Wer nicht streitet hat selten Recht - Michael Mayr - E-Book

Wer nicht streitet hat selten Recht E-Book

Michael Mayr

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Beschreibung

Konflikte zu haben ist nicht angenehm. Sehen sich Führungskräfte dann auch noch methodisch nicht in der Lage, diese zu lösen, wird es höchste Zeit, eine Fachperson beizuziehen. Dies kann ein Mediator sein. Doch wie findet man einen geeigneten Mediator? Dieser prägnant praktische Leitfaden in Ihren Händen bietet alle relevanten Informationen. Er ist die Feuerwehr, wenn es zwischen Menschen brennt. Zusätzlich werden sieben Talente in der Kommunikation aufgezeigt, die ein besseres Miteinander ermöglichen und so dazu beitragen können, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen.

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Impressum

1. Auflage, 2020

© egoth Verlag GmbH

Untere Weißgerberstr. 63/12

1030 Wien

Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise,

nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.

Autor: Mag. (FH) Michael Mayr MBA M.BC.

Illustrationen: Doris Rastinger - doris-rastinger.artstation.com

Lektorat: Mag. Pamela Obermaier - textsicher.at

Cover und Grafik: DI (FH) Ing. Clemens Toscani - clemens.toscani.at

Printed in the EU

Gesamtherstellung: egoth Verlag GmbH

ISBN Print978-3-903183-27-8

ISBN E-Book978-3-903183-73-5

Michael MAYR

Wer nicht streitet, hat selten Recht

Konfliktlösungsstrategien für Führungskräfte

Inhalt

1 Das Buch für den Feuerwehrkommandanten – ein Leitfaden für Führungskräft

2 Hydrant, Löschspritze, Sandsäcke? Alles da! Ein Buch als Werkzeugkasten

3 Die feuergefährliche Welt – und wir mittendrin

4 Der Brand bricht aus – Konflikte entstehen

4.1 Funkenflug, Strohfeuer, Flächenbrand – Konfliktarten im Überblick

4.2 Hat hier jemand gezündelt? Wie Konflikte beeinflusst werden

4.2.1 Worte wie Feuerbälle – Beeinflussung durch Kommunikation

4.2.2 Blitze aus den Augen – Beeinflussung durch Verhalten

4.3 Brandursachen – Konfliktauslöser

5 Nach dem Feuer blüht neues Leben –Vorurteile gegenüber Konflikten

6 Der Abriss der Brandruine, Platz für Neues – Auswirkungen von Konflikten

7 Decke, Löschzug oder Hubschrauberlöschung – Lösungsmöglichkeiten von Konflikten

8 „Hm, hab ich alles? Wasser, Sand, Mediatoren – alles da!“ Checkliste für Lösungstools

8.1 Wasser gegen Holzbrand, Sand gegen Ölbrand – 11 Minuten für die geeignete Konfliktlösungsart

9 Rund um Sie die Flammen – auch Profis brauchen Unterstützung

10 „Es brennt!“ „Ach was, das nennen Sie Brand?“ Schämen nicht erlaubt – Konflikte sind menschlich

11 Grisu, Red Adair oder Feuerwehrhauptmann Müller – die Auswahl des geeigneten Mediators

11.1 Checklisten – Auswahl und Evaluierung eines Mediators

11.2 Erwartungen an den Auftraggeber nach Michael Mayr

12 Helm auf, der Mediator kommt! Erwartungen an den Mediator

12.1 Feuer einschätzen, Schlauch ausrollen, Ventil aufdrehen – erlaubte Erwartungen

12.2 Die feuerlöschende Wollmilchsau – unerlaubte Erwartungen

12.3 Checkliste für Entscheidungsträger

13 „Neulich sitz ich am Notruftelefon, ruft mich einer an und sagt …“ Worauf der Mediator bei der Auftragsauswahl achtet

14 Nicht das Feuer brennt, es ist das Holz! Der Mediator als „Menschenleser“

15 „Die Nase des Feuerwehrmanns gefällt mir nicht!“ Vorurteile gegenüber Mediation

16 Wärmt euch am Feuer oder helft, es zu löschen! Erwartungen an die Konfliktparteien

16.1 Was tun, wenn’s brennt? Aufgaben für den Auftraggeber

16.1.1 Suchen Sie schon mal den Hydranten! Vor der Mediation

16.1.2 Schließen Sie die Brandschutztür! Während der Mediation

16.1.3 Brand aus! Was passiert nach der Mediation?

16.2„Gezündelt? Ich? Niemals!“ Erwartungen an die Konfliktparteien

17 Ist hier irgendwo ein Löschteich? Das Umfeld einer Mediation

18 Feuerwehr statt Armee – Vorteile der Mediation

19 Oder doch die Armee? Kritische Betrachtung der Mediation

20 Der Ruß verfliegt, neues Leben ergrünt – Auswirkungen der Mediation

21 Wer hat den Schlauch verknotet? Exemplarische Hindernisse bei der Konfliktlösung

22 Brandschutzmaßnahmen: Vorbeugen statt Konfliktbewältigung

23 Eine kurze Geschichte der Kommunikation

24 Verstehen, warum, und dann umsetzen

25 Weiße Taube oder Feuervogel – Kommunikation

25.1 Das tägliche Spiel mit dem Feuer – beruflicher und privater Gebrauch der Kommunikation

25.2 Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! 7 Talente für gute Kommunikation

25.2.1 „Ich brenne, doch nur aus Leidenschaft!“ Natürliche, erkennbare Motivation

25.2.2 Die Brandwache – lebendige Aufmerksamkeit

25.2.3 Feuer im Kamin – Freundliche Vertrauensbildung führt zu Beziehungsaufbau

25.2.4 Zündeln verboten! Klare Gesprächsführung

25.2.5 Dialoge, wie Sie Ihr Gegenüber entflammen, ohne es zu verbrennen: partnerschaftlicher Dialog

25.2.6 Nie wieder ein Brand im Büro – Ihr Gesprächsfaden soll ein Ziel vermitteln

25.2.7 „Know your enemy, fire fighter!“ Kompetente Anpassungsfähigkeit

25.2.8 Das Feuerschutzbuch – was heißt das alles für die Praxis?

25.2.9 Der hohe Charakter des Feuerwehrhauptmanns – die Talente im Überblick

25.2.10 Was mir noch unter den Nägeln brennt: Haben Sie es bemerkt?

25.3 Der Feuerwehrhauptmann darf nicht zündeln! Positive und negative Kommunikation

25.4 Ausgebrannt oder von Leidenschaft entflammt – psychologische Auswirkungen der positiven und negativen Kommunikation

25.5 Ein Tipp für den Feuerwehrhauptmann!

25.6 Rufen Sie „Wasser marsch!“ oder öffnen Sie das Ventil? Aspekte der nonverbalen Kommunikation

25.7 Gruppengefüge

26 Schaffen Sie GROSSES und GROSSARTIGES!

27 Tun Sie Gutes!

28 Checken, checken, checken

28.1 Checkliste: die geeignete Konflikt-Lösungsart finden

28.2 Checkliste: Auswahl von Mediator und Mediation

28.3 Checkliste, die sich auf die Person des Mediators bezieht

28.4 Checkliste: Evaluierung der Mediation

28.5 Checkliste: Erwartungen an den Auftraggeber

28.6 Checkliste: Erwartungen an den Mediator

28.7 Checkliste: Kriterien zur Auftraggeber-Wahl

28.8 Checkliste: Vorurteile/Angst zu Mediation

29 Bibliografie

30 Autorenportrait

1 Das Buch für den Feuerwehrkommandanten – ein Leitfaden für Führungskräfte

Dieses Buch ist für all jene Personen bestimmt, die Lösungen in Konflikten anstreben. An erster Stelle richtet es sich an praktisch veranlagte Führungskräfte, wobei der Fokus meiner Ausführungen auf Konflikten in und zwischen Unternehmen und deren Mitarbeitern liegt. Es ist die Feuerwehr, wenn es zwischenmenschlich brennt – rasch und kompetent zur Stelle. Im Einsatzfall gibt es klare und kurze Befehle. Entsprechend ist dieses Werk aufgebaut: prägnant geschrieben, das Wesentliche auf einen Blick sichtbar.

In diesem Buch geht es nicht um den Aufbau und die Integration eines Konfliktmanagementsystems im Unternehmen, sondern um Konfliktlösung und endgültige Schlichtung zur Zufriedenheit der Beteiligten. Meist verhalten sich Konflikte wie Vulkane: An der Oberfläche sind sie entweder nicht erkennbar (Vulkankrater, der in sich zusammengefallen ist – kalter Konflikt) oder sie sind erkennbar, aber werden nicht bewusst wahrgenommen (Vulkankrater mit vielen Kilometern Durchmesser – etwa im Falle von Sticheleien, Anfeindungen). Doch unter der Oberfläche brodelt die zähflüssige Glut der Emotionen (Magmakammern –steigendes Eskalationspotenzial). Mit einem Mal bricht der Vulkan durch ein Initialereignis aus und entlädt sich (Vulkanausbruch – Konflikt eskaliert und richtet Schaden an). Sie als Führungskraft sind dann die Feuerwehr. Rasches Agieren ist gefordert und wird erwartet. Menschen bringen sich in Sicherheit. Mitarbeiter ziehen die Köpfe ein und weichen den Konfliktparteien aus. Der Vulkan speit Rauch, Feuer, Asche und Magma. Im Konfliktfall haben Sie jedoch meist nicht nur einen Vulkan, sondern zumindest zwei. Und damit deren verbale Lava nicht alles – die anderen Mitarbeiter und damit das Unternehmen – unter sich begräbt, ist schnell eine Lösung nötig.

Dieses Buch zeigt verschiedene Lösungsarten und fokussiert eine davon ausführlicher – die Mediation. Dabei werden praxisrelevante Tipps und Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung gezeigt, damit schnell der richtige Umgang mit dem Konflikt und dem Konfliktlöser gefunden wird.

Wenn das erste Mal in einem Unternehmen eine Mediation durchgeführt wird, ändert sich bereits etwas. Bestimmte Verhaltensweisen finden möglicherweise nicht mehr statt, Lernprozesse setzen mitunter ein. Mediation ist ein Stress abbauendes Tool für Personalverantwortliche, denn diese geben damit die Verantwortung für die Konfliktlösung ab. Dazu braucht es Mut und Vertrauen. Zudem begeben sie sich nicht in die Zone zwischen Neutralität, Interessen einzelner Mitarbeiter und Sympathie für einzelne Mitarbeiter. Holt ein Personalverantwortlicher einen Mediator, ist das ein Signal an die Mitarbeiter, dass bereits eine gewisse Eskalationsstufe erreicht wurde, aber trotzdem versucht wird, diesen Konflikt konstruktiv und einvernehmlich zu lösen.

Dieses Buch ist als Werkzeug für den Konfliktfall konzipiert. Jedes Kapitel erschließt sich von selbst und kann unabhängig von den anderen gelesen werden.

2 Hydrant, Löschspritze, Sandsäcke? Alles da! Ein Buch als Werkzeugkasten

Dieses Buch habe ich geschrieben, damit Betroffene in einem Konflikt ein praxisrelevantes Kompendium zur Hand haben. Es gibt Bücher zu Konflikten, in denen diese (sozial-)wissenschaftlich, technologisch und psychologisch betrachtet werden. Dabei habe ich eine Konzentration auf familiäre und nachbarschaftliche Konflikte festgestellt. Ein praktisches, vor allem prägnantes Nachschlage- und Nachlesewerk zu Möglichkeiten in einem Businesskonflikt fehlt. Führungskräfte, die mit einem Konflikt konfrontiert sind, haben nicht viel Zeit und Muße, sich in theoretisches Wissen zu vertiefen. Sie benötigen – auch im Sinne einer Qualitätssicherung – klare Aussagen und Kriterien, nach denen Sie vorgehen können, um Maßnahmen zur Konfliktlösung einzuleiten.

Das Lösungstool „Mediation“ bekannter zu machen und Vorurteile abzubauen, ist mir ein persönliches Anliegen. Dieses Buch zeigt einen alternativen Lösungsweg zwischen den beiden Extremen „Ignorieren des Konflikts“ und „Sofort zu Gericht“ auf. Mediation soll nicht als das einzige und beste Lösungstool verstanden werden. Es gibt Fälle, in denen ein gerichtliches Urteil vorliegen muss, beispielsweise dann, wenn dadurch eine Auslegung geltenden Rechts erfolgt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade die Generation der ab 1980 Geborenen (Genration Y) die Mediation schätzen wird. Es handelt sich dabei um eine zukunftsfähige Methode. Die Lösung zur Zufriedenheit aller Konfliktbeteiligten wird selbst erarbeitet. Dadurch ist eine intensivere und nachhaltigere Identifikation mit der Lösung gegeben. Viele Menschen wollen Spuren hinterlassen. Ich bin der Meinung, diese Spuren sollten positiv sein. Wenn es die Möglichkeit gibt, in einer Negativsituation (Konflikt) etwas Positives (Mediation) einzubringen, dann sollte das getan werden. Jeder Einzelne soll und kann dazu beitragen, diese Welt zu verbessern.

3 Die feuergefährliche Welt – und wir mittendrin

Die Welt ändert sich ständig. Sie hat sich vom anfänglichen Nichts des Urknalls zu der Welt entwickelt, in der wir heute leben, arbeiten und gestalten. Nicht nur die Natur, sondern auch unsere persönliche Umwelt ist stetigem Wandel unterworfen – genau wie wir selbst. Daniel Goeudevert schreibt in seinem Buch „Mit Träumen beginnt die Realität“: „Es kann nie schaden, die Augen zu öffnen. Es ist aber immer besser, selbst zu denken. Wir alle müssen deshalb darangehen, uns selbst und andere darüber aufzuklären, was auf uns zukommt. Dazu bedarf es keinerlei seherischer Anmaßung, denn die ‘Zukunft‘, die auf uns zukommt, kommt auch irgendwoher, sie hat eine Herkunft: im Heute, im Gestern, im Vorgestern. Je besser wir diese Herkunft kennen, desto klarer zeichnet sich der Horizont ab.“1 In dieser Aussage erkennen wir: Wir selbst sind die Gestalter unserer Zukunft. Zugleich sollten wir uns bewusst sein, dass Änderungen ihre Wurzel immer in der Vergangenheit haben. Wenn die obigen Zeilen gelesen werden, formt sich vermutlich ein positives Bild im Kopf – Ideen werden geboren, neue Technologien entwickelt. Gerade in unserer Zeit ergeben sich durch manch radikalen Wandel oft Verbesserungen und Vereinfachungen. Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass Veränderungen manchmal auch mit Skepsis einhergehen. Diese hat eine Herkunft und Basis: Erfahrungen und Erlebnisse im Vorgestern, im Gestern oder im Heute. Solche Erfahrungen oder das Verharren im Vorgestern oder Gestern – kombiniert mit erneutem Wandel – können mitunter Konflikte entstehen lassen. Denn Veränderungen kommen nie allein. Es gibt den offensichtlichen Wandel, hinter dem sich meist tiefergehende Einstellungen, Ängste, Thematiken verbergen, die auf den ersten Blick nur bedingt ersichtlich sind, sofern der Betrachter sie überhaupt sehen möchte. Doch genau diese dahinterliegenden Thematiken sind jene, die bei zu wenig Beachtung zu Eskalationen führen können.

Zudem darf nie vergessen werden: Jeder Mensch hat seine eigenen Ansichten, Meinungen und sein individuelles Bild von sich und seiner (Um-)Welt. Aus diesem Repertoire heraus trifft er Entscheidungen, entwickelt seinen Arbeits- und Kommunikationsstil und vielleicht auch gewisse Eigenheiten, die sich nur schwer ändern lassen. Wenn nun Menschen mit den unterschiedlichsten Charakteristika aufeinandertreffen, können Konflikte entstehen. Niemand lässt sich gerne sagen, seine Meinung sei falsch oder seine Ansichten und Vorgehensweisen veraltet. Dennoch kommt das immer häufiger vor, weil es immer mehr neue Erkenntnisse, Fakten, Produkte, Dienstleistungen, Möglichkeiten und Ansichten gibt. Die Ausprägungen und Durchsetzungsversuche von Extrempositionen steigen. Der Wunsch, dass die eigene Position und Meinung als die „richtige“ anerkannt wird, ist stärker ausgeprägt denn je. Die Bereitschaft und Fähigkeit, Kompromisse einzugehen, nimmt ab. Unsicherheiten und Volatilitäten steigen. In diesem Spannungsfeld als Unternehmer oder Führungskraft zu agieren ist schwierig. Selbst wenn man seine Handlungen oder sich selbst nicht hinterfragt – jemand anderes wird es tun. Und dieser Umstand beschränkt sich nicht nur auf Führungskräfte. Jeder Mensch ist davon betroffen. Zusätzliche Verunsicherung tritt durch die Zeittrends der Gleich- und Wichtigmacherei auf. Hierarchien sind out, jeder ist gleich, es soll bloß keine Entscheidungsempfänger mehr geben. Dass dieser Weg nicht funktioniert, zeigen frühere gescheiterte Staatsformen und gegenwärtig diverse politische Parteien. Auch bei sich vergrößernden Start-ups ist dies erkennbar: Plötzlich ist die Anfangsphase überwunden und Hierarchien werden erforderlich. Gleichzeitig nimmt sich jeder am wichtigsten, während andere (Meinungen) nicht zählen. Diese Denkweisen verunsichern, verängstigen und können nicht funktionieren. Dass sie genau das tun beziehungsweise nicht tun, zeigt sich an der Bildung heimlicher Hierarchien und Klüngeleien, die Probleme verursachen und aus denen Konflikte entstehen. Denn schließlich sind dadurch nicht alle gleich, sondern es gibt welche, die benachteiligt oder ausgebootet werden oder sich so fühlen. Nur ist in diesem Gefüge kein Entscheider mehr vorhanden – der Konflikt wächst und gedeiht daher schneller als ein dorniger Kaktus in der trockenen Wüste. Er kann mindestens so viele Schmerzen wie der Kaktus verursachen.

Konflikte gehen mit Veränderungsdruck einher. Dabei ist eine beteiligte Partei der Meinung, ein anderer oder etwas anderes müsste sich ändern. Die andere Partei sieht dies naturgemäß diametral. Der Konflikt nimmt seinen Lauf.

1 Goeudevert, D. (2000): Mit Träumen beginnt die Realität. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg, S. 12.

4 Der Brand bricht aus – Konflikte entstehen

„Überall dort, wo Ziele nur durch das Zusammenwirken vieler Menschen und durch das Teilen von Arbeit und Wissen erreicht werden können, ist Management die ordnende und bewegende Kraft – in all unseren gesellschaftlichen Institutionen: im Wirtschaftsunternehmen ebenso wie in der Universität, im Krankenhaus, in der Stadt, in allen unseren Vereinen und den Hundertausenden, ja Millionen von Organisationen, die eine entwickelte Gesellschaft heute hat und braucht. Wo immer die Dinge funktionieren, tun sie es wegen der Managementfunktion. Und wo sie nicht funktionieren, liegt es an deren Mängeln“,2 schreibt der Managementvordenker und an der Universität St. Gallen habilitierte Professor Dr. Fredmund Malik. Zu den Funktionen eines heutzutage tätigen Managers gehören auch Fähigkeiten im Erkennen von Konflikten und Einleiten von Lösungsschritten. Die Einstellung vieler Menschen zu Konflikten ist ein Problem. Sie wollen Konflikte in der Regel vermeiden, denn diese bedeuten Konfrontation. Der Mensch als soziales Wesen bevorzugt Kooperation. Weshalb? Konfrontation hat mit Egozentrik zu tun. Menschen, die egozentrisch sind, verursachen durch ihre Art zu kommunizieren – verbal wie nonverbal – Konflikte. Das bedeutet, es ist viel schwieriger, zu solchen Personen Vertrauen aufzubauen, da sie immer die eigenen über die gemeinschaftlichen Interessen stellen. Als weitere Konsequenz ist es daher sehr schwierig, mit solchen Personen auf gemeinsame Ziele hinzuarbeiten, da dies kooperatives Verhalten von ihnen erfordern würde.

Konflikte sind nicht nur Bremser und Hemmer in täglichen Abläufen. Es entstehen für Unternehmen auch hohe Kosten. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat dazu eine Studie3 durchgeführt. In dieser kommt sie zu folgendem Schluss: Konflikte in Unternehmen mit 100 bis 1.000 Mitarbeitern verursachen Kosten bis zu 50.000 Euro. Eine Frage sollte daher gestellt werden: Wäre es nicht besser, Geld in Konfliktlösungskompetenzen der Mitarbeiter zu investieren?

4.1 Funkenflug, Strohfeuer, Flächenbrand – Konfliktarten im Überblick

Der österreichische Ökonom, Organisationsberater und Konfliktforscher Friedrich Glasl unterteilt Konflikte in neun unterschiedliche Eskalationsstufen. Diese Stufen lassen sich in drei Eskalationsebenen zusammenfassen.

Die erste Ebene ist eine Win-win-Ebene. Die drei Stufen dieser Ebene sind:

Stufe 1 – Verhärtung: Dabei prallen unterschiedliche Meinungen aufeinander. Es sind alltägliche Situationen, in denen auch Spannungen entstehen können. Meist wird dies jedoch nicht als Konflikt wahrgenommen.

Stufe 2 – Debatte: Die Meinungen verhärten sich. Es werden Strategien überlegt, um den jeweils anderen von den eigenen Argumenten zu überzeugen. Druck wird aufgebaut. Streit kann durch Meinungsverschiedenheiten entstehen.

Stufe 3 – Taten statt Worte: Hier wird der Druck weiter erhöht. Dabei wird mitunter der verbale Kontakt abgebrochen. Der Konflikt verschärft sich in zunehmendem Maße.

Die zweite Eskalationsebene ist durch eine Win-lose-Situation charakterisiert.

Stufe 4 – Sorge um Image und Koalitionen: Jede der Konfliktparteien glaubt sich im Recht. Es werden daher Sympathisanten für die jeweils eigene Position gesucht. Im Konflikt geht es nicht mehr um die Sache an sich. Es geht darum, den Konflikt zu gewinnen.

Stufe 5 – Gesichtsverlust: Die Identität des Gegners soll mit allen Mitteln vernichtet werden. Dazu bieten sich beispielsweise Unterstellungen an. Vertrauen ist nicht mehr vorhanden.

Stufe 6 – Drohstrategien: In dieser Eskalationsstufe geht es nur mehr darum, die eigene Macht zu manifestieren und zu zeigen. Die drohende Konfliktpartei versucht, die Situation absolut zu kontrollieren. Beispiel: Ein Geiselnehmer, der Geld fordert oder bei Nichterfüllung die Geiseln umbringt und dazu seine Waffe zeigt.

Die dritte Ebene ist die Lose-lose-Ebene. Auf dieser Ebene wird der Gegner nicht mehr als Mensch gesehen.

Stufe 7 – begrenzte Vernichtung: Dem Gegner soll empfindlicher Schaden zugefügt werden. Man selbst soll mit weniger Schaden davonkommen.

Stufe 8 – Zersplitterung: Mit allen Mitteln wird versucht, den Unterstützern des Gegners zu schaden. Dessen System soll zerschlagen werden.

Stufe 9 – gemeinsam in den Abgrund: In dieser hocheskalierten Stufe wird die eigene Vernichtung mit einkalkuliert.

Glasl nannte mögliche Lösungsmöglichkeiten für die einzelnen Stufen:

Stufen 1–3: Moderation

Stufen 3–5: Prozessbegleitung

Stufen 4–6: Soziotherapeutische Prozessbegleitung

Stufen 5–7: Vermittlung/Mediation

Stufen 6–8: Schiedsverfahren/gerichtliches Verfahren

Stufen 7–9: Machteingriff

Was bedeutet diese Einteilung in der Praxis?

Ist die Konfliktausprägung den Stufen 1 bis 3 zuordenbar, so ist eine Lösung zur Zufriedenheit der Beteiligten möglich. Mit einem Moderator kann an der Lösung des Konflikts gearbeitet werden. Von vielen Personen werden die Stufen 1 und 2 nicht als Konflikt angesehen, sondern als täglich Erlebtes im Arbeitsumfeld. Das ist grundsätzlich in Ordnung. Dennoch darf die Gefahr nicht unterschätzt werden, dass sich dieses Verhalten „hochschaukeln“ und zu weiteren Eskalationen führen kann.

Die Lösung in den Eskalationsstufen 4 bis 6 ist bereits komplexer. Hier genügt nicht ein einfaches Gespräch unter Beiziehung eines Moderators. Je nach Eskalationsstufe und Ausprägung innerhalb dieser sind (soziotherapeutische) Prozessbegleitungen erforderlich. Die Klärung eines derartigen Konflikts beansprucht mehr Ressourcen als in den Eskalationsstufen 1 bis 3. Hierfür sind erfahrene Experten als neutrale (externe) Unterstützer zur Konfliktlösung beizuziehen.

Die Stufe 7 ist mitunter noch durch ein Mediationsverfahren zu lösen. Dazu bedingt es jedoch eines erfahrenen Mediators, der mit hocheskalierten Konflikten Erfahrung hat. Der Erfolg hängt auch von dem Willen der Beteiligten zu einer gemeinsamen Konfliktlösung ab. Dieser ist mitunter nicht gegeben, denn in diesem Eskalationsgrad wird bereits eigener Schaden in Kauf genommen. Die Bereitschaft zu einer friedlichen, schadlosen Lösung ist vermutlich begrenzt.

Konflikte in den Stufen 8 und 9 sind nur durch Machtentscheidungen zu lösen. Diese können durch externe Personen, wie etwa Richter, oder intern durch Machteingriff von Vorgesetzen erfolgen. Unter Umständen sind beide Personenkreise beteiligt, da in einer derartigen Konfliktstufe erfahrungsgemäß (gesetzliche) Regeln, Normen und Richtlinien bewusst gebrochen werden. Eine Vermittlungslösung ist daher auch aus legistischer Sicht nicht möglich.

4.2 Hat hier jemand gezündelt? Wie Konflikte beeinflusst werden

Menschen sind eher harmonisch veranlagt. In der Regel versuchen sie, Konflikte zu vermeiden. Ist dies nicht möglich, so suchen sie nach einer Auflösung von konfliktären Situationen. Entsprechend dem praktischen und rasch umsetzbaren Ansatz dieses Buches wird an dieser Stelle nur eine Frage gestellt: Wie werden Konflikte beeinflusst? Zwei exemplarische Möglichkeiten werden prägnant dargestellt. Nehmen Sie diese als Basis für eine Sensibilisierung in Ihrem Alltag.

4.2.1 Worte wie Feuerbälle – Beeinflussung durch Kommunikation

»Statt zu eskalieren, kann de-eskaliert werden.«

Die Art und Weise der Kommunikation hat großen Einfluss auf die Entstehung von Konflikten, deren Eskalationsgrad und die Möglichkeit, sie zu lösen. Dabei sind verbale und nonverbale Kommunikation gemeinsam entscheidend. In der nonverbalen Kommunikation können Gesten bewusst verwendet werden, um das Gegenüber zu ärgern oder zu provozieren und so den Konflikt herbeizuführen oder zu verstärken. Dabei können gesprochene Worte nett klingen beziehungsweise sogar nett gemeint sein. Wenn jedoch die nonverbale Sprache etwas anderes sagt, liegt Diskrepanz vor. Das Gegenüber achtet generell unterbewusst mehr auf die nonverbalen Ausdrücke. Das Gehirn ist in einem solchen Fall verwirrt und es entstehen Zweifel am Sender. In angespannten und in weiterer Folge konfliktären Situationen ist dieser Prozess schlecht. Derartiges Verhalten trägt zu einer Verschärfung der Situation bei – der Eskalationsgrad wird steigen. Solche Verhaltensweisen werden auch bewusst eingesetzt – meist in der Hoffnung, das Gegenüber würde auf die Provokation einsteigen und unüberlegt, emotional und über das Ziel hinausschießend reagieren. Der Provokateur kann sich dann als Opfer darstellen. Meist wird er dann sagen, dass er nichts gemacht habe und die Reaktion nicht verstehe, denn er habe doch eigentlich „etwas Nettes“ gesagt.

Spannend werden derartige Verhaltensweisen, wenn Konfliktparteien die Situation beschreiben. Der Provokateur wird sich nur auf das verbal Gesagte, den nüchternen Wortlaut beziehen – der Provozierte auch auf das Nonverbale, also wie