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Dazu verdammt, auf Leben und Tod zu spielen. Niemand kann dem anderen vertrauen. Mein Name ist Lydia und ich habe gerade genau drei Probleme: Bis eben saß ich noch auf der örtlichen Polizeiwache, nur um von da gekidnappt zu werden. Eine echt beschissene Gefängnis-Frei Karte! Jetzt bin ich - unfreiwillig, möchte ich an dieser Stelle nochmal betonen - Teil eines abgefuckten Spiels. Die einzige Möglichkeit zu überleben: Töte, oder werde getötet … Macht Sinn, nicht wahr? Wir sollen dieses Spiel gewinnen, wobei dessen Gewinn fast schon ein Mythos ist. Somit ist es doch eigentlich nebensächlich, dass wir nur noch 100 Tage Zeit haben, oder? Viele denken jetzt, dass ich einen richtigen Märchenprinz, mit wallendem Haar und Schwert gebrauchen könnte. Oh, warte kurz … da ist er ja! Nur ist er fürchterlich arrogant - und zugegeben echt verdammt heiß. Mein Name ist Lydia und ich werde das hier gewinnen.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
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Impressum
Wicked Ascent - Das Spiel
Band 1
Copyright: E. E. Jansen, 2024, Deutschland
Stixchesstraße 52, 51377 Leverkusen
2. Auflage
Coverdesign: Sasha Gebhardt
Lektorat: Jana Schmitz
Korrektorat: Philipp Berenz
Druck: Booksfactory
ISBN: 978-3-9826414-8-5
Alle Rechte vorbehalten.
Jegliche unbefugte Nutzung wie Vervielfältigung, Verbreitung, Übertragung oder Nachdruck, auch wenn es auszugsweise ist, ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin erlaubt.
Erstellt mit Vellum
Für Ozzy
Und an all die, die täglich überleben
In diesem Buch werden Nacktheit, (sexualisierte) Gewalt und explizite sexuelle Inhalte ab 18+ in eindeutiger Sprache geschildert, darunter auch Gore und Folter, sowie Kannibalismus und Zerstückelungen. Sprachliche Darstellungen wie Blut, Tod, Verlust eines geliebten Menschen und im Detail geschilderte Morde und Tötungen sind Bestandteil dieses Romans. Im Verlauf der Handlung muss mit der Erwähnung von Inzest und Pädophilie (nicht dargestellt), Kindesmissbrauch, daraus entstandenen Angstzuständen, PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) sowie geschilderten schweren psychischen Erkrankungen gerechnet werden. Unter anderem werden auch triggernde Inhalte wie seelische Grausamkeit, Stalking und Obsession behandelt.
Kein Buch ist es wert über eure eigenen Grenzen zu gehen!
„Ich mag Blau!“
Bitte nicht schon wieder!
In einer lockeren Pose stand mir der verwahrloste Mittvierziger schräg gegenüber, dessen Stimme regelmäßig durch den Blechkasten hallte. Seine Hände hatte er tief in den Taschen vergraben und er schaute sich freudestrahlend um. Sein stolzes Grinsen bestand aus einer Reihe ungeputzter Zähne, in denen sicher noch die ein oder andere Mahlzeit zu finden war. Klätschige braune Strähnen prangten auf seinem fettigen Haupt und erweckten im goldenen Licht des Aufzugs den Eindruck von aneinander gereihten Schaben.
Ehhww, ist das Brokkoli zwischen seinen Zähnen?!
Sein Anblick war ein starker Kontrast zu den verzierten Wänden, die in Prunk und Protz erstrahlten. Auch wenn seine beschmutzte Kleidung an manchen Stellen etwas mit den Ornamenten gemeinsam hatte. Zig Flecken zierten die braune Strickjacke, welche etliche Löcher aufwies. Erst hatte ich es für ein Muster gehalten. Aber mit zunehmender Zeit und Langeweilekonnte ich erkennen, dass er mit irgendeinem Dip Marilyn Monroe im Stil von Warhol nachgekleckert hatte.
Fingerfarben mal anders, würde ich sagen.
Durch seine tiefgründigen Erläuterungen über die Sehnsucht nach etwas Blauem gewann man etwas an Zeitgefühl. Es war zwar nicht viel, doch wenigstens konstant. Vielleicht wiederholte er es alle paar Sekunden, oder aber nach fünf Minuten.
Es war das Risiko, das einem den gewissen Kick gab …
Mein Blick ließ von ihm ab und wanderte stattdessen über unsere luxuriöse Zelle. Verschnörkelungen aus gebogenem Metall zogen sich wie Efeu über die polierten Bernsteinwände, die im warmen Licht wie aus Gold wirkten. Ein heller Marmorboden befand sich unter meinen schwarzen Stiefeln, in deren Politur sich der Abklatsch des Bernsteinzimmers spiegelte. Zwischen den Platten aus Schmuckstein fungierten dunkle Holzleisten als Lückenbüßer, von wo aus die Ornamente ihren Weg fanden. Für eine genauere Untersuchung der Holzleisten hätte ich jedoch meine schwere Kapuze abnehmen müssen.
Wir waren alle der Reihe nach wach geworden und hatten uns auf dem Fußboden befunden. Seitdem hing mir der Stoff meines Pullis tief im Gesicht und diente als Mauer, sodass keiner der hier Anwesenden auch nur auf die Idee kam, mich anzusprechen.
Hin und wieder huschten meine Augen zu dem Spiegel, an dem mein fettiger Begleiter lasziv anfing zu strippen. Leicht mit den Hüften schaukelnd und mit der Hand an dem Reißverschluss seiner Jacke ging dieser mit einem Zippen hoch und runter. Dabei summte er eine mir unbekannte Melodie. Seine Handbewegungen warfen lange Schatten auf den Boden, was in meinen Augenwinkeln wie Ungeziefer aussah.
Mit allem, was so kreucht und fleucht, kannte er sich sicher bestens aus.
Ich stand in der vorderen Ecke des Aufzugs, so dass ich mit einem Dreh nach links auf ein leeres Zahlendisplay sehen konnte. Hin und wieder blinkten seltsame Symbole in Rot auf, als sie dann auch so schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren.
Der Aufzug stoppte nie. Es wurden keine Durchsagen gesprochen und keine Ebene angezeigt, an der wir halten würden. Systematisch klapperten wir die Stockwerke ab, während sich immer wieder hauchfeine Lichtstrahlen im Metall der Aufzugtüren verfingen. Nur durch sie wusste man, dass wir wieder an einer weiteren Haltemöglichkeit vorbeirauschten.
Auf unserem Weg - wo auch immer die Reise hinging - begleitete uns eine unermüdliche Fahrstuhlmusik, die schlimmer nicht hätte sein können. Im Hintergrund jodelnd konkurrierte sie in Faktor Nervigkeit mit der des fettigen Papa Schlumpf. So fröhlich dumm die Melodie auch war - und so sehr sie mir definitiv jegliche Selbstbeherrschung abverlangte - war sie der einzige Blocker gegen die Stille. Mal abgesehen von der Wiederholung schräg gegenüber. Aber war das dem Mädchen mir gegenüber nicht genug.
„Also ich bin Mina!“
Ihre schrille hohe Stimme, deren Klang mir Zahnschmerzen verlieh, kam samt Wirt in einem übermotivierten Schwung auf mich zugeschossen. Hätte sie sich nicht im letzten Moment gefangen - oder ich nicht einen Satz nach hinten gemacht, wo mir eine der spitzen Verzierungen in die Lunge stach - säße sie nun auf meiner Schulter.
Wobei so schon jeder Papagei auf ihr Outfit neidisch wäre …
Ihre fuchsbraunen wuschigen Locken bauschten sich um ihr eierschalenfarbenes Gesicht. Wie Archipelen auf einer Landkarte waren die Sommersprossen in ihrem Gesicht verteilt, das als Bonus ein gezwungenes Lächeln aufwies. Ihre Mundpartie bestand, neben von Koffein gelb verfärbten Zähnen, aus vor Angst zuckenden Muskeln. Alles an ihr wirkte krampfhaft und gezwungen - was zwar nicht großartig verwunderlich war - aber bei dieser gezogenen Grimasse lief es mir kalt den Rücken runter.
Okay, und nun …? Was nützt mir die Info …
Ich zog mich weiter in mein Eckchen zurück, wo mir die Erhebungen der Vertäfelung herrlich penetrant ins Zwerchfell stachen. Egal wie scharf die Kante war, sie war definitiv besser, als im Windschatten ihres Parfums zu stehen. Ein Meer aus Blumenwiesen - mit einem ganzen Kanister Aceton vermischt - schlug mir bei jedem meiner Atemzüge entgegen, was sich mit dem Geruch des Mannes zu einer widerlichen Mischung verband.
Eau de Mülltonne wäre ein super Verkaufstitel dafür.
Das Licht des Aufzugs kam mir plötzlich unfassbar grell vor und kleine Blitze stachen mir bei jedem Blinzeln in die Schläfen. Um nicht mit Mia, Minda - oder wie unsere neue Freundin auch immer hieß - Blickkontakt aufnehmen zu müssen und meiner aufkeimenden Migräne entgegenzuwirken, zog ich mir die schwarze Kapuze noch tiefer ins Gesicht.
So weit es nur ging wippte nun der schwere Stoff bei jedem meiner Atemzüge auf und ab. Alles, was ich sah, war weißer Marmor. Geschliffene Platten, auf denen verlegene Schuhpaare tänzelten. Meine alten Springerstiefel stachen jedoch deutlich hervor.
Das Leder war an den Seiten abgewetzt und die leichten Knicke an der Spitze hatten sich über die Zeit zu tiefen Rillen entwickelt, an denen meine Socken ab und zu hängen blieben. Wenigstens besaß ich ein Schuhwerk und stammelte nicht mit schmutzig scharrenden Füßen die drei magischen Worte vor mich hin.
Ich fand sie mittlerweile weniger zauberhaft, aber gut.
„Ich … ich bin Saaammm.“
Etwas, das ich erst für eine Holzlackierung gehalten hatte, entpuppte sich als ein Fransenpony, unter dem tränennasse Augen zu dem Mädchen neben ihnen herübersahen. Ein schlaksiger Junge - der „Streber“ seine Eigenmarke nennen könnte - trieb mir mit seinem Schluchzen einen Kloß in den Hals. Das Gestell seiner Brille verdeckte mehr als die Hälfte seines Gesichts und beschlug durch seinen heißen und unregelmäßigen Atem.
Oh Gott, mit welcher Knete hast du DEN denn damals geformt…?
Selbst wenn getönte Gläser in der Fassung gewesen wären, hätte sein trüber Blick aus ihnen hervorgestochen. Hellbraune Strähnen, welche komplementär zu den Schuhen von - ähh Mina? Wie auch immer - waren, fielen ihm in zackig geschnittenen Mustern in die Stirn.
Jede seiner Tränen, die ihm der Reihe nach aus den Augenwinkeln flohen, passierten auf ihrem Weg nach unten mehrere Aknehügel. An manchen Stellen hatte er versucht sie auszudrücken, was als Resultat blutige Verkrustungen und dunkelrote Striemen mit sich brachte.
Und den Anblick nicht wirklich verbesserten, möchte ich hier einmal anmerken!
Festhalten konnte man aber auf jeden Fall, dass Sam sich den Titel als Muttis Liebling über Jahre hinweg gesichert hatte, aber definitiv nicht der Ansprechpartner in Sachen Coolness war. Dort, wo ich herkam, hätte er wahrscheinlich keinen Tag lang überlebt. Geschweige denn eine halbe Stunde, ohne traumatischen Stoff für ein Therapiegespräch zu erleben. Allerdings schien Sam nicht älter als 14 Jahre zu sein, womit man seine chronisch ängstliche Ader sicher hätte rechtfertigen können.
„Wisst ihr, wo wir hier sind?“
Oh, jetzt wurde es interessant …
Die eben noch so überschwängliche Stimme des Mädchens nahm etwas Verletzliches an. Ihr Blick glitt über die Decke des Kastens und sie begann die Platten abzusuchen. Anscheinend ohne Erfolg. Flüchtig strichen ihre Augen auch über mich, nur dass es mein Ziel war, keinen Augenkontakt aufzunehmen.
Bitte quatsch mich nicht an … bitte laber mich nicht wieder zu …
„Also … ich weiß nichts mehr ...“, begann Sam seinen Satz, bevor er sich genüsslich mit dem linken Ärmel seines Strickpullovers über die laufende Rotznase wischte.
Ob man das aus der Wolle wieder rausbekam? Bestimmt mit etwas Sprudelwasser, Salz und …
„Aber wir sind in einem Aufzug!“
WASSSS!!!??? NEIN! ECHT…?
Wow! Hundert Punkte an den Jungen mit Cordhose! Dank Professor Offensichtlich, der uns mit seiner brillanten Schlussfolgerung gerade echt den Arsch gerettet hatte, wäre der Ort der derzeitigen Handlung nun geklärt. Vielleicht kann er uns mit seinen hilfreichen Thesen und Spekulationen weiterhin zur Hand gehen und uns sagen, was der Sinn hinter dieser Zusammenkunft ist.
In kleinen Stößen krochen winselnde Töne aus seiner Kehle. Ihm wurde anscheinend erst bewusst, in welcher Scheiße er saß.
Okay, wird wohl doch nichts mit der Offenbarung …
Mit mütterlicher Fürsorge ging Mila/Minda/Maja langsam vor Sam in die Hocke, während sich ihr Kleid wie ein Fächer um die beiden ausbreitete. Wären seine rot geschwollenen Augen nicht von dem Stoff seines Pullis bedeckt gewesen, hätte er im perfekten Winkel unter ihr Kleid schielen können. Ich hielt ihn zwar nicht für eine nerdige Art von Lustmolch - auch wenn mir das Schauspiel vielleicht hätte Freude bereiten können - doch war es so einfach nur eine traurige Facette.
Die auf ihrem Saum eingenähten schrulligen Blumenornamente knitterten sich zu einem Blumenkranz zusammen, während ihre Locken sich wie schokoladenfarbene Ranken um ihre Taille schlangen. Ihre blassen Hände drapieren den rosafarbenen Stoff wie Fondant um sie herum, wenn sie Sam nicht gerade mit ihren schmalen Fingern die Schulter tätschelte.
Trotz all ihrer Mühen konnte das Mädchen das Zittern ihrer Glieder nicht unterdrücken. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb das Kleid ihr nervöses Ziehen und Zupfen erdulden musste. Und wir damit auch.
Endgültig in ihrer Rolle als Ziehmutter versunken, wiegte sie ihn in ihren Armen. Wie ein umgekippter Dominostein lehnte er sich an sie und sein hysterisches Geheule, das schon die ganze Zeit eine Art unterschwellige Begleitung zu der Fahrstuhlmusik war, nahm wieder seinen Lauf.
Mina, Melinda … whatever … musste ungefähr 19 Jahre alt sein, doch so wie sie sich um den Jungen kümmerte sah sie deutlich älter aus. Vielleicht hatte sie eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht oder einfach einen hohen Empathiewert. Aber egal wie nervig sie war, es war eine Art Symbol von Zusammenhalt, was sich vor meinen Augen bot.
Nur konnte ich Sentimentalität nie etwas abgewinnen.
„Ich mag Blau!“
Puh, den rührseligen Moment hätten wir überbrückt.
Mit dieser stolzen Verkündung zerriss der locker hundertvierzigste Lichtstrahl unsere Schatten auf dem Boden. Es war immer noch nicht klar, wann - und ob - dieses Teil jemals halten würde.
Welches Gebäude in unserer Umgebung hatte so viele Stockwerke? Vielleicht waren wir ja auch in einem Keller und sind dann … ach keine Ahnung!
Es gab nur uns vier in dem Aufzug. Naja, wenn man es genau betrachtete, uns drei. Papa Schlumpf zählte nun nicht wirklich als klar denkender Passagier. Wir sahen alle unterschiedlich aus, waren unterschiedlich alt … was verband uns? Wir waren ja nun nicht zufällig ausgewählt worden. Oder doch? Es herrschte auch genau Gleichstand unter den Geschlechtern. War da noch eine Art Muster zu erkennen?
„Was habt ihr gemacht, bevor ihr hier gelandet seid?“
Meine Stimme fühlte sich etwas rau an nach dem langen Schweigen, aber meine Neugier war viel größer als die Abneigung zur Kommunikation. Ich wollte wenigstens wissen, mit welchen Fachmännern man mich hier eingepfercht hatte. Wo ihre Stärken lagen oder wenigstens wie schnell ich rennen musste, damit mir nichts passierte.
Der Mann, welcher immer noch freudig grinsend in seiner Traumwelt war, fummelte an seinem gekleckerten Kunstwerk herum. Das Mädchen hingegen wurde kreidebleich. Auch Sam bekam sich langsam wieder ein und strich sich mit einem Ärmel über die Augen, um das klobige Gestell seiner Brille davor zurechtzurücken.
„Ich war in der Schule. Ich war auf dem Klo und habe geweint, weil dieser verdammte Schnösel von …“
Sam schien zu bemerken, dass es uns einen Scheiß interessierte, als er sich auch schon verlegen räusperte. Sein Blick - der immer noch flüssiger war als jede Suppe aus dem Kühlhaus, in dem ich mal eine Zeit lang gewohnt hatte - fand in dem Augenpaar neben ihm einen Anker.
„Sscchh! Fahr ruhig fort. Alles ist gut!“
Sie hielt den Blickkontakt zu ihm aufrecht, was selbst mir eine spezielle Wärme gab; und das als Außenstehender. Nickend nahm er seinen Satz wieder auf.
„Und alles, was danach kam … ich weiß es nicht. Ich erinnere mich nur noch, wie ich hier bin und die Dunkelheit langsam verschwindet.“
Sam sah verlegen zu mir hoch, doch mein in Schatten gehülltes Gesicht gab ihm nur noch mehr Unsicherheiten. Er tat mir fast schon leid. Fast. Aber solange ich nicht die Werte jedes Einzelnen hier einschätzen konnte, war mir seine Unsicherheit lieber als die Gefahr einer Unterlegenheit meinerseits.
Melanie/Mell - oder wie sie verdammt nochmal hieß - wurde schon ganz nervös, was wahrscheinlich die Wortstauung zu verantworten hatte. Hektisch ergoss sich diese wie ein gebrochener Staudamm. Zu unser aller Leid am Rande bemerkt.
„Bei mir war es so ähnlich.“
Wie bei einem Rotkehlchen zog sie die umherschwebende Luft in sich ein, bevor sie zu erzählen begann.
„Ich war gerade bei einem Vorstellungsgespräch und wollte nur noch mal in den Waschräumen mein Make-up überprüfen. Ich hatte mich extra für den Termin zurechtgemacht und hatte diesen total cuten Lippenstift, der zu meinen Augen passt. Ich bekam Angst, dass was an meinen Zähnen war, und wollte schnell nachgucken.‘‘
Ich hatte mir in meinem Leben schon das Geschwafel von vielen Leuten anhören müssen. Nur immer mit dem Hintergedanken und der Hoffnung, dass diese sich irgendwann verplapperten und was Nützliches sagten. Kurz ausgedrückt war diese Hoffnung hier vollkommen unangebracht. Was sie aber nicht daran hinderte, weiter über die Nuancen zu schwafeln, die ihre Zähne auf eine so unbeholfene Weise gelblich erschienen ließen.
Nicht, dass es dafür eh schon zu spät wäre.
„Das Letzte, woran ich mich bewusst erinnere ist, wie ich in den Spiegel schaue und roten Lippenstift auftrage“, ihre Stimme wurde für einen Moment ruhiger, als sie wieder wie ein Tennisball nach oben schoss. „Ich hoffe es ist nichts verwischt in der Zeit, wo wir … ja, was ist eigentlich passiert?“
In der Zeit, in der sie versuchte in unseren Gesichtern eine Antwort zu finden, notierte ich mir auf meiner Checkliste - direkt neben dem Kreuzchen für „keine Fähigkeiten“- ganz dick das Wort „Influencerin“. So viele Worte und doch nichts gesagt. Sie hatte schon fast für diese ganze verbrauchte Luft meinen Respekt, wäre mir nur nicht so schwindelig von der folgenden Erklärung über die ganzen Rottöne, die ihrem Herbsttyp schmeichelten.
„Ich mag Schwarz nicht!“
Die plötzliche Unterbrechung traf mich sowie die Plaudertasche, die mir gerade etwas über Goldpigmente in ihren Haaren erzählte. Mein Blick schnellte nach links, wo ein schmieriges Grinsen auf dem Gesicht unseres Crazy Daddys lag. Zwischen den Ritzen seiner ungeputzten Zähne lugten mir kleine grüne Knospen entgegen, deren geschwungene Köpfchen bei jedem Atemzug eine Runde Salsa tanzten.
Ob er auch ein Herbsttyp war?
Oder wegen des Ostergrüns mehr ein Frühlingstyp?
„Wow, okay. Bitte wirf nicht mit solch schweren Vokabeln um dich!“ Meine Stimme klang etwas genervter als ich eigentlich war. Aber mich interessierten die Gefühle meiner Mitmenschen gerade wirklich wenig. Oder ihre Haartöne.
Keine Ahnung wie lange ich noch mit den Panzerknackern hier festsitzen würde. Es war zwar sicher ein kürzeres Intervall als bis zur nächsten Duschsession unserer miefenden Bademaus hier, aber bereitete mir das, was noch folgen würde, größere Sorgen.
Ich rückte meine Kapuze etwas zurecht, um mir die Drei besser ansehen zu können.
Egal wie ich mich drehte … oder man sie wendete: Es war ein unnützer Haufen.
Captain Fettig hatte vielleicht den Farbkreis nach Itten auswendig gelernt, doch besaß er den Nutzen einer Scheibe Brot. Jammerlappen und die wandelnde Brigitte-Zeitschrift konnten zwar - einigermaßen - denken, doch Mut oder Geschick, was man vielleicht für eine Waffe oder Co. gebrauchen könnte, war bei deren Verteilung ausverkauft gewesen.
Ich war damit, so gut es ging, auf mich alleine gestellt.
Warte mal, da war doch was …
„Du sagtest, dass du roten Lippenstift aufgetragen hast, oder?“
Kurz war ich davor gewesen, einen Schritt auf sie zu zu machen. Ein leichter Hauch ihres Parfums jedoch ließ mich meinen Fehler einsehen und schob mich wie eine aromatische Mauer wieder in meine Ecke.
„Ja. Das ist alles, was ich noch weiß.“
Ihre Stimme wollte gerade wieder in Bächen aus ihrem Mund fließen, der eine Kleinigkeit nicht besaß, die sie eben so detailliert beschrieben hatte.
„Nur trägst du gerade keinen.“
Ich sah mir ihren Mund nochmal genauer an, aber ohne ranzugehen. Ihre Lippen wurden zwar zum größten Teil von Sams Haaren verdeckt, doch es war keine Spur von Lippenstift an ihnen zu erkennen. Entweder hatte Mina/Mila gelogen, was ihre letzten Minuten anging.
Oder jemand hatte ihn ihr abgewischt.
Das Brummen, das der Kasten wohl von Natur aus von sich gab, wurde immer lauter. Entweder war das der Countdown für unseren Absturz oder wir wurden langsamer. Da mein freudiger Optimismus immer nur so aus mir heraus sprang, erwartete ich so oder so den Tod. Sollte mir also beides recht sein. Ob er nun mit meinem Absturz einherging oder dem Öffnen der Gittertüren.
„Was ist, wenn uns Aliens entführt haben und wir nun durch ein Paralleluniversum ...“
Wow, was geht denn jetzt bei dem Streber ab?!
Wenn jetzt noch Doktor Schmuddel auf die Idee kommt, dass diese Aliens eventuell blau sein könnten, geht hier bestimmt die Post ab.
Genau das war mein Zeichen, mich wieder geistig zu verbarrikadieren und meine Gedanken zu sammeln. Wir hatten also alle vor einem Spiegel gesessen, gestanden oder waren von ihnen umgeben gewesen. Bei unserem Edekafachverkäufer mit der Gemüseabteilung zwischen den Hauern konnte ich es mir nicht wirklich vorstellen. Wenn wäre der Spiegel eher freiwillig zerbrochen, als dass er sich das Elend hätte weitergeben müssen. Aber man musste auch geringe Wahrscheinlichkeiten mit einkalkulieren, um eine These aufzustellen. Und diese hier war halt wirklich sehr gut.
Womöglich hätte auch eine sich spiegelnde Oberfläche gereicht. Wie die einer Pfütze.
Eine, die ihm bei den unterschiedlich fleckigen Rändern seiner Hose sicher als Badewanne gedient hatte.
Ein heftiger Ruck fuhr durch das Gestell, während die zunehmende Lautstärke des Aufzuges mir wie ein Kreischen durch Mark und Bein ging. Selbst die neugeborenen Verschwörungstheoretiker gaben endlich Ruhe und schauten wie ich gebannt auf das goldene Gitter, welches sich langsam zur Seite schob.
Erst wurden die verschnörkelten Gittertüren entzweigerissen, um sich dann in dünnen Teilen an den jeweiligen Seiten des Aufzugs zu sammeln. Mein Blick ging zu der Anzeige, auf der in roter LED-Schrift eine 155 prangte. Schnell huschten meine Pupillen zu dem zweiten Paar Türen des Aufzuges, die ächzend auseinandergezogen wurden. Licht durchflutete die kleine Kammer und verdrängte das kränklich gelbe Dämmern der Platten über uns, an denen - wenn man genau hinsah - einige tote Käfer abgezeichnet waren.
Eine wahre Fundgrube für jeden Entomologen!
Helle weiße Strahlen fraßen sich durch den dichten Stoff meiner Kleidung, sodass ich sie förmlich auf meiner Haut spüren konnte. Die kränklichen Wellen wurden mit jedem weiteren Stück in den Aufzug zurückgedrängt, bis ich unsere bis eben noch einzige Lichtquelle kaum noch registrierte.
Vor uns erstreckte sich ein Gang, der sehr an den eines Krankenhauses erinnerte.
Yay, sicher sind wir hier am Set von Grey‘s Anatomy …
An den einst weißen Wänden, erstreckten sich allerhand Flecken und Flüssigkeiten, die über die Zeit auch auf den Boden getropft waren. Alle paar Meter hingen blanke Neonröhren an der Decke, wobei einige eine Art Wackelkontakt hatten. Alle drei Sekunden flimmerte eine andere und das bei unterschiedlicher Intensität. Der grünlich graue Kautschukboden, der bestimmt als Sammelsurium für allerhand Bakterien und Keime diente, klebte alleine beim ansehen unter meinen Sohlen.
Wie ferngesteuert bewegten sich meine Stiefel aus der Ecke. Auch wenn ich mit meiner Vermutung über den Boden recht behielt, zog mich etwas Unsichtbares aus dem Aufzug und den Gang entlang. Der Weg führte offensichtlich zu einer Art Wartezimmer oder Ähnlichem, das markant durch eine gläserne Front beleuchtet wurde. Es war wohl schon Nacht. Wie gemalt hing ein riesiger bläulicher Mond vor den Fenstern, der mich wie eine Motte magisch anzog.
Erst durch das Echo, das jeden meiner Schritte kommentierte, merkte ich, dass ich schon ein Viertel des Weges hinter mir gelassen hatte. Obwohl es noch locker zwanzig Meter den Flur runter ging, war alles in einem überdimensionalen Standard gehalten, der weniger den Eindruck einer lokalen Notaufnahme erweckte als den eines Flughafens.
Fasziniert hatte ich die Deppen hinter mir vollkommen vergessen.
„Nein! Nicht!“
Wie durch einen Schleier drangen die dumpfen Schreie in meine Gedanken, als es auch schon zu spät war. Mit weit aufgerissenen Augen sah ich das Massaker im Aufzug, das kurz nach meinem Verlassen entstanden war. Sam und Mina … oder so … lagen sich blutüberströmt in den Armen, während ihre Gesichter von Ungläubigkeit und Entsetzen gezeichnet waren. So wie ich hatten auch sie es nicht kommen sehen. Wir drei teilten uns den gleichen schockierten Gesichtsausdruck. Nur würde dieser aus ihrer Mimik nicht mehr weichen.
In der Mitte der Blutlache, die sich durch das Durchtrennen ihrer Halsschlagadern gesammelt hatte, stand der Penner. Er hielt eine Machete, die ungefähr die Länge meines Unterarmes besaß, so in der Hand, dass die Klinge silbern funkelte. Geblendet durch die Reflexion des Metalls stolperte ich ein paar Schritte nach hinten.
Wo hatte er denn das Ding die ganze Zeit gehabt?!?
Langsam schlossen sich die Türen des Aufzugs und nahmen den blutverschmierten Psycho mit. Der Mann drehte sich um und das erste Mal sah ich wirklich in seine tiefblauen Augen, die mit Mühe den dahinterliegenden Wahnsinn zu zügeln versuchten. Ein diabolisches Grinsen legte sich auf sein Gesicht und seine angeknackste Fratze ließ ihn noch grotesker erscheinen.
Wie ein langer Finger griff mein Schatten ein letztes Mal in die Kabine, bevor sie sich nach den Worten des Mannes endgültig verriegelte und weiterfuhr.
„Rrrroooottt!!“
⁃ Ein Spiel setzt sich aus 12 Runden zusammen. Jede Runde umfasst eine Dauer von 30 Tagen.
⁃ Eine Runde wird mit einem Clanbattle abgeschlossen. Zu Beginn jeder neuen Runde werden allen Ebenen neue Mitspieler hinzugefügt.
⁃ Die Anzahl der neuen Spieler richtet sich nach den Verlusten der vorhergehenden Runde. Hierzu zählen nur Verluste, die während des Clanbattles und durch Quests verursacht wurden.
Okay … WAS WAR DAS DENN JETZT?
Ich sah auf die Türen, die nun schon seit ein paar Minuten geschlossen waren. Während ich immer noch das Gefühl hatte, gerade Onkel Santa begegnet zu sein, rutschte mir mein Herz so tief in die Hose, dass es sicher gleich am Hosenbein – vielleicht mit ein bisschen Angstpipi - wieder rauskam.
Ich war doch nur 30 Sekunden draußen gewesen und dann … zack, hatten die Ornamente im Aufzug eine neue Farbe. Und dabei dieser Ausdruck in seinen Augen. Ich wusste ja schon, dass er nicht mehr alle Latten am Zaun hatte, aber dass es echt so extrem war …
Alle Achtung!
Wie auch immer. Ich stand jetzt mutterseelenallein in dem dunklen Gang mit nur einer Richtung. Langsam löste sich mein verstörter Blick von dem silbernen Stahl. Während ich mich umdrehte, ließ ich ihn über die Wände streifen, welche … warte mal!
Dunkle braunrote Schlieren ergossen sich über die Wände, als wäre dort einer mit der neusten Trendfarbe Leichenschmaus gegengerannt. Ich folgte dem Verlauf an der Tapete runter bis zum klebrigen Boden, wo die Flecken sich verdächtig ähnelten und zu kleinen Pfützen zusammengelaufen waren.
War das da ein Auge in der Ecke …?
Äh, nicht weiter dran denken, schätze ich …
Dieser Mist hier musste doch einen Ausgang oder sowas haben. Aus dem Aufzug auszubrechen ist ja ein Ding, aber hier erstreckte sich mir eine ganze Etage. Da ließ sich doch sicher etwas brauchbares finden. Wenigstens eine Feuerleiter oder auch nur ein Fenster, das ich einschlagen konnte. Solange ich nicht … fuck, da lag auch noch ein Knochen.
Was war das hier für eine verfickte Scheiße?!
Ich würde mich nicht als empfindliche Person beschreiben. Wirklich nicht. Aber die Flüssigkeiten, die sich an den Wänden entlang zogen, ergaben zusammen mit den ausgerissenen Körperteilen ein kunstvolles Mosaik in der begehrten Farbe Rot.
Und das gab meinem eher unguten Gefühl doch etwas Bestätigung.
Atmen, Lydia! Ein und aus …
Wenigstens konnte ich jetzt in Ruhe dem nächsten Psychopathen in die Arme laufen, ohne das Macheten-Rotkehlchen im Nacken zu wissen. Ich hatte Mina/Mia zwar nicht leiden können und der Streber-Pumuckl wäre eh nur zu weinerlichem Ballast geworden, aber dieses Ende hatten sie beide nicht verdient. Sie waren so wie ich: Zur falschen Zeit am falschen Ort; zwischen meinem Leben und ihrem Tod nur ein paar Sekunden und Meter an Unterschied.
Trotzdem war ich für meine neu gewonnene Ruhe dankbar …
Wo sie wohl gerade hinfuhren? Ich hatte nach dem plötzlichen Gemetzel nicht wirklich erwartet, dass der Fahrstuhl weiterfahren würde - oder dass ich ohne Kampf oder Schramme davonkäme. Wahrscheinlich hatten sie gerade eine spaßige Teeparty mit der heruntergekommenen Alice. Oder sogar Schlimmeres, was ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen wollte.
Ich riss meinen Blick von den verschlossenen Türen und stampfte den Flur runter Richtung Wartezimmer.
Wo ich hoffentlich nicht auf direktem Wege in mein Verderben lief.
Zwar fanden meine dreckigen Schuhsohlen auf dem etwas rutschigen Boden nur schwer Halt, aber ich konnte mich zur Not immer noch totstellen, wenn ich mich auf die Fresse legte. Wobei die ganzen Pilze und Bakterien mich wahrscheinlich schon kurz nach meinem Aufprall anfangen würden zu zersetzen.
Die ganze Location hätte wahrlich einem Horrorfilm entspringen können. Oder einem Designer-Label; je nachdem, was gerade so in war. „Blutig rustikal: Da, wo es nichts mehr ausmacht zu kleckern“ könnte der Werbespruch dafür lauten. Aber für Späße war ich wirklich nicht aufgelegt. Die staubige, abgestandene Luft füllte meine Lungen und ein Hüsteln kitzelte in meiner Kehle, als würde sich ein Belag in meinem Rachen ablegen. Eine Gänsehaut breitete sich dabei auf meinem Körper aus und das lag ganz sicher nicht nur an der Kälte, die hier herrschte.
Der Weg zum Wartezimmer war sicher nicht länger als zwanzig Meter, doch lagen überall Papier und Stühle verstreut, die hier und da mit Metallliegen zusammengestoßen waren. Ein paar der flackernden Neonleuchten waren dabei schon aus ihren Halterungen gekommen. Schiefe Bilder, deren Scheiben und Rahmen bessere Zeiten gesehen hatten, lagen entweder zerfetzt oder in abstrakten Winkeln an den Fußleisten verstreut und knirschten marode unter meinen Schuhsohlen.
Urkunden, eine Skizze vom Chefarzt der Station oder auch einfache Gruppenbilder hingen nur noch vereinzelt an den versifften Wänden. Eine der Fotografien stach mir dabei besonders ins Auge. Als ich näher herantrat, wurde mir auch langsam klar, warum:
Auf dem veralteten Schwarz-Weiß-Bild sah man die komplette Bemannung des Krankenhauses. Es waren an die sechzig Personen zu sehen, die mit weißen Kitteln in den hinteren beiden Reihen standen und dabei Klemmbretter an ihre Körper drückten. Viele trugen medizinische Geräte bei sich oder hatten Stethoskope um den Hals hängen, als wären sie gerade bei den Erstsemestern verteilt worden.
Ich konnte die Farben nur vermuten, aber ich schätzte die Uniformen der teilweise weiblichen vorderen Besatzung auf ein himmelblau oder ähnliches. Wahrscheinlich waren sie hier mal Pflegerinnen gewesen oder Krankenschwestern, bis …
Ja, was eigentlich?
Allesamt lächelten auf dem Bild. Sahen in die Kamera und prosteten dem Fotografen oder der Fotografin zu. Außer einer.
Es war ein kleiner Junge, der nicht älter als zehn Jahre sein konnte. Sein bleiches Gesicht wurde von pechschwarzen Strähnen umrandet, die ihm schon fast auf die Schultern fielen. Er starrte ungehemmt in die Kamera und damit dem Betrachter des Fotos direkt in die Seele. In seinem Blick befand sich etwas, das Kinder seines Alters nicht besitzen sollten: Hoffnungslosigkeit. In seinen hervorstechenden Augen befand sich weder Spaß noch ein Funken Lebensfreude.
Der kleine schlaksige Junge hob sich deutlich von dem Personal und den medizinischen Kräften ab, womit mir direkt die Frage aufkam, was er auf dem Bild zu suchen hatte. Alle lehnten oder saßen sie vor einer weißen Wand oder einer Art Vorhang, sodass keine Person, die es nicht sollte, mitfotografiert wurde. Er hingegen stand relativ abseits, während eine Hand auf seine rechte Schulter gelegt worden war, wohin knapp sein übergroßes Nachthemd reichte.
Vielleicht war er das Kind von einem der Ärzte. Doch die meisten waren so alt, dass es eher ihr Enkel hätte sein können …
„WO BIST DU?“
Ein tiefes Brüllen ließ mich zusammenfahren, als auch schon die ersten Echos an mein Ohr drangen. Wie ein Panzer, der durch die Gänge des Krankenhauses rollte, klatschten riesige Sohlen unter schwerer Last auf den Boden, die sie zu tragen hatten. Die dunkle Männerstimme war zwar nach diesen paar Fetzen direkt wieder verstummt, aber ich spürte die Vibration seiner Schritte.
Hektisch suchte ich den Gang hinter mir ab, doch war dort alles wie vorher. Von überall drang der Rückhall der Schuhe an meine Ohren. Der Fremde - der eindeutig ein paar Aggressionsprobleme besaß – mussteaus einem der Gänge hinter dem Empfang kommen. Ich hatte im Augenwinkel erkennen können, dass mehrere Abzweigungen aus dem riesigen Wartezimmer hinausführten, zwei auf jeder Seite.
Noch bevor mich jemand bemerken konnte, huschte ich hinter die Ecke zu meiner Linken, die an irgendeinen Kaffeeraum grenzte. Leise versuchte ich mich zu einem einigermaßen geschützten Sichtpunkt vorzupirschen, als auch schon eine weitere Stimme ertönte.
„Ich hab sie gehört. Sie muss hier irgendwo sein!“
Eine helle weibliche Stimme wurde in mehrere Echos zerrissen, die wie heruntergefallene Weihnachtsglocken im Gängesystem der Station verloren gingen. Ihre flippige Art stand in einem schnittigen Kontrast zu der ihres schlurfenden Begleiters. Ich sah eine fast zierliche junge Frau mit schulterlangen blauen Haaren um die linke Ecke schleichen, während der riesige Totschläger in ihrer Hand etwas surreal wirkte. Sie fing wild an zu hüpfen und dabei in der Luft … ja wirklich zu schnüffeln, als würde sie die Fährte von irgendwem oder irgendwas aufnehmen wollen. Ein wahrer Riese, welcher mich etwas an Juggernaut aus den Marvel Comics erinnerte, kam langsamer, aber nicht minder verrückt hinter ihr her gestampft. Beide gingen zielstrebig in die Mitte des Wartezimmers, wobei sie keinen einzigen Blick aus den riesigen Fenstern dort warfen. Mehrere kleine Reihen von Sitzbänken standen sich längs gegenüber, die sie direkt im Beschlag nahmen.
Fuck, warum denn das jetzt auch noch?
„Peter hat gesagt, dass er sie durch die Kameras hat sehen können, aber seit dem scheiß Zusammenbruch des Funknetzes erreiche ich ihn nicht mehr.“
Mit einem Ächzen ließ sich Juggernaut auf einen der grün gepolsterten Sessel fallen. Wobei ich meine Bedenken hatte, ob er seinen Arsch dort je wieder herausbekam.
Die Blauhaarige schmiss sich quer auf den Platz ihm gegenüber und ließ eines ihrer langen Beine über die Lehne baumeln. Aus den schweren Schnallenstiefeln, die an ihren Füßen hingen, gingen haltlose Netzstrümpfe hervor, die kurz vor ihrem knappen Rock Halt machten. Die Haut zwischen den beiden Kleidungsstücken spaltete diesedabei wie Moses das Meer.
Beide trugen am Oberkörper eine Art Schutzweste. Und fast hätte die auch professionell ausgesehen. Wirklich! Wäre da nicht der WC-Deckel, der Juggernaut als Brustplatte fungierte. Feststand, dass die beiden einen kompletten Schuss hatten. Allerdings besaß der eine leider ein Kreuz wie ein Tanker und die andere ein Händchen für ihren Totschläger, der gerade gefährlich nah in kreisenden Bewegungen an ihrem Kopf vorbeisauste.
Die Übung ist bei beiden wohl mehr als einmal schiefgegangen …
„Ach, Peter …“, ihre quietschige Stimme wurde zu einem schmachvollen Seufzer, den sie aus den Tiefen ihrer Lunge schüttelte, „Würde er nicht jedes Mal einen Steifen kriegen, wenn Bastion …“
Hilfe, jetzt auch das noch!
Der Rest des Satzes ging in einem mechanischen Ziehen unter, das von dem Stockwerk über uns ausging. Mein Blick ging nach oben, während mir ein leichter Staubregen in die Augen rieselte.
„Er hat nie direkt gesagt, dass er auf Schwänze steht, also hättest du vielleicht noch eine Chance.“, brummte ihr Partner vor sich hin. Das Gespräch nahm weiter seinen Lauf, während ich mir die Augen rieb - und damit den Betonstaub nur noch weiter verteilte.
„Aber wahrscheinlich gilt seine einzige Liebe auch nur seinen dummen PCs, die er mehr pflegt als alles andere. Ne verdammte Dusche könnte er nämlich mal seit Wochen vertragen!“
Warte, was!? Wochen???
Der Riese lehnte sich zurück und zupfte ein Klappmesser aus seiner Beintasche, das in seinen Pranken mehr wie ein Zahnstocher aussah. Als würde ein Dreijähriger eine Banane aufschneiden stieß er die Klinge in die Lehne und begann die Füllung herauszusezieren. Ein paar Mal stach er daneben und piekste sich in den Oberschenkel. Das würden die Löcher in seiner grauen Cargohose erklären, die immer noch kleiner ausfielen als die in seinem Ego.
Ich ließ seine Worte auf mich wirken, während mir mit jedem Rädchen, das sich in meinem Kopf anfing zu drehen, automatisch alles hochkam.
Hätte mein Magen mehr als nur Galle übrig gehabt, wäre es ab hier problematisch geworden. Doch so stütze ich mich nur an der Wand des kleinen Ganges ab, der separat lag. Vor den Blicken der anderen geschützt hyperventilierte ich; so still wie möglich, wobei immer mehr Fragen wie Werbebanner durch meinen Schädel zogen.
Wie konnten die denn schon Wochen hier sein? Wir vier waren doch gerade erst ein paar Stunden hier drin oder so. Ich hatte jetzt noch weniger eine Ahnung, was hier vor sich ging. Aber eins stand schon mal fest: die Horror-Version des Glücksrads war es mit Sicherheit nicht!
Viel Zeit blieb mir für meine geistige Mindmap auch nicht, als das Mädchen plötzlich aufsprang und einen Namen schrie, den ich weder wiederholen, noch beim Aussprechen verfolgen konnte.
„Hey, hier sind wir!“
„Setz dich wieder hin!“
Juggernaut versuchte sie noch an einem der Gurte, die ihren Körper umschlangen, wieder herunterzuziehen, aber sie hielt seinem Griff problemlos stand.
„Du scheuchst nur alle auf, die sich in fünf Kilometern Entfernung von uns befinden. Und zusätzlich machst du dich komplett zum Affen. Also setzt dich wieder hin, Ann!“
Wie ein beschämtes Elternteil griff er sich an die Stirn. Ann sah ihn nur scharf an, blieb aber dennoch stehen. Ein Paradebeispiel von einem Kommunikationsproblem der beiden. Das wäre jedoch nur der kleinste und letzte Punkt auf der Liste ihrer Therapie, die sie unbestreitbar nötig hatten.
„Ich wollte doch nur Chris Bescheid sagen!“
„Ja, das hast du getan. Und der Arme hatte nicht mal die Zeit, um wegzulaufen!“
„Gott, warum bist du nur immer so ein Arsch, Andrew?“
„Weil du noch einen viel größeren hast!“
„Du …“
Sie wollte gerade mit ihrer Waffe zuschlagen - die auch schon einen gefährlichen Schatten auf Juggernaut alias Andrew warf - als eine lange Silhouette über den Boden und damit über die beiden zankenden Gestalten fiel.
Der schlanke schwarze Fleck, der sich mit jedem weiteren Klack von zwei schweren Schuhsohlen weiter ausbreitete, ließ mich schlucken. Allein der Ansatz des Schattens ließ die beiden sich zwar weiter gegenseitig anknurren, doch standen sie brav nebeneinander aufgereiht. Nicht nur sie fühlten sich mit der Anwesenheit des neu Dazugekommenen unwohl.
Ich hatte keine Ahnung, ob das eine Art Gilde war oder auch nur der Bingoclub der Anstalt. Jedoch war der, dem der Schatten gehörte, definitiv der Anführer von Ernie und Bert. Beide deuteten in seine Richtung ein Kopfnicken an, wobei es bei Ann mehr an einen Hofknicks erinnerte.
Mega, jetzt waren es schon mindestens 3 Personen, die mich hier einkesselten!
Ich hatte ja schon gehofft, dass nicht gerade ich diejenige war, die die zwei Streithälse suchten. Das war ja schon unwahrscheinlich, vor allem bei ihrem Timing. Aber jetzt auch noch zu denken, dass ich gegen sie und ihren Freund ankommen würde …
Ach man, ich will wieder zurück in den verdammten Aufzug!
„Genug ihr zwei!“
Gänsehaut machte sich auf meinen Unterarmen breit, als die dritte Stimme auch schon so nah war, dass ihr tiefer Timbre durch die Gänge geschleudert wurde. Ich drückte mich näher an den Rauputz, der bestimmt ein schönes Zitat in Blindenschrift auf meiner Wange hinterließ. Mit konstanten Schulterblicken vergewisserte ich mich, dass sich in der Zwischenzeit niemand von hinten an mich herangeschlichen hatte.
Das würde mir jetzt noch fehlen.
Aber alles was ich sah, war das Schild mit der Info, wo es zum Röntgen ging, und ein paar Spinnen, die mittlerweile halbe Gardinen angefertigt hatten. Meine Knie schlugen erschöpft auf den Boden auf, während sich kalter Schweiß auf meiner Stirn wie Tau sammelte. Mir ging das Adrenalin langsam aus und mit jeder Sekunde, die verstrich, wurden meine Knochen immer schwerer.
Ann machte einen Schritt in Richtung meines Ganges, was mich beinahe schon an die Decke befördert hätte. Von der ruckartigen Bewegung schmerzten meine Gelenke und ich musste mir ein Ächzen verkneifen.
Ich konnte nun einen besseren Blick auf das Dreamteam erhaschen, als auch Andrew ihr wenige Sekunden später folgte. Ihre geflochtenen Haare, die ihr in einem langen Zopf über die Schultern fielen, schimmerten im Licht des Mondes dunkelblau. Wo ihr Begleiter sie bei ihren knappen 1,50 fast um das Doppelte überragte, hatte er hingegen nur einen hauchdünnen Flaum auf dem Kopf. Ich sah die Stränge seines Kiefers, die sich angespannt bis zu seinen Schläfen zogen, als der dritte im Bunde erschien.
Und hoffentlich auch der Letzte.
Das, was anfangs nur von einem groben dunklen Fleck verkörpert wurde, stellte sich als durchtrainierter Athlet heraus. Dieser war zwar nicht so groß wie Juggernaut - ähhh, Andrew natürlich - aber seine Züge waren viel feiner. Hellblondes Haar umspielte sein Gesicht wie ein Blattgoldrahmen, das einzig nur aus Kanten zu bestehen schien. Ein enges schwarzes T-Shirt spannte sich über seine Brust, wo seine verschränkten Arme ruhten. Er trug keine Weste wie die zwei anderen. Aber bei den zwei riesigen Griffen, die über seine Schultern guckten, war dies wohl auch nicht nötig. Die zwei Schwerter waren mit mehreren Lederbändern an Ort und Stelle fixiert und ruhten in ihren dafür angefertigten Scheiden. Eine braune Feldhose hing tief auf seinen Hüften und vervollständigte seinen Look des genervten Anführers.
„Habt ihr sie jetzt gefunden oder nicht!?“
Oh und charmant ist er auch noch! Ein richtiger Märchenprinz der Schnuckel!
Gebieterisch baute er sich vor den beiden auf und hätte er vorher nicht schon ein imposantes Bild abgegeben, so erledigten seine sturmgrauen Augen nun den Rest. Stammelnd versuchte Ann die Situation irgendwie zu schildern, aber man musste kein Fachmann sein, um zu wissen, dass es keinen Sinn hatte.
Doch sie versuchte es … und wie.
„Also erst hat uns Peter noch geholfen, als wir durch den Westflügel sind, doch dann …“
Wild gestikulierte sie dabei in der Luft herum und wäre ein Taubstummer anwesend gewesen, hätte dies wahrscheinlich in einer wüsten Familienfehde geendet.
„Dann hat er gesagt, dass er eine der alten Kameras zum Laufen bekommen hat und sie gerade aus einem der Aufzüge ausgestiegen war. Noch bevor er genau sagen konnte wo, war die Verbindung zu Schatzi … ehm, Peter weg!“
Anns Augen wurden bei jedem ihrer Worte größer und größer, sodass man die noch unförmigen Sätze mit einer Hand aus ihren Pupillen hätte fischen können. Hilfesuchend wandte sie sich an ihren Partner, der entweder das Schauspiel genoss oder sich extra dumm stellte.
„Chris, du musst uns glauben, wir waren auf dem Weg! Alles haben wir abgesucht, wirklich alles, oder Andrew?“
Wieder drehte sie sich zu dem Koloss um, der rechts von ihr stand und dessen Schatten meinen Gang hinunterfiel. Wäre er nicht so auf den blauhaarigen Teufel vor sich fixiert gewesen, hätte die Möglichkeit bestehen können, dass er mich entdeckte. Aber dafür war er viel zu sehr belustigt. Ein breites Lächeln zierte seine Unschuldsmiene. Offensichtlich fand er, dass es die richtige Zeit war, dies in vollen Zügen auszukosten.
„Tut mir leid, Ann-Marie! Ich weiß echt nicht, was du meinst …“
„Wag es nie wieder mich so zu nennen, du kleiner Sohn einer …!“
Mit den ganzen Handbewegungen hatte ich fast Bedenken, dass durch das große Fenster eine 747 im Warteraum landen würde. Es war mehr als nur am Rande wahrzunehmen, dass ihr Doppelname sie deutlich aufregte, als sie wieder versuchte, auf den dämlich grinsenden Andrew einzuprügeln.
Das ganze Gehabe wurde endlich von der barschen Stimme unterbrochen, die auch schon dabei war, die beiden mit ihren Worten niederzumetzeln.
„Wisst ihr, ihr zwei …“, der Umfang seines Luftvolumens schien mit jedem seiner Worte zu wachsen - nicht nur das, sondern auch die Lautstärke - während seine Spuckefäden die beiden vor sich festnagelten.
„Wisst ihr zwei eigentlich auch nur ansatzweise, wie dämlich ihr euch benehmt? Tagein, tagaus höre nicht nur ich, sondern alle anderen auch eurem dummen Gestreite zu, das mir neben eurem restlichen Benehmen den letzten Nerv raubt!“
Ich sah zwar nur sein Seitenprofil, aber das reichte schon aus, um zu erkennen, dass Chris’ Gesicht hochrot anlief, während sich jede Ader an seinem Hals verkrampfte. Von dem Tornado aus Beschimpfungen gelähmt stand das ungleiche Team nebeneinander und ließ den Anschiss über sich ergehen. Wahrscheinlich war das die schlauste Taktik. Chris’ eben noch lässige Haltung verwandelte sich zu der eines Drill-Sergeants, während er sich auf die anderen beiden zubewegte.
Im Eifer des Gefechts hätte ich sogar schwören können, dass kleine Schweißtropfen von seiner Stirn abperlten, nur um dann auf der Höhe ihrer beschämt gesenkten Köpfe zu verdampfen.
„Ihr hattet eine Aufgabe! Nur eine einzige verfickte Aufgabe und ihr habt sie so vorbildlich verhauen, dass es schon fast eine Quest für sich gewesen wäre! Wisst ihr eigentlich, wie wichtig sie für uns ist?!“
Wäre ich nicht zu sehr damit beschäftigt über seine Worte nachzudenken, hätte ich mir um seine körperliche Verfassung fast Sorgen gemacht. Wie überreife Mandarinen quollen seine Augen aus seinem Schädel und waren dabei auf einem guten Weg, sich dieselbe Luftlinie mit seiner Nasenspitze zu teilen.
Vielleicht war es ja seine von Haus aus geschmiedete Taktik, sie mit seinen Augäpfeln zu beschießen.
Das Wort „Quest“ hatte mich in seinem Anschiss stutzig werden lassen, sodass ich ein Stück näher an die Ecke des Ganges rutschte.
„Wie lange habt ihr sie jetzt gesucht? Zwei Stunden? Mehr können es auf jeden Fall nicht gewesen sein, denn ich hab euch schon wie zwei Kleinkinder streiten gehört, da konnte ich euch Idioten nicht mal sehen!“
Er fuhr sich mit der rechten Hand durchs Gesicht. Dabei zog und zerrte er an seiner Haut, als würde dort eine imaginäre Maske sitzen, die ihn daran hinderte, nach Hause gehen zu dürfen. Mal abgesehen von einem sehr unnatürlichen Rotton und ein paar kurz vorm Platzen stehenden Adern war dort aber leider nichts, was sein Temperament zufriedenstellte.
Wild geworden sah er sich um, während er sich durch den Schwung, den er in seine Bewegungen legte, fast selbst überschlug. Seine Augen tasteten dabei den ganzen Raum ab und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass sich unsere Blicke trafen.
Nein, oder?
Ich war eigentlich ziemlich gut von den Schatten umhüllt gewesen und in seiner Wut hatte er mich wahrscheinlich eh nicht gesehen - also hoffte ich. Dennoch konnte ich nichts gegen das frostige Gefühl des Ertapptseins machen, das sich wie Gefrierbrand in meinen Gliedern ausbreitete. Mehr Gedanken konnte ich mir auch nicht mehr machen, als er schon fortfuhr.
„Wenn es später an euch liegt, dass wir die Mission verlieren, schwöre ich, dann ziehe ich euch lebendig die Haut ab!“
Ein Schnauben schob sich zwischen seine Wörter, die mehr gepresst als gesprochen waren, und er wandte sich von den beiden ab. Er kniff sich in den Nasenrücken, der als einziges von der Röte seines Gesichts verschont geblieben war, aber dafür von seinen Fingern nun malträtiert wurde.
Er tat mir ja fast schon leid. Aber auch nur fast.
Eine ausgedehnte Stille - in der Ann und Andrew die nötige Zeit fanden, ihre zerpflückte Unbeschwertheit aufzusammeln - breitete sich aus, in der nur Chris’ Keuchen zu mir durchdrang. Wie geschlagene Soldaten, die soeben echt zur Sau gemacht worden waren, ließen sie ihre Köpfe beschämt herabhängen. Fast hätte man sie schon auf das verstreute Innenpolster der Armlehne betten können, wären ihre Kiefer nicht so sehr verbissen gewesen, dass man befürchten musste, sie würden bei ihrem Auftreffen auf dem Boden wie Porzellan zerscheppern.
Raubtiergleich ging Chris leise auf und ab, während seine linke Hand von seiner Nasenwurzel zu seinen Lippen wanderte. Erst jetzt fiel mir auf, wie voll und samtig diese waren und durch die geworfenen Schatten seiner Finger noch weichere Züge bekamen. Sein Gesicht entspannte sich immer mehr, bis es die wohl normale Farbe zurückgewonnen hatte. Zwar konnte man noch einige geplatzte Äderchen in seinen Augäpfeln sehen, selbst von meiner Entfernung aus, aber er gewann mehr und mehr an alter Disziplin zurück.
„Und nun, Sir?
Es wurde verdächtig leise. Chris’ herumtigernden Schritte verklangen und keiner sagte auch nur ein Wort. Aus Angst, dass sie mich hören könnten, drückte ich meine Nase immer näher an den Putz der Wand. Neben dem Geschmack von Zement auf meiner Zunge führte es im Endeffekt mehr zu Hyperventilation als zur beabsichtigten Ninja-Taktik.
„Ich hätte da eine Idee.“ Genüsslich wie Schokolade genoss er jedes Einzelne seiner Worte und ein mulmiges Gefühl, inklusive Herzrasen, erfasste mich, noch bevor seine Worte es taten.
„Willst du da hinten nicht endlich herauskommen?“
Fuck!
⁃ Für den Abschluss einer Quest werden sieben Tage Zeit gewährt. Wird diese nicht erfüllt, beginnt der Einsatz einer Räumung.
⁃ Eine Quest wird nur im Rahmen eines Clans erteilt und verfolgt. Es werden keine externen Zusammenschlüsse akzeptiert oder toleriert, außer es steht ausdrücklich auf der Spielerkarte.
⁃ Tagesaufgaben werden sofort belohnt oder ausgezahlt. Sie sind nicht verpflichtend, sorgen aber in den meisten Fällen für ein schnelles Level-Up.
Ein leichtes Lachen war zu hören und mit einem Schlag realisierte ich, dass ich das soeben Gedachte wohl auch laut ausgesprochen hatte. Wie auf Knopfdruck war mein Kopf leergefegt, während sich in meinem Magen alles zusammenzog. Meine Muskeln verkrampften dabei so sehr, dass man mir wahrscheinlich erstmal ein helfendes Händchen - sowie eine Ölkanne für meine Gelenke - hätte anbieten müssen.
Ich drückte mich so sehr gegen den Putz, dass meine schockgeweiteten Augen wie zwei grüne Knöpfe aus der Wand gucken mussten.
Die Fetzen seiner Belustigung wurden durch die Gänge geworfen und ich bekam das Gefühl, dass er nun hinter jeder Ecke lauern könnte. Wie ertappt - was ich dumme Kuh auch war! - schlug ich mir die Hand vor den Mund und sah mich hastig nach einem Fluchtweg um.
Als ob das jetzt noch was ändern würde!
Ich brauchte mich nicht zu vergewissern. Ich wusste; ich fühlte es in meinem Rückenmark, wie sich ihre Blicke wie Röntgenstrahlen auf die Ecke richteten, hinter der ich kauerte. Nervös biss ich mir auf der Unterlippe herum, bis ich einen vertrauten Eisengeschmack wahrnahm. Während ich noch dabei war, jede Hautschicht mit den Zähnen herunterzufräsen und meine Sicht allmählich verschwamm, dauerte Chris meine ausgereifte Panikattacke wohl zu lange.
„Worauf wartest du? Oder soll ich dich persönlich abholen?!“
Seine Stimme triefte nur so vor Ironie und Selbstüberschätzung. Es grenzte schon fast an ein Wunder, dass er nicht auf seinem eigenen Ego ausrutschte. Er kostete das Ganze wahrscheinlich in allen Zügen aus, sodass ich es mir dreimal überlegte, ihm nicht doch in einem vollen Strahl auf die Schuhe zu kotzen.
Das würde ihm wenigstens so richtig schön den Tag versauen!
Ein stechender Schmerz sprang durch meine Gelenke, als ich mich mit den Händen am Boden abstützte, um langsam aufzustehen. Ich hatte keine wirkliche Kontrolle mehr über meinen Körper. Oder das Zittern, das ihn befiel. Einzig und allein die Willenskraft, vor ihm keine Schwäche zu zeigen, trieb mich nach oben. Was aber nichts daran änderte, dass ich nur noch auf Sparflamme lief und hoffte, nicht direkt meinen Kopf zu verlieren.
Oder irgendein anderes Körperteil …
Meine Welt war wie durch ein Kaleidoskop unterteilt worden und schien nur noch aus Farben und Formen zu bestehen. Und dem Wunsch, es mit festen Schritten zu dem Trio zu schaffen, ohne mich vor ihren Augen auf die Nase zu legen. Der Flur umfasste weitere zehn Meter - wobei diese nicht sonderlich hygienischer waren als die vorherigen - während ich in pures Licht zu laufen schien. Ich konnte keines ihrer Gesichter mehr erkennen und orientierte mich allein an ihren Schatten, bis mein Sichtfeld nicht mehr ein einziger Baustrahler war.
Der Umfang des Mondes war gigantisch und noch größer, als ich geglaubt hatte. Gestochen scharf schien er genau mittig vor dem Glas zu schweben. Auch die Halle, in der ich mich befand, wies mindestens die zehnfache Größe eines regulären Wartezimmers auf. Mehrere bodentiefe Fenster, die von schwarzen Stahlträgern eingerahmt waren, griffen ineinander.
Ich atmete flach durch die Nase, um meinem aufkeimenden Würgereiz entgegenzuwirken, und blieb kurz vor ihnen stehen. Ein ungutes Gefühl überkam mich, während sie mich wie ein aus den Schatten gekrochenes Ungeziefer betrachteten.
Dass sie damit nicht so weit von der Wahrheit entfernt waren, ließ ich einfach mal so dahingestellt.
„Ach, guckt mal, wen wir hier haben!“
Jetzt, wo ich nur ein paar Armlängen von ihm entfernt war, wirkte Chris‘ Antlitz fast gottgleich.
Ein dunkles Gewitter aus grauen Augen starrte mich an, das von engelsgleichen Strähnen umrandet wurde. Wie geschmolzenes Gold tropften seine Haarspitzen auf die breiten Schultern, die von dunklen Ledergurten umspannt waren. Sein Gesicht war ein einziges Schachbrett, das von hellen und dunklen Flächen beansprucht wurde. Bei näherer Betrachtung war ich mir ziemlich sicher, dass seine Kieferpartie die Himmelspforten zerschneiden könnte.
Während die verwirrten Augenpaare seiner Freunde wie flüchtige Berührungen immer mal wieder zu mir herüber sahen, lag Chris’ Blick streng musternd auf mir. Seine Zähne mahlten unermüdlich, als müsste er jedes Wort, das ihm auf der Zunge lag, genauestens zerbröseln, bevor es seinen wunderschön geschwungenen Mund verließ.
„Jo Mann, was soll das? Ich dachte, du wüsstest nicht, wo sie…?“
„Hatte ich jemals was nicht unter Kontrolle?“
Wow, Bescheidenheit sein Vater!
Arrogant glitt der Blick des Schönlings von mir zu Andrew. Dieser konnte die Situation gar nicht einschätzen und wartete auf die Erklärung seines Anführers, die jedoch auszubleiben schien. Auch Ann hatte einen nicht minder dummen Ausdruck auf ihren Gesichtszügen, nur dass diese nicht wussten, ob sie ihr vollständig entgleisen sollten oder nicht.
Da lag wohl nicht nur zwischen Juggernaut und Humpty Dumpty ein Kommunikationsproblem, sondern auch etwas oberhalb der Rangliste.
An Chris’ Hals taten sich einzelne helle Stränge auf, die zum Zerreißen gespannt waren. Nur ein paar Schritte und eine Handbewegung und ich könnte die Sehnen wie die Saiten einer Harfe spielen.
Gab es da nicht irgendein Märchen mit ner goldenen Harfe? Ach Mist, da war doch so ne doofe Bohne noch dabei.
Oder war die Gans golden? Ach keine Ahnung, es gab auf jeden Fall einen Riesen, der …
Die Stille um uns herum schien auf mein Trommelfell zu drücken und mein Gedanke versank wie ein dicker Stein in einem See. Dabei wurde ich mir des Blickduells, das sich vor meiner Nase abspielte, erst jetzt bewusst.
Hatten die das öfter?
Wie zwei Bartagamen auf Testosteron plusterten sich Andrew und Chris voreinander auf, wobei es nur noch gefehlt hätte, dass der eine mit seiner Zunge vorschnellte, um dem anderen ins Auge zu patschen.
Während Andrews Oberkörper nur aus Muskeln bestand - und einem WC-Deckel an seiner Brust - war Chris’ Statur der eines Tänzers gleich. Beide standen ein paar Meter von dem jeweils anderen entfernt und die zwei Köpfe, die er kleiner war als Andrew, machte der Blick, mit dem Chris sein Gegenüber betrachtete, mehr als wett. Wahrscheinlich schärfer als die zwei Klingen auf seinem Rücken es je könnten, zerschnitt er allein mit seinen Augen jegliches Aufkommen einer Diskussion.
Wie eine Luftschleuse stieß Andrew den Atem durch seine aufgeblähten Nasenlöcher aus. Ein sich ergebender Ausdruck wurde auf seinem Gesicht deutlich, in dem sich etwas mehr spiegelte als nur die Rolle des Anführers und des Gefolgsamen.
Kapitulierend sank der Koloss seinen Blick und heftete ihn auf seine Schuhspitzen, die er wahrscheinlich liebend gerne mitsamt seines breiten Kreuzes von hier weg getragen hätte.
Verübeln könnte man es ihm nicht, aber was sollte ich da erst sagen?!
Wie bestellt und nicht abgeholt stand ich neben den zwei Silberrücken, deren Schwanzvergleich wohl für beendet erklärt war. Mit viel Glück hatten die beiden mich so gut wie vergessen. Aber selbst wenn dieses Fitzelchen Miniprozent wahr werden könnte, würde mir nur nach ein paar Metern Anns Totschläger in den Nacken klatschen.
Ich schielte zu ihr hinüber und prompt trafen sich unsere Blicke. Als würde sie mich warnen, nichts Dummes zu machen - oder meine Gedanken lesen - bleckte sie dabei wie ein Tier die Zähne, sodass scharfe Spitzen zum Vorschein kamen. Es schien so, als hätte sie ihr Gebiss zu einer Waffe geformt, indem sie jeden Einzelnen ihrer Zähne zu kleinen Pfeilspitzen gefeilt hatte.
Wow, also mit den Hauern würde ich mir nicht gerne auf die Wange beißen!
„Hast du auch einen Namen?“
Chris’ tiefe Stimme riss mich aus meinen Gedanken, während ich mir gerade bildhaft vorgestellt hatte, wie so ein schiefgegangener Blowjob bei ihr aussehen würde.
„Mmmh?“
Verdutzt sah ich in die heranrückenden grauen Kristalle, die mein Blickfeld für sich einnahmen. Als würden sie an ihren hellsten Stellen der Gischt des Meeres ähneln, zogen die tiefsten Abgründe einen wie Nixen mit unter Wasser, bis man das Gefühl hatte, in ihnen zu ertrinken.
„Gott, bist du auch noch schwerhörig?! Was hat man uns denn da bitte geschickt …“
Sorry, dass meine Kidnapper keinen erleseneren Geschmack besessen haben, du Arsch!
Wütend fuhr er sich mit den Fingern durch seine Haare. Er sah überall hin, nur nicht zu mir.
„Was dein Name ist, habe ich gefragt!“
Er drehte sich zu mir um, wobei jeder Atemzug, der für den Satz draufgegangen war, als pure Verschwendung in seinen Augen vermerkt wurde.
Ich leckte mir genüsslich über die Lippen, damit ich ihm das, was noch folgen würde, wie Geschosse entgegen spucken konnte. „Den kannst du dir in deinen verkrampften Arsch schieben, du kleiner …!“
Als wäre es genau das, was er mit seinem Verhalten bezwecken wollte, baute er sich breitbeinig vor mir auf. Er wusste, dass ich innerlich brodelte, und kostete dabei jede Sekunde dieses Anblicks aus. Es hätte nur noch gefehlt, dass er eine Tüte Mikrowellenpopcorn aus seiner Tasche holte, um es an meiner glühend heißen Stirn warm zu machen. Schwer schnaubend und angestachelt von meiner eigenen Vorstellung hätte ich ihm am liebsten eine geklatscht.
Ja, warum machte ich das nicht eigentlich?
Ähhh … warte? WAS!?
Bevor ich auch nur ansatzweise das eben Gedachte nochmal zurückzerren konnte, um es kräftig zu überdenken und dann nochmal eine Nacht drüber zu schlafen, drängte sich auch schon das Brennen meiner Handfläche in mein Bewusstsein.
Fassungslos über meine fehlende Reaktionszeit zwischen Hirn und Haut sah ich in die Innenfläche meiner rechten Hand, die denselben Farbton aufwies wie das Gesicht vor mir. Wie in Zeitlupe breitete sich Chris’ Haar in der Luft zu einem Fächer aus. Ein blonder Halbkreis bauschte sich um seinen Kopf auf und gerade als ich mich fragen wollte, wie sehr ich am Arsch war, fiel er prustend in sich zusammen.
Sein Lachen klatschte uns in unzähligen Echos entgegen, wobei die Töne, die er von sich gab, stark einem verwundeten Tier ähnelten.
Hatte er noch alle Tassen im Schrank!?
Ich sah von ihm zu Andrew. Mein verwirrter Gesichtsausdruck schien wohl für Chris das unfassbar Lustigste zu sein, was ihm in den letzten Wochen so untergekommen war. Er bekam kaum noch Luft, so hing er vorne rüber gebeugt, während ich nach einer passenden Beschreibung für diesen Laut in meinem Hirn suchte.
Eine überfahrene Taube mit Schluckauf kam dem Ganzen schon ziemlich nahe.
Und zweifellos waren die Wahnsinnigen hier gerade irgendwo im Ausverkauf …
„Gott“, er musste erst tief Luft holen, bevor er fortfuhr und stützte sich dabei auf seine Oberschenkel, „hätte ich gewusst, wie sehr du mir auf den Sack gehst, dann hätte ich dich …“
„Okay, ihr zwei!“
Andrew stellte sich vorsichtig und mit fuchtelnden Händen zwischen uns, während er versuchte die Situation zu entschärfen. Vielleicht lag es an meinem entsetzten Blick, den er richtig gedeutet hatte - oder das Gehampel dauerte ihm zu lange und sein umgeschnallter Klodeckel drückte. So oder so war ich ihm dankbar, dass jemand diesen Psycho einschätzen konnte.
Ein Schwall kalter Luft strömte zwischen uns und erst als dieser auf meiner erhitzen Haut zu verdampfen schien merkte ich, wie nah wir uns gekommen waren.
„Ich möchte mich für unsere berühmte Gastfreundschaft entschuldigen“, fuhr Andrew fort und warf dabei einen schnellen Blick zu Chris. Dieser fuhr sich wiederholt durch die Haare, die genauso zerzaust aussahen wie ich mich bei seinem Anblick im Inneren fühlte, „aber wir haben echt lange nach dir gesucht.“
Ihr verdammten Idioten habt euch nicht zum Geocaching versammelt, sondern mir aufgelauert!
Ich wollte gerade meinen Mund zum Protest aufmachen, als mir jemand zuvorkam.
„Einen Scheiß habt ihr!“ Chris wandte sich an seine zwei Fußabtreter. „Ich war es, der sie gefunden hat, ihr habt nur …“
„Wir haben alle etwas dazu beigetragen! Der eine mehr, der andere weniger.“
Chris’ Einwände fanden immer weniger Gehör, als sich auch schon eine zweite Blockade mit blauen Haaren zwischen uns aufbaute. Ihr schwarzer Rock knisterte bei ihren schweren Schritten und ihren Totschläger zog sie dabei hinter sich her, als würde sie mit seinem Ende eine Linie zwischen mir und ihrem Anführer ziehen. Sie war deutlich kleiner als die anderen, so dass sie einen perfekten Ausblick unter meine Kapuze hatte.
Ich auch auf sie, aber leider dabei mit einem Fokus auf ihre geschliffenen Zähne.
Wie eine Manga-Elfe grinste sie mich an. Ein falscher Schritt und sie würde mir das Fleisch von den Knochen fräsen. Ich war mir dennoch sicher: Würde Chris auch nur noch einmal den Mund aufmachen, würde ich so aus meiner Haut fahren, dass selbst eine ganze Horde seiner Leute mich nicht aufhalten könnte.
Ich fantasierte darüber, wie ich seine Zähne einschlug, die wahrscheinlich von den weichsten Lippen umgeben waren, die es gab. Wie das Blut ihm aus seinem Mund spritzte und ich …
Dieser Mund begann jedoch leicht zu zucken, als Chris meinen Blick bemerkte.
Scheiße, guck weg, du dumme Kuh!
Zu spät …!
Die Röte, die eben noch seine linke Gesichtshälfte zierte, schoss mir wohl nun in doppelter Dosis in die Wangen. Mein Gesicht fühlte sich so heiß an, dass ich Angst hatte, der Stoff meiner Kapuze würde sich an meine Haut schweißen. Ann bekam zum Glück von meiner Hitzewelle nichts mit. Sie war vollkommen in das Gespräch mit dem Riesen neben mir versunken, sodass ich in aller Ruhe meinen Blick über das sonst leere Wartezimmer schweifen lassen konnte.
Die Einrichtung war vollständig heruntergekommen. Die fleckigen Polster der grünen Sessel waren zum größten Teil aufgeplatzt und ausgenommen worden, als hätte jemand Heißhunger auf Füllmaterial gehabt.
Mir gegenüber, auf der linken Seite des Raumes, befand sich zwischen den abzweigenden Gängen der Empfang.
Naja, oder was halt von ihm übrig war.
Die U-förmige Theke war fast vollständig auseinandergebaut worden und selbst von hier aus konnte ich die Umrisse der Personen erkennen, die irgendwann mal darauf getötet worden waren. Beschriftete Blätter waren entweder in Fetzen gerissen oder mit mysteriösen Flüssigkeiten an der Wand zum Halten gebracht worden und ein Dutzend Kugelschreiber steckten aufrecht in der Tischplatte.
Auch die Telefonkabel waren aus der Wand gerissen und quer durch die Gegend geschleudert worden - mich machten die Anrufbeantworter auch immer wütend. Eines davon lag nur ein paar Meter neben mir an der Wand. Direkt daneben stand ein alter, aber noch erstaunlich intakt aussehender Wasserspender, dessen Inhalt einem grünen Tümpel glich. Gewundert hätte es mich sicherlich nicht, wenn gleich eine Wasserschnecke oder Ähnliches von innen an dem Plastikkanister entlang kriechen würde. Vielleicht gäbe es auch noch eine Überlebenschance, wenn man den Inhalt abkochen würde.
Oder einen kleinen Teller Meeresfrüchte zum Abendessen …
„Wenigstens haben wir sie gefunden, bevor die Wulfs es konnten.“
„WIR?!“