Wie ein Foto unser Leben rettete - Maya C. Klinger - E-Book

Wie ein Foto unser Leben rettete E-Book

Maya C. Klinger

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Beschreibung

Der fünfjährige Gavra Mandil lebt mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Irena in Jugoslawien. Der Vater ist Fotograf und die Geschwister freuen sich immer sehr, wenn sie ihn in seinem Geschäft besuchen dürfen und fotografiert werden. Doch mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs gerät Gavras heile Welt aus den Fugen. Das Land wird von den Nazis besetzt und alle jüdischen Menschen müssen nun einen gelben Stern tragen. Auch Gavra und seine Familie. Als ihnen die Deportation droht, beschließen sie zu fliehen. Der Weg ist gefährlich, doch dank eines ganz besonderen Fotos von Gavra und Irena unterm Weihnachtsbaum kann die Familie entkommen. Lange irren sie umher und finden schließlich Schutz bei einer albanischen Familie, die sie vor den Nazis versteckt und allen das Leben rettet.

Eine berührende Geschichte, die ein wenig bekanntes Kapitel der Judenverfolgung für Kinder im Grundschulalter erzählt: die Rettung jüdischer Menschen im mehrheitlich muslimischen Albanien.

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Seitenzahl: 89

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Cover

Titel

Maya C. Klinger

Wie ein Foto unser Leben rettete

Die wahre Geschichte der Familie Mandil

Aus dem Hebräischen von Gundula Schiffer

Mit Illustrationen von Isabel Kreitz

Insel Verlag

Impressum

Zur optimalen Darstellung dieses eBook wird empfohlen, in den Einstellungen Verlagsschrift auszuwählen.

Die Wiedergabe von Gestaltungselementen, Farbigkeit sowie von Trennungen und Seitenumbrüchen ist abhängig vom jeweiligen Lesegerät und kann vom Verlag nicht beeinflusst werden.

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Die hebräische Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel הצילוםשהצילאותנו bei Hakibbutz Hameuchad.

eBook Insel Verlag Berlin 2025

Der vorliegende Text folgt der deutschen Erstausgabe, 2025

© der deutschsprachigen Ausgabe Insel Verlag Anton Kippenberg GmbH & Co. KG, Berlin, 2025© der Originalausgabe Hakibbutz Hameuchad Publishing House Ltd. 2022. All rights reserved

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung mit einem Motiv von Isabel Kreitz: Jörn Götzke, Wootz

eISBN 978-3-458-78273-5

www.insel-verlag.de

Widmung

Für meine Eltern, in Dankbarkeit und Liebe

Und für alle Kinder, die dies erlebt haben, ohne ihre Geschichte je erzählen zu können.

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Inhalt

Informationen zum Buch

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Schalom, meine lieben Leserinnen und Leser!

Der Krieg hat begonnen

Den Deutschen gehorchen oder nicht gehorchen?

In dem fremden Haus

Am Bahnhof

Das Foto mit dem Tannenbaum

Der deutsche Offizier

Sind die italienischen Soldaten nett?

Im Gefängnis

Wir fahren nach Albanien

Ich bin Ibrahim

Wir reisen weiter nach Tirana

Refik

Besa – ein Ehrenkodex

Die Reise in das Dorf Kruja

Familie Veseli

Die letzte Durchsuchung

»Die Deutschen sind weg«

Nachwort

Danksagung

Abbildungsnachweis

Informationen zum Buch

Wie ein Foto unser Leben rettete

Schalom, meine lieben Leserinnen und Leser!

Die Geschichte, die ihr jetzt hören werdet, ist zwar seit vielen Jahren schon Vergangenheit, aber alles, was ihr hier lest, ist wirklich genau so passiert, und auch die Fotografien, die ihr in diesem Buch seht, sind echt und stammen aus meiner Kindheit.

Das bin ich: Gavra Mandil

Ich heiße Gavra, und mein Nachname ist Mandil. Den Namen »Gavra« hört man nicht oft, aber so heiße ich. »Gavra« ist aramäisch und hat dieselbe Bedeutung wie das ganz ähnlich klingende hebräische Wort »Gever«: Mann. Meine Eltern haben mich so nach meinem Großvater genannt, der auch Gavra hieß. Ich wurde in Jugoslawien geboren. Heute gibt es diesen Staat nicht mehr, aber als ich geboren wurde, war Jugoslawien ein gewöhnlicher Staat wie alle anderen auf der Welt. Ich wohnte mit meiner Familie in einer kleinen Wohnung in der schönen Stadt Novi Sad. Der Name meines Vaters war Mosche. Meine Mutter hieß Gavriella, aber alle in der Familie nannten sie Ella. Und ich hatte eine kleine Schwester, Irene. Bei uns hatte sie den Spitznamen Beba, das heißt Baby.

Hier auf dem Foto seht ihr uns vier

In dieser Geschichte werde ich euch erzählen, was meine Familie vor vielen Jahren, während des Zweiten Weltkriegs, erlebt hat, und wie der Beruf des Fotografen, der in unserer Familie traditionell vom Vater an den Sohn weitergegeben wurde, uns mehr als einmal das Leben gerettet hat.

Ich stamme aus einer Fotografen-Familie. Mein Großvater Gavra war ein bedeutender Fotograf. Er war der persönliche Fotograf von Alexander I., dem König von Jugoslawien. Auch mein Vater war ein ausgezeichneter Fotograf und hatte ein Fotostudio in Novi Sad. Zu jener Zeit war eine Kamera sehr wertvoll, und sie sah ganz anders aus als unsere Kameras heute.

So sah eine Kamera in meiner Kindheit aus

Um ein Foto zu machen, musste man Filmrollen, kurz »Filme« genannt, in die Kamera einlegen. Heute kann jeder mit seinem Handy fotografieren, und man kann sich schwer vorstellen, was für ein besonderer Beruf Fotograf damals war und wozu man ein Fotostudio brauchte. Aber in meiner Kindheit kamen die Leute in das Fotostudio meines Vaters, um sich zu festlichen Anlässen fotografieren zu lassen. Es kamen immer viele Leute zu ihm, denn er war als hervorragender Fotograf bekannt.

Wir führten ein ruhiges, gutes Leben. Vater fotografierte mich und Beba oft und stellte die schönsten, gelungensten Bilder anschließend im Schaufenster seines Ladens aus. So wollte er Kunden anlocken, sich mit ihren Kindern in seinem Studio fotografieren zu lassen, um auch so schöne Fotos zu bekommen wie unsere. Auf diesem Foto hat er mich in der Schachtel fotografiert, in der die Filmrollen für die Kamera aufbewahrt wurden.

Meine Mutter Gavriella war ebenfalls Fotografin und arbeitete mit meinem Vater zusammen im Studio. Sie waren ein Herz und eine Seele und zu Hause wie im Laden unzertrennlich. Beide waren fürsorgliche, liebevolle Eltern und hielten als Fotografen jedes Familienereignis in Bildern fest. Hier ist ein Foto, das in unserem Haus in Novi Sad gemacht wurde, als wir meinen vierten Geburtstag gefeiert haben.

Ich hatte auch eine Großmutter, die ich sehr geliebt habe. Sie war die Mutter meiner Mutter und hieß Elisabeth. Aber Beba und ich nannten sie Oma Beschka. Mein Großvater Gavra ist als junger Mann gestorben, darum habe ich ihn nie kennengelernt. Oma Beschka lebte nicht bei uns in Novi Sad. Sie wohnte mit Gisa, Mutters jüngerer Schwester, zusammen in Belgrad. Wir haben sie sehr gern besucht, denn Oma Beschka hat uns verwöhnt mit unserem Lieblingsessen, allerlei Spielzeug und andauernden Umarmungen und Küssen.

Großmutter Beschka und ich

So schön und glücklich lebten ich und meine Familie. Aber dann brach der Krieg aus, und unser ganzes Leben veränderte sich.

Der Krieg hat begonnen

Der Zweite Weltkrieg begann lange bevor meine Familie ihn zu spüren bekam. Damals hatte niemand einen Fernseher oder Internet zu Hause. Das Internet war noch gar nicht erfunden, und nur über das Radio erfuhren wir, wo der Krieg schon wütete und was dort geschah. Meine Eltern verfolgten die Berichte im Radio, und so hörten sie eines Tages zu Beginn des Frühlings, dass eine deutsche Armee bald auch Jugoslawien, unseren Staat, erobern würde. Vater und Mutter verstanden sofort, dass sich unser Leben jetzt verändern würde.

Beba war damals sehr klein, nicht einmal drei, aber ich war mehr als zwei Jahre älter und begriff, dass schlimme Dinge passierten. Ich hörte Vater und Mutter sagen, dass die Deutschen keine Juden mögen und jetzt wahrscheinlich schwere Tage auf uns zukommen. Ich verstand nicht, warum die Deutschen uns Juden nicht mochten. Ich kannte keinen einzigen Deutschen und dachte, wenn ich doch noch nie einem begegnet war und ihm nichts Böses getan hatte, warum sollte er mich dann nicht mögen? Aber Mutter und Vater fragte ich lieber nicht danach. Meine Eltern wirkten sehr besorgt, ich wollte es ihnen nicht noch schwerer machen und sie verärgern. Zunächst ging ich wie gewöhnlich weiterhin in den Kindergarten, wo ich meine Freunde traf und vom Krieg nichts mitbekam. Doch als wir einmal Oma Beschka und Tante Gisa in Belgrad besuchten, geschah etwas, das mir zeigte, dass wirklich Krieg ist.

Wir saßen in Omas Wohnung, spielten und redeten, als plötzlich Flugzeuge mit ohrenbetäubendem Lärm über das Haus hinwegflogen. Wir hörten ein beängstigendes »Bum« und darauf das furchtbare Geräusch explodierender Fensterscheiben. Danach fielen weitere Bomben auf Häuser und Straßen in der Nähe. Wir haben uns sehr erschrocken.

»Lauft in den Keller!«, rief Oma, packte meine Hand und zog mich aus der Wohnung. Tante Gisa lief hinter uns her, Vater nahm Beba auf den Arm und rannte uns nach. Mutter verließ als Letzte die Wohnung und schloss die Tür hinter sich zu.

Voller Angst stiegen wir die Stufen zum Keller hinunter. Unterwegs sahen wir, wie auch die Nachbarn hinunterliefen. Als alle in dem überfüllten Keller angekommen waren, schloss einer der Nachbarn die schwere Tür hinter uns.

Die Erwachsenen redeten sofort aufgeregt miteinander über die Bombardierung. Ich hatte das Gefühl, dass alle davon überrascht worden waren. Es waren auch viele Kinder in dem Keller, aber Beba und ich kannten sie nicht, denn wir wohnten ja nicht in Belgrad. Alle hatten große Angst. Auch wir drückten uns eng an Mutter und Vater und warteten, dass die Bombardierung aufhören würde, wir hinausgehen und wieder hinauf in Großmutters Wohnung könnten. Lange Zeit saßen wir in dem überfüllten Keller und hörten den Lärm der Flugzeuge und der Bomben, die auf die Straße fielen. Das war beängstigend. Jetzt verstand ich, was »Krieg« hieß.

Vater versuchte, uns so gut es ging zu beruhigen, und erzählte mir und Beba Geschichten, und Mutter redete mit Großmutter und ihrer Schwester. Vater erklärte uns auch, dass wir alle in den Keller hinuntergegangen waren, weil der als sicherster Ort im Gebäude galt, während die Flugzeuge uns aus der Luft bombardierten.

Es dauerte viele Stunden, bis es endlich wieder still wurde und der Lärm der über uns kreisenden Bombenflugzeuge aufhörte. Erschöpft von dem Schrecken und der Angst verließen die Nachbarn den Keller, um zu sehen, ob ihre Häuser von den Bomben getroffen worden waren. Auch wir gingen hinaus. Zum Glück war Großmutters Wohnung nicht getroffen worden. Doch als wir draußen standen und endlich wieder frische Luft atmeten, wurde ich sehr traurig. Ich sah um mich herum viele zerstörte Häuser, und auch einige Pferde lagen tot auf der Straße. Diesen Anblick habe ich nie vergessen.

Jetzt hatten wir ein ernsthaftes Problem. Die Deutschen hatten die Herrschaft über Belgrad, Großmutter Beschkas Stadt, übernommen und erlaubten uns nicht, wieder in unser Haus in Novi Sad zurückzukehren. Dort waren doch all unsere Kleider, Spielsachen, alles, was wir besaßen. Jetzt hatten wir nur noch die wenigen Dinge, die wir zu dem kurzen Besuch bei Großmutter mitgenommen hatten. Vater versuchte, die Soldaten zu überreden, uns doch in unser Haus zurückkehren zu lassen, aber sie erlaubten es nicht. Also mussten wir in Oma Beschkas und Tante Gisas Haus bleiben, ohne zu wissen, für wie lange.

Niemand von uns hätte damals gedacht, dass wir unser Haus in Novi Sad erst einige Jahre später, gegen Ende des Krieges, wiedersehen würden. So lebten wir vier nun bei Großmutter und Gisa, aber das war nicht mehr so schön wie früher, als wir sie besucht hatten. Die Erwachsenen waren sehr angespannt und besorgt. Sogar die sonst so fröhliche Oma Beschka, die ich nur mit einem Lächeln kannte, lachte kaum noch mit uns.

Das waren sehr seltsame Tage.