Wenke - Inga Lotta - E-Book

Wenke E-Book

Inga Lotta

4,9

Beschreibung

Wenke und Britta sind ganz normale Kinder, mit einem ganz normalen Papa, der immer baut, Kuh- und Ziegenpfade findet, und reichlich Fliegen anlockt und einer ganz normalen Mama, die Häufchen auf dem Teppich schrecklich findet, und halbe Treppen im Keller einfach nicht leiden kann. Da ist es also ganz normal, dass so Einiges passiert, insbesondere dann, wenn Wenkes Spielfreund Krissi mit von der Partie ist. Da kommen dann Salzkuchen, Wasserfälle, Gummibaumaussaaten in Schlüssellöchern und Geisterbahnen ganz von selber zustande. Friedlich ist es natürlich auch ab und an bei Wenke, aber niemals langweilig...

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Seitenzahl: 121

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inga Lotta wurde 1982 in Hamburg geboren. Schon mit 11 Jahren fing sie an, selber Geschichten zu schreiben und zu illustrieren. Nach ihrem Abitur studierte sie Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen und beschäftigte sich viel mit Leseforschung und Leseförderung. Heute betätigt sich die dreifache Mutter freiberuflich als Märchen- und Geschichtenerzählerin und verfasst und illustriert überwiegend Kinder- und Jugendbücher.

Inhaltsverzeichnis

Wasserfälle und andere Katastrophen

Hexentanz

Langeweile

Die Rache folgt am Bein

Papas Abkürzungen

Salzkuchen

Igel am Morgen bringt Kummer und Sorgen

Geisterbahn

Laterne, Laterne

Zeigt her eure Stiefel, zeigt her eure Schuh!

Oh Tannebaum, oh Tannebaum

Alle Jahre wieder...

Danksagung

Wasserfälle und andere Katastrophen

Heute ist ein langweiliger Tag, ein Regentag. Wenke mag solche langweiligen Tage nicht, wenn nichts Lustiges passiert und man einfach nicht weiß, was man spielen soll. Mama hat heute keine Zeit für Wenke, denn sie muss aufräumen und das versteht Wenke. Doch warum Mama jeden Tag aufräumen muss, das versteht Wenke nicht. Papa hat auch keine Zeit. Er ist unten in seinem Rumpelkeller. Er sagt, er müsse arbeiten. Papa muss immer arbeiten. Die ganze Woche über arbeitet er in der Firma und am Wochenende arbeitet er am Haus. Mama sagt, Papa könne das Bauen einfach nicht lassen und das stimmt auch. Aber Papa behauptet, er würde es gerne lassen, nur komischer Weise tut er es nie. Für Wenke, Britta und Mama ist es sehr praktisch, dass Papa mit dem Bauen nicht aufhören kann, denn so wird das große, gelbe Haus, in dem sie wohnen, immer schöner und größer. Ab und zu hört Wenke es im Keller poltern und scheppern, dass die Hauswände nur so wackeln. Außerdem flucht Papa. Er flucht so sehr, dass Wenke immer ganz beeindruckt ist. Denn Papa kennt die farbenprächtigsten Ausdrücke.

Nur hinterher kann er sich nie daran erinnern. Das ist schade. Papas sind ja so vergesslich!

Wenke glaubt, dass man nur im Keller herrlich fluchen kann. Bestimmt ist der Keller verzaubert. Manchmal geht sie runter in den Keller, um zu fluchen. Es ist wirklich spannend da. Es ist dunkel und dreckig und so unordentlich, dass Wenke sich wundert, dass Mama noch nicht auf die Idee gekommen ist, dort aufzuräumen. Es ist der unordentlichste Ort im ganzen Haus. Noch hundertmillionen Mal unordentlicher als Wenkes Kinderzimmer. Überall liegen Werkzeuge herum. Einmachgläser mit Schrauben darin türmen sich an den Wänden und riesige Holzhaufen sind um einen Tisch mit einer Säge darin aufgestapelt. Die Treppe, die hinunter führt, hat ein wackeliges Geländer und endet mitten in der Luft, so dass man die letzten Stufen springen muss. Wenkes bester Freund Krissi ist schon ein Mal beinahe hinunter gefallen. Er sagt, er habe versucht, sich am Geländer festzuhalten, aber das ist ja auch lose.

Papa nimmt sich immer vor die Treppe zu reparieren, aber solange Wenke denken kann, sieht sie so aus, wie sie eben aussieht. Wenke findet das ganz gut so, denn wer kann schon von sich sagen, dass er eine halbe Treppe im Keller hat?

Mama ist da anderer Meinung. Sie ärgert sich schon lange über die Treppe. Sie möchte alles immer ganz schön gemütlich haben und halbe Treppen findet sie ungemütlich, warum weiß kein Mensch.

Wenkes Schwester Britta hätte bestimmt Zeit etwas mit Wenke zu spielen, aber sie ist leider nicht da. Sie ist bei einer Klassenkameradin die Geburtstag feiert. Ja, Britta ist schon groß und sie geht schon in die Schule. Wenke beneidet sie nicht darum. Jeden Nachmittag muss Britta Hausaufgaben machen und sie sieht dabei nicht sehr vergnügt aus. Aber ein bisschen neidisch ist Wenke doch, denn Britta ist in der zweiten Klasse und sie kann schon lesen und schreiben und rechnen.

Gerade überlegt Wenke, ob sie nicht zu Oma und Opa rüber laufen soll, die in einer kleinen Wohnung in demselben Haus wie Wenke wohnen, da entdeckt sie Krissi, der durch den Regen, auf ihr Haus zu stapft. Krissi heißt eigentlich Krister. Er ist Wenkes Nachbar und ihr bester Freund. Er ist fünf Jahre alt, genauso alt wie Wenke, aber er macht sich immer wichtig, weil er einen Monat früher geboren ist. "Also bin ich eigentlich älter als du, verstehst du?", sagt er dann. Wenke versteht das sehr gut, aber sie findet nichts Besonderes daran. Doch Jungs müssen immer davon reden, dass älter sind, dass sie schneller laufen, weiter springen, mit den Ohren wackeln und mit der Zungenspitze in der Nase bohren können. Aber Wenke spielt trotzdem gern mit Krissi, denn er hat immer die lustigsten Einfälle. Krissi hat auch eine Schwester, die heißt Katja und sie geht in dieselbe Klasse wie Britta. Außerdem hat er einen vornehmen Kater, der Sir de Parcival heißt, und einen Vater der weit weg in Afrika wohnt. Krissis Eltern haben sich nämlich getrennt. Aber Krissi sagt, dass sei gar nicht so schlimm, denn er und seine Schwester fahren oft nach Afrika und besuchen ihren Papa und hin und wieder kommt Krissis Papa auch nach Deutschland. Wenke findet ihn sehr komisch. Er ist klein und dunkel und hat eine Brille mit so dicken Gläsern, dass die Augen ganz winzig erscheinen. Außerdem trägt er Nachthemden, die aussehen wie weiße Engelskleider. Ihr Papa würde so etwas niemals anziehen.

Und noch etwas anderes ist seltsam: Katja und Krissi sagen niemals Papa zu ihm, sondern immer nur Daddy. Wenke nimmt an, dass er so heißen muss, deshalb sagt sie auch Daddy zu ihm. Krissi erzählt gerne von Daddy und von Afrika und Wenke hört ihm gerne zu, aber heute hat er etwas Besseres vor. Er steht in Wenkes Garten im Regen und sieht selig aus. Er grinst, schließt die Augen und breitet die Arme aus. Verwundert läuft Wenke zur Küchentür, die zum Garten rausgeht und fragt:

"Was machst du da?"

"Ich dusche!", antwortet Krissi. Hat man so was schon gehört!

"Aber du hast doch gar kein Shampoo", wendet Wenke ein. "Stimmt", antwortet er verblüfft. Er kneift ein Auge zu und kratzt sich hinterm Ohr. Dann hellt sich seine Miene auf. "Kannst du mir nicht ein bisschen Shampoo von euch geben?" Nun ist Wenke hin und her gerissen. Eigentlich ist es gut, einem anderen etwas abzugeben, aber sie weiß nicht genau, ob duschen im Regen erlaubt ist. Denn sie kennt Krissis Ideen und die sind zwar immer spannend und lustig, aber allesamt verboten. Einen Moment überlegt sie, dann rennt sie los und holt das Shampoo aus dem Badezimmer. "Ah, danke", sagt Krissi und beginnt sich die Haare einzuschäumen. Dann hält er inne. "Willst du nicht auch rauskommen?", fragt er. Aber Wenke zögert. Sie weiß nicht recht, ob sie Lust hat, im Regen zu duschen. Gewiss, es wäre bestimmt lustig, aber es ist erst Mitte April und im Regen ist es sicher kalt. "Was ist jetzt?", fragt Krissi. "Kommst du, oder kommst du nicht?" Doch Wenke ist immer noch unsicher. Da sagt Krissi: "Du kannst es natürlich auch bleiben lassen, aber da es dein Shampoo ist, wollte ich nicht den ganzen Spaß alleine haben." Wenke überlegt noch einen kleinen Moment, dann atmet sie tief durch und rennt zu Krissi in den Regen. Es ist kalt. Oh, wie kalt es im Regen ist. Doch Krissi lacht und reicht ihr das Shampoo. "Los schäum dich ein!", sagt er und das tut Wenke. Je länger sie im Regen steht, desto wärmer wird es. Krissi tut, so als würde er sich unter den Armen waschen. Das sieht sehr lustig aus und Wenke muss kichern.

Und so stehen sie zusammen und lachen und freuen sich über den Regen, bis sie schließlich eine laute Stimme hören:

"Wenke, Krissi!" Keuchend kommt Oma um die Hausecke gelaufen. Ihre weißen Locken sind ganz zerzaust, so schnell ist sie losgerannt, als sie Wenke und Krissi durch das Fenster entdeckt hat. "Um Himmels Willen! Was macht ihr denn da?", fragt sie ganz aufgebracht.

"Wir duschen", erklärt Wenke.

"Duschen, in dem Regen... Ihr seid wohl nicht recht gescheit! Ihr hättet euch den Tod holen können!", schimpft Oma. Wenke findet das etwas übertrieben von Oma. Man fällt schließlich nicht gleich tot um, nur weil man ein wenig im Regen herum gelaufen ist.

Doch als Mama von der Regendusche erfährt, beginnt auch sie zu schimpfen. Zwar glaubt sie nicht, dass man stirbt, wenn man im April im Regen herum läuft, aber einen Schnupfen kann man schon bekommen. Wenke hält das für ausgeschlossen. "Ich krieg keinen Schnupfen", behauptet sie. "Der Schupfen hat Angst vor mir!" Mama ist sich da nicht so sicher und deshalb werden die beiden bei Krissi zuhause in die Badewanne gesteckt. Das Wasser ist so warm, dass es in den Füßen unangenehm kribbelt und zwickt. Doch das vergeht und Krissis Mama lässt die beiden allein, um das Mittagessen zu kochen. Wenke und Krissi riechen den Duft, der zu ihnen hinauf zieht. Eine Zeitlang ist Krissi friedlich, doch dann hat er wieder einen von seinen verrückten Einfällen.

"Ich weiß, was wir spielen können!", sagt er.

"Ist es wieder etwas Verbotenes?", will Wenke wissen. Aber Krissi schüttelt den Kopf.

"Nein, diesmal ist es etwas ganz Nützliches, etwas worüber sich Mama sicher freuen wird."

"Was denn?", fragt Wenke neugierig. "Wir waschen unsere Kleider, hier in der Badewanne!" Das klingt wirklich so, als ob nichts Schlimmes dabei wäre, und Wenke ist einverstanden. Sie nehmen ihre Kleider von dem Stuhl, auf dem sie liegen und werfen sie ins Badewasser. Dann geben sie noch ein bisschen Shampoo hinzu, denn es muss ja richtig schäumen. Sie kneten und walken und waschen und spülen, bis sie meinen, dass die Kleider sauber genug sind. Da holen sie alle Handtücher aus dem Schrank und werfen sie auch mit ins Wasser. "Die haben es auch mal wieder nötig!", sagt Krissi und beginnt zu schrubben.

"Ja, wie dreckig die sind!", sagt Wenke, obwohl das gar nicht stimmt, aber das macht nichts, denn sie spielen schließlich nur. Als sie auch noch den Teppich mit zu sich in die Wanne holen, beginnt das Badewasser über den Rand zu schwappen. Das bringt Krissi wieder auf eine Idee.

"Komm wir spielen Wasserfall!", sagt er, und das machen sie.

Sie rutschen und schaukeln hin und her, dass immer mehr Wasser über den Rand plempert und auf den Badezimmerboden platscht, dass es eine wahre Freude ist. Krissi dreht den Wasserhahn auf, damit die Wanne noch voller wird. Schon bald fließt das Badewasser schäumend und spritzend aus der Wanne hinaus. Ja, jetzt sieht es wirklich aus wie ein richtiger Wasserfall. Voll Wonne betrachten sie das Wasser, wie es über den Wannenrand hinweg schießt und unten auf dem Boden einen richtigen See bildet. Krissi sagt: "Genau so haben die Niagarafälle ausgesehen!", und er muss es wissen, schließlich ist er mit seinem Papa schon weit gereist. " Die waren natürlich viel größer!", fügt er noch hinzu. Aber ihr See wird auch größer. Es dauert nicht lange, da ist das ganze Badezimmer überschwemmt.

Und kurz darauf hören sie Krissis Mama in der Küche direkt unter dem Badezimmer laut aufschreien:

"Was ist denn das?!" Wenke und Krissi fragen sich, was sie wohl so erschreckt haben könnte.

"Vielleicht eine Maus", meint Krissi. "Perci ist ja zu dumm sie einzufangen."

Aber eine Maus ist es nicht. Denn schon hören die beiden, wie Krissis Mama die Treppe hoch gerannt kommt. Sie nimmt immer zwei Stufen auf ein Mal. "Siehst du? Sie hat sich so vor der Maus erschreckt, dass sie jetzt die Treppe hoch flüchtet", sagt Krissi. Doch als Krissis Mama kurz darauf die Tür zum Badezimmer aufreißt, sieht sie nicht so aus, als ob sie auf der Flucht wäre. Vielmehr wirkt sie wütend. Ja, sie ist sogar ganz rot im Gesicht.

"Seid ihr des Wahnsinns!", brüllt sie. Und schaut fassungslos auf den Badezimmersee, auf den Wenke und Krissi so stolz sind. "Dreht sofort den Hahn ab!" Das macht Krissi. Der Wasserfall plätschert noch eine kurze Weile weiter, dann versiegt er. Hektisch watet Krissis Mama durch das überschwemmte Badezimmer zum Schrank und reißt ihn auf. Mit einem Schrei fährt sie herum: "Wo sind die Handtücher!" Wenke hebt ein nasses Handtuch aus dem Wasser.

"Wir haben sie für dich gewaschen, fein nicht?" Krissis Mama findet es gar nicht fein. Ungläubig starrt sie auf die Handtücher.

"Gewaschen?", ruft sie ganz außer sich. "Und wie, meint ihr, soll ich jetzt diese Schweinerei aufwischen?" Ohne eine Antwort abzuwarten, greift sie sich eines der nassen Handtücher, wringt es aus und klatscht es auf die nassen Fliesen. Wenke begreift, dass Kleider waschen nicht immer etwas Gutes ist. Zaghaft fragt sie:

"Wir wollten doch bloß Wasserfall spielen. Ist es sehr schlimm?"

"Das kann man wohl sagen", meint Krissis Mutter. "Ihr habt hier oben so gründlich Wasserfall gespielt, dass der Wasserfall bis zu mir in die Küche getropft ist." Jetzt verstehen Krissi und Wenke, dass nicht eine Maus, sondern das Wasserfallwasser Krissis Mutter erschreckt hat. Und sie sehen ein, dass sie böse geworden ist. Wasserfallwasser gehört nicht in die Küche, dass ist auch ihnen klar. Man kann nur hoffen, dass das Mittagessen nichts davon abbekommen hat. Aber das hat es nicht. Gut eine halbe Stunde später hat Krissis Mama das Badezimmer trocken gelegt und Krissi und Wenke in Bademäntel gewickelt. Der eine stammt aus Krissis Kleiderschrank, der andere gehört eigentlich Katja, aber die hat bestimmt nichts dagegen, wenn Wenke ihn sich ausborgt.

Krissis Mutter hat sich inzwischen beruhigt. Gemeinsam sitzen sie unten in der Küche und essen Chili con Carne. Wenke hätte sich die Küchenflut doch ein wenig dramatischer vorgestellt. Alles was sie entdecken kann, ist eine winzige Pfütze neben dem Katzennapf. Kaum zu glauben, dass Mütter wegen so ein bisschen Wasser ein solches Geschrei machen. Aber Wenke zuckt die Schultern und denkt sich: Vielleicht ist Krissis Mutter ja so böse geworden, weil sie das Wasser direkt auf den Kopf bekommen hat...

Hexentanz

Jetzt ist der Frühling da. Wenke riecht es in der Luft, sie sieht es an den zart grünen Trieben der Bäume und hört es am Gesang der Vögel. Auch in ihrem Haus hält der Frühling Einzug. Mama hängt Küken und Hasenfensterbilder in die Fenster und stellt gelb blühende Forsythiensträucher in großen Vasen auf. Wenke und Britta verzieren die Sträucher mit selbstbemalten Eiern.

Denn bald ist Ostern und da müssen überall Eier hängen, das ist doch klar!