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Die Liebe ist unser wahres Schicksal.
Rozenn ist gerade Anfang zwanzig, als sie den charmanten Maart auf der traditionellen bretonischen Feier zum Dreikönigstag kennenlernt. Aufgrund eines heraufziehenden Wintersturms ist die Festgesellschaft gezwungen, über Nacht auf der Kamelien-Insel zu bleiben. In dieser Nacht erliegen Rozenn und Maart dem Zauber des Augenblicks und verlieben sich unsterblich ineinander. Doch das Schicksal scheint gegen diese Liebe zu sein.
Dreißig Jahre später tobt wieder ein Januarsturm, während Rozenn ihrer Freundin Sylvia von jenem Winterabend erzählt. Die junge Frau ist sich sicher, dass Rozenns Gefühle für Maart noch längst nicht erloschen sind. Da erhalten sie einen Anruf, der alles verändern könnte. Und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse in dieser schicksalhaften Nacht ...
Diese Kurzgeschichte zur Kamelien-Insel-Saga entführt die Leser in die bewegende Vergangenheit Rozenns. Eine wunderbare, zu Herzen gehende Geschichte, die Liebe und Wärme in winterliche Tage bringt.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2018
Die Kamelien-Insel
Die Frauen der Kamelien-Insel
Heimkehr auf die Kamelien-Insel
Die Liebe ist unser wahres Schicksal.
Rozenn ist gerade Anfang zwanzig, als sie den charmanten Maart auf der traditionellen bretonischen Feier zum Dreikönigstag kennenlernt. Aufgrund eines heraufziehenden Wintersturms ist die Festgesellschaft gezwungen, über Nacht auf der Kamelien-Insel zu bleiben. In dieser Nacht erliegen Rozenn und Maart dem Zauber des Augenblicks und verlieben sich unsterblich ineinander. Doch das Schicksal scheint gegen diese Liebe zu sein.
Dreißig Jahre später tobt wieder ein Januarsturm, während Rozenn ihrer Freundin Sylvia von jenem Winterabend erzählt. Die junge Frau ist sich sicher, dass Rozenns Gefühle für Maart noch längst nicht erloschen sind. Da erhalten sie einen Anruf, der alles verändern könnte. Und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse in dieser schicksalhaften Nacht …
Diese Kurzgeschichte zur Kamelien-Insel-Saga entführt die Leser in die bewegende Vergangenheit Rozenns. Eine wunderbare, zu Herzen gehende Geschichte, die Liebe und Wärme in winterliche Tage bringt.
Tabea Bach war Operndramaturgin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie wurde in der Hölderlin-Stadt Tübingen geboren und wuchs in Süddeutschland sowie in Frankreich auf. Ihr Studium führte sie nach München und Florenz. Heute lebt sie mit ihrem Mann in einem idyllischen Dorf im Schwarzwald, Ausgangspunkt zahlreicher Reisen in die ganze Welt. Die herrlichen Landschaften, die sie dabei kennenlernt, finden sich als atmosphärische Kulisse in ihren Frauenromanen wieder.
Tabea Bach
WINTERLIEBE AUF DER
KAMELIENINSEL
Eine Novelle zur Kamelien-Insel-Saga
beHEARTBEAT
Originalausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Margit von Cossart
Covergestaltung: www.buerosued.de
eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7325-7243-4
Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes »Die Frauen der Kamelien-Insel« von Tabea Bach.
Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Covergestaltung: © Ildiko Neer/Arcangel; © www.buerosued.de
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www.lesejury.de
Es war an einem dieser Wintertage, die in der Bretagne von Sonne über Wolken, Regen und Sturm alles bereithalten konnten, und genau das war es, was Sylvia so sehr an ihrer Wahlheimat liebte. Sie war viel zu glücklich auf der Kamelieninsel, um sich über den stetig wehenden Wind aufzuregen, ganz im Gegenteil. Wenn sie vor die Tür ihres Hauses trat und ihr je nach Wetterlage der suroît aus dem Süden oder der noroît aus dem Norden das halblange dunkelblonde Haar ins Gesicht blies, hatte sie jedes Mal das Gefühl, eine Dosis Frische verpasst zu bekommen. Ihre Gedanken wurden klar, ihre Gefühle beruhigten sich, ihre Lungen wurden weit, ihr Blut erhielt eine Extraportion Sauerstoff, und ihr Herz schlug rascher vor Glück.
So auch an diesem Tag zwischen Weihnachten und Neujahr, als sie durch den Jardin aux Camélias hinauf zu Solenns Haus ging, um mit der Besitzerin der Insel zu frühstücken. Dabei blieb sie ganz gegen ihre Gewohnheit immer wieder kurz stehen, um eine der prachtvollen Kamelien zu betrachten, zu deren Besonderheiten es gehörte, gerade jetzt im Winter zu blühen. Da war die herrlich gefüllte Sorte Beatrice Emily mit ihren fedrig weißen Blüten und dem zartvioletten Rand. Oder die Narumigata mit den auffälligen Büscheln aus gelben Staubgefäßen und dem unverwechselbaren Duft. Obwohl Sylvia nun schon lange auf der Kamelieninsel lebte und mit jedem einzelnen der Bäume und Sträucher vertraut war, so erschien es ihr doch immer wieder wie ein Wunder, wenn sich zwischen dem nachtgrünen Laub ausgerechnet in der rauesten Zeit des Jahres die zarten Blüten entfalteten.
Sie hatte selten die Muße, bei den einzelnen Sträuchern zu verweilen, denn als Geschäftsführerin der Kameliengärtnerei war sie rund um die Uhr beschäftigt. Sie hatte diese Aufgabe mit Leidenschaft übernommen und nahm sie sehr ernst. Doch in diesen Tagen zwischen den Feiertagen hatte sie beschlossen, ein wenig auszuruhen.
»Na, ausgeschlafen?« begrüßte Solenn sie, als sie die Küche durch die Hoftür betrat.
Die Hausherrin hatte die lokale Zeitung auf dem Tisch ausgebreitet und blickte sie über ihre Lesebrille hinweg liebevoll an. Sylvia musste an den Tag denken, an dem sie der Lebensgefährtin ihrer verstorbenen Tante zum ersten Mal gegenübergetreten war. Damals hatte die Bretonin einen herben und verschlossenen Eindruck auf sie gemacht. Man musste sich das Vertrauen der Sechzigjährigen erst verdienen, ehe sie einem ihr Herz öffnete, und anfangs hatte Solenn allen Grund gehabt, Sylvia zu misstrauen. Doch das war lange her. Inzwischen waren Maël, der Mann, den sie liebte, und Solenn, seine Ziehmutter, so wie alle, die auf der Kamelieninsel lebten, zu ihrer Familie geworden.
Solenn nahm ihre Lesebrille ab, faltete die Zeitung zusammen und erhob sich.
»Ich hab viel zu lange geschlafen« bemerkte Sylvia schuldbewusst.
Die Bretonin lachte sie aus. »Du hast doch Urlaub« antwortete sie, nahm einen bol aus dem Geschirrschrank und schenkte Kaffee in die henkellose Keramikschale. Dann fügte sie heiße Milch hinzu, die auf dem Herd vor sich hin geköchelt hatte. »Es reicht, dass Maël schon wieder in seinem Labor sitzt.«
»Er tüftelt an einer Kreuzung zwischen einer Camellia Japonica und einer Hybridsorte« sagte Sylvia mit einem Lächeln und nahm vorsichtig das Gefäß zwischen beide Hände. »Er spricht gerade von nichts anderem. Was gibt es Neues in der Welt?« fragte sie und wies auf die Zeitung.
»Das Übliche« entgegnete Solenn. Sie wirkte einen Moment lang nachdenklich, dann schlug sie das Nachrichtenblatt noch einmal auf.
»Ist von dem Bûche de Noël noch etwas da?« fragte Sylvia.
»Jede Menge« antwortete Solenn und blätterte, bis sie die Seite mit den Todesanzeigen gefunden hatte. »In der Speisekammer im obersten Regal.«
Sylvia fand die Platte mit dem Biskuitkuchen in Form eines Holzscheits, den man, gefüllt mit Schokoladencreme, in Frankreich zu Weihnachten traditionell aß, und stellte sie auf den Tisch.
»Ist jemand gestorben, den du kennst?« fragte sie mit einem besorgten Blick auf die Todesanzeigen, schnitt ein Stück von dem Kuchen ab und begann zu essen.
»Nicht persönlich«, antwortete Solenn und runzelte die Stirn, so wie sie es immer tat, wenn sie intensiv nachdachte.
»Wer ist es denn?«, fragte Sylvia und nahm einen Schluck Kaffee.
»Der Name wird dir nichts sagen«, antwortete Solenn ausweichend. »Was ich dich fragen wollte … Hast du heute schon etwas vor?« Sylvia schüttelte den Kopf. »Würde es dir etwas ausmachen, zum Festland zu fahren und für uns einzukaufen?«
»Natürlich nicht«, entgegnete Sylvia. »Das mach ich gern.«
»Außerdem hat Rozenn angerufen«, fügte Solenn hinzu. »Bist du so lieb und kaufst auch für sie mit ein?«
»Klar«, sagte Sylvia. »Sie ist doch hoffentlich nicht krank?«
»Nein, nein«. Solenn schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. »Aber sie hat unheimlichen Stress. Sie muss noch eine Lieferung fertig machen. Du kennst ja meine Schwester. Immer alles auf den allerletzten Drücker …«
»Vielleicht kann ich ihr ja helfen«, schlug Sylvia vor und genoss den Rest des Kuchenstücks. Dann stellte sie Teller und bol in die Spüle. »Hast du einen Einkaufszettel gemacht?«
Solenn zog ein dicht beschriebenes Blatt Papier aus der Küchenschublade. »Auf der Rückseite findest du Rozenns Liste. Du bist ein Schatz, Sylvie. Aber du musst das nicht sofort machen, die Flut läuft erst am späten Nachmittag wieder ein.«
»Ich weiß« entgegnete Sylvia gut gelaunt. »Zuerst sag ich Maël guten Morgen. Ich war schon seit einer Ewigkeit nicht mehr drüben bei den Gewächshäusern.«
Sylvia wollte gerade die Küche verlassen, als Solenn sie noch einmal zurückrief.
»Ich hätte noch eine Bitte. Könntest du für meine Schwester auch eine Zeitung kaufen?«
»Natürlich!«
»Und wenn es dir nichts ausmacht …« Solenn stockte.
»Was denn?« fragte Sylvia. Wenn Solenn diese Miene machte, dann beschäftigte sie etwas ungemein.
»Nun ja«, fuhr Solenn fort. »Vielleicht kannst du sie auf genau dieser Seite aufschlagen.« Sie wies auf die Seite mit den Todesanzeigen.
»Du meinst, rein zufällig?« Solenn biss sich auf die Unterlippe. Die Sache schien ihr unangenehm zu sein. »Kein Problem«, fügte Sylvia rasch hinzu. Warum auch immer Solenn das für angebracht hielt, sie würde ihre Gründe dafür haben. »Wir werden ihr damit aber nicht den Tag verderben, oder?«, fragte sie sicherheitshalber doch noch nach.
»Nein«, antwortete Solenn und fand zu ihrer üblichen Souveränität zurück. »Ganz im Gegenteil.«
Die Plantagen und Gewächshäuser, in denen die wundervollen Züchtungen heranwuchsen, für die der Jardin aux Camélias berühmt war, lagen rund zwei Kilometer entfernt in einer natürlichen Senke, die den Pflanzen die passenden Wachstumsbedingungen bot. Kamelien hatten hier den richtigen Boden, und das milde Klima der Insel war ideal. Eine unbefestigte Piste führte zum höchsten Punkt, der einen fantastischen Überblick über die gesamte Insel bot. Von hier aus wirkte sie wie ein Seestern oder eine fünfblättrige Blüte: Zwei der Blütenblätter wiesen nach Osten in Richtung des Festlands und umschlossen den natürlichen Hafen, in dem der Kutter La Brise und die anderen Boote der Insel an einer kleinen Mole vor sich hin dümpelten. Je eine Felsnase wies nach Süden und nach Norden, und eine Landzunge reckte sich gen Westen dem Horizont entgegen. Im Herzen der sternförmigen Insel befand sich gut geschützt von den heftigen Winden die sechzehn Hektar große Gärtnerei.
Sylvia bog in die steile Abfahrt ein, die hinunter in die Senke führte. Eines Tages würden sie die Mittel aufbringen, um diesen Wegabschnitt ordentlich befestigen zu lassen. Doch vorerst begnügten sie sich damit, die größten Schlaglöcher mit Steinen und Kies notdürftig auszubessern. Seit sie die Geschäftsleitung des Gärtnereibetriebs übernommen hatte, machte sie Pläne, und ein Projekt, nämlich den Bau eines Besucherzentrums, würden sie im kommenden Frühjahr in die Tat umsetzen. Dann konnten sie endlich dem stetig wachsenden Ansturm von Touristen aus aller Welt gerecht werden.
Unten angekommen durchquerte Sylvia das Metalltor und fuhr direkt vor das Gebäude, in dem sich Maëls Labor befand. Die meisten der Angestellten hatten in diesen Tagen freigenommen, nur Coco kam für ein paar Stunden, um die kostbaren Pflanzen zu versorgen. Sylvia konnte ihren karottenroten, streichholzkurz geschnittenen Haarschopf zwischen dem immergrünen Laub der Kamelien leuchten sehen. Ihren Mann fand Sylvia wie erwartet über ein Mikroskop gebeugt.
»Guten Morgen«, sagte sie, und Maël sah erfreut auf. Er erhob sich und nahm sie liebevoll in die Arme.
»Bonjour, ma chérie«, flüsterte er. »Hast du gut geschlafen?«
»Ja«, antwortete Sylvia. »Ich habe nicht einmal gehört, wie du gegangen bist. Bist du schon lange auf?«
»So lange auch wieder nicht.« Maël zog sie an der Hand sanft zu seinem Arbeitsplatz. »Komm, ich möchte dir etwas zeigen.« Er wies auf das Mikroskop. Sylvia setzte sich auf seinen Stuhl, sah durch die Linse und versuchte, etwas zu erkennen. »Was du hier siehst, ist die Verschmelzung von zwei unterschiedlichen Kernen. Etwas, das in der Natur stattfinden könnte, aber dennoch höchst unwahrscheinlich ist. Denn diese beiden Kamelien, die ich da zusammenbringe, wachsen auf zwei verschiedenen Kontinenten und blühen zu unterschiedlichen Zeiten. Darüber hinaus scheint irgendein von der Natur gegebener Mechanismus die Befruchtung verhindern zu wollen. Es hat fast ein halbes Jahr gedauert, aber jetzt hat es geklappt.«
»Es ist dir heute gelungen?«
»Vor einer halben Stunde.«
»Und daraus wird eine neue Sorte entstehen?«
»Das hoffe ich.«
Erneut beugte sich Sylvia über das Mikroskop und versuchte zu verstehen, was sie da sah. Maël stand dicht neben ihr und beantwortete mit zärtlicher Stimme ihre Fragen, seine Hand ruhte auf ihrer Schulter. Sylvia genoss jede seiner Berührungen. Sie liebte diesen Mann so unendlich und mit einer Leidenschaft, die täglich wuchs. Sie wünschten sich beide ein Kind, und während sie die Struktur der miteinander verschmolzenen Zellinformationen unter der Linse des Geräts betrachtete, fragte sie sich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie endlich schwanger würde.
Der Wind trieb dicke Kumuluswolken über einen fast unnatürlich leuchtenden türkisfarbenen Himmel, als Sylvia die Insel hinter sich ließ und auf den mehrere Kilometer langen Fahrdamm fuhr, der sie mit dem Festland verband. Er war nur bei niedrigem Wasserstand befahrbar; wenn sich die Flut ihrem Höhepunkt näherte, verschwand er unter den Wellen. Die Wolken warfen dunkle Schatten über das kobaltblaue Meer und schoben sich immer wieder vor die Sonne. Sylvia musste das Lenkrad mit beiden Händen festhalten, so stark waren die Böen. Winter in der Bretagne – das bedeutete vor allem Wind, Regen und alles verzauberndes Licht.
Es dauerte fast eine Viertelstunde, um den Damm zu passieren. Noch hatte es in diesem Jahr keine nennenswerten Winterstürme gegeben, und die Fahrstraße war in einem guten Zustand. Das konnte sich allerdings jederzeit ändern. Dann würde Pierrick, von dem keiner wusste, wie alt er wirklich war und der schon immer auf der Insel gelebt hatte, mit dem Baggerboot ausrücken, um die Schäden zu beheben. Denn der Atlantik nagte unablässig an diesem letzten Rest einer einstigen Landbrücke, die die Inselbewohner Jahr um Jahr gegen ihn verteidigten.