Wie Wasser heilt - Dr. Thomas Rampp - E-Book
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Dr. Thomas Rampp

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Beschreibung

Der vielseitige Gesundheits-Ratgeber zur faszinierenden Heilkraft des Wassers vom renommierten Naturheilkunde-Arzt. "Wasser kann den Blutdruck senken, es stärkt das Immunsystem, hilft den Körper zu entgiften und ist das vielseitigste und beste Medikament, das ich kenne." Dr. med. Thomas Rampp ist Oberarzt in einer großen Abteilung für Naturheilkunde und Integrative Medizin und beschreibt in diesem erzählenden Sachbuch die umfassenden Heilkräfte des Wassers und wie diese jeder für sich selbst anwenden kann. Neben traditionellen Anwendungen der Naturheilkunde geht es um die Fragen, weshalb Wasser so wichtig ist für Körper und Seele, wie sehr es zur Gesunderhaltung gebraucht wird, wie Wasser-Spülungen den Körper reinigen, bei welchen Beschwerden Kneipp-Anwendungen sinnvoll sind und wie Wasser unser Immunsystem und unsere Gesundheit stärkt. Der erfahrene Arzt beschreibt die ganze Bandbreite naturheilkundlicher Wasser-Anwendungen: Was wirklich hilft und wie es gewinnbringend durchgeführt werden kann. Dabei verbindet er neueste Forschungsergebnisse zur Heilkraft des Wassers mit den reichhaltigen Erfahrungen aus seiner ärztlichen Praxis. Seine Begeisterung für das Heilmittel Wasser ist ihm in die Wiege gelegt. Aufgewachsen im "Kneippland Unterallgäu" dauert es nicht lange, bis er im Rahmen seiner ärztlichen Ausbildung Erfahrungen im berühmten Kneippianum in Bad Wörishofen sammelt. Weiterbildungen in Traditioneller Indischer und Chinesischer Medizin bestätigten ihn in seiner Überzeugung, dass es an der Zeit ist, die heilende Kraft des Wassers viel mehr zu nutzen.

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Thomas Rampp

Wie Wasser heilt

Meine besten Tipps aus Forschung und Praxis

Knaur e-books

Über dieses Buch

Der vielseitige Gesundheits-Ratgeber zur faszinierenden Heilkraft des Wassers vom renommierten Naturheilkunde-Arzt.

 

»Wasser kann den Blutdruck zu senken, es stärkt das Immunsystem, hilft den Körper zu entgiften und ist das vielseitigste und beste Medikament, das ich kenne.«

Dr. med. Thomas Rampp ist Oberarzt in einer großen Abteilung für Naturheilkunde und Integrative Medizin und beschreibt in diesem erzählenden Sachbuch die umfassenden Heilkräfte des Wassers und wie diese jeder für sich selbst anwenden kann.

Neben traditionellen Anwendungen der Naturheilkunde geht es um die Fragen, weshalb Wasser so wichtig ist für Körper und Seele, wie sehr es zur Gesunderhaltung gebraucht wird, wie Wasser-Spülungen den Körper reinigen, bei welchen Beschwerden Kneipp-Anwendungen sinnvoll sind und wie Wasser unser Immunsystem und unsere Gesundheit stärkt.

Der erfahrene Arzt beschreibt die ganze Bandbreite naturheilkundlicher Wasser-Anwendungen: Was wirklich hilft und wie es gewinnbringend durchgeführt werden kann.

Dabei verbindet er neueste Forschungsergebnisse zur Heilkraft des Wassers mit den reichhaltigen Erfahrungen aus seiner ärztlichen Praxis.

Seine Begeisterung für das Heilmittel Wasser ist ihm in die Wiege gelegt. Aufgewachsen im »Kneippland Unterallgäu« dauert es nicht lange, bis er im Rahmen seiner ärztlichen Ausbildung Erfahrungen im berühmten Kneippianum in Bad Wörishofen sammelt. Weiterbildungen in Traditioneller Indischer und Chinesischer Medizin bestätigten ihn in seiner Überzeugung, dass es an der Zeit ist, die heilende Kraft des Wassers viel mehr zu nutzen.

Inhaltsübersicht

Einleitung: Mein Weg zum WasserKapitel 1: Mit Pfarrer Kneipp das Immunsystem stärken – Der WasserdoktorDie Abhärtung zur Stärkung des ImmunsystemsKneipptherapie – »Gesundheit aus einem Guss«Kalte DuschenWassergüsseTautretenSchneegehenVon »Frostbeulen« und »Warmduschern«Kneipp 2.0 trifft PsychoneuroimmunologieGesund sowie rank und schlank durch kaltes WasserWasserkaltreize: Schmerzlindernd und entzündungshemmendDie »Eistonne« gegen MuskelkaterKältereize gegen die Entzündung bei AutoimmunerkrankungenGute Nacht dank Kneipp – Selbsthilfestrategien bei SchlafstörungenDas (wechsel)warme FußbadDas Geheimnis der »Kneipp’schen nassen Socken«Die Kneipp’sche »Einschlafpille«Morgens fit dank KneippDer Kneipp’sche »Schönheitsguss«Das kalte Armbad – Der Kneipp’sche »Espresso«Thermoregulation bestimmt unser Leben – wie vor 50000 JahrenEntwicklungsgeschichte und WohlfühltemperaturSchweiß – Ein ganz besonderes WasserKapitel 2: Schön, gesund und vital dank Meerwasser und SeeklimaDie KlimatherapieKühler WindSalzhaltige LuftSonneKlimatherapie in Kombination mit anderen TherapienDie ThalassotherapieKapitel 3: Badekulturen Asiens und Europas – Onsen meets SpaOnsen – Entspannen auf JapanischSpa – das europäische Onsen?Kapitel 4: Wie viel Wasser braucht der Mensch, um gesund zu bleiben?Unser Gesundheitselixier WasserWassermangel und seine fatalen FolgenFlüssigkeitsmangel erkennen und behebenWie viel Flüssigkeit der Körper täglich brauchtWas genau ist Durst?Welche Getränke den Durst wirklich stillenDas Gehirn und sein FlüssigkeitsbedarfTrinken und DenkenDie Studie »Trinken im Unterricht« (TiU)Rank und schlank dank WasserkraftKönnen wir durch Wassertrinken tatsächlich abnehmen?Schlank und gesund durch ein Morgenritual aus AsienKapitel 5: Welche Wasserqualität ist für unsere Gesundheit erforderlich?Exkurs: Wie das Wasser auf die Erde kamWasser und MenschDer große VerbrauchIst Leitungswasser gesund?Mineralwasser: Lohnt sich das Kistenschleppen?Natürliche Heilquellen – Die Kraft des TiefenwassersWeitere Tipps zu den verschiedenen WässernInternationale Bemühungen um die weltweite WasserqualitätPlastik im WasserMikroplastikWasserschutz in EuropaKapitel 6: Wie viel Waschen gesund istWie regelmäßig sollte man sich duschen?Was bedeutet trockene Haut?Körperpflege für FortgeschritteneKapitel 7: Wasser beeinflusst Körper, Geist und SeeleWasser, das blaue GlückDie Natur als Blaupause für medizinische Therapien: Floating freeWasser für das SeelenheilChristentum: Taufbecken und WeihwasserHinduismus: Wasser, Pilger und Pilgerstätten in IndienKleine rituelle Waschung im Islam – Wudu’Die Bedeutung des Wassers im BuddhismusDie Bedeutung des Wassers im JudentumKapitel 8: Wasser in der Traditionellen Indischen MedizinDie DoshasHeißes Wasser in der Traditionellen Indischen MedizinDas geeignete Wasser für Ihren KonstitutionstypDie Kurkumawasserkur und ZitronenwasserKapitel 9: Wasser in der Traditionellen Chinesischen MedizinDas Wasser-Element und der Wechsel von Ruhe und KraftDie Nieren – Wurzeln des LebensAngst ist der Feind des Wasser-ElementsDas Nieren-QigongKapitel 10: Von Klistieren und WeltraumtoilettenWasserspülungen des VerdauungstraktsDas Klistier heuteKapitel 11: Gesund dank Aqua-Fitness & Co.Viele Varianten – gleiches Ziel?Aqua-JoggingHydro-/Aqua-PowerAqua-Walking/Water-Running/Nordic Aqua-WalkingAqua-CyclingAqua-SpinningAqua-BoxingAqua-StepAqua-DancingAquarobicAqua-RelaxingAqua-BalancingDer Arzt im Wasser: Dr. FlipperKapitel 12: Energetische Einflüsse des WassersWasseradernWasseradern finden und entstörenWie erklärt man sich die Ausschläge des Pendels?Wie und woran erkenne ich nun wirklich Wasseradern?Die Botschaft des Wassers: Masaru EmotoKapitel 13: Aquacalypse NowUnser KonsumverhaltenDrohende WasserknappheitWasser sparen, aber wie?Produkte zum WassersparenRegenwassernutzung schützt unser TrinkwasserWasser sparen beim EinkaufenNachwort: Wasser findet seinen WegAnhangDanksagungVerzeichnis der Übersichten
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Einleitung

Mein Weg zum Wasser

Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser, denn Wasser ist alles, und ins Wasser kehrt alles zurück.

Thales von Milet

Aufgewachsen bin ich im »Kneippland Unterallgäu« und habe, wenn man so sagen möchte, die Kneipp’sche Lehre schon mit der Muttermilch aufgesogen. Denn der Name »Kneipp« spielte in unserer Gegend immer eine wichtige Rolle, die Zeitungen waren voll mit Berichten aus Bad Wörishofen, und regelmäßig hörte man von berühmten Persönlichkeiten, die dort zur Kur anreisten. Hinzu kommt, dass mein Großvater als Landarzt im Unterallgäu tätig war und meine Mutter und meine Tante ihn bei der täglichen Sprechstunde unterstützten, sodass ich sehr früh mit medizinischen Dingen in Berührung kam. Mein Großvater war ein eingefleischter Kneippanhänger und machte zusammen mit meiner Großmutter selbst jedes Jahr eine Kur in Bad Wörishofen oder einem anderen Kneippkurort in der Umgebung. In seinem Sprechzimmer hing ein großes Bild vom »Wasserdoktor«, weswegen ich als Kind immer glaubte, Ärzte und Wasser seien untrennbar miteinander verbunden.

In unserer Kindheit bekamen wir natürlich bei Bedarf auch Anwendungen aus dem Kneipprepertoire. Bei Fieber gab es Wadenwickel, Brustwickel bei Husten und Bronchitis, und im Garten konnten wir Tau und Schnee treten, was uns Kindern immer besonders viel Spaß bereitete. Vermutlich nach einem Keuchhusten, der mich sehr geschwächt hatte, wurde ich eines Tages zu einer Tante in die Niederlande verschickt. Diese lebte an der Küste in der Nähe von Rotterdam, wo ich die heilklimatischen Bedingungen der Nordsee kennenlernte. Bei Wind und Wetter ging meine Tante mit mir zum Strand. Bekleidet war ich wie die einheimischen Kinder mit kurzen Hosen und einem warmen Wollpullover. Anfangs fror ich noch und mochte eigentlich nicht nach draußen, aber nach einiger Zeit machte mir das Reizklima nichts mehr aus, und ich wollte abends gar nicht mehr nach Hause. Ein paar Wochen später war der Husten völlig verschwunden, ich war gekräftigt und hatte wieder an Gewicht zugelegt, was sicher nicht unbedingt am niederländischen Essen lag.

Zu der Zeit fielen auch oft Begriffe wie »Abhärtung« oder »Verweichlichung«, und einige Bewohner aus meinem Heimatdorf, darunter meine Mutter, gingen bis in den Herbst hinein zum Schwimmen in die nahe gelegenen Seen und Weiher, und einige Verwegene schlugen sogar im Winter Löcher ins Eis, um sich dann dem extremen Kaltreiz des Eisbadens auszusetzen. Kaltes Wasser war also etwas für die »Harten« und durchwegs positiv besetzt. Wenn man trotzdem mal eine Erkältung bekam, dann verordnete man oft Dampfbäder mit verschiedenen Kräutern, darunter häufig Kamille oder Spitzwegerich zur Entzündungshemmung und Schleimlösung. Bei Halsentzündungen gurgelten wir zusätzlich mit Salzwasser, was für uns Kinder schon eine große Überwindung bedeutete.

Eines Tages sollte auf dem Nachbargrundstück meiner Eltern nach Wasser gebohrt werden. Der Besitzer hatte viele Pflanzen zu bewässern und wollte daher einen Brunnen anlegen. Hierfür hatte er eine Mannschaft engagiert, die sonst in unserer Gegend auf der Suche nach »schwarzem Gold«, also Erdöl, war. Diese Männer rückten mit ihren riesigen Geräten an und begannen zu bohren. Immer und immer wieder senkte sich der Bohrkopf in die Erde, aber nichts passierte. Weder Wasser noch Erdöl sprudelten an die Oberfläche. Mittlerweile hatte sich eine ansehnliche Gruppe an Schaulustigen um die Bohrstelle gruppiert und gab zahlreiche mehr oder weniger hilfreiche Kommentare ab.

Einer sagte dann schließlich, man müsse »den Toni« mit seiner Rute holen, dann würde es schon funktionieren. Etwa fünfzehn Minuten später kam »der Toni« dann angeradelt. Er hatte eine sogenannte Wünschelrute dabei und lief damit über das Grundstück, kreuz und quer und immer wieder, aber nichts geschah. Irgendwann sagte er: »Das könnt ihr vergessen, da ist kein Wasser«, und radelte davon. Es folgte ein allgemeines Schulterzucken, und dann gingen alle nach Hause, einschließlich des Bohrtrupps.

Wenn der bekannteste Wünschelrutengänger der Gegend sagte, es gäbe kein Wasser an einer bestimmten Stelle, dann war das Gesetz. Jahre später stellte sich bei Baggerarbeiten heraus, dass hier meterdicke Lehmschichten vorhanden waren, die kein Grundwasser durchließen. »Der Toni« hatte also recht gehabt.

Es folgten dann die Jahre bis zum Abitur, und in dieser Phase spielte Wasser als Heilmedium eher eine untergeordnete Rolle in meinem Leben. Erst im Rahmen des Zivildienstes, den ich im nahe gelegenen Kreiskrankenhaus absolvierte, kam ich wieder mit Wasser als Heilmittel in Berührung. Häufig verlegte man die Patienten nach erfolgreicher Operation oder Akutbehandlung ins benachbarte Bad Wörishofen zur Rehabilitationsbehandlung, oder das Kreiskrankenhaus nahm akut erkrankte Patienten aus dem Kurort auf. Hier sah ich auch zum ersten Mal, welche Folgen es haben kann, wenn ältere Menschen zu wenig trinken – wenn sie sozusagen »austrocknen«.

Das anschließende Medizinstudium in Würzburg war insgesamt sehr naturwissenschaftlich ausgerichtet. In dieser Zeit erwarb ich die wichtige Basis für meine spätere ärztliche Tätigkeit: Anatomie, Physiologie, selbstverständlich inklusive Nierenfunktion und Wasserhaushalt des Menschen. Während des Studiums blieb also wenig Raum für naturheilkundliche Ansätze, lediglich im Rahmen einer Exkursion besuchten wir einmal die dort ansässigen Kneippwerke. In der Psychiatrie begegnete ich Patienten mit Waschzwang, in der Kardiologie sah ich Patienten mit Herzschwäche und Wassereinlagerungen, und in der Rechtsmedizin gab es Wasserleichen. Die Heilkräfte des Wassers kamen aber so gut wie nicht vor.

Nach dem Studium ging ich zurück ins Allgäu und begann meine Assistentenzeit an einer Allgäuer Klinik. Es war eine sehr arbeitsintensive Zeit, und etwas wie die Wassertherapie kam höchstens als Hebe-senk-Einlauf bei Darmträgheit vor. Erst der Anruf eines Kollegen, der mich fragte, ob ich mich nicht in Richtung Allgemeinmedizin orientieren möchte, brachte mich wieder näher ans Wasser. Die Idee einer allgemeinärztlichen naturheilkundlichen Schwerpunktpraxis begeisterte mich, und so ging ich erst einmal nach Bad Wörishofen und widmete mich dort unter anderem im bekannten Kneippianum intensiv den Naturheilverfahren.

Mit viel Theorie und etwas Handwerkszeug ausgestattet, ging es nun in die Praxis. Dort konnte ich vieles von dem Erlernten umsetzen, und die Menschen waren meist sehr aufgeschlossen und dankbar für die Tipps und Anleitungen zur Selbsthilfe.

Nach drei Jahren Praxisassistenz brauchte ich noch einmal neue Impulse und ging nach Marburg, um an der dortigen Uniklinik zu forschen und zu promovieren. Obwohl ich an einem chirurgischen Thema arbeitete, hörte ich aus Interesse Vorlesungen im Sonderforschungsbereich »Adaptation und Rehabilitation«, der seinerzeit von Professor Gunther Hildebrandt (1924–1999) gegründet wurde. Hier erfuhr ich viel über biologische Rhythmen im menschlichen Körper, über Reiz-Reaktions-Analyse und die Anpassungsfähigkeit biologischer Systeme.

Nach Beendigung meines Forschungsprojekts und Fertigstellung der Promotionsarbeit begab ich mich in die Ausbildung zum Chirotherapeuten und lernte dabei einen interessanten Menschen kennen, mit dem ich bis heute beruflich verbunden bin. Sein Name ist Gustav Dobos, und er hatte die Vision, Europas größte Naturheilklinik zu eröffnen. Er nahm mich in sein Projektteam auf, und wir machten uns an die Arbeit. Nach knapp einem Jahr war es dann so weit, das 240-Betten-Haus wurde feierlich im ehemaligen Osten Deutschlands in Bad Elster eröffnet.

Die Zeit dort war ein einziges Feuerwerk an Erfahrung und Erkenntniszugewinn. Kollegen und Mitarbeiter aus der ganzen Republik sowie erfahrene Kollegen aus dem Umland kamen an diesem Ort zusammen und entwickelten ein Therapiekonzept, das bis heute erfolgreich ist. Hier lernte ich unter anderem ortsständige Heilmittel in Form von verschiedenen Heilquellen kennen. Die Moritzquelle etwa hatte den Ruf, bei unerfülltem Kinderwunsch besonders hilfreich zu sein; und so begaben sich junge Frauen aus ganz Deutschland nach Bad Elster, um eine Trinkkur mit dem Wasser dieses Borns durchzuführen. Tatsächlich gab es wohl zu DDR-Zeiten häufig Erfolge in Hinblick auf den Kinderwunsch – ob dies allerdings an der Mineralquelle oder eher am benachbarten Bergarbeitererholungsheim lag, konnte nie abschließend geklärt werden. Die berühmte Moritzquelle, im Volksmund auch »Bubiquelle« genannt, wurde bei unerfülltem Kinderwunsch aber wohl schon immer richtig eingeschätzt. Auf einer alten Postkarte steht zum Beispiel der Spruch: »Und klappt’s nicht mit der Bubiquelle, so schafft’s bestimmt die Kurkapelle …«

 

Das erfolgreiche Konzept und die gute Arbeit machten uns über Bad Elster hinaus bekannt, und eines Tages reiste eine Delegation medizinischer Fachleute aus Essen an, um uns näher kennenzulernen. Später entwickelte sich daraus unsere heutige Abteilung an den Kliniken Essen-Mitte. Hier konnten wir nun die gesammelten Erfahrungen zusammenführen und im Konzept der sogenannten Integrativen Medizin im Rahmen einer »Modellklinik des Landes Nordrhein-Westfalen« perfektionieren. Zusammen mit der Universität Duisburg-Essen realisierten wir zahlreiche Forschungsvorhaben, und diesen Zugewinn an Wissen konnten wir unmittelbar in die tägliche Arbeit integrieren. Im Rahmen der universitären Lehre wird dieses Wissen auch an Medizinstudenten weitervermittelt. Wir konnten zusammen mit Kollegen aus China und Indien die jeweiligen Medizinsysteme TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) und TIM (Traditionelle Indische Medizin) integrieren und zuletzt sogar noch um die persische Medizin ergänzen.

In diese Zeit fielen auch Studienaufenthalte in den USA, in China, Indien, Japan und Persien. Überall faszinierten mich dabei die heilenden Kräfte des Wassers, des besten Medikaments der Welt, die ich Ihnen nun in diesem Buch vorstellen möchte.

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Mit Pfarrer Kneipp das Immunsystem stärken – Der Wasserdoktor

Ist das Wasser für den gesunden Menschen ein vorzügliches Mittel, seine Gesundheit und Kraft zu erhalten, so ist es auch in der Krankheit das erste Heilmittel. Es ist das natürlichste, einfachste, wohlfeilste und, wenn recht angewendet, das sicherste Mittel.

Sebastian Kneipp

Schon im Altertum verordneten römische Ärzte ihren Patienten kalte Güsse oder Umschläge. Der wohl bekannteste war Leibarzt des Kaisers Augustus, Antonius Musa (1. Jahrhundert v. Chr.). Musa konnte den zeit seines Lebens kränkelnden Augustus im Jahr 23 v. Chr. mit einer Kaltwasserbehandlung von einer schweren Krankheit heilen und wurde dafür mit einer Statue geehrt, die Augustus neben der des Heilgotts Asklepios aufstellen ließ.

Im 19. Jahrhundert entwickelte Sebastian Kneipp (1821–1897) im bayerischen Schwaben die Idee, mit ungemütlichen Temperaturreizen körperliche Selbstheilungsprozesse anzustoßen. In seinem Buch Meine Wasserkur schrieb er: »Als Abhärtungsmittel nennen wir – das Barfußgehen, das Barfußgehen im nassen Gras, das Barfußgehen auf nassen Steinen, das Barfußgehen im neu gefallenen Schnee, das Barfußgehen im kalten Wasser, das Kaltbaden der Arme und Beine (Füße), den Knieguss (mit und ohne Oberguss).«[1]

Für viele Kneippianer hat sich das Abhärten durch Kaltreize als Training für die Abwehrkräfte bewährt, dadurch sind sie seltener erkältet; und wenn es sie doch mal erwischt, sind sie zumindest nicht so lange krank wie andere.[2]

Sozusagen als Auftakt zum »Warmwerden« lernen Sie hier einfache praxisorientierte Kneippanwendungen kennen, und zwar zusammen mit den bis heute gültigen klugen Erkenntnissen und Erfahrungen des Wasserdoktors. Diese sind weitgehend unverfälscht in seinem unverwechselbaren, kraftvollen Unterallgäuer Idiom wiedergegeben, durch das sich das enorme gesundheitliche Potenzial dieser Anwendungen am besten vermitteln lässt. Anhand der Geschichte von Pfarrer Kneipp wird hier auch zusammen mit persönlichen Erfahrungen die Entwicklung der Kneipptherapie bis zum heutigen Tage skizziert und das enorme gesundheitliche Potenzial dieser Anwendungen praxisnah vermittelt. Vom warmen Fußbad bis zum Kneipp’schen »Espresso« erfahren Sie einiges über sinnvolle Anwendungen, die Sie problemlos auch zu Hause ausprobieren können.

Die Abhärtung zur Stärkung des Immunsystems

Den Abgehärteten greift nichts an, den Verweichlichten bringt jedes Blatt Papier in Aufregung. Ein abgehärteter Körper besitzt auch den größeren Schutz vor den Krankheiten der Seele.

Sebastian Kneipp

Schneetreten oder Wechselduschen: Nicht erst seit Pfarrer Kneipp schwören viele Menschen auf Kältereize zum Schutz vor Erkältungen. Der Begriff »Abhärtung« ist in der konventionellen Medizin jedoch eher ungebräuchlich. Als »Vater des Abhärtungsgedankens« gilt der englische Arzt und Philosoph John Locke (1632–1704), der ihn vor allem für den Bereich der Kindererziehung anwandte. In die Naturheilkunde fand er erst im 19. Jahrhundert durch die Hydrotherapie und das »Luftbad« Eingang.

»Abhärtung« wurde zu einem der Lieblingswörter von Pfarrer Kneipp. In der Zeit des Nationalsozialismus missbrauchte man den Begriff zu propagandistischen Zwecken im Zusammenhang mit einer idealisierten spartanisch-»germanistischen« Lebensweise. Heutzutage versteht man unter »Abhärtung« die wiederholte, bewusste oder unbewusste Exposition des Menschen gegenüber natürlichen Reizen. Natürliche Reize sind hierbei Kälte, Wärme, klimatische Einflüsse einschließlich Sonneneinwirkung und nicht erschöpfende sportliche Aktivität. Unsere heutige westliche Lebensweise beschert uns dank unserer Bequemlichkeit leider ein Defizit an thermischen Reizen, Wärme- und Kältereize sind also häufig Mangelware.

Das Hauptanliegen der sogenannten »Abhärtung« ist die Stärkung der körpereigenen Abwehr, um auf natürliche Art und Weise grippeähnlichen und anderen Infekten vorzubeugen. Dies stabilisiert die Gesundheit und das Wohlbefinden auf vielfältige Art und Weise.

Das Prinzip der »Abhärtung« ist innerhalb der Naturheilkunde schon seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Seit dieser Zeit taucht der Begriff in der einschlägigen Literatur auf. Der Naturwissenschaftler und Arzt Johann Georg Krünitz (1728–1796) definierte die »Leibesabhärtung« als »die Gewöhnung des Körpers, den Eindrücken der Witterung und andern Beschwerden widerstehen zu können, oder solche nicht zu empfinden«.[3] Luft- und Sonnenbaden, kalte Duschen und Güsse, Barfußgehen und Saunieren – die diversen Methoden der körperlichen Stärkung entwickelten sich von England bis zur Schweiz und fanden in vielschichtiger Weise Zugang auch zur Naturheilkunde und integrativen Medizin unserer Tage. Sehr bekannt wurden Sigmund Hahn (1664–1742) und sein Sohn Johann Sigmund (1696–1773). Diese praktizierten als Ärzte in der schlesischen Stadt Schweidnitz. Sie waren die eigentlichen »Väter der Wasserheilkunde« in Deutschland, daher wohl nannte man sie wohlwollend-scherzhaft »die Wasserhähne«. Daneben sind der Landwirt und autodidaktische Heiler Vincenz Prießnitz (1799–1851) sowie besagter Sebastian Kneipp die bekanntesten Vertreter dieser Therapieform.

Was passiert im Körper bei einer »Erkältung«? Der Begriff »Erkältung« beschreibt, dass sich bei kalten Händen und Füßen reflektorisch auch die Durchblutung im Nasen-Rachen-Raum reduziert. Eine schlechtere Durchblutung der Schleimhäute hat aber dann auch eine reduzierte lokale Abwehr zur Folge, da nur gut durchblutete Schleimhäute vor eindringenden Viren und Bakterien optimalen Schutz bieten. Dies konnte experimentell an einer Gruppe Freiwilliger nachgewiesen werden, die ein zwanzigminütiges kaltes Fußbad nahmen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne kaltes Fußbad bekamen in der Fußbadgruppe in der Folge dreimal mehr Personen eine »Erkältung« in den darauffolgenden Tagen. Dies ist ein Indiz dafür, dass untrainierte Personen länger brauchen, um sich nach einem Kaltreiz wieder zu erwärmen und die Schleimhäute wieder in Abwehrbereitschaft zu versetzen. Nach dem Kontakt von Krankheitserregern mit der Nasen-Rachen-Schleimhaut reagiert das unspezifische Abwehrsystem nämlich umso effektiver, je besser die Schleimhäute durchblutet sind.

Inzwischen haben wissenschaftliche Studien die therapeutischen Effekte solcher Kneippanwendungen nachgewiesen; daran kann man sehen, dass nicht nur die Anfälligkeit für Erkältungen und grippale Infekte sinkt, sondern die Reiz-Reaktions-Therapie auch bei Bluthochdruck und bei nervösen Störungen wirkt, die Gefäße und das Herz-Kreislauf-System trainiert, die Venen kräftigt und bei Krampfadern hilft. Der wöchentliche Besuch der Sauna verbessert die Lungen- und Hautfunktion, aber nur dann, wenn auf Hitze auch Kälte folgt, sonst kommt der Wechselreiz nicht zustande, und somit erfolgt dann auch keine Reaktion.

Abhärtende Maßnahmen stabilisieren langfristig das vegetative Nervensystem, das bedeutet weniger Stressanfälligkeit und mehr Erholungsphasen durch Herunterregulierung des leistungsorientierten Teils des vegetativen Nervensystems, des Sympathikus. Der Einfluss des Parasympathikus, der für Regeneration und Erholung zuständig ist, nimmt dabei zu. In der neueren Forschung wurden auch biochemische Anpassungen beschrieben, wie zum Beispiel die vermehrte Toleranz freier Radikale, die bei vielen Erkrankungen eine Rolle spielen. Außerdem können Viren auf feuchten, gut durchbluteten Schleimhäuten schlechter andocken, etwa im Nasen-Rachen-Raum, und es gelangen mit dem gesteigerten Blutstrom mehr Abwehrzellen in die Risikozone, die dann mögliche Erreger erkennen und eliminieren.

Für den menschlichen Organismus, der normalerweise um die 37 Grad Celsius benötigt, bedeutet ein allzu großer Temperatursturz erst einmal Stress. Dabei vermag gerade dieser Kontrast auch heilsam zu sein. Ein Dauerlauf bei eisigem Wind oder eben ein Sprung ins kalte Meer bringen Hormone, Immunsystem und Kreislauf in Schwung. Zunächst zieht sich das Blut in den Körperkern zurück, um dann, nach dem Kältereiz, die äußeren Körperpartien besonders stark wieder zu durchbluten. Diese sogenannte reaktive Hyperämie belebt das Gewebe. Bei wiederholten Temperaturreizen kommt es weiterhin zu einer Verbesserung der Durchblutungsregulation der Haut, dadurch verliert man zwar etwas mehr Wärme, erwärmt sich aber auch schneller wieder.

Das bedeutet: Regelmäßige Kaltreize machen unseren Organismus anpassungsfähiger und damit auch widerstandsfähiger gegen Erkältungen sowie freie Radikale und stabilisieren außerdem das vegetative Nervensystem. Aber würden Sie deshalb im Winter gleich in einen See springen und im eiskalten Nass Ihre Runden drehen? Freiwillig? Einige Bewohner aus meiner Heimatregion im Allgäu tun dies regelmäßig. Nach dem Bad fühlt man sich gut durchblutet und durchwärmt, berichten sie, und die Haut fühlt sich ganz weich an. Winterschwimmen beziehungsweise Eisbaden für höchstens wenige Minuten stellt einen extremen Kaltreiz dar und reduziert allgemein die Empfindlichkeit für Kälte. Zwar ist die Belastung deutlich höher als in der Sauna, doch für Gesunde, die sich an die Regeln halten, durchaus machbar. Man sollte es allerdings möglichst in der Gruppe ausüben und tunlichst Wettbewerbe und Übertreibungen vermeiden. Wer keine Mitstreiter hat, startet daher vielleicht doch eher erst mit Kneipp’schen Güssen, Tau- oder Schneetreten statt gleich mit Eisbaden, was eher schon den »Kneippprofis« vorbehalten ist.

Aber auch diese vermeintlich milderen Reize können große Effekte haben. So konnte eine wissenschaftliche Untersuchung der Sektion Physikalische und Rehabilitative Medizin der Klinik für Orthopädie und Physikalische Medizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Direktor: Prof. Dr. med. W. Hein) mit Unterstützung des Sebastian-Kneipp-Instituts in Bad Wörishofen zeigen, dass schon ein vierwöchiges Wassertreten nach Kneipp deutliche Effekte auf das Immunsystem hat. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe hatte die Gruppe der regelmäßigen »Wassertreter« im ersten Monat nach Beendigung der Trainingsphase so gut wie keine Infekte, danach verliefen die Infekte milder und kürzer im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Wassertreten.[4]

Die Reaktion auf einen Kaltreiz ist erwartungsgemäß nicht nur von der Art des Reizes, sondern auch von der Intensität abhängig. Vereinfacht ist dies in der sogenannten Arndt-Schulz-Regel beschrieben (nach dem Psychiater Rudolf Arndt [1835–1900] und dem Pharmakologen Hugo Schulz [1853–1932]). Diese Regel behauptet: Schwache Reize regen Lebensfunktionen an, mittlere, gut dosierte Reize kräftigen beziehungsweise fördern den Organismus, starke hemmen, übergroße Reize heben die Lebenstätigkeit auf.

Es gibt drei Prinzipien für eine erfolgreiche Abhärtung dieser Art: Erstes Prinzip einer erfolgreichen »Leibesstärkung« ist die Regelmäßigkeit. Aus der Forschung weiß man, dass der Körper nur durch wiederholte und langfristige Maßnahmen einen Trainingseffekt erfährt. Als zweites Prinzip gilt, dass man sich nur im gesunden Zustand abhärten soll. Und drittens soll man es nicht übertreiben, sondern langsam anfangen und auch bedächtig steigern.

Tummo-Yoga bringt Mönche zum Kochen

Darüber, was kaltes Wasser von außen nach innen im Körper bewirken kann, ist nun schon einiges gesagt worden, aber es gibt auch Möglichkeiten, außergewöhnliche Phänomene von innen nach außen hervorzurufen.

Professor Herbert Benson, der spätere Begründer der »Mind-Body-Medizin«, und sein Forscherteam von der Harvard Medical School gingen in den Achtzigerjahren mit Unterstützung des Dalai Lama zu abgelegenen Klöstern in den Bergen des Himalajas, um die außergewöhnlichen Fähigkeiten der dort ansässigen Mönche zu untersuchen. Die Forscher beobachteten dabei eine Erhöhung der Finger- und Zehentemperatur der Mönche um bis zu 8,3 Grad Celsius, die Absenkung der Ruhe-Stoffwechselrate des Körpers um bis zu 64 Prozent beziehungsweise deren Erhöhung um bis zu 61 Prozent sowie eine signifikante Verminderung der Herzfrequenz. Die Mönche führten dabei unter anderem eine tibetisch-buddhistische Yoga-Technik namens »Tummo« durch. Professor Benson, den ich zusammen mit einigen deutschen Kollegen 1999 in Boston kennenlernen durfte und der uns in den Folgejahren auch in Essen besuchte, erzählte diese beeindruckende Geschichte immer wieder gern.[5]

In einem Kloster in Nordindien saßen dünn gekleidete tibetische Mönche ruhig in einem Zimmer, in dem die Temperatur kühle 4 Grad Celsius betrug. Mit der Yoga-Technik »Tummo« versetzten sie sich in einen Zustand tiefer Meditation, während andere Mönche circa 1 mal 2 Meter große Tücher in kaltes Wasser (9,5 Grad Celsius) tauchten und diese über die Schultern der Meditierenden legten.

Bei ungeübten Menschen würden solch kühle Umschläge bald unkontrolliertes Zittern hervorrufen, und wenn die Körpertemperatur unter diesen Bedingungen weiter sinkt, könnte dies sogar zum Tode führen. Aber es dauerte nicht lange, bis von den Tüchern Dampf aufzusteigen begann. Während der Meditation trockneten die Tücher allein durch die Körperwärme der Mönche in ungefähr einer Stunde fast vollständig.

Das Harvard-Forschungsteam machte nicht nur Aufzeichnungen und Aufnahmen von Mönchen, die kalte, nasse Tücher mittels Körperwärme trockneten. Auch beobachteten und dokumentierten die Forscher Mönche, die bei –17 Grad Celsius eine Winternacht auf einem Felsvorsprung im Himalaja auf 4500 Meter Höhe verbrachten, während sie nur Woll- oder Baumwollschals trugen. Diese bemerkenswerten physiologischen Leistungen wurden allein durch intensive tägliche Meditationsübungen erreicht.[6]

Übrigens wären solche Effekte ohne den hohen Wasseranteil in unserem Körper vermutlich undenkbar.

Das Wort »Tummo« stammt aus dem Tibetischen und wird am häufigsten mit dem Begriff »inneres Feuer« übersetzt. Es handelt sich dabei um eine fortgeschrittene Meditationstechnik mit tantrischen Elementen, die unter anderem auch in Indien praktiziert wird, aber vor allem durch den tibetischen Buddhismus Verbreitung fand. Bis ins 10. Jahrhundert wurde diese Technik nur mündlich vermittelt und praktisch gelehrt.

Das Ziel dieser Meditation ist die Wärmeerzeugung durch die Erhöhung der Körpertemperatur ohne den Einsatz von Fremdmitteln. Entgegen einer niedrigen Außentemperatur, teilweise bis in den zweistelligen Minusbereich hinein, wird dabei Wärme von innen nach außen gelenkt, dabei werden negative Gedanken, Emotionen und Einstellungen ausgeblendet. Somit schützt die meditative Wärme sowohl den Körper als auch den Geist.

Die physiologischen Effekte werden anhand der Körpertemperatur in vier Stufen eingeteilt, die bei wirklich Geübten sogar die gemeinhin als Fieber geltende Temperatur übersteigen kann.

Stufe der Anfangswärme,

Stufe der Freude der Hitze aus der Meditation,

Stufe der Leerheit und Existenz bei hoher Temperatur,

Stufe der großartigen Freude bei äußerster Hitze.

Gemäß der tibetischen Tummo-Lehre soll jede Stufe in der Lage sein, bestimmte Krankheiten zu heilen.

Im Jahr 2013 ist es einem internationalen Forscherteam erneut gelungen, einen wissenschaftlichen Beweis dafür zu liefern, dass man durch Meditationstechniken die Körpertemperatur willentlich beeinflussen kann.

In Tibet konnten die Forscher die Daten von Nonnen sammeln, die durch die sogenannte g-Tummo-Meditation ihre Körperkerntemperatur, sprich die Temperatur der lebenswichtigen inneren Organe, erhöhen konnten.

Praktisch könnten diese Erkenntnisse Menschen in kalten Regionen oder Menschen mit Infektanfälligkeit und gestörter Wärmeregulation zugutekommen. Das Forscherteam unter anderem vom Department of Psychology an der National University of Singapore (NUS) veröffentlichte die Studie im Fachjournal PLOSONE.[7]

Vergleichbar dem Experiment von Herbert Benson in den Achtzigerjahren wickeln sich Nonnen am Ende ihrer »Ausbildung« nur dünn bekleidet eiskalte Tücher um ihre Körper und laufen bei Temperaturen zwischen –25 und –30 Grad Celsius für einige Stunden um das Kloster herum. An solchen Probandinnen konnten die Forscher im Einzelfall einen Körpertemperaturanstieg auf 38,3 Grad Celsius beobachten. Zum Vergleich: Die reguläre Körpertemperatur liegt zwischen 35,8 und 37,2 Grad Celsius.

In einer zweiten Untersuchung haben die Forscher auf gleiche Weise die Körpertemperatur von Studienteilnehmern aus der westlichen Welt untersucht, die keine Vorerfahrung mit der Tummo-Meditation hatten, sondern lediglich mit Yoga, Kung-fu und Ähnlichem. Ihnen wurde eine bestimmte Atemtechnik vergleichbar der bei der Tummo-Meditation angewandten beigebracht, allerdings nur auf körperlicher Ebene, ohne die geistig-meditative Komponente. Bei den Freiwilligen konnten die Wissenschaftler ebenfalls, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß, einen Anstieg der Körpertemperatur als Folge der Meditation feststellen.

Die Forscher schließen daraus, dass es somit auch für in der Meditationstechnik ungeübte Personen möglich ist, die Körpertemperatur durch gezieltes Atmen in Kombination mit isometrischer Muskelaktivität zu regulieren. Durch eine solche Technik könnte man sich demnach auch in kalten Umgebungen besser anpassen und somit die eigene Widerstandsfähigkeit zum Beispiel gegen Infektionskrankheiten erhöhen.

Warum die Körpertemperatur tatsächlich durch Anwendung der Tummo-Technik ansteigt, liegt nach Ansicht der Forscher zum einen an der benutzten Atemtechnik vase breathing (»Vasenatmung«), zum anderen auch an der effektiven Visualisierungstechnik. Bei der Vasenatmung wird nach dem Einatmen die Luft angehalten und sowohl die Bauch- als auch die Beckenmuskulatur angespannt. Hierdurch nimmt der Unterbauch in etwa die Form einer Vase an. Diese kraftvolle Atemtechnik führt tatsächlich zu vermehrter Wärmebildung durch eine erhöhte Stoffwechselaktivität. Bei der Visualisierung konzentriert sich der Meditierende auf ein mentales Bild von Flammen, wie sie beispielsweise vom Nabel Richtung Scheitel aufsteigen oder entlang der Wirbelsäule auflodern. Die Forscher gehen davon aus, dass es durch Zusammenwirken beider Techniken zu erhöhten Körpertemperaturen bis in den Bereich milder Fieberzustände kommen kann. Schon die Vasenatmung allein könnte somit eine Möglichkeit sein, um die Körpertemperatur im gesunden Umfang zu regulieren.

Wer also partout mit der Kneipp’schen Abhärtung und dem kalten Wasser nichts anfangen kann, der könnte sich mit Atemübungen und Meditation, allein oder in Kombination, ähnliche Effekte verschaffen.

Kneipptherapie – »Gesundheit aus einem Guss«

Kalte Duschen

Natürlich hat nicht jeder einen See in der Nähe oder regelmäßig die Gelegenheit, im Schnee zu laufen (siehe weiter unten). Sicher ist manch einer auch nicht willens oder in der Lage, ein konsequentes Kneippprogramm durchzuführen. Möglichkeiten zum Abhärten gibt es aber viele, auch werden die meisten eine Dusche ihr Eigen nennen können.

Da wäre – einfach und effektiv – zum Beispiel zum Einstieg die berühmt-berüchtigte kalte Dusche am Morgen. Man beginnt herzfern zuerst am rechten Bein beziehungsweise am rechten Arm, im Anschluss duscht man Beine und Arme ab, dann wird das Wasser über den Rumpf gespült. Ein nicht ganz ernst gemeinter Ratschlag besagt: Man hört erst auf, wenn die Kälte »schmerzt«. Ich kann den »Warmduschern« aber Mut machen, die Empfindlichkeit lässt von Tag zu Tag nach. Und anschließend ist der Körper angenehm durchblutet, man ist wach und fühlt sich frisch.

Wem das immer noch zu heftig ist, der kann mit der warm-kalten Wechseldusche beginnen, gern auch zwei Durchgänge genießen, sollte aber unbedingt mit dem Kaltreiz abschließen.

Beginnen wir also mit dem angenehmen Teil: Duschen Sie kurz circa 2 bis 3 Minuten mit warmem Wasser. Stellen Sie dann eine deutlich niedrigere Wassertemperatur ein, überwinden Sie nun den »inneren Schweinehund«, und beginnen Sie herzfern mit dem Abduschen: rechtes Bein (erst Außen-, dann Innenseite), linkes Bein (erst Außen-, dann Innenseite), rechten Arm (erst Außen-, dann Innenseite), linken Arm (erst Außen-, dann Innenseite), dann Brust, Bauch, kurz den Nacken, schließlich das Gesicht.

Spätestens jetzt sollten Sie munter und gut gelaunt sein. Wie auch im Folgenden immer wieder müssen Sie bei Kaltreizen auf die anschließende Wiedererwärmung achten.

Wirkung: zur Abwehrsteigerung, bei Infektanfälligkeit, zur Stabilisierung des Kreislaufs und des vegetativen Nervensystems, bei Wärmeregulationsstörungen, als ideales Gefäßtraining.

Gegenanzeigen: Bei Herz- und Kreislaufproblemen besprechen Sie sich am besten mit dem Arzt.

Wassergüsse

Empfinden Sie den kalten Abguss zunächst als einen zu starken Reiz, können Sie es anfangs auch mit einem kühlen Knieguss bewenden lassen, der allmählich zu einem Schenkelguss ausgeweitet wird. Der Knieguss ist übrigens so etwas wie ein »moderner Klassiker«.

Am empfindlicheren Oberkörper dürfen Sie dann gern vorerst nur eine kalte Waschung vornehmen, die Sie langsam, aber stetig zu einem Armguss ausweiten, bis Sie schließlich problemlos einen kurzen kalten Abguss genießen können.

Die Güsse sind die eigentliche Entdeckung Kneipps. Seine ersten verabreichte er aus der Gießkanne. Zur Wirkverstärkung gab er oft Schnee und Eis ins Wasser. Heutzutage verwendet man in der Regel einen ¾-Zoll-Gießschlauch (1 Zoll entspricht 2,54 Zentimetern) oder einen Gießrohraufsatz (Wassergießrohr). Mit einem Kneipp’schen Gießrohr oder Gießhandstück erreicht man hierbei am leichtesten seine »Kaltwasser-Wohlfühlzone«. Das Gießrohr verfügt über einen eingebauten Strahlbrecher und bietet so die Möglichkeit, genau den vollen, druckgeminderten Wasserstrahl zu erzeugen, den man für Kneipp’sche Güsse benötigt. Sie brauchen den Brausekopf einfach nur durch ein Gießrohr zu ersetzen, und schon können Sie einen gleichmäßigen Temperaturreiz und einen schönen »Wassermantel« auf der Haut erreichen. Der Gießschlauch ist 1,5 bis 2 Meter lang mit einem Innendurchmesser von mindestens 20 Millimetern. Wenn der Gießschlauch senkrecht nach oben gehalten wird, sollte das Wasser etwa vier Querfinger (circa 7,5 Zentimeter) übersprudeln, das entspricht dann dem optimalen Wasserdruck.

Grundsätzlich gilt die Regel: »Kein kalter Guss auf einen kalten Körper.«

Je kälter das Wasser ist, desto kürzer ist die Anwendung. Der Raum sollte angenehm warm und ohne Zugluft sein. Der Guss reicht vom Fuß bis eine Handbreit übers Knie. Man gießt entweder selbst oder lässt den Guss von einer anderen Person ausführen.

Man beginnt bei der rechten Kleinzehe (herzfern), führt den Strahl über den äußeren Fußrücken seitlich am Unterschenkel aufwärts bis eine Handbreit über das Knie. Dort kann man kurz verweilen, der Schlauch wird sanft hin und her bewegt, dadurch wird die äußere Wade mit einem Wasserstrahl ummantelt.

Nun den Schlauch nach vorn über die Kniescheibe zur Innenseite des knienahen Oberschenkels führen und wiederum sanft hin und her bewegen, um auch die Innenseite sanft mit einer »Wasserplatte« zu ummanteln. Den Wasserstrahl auf der Innenseite des Unterschenkels abwärts über den inneren Fußrücken bis zur Großzehe führen. Dann folgt in gleicher Weise das linke Bein.

Zum Ende hin begießen Sie die rechte und linke Fußsohle. Danach streifen Sie das Wasser mit den Händen ab (nicht abtrocknen). Ziehen Sie warme und trockene Socken an, und sorgen Sie somit für eine gute Wiedererwärmung.

Wirkung: bei müden und schweren Beinen, Krampfadern, Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Migräne, Schlafstörungen.

Gegenanzeigen: nicht bei akutem Harnwegsinfekt, weit fortgeschrittenen arteriellen Durchblutungsstörungen, Störungen der Regelblutung, Hexenschuss, Nieren- und Blasenkrankheiten.

Tautreten

Meine unbedingte Empfehlung ist es, morgens mit der ganzen Familie barfuß in den Garten zu gehen, so wie ich es schon in meiner Kindheit kennengelernt habe. Beim Tau- wie auch beim Schneetreten sei aber unbedingt darauf zu achten, dass die Füße vorher warm seien und danach auch sofort wieder erwärmt würden, mahnte Pfarrer Kneipp. Für Wärme können dicke Socken, Bewegung oder ein warmes, knöchelhohes Fußbad sorgen. Auch kleine Kinder dürfen unter sachkundiger Anleitung mitmachen, das wird in vielen »Kneippkindergärten« bereits seit Längerem erfolgreich praktiziert.

Wenn Sie einen Rasen im Garten haben, bietet sich frühmorgens das Tautreten oder Taulaufen an. Das Grün ist dann mit feinsten Wasserperlen benetzt, und Sie haben noch die nötige Bettwärme im Körper, um mit warmen Füßen zu starten. Gehen Sie circa 1 bis 2 Minuten durch das feuchte Gras. Mit zunehmender Gewöhnung kann man die Dauer der Anwendung auf 5 Minuten ausdehnen. Die Füße brauchen Sie danach nur abzustreifen. Ziehen Sie sich Socken an, am besten welche aus Wolle, und sorgen Sie für die Wiedererwärmung, zum Beispiel durch Bewegung.

Bei gänzlich Untrainierten kann vorübergehend ein schneidender unangenehmer Schmerz auftreten, dann sollten Sie die Anwendung beenden.

Wenn Ihnen keine Rasenfläche zur Verfügung steht, können Sie auch auf nassen Steinen gehen, die Sie vorher mit kaltem Wasser begossen haben (zum Beispiel auf dem Balkon oder der Terrasse). Beginnen Sie mit 3 bis 5 Minuten, später können Gesunde die Anwendung auf bis zu 30 Minuten ausdehnen. Wichtig dabei ist, nicht stehen zu bleiben und danach wie immer für die Wiedererwärmung zu sorgen.

Wirkung: durchblutungsfördernd, infektvorbeugend und vegetativ ausgleichend.

Gegenanzeigen: nicht bei Harnwegsinfekten und Unterleibsentzündungen.

Schneegehen

Sollte es im Winter geschneit haben, dann empfehle ich Ihnen unbedingt das Schneetreten, wie ich es noch heute gern mache, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bietet. Es ist ein außergewöhnliches Kneipperlebnis mit einem besonderen Medium, und Sie erleben es draußen in der Natur.

Am besten eignet sich dazu neu gefallener, weicher Schnee. Er darf nicht festgefroren oder verharscht sein. Warnungen vor Erkältungen und Erfrierungen durch diese kurzen Kaltanwendungen sind unbegründet. Untrainierte beginnen mit wenigen Sekunden, später kann das Barfußgehen im Schnee auf 3 bis 4 Minuten ausgedehnt werden. Stets ist die individuelle Ausgangslage und Konstitution zu berücksichtigen. Danach muss man wieder unbedingt auf eine gute Wiedererwärmung achten.

Wirkung: durchblutungsfördernd und vegetativ ausgleichend, Stärkung der Abwehrkräfte und Senkung von Infektanfälligkeit, bei Abgeschlagenheit und Müdigkeit, in manchen Fällen bei Kopfschmerzen, vermindert übermäßige Fußschweißbildung.

Gegenanzeigen: nicht bei Nieren- und Blasenentzündungen, hochgradigen arteriellen Durchblutungsstörungen und Unterleibsbeschwerden bei Frauen.

Von »Frostbeulen« und »Warmduschern«

Das Wasser hat große Wirkungen, gewiss, es leistet mitunter Unglaubliches, aber wenn der Mensch nicht will, dann ist alles aus, gegen Dummheit kämpfen Götter und Wasserströme vergebens.

Sebastian Kneipp

Bei regelmäßigen Trainingsreizen pendelt sich die Temperaturregulation auch bei völlig Untrainierten nach der Kaltanwendung wieder auf ein Normalniveau ein; das heißt, es ist nie zu spät, mit dem »Abhärtungstraining« zu beginnen. Ein Tipp dazu aus der Kneippgemeinde: Am besten startet man im Sommer, wenn die Körperkerntemperatur ohnehin etwas erhöht und eine Abkühlung willkommen ist. Das sorgt für einen weniger widerstrebenden und belastenden Trainingseinstieg.

Auch die gut trainierten Dorfbewohner aus meiner Heimat warnen davor, bei Schnee und Eis mit dem Winterschwimmen anzufangen. Ihr Tipp für Einsteiger: einfach im September die Badesaison nicht beenden, sondern regelmäßig weiterbaden. Bevor sie ins kühle Nass steigen, versäumen sie nie, sich mit Gymnastikübungen aufzuwärmen, oder sie kommen eh mit dem Fahrrad zum See und sind gut durchblutet.

Trotz aller Routine kostet es jedes Mal ein bisschen Überwindung, sich in den See zu begeben. Kaltes Wasser bleibt kalt. Auch für Winterschwimmer. Wichtig ist wieder, sich danach sofort abzutrocknen, warm einzuhüllen und mit guter Kleidung und Bewegung wieder aufzuwärmen. Sich ausgekühlt der Kälte auszusetzen ist nicht gesund. Wie gesagt sollten beim Wasser-, Tau- oder Schneetreten zum Beispiel die Füße vor der Anwendung deshalb immer warm sein. Ein Kaltreiz auf die kühlen Füße wäre kein Reiz im eigentlichen Sinne, sondern er würde die Durchblutung nur noch zusätzlich verringern. Außerdem stehen die Füße und der Nasen-Rachen-Raum in enger Beziehung. So wird bei kalten Füßen die Nasen- und Rachenschleimhaut schlecht durchblutet, und es besteht akute Erkältungsgefahr.

 

Dass Abhärtung die körpereigene Abwehr anregt, auch mehr Immunzellen zu produzieren, konnte in kleineren Studien nachgewiesen werden. Etwa in einer Untersuchung der Universität Jena mit zwanzig Patienten, die an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) litten.[8] Diese Klientel ist sehr anfällig für Infekte der Luftwege.

Obergüsse

Der Oberguss ist in seiner Handhabung und Technik zu aufwendig, als dass er sich für die Anwendung zu Hause eignete – besser, er wird von einem Kneippbademeister verabreicht.

Er gehört zu den großen Güssen und übt eine starke, aber auch wohltuende Wirkung aus. Auf dem Gießgestell muss man darauf achten, dass der Rücken vom Gesäß zum Nacken eine schiefe Ebene bildet, damit das Wasser nicht in die Kleidung, sondern zum Boden hin abfließen kann.

Gießfolge: Es werden zuerst beide Arme begossen, dann geht man von der Innenseite des linken Arms auf die Brust über und begießt diese kreisförmig; der Hals wird mit einbezogen. Der Schlauch wird dann nach Begießung der Brust von der rechten Seite über den Rücken geführt, dort begießt die geübte Fachkraft mantelförmig zuerst die rechte, dann die linke Rückseite, die Haare werden durch die Hand des Gießenden oder durch eine Bademütze geschützt. Schließlich geht man an der linken Schulter über den linken Arm abwärts.

Während des Gusses soll der Patient gleichmäßig aus- und einatmen.

 

Wirkung: hebt die Stimmung und das Wohlbefinden, regt die Atmung an und fördert die Durchblutung in allen Körperbereichen.

Gegenanzeigen: Wegen seiner intensiven Beeinflussung der Lungen, des Herzens und des Kreislaufs sollte der Oberguss nur auf ärztliche Anordnung verabreicht werden.

Die Patienten erhielten im Studienzeitraum regelmäßig unter anderem kalte Obergüsse verabreicht. Blutanalysen vor, während und nach den Anwendungen zeigten, dass die Anzahl immunrelevanter Zellen im Vergleich zur Kontrollgruppe um 13 Prozent angestiegen war. Diese Effekte waschen sich relativ schnell nach Beendigung der Therapie wieder aus, sind aber reproduzierbar. Das spricht für einen positiven therapeutischen Effekt. Ob durch diese Veränderung im Immunsystem Erkältungskrankheiten tatsächlich zu verhindern sind, ist in Studien an gesunden Probanden bisher nicht ausreichend untersucht worden.

Obwohl es schon fast als Binsenweisheit gilt, dass regelmäßiges Kaltduschen förderlich für das Immunsystem ist, erweisen sich die wissenschaftlichen Belege dafür als sehr dünn. Bei einer großen Studie dazu sind niederländische Forscher der Behauptung auf den Grund gegangen.[9] Dazu haben sie über 3000 gesunde Erwachsene in vier Gruppen eingeteilt: Die erste musste jeden Tag 30 Sekunden lang kalt duschen, die zweite Gruppe 60 Sekunden, die dritte 90 Sekunden, und die Kontrollgruppe durfte so duschen wie bisher. Die Studie war auf 30 Tage angelegt. 21 Prozent der Teilnehmer brachen unter anderem wegen eines andauernden Kältegefühls ab.

Die Probanden mussten währenddessen und 60 Tage nach Ende des Experiments in einem Onlinefragebogen angeben, wie fit sie sich fühlten und ob und wie lange sie krank waren. Das Ergebnis: Die »Kaltduscher« hatten 29 Prozent weniger Krankmeldungen am Arbeitsplatz zu verzeichnen. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, wie lange sie kalt duschten. Es ist allerdings nicht klar, ob sich diese Teilnehmer einfach krank in die Firma geschleppt hatten oder ob sie wirklich weniger krank waren. Ein weiterer kritischer Punkt der Studie ist, dass die Ergebnisse nur auf subjektiven Aussagen der Probanden beruhen. Ob das Kaltduschen also wirklich das Immunsystem stärkt, ist somit weiterhin nicht abschließend bewiesen. Einen positiven Effekt auf das Herz-Kreislauf-System und auf Haut und Haare, die bei geschlossenen Poren weniger austrocknen, dürfte es jedenfalls haben.

 

Nun nochmals zur Frage, inwiefern auch ausgesprochene »Warmduscher« von Reiztherapien profitieren können. Gemeint sind solche Konstitutionen, die schon bei 12 Grad plus mit Daunenjacke und Mütze unterwegs sind, deswegen hier aber keineswegs »diskriminiert« werden sollen. Die körperlichen Verfassungen sind halt unterschiedlich. Dieser kälteempfindliche Personenkreis kann zum Beispiel mit Wassergurgeln,[10] morgendlichen Trockenbürstungen und täglichen Spaziergängen an der frischen Luft beginnen, um den Kreislauf zu aktivieren – selbst wenn es regnet, stürmt oder schneit. Sich möglichst viel in der Natur aufzuhalten regt den Körper außerdem an, Vitamin D zu bilden. Den meisten Mitteleuropäern mangelt es an diesem Vitamin, vor allem in der dunklen Jahreszeit. Doch das sogenannte Sonnenvitamin besitzt auch einen großen Einfluss auf die Immunfunktion, wie etwa eine Studie im Fachmagazin BMC Infectious Diseases belegt.[11] Will man Erkältungskrankheiten vorbeugen, spielt aber grundsätzlich ein ausgeglichener Lebensstil eine Rolle – viel Bewegung, gute Ernährung, genügend Schlaf.

Kneipp 2.0 trifft Psychoneuroimmunologie

Ich konnte den meisten kranken Menschen erst helfen, als ich Ordnung in ihre Seele brachte.

Sebastian Kneipp

Chronischer Stress, chronische Entzündungen und folglich eine Vielzahl chronischer Erkrankungen sind die Geißeln der heutigen Zeit. Als hätte es Kneipp zu seiner Zeit bereits vorausgeahnt, richtete er sein Konzept der »fünf Säulen« so aus, dass es auch unter unseren derzeitigen Lebensumständen und bei den Gesundheitsproblemen unserer Zeit effektiv und wirkungsvoll bleibt.

Forschungsergebnisse aus der Psychoneuroimmunologie[12] führen uns direkt wieder zurück zu Kneipp und seinen fünf Säulen: Hydrotherapie, Bewegung, Ernährung, Pflanzenheilkunde und Ordnungstherapie. Erst in ihrer Gesamtheit der fünf Säulen kann die Kneipptherapie daher ihr ganzes Potenzial entfalten. Es entstehen synergistische Effekte zwischen den einzelnen Säulen mit einer deutlich gesteigerten Wirksamkeit und hin zu einem gesundheitsfördernden Lebensstil.

Erkenntnisse aus dem Bereich der Psychoneuroimmunologie geben deutliche Hinweise darauf, wie schädlich chronischer Stress und eine mangelnde Spannungsregulation im Alltag für uns Menschen und unser Immunsystem sein können.[13] Die Wechselwirkungen zwischen Nerven-, Hormon- und Immunsystem sind Gegenstand der heutigen Forschung, ebenso wie die Wirkung psychosozialer Stimuli. Als sickness behavior wird schließlich eine Veränderung des psychischen Erlebens und Verhaltens durch immunologische Veränderungen bezeichnet. In der Sport- und Präventivmedizin spricht man zum Beispiel vom sogenannten »Open-Window-Phänomen«, das heißt, ein geschwächtes Immunsystem wirkt dann auf Krankheitserreger regelrecht anziehend. Chronischer Stress, den das Gehirn auf Dauer nicht mehr kompensieren kann, führt neben den Funktionseinbußen beim Immunsystem auch zu schweren physischen und psychischen Erschöpfungszuständen. Mit seiner Definition der Lebensordnung beziehungsweise Ordnungstherapie hatte Kneipp das schon sehr früh intuitiv erahnt.

Kneipps »Fünf-Säulen-Therapie«