Wer kann segeln wohl über den See? - Marion Kulinna - E-Book

Wer kann segeln wohl über den See? E-Book

Marion Kulinna

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Beschreibung

In meinem Buch "Wer kann segeln wohl über den See" geht es um kleine Geschichten, Anekdoten und Erlebnisse, die zum Teil selbst erlebt, zum Teil frei erfunden, zum Teil utopisch sind. Sie sind entstanden aus einer Idee heraus und machten sich dann selbständig. Und ich konnte nichts dagegen tun. ;-) 3 Drittel halt - ein Insider meiner Familie. :-)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 302

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Fotografien von: Marion Kulinna,

Carl Herrlich (https://www.instagram.com/carlherrlichfineart/?fbclid=IwAR0IJUGV5gVdmqDs6NeXwd3fDI84kopl19gVo1fJzwq-4vW437P-zq6yAg),

Elke Börngen,

Maike Kaminski,

Silvia Lüpken,

KI imagine

ISBN Softcover: 978-3-347-98289-5

ISBNE-Book: 978-3-347-98290-1

Druck und Distribution im Auftrag :

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrenburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag von Marion Kulinna, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Wer kann segeln wohl über den See?

©2023 Marion Kulinna

»Was schreibst du? «

»Dinge, die in mir schon lange schmoren?«

»Wie und wo schmoren sie denn?«

»Überall. Im Bauch und im dicken Zeh. Sie sind hart und spitz und auch weich und flauschig. Die spitzen tun weh und die weichen tun meinem Herzen gut.«

»Und ab wann kannst du sie in Worte fassen?«

»Gute Frage.. Ich denke, wenn sie bis in meinen Kopf ge wandert sind.«

»Wie lange dauert das ungefähr?«

»Das kann Jahre dauern.. Du kannst dir sicher vorstellen, dass es vom dicken Zeh aus lange dauert.«

»Hast du Zeit? Dann erzähl mir eine Fertige.«

»Okay!«

Inhalt

Cover

Urheberrechte

Wer kann segeln wohl über den See?

-1- Neulich auf einer Feier nahe am Rhein

-2- Insektenfraß

-3- Sieben plus 1

-4- Lumiel und der Alchemist

-5- Im Land, wo die Zitronen blühn

-6- E + C + H + O oder ἠχή ēchē

-7- Das Traumboot

-8- SchimMaïMagGiRazzi

-9- PROLOG

Wer kann segeln wohl über den See?

Cover

Urheberrechte

-1- Neulich auf einer Feier nahe am Rhein

-9- PROLOG

Wer kann segeln wohl über den See?

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Neulich auf einer Feier nahe am Rhein

Wir sind eine übersichtliche Gruppe und entspannt bei Bier – ja, es gab auch andere Getränke - , kaltem Buffet und tatsächlich cooler Muke.

Unserem Platz nähert sich ein älterer Herr mit Krücke und schaut uns interessiert zu, fragt, was wir feiern! Eine Kollegin antwortet und bietet ihm einen Stuhl und ein Bier an. Er nimmt dankend an und dann erzählt er aus seinem Leben. Kapitän sei er, sein Ausflugsschiff liege unten am Wasser, von Amsterdam nach Basel sei er unterwegs, der Name des Schiffes sei Allemania. (Diese Angaben hab ich persönlich überprüft!) Er erforsche bei Landgang immer die Umgebung, und so sei er diesmal bei uns gelandet. Er fragt nach den Gebäuden in unmittelbarer Nähe und wir erzählen ihm, was dort beheimatet ist. Er kann sich an den Namen erinnern, und dass er früher schon indirekten Kontakt damit gehabt hätte.

Verheiratet sei er, hätte zwei erwachsene Kinder und zwei angenommene Kinder, die ihn „Onkel“ nennen. Er hätte auch noch eine behinderte Tochter gehabt, die aber schon tot sei. Sie hätte ihn immer, wenn er von seinen Reisen zurückkam besonders herzlich gegrüßt und angestrahlt: „Mein Baba!“ Jetzt wäre er schon in Rente, aber seit er vermehrt zu Hause sei, hätten seine Frau und er ständig Meinungsverschiedenheiten. Sie schriebe ihm sogar vor, wo er sein Glas abzustellen habe. Dabei lächelt er, offensichtlich meint er es nicht ganz so dramatisch. Es hätte aber dazu geführt, dass er wieder auf „große“ Fluss-Fahrt gegangen sei, das zuhause sitzen läge ihm nicht. Die Patente als Kapitän hätte er sowohl für die See- als auch für die Flussschiffahrt. Er wäre schon in Australien und Neuseeland gewesen und nach Neuseeland wollte er unbedingt wieder, weil es dort so schön sei. Sein bester Freund sei im Übrigen ein Aborigine, der ihm viel von deren Heilkunst beibrächte.

Früher, als junger Mann, hätte er mit einem Freund in Hamburg auf einem Frachter angeheuert. Dieses Schiff sei nach Amerika geschippert. Dort angekommen, hätten sie auf einen Laster umgesattelt und wären über Alaska nach Sibirien gefahren. Bei -45° hätten sie es aber im Führerhaus einigermaßen aushalten können. Jedoch hätte sein Freund bei ihrer Rückkehr nach Hamburg einen schrecklichen Dauerhusten bekommen, der sich dann, verursacht durch die eingeatmeten Eiskristalle, als Lungenkrankheit herausstellte. 3 Monate später sei sein Freund gestorben, nicht ohne ihm das Versprechen abgerungen zu haben, dass er sich um dessen Kinder (damals 10 und 12 Jahre alt) kümmern solle. Das seien eben seine angenommenen Kinder, die ihn heute noch Onkel nennen. Alle männlichen Kinder seien auch Kapitäne….

Bei einem weiteren Bier politisieren wir noch ein bisschen über die Schlechtigkeit der Welt, (O-Ton: „Wie kann man denn Kinder in die Luft sprengen? Auf meinem Schiff arbeiten Menschen aus 18 verschiedenen Ländern, und wenn einer über einen anderen wegen seiner Herkunft herzieht, dann schmeiß ich ihn raus, direkt!“ und ich glaube, er meinte direkt über Bord!), luchst einer Kollegin ihr Schlüsselbändchen ab, hinterlässt seine Daten und verspricht, auf der Rücktour wieder hier anzulegen und vorbeizukommen. Dann nimmt er seine Krücke und humpelt davon.

Was für eine Begegnung; ich bin „geflasht!“

»Ja, aber das ich ja eigentlich ein Erlebnisbericht und keine ausgedachte Geschichte.«

»Das stimmt wohl, aber man muss sie auch niederschreiben.«

»Lange hat es aber nicht gedauert, bis sie geboren wurde.«

»Nein. Du möchtest also eine erfundene Geschichte hören?!«

»Ja, bitte.«

»Diese utopische Geschichte möge uns allen eine Mahnung sein. Wir haben nur uns und damit schließe ich Fauna und Flora ausdrücklich mit ein.«

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Insektenfraß

Prolog

Bild erstellt mit ki von canva

„Seit Oktober 2019 herrscht am Horn von Afrika eine massive Heu- schreckenplage. Am schlimmsten ist die Situation in Somalia, Kenia und…… Weitere betroffene Gebiete liegen u. a. auf der südlichen Arabischen Halbinsel, im westlichen Indien und Pakistan.“*1

„In Ostafrika bedrohen große Heuschreckenschwärme Ernten und somit die Existenz von 39 Millionen Menschen. Die Tiere treffen auf schwache Gegenwehr….

…Bereits im vergangenen Jahr waren Hunderttausende Kinder und deren Familien nach der Heuschreckeninvasion akut mangelernährt. Die Kindersterblichkeit stieg Unicef zufolge stark an.“*2

Der Schwarmgedanke oder wie etwas Spektakuläres entstand

»Die Heuschrecken machen es richtig!«

»Wieso, wie meinst du das?«

»Na ja, sie treten in Schwärmen auf, da sind selbst Insektizide unwirksam gegen diese Masse.«

»Da hast du Recht! Aber gegen Menschenschwärme richten sie auch nichts aus!«

»Wenn die Menschen mal in Schwärmen aufträten.. sie er

scheinen zwar in Massen, aber ein Schwarm ist sich einig!«

»Es gibt doch dieses niedliche Kinderbuch, Der Regenbogenfisch heißt es, glaube ich, wo ein blauer Fisch immer gegen die Strömung schwimmt, aber von allen anderen Blauen ignoriert wird. Dann kommt ein Riesen-Raubfisch und will den Einzelnen fressen. Schnell gruppiert sich der Schwarm der Blaufische um den Regenbogenfisch herum und erscheinen jetzt optisch wie ein noch größerer Fisch. Da nimmt der Raubfisch Reißaus und alle sind gerettet. Da hat der Kleine kapiert: als Einzelner bist du schwach, aber zu Vielen bist du mächtig!«

»Das ist die Idee, wir müssen was gegen das Sterben aller Insekten was tun, dann haben auch alle Vögel eine reelle Überlebenschance!«

»Wir müssen uns mit Konrad treffen, du weißt doch, dieser schwarze Hüne von einem Lebewesen, der immun gegen alles zu sein scheint!«

»Und was willst du von dem?«

»Er soll als Botschafter auftreten, damit wir noch mehr Verbündete haben und unsere Feinde sich mit uns Verbrüdern! Greenpeace-Aktivisten, Nabu-Leute, der BUND und die Kinder und Eltern von Fridays for Future helfen uns sicher auch. Da könnte sich Jack, der Troll drum kümmern Und dann trommeln wir alle zusammen! Aus allen Gattungen und Rassen sollen die Wichtigsten und Mächtigsten vertreten sein! Dieses Insektensterben muss ein Ende haben!«

»Stimmt! Alte Indianerweisheit: erst wenn ihr den letzten Fisch gefangen, das letzte Tier getötet, die letzten Pflanzen ausgerottet habt, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann!«

Konrad, der Diplomat

»Der Borkenkäfer ist schon ausgerückt, der konnte mit all den leckeren Bäumen vor der Nase nicht mehr warten!« Mit diesen Worten erschien Konrad auf der Bildfläche. Dann berichtete er, wen er schon überzeugen konnte, bei der weltumspannenden Aktion mitzumachen. Bei den Menschen hatte sich tatsächlich Jack breitschlagen lassen und die ökologischen Organisationen wie Greenpeace, der BUND und auch der Nabu, die Schüler und Eltern von FFF, ein paar PolitikerInnen von den Grünen und einige Wertkonservative von den etablierten Altparteien aktiviert. Letztere brachte er sogar dazu, ein einheitliches Papier aufzusetzen, das sie auf der anstehenden Konferenz zur Diskussion und danach zur Abstimmung bringen wollten.

»Wie hat Jack das denn geschafft?«, fragte ich, denn solch eine Einigkeit hatte es bisher nur zu Beginn der großen Coronapandemie gegeben.

»Naja, meinte die Kakerlake, „Ich gab Jack den Tipp, darauf anzuspielen, dass wir auch unter den Viren und Bakterien Verbündete hätten!«

»Stimmt das denn?«, wandte ich zweifelnd ein!

Konrad putzte seine beiden vorderen Beine. „Mhm, nicht ganz, aber ich bin kurz davor, diese Mikroben von der Richtigkeit der Aktion zu überzeugen!«

»Du bist ein taktisches Genie, mein Lieber. Ich war von Anfang davon überzeugt, dass du der Richtige für diese Überzeugungsarbeit bist!«, schleimte Viktoria, die Ameisenkönigin. Da ich nicht schon im Vorfeld der Konferenz streiten wollte, rügte ich sie nicht für ihr Verhalten.

»Danke! Danke!«, wiegelte Konrad ab.

»Was ist denn mit deinem Volk, welchen Angriffspunkt in der Menschenwelt habt ihr Euch denn vorgenommen?« fragte Konrad, nicht, ohne sich nicht doch geschmeichelt zu fühlen. »Nun, ich wollte vorschlagen, dass wir uns die Vorratshaltungen und die großen Lebensmittelgeschäfte vornehmen.«, erläuterte Viktoria. «Dazu habe ich schon mit den vielen anderen Ameisengattungen Kontakt aufgenommen und deren Zustimmung erhalten.«

»Auch die Kanalratten sind in Lauerstellung. Sie wollen die Kanalisationen der Großstädte überbevölkern und das weltweit!«, gab Konrad zum Besten.

»Welche Tiere sind durch dich noch wachgerüttelt worden?«, fragte ich Konrad.

»Auf jeden Fall die Mäuse und alle Gartenkäfer, alle Arten der Schnecken und auch die Heuschrecken bekommen schon wieder Appetit.« Hier grinste der Kakerlakenmann.

Und - Ihr werdet es nicht glauben und darauf bin ich richtig stolz - sämtliche Vögel werden nur noch das Futter der fürsorglichen Menschen fressen, damit die wenigen Insekten wie Bienen Hornissen, Wespen, sich prächtig vermehren können und die Schlafenden überfallen können.

»Auch die widerlichen«, und hier schüttelte sich Konrad geradezu, «die widerlichen Zecken werden sich gegenseitig mit Borrelien voll laden, damit unter den Menschen eine richtige Epidemie von Enzephalitis ausbricht!«

»Gut!«, sagte ich und bat um Terminvorschläge für die große Konferenz der bedrohten Tiere.

Die kleine Runde verantwortlicher Insekten einigte sich auf den übernächsten Sonntag.

Die Konferenz der bedrohten Tiere

Ich denke, spätestens jetzt wird es Zeit, dass ich mich auch vorstelle: Gestatten, ich bin Auguste, die Blindschleiche. Zugegeben kein Insekt, aber wenn die Menschheit so weiter macht, gibt es bald keine Insekten mehr und ich werde hungers sterben. Dafür bin ich bereit, eine Fastenkur einzulegen und ebenso wie die Vögel, auf Insektenfraß zu verzichten. Für eine Weile jedenfalls..

Es war so schön ausgewogen, bevor der Mensch auf die Weltenbühne trat. Jetzt entfuhr mir doch dieser Seufzer und ich war wenig hoffnungsvoll, dass wir eine Einigkeit unter all den Gattungen herstellen konnten.

Doch jetzt läutete ich die großen Glockenblumen, damit die Konferenz beginnen konnte. Irgendwie war sich der Kern der Aufrechten einig, dass ich diese Sitzungen leiten sollte. Dabei ist das Sprechen mit gespaltener Zunge alles andere als leicht.

»Liebe Anwesende,

wir sind heute hier zusammengekommen, um der Menschheit durch koordinierte Aktionen das Fürchten zu lehren, damit sie endlich begreifen, dass es ohne jeden Einzelnen von uns keinen Fortbestand der Lebewesen geben kann. Diese Aktionen werden zeitlich auf ein Jahr begrenzt, sodass wir alle Spezialisten der jeweiligen Jahreszeiten mit einbeziehen können. Es wird Attacken am Tage und auch in der Nacht geben und wir werden nicht ermüden, so wie die Heuschrecken nicht ermüden, wenn sie durch das Schwarmverhalten animiert werden, bis zur eigenen Erschöpfung über die Länder und die Felder herzu-fallen!«

Hier brauste der erste Applaus auf und ich fuhr aufgemuntert fort:

»Damit wir alles auch nicht durcheinanderbringen, braucht es nun einen Schriftführer, der unsere Beschlüsse festhält und gegen Ende der Konferenz unter den Delegierten verteilt.«

Dann erhob ich den vorderen Teil meines Körpers und plusterte mich auf, als hätte ich drei Kaninchen auf einmal verschlungen. Mit lauter mahnender Stimme fuhr ich fort:

»Ich warne Euch, wir werden nicht eher auseinander gehen, ehe nicht ein konkreter Plan entstanden ist! So, und jetzt bitte ich um Vorschläge, wer als Schriftführer am besten geeignet ist.«

Die einzelnen Parteien berieten sich untereinander und schlugen sodann die zarte Anisoptera, eine wunderschöne, sehr gebildete Groß-Libelle vor. Mit Genugtuung begrüßte ich die einstimmige Wahl und bat Anisoptera auf das Podium. Hier ergriff sie mit ihrem zarten, überaus liebreizendem Stimmchen das Wort und bedankte sich errötend. Mit einer solchen Einigkeit hatte sie nicht gerechnet. Dann zückte sie ein Schreibgerät und stenographierte das fürderhin Gesprochene mit.

Ich erteilte Konrad das Wort und er schilderte in groben Zügen, wie es zu der Auswahl der bedrohten Tiere für diese Konferenz und den damit verbundenen Aktionen gekommen war.

»Denn eins ist ja klar, liebe Freunde der Nacht und des Tages, der Erde, des Wassers und der Luft, des Unterirdischen und Verborgenen, des Unübersehbaren und Geheimnisvollen, des Frühlings und des Sommers, der Herbstes und des Winters, es gibt millionenfach mehr bedrohte Tier-,Insekten-,Vogel-,Fisch- und Pflanzenarten als hier vertreten sind. Weil das, was wir jetzt beschließen, wird auch Auswirkungen auf deren Leben haben. Wenn wir scheitern, scheitern sie mit, aber wenn wir siegen,« hier machte er eine bedeutungsvolle Pause.

»Wenn wir siegen, siegen sie auch, siegt die ganze Welt! Seid der Zukunft, seid ihrer würdig!« Die letzten Worte gingen in ohrenbetäubendem Applaus unter.

Was für ein Plädoyer für Solidarität und Einigkeit.

Dann wurden in Arbeitsgruppen verschiedene Konzepte ausgearbeitet, im Plenum vorgetragen und zur Abstimmung gebracht.

Zum Schluss meldete sich noch einmal Anisoptera zu Wort.

»Bevor ich das Protokoll schließe, habe ich noch eine Frage: wie erkennen wir die würdigen Menschen, bzw. die Unwürdigen? Wer wird Opfer und wer wird verschont? Wodurch unterscheiden sie sich? Sind es alle blond- oder braun-haarigen? Geben wir den MitstreiterInnen etwas, woran wir sie erkennen können? Oder sollen sie alle Opfer werden?«

Die Delegierten steckten zum letzten mal die Köpfe zusammen. Dann rief jemand in den murmelnden Saal:

»Ich hab‘s, sie bekommen ein Armbändchen. Das sollte reichen, um sie eindeutig zu markieren!« Zustimmendes Gemurmel.

»Wer kümmert sich um die Anfertigung und legt die Personen fest, die eins bekommen sollen?«, fragte ich.

»Das kann ich gern übernehmen!« meldete sich die Vorschlaggeberin zu Wort. Es war Horania, die Hornissenkönigin vom Veranstaltungsort.

»Ich kann ja sofort mit der Produktion beginnen, denn ich habe ja keine Heimreise vor mir und mein Volk ist dieses Jahr trotz der widrigen Umstände mal eine besonders gute Nähtruppe!« , ließ sie sich ausnahmsweise zu einem Lob hinreißen.

»Und ich,«, meldete sich Jack zu Wort, der bislang wenig zu der Diskussion beigetragen hatte, »Ich werde die Auswahl treffen und die Bändchen an die Menschen verteilen. Bei mir werden sie am wenigsten argwöhnisch.!«, grinste er und zeigte sich kurz von seiner trolligen Seite. »So sei es denn!«, nickte ich ihr und ihm zu.

»Ich bedanke mich bei allen TeilnehmerInnen für das überaus konstruktive Zusammensein und schließe umgehend diese Konferenz. Anisoptera verteilt noch die Protokolle mit den Beschlüssen, an die sich alle, ausnahmslos alle zu halten haben! Kommt gut Nachhause und erfolgreiche Missionen. Zwischenberichte gehen an Konrad, Viktoria, Anisoptera und an mich. Sollten wir schnell zu einem Erfolg kommen, sehen wir uns alsbald wieder. Anderenfalls in einem Jahr ab jetzt! Die gerade Genannten bitte ich noch um ein kurzes Gespräch!« und trat vom Podium ab.

»Ich schlage vor, dass JedeR von uns sich eine Spezies Mensch heraussucht und dort die Aktionen unserer Tiere beobachtet/kontrolliert und im Zweifel korrigierend eingreift. Ich denke da insbesondere an Einfußnahme der Opfer auf die Fauna. Jemand eine Idee, nach welchen Kriterien wir die Menschen einteilen sollen? In reich und arm? Einflussreich und hilflos? Mächtig und ohnmächtig? Holen wir uns auch Unterstützung bei indigenen Völkern, die noch im Einklang mit der Natur leben? Bitte, jetzt seid Ihr dran..«

»Ich glaube,«, begann Viktoria nach einer kurzen Überlegung, »ich glaube, die Einteilung in reich, mächtig und rücksichtslos reicht. Arme handeln zwar oft auch nicht Natur gerecht, aber das liegt daran, dass man ihnen keine Chance lässt, adäquat zu handeln. Bringt man die Reichen dazu, verantwortungsbewusst mit der Umwelt umzugehen, ändert sich für die Armen auch sofort alles.

Die Mächtigen muss man solange Bauchpinseln, bis sie ihre Macht in unserem Sinne benutzen. Und die Rücksichtslosen packt man am Besten an ihrer Rücksichtslosigkeit; sind wir rücksichtslos gegen sie oder besonders gegen ihre Familien, knicken sie ein!«

»Sehr gute Argumente. Wer stimmt Viktoria zu?«, fragte ich in die Runde. Einhellige Zustimmung.

»Okay, dann teilen wir mal ein! Konrad, du übernimmst nebenbei mit deinen Leuten die Reichen. Sie werden versuchen, mit Geld sich so viele Kammerjäger zu besorgen, dass sie denken, sie schaffen Euch. Aber so immun, wie ihr gegen viele Gifte seid, wird es lange dauern, bis sie wieder in ihre Wohnungen oder Arbeitsplätze kommen. Dort werden ja die Marder und Siebenschläfer ihr Werk erledigen.

Viktoria, du darfst dir die Mächtigen vorknöpfen. Schick deine Leute in die Vorratskammern und friss dort alles an, was sie am Liebsten mögen. Zeig ihnen, wer mächtiger ist. Hol dir die Mäuse zu Hilfe, wenn es knapp wird und zögere nicht, weitere Tiergruppen um Hilfe zu bitten. Baumwanzen oder die von uns allen so sehr gehassten Zecken. Sie werden ja in den meisten Häusern ihr blutsaugendes Geschäft ausüben und wären umgehend verfügbar.

Und du Anisoptera, überfliegst die Seen, Bäche, Teiche und Meeresufer und hältst nach diesem rücksichtslosen Gesindel Ausschau. Dort werden sich ja vermehrt die Mückenschwärme tummeln. Die kannst du ja beobachten und gegebenenfalls Tipps geben. Ich appelliere an euch alle, lasst die TierVölker ihre Aktionen in Ruhe durchführen, auch wenn es zu eskalieren droht. Tretet dann in Verhandlungen mit den jeweiligen Menschen ein, wenn ihr glaubt, es ist genug. Sobald diese die weiße Fahne schwenken, wissen ja alle, dass sie sich zurückziehen können.. Jedenfalls steht es so im Protokoll…

Kassiopeia, die Kreuzspinne wird mit ihren Leute ja die Hysteriker übernehmen. Das überwache ich. Mich mögen ja auch viele nicht kriechen sehen. :-).«, beendete ich meine kurze Ansprache.

»Die Clans wie die Mafia etc. übernimmt wer?«, fragte Konrad im Weggehen.

»Stimmt, die gehören ja scheinbar in alle Kategorien… Sollen wir uns noch jemanden in die kleine Runde hinzunehmen?« Schweigen.

»Ich werde eine von den Heuschreckenschwärmen bitten, auch hier ein bisschen Kahlfraß zu veranstalten. Vor Drogen und Geldscheinen haben sie ja keinen Respekt und werden sich gütlich tun..!«

Eine bekiffte Heuschrecke wollte ich schon immer mal in ihrem Flug beobachten!«, kicherte Anisoptera. Alle lachten.

»Gib auch ein bisschen auf sie acht, meine Liebe! Wenn sie aus ihrem Rausch erwachen, so gib ihnen das richtige Gegenmittel!«, lächelte ich.

»Eye, eye, Mam!«

Die Wale rufen um Hilfe

In der ersten Nacht erreichte mich ein Hilferuf der Wale. Sie waren unschlüssig, ob sie alle Containerschiffe angreifen sollten oder nur gezielt einige.

Ich bat Jonathan, den Schwertwal, um ein Gespräch.

»Seid ihr zu sanftmütig oder was treibt euch zu dieser Überlegung?«, frotzelte ich.

Jonathan schüttelte den Kopf. »Nein, wir denken an später, an hinterher! Es reichte doch, wenn wir die wichtigsten Handelsstraßen, wie den Suezkanal oder ähnliche, blockieren, sodass keine Schiffe passieren können. Von mir aus können wir auch einige Frachter versenken, dann laufen wir nicht Gefahr, harpuniert zu werden und die Blockade ist so auch wirksam!« »Wenn ihr das hinbekommt, dann nur keine Hemmungen. Es müssen nicht unnötige Opfer auf unserer Seite erbracht werden!«

Ich dachte einen Moment nach. Dann hatte ich eine weitere Idee.

»Die Lachmöwen sind sicher gerne bereit, durch ihr Gekreische und durch spektakuläre Flugakrobatik die Mannschaften abzulenken, sodass ihr Unterwasser eure Arbeit tun könnt. So seid ihr noch sicherer!«

Jonathan buckelte mit seiner Rückenflosse, fuhr mit seinem Schwert dreimal durch die Luft und tauchte ab.

Die Meldung ging am nächsten Tag durch die gesamte Presse und alle Radiostationen berichteten über die diversen Schiffsversenkungen, die sich niemand erklären konnte. In den Folgetagen gab es Lieferengpässe in allen Branchen und Ländern..

Die Borkenkäfer und die Wälder des Amazonas

Nachdem die Borkenkäfergemeinde sich in den europäischen Wäldern ausgetobt hatten und ziemlich satt, aber noch unzufrieden, weitere Aufgabenfelder suchte, kam der Ruf der Konferenzteilnehmenden nach einem Betätigungsfeld im Amazonas ihnen gerade Recht. Doch anders als üblich, fielen sie nicht die noch gesunden Bäume an, sondern machten sich über die schon gefällten Bäume der Holzfellertrupps her. In Windeseile hatten sie sich der riesigen LKWs bemächtigt und übten dort ihr gefräßiges Handwerk aus. Macht- und ratlose Vor-arbeitenden sahen hilflos zu, wie ihre Einnahmequelle buchstäblich vor ihren Augen minimiert und die Bäume für die Holzverarbeitung wertlos wurde.

So zogen die Käfer durch diesen Urwald und zeigten den dort lebenden indigenen Völkern, dass sie auch kooperativ handeln konnten. Dem Aufstand der Ureinwohnenden wurde somit der Boden bereitet.

Dann zogen die Tierchen in weitere Regionen der Erde, immer dahin, wo Raubbau mit den Urwäldern getrieben wurde.

Und die ersten weißen Fahnen wurden gehisst.

Der Aufstand der Ureinwohnenden

Angespornt durch das Verhalten der Tiere, beschlossen die indigenen Völker auf der ganzen Welt, sich dem Anbau von Sojapflanzen, Mais und der Rodung der Wälder für die Palmölgewinnung zu verweigern und nur noch nach ihren uralten Techniken die Böden zu beackern.

Natürlich rief das die Militärs der betroffenen Länder auf den Plan, doch in den Rückzugsgebieten der Ureinwohnenden hatten sie kaum eine Chance zu gewinnen, zumal selbst von oben nicht auszumachen war, in welchem Teil des letzten Baumbestandes sich diese gerade aufhielten. Ein Begasen oder Besprühen mit chemischen Kampfstoffen kam flächendeckend nicht in Frage, da den Generälen und erst Recht den Bodentruppen die Agent Orange Aktion im Vietnamkrieg noch mahnend präsent war, und ihnen ja auch als damalige Befehlshaber die Verantwortung über tausende Tote und „etwa eine Million Vietnamesen, die bis heute an gesundheitlichen Schäden durch Spätfolgen von Agent Orange, darunter sind etwa 100.000 Kinder mit angeborenen Fehlbildungen, angelastet worden war. Während geschädigte ehemalige US-Soldaten nach gerichtlichen Auseinandersetzungen von den damaligen Herstellerfirmen finanziell entschädigt wurden, erhielten vietnamesische Opfer bis heute keine Entschädigung.“ *1

Den Militärs blieb also nichts anderes übrig, als die Wälder systematisch zu durchkämmen, was einer Sisyphusarbeit gleichkam, hatten die Ureinwohnenden durch ihre Rückkehr zu ihrer angestammten Lebensweise gute Verbündete aus und rechtzeitige Hinweise in der Natur zurückgewonnen. Weitere weiße Fahnen wurden gehisst.

Die Ameiseninvasion in den Häusern der Städter und Dörfler

Während die menschlichen Heere in den Urwäldern kapitulierten, machten sich zeitgleich die Ameisenvölker über die Lebensmittelvorräte der Europäer her, fühlten diese sich noch sicher vor irgendwelchen Attacken von Insekten, die in der Presse auch nur am Rande erwähnt wurden, lagen sie doch außerhalb ihres Kontinents. Doch diese Sicherheit sollte bald zu schmelzen beginnen, wie das Eis an den Polen.

Viktoria und die anderen Ameisen-Königinnen waren sich einig in ihrer Strategie, über die Lebensmittel herzufallen. Die Blattschneiderameisen machten sich beispielsweise über Gemüse wie Salate her, die Waldameisen kümmerten sich um die eigentlich tief wurzelnden Knollengemüse und die anderen bemächtigten sich des Rests. Es gab keine Stelle in den Kammern und Vorratsräumen, die nicht schwarz vor Insekten waren.

Da der Angriff in der Nacht erfolgte, schrien alle Menschen am frühen Morgen auf, als sie sich ihr Müsli, ihre Brote, ihren Tee oder Kaffee aus den Schränken holen wollten. Viele konnten und wollten nichts mehr von den Lebensmitteln genießen, denn sie hielten sie für verseucht.

Was auch größtenteils stimmte, denn die giftigen Ameisenvölker verspritzen mit Wonne ihre Haut reizenden und unappetitlichen Chemikalien. Zu tausenden wurden Kammerjäger beauftragt, diesem Treiben ein Ende zu bereiten, doch nur durch Bestechung mit hohen Geldbeträgen, was sich wiederum nur die wirklich Reichen leisten konnten, schaffte man es, sich in der Liste der Auftraggeber nach vorne zu hangeln.

Derweil zogen draußen vor den Geschäftstoren die verschont gebliebenen Umweltaktivisten mit Plakaten durch die Straßen und skandierten Parolen, die die Mitmenschen zum Umdenken animieren sollten. Polizei marschierte auf und versuchte, die nicht genehmigten Demonstrationen aufzulösen. Nach und nach jedoch gesellten sich aus der hungrigen und verzweifelten Menge Menschen aller Schichten und Altersklassen zu den Demonstranten und es fand eine lebhafte, wie fruchtbare, öffentliche Diskussion statt.

Radio- und Fernsehsender, sowie die Presse bekamen Wind von der Sache und endlich erfuhren auch die wirklichen Verantwortungsträger von den verschiedenen Vorkommnissen überall auf der Welt. Doch noch war man sich uneins, welche Strategie zielführend wäre und so dauerte auch hier das Hissen der Flagge noch eine ganze Weile.

Diese weißen Fahnen wehten noch auf Halbmast, doch das sollte sich alsbald ändern, denn Wespen, die auch gerne die Fleischportionen in den Kühlschränken anfraßen, Mücken, Hornissen, ja selbst die sanftmütigen Bienen überfielen des nachts die schlafenden Reichen und Rücksichtslosen und ihre Ehepartner, verschonten aber alle Kinder, damit sich diese in Zukunft ohne Furcht der Tierwelt näherten.

So zwangen wir auch diese rücksichtslose Gattung zur Aufgabe ihrer widerspenstigen Haltung.

Die Flughunde

In den folgenden Nächten flogen bei Einbruch der Dunkelheit Flughunde an den Wänden der Labore vorbei, in denen Wissenschaftler versuchsweise Mikroben züchteten, die jegliches Plastik, auf das sie aufgebracht wurden, rückstandsfrei vernichteten. Da aber noch keine groß angelegten Studien erfolgt waren, lebten die Mikroben auf Sparflamme in Reagenzgläsern, Petrischalen und Mikroskopträgern. Doch die Hunde hatten keine Lust mehr, auf Ergebnisse zu warten. Mithilfe von gefräßigen Mardern, bahnten sie sich einen Weg durch die geschlossenen Fenster, denn der Kitt und die Gummilitzen, die die Scheiben in den Rahmen hielten, waren eine willkommene Delikatesse für die Marder. Die Flughunde suhlten sich in den Schalen, um ihre Körper mit den schon auf ihre Befreiung hoffenden Mikroben zu benetzen. Bei Tagesanbruch flogen sie auf und davon. Auch hier wurde von den Mitarbeitern an den Morgenden vergebens Alarm geschlagen.

Die Kanalratten

Unterirdisch vermehrten sich ungehemmt die Kanalratten und ehe die Hoch-und Tiefbauämter es bemerkten, quollen aus allen Kanaldeckeln jene Ratten, die von den Flughunden die Fracht übernahmen und über ihr Revier in die Bäche, Flüsse, Seen und Meere schwammen. Dort legten sie wie Eier die Mikroben ab und schauten ihren Bemühungen um Plastikvernichtung anerkennend zu.

Die im Kanal verbliebenen Ratten machten den in den Abfällen der Zivilgesellschaft wühlenden Menschen Konkurrenz. Eine weitere Hemmschwelle war gefallen und kein Mensch dort fühlte sich mehr als Abschaum. Allein der Kampf um ein Stückchen Essbares machte sie zu Tieren. Und sie begriffen die Nöte der bedrohten Tiere als Erste.

Weiße Fahnen wehten nun über den Abfallhalden.

Die todesmutigen Saatkrähen

Mittlerweile wurde weltweit der Notstand aufgerufen und die wichtigsten Personen, wie Wissenschaftler, Techniker, Physiker, Chemiker und Politiker konferierten im Stundentakt.

Mit Flugzeugen wurden weiterentwickelte Giftstoffe über die von Heuschrecken befallenen Felder besprüht, immer in der Angst, auch die plündernden Menschen mit zu vergiften. Sie hatten aber nicht mit dem Mut der Saatkrähen gerechnet, die sich ungeachtet ihres eigenen Lebens in die Motoren der Giftspritzen stürzten und so die Flugzeuge mit rauchenden Fahnen auf die Felder stürzten.

Es waren die ersten Fahnen, die brannten.

Die menschlichen Konferierenden waren hilflos, die Administration unvorbereitet. Mit einem solchen Aufbäumen der Tiere und Insekten hatten sie nicht gerechnet, insgeheim aber befürchtet, dass es früher oder später unausweichlich sei. Erst die nächste Aktion jedoch sollte die Menschheit zur Besinnung bringen…

Der Kabelfraß der Marder

Während durch die blockierten Schiffe in den Handelsstraßen der Weltmeere die Reedereien ihre Fracht nicht löschen konnten, und auch Medikamente, Gegengifte und andere wichtige Güter nicht in ihren Bestimmungsländern ankamen - hier zeigte die Globalisierung ihre Achillesferse - die Binnenschiffe nur wenige Güter geladen hatten, die Fischtrawler kaum Fische in den Netzen fingen, kam es in den Zoos der Großstädte zu Aufständen unter den eingesperrten Tieren. Sie rüttelten vereint an ihren Gefängnisstäben, fielen ausgehungert über die Wächter her und eroberten die Städte, wanderten über die Ausfallstraßen in die weite Welt. Aufgehalten wurden sie dort nicht, denn auf den Seitenstreifen lagen Pannen geplagte Autos mit offenen Motorhauben, über die vergnügt Steinmarder sprangen, Gummireste noch zwischen den Zähnen. Ihnen kamen hysterische Menschengruppen schreiend und einer Ohnmacht nahe in die Quere und verdutzt sahen sie zu, wie die Krönung der Schöpfung vor allerlei Spinnengetier Reißaus nahm. Das steigerte ihre Vergnügtheit ins unermessliche und der unvereinbare, aber gemeinsame Lärm war ohrenbetäubend.

Der große Rest, der in der Sache vereinten Baum- und Steinmarder, Otter, Wiesel, Nerze, Dachse und Iltisse, verrichtete ihr Vernichtungswerk in den Kabelschächten großer Telekommunikationsbetriebe, in den Kellern der Radio- und Fernsehsender, verschonten andere Betriebe wie Krankenhäuser und Kraftwerke aber insoweit, dass jeweils ein Notbetrieb gefahren werden konnte.

Dieses Lahmlegen der globalen digitalen Kommunikation brachte die endgültige Wende, denn die moderne Menschheit war zu analogem Handeln und Agieren nicht mehr fähig und musste wie alle anderen noch zögernden Gruppen die letzte weiße Flagge am Mast des Lebens hissen.

Die Lebensmittelläden werden geplündert und wie Heerscharen von Mäusen dies verhindern

Während sich die Leute auf dem Land über die Restbestände auf den Äcker in der Umgebung hermachten, hatten es die Städter wesentlich schwerer. Verzweifelt versuchten die Menschen dort, Lebensmittelläden zu überfallen, um noch etwas Essbares zu ergattern, denn die nächste Hemmschwelle war gefallen. Doch in den Geschäftsräumen dort trafen sie auf ebenso frustrierte Mitarbeiter, die versuchten, der unerwarteten Mäuseplage zunächst Herr zu werden und, als dies ein unmögliches Unterfangen ob der Masse war, zu vertuschen.

Die Wiedereinberufung der Tierkonferenz und die Forderungen an die Menschheit zum friedlichen Zusammenleben

Später als erhofft, aber früher als gedacht, rief ich, zusammen mit meiner kleinen Gruppe, alle beteiligten Tiere zusammen und selbst die noch unter Drogen stehenden Heuschrecken klatschten wie alle anderen fortwährend in die Hände. Und in der Tat, sie konnten mehr als stolz auf sich, ihre Aktionen, ihren Zusammenhalt sein. Als nach einer guten Viertel Stunde der Beifall allmählich abebbte und ich mir Gehör verschaffen konnte, bat ich um Ruhe!

»Ihr habt mich stolz auf Euch gemacht, es waren trotz der enormen Anstrengung und auch der Todesopfer gute und richtige Aktionen und sie waren nur durch Euch erfolgreich!« Applaus flammte erneut auf, aber ich hob alsbald beide Arme.

»Trotzdem bitte ich Euch um eine Gedenkminute für alle Toten, den Insekten und Vögeln, den Bienen, die durch ihre Stiche ihr Leben ließen, aber auch um alle toten Menschen, die sich wohl der Konsequenz ihres Handels Jahrhunderte lang nicht bewusst waren!«

Und ein Schweigen griff auf der Versammlungswiese Raum, die stiller war als jede Stille, länger dauerte als 60 Sekunden.

Mit Tränen in den Augen sah ich auf die Delegierten hinunter.

»Wir hier oben«, grinste ich um Fassung ringend ironisch, »Wir haben schon mal im Vorfeld in Zusammenarbeit mit den guten Menschen eine Liste der Forderungen an die Menschheit aufgestellt und ich bitte nach Verteilung dieser Liste durch Anisoptera um lebhafte Diskussionen. Schließlich sollen die Forderungen eins zu eins umgesetzt werden und unser Zusammenleben mit den Menschen sicherer machen. Die Menschheit hat keine Trümpfe mehr in der Hand, sie haben sie fahrlässig ausgespielt und verloren!«

Und mit diesen Worten schnellte meine Zunge heraus und schnappte sich eine unvorsichtige, etwas träge Zecke.

»Die Delegierten der Tierkonferenz konnten sich auf die meisten Forderungen einigen und sie der Menschheit durch den Troll Jack und seine umfangreiche Familie nahebringen. Nirgendwo, tatsächlich nirgendwo auf der Welt gab es Gegenrede oder Widerstand. Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie alle zukünftig mit Rücksichtnahme aufeinander….«

»Das war ja wirklich eine utopische Fabel.«

»Findest du? Ich glaube, wir sind nahe dran.«

»Was hast du denn sonst noch auf Lager?«

»Mal überlegen..«

*1 aus de.wikipedia.org/wiki/Heuschreckenplage_2019/2020

*2 aus „zdf.de Nachrichten Panorama

*1 Zahlen und Daten aus: https://de.wikidedia.org/Agent_Orange

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Sieben plus 1

*Foto Marion Kulinna

Sie freute sich auf den Abschluss ihrer Fahrradtour über alle Brücken ihrer Heimatstadt – eine imposante Fußgängerbrücke im Süden der Stadt, die einen Seitenarm des Rheins überspannte und einen schönen Blick auf den dortigen Hafen bot. Der sanfte Wind, die dicken Quellwolken und annehmbare Temperaturen versüßten zudem jede Radumdrehung. Ihr E-Bike war ihr bei den insgesamt etwa 30 km hin- und herüber über alle großen Querungen eine tolle Hilfe und wiedereinmal war sie dankbar für den allseitigen Zuspruch beim Kauf des gebrauchten Zweirades.

Jetzt peilte sie die Auffahrt auf der linksrheinischen Seite, die steil und in langgezogenem Bogen nach oben führte. Sie wusste, dass sie es auch hier schaffte. Ihr Akku zeigte noch eine Kilometerstrecke von 30 km. In der Toureneinstellung und im mittleren Gang nahm sie die ersten Meter in Angriff und näherte sich dem Kurvenbereich. Sie schaltete noch einmal runter, damit sie nicht völlig atemlos oben ankam. Da das Rad brav mithielt, achtete sie jetzt vermehrt auf die entgegenkommenden Fußgänger, damit sie sie nicht zu arg bedrängte. Nur noch wenige Meter, dann hatte sie den höchsten Punkt erreicht. Sie wagte schon einen Blick auf die ankernden Schiffe. Es waren große Frachter dabei, einige Motorboote und auch ein einzelnes Segelschiff konnte sie ausmachen, dessen Seile durch den immer vorherrschenden Wind gegen den Alumast klimperten.