal eine gewisse Zeit. Karriere, Freizeit, Erlebnisse – alles ist wichtiger, als sich mit so profanen und zeitaufwendigen Dingen wie Aufräumen zu befassen.

Tipp: Schauen Sie einmal genau hin, was genau in Ihrem Leben wirklich wichtig ist. Achten Sie beispielsweise einmal darauf, wie viel Zeit damit verloren geht, sich die ständigen Benachrichtigungen im Handy anzuschauen. Wie viele Stunden versacken Sie vor dem Fernseher? Ist das wirklich alles so wichtig und vorrangig? Vereinfachen Sie Ihren Haushalt, minimieren Sie Ihren Besitz. Die Dinge, die nicht da sind, brauchen Sie nicht aufzuräumen, und so bleibt dann auch genügend Zeit, ohne dass die Wohnung im Chaos versinkt.

Soziale Gründe, Neid und Werthaltungen