Weniger macht reich - Joshua Becker - E-Book

Weniger macht reich E-Book

Joshua Becker

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Beschreibung

Immer mehr zu besitzen macht nicht glücklich, im Gegenteil. Wenn unser Leben im wahrsten Sinne des Wortes zu voll ist, wenn wir keinen Platz mehr im Regal haben, fühlen wir uns unwohl. Joshua Becker zeigt, warum unnötiger Besitz uns auch daran hindert, Träume zu verwirklichen. Und wie es gelingt, ganz praktisch das Leben zu entrümpeln. Mit hilfreichen Tipps, Tricks und Beispielen aus der Bibel beschreibt dieses Buch eine Lebensweise, mit der es gelingt, mehr Zeit für wirklich Wichtiges zu haben.

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Über den Autor

Joshua Becker ist der Gründer und Redakteur des Blogs Becoming Minimalist, einer Internetseite, die weltweit Millionen Menschen inspiriert, ihr Leben mit weniger Besitz zu führen und auf das auszurichten, was wirklich reich macht. Als gefragter Experte erscheinen regelmäßig Beiträge mit ihm in namhaften Medien (Time magazine, Wall Street Journal, USA Today, Christianity today). Ehe er zu einer der führenden Köpfe der Minimalismus-Szene wurde, war der studierte Betriebswirtschaftler und Theologe fünfzehn Jahre lang als Pastor und Gemeindegründer an verschiedenen Orten tätig. Zurzeit lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in Phoenix, Arizona.

Dieses Buch ist der gesamten Becoming Minimalist Community gewidmet.

Eure Unterstützung und Ermutigung haben mich inspiriert und dieses Buch möglich gemacht. Möge euer Leben weiterhin andere dazu inspirieren, mehr zu leben, indem sie weniger besitzen.

Inhalt

1 Wie ich anfing, mit weniger zu leben

2 Weg mit all dem Ballast!

3 Ihr Weg zu einem Leben mit weniger

4 Die Manipulation der Verbraucher

5 Die inneren Sehnsüchte erkennen

6 Gehen Sie es einfach an

7 Problemfälle

8 Experimente: Mit wie wenig lässt es sich leben

9 Wie Sie weiterhin aufgeräumt leben

10 Wie Sie Ihre Familie gewinnen, mit weniger zu leben

11 Auf dem Weg hin zu einem reicheren Leben

12 Zielgerichtet leben

13 Erleben Sie den Reichtum Ihrer Träume

Anmerkungen

Wie ich anfing, mit weniger zu leben

Die Wettervorhersage für das Memorial-Day-Wochenende 2008 versprach strahlenden Sonnenschein und sommerliche Temperaturen – was in Vermont im Mai nicht immer der Fall ist. Am Samstag beschlossen meine Frau Kim und ich Besorgungen zu machen und Haus und Garten auf Vordermann zu bringen. Wir wollten endlich den überfälligen Frühjahrsputz in Angriff nehmen. Die Garage stand ganz oben auf meiner Liste.

Am Samstagmorgen ließ ich meine Frau und unsere kleine Tochter noch ein bisschen schlafen, während ich Rühreier und Speck zubereitete und unseren Sohn Salem weckte. Ich dachte, dass er nach einem leckeren Frühstück vielleicht Lust haben würde, seinem Vater zu helfen. Rückblickend frage ich mich, wie ich bloß auf diese Idee kam, ein Fünfjähriger könnte Spaß daran haben, eine Garage sauber zu machen. Aber damals hoffte ich das. Nach dem Frühstück machten wir uns an die Arbeit.

Unsere Doppelgarage war wie immer voller Kram. Aufeinandergestapelte Kartons drohten von den Regalen zu kippen. Unsere Fahrräder lehnten ineinander verhakt an der Wand. Der Gartenschlauch lag nachlässig zusammengerollt in der Ecke. Harken, Schaufeln und Besen standen wild durcheinander. Bald würden wir uns kaum noch durch dieses Gerümpel quetschen können. Schon jetzt mussten wir seitwärts gehen, um überhaupt in unser Auto steigen zu können.

„Hör zu, Salem“, sagte ich. „Ich erkläre dir jetzt, was wir tun müssen. Unsere Garage ist im Winter schmutzig und unordentlich geworden, deshalb schmeißen wir jetzt erst einmal alles raus. Wir legen das ganze Zeug in die Einfahrt. Dann spritzen wir die Wände und den Boden mit dem Wasserschlauch ab. Und wenn alles trocken ist, räumen wir die Sachen ordentlich zurück. Okay?“

Der kleine Kerl nickte, als hätte er alles verstanden, was ich ihm gesagt hatte.

Ich deutete auf einen Plastikeimer in der Ecke und bat Salem, ihn nach draußen zu bringen.

Dummerweise befanden sich darin ausgerechnet Salems Sommerspielsachen. Und beim Anblick all der Dinge, die er seit Monaten nicht gesehen hatte, war seine Lust, mir beim Saubermachen der Garage zu helfen, schnell verflogen. Er schnappte sich seinen Softballschläger und rannte Richtung Garten.

Auf dem Weg dorthin blieb er kurz stehen. „Spielst du mit mir, Papa?“, fragte er und sah mich hoffnungsvoll an.

„Tut mir leid. Ich kann nicht“, erwiderte ich. „Aber wenn ich fertig bin, können wir spielen. Versprochen.“

Wehmütig sah ich Sams braunen Haarschopf hinter der Ecke der Garage verschwinden.

Im weiteren Verlauf dieses Morgens führte eins zum anderen und die Wahrscheinlichkeit, mit Salem endlich im Garten spielen zu können, verringerte sich mehr und mehr. Stunden später, als Kim mich und Salem zum Mittagessen ins Haus rief, war ich noch immer nicht fertig.

Als ich dann nach dem Essen wieder nach draußen ging, um meine Aufgabe zu beenden, sah ich unsere Nachbarin bei der Gartenarbeit. June war eine freundliche ältere Dame, die uns gegenüber immer sehr aufmerksam war. Ich winkte ihr kurz zu und machte mich wieder an die Arbeit.

Mittlerweile hatte ich begonnen, all die Sachen, die ich am Morgen aus der Garage gezerrt hatte, zu reinigen und zu sortieren. Das war sehr anstrengend und dauerte viel länger als angenommen. Dabei dachte ich darüber nach, wie oft ich in letzter Zeit unzufrieden gewesen war, unsere Sachen wegräumen zu müssen. Und jetzt war es schon wieder so weit. Und dass Salem zwischendurch immer wieder aus dem Garten kam, um mir Fragen zu stellen und mich zum Mitspielen aufzufordern, machte es mir noch schwerer. Jedes Mal sagte ich: „Ich bin gleich fertig, Salem.“

An meiner Körpersprache und meinem Tonfall erkannte June, wie frustriert ich war. Als sich unsere Wege dann wieder einmal kreuzten, meinte sie sarkastisch: „Oh, das sind die Freuden der Hausbesitzer.“ Denn auch sie hatte fast den ganzen Tag damit verbracht, ihr Zuhause in Ordnung zu bringen.

„Wie sagt man so schön – je mehr du hast, desto mehr hat es dich“, pflichtete ich ihr bei.

Was June dann als Nächstes sagte, sollte mein Leben verändern.

„Stimmt. Deswegen ist meine Tochter auch Minimalistin. Ständig liegt sie mir in den Ohren, dass ich all das Zeug gar nicht besitzen muss.“

Ich muss all das Zeug gar nicht besitzen.

Diese Worte hallten in meinem Kopf wider, als ich mich umdrehte, um die Früchte meiner morgendlichen Arbeit zu betrachten: ein riesiger staubiger Haufen Krempel in meiner Einfahrt. Gleichzeitig sah ich im Augenwinkel meinen Sohn, der immer noch allein im Garten spielte. Dass die beiden Szenen so gegensätzlich waren und doch miteinander zusammenhingen, schnitt mir ins Herz und zum ersten Mal erkannte ich den Grund für meine Unzufriedenheit.

Er lag in unserer Einfahrt aufgetürmt vor mir.

Ich wusste damals schon, dass zu viel Besitz nicht glücklich macht. Aber weiß das nicht jeder? Zumindest behaupten wir zu wissen, dass unser Besitz uns keine wahre Zufriedenheit schenkt. Doch in dem Augenblick, als ich den ganzen Krempel sah, wurde mir etwas klar:

Besitz bringt meinem Leben nicht nur kein Glück, sondern er lenkt mich auch von den Dingen ab, die mich glücklich machen.

Ich lief ins Haus und fand meine Frau im Bad, wo sie gerade die Badewanne schrubbte. „Du rätst nie, was mir gerade passiert ist, Kim“, keuchte ich außer Atem. „June hat gesagt, dass wir all das Zeug gar nicht besitzen müssen.“

Und in diesem Moment wurde der Grundstein dafür gelegt, dass eine Familie beschloss, mit weniger zu leben.

Eine neue Berufung

Kim und ich sprachen wenig später darüber, was wir entsorgen könnten, um unser Leben zu vereinfachen und uns wieder auf das zu konzentrieren, was uns wirklich wichtig war. Wir fingen an, Dinge zu verkaufen, zu verschenken und zu entsorgen, die wir nicht brauchten. Im Laufe von sechs Monaten wurden wir so die Hälfte unserer Habe los. Schnell erkannten wir, wie vorteilhaft es ist, mit weniger zu leben, und ahnten, dass die Philosophie eines unkomplizierteren und zielgerichteten Lebens etwas sein könnte, von dem auch andere profitieren könnten.

Ich war so begeistert, dass ich noch am gleichen Wochenende einen Blog – www.becomingminimalist.com – einrichtete, um unsere Verwandten über unseren Weg, mit weniger zu leben, auf dem Laufenden zu halten. Eigentlich war es zunächst nichts weiter als ein persönliches Onlinetagebuch. Doch dann passierte etwas Erstaunliches: Leute, die ich gar nicht kannte, lasen den Blog und erzählten ihren Freunden davon. Ich bekam Hunderte von Lesern, dann Tausende, Zehntausende … es wurden immer mehr.

Was ist hier nur los?, wunderte ich mich. Was hat das zu bedeuten?

Damals arbeitete ich als Jugendpastor in verschiedenen Kirchen. Mir machte es viel Freude, Schülern der Mittel- und Oberstufe dabei zu helfen, Antworten auf den Sinn des Lebens zu finden. Doch ich spürte auch, dass die Sache mit dem Minimalismus-Blog für mein Leben eine besondere Bedeutung gewinnen könnte.

Nach einer Weile erhielt ich nämlich E-Mails mit konkreten Fragen zum Thema, wie man seinen Besitz reduziert, sowie Anrufe von Journalisten und Vortragsanfragen. Und es wurde für mich zu einer richtigen Herzensangelegenheit, für einen vereinfachten Lebensstil zu werben. Ich erkannte, dass Minimalismus eine wichtige Botschaft war – eine Botschaft, die Menschen verschiedenster Herkunft und unterschiedlichem Glauben weltweit helfen konnte, ihr Leben besser zu führen. Von daher dauerte es nicht lange, bis ich in Erwägung zog, mich mit der ganzen Sache selbstständig zu machen.

Für den Übergang in diese Selbstständigkeit zog ich 2012 mit meiner Familie für zwei Jahre nach Arizona, wo ich einem Freund bei einer Gemeindegründung half, während ich gleichzeitig für meinen neuen Beruf den Grundstein legen wollte. Nach dieser Zeit wagte ich den Schritt, als Selbstständiger die Vorteile einer minimalistischen Lebensweise zu promoten.

Heute ist der Blog recht erfolgreich und wird monatlich von mehr als einer Million Usern verfolgt. An registrierte Mitglieder versende ich auch einen Newsletter. Und Bücher gibt es auch. Aber immer öfter werde ich gebeten, auf Nachhaltigkeitskonferenzen, Tagungen von Berufsverbänden, Unternehmerworkshops, christlichen Konferenzen und anderen Veranstaltungen zu sprechen. Die Gelegenheiten, mein Wissen über die Vorteile einer minimalistischen Lebensweise zu teilen, werden immer mehr.

Seit der Aufräumaktion in meiner Garage habe ich viel darüber gelernt, was es bedeutet, mit weniger zu leben. Die wichtigsten Erkenntnisse habe ich in diesem Buch festgehalten. Trotzdem werde ich immer wieder auf dieselbe Einsicht zurückkommen, zu der ich an diesem Tag vor der Garage gekommen bin: Zu viel Besitz macht uns einfach nicht glücklich. Schlimmer noch, er entfernt uns sogar von dem, was unser Leben wirklich reich und glücklich macht. Sobald wir aber die Dinge loslassen, die uns nichts wirklich bedeuten, erhalten wir die Freiheit zurück, all die Dinge zu tun, die uns wirklich am Herzen liegen.

Mit weniger zu leben, minimalistisch zu leben, ist eine dringend benötigte Botschaft für eine Gesellschaft, in der sich alles darum dreht, viel Besitz anzuhäufen. Und ich bin überzeugt, dass sie Ihnen ganz persönlich ein neues, glücklicheres und am Ende reicheres Leben schenken wird.

Was Ihre Schränke Ihnen verraten

Der Komiker Will Rogers hat einmal gesagt: „Zu viele Leute geben Geld aus, das sie nicht verdient haben, um Dinge zu kaufen, die sie nicht haben wollen, um Leute zu beeindrucken, die sie nicht mögen.“1 Seine Analyse trifft heute mehr zu als damals, als er sie zum ersten Mal ausgesprochen hat. Ich glaube, sie lässt sich auf alle wohlhabenderen Gesellschaften weltweit anwenden. Der Einfachheit halber werde ich allerdings mein eigenes Land, die Vereinigten Staaten von Amerika, als Beispiel nehmen.

In Nordamerika werden doppelt so viele Güter konsumiert wie vor 50 Jahren.2 In derselben Zeitspanne hat sich die Größe eines durchschnittlichen amerikanischen Hauses nahezu verdreifacht und heute enthält dieses Durchschnittshaus etwa 300000 Gegenstände.3 Im Schnitt gibt es in amerikanischen Häusern und Wohnungen mehr Fernsehgeräte als Bewohner.4 Und das US-amerikanische Energieministerium berichtet, dass 25 Prozent der Leute mit Doppelgaragen so viel Kram darin lagern, dass sie keinen Platz mehr haben, um ihre Autos darin zu parken. Weitere 32 Prozent der Doppelgaragenbesitzer haben nur noch Platz für ein Fahrzeug.5 Und Agenturen für professionelles Aufräumen, die ihren Kunden helfen, ihr Gerümpel zu verstauen, sind mittlerweile zu einem acht Milliarden schweren Wirtschaftszweig geworden mit einer jährlichen Wachstumsrate von 10 Prozent.6 Darüber hinaus mietet einer von zehn amerikanischen Haushalten externe Lagerräume an. Dieser Geschäftsimmobiliensektor konnte in den vergangenen vier Jahrzehnten die größten Wachstumsraten verbuchen.7

Ist es da verwunderlich, dass viele ein Schuldenproblem haben? Die durchschnittlichen Kreditkartenschulden eines nordamerikanischen Haushaltes belaufen sich auf über 15000 Dollar und die durchschnittlichen Hypothekenschulden betragen über 150000 Dollar.8

Ich werde Sie nun nicht weiter mit Statistiken bombardieren, schließlich will ich Sie ja nicht deprimieren. Außerdem brauchen Sie keine Statistiken und Studien, um zu erkennen, dass Sie sehr wahrscheinlich zu viel Zeug zu Hause haben. Sie sehen es jeden Tag, wenn Sie durch Ihr Haus oder Ihre Wohnung gehen. Ihre vier Wände sind angefüllt mit Dingen jeglicher Art. Die Fußböden sind belegt. Die Schränke vollgestopft. Die Schubladen quellen über. Selbst im Gefrierschrank ist nie genug Platz, um all die Nahrungsmittel darin zu verstauen, die Sie eingekauft haben. Habe ich recht?

Obwohl Sie wahrscheinlich das meiste Zeug, das Sie Ihr Eigen nennen, ganz nett finden, ist Ihnen vermutlich klar, dass es zu viel ist und dass Sie etwas dagegen tun müssen. Doch woher weiß man, was man behalten und was man loswerden soll? Wie stellt man es an, unnütze Dinge zu entfernen? Und woher weiß man, wann der richtige Besitzlevel erreicht ist?

Vielleicht haben Sie zu diesem Buch gegriffen, weil Sie sich Tipps fürs Entrümpeln erhoffen. Die werden Sie erhalten, das verspreche ich Ihnen. Sogar noch viel mehr als das! Ich zeige Ihnen, wie Sie unter all dem Krempel, den Sie besitzen, das Leben finden, das Sie sich wünschen. Die Botschaft lautet „Weniger macht reich“ und Sie werden die einfachste Art, glücklicher zu leben, entdecken. Denn wahrer Reichtum bedeutet, ein zufriedenstellendes, sinnvolles Leben zu führen. Und der minimalistische Lebensstil ist der notwendige Schlüssel dafür.

In den USA sehen die Menschen im Schnitt täglich etwa 5000 Anzeigen, die sie auffordern, mehr zu kaufen.9 Ich möchte als Stimme dagegenhalten und Menschen dazu bewegen, weniger zu kaufen, weil die Vorteile, mit weniger unterwegs zu sein, einfach überwiegen. Wenn Hunderte, Tausende und Millionen von Menschen ihre Lebensweise ändern und nach minimalistischen Grundsätzen ausrichten würden, würden wunderbare Dinge passieren – und davon träume ich.

Die positiven Auswirkungen des Minimalismus

Weniger zu besitzen bringt mehr Freude, als man jemals finden kann, wenn man ständig nach mehr strebt. Doch in einer Welt, die uns unentwegt drängt, mehr und mehr zu kaufen, verlieren wir das oft aus den Augen. Lassen Sie uns daher die Vorteile einmal vor Augen führen, wie weniger Besitz unser Leben reicher macht:

Mehr Zeit und Energie

Um Dinge überhaupt besitzen zu können, müssen wir Geld verdienen, uns über sie im Vorfeld informieren, sie erwerben, sie säubern und in Ordnung halten, sie gegebenenfalls reparieren, ersetzen oder am Ende verkaufen.

Besitz beansprucht uns, unsere Zeit und Energie. Je weniger wir aber besitzen, desto mehr Zeit und Energie werden wir haben, um uns den Zielen zu widmen, die uns mehr bedeuten.

Mehr Geld

Wer weniger kauft, verringert seine Ausgaben. Das schließt auch den sich anschließenden Unterhalt, die Lagerung und Instandhaltung ein. Vielleicht liegt für Sie der Schlüssel in puncto finanzieller Unabhängigkeit nicht in dem Streben, mehr verdienen zu müssen, sondern darin, einfach weniger zu besitzen.

Mehr Großzügigkeit

Indem wir ein weniger erwerbsorientiertes und weniger kostspieliges Leben führen, wird es uns mehr möglich sein, gemeinnützige Projekte, die uns am Herzen liegen, finanziell zu unterstützen. Denn Geld ist nur so viel wert wie das, wofür wir es ausgeben, und es gibt zahllose Gelegenheiten, die einen viel größeren Wert besitzen als die Anhäufung materieller Güter.

Mehr Freiheit

Vieles, das wir unser Eigen nennen, hat die Macht, uns physisch, psychisch und finanziell zu versklaven. Denn manche der Dinge, die wir besitzen, sind sperrig und nur schwer zu transportieren. Sie fühlen sich sogar seelisch an wie eine Last. Doch immer wenn wir einen unnütz gewordenen Gegenstand entsorgen, gewinnen wir ein Stück Freiheit zurück.

Weniger Stress

Eigentum erhöht die Sorge in unserem Leben. Stellen Sie sich zwei Räume vor: einen, der zugestellt und chaotisch aussieht, und einen anderen, der aufgeräumt und geordnet möbliert ist. Welcher Raum macht Sie nervöser? Und welcher vermittelt Ihnen das Gefühl von Ruhe? – Chaos und Überfluss erzeugen einfach Stress.

Weniger Ablenkung

Alles, was uns umgibt, buhlt um unsere Aufmerksamkeit. Und das kann sich so sehr summieren, dass diese kleinen Ablenkungen uns daran hindern, aufmerksam zu sein für die Dinge, die uns wichtig sind. Wer kann heutzutage noch mehr Ablenkung gebrauchen, als es ohnehin schon gibt?

Weniger Umweltbelastungen

Maßloser Konsum und gesteigerter Verbrauch beschleunigen die Zerstörung natürlicher Ressourcen. Halten wir aber Maß, schützen wir auch unsere Umwelt. Das kommt jedem zugute, auch den Generationen unserer Kinder und Kindeskinder.

Hochwertigere Qualität

Je weniger Geld man für Krimskrams ausgibt, desto mehr ist es einem möglich, hochwertige Dinge zu kaufen, wenn man diese wirklich braucht. Man darf eine minimalistische Lebensweise nicht mit Anspruchslosigkeit und reiner Sparsamkeit gleichsetzen. Sie ist vielmehr eine Philosophie, die uns klarmachen möchte, dass es nicht gut ist, mehr Sachen zu besitzen, sondern dass es vorteilhafter ist, qualitativ bessere Sachen zu besitzen.

Ein gutes Beispiel für unsere Kinder

Welchen Satz hören unsere Kinder von uns am häufigsten? – Ich liebe dich? Oder „Ich will das haben“? Oder „Es ist runtergesetzt“? Oder „Lass uns shoppen gehen“? Wir sollten unseren Kindern einen Rahmen geben, der ihnen Orientierung schenkt inmitten einer außer Kontrolle geratenen Lebensweise in ihrem Umfeld.

Weniger Arbeit für andere

Machen wir uns nicht die Mühe, unsere Habe auszusortieren und zu reduzieren, wird der Tag kommen, an dem wir uns selbst nicht mehr darum kümmern können. Eine Person aus dem Kreis unserer Lieben wird dann diese Bürde übernehmen müssen. Entscheiden wir uns aber frühzeitig, mit weniger zu leben, machen wir auch das Leben für unsere Nachkommen/Erben leichter.

Weniger Konkurrenzkampf

Es liegt in unserer Natur, uns mit anderen zu vergleichen. Kombiniert mit der Tatsache, dass wir offensichtlich den angeborenen Wunsch haben, andere zu beeindrucken, indem wir so viel wie möglich besitzen, stehen wir nach den Worten von Will Rogers kurz vor einem zwischenmenschlichen Desaster. Sich aber bewusst zu entscheiden, weniger besitzen zu wollen, ermöglicht uns den Ausstieg aus diesem Spiel eines nicht zu gewinnenden Konkurrenzkampfes.

Mehr Zufriedenheit

Wir meinen oft, uns etwas Glück kaufen zu können. Doch Materielles wird niemals die wahren Wünsche unseres Herzens befriedigen. Aus diesem Grund sind wir nach einer Shoppingtour schnell wieder genauso unzufrieden wie zuvor. Nur wenn es uns gelingt, diesen Kreis des Immer-mehr-haben-Wollens bewusst zu durchbrechen, können wir die wahren Gründe unserer Unzufriedenheit erforschen.

Mehr Zeit, mehr Geld, weniger Stress, weniger Ablenkung, mehr Freiheit. Das klingt alles sehr verlockend, nicht wahr? In den nun folgenden Kapiteln werde ich Ihnen zeigen, wie Sie sich diese Vorteile zu eigen machen können.

Selbst wenn diese allgemein gehaltenen Vorteile die einzigen Gründe für eine minimalistische Lebensweise wären, würde es sich schon lohnen, diesen Weg einzuschlagen. Aber darüber hinaus gibt es noch den individuellen Nutzen, den jeder für sich aus dieser Lebensweise ziehen kann. Loszuwerden, was Sie nicht brauchen, ist der erste Schritt, um selbst das Leben zu schaffen, nach dem Sie sich sehnen.

Erfüllen Sie sich Ihre Herzenswünsche

Wenn wir uns dazu entschließen, künftig mit weniger leben zu wollen, schenkt uns das die Freiheit, unseren sehnlichsten Wünschen zu folgen. Für manche mag es lange her sein, dass ihnen Möglichkeiten und Wege offenstanden, mit deren Hilfe sie sich ihren größten Herzenswünschen widmen konnten – wie auch immer diese aussehen mögen. Weniger zu besitzen ermöglicht aber mehr Zeit für sinnvolle Aktivitäten, mehr Freiräume zum Reisen, mehr Klarheit für spirituelles Wachstum, mehr Konzentrationsfähigkeit, um die Probleme zu lösen, die uns am meisten bedrücken, stabilere Finanzen, um Projekte zu unterstützen, an die wir glauben, und größere Flexibilität, um die berufliche Laufbahn einzuschlagen, von der wir träumen.

Was mich persönlich betrifft, so habe ich jetzt viel Zeit für meine Leidenschaft, anderen Menschen von den Vorteilen einer minimalistischen Lebensweise zu erzählen. Ich habe oft das Gefühl, dabei in die Rolle eines freundlichen Nachbarn springen zu dürfen – so wie June, die mir damals von der Idee des Minimalismus erzählt hat. Und ich bin dankbar für diese Möglichkeit.

Ein weiterer Vorteil ist, dass sich meine persönlichen Beziehungen verbessert haben. Ich genieße es, mehr Zeit mit meiner Familie, meinen Verwandten und Freunden zu verbringen. Auch engagiere ich mich weiterhin in meiner Kirchengemeinde und übernehme einige ehrenamtliche Aufgaben, die früher zu meinen beruflichen Pflichten als Pastor gehörten. Außerdem finde ich Zeit und Muße, weniger abgelenkt meine Beziehung zu Gott zu pflegen, was mir sehr viel bedeutet.

Dinge zu entsorgen, die man einfach nicht mehr benötigt, schafft Möglichkeiten, Ziele zu verfolgen, die einem am Herzen liegen, und zwar mit dem Ergebnis, selbst ein reicheres, zufriedeneres und glücklicheres Leben zu führen.

Denken Sie doch mal drüber nach: Vielleicht ist das Leben, von dem Sie schon immer geträumt haben, nur unter all den Dingen vergraben, die Sie besitzen!

Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen:

Was sind Ihre größten unerfüllten Herzenswünsche? Was könnten Sie so richtig genießen, anstreben oder zu Ende bringen, wenn Sie weniger besitzen würden? Wünschen Sie sich eine engere Beziehung zu Ihren Liebsten? Möchten Sie was von der Welt sehen und reisen? Sich künstlerisch entfalten? Ihre körperliche Fitness verbessern? Finanziell vorsorgen? Sich einem großen Projekt widmen?

Bewahren Sie diese Träume im Herzen, während Sie weiterlesen, denn im Grunde genommen geht es in diesem Buch um Ihre Träume. Es geht nicht nur darum, weniger zu besitzen. Es geht darum, ein reicheres und erfülltes Leben zu führen!

Was Sie erwartet

Dieses Buch ist keine Biografie, die nur davon erzählt, wie ich die minimalistische Lebensweise für mich entdeckt habe. Obwohl ich zwischendurch immer wieder mal auf meine eigene Geschichte zu sprechen komme, geht es in diesem Buch nicht um mich. Es geht um Sie. Um die Freude, weniger zu besitzen. Und wie man für sich selbst die Einstellung gewinnt, mit weniger zu leben, sodass sich die eigene Lebensweise zum Besseren verändert.

Ich werde Ihnen auch andere Menschen vorstellen, die diesen Weg gegangen sind und heute ganz bewusst weniger besitzen. Viele von ihnen befanden sich in Situationen, die auch Sie aus Ihrem Leben kennen dürften. Was diese Leute taten, um Ihre Konsumgewohnheiten zu ändern, wird Sie hoffentlich inspirieren, Ihre eigene Reise anzutreten. Sie werden in den nächsten Kapiteln folgende Personen kennenlernen:

Troy, dessen Abenteuer, mit weniger zu leben, mit einem abgeblätterten Fensterrahmen begann.Annette, die sich gegen ein eigenes Zuhause entschied, da sie lieber durch die Welt reisen wollte.Dave und Sheryl, die vor gemeinnützigen Projektideen nur so übersprudelten, als sie ihren Besitz verkleinerten.Margot, die selbst über sich staunte, als sie tausend Gegenstände aus ihrem Haus entfernte.Courtney, die das Fortschreiten einer lebensbedrohlichen Krankheit verlangsamte, indem sie ihr Leben stressfreier gestaltete.Ryan, der jeden einzelnen Gegenstand, den er besaß, in Kartons packte, und nur dann etwas herausholte, wenn er es wirklich brauchte.Sarah, die ihre Einkaufsgewohnheiten für immer veränderte, indem sie ein ganzes Jahr darauf verzichtete, neue Kleidung zu kaufen. Jessica, die schon mit fünfzehn ihre eigene minimalistische Philosophie entwickelte.Ali, die sich von ihrem wertvollsten Schmuckstück trennte und damit das Leben von Menschen am anderen Ende der Welt veränderte.

Neben ihren persönlichen Erfahrungen werde ich auch auf einige Geschichten aus der Bibel verweisen, denn mein religiöser Hintergrund spielt für meine persönliche Umsetzung und für mein Verständnis des Minimalismus eine wichtige Rolle. Doch selbst wenn Sie einem anderen Glauben angehören oder Atheist sein sollten, bin ich mir sicher, dass Sie die Verweise auf die biblischen Geschichten interessant und hilfreich finden werden, denn sie erklären ganz generell einige Tatsachen über das Leben und unsere Gesellschaft.

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Minimalismus eine Lebensweise ist, die jedem Menschen eine grundlegend positive Veränderung bescheren kann. Das hat mich zumindest die Erfahrung gelehrt, als ich mit Leuten weltweit über die Vorteile des „Weniger-Besitzens“ gesprochen habe.

Gleich um die Ecke

Obwohl wir ein paar Monate nach dem Garagen-Wochenende noch keine perfekten Minimalisten waren, verringerten wir trotzdem unseren Besitz schon so sehr, dass wir von da an spürbar weniger im und rund ums Haus zu tun hatten. Deshalb hatten wir als Familie auch Zeit, an diesem Wochenende Dinge zu tun, die uns einfach Freude machten. Wir durchstreiften den Wald in der Nähe, aßen gemütlich auf der Terrasse zu Mittag und spielten miteinander.

Am frühen Samstagabend ging ich dann mit Salem auf die Straße vor unserem Haus. Es war ruhig und ich brachte ihm das Fahrradfahren bei. Als stolzer Vater justierte ich seinen Helm und schob ihn an. Schon bald stellte ich fest, dass er immer sicherer wurde, worüber ich mich sehr freute.

Bevor wir wieder ins Haus gingen, ermutigte ich Salem, ganz ohne Hilfe um den Block zu radeln. Ich wollte ihn auf meinem Rad begleiten. Es sollte unsere erste gemeinsame Fahrradtour sein.

Als wir um die Ecke bogen, stand ein Nachbar mit erschöpft frustriertem Blick in seiner Einfahrt und … räumte seine Garage auf!

Ich musste lächeln.

Eines Tages, bei passender Gelegenheit, würde ich ihm von einer lebensverändernden Botschaft erzählen: Sie müssen all das Zeug gar nicht besitzen.

Weg mit all dem Ballast!

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Minimalismus hören? Wahrscheinlich wie die meisten Menschen an Askese und eine sterile Atmosphäre, an kahle weiße Wände und Kargheit und an Leute, die auf dem Boden hocken, weil sie keine Möbel haben. Vielleicht denken Sie sogar an Selbstkasteiung. Wie langweilig und eintönig muss so ein Leben sein! Wer wünscht sich denn so etwas?

Aber glauben Sie mir, diese Annahme ist weit von dem entfernt, was ich darunter verstehe, mit weniger zu leben. Denn für mich bedeutet Minimalismus das genaue Gegenteil. Er steht für Freiheit, Frieden, Glück und neue Freiräume, die Platz für neue Möglichkeiten schaffen. Und in diesem Sinne geht es darum, Ballast loszuwerden, weil die minimalistische Lebensweise die Hindernisse beiseiteschafft, die dem Leben, das wir eigentlich führen möchten, im Weg stehen.

Vor allem interessiere ich mich dafür, wie ich Menschen dabei helfen kann, ihren Besitz auf einen Level zu reduzieren, der ihnen ermöglicht, das beste Leben zu führen, das für sie erreichbar ist. Für Menschen in wirtschaftsstärkeren Ländern bedeutet das, ihren Besitz zu reduzieren. Mittel zum Zweck ist dabei das Erlernen der Kunst des Minimalismus, der sich für mich wie folgt definiert:

Minimalismus: das bewusste Verfolgen aller Ziele, die wir am meisten schätzen, und das Beseitigen all der Hindernisse, die uns dabei im Wege stehen.

Das Wunderbare an einer minimalistischen Lebensweise steckt also nicht darin, was sie uns wegnimmt, sondern vielmehr in dem Potenzial, das sie uns schenkt.

Hoffnung statt Chaos

Managementberater Troy Koubsky würde dieser Definition garantiert zustimmen. Er sagte einmal: „Der Grund dafür, dass ich heute als Minimalist lebe, ist die Farbe meines Hauses.“

So etwas hatte ich noch nie gehört, deshalb bat ich Troy, mir zu erklären, wie er das meinte. Troy war ein groß gewachsener Mann um die vierzig, mit roten Haaren und rotem Stoppelbart. Wir beide besuchten eine Simple-Living-Konferenz in Minneapolis, als er mir seine Geschichte erzählte.

Vor ein paar Jahren kaufte Troy ein Haus unter der Voraussetzung, dass ein Freund mit ihm dort einziehen und beim Abzahlen der Hypothek helfen würde. Wegen veränderter Lebensumstände zog der Freund allerdings kurz darauf wieder aus. Und statt sich einen neuen Mitbewohner zu suchen, nahm Troy dann einen Nebenjob an, um die Raten für sein Haus allein abbezahlen zu können.

„Nach einer Weile wurde die Situation immer belastender“, erzählte er mir. „Ich besaß zwar mehr Geld, hatte aber immer weniger Zeit. Hinzu kam, dass ich von dem zusätzlichen Einkommen keinerlei Rücklagen bilden konnte. Es ging alles für die Ratenzahlung drauf.“

Troy wurde immer verzweifelter. Er kaufte und hortete Dinge, um irgendwie sein Verlangen nach Kontrolle zu befriedigen. Flohmärkte und Schlussverkäufe übten eine geradezu magische Anziehungskraft auf ihn aus. Rückblickend sagte er: „Ich war irgendwie außer Kontrolle geraten, vollkommen blind dafür, was ich mir und meinen vier Wänden damit antat. Bis zu dem Moment, als mir die abgeblätterte Farbe meiner Fensterrahmen auffiel.“

Um vor dem Anstrich nach einer geeigneten Farbe zu suchen, suchte Troy in einer Mittagspause im Internet. Doch es gab so viele Farbtöne zur Auswahl, dass er wie gelähmt war.

Beim Stöbern stieß er dann zufällig auf ein Bild, das sich von allen anderen unterschied. Es zeigte das kleinste Haus, das er je gesehen hatte, keine 50 Quadratmeter groß – ein Minihaus auf Rädern mit ein paar Hühnern im Vorgarten.

Troy war fasziniert davon, und ein paar Klicks später befand er sich in einer Welt von Leuten, die ganz bewusst mit wenigen Sachen in kleinen Häusern lebten. Dieser Moment war Troys erste Begegnung mit dem Minimalismus und der Beginn seiner persönlichen Reise, künftig mit weniger leben zu wollen.

Troy nahm sich vor, sein derzeitiges Zuhause wieder wohnlicher zu machen. Während des ersten Monats entfernte Troy 1389 Gegenstände aus seinen vier Wänden. Gegen Ende des Sommers hatte sich die Zahl seiner entsorgten Dinge sogar auf über 3000 erhöht.

„Es war nicht immer leicht, all diese Dinge abzugeben“, gab Troy zu. „Aber es war ein Prozess, den ich wollte und brauchte.“

Am Ende des Gesprächs hatte er Tränen in den Augen. „Mir ging es lange Zeit wirklich schlecht, Joshua. Ich brauchte klare Strukturen. Ich musste meine Schulden loswerden. Aber am meisten brauchte ich Hoffnung. Hoffnung, dass mein Leben anders werden konnte, besser. Der Prozess, mit weniger zu leben, schenkte mir diese Hoffnung.“

Genau darum geht es: Minimalistisch zu leben bedeutet nicht, darauf zu schauen, was dieser Lebensstil uns nimmt, sondern was er uns schenkt. Es geht um das bewusste Hinwenden zu all dem, was wir am meisten wertschätzen, und das Entfernen all der Dinge, die uns davon ablenken. Es ist eine neue Art zu leben, die uns mit Hoffnung erfüllt.

Mit dieser Perspektive im Hinterkopf möchte ich versuchen, die beiden häufigsten Missverständnisse des Minimalismus aus dem Weg zu räumen.

Missverständnis 1:

Minimalismus bedeutet, alles aufzugeben

Seltsamerweise meinen manche Leute, etwas zu reduzieren bedeute, alles oder wenigstens fast alles loszuwerden. Doch das ist überhaupt nicht der Fall. Minimalismus bedeutet nur, mit weniger zu leben, und das ist, wie ich immer wieder betonen möchte, nicht dasselbe wie mit nichts zu leben.

Sollten Sie heute bei uns zu Hause vorbeikommen, würden Sie wahrscheinlich gar nicht merken, dass hier eine minimalistische Familie lebt. In unserem Wohnzimmer gibt es Sitzgelegenheiten für vier Leute, ein Familienporträt, einen Teppich, einen Couchtisch und einen Fernseher (einen einzigen). In unserem Garderobenschrank würden Sie Jacken, Baseballkappen und ein paar Wintersachen finden. Und in den Kinderzimmern würden Sie auf Bücher, Malsachen und Spielzeug stoßen.

Wir streben danach, mit weniger zu leben, doch gleichzeitig sind und bleiben wir Menschen. Zu leben bedeutet zu konsumieren. Deshalb haben wir immer noch Besitztümer. Aber wir geben uns viel Mühe, ein unkontrolliertes Anhäufen von Besitz zu vermeiden.

Manchmal rede ich von „rationalem“ oder „strategischem Minimalismus“, um zu verdeutlichen, was ich meine. Denn ich fordere niemanden dazu auf, alles aufzugeben, was irgendwie möglich ist. Stattdessen ermutige ich Menschen dazu, sich von Dingen, die sie nicht brauchen, zu trennen, damit sie ihre Lebensziele besser verfolgen können.

Ich stecke voller Leidenschaft für meine Familie und dafür, andere zu lieben und ihr Leben zum Besseren zu verändern. Ich konzentriere mich auf diese Prioritäten und nehme sie wichtiger als alles andere. Der Minimalismus dient mir dabei als Mittel zum Zweck. Dadurch, dass er Dinge aus meinem Umfeld entfernt, reduziert er, dass ich abgelenkt werde von meinen Prioritäten. Ich entledige mich daher schonungslos all der Dinge, die ich loswerden muss, um meinen Zielen gerecht zu werden. Doch wenn es Dinge gibt, die mir dabei helfen, mein Leben so zu führen, wie es richtig für mich ist, behalte ich sie und erfreue mich an ihnen. Sie lösen bei mir keine Schuldgefühle aus.

Für Sie kann es ähnlich aussehen. Machen Sie nicht den Fehler zu denken, dass Sie mit nichts leben müssen. Leben Sie vielmehr bewusst mit den Dingen, die Ihnen das Leben, das Sie führen möchten, ermöglichen.

Missverständnis 2:

Minimalismus bedeutet, seinen Besitz in Ordnung zu halten

Aufräumen macht Sinn, aber nicht denselben, wie die Dinge zu reduzieren. – Denken Sie einmal darüber nach. Ihre Sachen zu sortieren und zu ordnen (ohne die überflüssigen Teile zu entsorgen), ist nur eine temporäre Lösung. Wir müssen es wieder und wieder tun. Meine Minimalismus-Kollegin Courtney Carver drückt es daher so aus: Wenn das Aufräumen all Ihres Krams funktionieren würde, müssten Sie dann nicht längst damit fertig sein?

Im Grunde ist das Aufräumen nicht mehr als ein Umräumen. Und obwohl es heutzutage viele Aufbewahrungsmöglichkeiten gibt, sind wir meist bald wieder gezwungen, nach neuem Stauraum zu suchen. Außerdem hat das Aufräumen unserer Sachen (ohne sich von Gegenständen zu trennen) einige Nachteile:

Aufräumen nutzt niemand anderem. Die Besitztümer, die wir selten benutzen, liegen in unserem Keller, auf dem Dachboden und in der Garage herum und sind zu nichts nutze, obwohl andere Leute sie gut gebrauchen könnten. Aufräumen löst kein Schuldenproblem. Es packt nie das Problem an der Wurzel, nämlich dass wir zu viele Dinge kaufen. Die Dinge zu sortieren, führt sogar häufig zu weiteren Anschaffungen, weil wir Behältnisse oder Ordnungssysteme für zusätzlichen Stauraum kaufen, um alles unterbringen zu können. Aufräumen befriedigt nicht unseren Wunsch nach mehr. Beim Ordnen unserer Sachen in Schachteln, Plastikboxen oder zusätzliche Kleiderschränke handelt es sich nur um das Aufbewahren unserer unnötig angehäuften Besitztümer. Nur selten wirkt es unserer kulturell bedingten Neigung entgegen, Glück in dem zu finden, was wir besitzen. Aufräumen zwingt uns nicht, unser Leben zu hinterfragen. Während uns das Ordnen unserer Sachen dazu zwingt, unsere Besitztümer genau anzuschauen, zwingt es uns aber nicht dazu, uns zu fragen, ob wir sie behalten müssen oder nicht. Nur allzu oft stopfen wir sie in Kartons, machen den Deckel zu und vergessen sie wieder. Aufräumen ebnet selten den Weg für Veränderungen. Das Aufräumen mag zeitweise unsere Stimmung heben, da wir uns über ein ordentlicheres Zimmer freuen, doch es legt so gut wie nie den Grundstein für einen tatsächlichen Wandel unserer Lebensweise. In unserer Vorstellung bleibt unser Haus zu klein, unser Einkommen zu gering und der Tag scheint nie genug Stunden zu haben. Wir mögen vielleicht unseren Kram in Ordnung gebracht haben, nicht aber unser Leben.

Im Gegensatz dazu erreichen wir durch das bewusste Entfernen überflüssiger Dinge viele der durch das reine Aufräumen nicht erlangten Ziele. Sich bewusst zu entscheiden, mit weniger zu leben, verändert das Herz wie auch das Leben. Darüber hinaus ist das Reduzieren von Dingen eine dauerhafte Lösung und keine vorübergehende Verbesserung, die wir ständig wiederholen müssen, denn sobald wir einen Gegenstand entsorgt haben, bleibt er für immer verschwunden.

Aufräumen ist besser als nichts. Doch Besitz zu reduzieren, ist die weitaus bessere Lösung.