Wie auf Wolken schweben - Penny Jordan - E-Book

Wie auf Wolken schweben E-Book

Penny Jordan

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Beschreibung

Wild und ungestüm küsst Luke sie. Und der Schutzwall, der Jenneth davor bewahren soll, immer noch brennende Leidenschaft für Luke zu empfinden, bricht in sich zusammen. Acht Jahre lang hat sie Nacht für Nacht an diesen Mann gedacht: an seinen Liebesschwur zur Verlobung, an seinen Betrug und Verrat. Während sie schon von der Hochzeit träumte, hatte er ein anderes Mädchen verführt und dann geheiratet. Soll sie das wirklich vergessen? Was will Luke nach dieser langen Zeit plötzlich von ihr? Braucht der vielbeschäftigte Chirurg nach dem Tod seiner Frau eine neue Mutter für seine kleine Tochter Angelica? Luke spürt, dass Jenneth ihm nicht verzeihen kann. Er entschließt sich, ihr jetzt von der schrecklichen Lüge zu erzählen, mit der er all die Jahre leben musste und die sein und Jenneths Glück zerstört hat. Wird sie dann an seine Liebe glauben und ihm eine zweite Chance geben?

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Seitenzahl: 183

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IMPRESSUM

Wie auf Wolken schweben erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1989 by Penny Jordan Originaltitel: „Bitter Betrayal“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1410 - 2000 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Dr. Susanne Hartmann:

Umschlagsmotive: shutterstock_Elena Kharichkina

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733759261

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Was machst du?“, fragte Jenneth Dalton erstaunt. Sie konnte kaum glauben, was ihre älteste und beste Freundin ihr gerade aufgeregt mitgeteilt hatte.

„Ich heirate“, wiederholte Louise. „Du weißt schon … Eine Hypothek, Kinder und das Ganze.“

Jenneth hielt krampfhaft den Telefonhörer fest. „Aber du hast immer geschworen, du würdest niemals heiraten! Du wolltest unabhängig sein und …“

„Da hatte ich George noch nicht kennengelernt“, sagte Louise reuelos.

Jenneth wurde fast schwindlig. Ihre ehrgeizige, erfolgsorientierte Freundin heiratete – und ausgerechnet einen Mann namens George! Wenn sie sich jemals hätte vorstellen können, dass Louise heiratete, dann hätte Jenneth an einen Mann mit einem viel exotischeren Namen gedacht.

Leise seufzend ignorierte sie, dass ihr Kaffee kalt wurde und sie die Skizzen für das Wandgemälde niemals bis zur Mittagszeit fertigbekommen würde, wenn sie das Gespräch nicht jetzt sofort beendete. „Als wir uns vor zwei Monaten zum Essen getroffen haben, hast du kein Wort davon gesagt.“

„Weil ich George noch nicht gekannt habe“, erwiderte Louise. „Hör zu, Jen, ich möchte, dass du zur Hochzeit kommst. Wir heiraten in drei Wochen zu Hause in der Dorfkirche. George meint, wir können auch ebenso gut mit allem Drum und Dran feiern, da keiner von uns beiden noch einmal die Gelegenheit haben werde. Ich kann es kaum erwarten, ihn dir vorzustellen. Er muss geschäftlich nach Japan, sonst hätte ich vorgeschlagen, dass wir drei uns vor der Hochzeit noch treffen.“

„Ich glaube das alles einfach nicht“, sagte Jenneth schwach.

Louise und sie waren so gut wie zusammen aufgewachsen. Sie hatten im selben Dorf gewohnt, waren zur selben Schule gegangen und hatten später sogar an derselben Universität studiert. Dann war Jenneth mit ihren Eltern und Brüdern in den Norden gezogen und hatte sich ihr kleines Atelier in der Scheune eingerichtet, die zum Haus ihrer Eltern außerhalb von York gehörte, während sich Louise in London einen Job in der Werbebranche gesucht hatte.

Das war vor sieben Jahren gewesen. Inzwischen hatte Louise ihre eigene Agentur. Jenneth hatte sich auf Wandgemälde spezialisiert und war in York und der umliegenden Gegend eine sehr gefragte Künstlerin. Außerdem besaß sie einen fünfzigprozentigen Anteil an einer kleinen Galerie in York. Louise und sie hatten niemals völlig den Kontakt verloren, aber es war unmöglich, sich so oft zu treffen, wie sie es beide gern wollten.

Jenneth’ Eltern waren kurz nach dem Umzug in den Norden bei einem Autounfall umgekommen, und sie hatte die Verantwortung für ihre damals elfjährigen Brüder übernehmen müssen. Manchmal war es wirklich schwer gewesen, doch ihre Eltern hätten gewollt, dass sie zusammenblieben. Dieses Wissen und ihr tief verwurzeltes Pflichtbewusstsein hatten Jenneth geholfen, auch die schlimmsten Zeiten durchzustehen.

Die Zwillinge hatten gerade ihr letztes Schuljahr hinter sich gebracht und waren jetzt zwei große blonde Männer, die Jenneth überragten und ihr gegenüber fast überwältigend beschützerisch waren.

Louise wusste genau, warum ihre Freundin nicht sofort geantwortet hatte. „Versprich mir, dass du kommst, Jenneth. Die Hochzeit ist am Samstag in drei Wochen. Ich brauche dich an dem Tag. Ganz im Ernst …“

Jenneth hatte die Einladung ablehnen wollen, doch jetzt zögerte sie.

Und Louise nutzte ihr Schweigen aus. „Ich habe dir ein Zimmer im ‚Feathers‘ bestellt. Bei uns kann ich dich leider nicht unterbringen, das Haus wird voll von alten Tanten und dergleichen sein. Mom und Dad freuen sich darauf, dich wieder zu sehen …“

„Ich weiß nicht, ob ich es schaffe.“ Jenneth sah aus dem Fenster des Ateliers.

Der Garten war sehr groß und machte mehr Arbeit, als sie bewältigen konnte, doch die Zwillinge und sie liebten ihr Zuhause. Alle drei hatten sie nach dem Unfall nicht ausziehen wollen. Aber wenn die Jungen erst auf der Universität waren … Sie diskutierten seit Weihnachten darüber. Kit und Nick versuchten, ihre Schwester zu überreden, das Haus nicht zu verkaufen. Sie sagte immer wieder, es sei zu groß für sie allein und das Geld aus dem Verkauf sei für beide eine gute Rücklage, wenn sie nach dem Studium in die Welt aufbrechen würden.

Jenneth wurde plötzlich starr vor Anspannung, weil sie so vieles sagen wollte und nicht sagen konnte. Zum einen brachte sie die Worte einfach nicht heraus, zum anderen war es ihr zur Gewohnheit geworden, verschwiegen zu sein. Sie war so ganz anders als Louise, die immer offen aussprach, was sie gerade dachte oder fühlte.

Das tat sie auch jetzt. „Luke wird nicht auf der Hochzeit sein, falls dich das beunruhigt. Er ist beruflich in den Staaten. Bitte komm.“

Jenneth spürte eine vertraute panische Angst. Sie wollte sich ihre Würde bewahren und überlegte, was sie sagen sollte. Entweder sie leugnete, dass wichtig war, was sie gerade erfahren hatte. Oder sie gab ihre Zurückhaltung auf und schnitt das Thema an, das sie vor acht Jahren für tabu erklärt hatte, indem sie es abgelehnt hatte, mit irgendjemand über ihre Gefühle zu sprechen. Besonders mit Lukes Cousine hatte sie nicht reden mögen, auch wenn sie ihre beste Freundin war.

„Bitte, Jenneth …“

Die quälenden Erinnerungen an Luke kehrten zurück und schienen sie zu verspotten, weil sie so feige war. Jenneth atmete tief ein. „Ja, natürlich. Ich komme.“ Was hätte sie gesagt, wenn Luke an der Hochzeit teilgenommen hätte? Wäre sie dann überhaupt eingeladen worden?

Natürlich hätte Louise mich eingeladen, dachte Jenneth, nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte. Sie hatte vor ihrer Freundin niemals verbergen können, dass sie sich davor fürchtete, Luke wieder zu sehen, aber Louise wusste nicht, was wirklich passiert war. In den sechs Monaten, die Jenneth mit ihm verlobt gewesen war, hatte Louise im Ausland studiert. Jenneth hatte nur gesagt, Luke und sie hätten beide erkannt, dass die Verlobung ein Fehler gewesen sei, und Louise hatte diese Erklärung akzeptiert.

In der ersten Zeit war Jenneth von Selbsthass verzehrt worden, und sie hatte sich die Schuld am Tod ihrer Eltern gegeben, die auch aus Sorge um sie nach York gezogen waren. Aber mit den Jahren war diese besondere Qual verschwunden. Eine andere Qual würde niemals aufhören. Es hatte zu sehr wehgetan, als Luke ihr gesagt hatte, er habe eine andere, die ein Kind von ihm erwarte. Der Schmerz hatte sich tief in ihre Seele eingebrannt. Sie gab sich ruhig und freundlich, war in Wirklichkeit jedoch ein ganz anderer Mensch. Einige Leute hielten sie für reserviert und behaupteten, sie sehe mit ihrem weizenblonden Haar und den unergründlichen grauen Augen aus wie eine Nordländerin und benehme sich entsprechend kalt.

Tatsächlich hatte sich Jenneth die gelassene Ausstrahlung mühsam anerzogen. Sie war zurückhaltend und beherrscht, und wer sich davon täuschen ließ und wütend darüber war, auf Distanz gehalten zu werden, verurteilte sie als introvertiert und gefühllos. Das Gegenteil stimmte. Sie hatte lernen müssen, ihre wahren Gefühle zu verbergen, um sich vor ihrer eigenen Verletzlichkeit zu schützen.

Hatte sie sich zuerst nur um ihres Stolzes willen verstellt, war ihr die Unnahbarkeit inzwischen zur zweiten Natur geworden, und nur noch Louise und die Zwillinge konnten Jenneth durchschauen.

Im Lauf der Zeit hatte sie gelernt, ihren Kummer zu mäßigen. Erfahrener und älter, sagte sie sich jetzt, dass sie mit einundzwanzig viel zu unreif gewesen sei, die Beziehung zwischen Luke und ihr niemals funktioniert hätte und die Verlobung ohnehin irgendwann gelöst worden wäre.

Noch immer verstand sie jedoch nicht, warum sich Luke überhaupt mit ihr verlobt hatte. Acht Jahre älter als Louise und sie, war er ihr wie ein göttergleiches Wesen vorgekommen.

Als Teenager war Jenneth in Lukes Gegenwart erst schüchtern, später gehemmt und schließlich wie gebannt. Er ging aufs Internat, dann auf die Universität und hielt danach Vorlesungen im Ausland, aber wenn er in den Ferien nach Hause kam, waren er, Louise und sie oft zusammen.

Seine Familie lebte schon seit Generationen im Dorf. Sein Vater war der praktische Arzt im Ort, und Lukes Mutter kümmerte sich aktiv um alle Angelegenheiten des Dorfes, obwohl sie an multipler Sklerose litt. Die weichherzige und bei allen beliebte Frau stimmte der Verlobung ihres Sohnes mit Jenneth freundlich zu. Luke liebte seine Mutter sehr und behandelte sie fürsorglich und rücksichtsvoll. Dem Aussehen nach schlug er nach seinem Vater. Wie dieser war er groß und schlank und hatte dichtes dunkles Haar.

Louise schockierte Jenneth einmal, indem sie ihr erzählte, der Bruder ihrer Mutter, Lukes Vater, habe den Ruf eines Frauenhelden gehabt, bevor er Lukes Mutter kennengelernt und geheiratet habe. Sie war eine reiche Erbin gewesen, und Lukes Vater hatte sie trotz des Widerstands ihrer Familie geheiratet.

Jenneth hatte es immer für eine sehr romantische Geschichte gehalten.

Jetzt war Lukes Mutter schon lange tot. Sie war zehn Monate nach Lukes Heirat gestorben …

Obwohl niemand sie sehen konnte, neigte Jenneth unwillkürlich den Kopf, sodass ihr Haar nach vorn fiel und das Gesicht verbarg. Immer noch reagierte sie beunruhigend heftig, wenn sie daran dachte, wie Luke ihr sachlich und kühl mitgeteilt hatte, er werde eine andere heiraten, die von ihm schwanger sei.

Tausende von jungen Frauen, die glaubten, geliebt zu werden, wurden verlassen und gingen, anders als sie, problemlos eine neue, dauerhafte und weniger zerstörerische Beziehung ein. Jenneth hatte sich oft gescholten, weil sie sich benommen hatte wie eine viktorianische Romanheldin und in das verfallen war, was früher so euphemistisch „Siechtum“ genannt wurde.

Oh, nach außen hin hatte sie alles richtig gemacht. Sie hörte sich Lukes grausame Enthüllungen an und brach nur ein einziges Mal zusammen, als er ihr von dem Baby erzählte. Ungläubig, schockiert und elend vor Qual, ging sie auf ihn zu und streckte die Hände nach ihm aus, aber er wehrte sie ab.

In den folgenden Monaten ließ sich Jenneth nichts anmerken. Sie studierte weiter und gab der feigen Versuchung nicht nach, in den Semesterferien nicht nach Hause zu fahren. Ihren Freundinnen erzählte sie gespielt blasiert von dem Leben, das sie führte, von den Männern, mit denen sie ausging …

Ihre Eltern durchschauten sie jedoch und waren sich wohl darüber im Klaren, wie sehr sie litt und was für eine tiefe Wunde Luke ihrer Weiblichkeit beigebracht hatte. Ihr Vater sagte, er wolle aus Gesundheitsgründen nur noch Teilzeit arbeiten und sie würden nach York ziehen. In der Stadt hatte er seine Kindheit verbracht.

Fast weigerte sich Jenneth, mit ihnen zu gehen. Was zeigte, wie sehr sie Luke liebte. Sie hoffte verzweifelt auf ein Wunder, das ihn ihr zurückbringen würde. Noch immer konnte sie nicht glauben, dass es wirklich vorbei war. Und dann sah sie ihn zusammen mit seiner Frau und dem Kind im Dorf. Er hielt das Baby, während seine Frau mit einem anderen Ehepaar sprach. Jenneth blieb wie angewurzelt stehen, schätzte die Entfernung ab und dachte nur an Flucht. Das Baby hatte wie Luke dunkles Haar. Ein kleines Mädchen, hatte Louise ihr verlegen erzählt. Und die junge Frau war jünger als sie, gut angezogen und wirkte schüchtern. Sie blickte sie an, wusste aber offensichtlich nicht, wer Jenneth war. Und dann nahm sie Luke das Baby ab und sagte: „Komm schon, Liebling. Es wird Zeit, dass wir weitergehen.“

Todunglücklich hatte Jenneth den längeren Nachhauseweg am Fluss entlang genommen, wo sie früher nach der Schule mit all der Unschuld ihrer Jugend von Luke geträumt hatte.

Jetzt, viele Jahre später, fragte sie sich, was wohl geschehen wäre, wenn auch sie damals von Luke schwanger geworden wäre. Unvermittelt schloss sie die Augen. Sie wollte sich nicht daran erinnern, wie leidenschaftlich Luke sie in jenem Sommer geküsst und liebkost hatte. Sie hatte ihn gebeten aufzuhören und ihm zittrig erklärt, er würde ihr erster Liebhaber sein und sie habe Angst.

Er hatte sie deswegen geneckt, doch sie hatte den Eindruck gehabt, dass er erfreut gewesen war, ihr erster Mann zu sein. Wie oft hatte sie sich in den ersten Monaten ohne ihn gefragt, ob alles anders gekommen wäre, wenn sie anders gewesen wäre! Aber wenn er sie wirklich geliebt hätte, dann hätte er die sexuelle Befriedigung, die er bei ihr nicht gefunden hatte, nicht bei dieser Frau gesucht.

Trotzdem hatte sein Verrat ihr Selbstbewusstsein als Frau zerstört, und oft verglich sich Jenneth mit einer seelenlosen Puppe. Liebe, Begehren, all die Gefühle, die das Leben anderer Menschen ausfüllten, waren ihr fremd. Natürlich liebte sie die Zwillinge, und sie war gern mit ihren wenigen guten Freunden zusammen, aber sie hatte durch Lukes Zurückweisung so gelitten, dass sie unfähig war, eine intime Beziehung zu einem Mann einzugehen. Und jetzt heiratete Louise, die immer so emanzipiert gewesen war.

Jenneth wusste, dass die meisten ihrer Bekannten und Freunde glaubten, sie sei unverheiratet, weil sie sich für die Zwillinge verantwortlich fühlte. Es war eine bequeme Ausrede, die sie jedoch nicht mehr haben würde, wenn die Jungen erst auf der Universität waren. Nicht, dass die Männer vor ihrer Tür Schlange standen … Jenneth verzog das Gesicht und dachte an die Männer, die in letzter Zeit mit ihr hatten ausgehen wollen. Colin Ames, der Tierarzt im Dorf, war ein gutherziger, hagerer Mann. Geschieden, suchte er ganz offensichtlich eine Ersatzmutter. Nicht nur für seine drei kleinen Kinder, sondern auch für sich selbst, wie Jenneth argwöhnte. Greg Pilling war fünfunddreißig und galt als Herzensbrecher. Er besaß ein großes Haus am anderen Ende des Dorfes, wohnte jedoch die Woche über in London. Jenneth vermutete, dass er dort mit einer Frau eine Beziehung hatte, die er aus irgendwelchen Gründen geheim halten wollte. Weil sie verheiratet ist? überlegte sie zynisch.

Sie kannte noch zwei oder drei andere nette Männer, die sich zweifellos hervorragend als Ehemann und Vater eigneten, aber sie wollte sich mit keinem einlassen. Was Luke getan hatte, war nicht der Grund, warum sie jeder emotionalen Bindung aus dem Weg ging. Entscheidend war, dass er die Macht gehabt hatte, es zu tun. Die Erinnerung an ihre große Verwundbarkeit hielt sie davon ab, irgendeinen Mann zu nah an sich heranzulassen.

Natürlich war eine intime Beziehung in den ersten Jahren nach dem Tod ihrer Eltern ohnehin unmöglich gewesen. Die Zwillinge hatten sie zu sehr gebraucht. Aber jetzt waren Kit und Nick erwachsen. Und Louise hat mich ungewollt zu dieser Selbstbeobachtung gedrängt, dachte Jenneth sarkastisch und stand auf. Es war zwecklos, jetzt noch zu versuchen, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.

Sie wünschte, sie hätte nicht zugesagt, an der Hochzeit teilzunehmen. Luke würde nicht kommen, aber bestimmt würden sich einige Gäste erinnern …

Woran? Daran, dass Luke und sie vor acht Jahren sechs Monate lang verlobt gewesen waren, die Verlobung gelöst worden war und er eine andere geheiratet hatte? Na und?

Manchmal hatte Jenneth den Verdacht, dass Louise mehr sah, als sie zugab, auch wenn sie damals die Erklärung ihrer Freundin für bare Münze genommen hatte.