Winterzauber in Frost Creek - Katie McLane - E-Book
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Winterzauber in Frost Creek E-Book

Katie McLane

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Beschreibung

In Frost Creek entfaltet der Winter seinen ganzen Zauber. Voller Magie und Weihnachtswunder.

!! Dieser Frostmagie-Sammelband mit 490 Seiten enthält die Romane "Frostmagie - Unbreak my Heart" (2020) und "Frostmagie - Zuckerkuss und Weihnachtswunsch" (2021). PLUS Bonusgeschichte zum Sheriff-Paar !!

**Unbreak my Heart**

Jeff Parker wollte in seiner verhassten Heimatstadt nur ein wenig zur Ruhe kommen, bevor seine berufliche Zukunft den Bach runtergeht. Er wollte keine alten Freunde treffen, kein vielversprechendes Jobangebot bekommen und erst recht nicht zum Winterball gehen. Geschweige denn ein Interesse für die süße Tierärztin entwickeln.

In Frost Creek hat Kayleigh Scott den Ort gefunden, an dem sie heilen konnte und wieder glücklich ist. Sie braucht kein Mitleid, keinen Winterball und erst recht keinen Mann. Geschweige denn den Sohn des Sheriffs, der sich viel zu leicht in ihr Herz schleicht.

**Zuckerkuss und Weihnachtswunsch**

Mehr als fünfzehn Jahre lang hat die erfolgreiche Brokerin Carly Gould den einzigen Ort gemieden, an dem sie als Kind und Teenager wirklich glücklich war. Nun zwingt sie das Testament ihrer Großtante Pansy dazu, ins weihnachtliche Frost Creek zurückzukehren. Das Erbe ist allerdings an einige Bedingungen geknüpft - und der mürrischste Rechtsanwalt des Ortes muss deren Einhaltung kontrollieren. Doch von dem lässt Carly sich nicht beeindrucken, da kann es zwischen ihnen noch so sehr knistern.

Wenn es nach Liam Hassett geht, gehört Carly einfach nicht in diese Stadt. Doch er hat Pansy auf dem Sterbebett versprochen, ihre Großnichte in allen Belangen zu unterstützen und Carly sogar zum alljährlichen Winterball zu begleiten. So schlittert er von einem Dilemma ins nächste und ehe er sich dagegen wehren kann, entfaltet Frost Creek seine volle Weihnachtsmagie.

**Bonus Kurzgeschichte**

Ihr möchtet wissen, wie Maryanne und Clive Parker, der Sheriff von Frost Creek, zusammengefunden haben und zu einem Traumpaar geworden sind? Vor dem Kamin und mit der Aussicht, bald Großeltern zu werden, lassen die beiden ihre Geschichte Revue passieren. Die guten wie die schlechten Zeiten.

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Frostmagie – Unbreak My Heart
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Epilog
Frostmagie – Zuckerkuss und Weihnachtswunsch
Die Playlist, die mich beim Schreiben begleitet hat:
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Epilog
BONUS Maryanne & Clive Parker
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Buchtipp
Boss, it’s cold outside

 

 

Winterzauber in Frost Creek

 

Von Katie McLane

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

In Frost Creek entfaltet der Winter seinen ganzen Zauber. Voller Magie und Weihnachtswunder.

 

 

!! Dieser Frostmagie-Sammelband enthält die Romane "Frostmagie - Unbreak my Heart" und "Frostmagie - Zuckerkuss und Weihnachtswunsch". PLUS Bonusgeschichte zum Sheriff-Paar !!

 

>Unbreak my Heart<

Jeff Parker wollte in seiner verhassten Heimatstadt nur ein wenig zur Ruhe kommen, bevor seine berufliche Zukunft den Bach runtergeht. Er wollte keine alten Freunde treffen, kein vielversprechendes Jobangebot bekommen und erst recht nicht zum Winterball gehen. Geschweige denn ein Interesse für die süße Tierärztin entwickeln.

 

In Frost Creek hat Kayleigh Scott den Ort gefunden, an dem sie heilen konnte und wieder glücklich ist. Sie braucht kein Mitleid, keinen Winterball und erst recht keinen Mann. Geschweige denn den Sohn des Sheriffs, der sich viel zu leicht in ihr Herz schleicht.

 

>Zuckerkuss und Weihnachtswunsch<

Mehr als fünfzehn Jahre lang hat die erfolgreiche Brokerin Carly Gould den einzigen Ort gemieden, an dem sie als Kind und Teenager wirklich glücklich war. Nun zwingt sie das Testament ihrer Großtante Pansy dazu, ins weihnachtliche Frost Creek zurückzukehren. Das Erbe ist allerdings an einige Bedingungen geknüpft - und der mürrischste Rechtsanwalt des Ortes muss deren Einhaltung kontrollieren. Doch von dem lässt Carly sich nicht beeindrucken, da kann es zwischen ihnen noch so sehr knistern.

 

Wenn es nach Liam Hassett geht, gehört Carly einfach nicht in diese Stadt. Doch er hat Pansy auf dem Sterbebett versprochen, ihre Großnichte in allen Belangen zu unterstützen und Carly sogar zum alljährlichen Winterball zu begleiten. So schlittert er von einem Dilemma ins nächste und ehe er sich dagegen wehren kann, entfaltet Frost Creek seine volle Weihnachtsmagie.

 

>Bonus Kurzgeschichte< (Kostenlos für alle Newsletter-Abonnenten)

Ihr möchtet wissen, wie Maryanne und Clive Parker, der Sheriff von Frost Creek, zusammengefunden haben und zu einem Traumpaar geworden sind? Vor dem Kamin und mit der Aussicht, bald Großeltern zu werden, lassen die beiden ihre Geschichte Revue passieren. Die guten wie die schlechten Zeiten.

 

 

 

Über den Autor:

Gestatten? Katie McLane.

Musik im Blut, Pfeffer im Hintern, Emotionen im Herzen, prickelnde Geschichten im Kopf.

 

Ich lebe mit Mann, Maus und Hund im Herzen NRWs und schreibe Romance für alle Sinne.

Meine Liebesromane drehen sich um dominante Männer und starke Frauen.

Sind leidenschaftlich, sinnlich und erotisch.

Voll prickelnder Lust, überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe.

Und sie treffen mit all ihren Emotionen mittens ins Herz - bis zum Happy End.

 

Und falls du nichts mehr verpassen möchtest ... Hier geht es zu meinem Newsletter, als Dankeschön gibt es gratis die erste exklusive Kurzgeschichte und weitere exklusive Aktionen.

 

https : // www . Katie - McLane . de / Katies - Herzenspost

 

 

 

 

 

 

Winterzauber in Frost Creek

 

Ein Frostmagie-Sammelband

 

Von Katie McLane

 

 

 

Cover: Renee Rott, Cover and Art

Lektorat: Franziska Schenker

© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten

Katie McLane

c/o easy-shop

K. Mothes

Schloßstraße 20

06869 Coswig Anhalt

 

[email protected]

www.katie-mclane.de

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

 

Frostmagie – Unbreak My Heart

 

1.

 

»Na? Sehen wir dich dieses Jahr endlich auf dem Ball?«

Kayleigh Scott blinzelte überrascht und wandte sich zu der warmen, ruhigen Stimme um.

»Hey, hallo, Maryanne! Schön, dich zu sehen.« Sie strahlte die pensionierte Highschoollehrerin an und umarmte sie mit dem freien Arm.

»Hallo, wie geht es dir?«

»Super, wie immer.« Die Frauen lösten sich voneinander und Kayleigh strich sich ein paar Haare zurück, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten. »Warst du bei Mandy? Steht dir gut.«

»Oh, danke!« Maryanne Parker lachte. »Ja, ich wollte vor dem Ball wieder frische Farbe und einen schicken Schnitt. Passt auch besser zu meinem neuen Kleid.«

Kayleigh lächelte und betrachtete den dunkelblonden, kinnlangen Bob, der das scharf konturierte Gesicht mit der spitzen Nase umspielte. »Ich wette, du und Clive werdet alle Blicke auf euch ziehen.«

Sie und ihr Mann, der Sheriff, waren ein beeindruckendes Paar, aber nicht nur äußerlich. Sie strahlten Wärme und Herzlichkeit aus, was Kayleigh sofort berührt hatte, als sie vor fast zwei Jahren in die Stadt gekommen war. Eigentlich war es sogar mehr als das, sie hatte sich praktisch in die Parkers verliebt.

»Ach was!« Maryanne winkte ab und wies auf das geschmackvoll gestaltete Plakat für den magischen Winterball am 23.12. »Wie sieht es also bei dir aus? Was wirst du zum Ball tragen? Hast du schon ein Kleid?«

»Nein, ich gehe nicht hin.« Sie zuckte mit den Schultern und hielt den Stoß Bücher hoch, um Maryannes Aufmerksamkeit auf das zu lenken, weswegen sie hier war.

Die nickte, drehte sich um und ging zum Empfangstresen der Bibliothek voran, in der sie halbtags arbeitete, um zu Hause nicht vor Langeweile zu sterben.

Kayleigh atmete erleichtert auf, als sie der Älteren folgte. Sie legte die Bücher auf den Tresen, zog den Mitgliedsausweis aus der Tasche ihrer offenstehenden Winterjacke und wischte sich mit der anderen Hand über die Stirn. Hier drin war es für ihren Geschmack immer zu warm.

Die Frau des Sheriffs lief zu dem Tisch mit den Reservierungen hinüber, um die Notizzettel an den Stapeln zu inspizieren. »Warum nicht? Es ist das Ereignis des Jahres, alle gehen hin.«

Mit dem richtigen Stoß Bücher kam sie zum Tresen, ergriff den Ausweis und scannte ihn mit dem Handgerät. Dann nahm sie die mitgebrachten Romane und las die Barcodes nacheinander ein.

»Ich wünsche euch allen auch sehr viel Spaß, aber als Single habe ich da echt nichts verloren.«

Maryanne hielt inne und öffnete den Mund, doch Kayleigh hob eine Hand und lachte. »Spar’s dir, okay? Ich habe da nichts zu suchen.«

»Sehr schade«, murmelte die Ältere nachdenklich und las anschließend die vorbestellten Bücher ein. Beim letzten breitete sich unvermittelt ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Nun, vielleicht müssen wir dir nur eine Begleitung organisieren.« Sie nahm den Stapel Romane mit der Karte obendrauf und legte sie vor Kayleigh auf den Tresen.

Die lachte auf und schob den Mitgliedsausweis in ihre Jackentasche. »Wen denn? Sam Hutchins? Oder Benson Ruler? Nein, danke!«

Jeder in der Stadt hatte schon mitbekommen, dass die beiden jungen Farmer ein Auge auf sie geworfen hatten, aber speziell auf die konnte sie getrost verzichten. Wie generell auf alle Männer.

»Als ob das die einzigen Kandidaten wären, die ...«

Kayleigh unterbrach sie mit einer abfälligen Handbewegung. »Bitte, vergiss es einfach, okay?«

»Wenn du meinst ...«

»Ja, meine ich. Oh, und da ich gerade hier bin ... Denkt ihr daran, dass Officer noch vor Weihnachten seine Impfung bekommt?«

»Ich werde Clive daran erinnern.« Maryanne zwinkerte ihr zu.

»Und sonst? Irgendwelche Neuigkeiten bei euch?«

Ihr Lächeln wurde wärmer, liebevoller. »Jefferson kommt zu Besuch und bleibt bis Neujahr.«

»Mensch, das freut mich aber! Wie lange habt ihr ihn schon nicht mehr gesehen?«

»Ostern vor zwei Jahren, da waren wir bei ihm in New York.«

Kayleigh streckte die Hand nach ihr aus und strich ihr über den Oberarm. »Dann wird das ja ein ganz besonderes Weihnachtsfest für euch. Ich wünsche euch eine ganz wunderbare Zeit.«

»Danke, dafür werde ich sorgen.«

»Das glaube ich dir gerne. Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an den Gewürzkuchen denke, den du letzten Dezember gebacken hast.« Sie schloss ihre Jacke, nahm die Bücher vom Tresen und drückte den Stapel mit dem linken Arm gegen ihre Brust.

»Dann sorge ich dafür, dass du zwei Stücke bekommst.«

»Ach, du bist einfach die Beste.« Sie warf der Älteren einen Handkuss zu. »Wir sehen uns.«

»Ja, bis dann!«

Kayleigh wandte sich ab und marschierte zur Tür, schob den Reißverschluss bis zum Kinn hoch und verließ das Gebäude. Die Sonne schien zwar noch immer vom hellblauen Himmel, doch aus Südwesten wurden die ersten Wolken sichtbar. Der eisige Wind pfiff ihr entgegen, als sie die Stufen hinab und zum Parkplatz hinübereilte, auf dem ihr dunkelblauer Dodge RAM stand. Sie öffnete per Fernbedienung die Zentralverriegelung, dann die hintere Tür. Tyler hob den Kopf und beobachtete aufmerksam, wie sie die Bücher in ihren großen Weidenkorb legte.

»Ja, mein Süßer, jetzt geht es los«, raunte sie ihm zu und kraulte ihn kurz hinterm Ohr. Woraufhin er sich aufsetzte, soweit das Anschnallgeschirr es zuließ.

Sie zog sich zurück, warf die hintere Tür zu und öffnete die Fahrertür, schob sich auf den Sitz. Der kraftvolle Turbodiesel erwachte auf Knopfdruck mit einem satten Grollen, und sie legte den Hebel auf Drive, schnallte sich an und steuerte das Biest aus der Parklücke.

Auf der Fahrt hinaus zum Butler-Gestüt drehte sie das Radio lauter und summte einen älteren Weihnachtspopsong mit. Ein Grinsen zwang ihre Mundwinkel auseinander, in drei Wochen war es endlich soweit. Sie liebte und genoss diese Zeit immer wieder aufs Neue. Sie backte Unmengen an Plätzchen, die sie auch in ihrer Praxis anbot. Sie zündete Kerzen an, strickte noch mehr als sonst oder kuschelte sich mit einer Tasse Tee und einem guten Buch auf die Couch.

An diesen besonderen Tagen ließ sie es öfter zu, in Erinnerungen an ihre Kindheit zu schwelgen, und fühlte sich ihren Eltern dadurch immer ungewöhnlich nah.

Hinter ihr klimperte das Geschirr, dann schob Tyler den Kopf zwischen den Kopfstützen hindurch und hechelte. Ja, er kannte den Weg ganz genau.

Kayleigh setzte den Blinker, ging vom Gas und bog kurze Zeit später von der Landstraße ab. Die asphaltierte Zufahrt zur Ranch führte vorbei am geschmackvollen Wohnhaus der Familie, einem hellen Bungalow mit umlaufender Veranda, zu den Ställen und mündete auf einem Vorplatz. Sie parkte den Wagen neben zwei anderen Fahrzeugen, stieg aus und hob die Hand. »Hallo, Nelly!«

Die Besitzerin hielt im Striegeln ihres Pferdes inne und grüßte zurück. »Hallo, Kay!«

Kayleigh ging um den Wagen herum, öffnete die hintere Tür. Sie befreite Tyler vom Geschirr und trat zur Seite, damit er herausspringen konnte. Der schüttelte erstmal sein weizenfarbiges Kurzhaarfell und folgte ihr dann schwanzwedelnd zur Ladefläche. Sie löste die starre Abdeckung an der Heckklappe, drückte sie ein Stück hoch und holte den Behälter voller Möhren und Äpfel heraus, den sie an der Seitenwand festgezurrt hatte. Verriegelte alles, marschierte mit dem Plastikeimer in den Stall hinein und bis zur Box, in dem ihr Paint Horse untergebracht war. Da tauchte Peppers schwarzer Kopf über der Tür auf, er sah ihr entgegen und wieherte leise.

»Hallo, mein Süßer!« Sie trat mit einem Lächeln zu dem Wallach, strich über seinen Nasenrücken und drückte einen Kuss darauf. Zur Antwort schnaubte er und zupfte mit den Lippen am Kragen ihrer Winterjacke.

Sie griff in den Eimer, förderte einen kleinen Apfel zutage und hielt ihn Pepper hin. Der verspeiste ihn geräuschvoll und sie nutzte die Gelegenheit, um die Tür zu öffnen und in seine Box zu treten. Den Plastikbehälter stellte sie am Eingang ab, dann legte sie die Hände an seinen Hals und glitt bis zum Schweif an seinem Körper entlang. Sie konnte nicht aus ihrer Haut, sie musste sich jedes Mal vergewissern, dass es ihm gutging. Genauso, wie sie es regelmäßig bei Tyler tat.

Kayleigh sattelte ihr Pferd, steckte ihm noch eine Möhre zu und gab ihrem Hund ein Stück Apfel. Am Zaumzeug führte sie Pepper aus der Box, verriegelte sie und ging mit ihm sowie Tyler auf den Hof hinaus. Dort saß sie auf und lenkte den Wallach mit leichtem Schenkeldruck zum Pfad zwischen den nächstgelegenen Feldern. Der führte zu einem Waldgebiet, in dessen Mitte sich ein kleiner See befand.

Dies war ihr Ritual, das sie nach Möglichkeit wöchentlich genoss. Freitags schloss sie ihre Praxis um eins, machte noch ein paar Erledigungen und läutete mit einem Ausritt das Wochenende ein. Herrlich.

Sie entspannte sich und begrüßte das warme Glücksgefühl, welches in ihr aufstieg.

Pepper verfiel in einen lockeren Trab, den Tyler mitging, und Kayleigh atmete mehrmals tief durch. Ihr Blick glitt zum Himmel, Richtung Südwesten. Es roch nach Schnee, und der würde, wenn sie sich nicht irrte, nicht lange auf sich warten lassen.

 

Kayleigh sollte Recht behalten, schon am kommenden Tag begann es zu schneien. Auf der morgendlichen Runde mit Tyler waren es noch viele kleine Flocken, die sofort liegenblieben. Doch es steigerte sich beinahe stündlich.

Sie frühstückte und putzte bei lauter Musik – natürlich Christmas Rock – ihre Wohnung. Den Weihnachtsbaum platzierte sie in der Ecke zwischen dem zweiten Gaubenfenster und der Terrassentür, so dass sie diese noch öffnen konnte, und stellte die Kisten mit Weihnachtsdekoration um sich herum auf.

Draußen fielen inzwischen unaufhörlich dicke Flocken und auf der Terrasse lagen bestimmt schon fünfzig Zentimeter Schnee. Sie lächelte. Endlich! Das gehörte einfach zur Vorweihnachtszeit dazu.

Passend zur Stimmung wählte sie ruhigere Weihnachtsmusik aus und machte sich daran, ihre Wohnung und den Baum in Silber, weiß und grau zu verschönern. Und danach würde sie es sich mit Tee und Strickzeug auf der Couch gemütlich machen.

 

2.

 

Willkommen in Frost Creek! Schön, Sie wiederzusehen!

Beim Anblick des Ortseingangsschildes verzog Jefferson Parker das Gesicht und nahm Gas weg, so dass der Hybridantrieb auf den Elektromotor umschaltete. Schnell zog er ein letztes Mal an der Zigarette und schnippte die Kippe durch den Fensterspalt, dann ließ er die beiden vorderen Fenster komplett herab, um den Wagen zu lüften. Ihm fröstelte, als er langsam die frisch geräumte Straße Richtung Ortsmitte entlangfuhr und im Dämmerlicht die Schneemengen betrachtete, die sich links und rechts davon über einen Meter hoch auftürmten. Seitdem er fortgegangen war, hatte er nicht mehr so viel Schnee erlebt.

Wieder verzog er das Gesicht. Wenn es nach ihm ginge, würde er sich noch immer von dieser beschissenen Kleinstadt fernhalten, in der er aufgewachsen war. Aber aktuell gab es keinen anderen Ort, an den er gehen konnte. Er brauchte die beiden Menschen, die ihm mehr Eltern gewesen waren, als seine Erzeuger.

Dad weiß, was ich tun muss.

Er seufzte und strich sich über die Augen. Er war so unglaublich müde, seit Wochen schon, und die fast sechsstündige Fahrt hier herauf hatte ihn noch zusätzlich erschöpft. Außerdem waren stur geradeausführende Highways nicht wirklich anspruchsvoll, so dass sein Hirn immer wieder die Szenen durchspielte, die ihn zu dieser Fahrt gezwungen hatten. Insbesondere das Gespräch mit seinem Captain.

Also fraßen die Zweifel und Selbstvorwürfe sich tiefer in seine Eingeweide. Wie er sich drehte und wendete, er sah nur Trümmer um sich herum, durch die es keinen Ausweg gab. Und niemand anderes war schuld daran, nur er allein.

Die nächste Ampel schaltete auf Rot und Jeff hielt an der Kreuzung, hinter der das Zentrum der Stadt begann. An diesem Sonntagnachmittag herrschte nicht viel Verkehr und so nutzte er die Gelegenheit, sich bei der Weiterfahrt umzusehen. Alles war bereits weihnachtlich geschmückt, mit Dekoration und Lichterketten, und der Schnee tat sein Übriges, um Frost Creek ein beinahe zauberhaftes Glitzern zu verleihen. Fast wie in einer Schneekugel.

Ob es den Laden noch gab, der genau davon eine große Auswahl verkaufte?

Er schüttelte den Kopf und grummelte. Seit wann interessierte ihn so etwas?

Mit Druck auf beiden Tasten ließ er die Fenster hinaufgleiten und verließ die Stadt am anderen Ende wieder. Wenige Kurven später bog er auf die Zufahrt zum Haus seiner Adoptiveltern ein. Auch hier türmte sich der Schnee, aber der Bereich vor der offenstehenden Doppelgarage und der Weg zur Haustür waren ordentlich geräumt.

Der Dodge Charger des Sheriffs fehlte auf dem Platz neben dem Ford seiner Mutter. Er selbst stellte seinen Toyota ganz rechts auf der geräumten Fläche ab, um niemanden zu behindern, und schaltete den Motor aus. Einen Moment lang hielt er sich am Lenkrad fest und betrachtete das hellgraue Haus, aus dessen Sprossenfenstern im Erdgeschoss warmes Licht auf den Schnee fiel. Seine gesamte Teenagerzeit hatte er hier verbracht, im Dachgeschoss über der Garage. Diese Jahre waren nicht übel gewesen, im Vergleich zu den zehn Jahren davor sogar das reinste Paradies. Maryanne und Clive hatten ihm ein richtiges Zuhause gegeben, Wärme, Liebe, und nach zwei oder drei Jahren begann er, sie Mom und Dad zu nennen. Trotzdem konnte er es kaum erwarten, mit 18 zum Studium nach New York zu verschwinden und Kriminalpolizist zu werden.

Mit einem Seufzen stieg er aus, holte seine Reisetasche aus dem Kofferraum und stapfte zur Haustür hinauf. Nur wenige Sekunden nach dem Klingeln wurde diese aufgerissen und Maryanne Parker strahlte ihn an. Gleich darauf verblasste das Lächeln und ihre Augen füllten sich mit Sorge.

»Oh, Jeff.« Sie legte ihm die Hände ums Gesicht.

Zu Hause!

»Hi, Mom!« Er rang sich ein schiefes Lächeln ab. Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, Tränen brannten ihm in den Augen, doch er drängte das verärgert zurück.

Stattdessen ließ er sich in ihre Arme hinabsinken und erwiderte die Umarmung mit dem freien Arm. Einige Minuten stand er nur da, mit geschlossenen Augen, und genoss die Wärme und den vertrauten Duft seiner Mutter.

Als sie sich schließlich von ihm löste und ihn ins Haus bugsierte, merkte er genau, dass sie genauso um Beherrschung rang.

»Komm rein, mein Junge, das Essen ist fast fertig.« Maryanne schob ihn zur Garderobe. »Lass alles erst einmal hier, wir gehen in die Küche. Möchtest du einen Kaffee?«

»Ja, gerne.« Er stellte die Tasche neben der Treppe ab, schlüpfte aus der Jacke und hängte sie auf den nächsten freien Haken. Dann folgte er ihr ins gemütliche Herz des Hauses.

Bis auf den moderneren Esstisch mit sechs Stühlen hatte sich in diesem Raum kaum etwas verändert – die holzverkleidete Küche mit den hellen Arbeitsflächen aus Stein, der Duft nach Vanille und Zimt - und das berührte ihn erneut. Natürlich war er in den letzten fünfzehn Jahren manchmal zu Hause gewesen, eher selten, aber genau jetzt fühlte es sich an, als ob er in der Vergangenheit ankam.

»Setz dich schon mal hin!«, wies sie ihn an und ging zu dem Kaffeevollautomaten hinüber. Okay, der war wohl auch neu. »Noch immer schwarz?«

»Klar.« Jeff musste schmunzeln. Er zog den Stuhl hervor, an dessen Position am alten Tisch er immer gesessen hatte, und ließ sich darauf fallen. Während seine Mutter ihnen Kaffee zubereitete, lauschte er dem Klimpern des Geschirrs und dem Brummen des Mahlwerks. Er ließ den Blick über ihren zierlichen Körper wandern, der so viel stärker war, als er aussah. »Wann kommt Dad?«

»Vielleicht in einer halben Stunde, du weißt ja, das kann man nie so genau vorhersagen.«

Sie kam zum Tisch, stellte ihm den Kaffee hin und nahm mit ihrem Cappuccino ihm gegenüber Platz. »Wie war die Fahrt?«

»Monoton und anstrengend. Warum hast du mir vorgestern nicht gesagt, dass so viel Schnee liegt?« Jeff führte die Tasse an den Mund und nippte vorsichtig an dem aromatischen Gebräu.

Sie lachte. »Weil es erst in der Nacht danach angefangen hat, zu schneien. Und das hat bis gestern Abend angehalten.«

»In New York vergisst man echt, wie schnell das hier oben gehen kann.«

Maryanne stellte ihre Tasse ab und betrachtete ihn mit diesem Blick, den er in der ersten Zeit ihres gemeinsamen Lebens beinahe täglich gesehen hatte. Eine Mischung aus Sorge, Wärme und Zuversicht. »Wie geht es dir? Du siehst schlecht aus.«

»Nun, das trifft es ganz gut.«

»Was ist passiert? Es macht mich wahnsinnig, dass du am Telefon nichts sagen wolltest.«

»Ehrlich gesagt möchte ich auch heute noch nicht darüber reden. Ich muss erst einmal runterkommen. Und schlafen. Ist das okay?« Er blickte sie über den Rand der Tasse hinweg an.

»Natürlich, das weißt du doch.« Maryanne griff nach seiner freien Hand und drückte sie.

»Danke!«

»Soll ich dir zur Ablenkung vielleicht den neuesten Klatsch erzählen?«

Er lachte leise. »Von mir aus.«

»Prima. Also gut, lass mal überlegen ...« Sie schürzte die Lippen. »Dein Schulfreund Mason ist zurück in der Stadt, er hat die Feuerwache übernommen, als der alte Chief starb.«

Melancholie breitete sich in ihm aus. »Das ist ja mal eine gute Nachricht. War er nicht vorher in L.A.?«

»Stimmt genau. Ich weiß nur, dass es dort ein Unglück gab, wegen dem er dort gekündigt hat und zurückgekommen ist. Etwas Genaueres weiß ich leider nicht, aber ihr werdet bestimmt die Zeit finden, euch auf ein Bier zu treffen.«

»Ja, bestimmt.« Seine Mutter erzählte weiter, doch er blendete das aus. Er und Mason waren gute Kumpel gewesen und hatten denselben Wunsch gehabt – eine Karriere in ihrem jeweiligen Traumberuf, in einer Großstadt. Sollten sie jetzt etwa aus einem sehr ähnlichen Grund wieder hier sein? Nein, im Gegensatz zu Mason wollte er nicht bleiben. Gleich nach Neujahr fuhr er zurück nach New York.

»Du hörst mir gar nicht mehr zu.«

»Was?« Jeff blinzelte, setzte sich auf und schaute seine Mutter an.

»Schon gut, mein Schatz.« Sie tätschelte seine Hand. »Geh ins Bett und schlaf dich mal richtig aus. Oder willst du auf das Abendessen warten?«

»Nein, ich habe gar keinen richtigen Appetit«, gab er zu und stürzte den Rest Kaffee herunter.

»Dann ab ins Bett mit dir!« Maryanne stand auf, ging zu einem der Küchenschränke und holte eine Flasche Wasser heraus. »Hier, nimm die mit. Schlaf einfach, so lange du willst. Du musst auf niemanden von uns Rücksicht nehmen, und wenn keiner da ist, weißt du ja, wo du alles findest. Im Zweifel rufst du mich an.«

»Okay. Danke, Mom!« Er stemmte sich hoch, nahm die Flasche und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist die Beste, weißt du das?«

Sie lachte auf. »Oh, das höre ich tatsächlich öfter.«

»Weil es die Wahrheit ist. Bis morgen!«

»Schlaf gut, mein Schatz!«

Er ging hinaus in den Flur, schulterte seine Reisetasche und schleppte sich die Treppe zum Obergeschoss hinauf. Bog nach rechts ab und öffnete die Tür am Ende des Flurs, schaltete das Licht ein. Überwältigt von dem vertrauten Anblick seines eigenen kleinen Reichs schloss er die Tür hinter sich und ließ seine Tasche danebenfallen. Noch immer tauchten die Deckenstrahler das winzige Wohnzimmer mit Couch, Fernseher und Playstation in warmes Licht. Dahinter, auf einem Podest am Ende des Dachgeschosses, stand sein altes Futonbett unter den beiden Dachfenstern. Alles schien frisch geputzt und bezogen, und es roch angenehm nach dem Zitronenputzmittel seiner Mutter.

Wie früher!

Niemals hätte er angenommen, das mal zu denken, aber er war tatsächlich froh, hier zu sein.

Die Anspannung fiel ein gutes Stück weit von ihm ab. Dafür schlug die Müdigkeit über ihm zusammen, sodass er sich einfach nur an Ort und Stelle auszog und die Sachen liegenließ. Die Flasche Wasser stellte er neben dem Bett ab, dann löschte er das Licht und kroch in Slip und Shirt unter die Bettdecke. Kaum hatte er es sich gemütlich gemacht, stieß er ein erleichtertes Seufzen aus und schlief kurz danach ein.

 

3.

 

Der ungeheuer anregende Geruch von Kaffee, Rührei und Speck stieg Jeff in die Nase, sobald er die Treppe zum Untergeschoss erreichte, und sein Magen reagierte mit einem vernehmlichen Knurren darauf. Was ungewöhnlich für ihn war, nach einem Abendessen wie den Steaks, die er gestern mit seinem Vater und Mason im Frosts Inn genossen hatte. Ob es daran lag, dass seine Lebensgeister zurückkehrten?

Er hatte bis zum frühen Nachmittag geschlafen, ausgiebig geduscht und sich dann mit einer Tasse Kaffee auf die Veranda hinterm Haus verkrümelt, um eine Zigarette zu rauchen. Schon nach drei Zügen verzog er das Gesicht und drückte sie im Gästeaschenbecher aus, es schmeckte einfach nur grässlich. Auch gut.

Dort saß er eine Zeitlang, trank Kaffee und schaute auf den Schnee im Garten sowie den Feldern und Bäumen dahinter. Seine Gedanken trieben dahin, von Belanglosigkeiten zu Kleinkram, und landeten schließlich in der Vergangenheit, seiner Teenagerzeit in diesem Haus.

Irgendwann kam die Nervosität, vor der Begegnung mit seinem Vater und der unausweichlichen Beichte, die er ablegen musste. Erst wenn Clive Parker sämtlliche Details kannte, würde er seinem Sohn einen Rat geben können.

Doch es lief anders als erwartet. Kein Wort über New York oder was ihn herführte. Er schloss Jeff umstandslos in die Arme und hieß ihn willkommen. Und gleich darauf verkündete er, sie würden sich mit Mase zu einem Männerabend treffen. Weil der anscheinend Redebedarf hatte.

Im Erdgeschoss angekommen hielt Jeff sich am Antrittspfosten der Treppe fest, schwang herum und lief in die Küche. »Guten Morgen, Mom!«

Sie saß am Küchentisch, in der linken Hand eine Kaffeetasse, und sah lächelnd von ihrem Buch auf. »Jeff, guten Morgen!«

Unter dem Tisch wurden Geräusche laut, ein Schaben und Klickern, dann eilte der altdeutsche Schäferhund schwanzwedelnd auf ihn zu.

»Morgen, Officer!«, begrüßte Jeff ihn, legte die Hände um seinen Kopf und kraulte ihn kräftig hinter beiden Ohren.

»Hast du Hunger?«

»Und wie«, gab er zu, ließ von dem Polizeihund ab und ging zum Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. »Ist Dad noch da?« Nein, das konnte eigentlich nicht sein, es war fast neun Uhr.

»Du meinst, weil Officer hier ist?« Maryanne lief zum Kühlschrank und holte Eier, Speck und Butter heraus.

»Ja.«

Sie schüttelte den Kopf und nahm eine Schüssel aus dem Unterschrank, die Pfannen standen noch auf dem Herd, einmal ausgewischt. »Officer muss heute zu Dr. Scott, er braucht noch eine Impfung. Und ich hatte gehofft, ich könnte dich überreden, das zu übernehmen. Ich habe so viel zu erledigen, bevor ich in die Bibliothek muss.«

»Dr. Scott? Ist der neu?«

»Äh ... ja. Seit fast zwei Jahren.«

»Okay, kein Problem. Wann macht er auf?« Er nahm sich eine Tasse aus dem Schrank und stellte sie unter den Auslauf des Kaffeevollautomaten.

»Um zehn. Danke, du bist ein Schatz.«

»Ich weiß.« Mit einem Grinsen tippte er auf die entsprechende Taste und das Mahlwerk begann zu arbeiten.

Maryanne schlug drei Eier in die Schüssel und verquirlte sie mit der Gabel, dann gab sie Butter in die eine Pfanne und ein paar Speckscheiben in die andere. »Wie war es denn gestern Abend?«

»Cool«, gab er zu. »Mase und ich haben echt einiges nachzuholen, aber es war beinahe wie früher. Wusstest du, dass er schwer verknallt ist?«

Seine Mutter lachte. »Ja, dein Vater hat es erwähnt. Da gibt es wohl ein paar Anlaufschwierigkeiten.«

»Mandy ist doch die Kleine vom Friseurladen, oder? Sie ist ein paar Jahre jünger.«

»Genau, sie hat den Laden von ihrem Vater übernommen.«

»Tja, bleibt zu hoffen, dass Mase es nicht ganz versaut hat.« Er nahm seinen Kaffee, drehte sich um und lehnte sich mit dem Hintern an den Rand der Arbeitsfläche.

»Ich denke, das wird schon.« Sie holte einen Teller aus dem Schrank. »Möchtest du Toast?«

»Gerne.«

Also nahm sie eine Scheibe aus der Packung und schob sie in den Toaster. Dann prüfte sie die Hitze der Pfanne, in der die Butter zerlief. Der Speck begann zu brutzeln.

»Und wie sieht es bei dir aus? Eine Frau in Sicht?«

Jeff verzog das Gesicht. »Nein. Ich scheine da ebenfalls kein glückliches Händchen zu haben, ich versaue es auch ständig.«

»Du setzt den Job an erste Stelle, ich glaube, das ist das Problem.«

Prompt versteifte er sich, er musste sich verteidigen. »Ich trage enorme Verantwortung, das wollte noch keine Frau akzeptieren.«

»Nun, die Richtige würde es, aber ...«

»Die ist mir bis jetzt noch nicht begegnet«, wehrte er rüde ab und ging zum Tisch, um sich auf seinen Stuhl fallen zu lassen. Er hörte seine Mutter seufzen.

»Dein Job macht dich auf Dauer nicht glücklich«, stellte sie fest und gab das Ei in die heiße Pfanne.

Er starrte in seinen Kaffee und hörte, dass Officer sich zu seinen Füßen niederließ.

Das weiß ich auch, verdammt!

Sie schwiegen, bis Maryanne ihm den Teller vor die Nase stellte, Besteck und Serviette danebenlegte. »Guten Appetit!«

»Danke, Mom!«

»Darf ich fragen, ob du gar keine Frau möchtest? Eine Familie?«

»Daran habe ich noch keinen Gedanken verschwendet«, meinte er und aß die erste Gabel voll Rührei. Als sich das Aroma in seinem Mund entfaltete, hätte er am liebsten aufgeseufzt. Warum schmeckte es bei seiner Mutter immer extra gut?

»Nun, vielleicht solltest du das endlich tun, du wirst nicht jünger«, entgegnete sie mit Nachdruck und nahm ihre Tasse vom Tisch, um sich einen Cappuccino zu holen.

»Vielen Dank auch«, grummelte er und schob sich eine Scheibe Bacon in den Mund.

»Wann warst du das letzte Mal mit einer Frau zusammen?«

Er verschluckte sich beinahe am Speck und sah auf. »Mom!« Sie stand mit dem Rücken zu ihm und wählte mit Nachdruck einen Cappuccino aus.

»Herrgott, ich will nicht wissen, wann du das letzte Mal Sex hattest.« Jetzt klang sie wirklich verärgert. »Wann war deine letzte Beziehung?«

Jeff schüttelte den Kopf, es war wie früher, sie nahm noch immer kein Blatt vor den Mund. »Keine Ahnung, zwei Jahre oder so.«

»Warum ist es vorbei?«

»Sie meinte, ich hatte nicht genug Zeit für sie.«

»Hast du sie geliebt?«

Sein Magen verkrampfte sich, doch er konnte sich nicht dagegen wehren, ihr zu antworten. Auch das würde sich wohl niemals ändern. »Nein.«

Mit einem Seufzen nahm sie ihre Tasse und kehrte zum Tisch zurück. »New York hat dich abgestumpft, Jeff. Und es macht dich krank.«

»Es liegt nicht an der Stadt«, wehrte er ab.

»Nein? Woran dann? So haben wir dich nicht erzogen. Ich glaube, du würdest die richtige Frau nicht einmal erkennen, wenn sie direkt vor dir steht.«

Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit einer Standpauke dieser Art. »Und was soll ich, deiner Meinung nach, tun, um das zu ändern?«

Seine Mutter schwieg, bis er aufsah. »Darüber reden wir, wenn du bereit bist.«

»Wie meinst du das?«

»Das weißt du ganz genau.«

Er schluckte und richtete sich auf. Nein, sie konnte unmöglich wissen, was in New York passiert war. Aber ... ahnte sie etwas?

Ihr Gesichtsausdruck wurde weich. »Du magst vielleicht nicht mein leiblicher Sohn sein, Jeff, aber ich bin trotzdem deine Mutter. Ich spüre, dass etwas in dir vorgeht. Und ich sehe, was es mit dir macht. Trotzdem werden weder Dad noch ich dich dazu zwingen, uns davon zu erzählen. Das musst du von ganz allein tun.«

Er nickte und senkte den Kopf. »Ich weiß.«

Obwohl ihm der Appetit vergangen war, schlang er die letzten Bissen hinunter, wischte sich den Mund ab und legte Besteck sowie Serviette auf den Teller.

»Wann triffst du dich wieder mit Mason?«, wechselte Maryanne Thema und Stimmlage.

Erleichtert trank Jeff von seinem Kaffee. »Mal sehen. Wir haben unsere Nummern ausgetauscht und wollen mal eine Runde Pool spielen gehen.«

»Klingt gut. Er verkriecht sich zu sehr in seiner Feuerwache. Und du kannst das auch gut gebrauchen.«

Eigentlich wollte er die Vergangenheit nicht wieder aufwärmen und auch keine Freundschaften in dieser zu engen Stadt aufleben lassen. Doch er musste zugeben, dass der gestrige Abend sich nicht unangenehm angefühlt hatte. Vielleicht würden die Wochen hier ganz nett werden.

Nach dem Essen trank er noch eine Tasse Kaffee, dann wurde es Zeit, zum Tierarzt zu fahren. Er stellte die Ersatztransportbox aus der Garage in seinen Kofferraum und ließ Officer hineinspringen, die Leine landete daneben. Seine Mutter reichte ihm den Hundeausweis.

»Muss ich irgendetwas wissen?« Jeff steckte ihn ein und sah sie an.

»Nein, er ist mit allen Hunden sehr verträglich, besonders mit Doktor Scotts. Und Katzen bringt er den nötigen Respekt entgegen.«

»Okay. Soll ich ihn dann zu Dad bringen?«

»Ja, kannst du. Hast du noch etwas vor?«

»Nichts Bestimmtes. Vielleicht fahre ich ein bisschen durch die Gegend und gucke, was sich so getan hat.«

»Mach das. Bis später!«

»Bis heute Abend!« Jeff stieg in seinen Wagen und machte sich auf den Weg zur Tierarztpraxis, die auf der anderen Seite der Stadt lag, auf halbem Weg zum Waldgebiet mit dem kleinen See in der Mitte. Er musste grinsen, wenn er sich daran erinnerte, wie oft sie als Jugendliche dort gebadet hatten, obwohl das Wasser eiskalt war.

Nur zwei Autos standen auf dem Parkplatz vor dem quadratischen Haus mit der Veranda vorn und dem Obergeschoss, das nur aus Gauben mit bodentiefen Doppelfenstern zu bestehen schien. Im Gegensatz zu seiner Kindheit war es nun in strahlendem Weiß gestrichen und die Fensterrahmen waren farblich an das schiefergraue Dach angepasst worden. Die Praxis betrat man über die Veranda, an der Seite befand sich ein separater Eingang zur Privatwohnung im Obergeschoss. Soviel er wusste, besaß die auf der Rückseite eine Terrasse, von der aus eine Treppe in den überschaubaren Garten hinabführte.

Jeff öffnete Heckklappe und Box, leinte Officer an und ließ ihn hinausspringen. Dann schloss er den Wagen und lief mit ihm über den freigeschaufelten Weg zur Veranda. Er schob die Tür auf, trat mit dem Polizeihund ein und blieb erstaunt stehen. Baulich hatte sich nichts verändert, aber die helle, moderne Gestaltung der Räume strahlte eine anziehende Gemütlichkeit aus. Sie standen in dem offenen Eingangsbereich mit Empfangstresen, rechts davon begann sofort der Wartebereich, links gab es zwei Behandlungszimmer. Außerdem war alles weihnachtlich dekoriert, mit Tannenzweigen, ein paar goldenen Schleifen, roten Kugeln und Kerzen, und es roch nach Punsch und Plätzchen.

Hinter dem Empfang tauchte ein weiblicher Kopf mit hellgrauem Bob auf, in dem ein Haarreifen steckte.

»Hallo, kommen Sie näher!«, rief eine unerwartet junge Stimme. Als er ihrer Aufforderung folgte, bemerkte er, dass die Frau in blauer OP-Kleidung und mit der dicken Strickjacke darüber höchstens Anfang zwanzig und das Haar gefärbt war. Aus dem herzförmigen Gesicht funkelten ihn ebenso graue Augen an. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Oh, äh, ja.« Er lachte leise. »Ich bin Jefferson Parker und bringe Officer zur Impfung.«

Jennifer, wie das Namensschild verkündete, stand auf und warf einen Blick über den Tresen. »Hey, Officer!«

Jeff sah auf den Hund hinab, der die Lefzen hochzog und die Tierarzthelferin anhechelte.

»Haben Sie den Ausweis dabei?«

»Ja, klar.« Er zog ihn aus der Tasche und legte ihn auf den Tresen.

Sie nahm ihn, begutachtete Jefferson mit geschürzten Lippen und warf ihm schließlich ein freches Lächeln zu. »Und Sie sind also der Sohn von Clive und Maryanne, ja?«

Innerlich verdrehte er die Augen, die Kleine war ja noch ein Kind. »Ja, sieht so aus.«

»Schön, dass Sie mal wieder in der Stadt sind.« Sie klimperte mit den Wimpern und wandte sich dann ihrem Computer zu.

Hinter ihr bemerkte Jeff eine Bewegung, ein großer, hellbrauner Hund richtete sich in seinem Korb auf und gähnte. Dann tapste er steifbeinig heraus und dehnte sich ausgiebig. Schließlich kam er um den Tresen herum und die beiden Hunde begrüßten sich schwanzwedelnd. Er kam auch zu Jeff, der ihm die Hand zum Schnuppern hinhielt. Die leckte der Hellbraune einmal ab, bevor er sich wieder in seinen Korb verabschiedete.

»Gut, dann nehmen Sie doch noch einen Moment Platz!« Jennifer gab ihm den Hundeausweis zurück und deutete zum Wartezimmer. »Und bedienen Sie sich gerne bei Kaffee und Plätzchen, vom Doc persönlich gebacken.«

Er runzelte verwirrt die Stirn. Ein Arzt, der Plätzchen backte?

»Danke.« Er führte Officer in den Wartebereich, nickte einer Dame mit Katzenkorb auf dem Schoß zu und blieb vor einer überaus faszinierenden Konstruktion stehen. Ein alter aufgearbeiteter Holzschrank, hellgrau gestrichen und mit Schubladen im unteren Bereich, bei dem die Türen der oberen Hälfte entfernt worden waren. Stattdessen trug der Innenraum das gleiche helle Grau mit einem künstlerisch gestalteten »Coffee« auf der Rückwand. Auf dem Boden war ein Podest angebracht, mit einer Kaffeemaschine darauf, darunter standen Tassen und daneben eine barock wirkende Etagere aus Porzellan, auf der sich verschiedene Sorten Plätzchen türmten.

»Wow, das Ding ist toll!«

Hinter ihm erklang ein helles Lachen. »Ja, cool, oder? Hat Kay auch selbst gemacht.«

»Der Doc scheint vielseitig begabt zu sein«, meinte er und steckte sich einen Keks in den Mund. Der war so köstlich, dass er sich noch einen nahm.

Jennifer lachte, herzhafter diesmal. »Ja, genau. Der Doc hat es echt drauf!«

Irritiert drehte er sich um und sah noch, wie sie den Kopf schüttelte.

Hatte er etwas Falsches gesagt?

Er ließ sich auf dem nächsten freien Stuhl nieder und wies vor Officers Nase mit der flachen Hand Richtung Boden. Sofort legte der Polizeihund sich hin. Kurz darauf verließ ein älterer Mann mit seinem sichtbar altersschwachen Mischlingshund den linken Behandlungsraum, der ihm vage bekannt vorkam. Jeff verengte die Augen und kramte in seinem Gedächtnis.

»Tschüs, Jennifer, grüß deine Eltern!«

»Mache ich. Schöne Woche, Mr. Beale!«

Mr. Beale? Jeffs Brauen wanderten bis zu seinem Haaransatz.

»Dir auch! Komm, Caesar!« Der ehemalige Hausmeister der hiesigen Highschool hielt seinem Hund die Tür auf und verließ die Praxis.

Jennifer lief in den freigewordenen Raum, kehrte nach zwanzig Sekunden zurück und rief die Dame mit dem Katzenkorb hinein. Prima, dann würde er vermutlich nicht mehr lange warten müssen.

Er stand auf, nahm sich noch ein Plätzchen und saß wieder auf seinem Platz, bevor die Tierarzthelferin zurück war. Ihn fröstelte, sodass er einen Blick zu dem originellen Kaffeeschrank warf. Ob er vielleicht doch einen Kaffee trinken sollte? Wenn er hingegen jetzt den Reißverschluss seiner Winterjacke hochzog, würde er vor Hitze vergehen.

Unvermittelt wurde zwischen Wartezimmer und Empfang eine Tür geöffnet und ein Mann in Arbeitskleidung trat heraus, einen Werkzeugkoffer in der Hand. »So, sie läuft wieder. Sollte gleich warm werden.«

»Danke, Quentin!« Jennifer klang erleichtert und hielt ihm einen Umschlag hin. »Hier ist das Geld, wie vereinbart.«

»Die Firma dankt.« Er tippte sich mit zwei Fingern an einen imaginären Hut, steckte das Geld ein. »Bis zum nächsten Mal!«

Damit ging er aus der Praxis und Jeff hätte beinahe laut aufgelacht.

Quentin, sieh mal einer an! Der alte Haudegen ist auch noch in der Stadt.

Danach dauerte es nicht lange, bis der andere Behandlungsraum frei wurde und er mit Officer hineingehen konnte. Um sich die Zeit zu vertreiben, blieb Jeff am Fenster stehen und schaute über die verschneiten Wiesen und Felder bis zu dem Wäldchen hinüber. Was für eine Aussicht!

Von nebenan, hinter der Verbindungstür, hörte er murmelnde Stimmen und das Jammern und Fauchen einer Katze, was ihn schließlich einlullte.

Deswegen fuhr er auch wie angestochen herum, als unvermittelt die Verbindungstür geöffnet wurde. Seine Hand zuckte automatisch zum Schulterholster, das er gar nicht trug.

Dann ging alles ganz schnell. Er starrte die atemberaubend schöne Brünette mit dem Pferdeschwanz und den verführerisch vollen Lippen an, die ihn aus strahlend blauen Augen irritiert musterte. Sie zog die sanft geschwungenen Augenbrauen zusammen und stutzte für eine Sekunde, dann schloss sie die Tür hinter sich. Sie war höchstens zehn Zentimeter kleiner als er und trug eine enganliegende Jeans sowie ein langärmliges Polohemd, was ihre Kurven viel zu sehr betonte.

Heilige Scheiße!

Sein Herz hämmerte los, da lächelte sie und ihr Blick glitt zu dem Schäferhund. »Hey, Officer, da bist du ja!«

Sie sah wieder Jeff an und trat mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Guten Morgen, ich bin Kayleigh Scott.«

»Doktor Scott?«, erwiderte er tonlos. Was, zum Teufel, hatte seine Mutter sich dabei gedacht, ihn so auflaufen zu lassen?

»Genau. Und Sie sind?«

»Oh, verzeihen Sie!« Schnell ergriff er ihre Hand und schüttelte sie, während ein aufregendes Prickeln seinen Arm hinaufschoss. Ihm entging nicht, dass ihre linke Augenbraue nach oben zuckte und sie die Lippen zusammenpresste.

»Jefferson Parker. Jeff.«

»Wie schön, Sie kennenzulernen!« Kayleigh hatte sich schneller wieder im Griff als er und ließ seine Hand los. »Maryanne hat Freitag erwähnt, dass Sie zu Besuch kommen.«

»Ach so?«

Sie ging zum Computer hinüber, überflog die Inhalte von Officers Krankenakte und drehte sich dann wieder um. »Bitte lassen Sie Officer auf den Tisch springen.«

»Oh. Ja. Klar.«

Herrgott, seit wann stammelte er? Er atmete tief durch und überbrückte die Distanz zum Untersuchungstisch. Dann klopfte er mit der flachen Hand zweimal auf den Edelstahltisch und der Polizeihund sprang mit einem Satz hinauf.

»Wie lange bleiben Sie?« Die hübsche Tierärztin nahm verschiedene Utensilien aus Schrank und Schubladen, zog aus einer Ampulle eine Spritze auf.

»Bis Neujahr, dann muss ich zurück nach New York.«

»Sie sind auch bei der Polizei, nicht wahr? Was genau?«

»Ich bin bei der Kriminalpolizei, Commander Detective Squad.«

»Klingt nach einem stressigen Job.«

»Ist es auch. Meine Mutter erzählte, Sie seien seit fast zwei Jahren hier in Frost Creek?«, lenkte er von sich ab.

»Ja, stimmt.«

»Und woher kommen Sie ursprünglich?«

Sie drehte sich zum Tisch um und hielt dem Hund den ausgestreckten Zeigefinger hin. Sofort ließ er den Hintern auf den Tisch sinken. »Geboren und aufgewachsen in Syracuse. Nach dem Tod meiner Eltern bin ich an die Universität New York gewechselt, habe Berufserfahrung gesammelt, und nun bin ich hier.« Sie streichelte Officer vom Hals bis über die Seite und setzte gleichzeitig die Spritze in sein Hinterteil. Der zuckte nicht einmal.

»Tut mir leid, das mit Ihren Eltern«, meinte er und fuhr sich nervös über den Nacken.

»Ach, das ist schon fast zehn Jahre her.« Kayleigh tätschelte Officer, legte die leere Spritze in eine Schale und lächelte Jeff an.

»Und ... fühlen Sie sich wohl in Frost Creek? Oder vermissen Sie New York schon?«, wollte er wissen.

Ein Zucken in ihrem Gesicht verriet, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. »Ich fühle mich sogar sehr wohl hier, die Stadt hat mich mehr als freundlich aufgenommen. Allen voran Ihre Mutter.«

»Ja, das zählt auf jeden Fall zu ihren Stärken.« Er lachte leise und musterte unauffällig ihre Hände. Kein Ring, kein Schatten. Aber das musste heutzutage nichts bedeuten.

»Okay, wir wären auch schon fertig.«

Der Wink mit dem Zaunpfahl. Schade.

»Ja, natürlich.« Er schnippte mit den Fingern und Officer sprang hinab. »Vielleicht sieht man sich ja mal wieder?«

»Kann gut passieren, die Stadt ist nicht allzu groß.«

»Würde mich freuen.«

Sie ging nicht darauf ein, sondern trat ans Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. »Bestellen Sie Maryanne schöne Grüße.«

»Mache ich. Bis dann!«

»Alles Gute!« Damit war er entlassen.

Jeff führte den Polizeihund hinaus, verabschiedete sich von Jennifer und verließ die Tierarztpraxis.

Auf dem Weg zum Büro des Sheriffs spielte er mit den Kiefermuskeln, Kayleighs Gesicht ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Sein Herz kam nur langsam zur Ruhe, genauso wie das Kribbeln in seinem Magen. Es war so lange her, dass er derartig auf eine Frau reagiert hatte, erst recht beim ersten Kennenlernen.

Nein, halt, so etwas war ihm noch gar nicht passiert!

Hitze schoss durch seinen Körper, gefolgt von Eiseskälte.

Verdammt wollte er sein, wenn er das zuließ. Nicht hier. Nicht jetzt. Und vor allem nicht in der Stadt, in die er nie zurückkehren wollte!

 

4.

 

»So, Süße, und wie sieht das nun bei dir aus?«

»Was?« Kayleigh blinzelte und sah von ihrem fünften Wodka-Martini auf. Seit ein paar Stunden bekamen sie dieses viel zu süffige Getränk in Mandys Friseursalon gemixt.

Mandy grinste. »Na, der Ball. Es wird Zeit, dich zu verkuppeln.«

Kayleigh stöhnte auf. Oh ja, das war anscheinend heute Abend die Lieblingsbeschäftigung ihrer Freundin. »Du weißt genau, dass ich nicht zum Ball gehe.«

»Aber doch nur, weil du keinen Begleiter hast. Also, lasst uns überlegen, wer für dich in Frage käme!« Sie angelte sich das letzte Stück der herzhaften Knabbereien, die Kayleigh zum Abend beigesteuert hatte. »Irgendwelche Vorschläge?« Ihr Blick wanderte durch die Runde der Anwesenden.

Neben ihnen beiden und Mandys Angestellten Tiffany und Dallas waren noch drei ältere Kundinnen dabei. Und Jillian Forster, die Tochter des Besitzers des einzigen Hotels der Stadt, dem Frost Creek Inn. Auch sie war erst vor wenigen Tagen in die Stadt zurückgekehrt. Wie viele wohl noch kommen mochten?

Und warum dachte sie eigentlich schon wieder an Maryannes Sohn?

Sie kniff die Augen zusammen und stürzte den Rest ihres Drinks herunter. Dann streckte sie ihrer Freundin das leere Glas entgegen. »Hast du noch einen?«

Mandy grinste, nahm ihr das Glas ab und bereitete einen neuen Wodka-Martini zu.

»Also, ich weiß ja aus sicherer Quelle, dass der Hutchins-Junge Interesse hat. Und Ruler Junior auch«, gab eine der Älteren zum Besten und nippte an ihrem Drink.

Kayleigh rollte mit den Augen und schauderte bei dem Gedanken an die ungehobelten, unappetitlichen Farmerssöhne. »Das ist kein großes Geheimnis. Aber danke, auf die beiden kann ich gut verzichten.«

Nun wurden sämtliche Single-Männer der Stadt aufgerufen, sogar diejenigen, die viel zu alt oder viel zu jung waren, um für sie in Betracht zu kommen. Die Frauen kicherten ausgelassen und die Namen wurden immer ausgefallener. Als Mandy ihr das gefüllte Glas zurückgab, fiel sogar der Name des Feuerwehrchiefs, Mason Miller. Kayleigh sah ihre Freundin in diesem Moment an und bedankte sich, so entging ihr nicht, wie es in Mandys Gesicht zuckte.

Kayleigh runzelte die Stirn, wurde aber von den nächsten bescheuerten Namen abgelenkt. Irgendwann brach sie in Gelächter aus. »Oh, bitte! Spart euch die Mühe. Der Mann, mit dem ich zum Ball gehen würde, muss erst noch gebacken werden.«

»Himmel, dann geh halt allein!« Tiffany seufzte, leerte ihr Glas und schenkte sich aus dem Shaker nach.

Sie schnalzte mit der Zunge. »Allein tanzt es sich so schlecht.«

»Ach, komm schon!«, flehte Mandy mit weinerlichem Unterton. »Ich gehe sonst auch allein, um mir die Show anzusehen.«

»Nein, nein, nein!«, wehrte Dallas ab und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wir müssen ernsthafter an die Sache rangehen. Ihr braucht einen Begleiter.«

»Wir?«, riefen die Freundinnen synchron in schockiertem Tonfall.

Kayleigh musterte den schwulen Friseur aus zusammengekniffenen Augen. Er sah gut aus, dunkle Haare und Bart, und auf seinen Körper achtete er auch. »Vielleicht sollte ich es mit dir versuchen«, provozierte sie ihn und grinste.

»Niemals!«, wehrte er mit erhobenen Händen ab. »Ich versaue mir doch nicht meinen Ruf! Wir werden schon jemanden finden, also, nochmal alle Namen auf den Tisch.«

Sie stöhnte innerlich auf und schlug die Beine andersherum übereinander. Das war jetzt nicht mehr witzig, es fing sogar an, ihr auf die Nerven zu gehen. Sie wollte nicht auf diesen Ball und sie wollte erst recht nicht verkuppelt werden.

Es dauerte nicht lange, da schwenkte das Thema um zu einer Liebesgeschichte des letzten Winterballs. Die Frauen seufzten und schwärmten in allen Einzelheiten davon, während Kayleigh in ihren Wodka-Martini glotzte und gegen die Sehnsucht in ihrem Herzen ankämpfte. Den Wunsch nach einem Partner, einer liebevollen Familie, so wie sie es von ihrem eigenen Elternhaus kannte.

Verdammter Alkohol!

Er lockerte die Ketten um ihre eingesperrten Gefühle, besser, sie verschwand jetzt von hier. Deshalb leerte sie ihr Glas und stellte es auf den Tisch neben sich.

»So, Ladies, ich habe definitiv genug für heute. Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende, kommt gut nach Hause.« Sie erhob sich und Mandy sprang ebenfalls auf.

»Schade, ehrlich. Komm, ich bringe dich zur Tür.«

»Okay. Bis bald Leute!« Kayleigh winkte noch einmal in die Runde, nahm ihre Winterjacke von der Garderobe und folgte ihrer Freundin zur Salontür.

Kayleigh schlüpfte in ihre Jacke und umarmte Mandy zum Abschied, doch dann blieb sie dicht vor ihr stehen und sah ihr direkt in die Augen, senkte die Stimme.

»Irre ich mich, oder läuft da was zwischen dir und Miller?«

Mandy versteifte sich. »Was? Spinnst du? Wie kommst du denn auf den Scheiß? Da läuft gar nichts, hörst du?«

»Aber du möchtest, dass da was läuft.«

»Niemals! Nicht mit diesem sturen Esel, vergiss es!«

Kayleigh musste grinsen. »Sehr überzeugend, wirklich.«

Mandy kniff die Augen zusammen und flüsterte: »Hör auf damit, da ist nichts und wird auch nichts sein.«

»Mh-hm, sicher!«

»Sicher nicht!«

Jetzt lachte sie leise. »Okay, ich glaube dir zwar nicht, aber ich werde dich nicht weiter nerven. Wir sehen uns!«

Mandy entspannte sich sichtlich und sperrte die Tür auf. »Komm gut nach Hause. Oder soll ich dir ein Taxi rufen?«

»Nein, lass nur, ich will erst noch ein paar Schritte gehen und frische Luft schnappen.«

»Gut. Wir telefonieren?«

»Klar!« Kayleigh verließ den Salon und blieb erst einmal auf dem Gehsteig stehen, um ihre Jacke bis oben hin zu schließen und die selbstgestrickte Mütze aufzusetzen. Sie fröstelte, obwohl sie mehr getrunken hatte als sonst, folglich schob sie die Hände in die Taschen und zog die Schultern hoch.

Im ersten Moment wandte sie sich nach rechts, doch nach ein paar Schritten blieb sie stehen und schaute auf die Uhr, erst halb zwölf.

Hm, sie wollte noch nicht nach Hause, nicht nach zu vielen Drinks und zu vielen Verkuppelungsversuchen. Da ging sie lieber noch auf ein oder zwei Bier zu Richard ins Frosts Inn, zum Runterkommen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und stapfte in die entgegengesetzte Richtung. Betrachtete schmunzelnd die Wohnhäuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die unterschiedlich weihnachtlich dekoriert waren. Mal dezent und mit nur wenigen Lichtern, mal total überladen und grellbunt wie in Vegas. An der nächsten Hauptstraße bog sie nach rechts ab, umrundete einen Wohnblock und wandte sich am Kino nochmals nach rechts.

Warmes Licht fiel aus dem Bar & Grill auf den geräumten Gehsteig und die Schneehaufen am Straßenrand, Stimmen und Musik waren ebenfalls zu hören. Ja, das war jetzt genau das Richtige, ein ungestörtes Bier.

Kayleigh zog die Tür auf, ging hinein und sah sich in dem weihnachtlich dekorierten Raum um, das Rot und Gold glitzerte in dem gedämpften Licht. An den Tischen links herrschte noch reger Betrieb, aber an der Bar rechts gab es ein paar freie Plätze. Gleich den nächsten freien Hocker steuerte sie an, zog die Mütze vom Kopf und die Jacke aus. Die hängte sie über den Hocker, stopfte die Mütze in die Jackentasche und setzte sich.

Richard White, der junge Besitzer mit dem etwas zu langen dunklen Haar und den hellen Augen, kam höchstpersönlich zu ihr und wischte einmal grinsend über den Tresen. »Sieh an, welch seltener Gast. `n Abend, Kayleigh!«

»Hallo, Rich. Machst du mir ein Bier?«

»Glas oder Flasche?«

»Flasche.«

»Bud oder Miller?«

Sie lachte leise. »Gib mir ein Miller!«

»Kommt sofort.«

Richard ging zum rechten der beiden Kühlschränke, nahm eine Flasche heraus, öffnete sie und stellte sie ihr vor die Nase.

»Cheers!«

»Cheers!« Sie prostete ihm zu und trank ein paar Schlucke, als er schon wieder beim nächsten Gast war. Danach stieß sie die Luft aus und stellte die Flasche ab. Endlich Ruhe!

Kayleigh sah zum Fernseher hinüber, auf dem irgendeine Sportsendung lief, dann automatisch den Tresen entlang. Am Ende traf ihr Blick auf ein paar haselnussbraune Augen, ihr Herz begann zu klopfen. Die hatten sie schon vor ein paar Tagen ungewollt beeindruckt, tauchten ab und zu in ihrem Kopf auf. Genauso wie die dunkelblonden zerzausten Locken und die sanft geschwungenen Lippen, die von einem Vollbart umrandet wurden.

Und genau die lächelten sie nun an, er hob seine Flasche, auch ein Miller, und prostete ihr zu.

Automatisch erwiderte sie Gruß und Lächeln.

Da nahm Jeff sein Bier und stand auf. Oh Gott, kam er etwa zu ihr herüber? Nein, sie durfte jetzt nicht gucken, was er da tat. Und auch nicht an ihren Klamotten herumzupfen, zum Teufel!

Hastig fuhr sie sich mit der Hand durchs offene Haar und strich es über ihre Schultern zurück.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals hinauf und stolperte, als er neben ihr auftauchte. »Ist der Platz noch frei?«

Sie wandte den Kopf und sah zu ihm auf. »Ich glaube, schon. Aber ich bin gerade erst reingekommen.«

»Ich weiß.« Er schob sich auf den Hocker, ihr halb zugewandt. »Ist es okay, wenn wir uns duzen? Hier siezt man höchstens die Polizei oder die Bürgermeisterin.«

Kayleigh musste lachen. »Sie sind doch Polizist!«

Er verzog das Gesicht. »Ein Polizist ist immer im Dienst, ich weiß. Aber ich bin hier, um das alles mal hinter mir zu lassen, ganz privat.«

»Okay, von mir aus, ich bin Kayleigh.« Sie hielt ihm die Flasche hin.

»Jeff.« Sie stießen miteinander an und tranken, dann lächelte er. »Ich habe gesehen, dass dein Name genauso geschrieben wird, wie in dem Song aus den Achtzigern.«

»Ja, meine Mutter war Marillion-Fan.«

»Tanzt du auch mit Stilettos im Schnee?«

Im ersten Moment stutzte sie, dann brach sie in Gelächter aus. »Nein, bestimmt nicht!« Sie wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. »Hast du den Text gegoogelt?«

Jeff zuckte mit den Schultern und grinste verlegen. »Erwischt.«

In ihrem Bauch wurde es warm. Warum hatte er das getan?

Verdammt, Themenwechsel! Themenwechsel!

»Fällt dir zu Hause schon die Decke auf den Kopf?«

»Ein bisschen. Ich konnte es nicht mehr hören, was aus all den Leuten geworden ist, mit denen ich zur Schule gegangen bin. Das läuft nämlich unweigerlich darauf hinaus, dass sie mir unter die Nase reiben, wer noch alles Single ist und ob ich nicht Lust habe, ein paar der Mädels zu treffen.«

»Und, hast du?«

Scheiß Martinis, ihre Zunge saß viel zu locker!

»Nein, auf keinen Fall! Meinst du, ich bin damals abgehauen, um mich jetzt hier wieder zu binden?«

Überrascht hob sie die Brauen und registrierte die widersprüchlichen Gefühle, die sie bei seinen ehrlichen Worten empfand. Erleichterung, Enttäuschung, Ärger auf sich selbst.

Da stutzte er, verzog den Mund und seufzte. »Das hört sich furchtbar an, oder?«

»Ein wenig«, gab sie zu und trank von ihrem Bier. »Aber wenigstens bist du ehrlich, das ist mir lieber als alles andere. Hast du das deinen Eltern denn auch so gesagt?«

»Nein, ich habe gar nichts dazu gesagt, ich bin nur genervt abgehauen. Als ob ich nicht alt genug wäre, meine eigenen Entscheidungen zu treffen.«

Sie nickte nachdenklich und schaute ihn an. »Nimm es mir nicht übel, aber ich denke, sie wären einfach nur froh, dich wieder in ihrer Nähe zu haben. Ich weiß, dass Maryanne dich sehr vermisst.«

»Das ist mir bewusst, aber ... können wir vielleicht über etwas anderes reden? Für heute habe ich genug von diesem Thema.«

»Klar.«

»Und was treibt dich noch so spät in eine Bar?«

Kayleigh grinste. »Ich war beim Cocktailabend in Mandys Frisörsalon und musste Ähnliches ertragen. Ich bin geflüchtet.«

»Inwiefern?«

»Oh, es ging mal wieder um den Winterball und in diesem Zusammenhang um das Lieblingsthema dieser Stadt.«

»Und das wäre?«

»Verkuppelungsversuche. Hardcore, sag ich dir!« Sie machte eine abwehrende Handbewegung.

»Ach, du Scheiße!« Er lachte und sie spürte die Vibrationen in ihrem Magen.

»Genau. Als ob jeder Single unglücklich über diesen Zustand wäre.« Sie rollte mit den Augen.

»Gute Einstellung«, meinte er und betrachtete sie interessiert. »Ich habe ja meinen Job als Ausrede, aber du? Warum bist du noch zu haben?«

Ihre Laune sank schlagartig in den Keller. »Kein gutes Thema.«

Jeff wurde ebenfalls ernst. »Oh, tut mir leid. Schlechte Erfahrungen gemacht?«

»So könnte man es ausdrücken.«

»Körperliche Gewalt?«

Sie bemerkte den harten Unterton in seiner Stimme und sah ihm in die Augen, die Missbilligung darin. Wie definierte er das? Zählte ein zertrümmertes Herz ebenfalls dazu? Auf jeden Fall hatte sie damals körperliche und psychische Schmerzen erlitten. Wochenlang, in Dauerschleife. Erst hier in Frost Creek war das abgeflaut und inzwischen versiegt.

»Nein.« Kayleigh wandte sich ab und starrte auf ihre Bierflasche.

»Sorry, jetzt habe ich dir den Abend versaut.« Er ergriff ihre freie Hand und drückte sie.

Verdammt, da war es wieder, dieses Prickeln, stärker diesmal. Also hatte sie es sich nicht eingebildet, am Dienstag? Und … spürte er das eigentlich auch?

Sie nahm allen Mut zusammen, riss sich von dem Anblick ihrer Hände los und schaute ihn an. Jeff wirkte genauso verwirrt wie sie, aber da war noch etwas, etwas Intensives. Ihr Bauch reagierte mit einem Glühen darauf, ihre Brüste zogen sich erregt zusammen.

Das war sexuelle Anziehungskraft, oder? Die richtige Chemie? Bisher hatte sie nur davon gelesen, dass es so etwas gab und … Woher, zum Teufel, kamen jetzt diese bescheuerten Gedanken? Nein, das war nicht richtig, es war sogar falsch. Das hatte hier nichts zu suchen. Sie richtete sich auf, angespannt, und öffnete den Mund.

Er schluckte, löste seine Hand von ihrer und räusperte sich.

»Nein, du hast ihn nicht versaut«, hörte Kayleigh sich selbst sagen. Was tat sie da? »Wir können ja einfach über etwas anderes reden, bis mein Bier leer ist.« Nur fiel ihr auf die Schnelle kein Thema ein.

»Kein Problem.« Er zuckte die Schultern und trank einen Schluck. »Wie lange hast du in New York gelebt?«

»Drei oder vier Jahre.«

»Und gefällt es dir hier?«

Sie grinste. »Ja, warum?«

»Na ja, ich kann mir das nur schlecht vorstellen.«

»New York ist mir, ehrlich gesagt, viel zu viel Show und Oberflächlichkeit. Ich mag es lieber familiär.«

Jeff schnaubte. »Bei mir war es genau umgekehrt, ich war froh, dass mich dort keiner kennt oder sogar über mein Leben bestimmen will.«

»Da hast wohl du die negativen Erfahrungen gemacht.«

»Ja.«

»Aber nicht mit Clive und Maryanne, oder?« Nein, das durfte nicht sein. Dann würde sie auf ewig an ihrer Menschenkenntnis zweifeln.

Er wirkte schockiert. »Nein, nicht doch! Das war vorher.«

Kayleigh atmete tief durch und wagte einen Vorstoß. »Magst du mir erzählen, was passiert ist?«

»Wenn du noch ein Bier mit mir trinkst.«

Sie lachte. »Okay, von mir aus.«

Er drehte sich um und wartete, bis Richard in ihre Richtung sah, dann hob er seine Flasche. »Machst du uns noch zwei?«

»Bin gleich bei euch«, rief der Barbesitzer.

Jeff schaute sie wieder an, mit eindringlichem Blick. »Du bist die erste Fremde, der ich davon erzähle.«

»Du musst nicht«, erwiderte sie, doch er schüttelte den Kopf.

»Ich möchte es, keine Ahnung, warum.«

»Oh … okay.«

Richard schob sich in ihr Blickfeld und stellte ihnen die frischen Bierflaschen hin.

»Die gehen auf mich«, meinte Jeff und leerte seine Flasche.

Richard nahm sie danach entgegen und trat zurück. »Alles klar.«

Kayleigh trank ebenfalls den letzten Schluck und stellte ihre leere Flasche auf die Arbeitsfläche gleich unterhalb des Tresens. Erwartungsvoll drehte sie sich in seine Richtung und lächelte aufmunternd.

»Du hast dein Geheimnis also schön hier zurückgelassen, ja?«

Er lachte leise. »So kann man es wohl nennen.«

»Und was wäre dieses interne Geheimnis?«

»Meine leiblichen Eltern hatten einen Hof, auf dem ich aufgewachsen bin. Milchvieh. Ich musste schon früh mit anpacken, doch das hat mir nichts ausgemacht. Mein Vater war ein eher ruhiger, verschlossener Mensch, er arbeitete eben den ganzen Tag, um den Hof halten und uns ernähren zu können. Dann wurde meine Mutter unerwartet noch einmal schwanger.«

»Du hast Geschwister?«

»Nein. Nach ein paar Monaten gab es Komplikationen, meine Mutter und das Baby starben bei der Geburt.«

»Das tut mir leid.«

»Ich kann mich nicht einmal daran erinnern. Vielleicht, weil das alles veränderte. Mein Vater ertränkte seinen Kummer in Alkohol und wälzte alles auf mich ab. Wenn ich Freunde treffen wollte, sperrte er mich ein. Wenn ich nicht spurte oder mich wehrte, schlug er mich. Ich lernte, alles zu vertuschen, aber nach einem besonders brutalen Ausraster sind meine Verletzungen in der Schule aufgefallen. Mom war damals die Vertrauenslehrerin und hat sich meiner angenommen. Dad hat sich um die rechtliche Seite gekümmert und mich noch am gleichen Tag von der Farm geholt. Im Eilverfahren wurden sie meine Pflegeeltern und haben dafür gekämpft, dass meinem leiblichen Vater sämtliche Rechte aberkannt wurden und sie mich adoptieren konnten.«

»Wie lange musstest du die Gewalt ertragen?«

»Fast drei Jahre.«

Sie schluckte und nickte, das erklärte auch seine Reaktion vorhin. »Ich nehme an, das Leben bei Clive und Maryanne war das komplette Gegenteil.«

»Aus heutiger Sicht kann ich sagen, ja. Natürlich gab es Regeln, aber sie haben mich sehr liebevoll aufgezogen.«

»Dann verstehe ich nicht, warum du abgehauen bist, wie du selbst sagst, und nicht mehr zurückkehren willst.«

»Als Sohn des Sheriffs bekommt man einfach zu viel Aufmerksamkeit und das habe ich irgendwann gehasst. Mom und Dad konnten ja nichts dafür, dass die Leute mir gewisse Erwartungen entgegenbrachten, vor allem wegen der Umstände. Ich habe sogar einmal zwei Lehrer belauscht, da muss ich sechzehn oder siebzehn gewesen sein. Es ging um meine neue Unlust und die schlechten Noten, und der eine meinte, wie undankbar mein Verhalten gegenüber meinen Eltern sei, wo sie mich doch aus der Hölle geholt hätten. Ich hatte das schließlich so satt, dass ich meinen Eltern Vorwürfe deswegen machte. Ich bin richtig ausgerastet und zwei Wochen lang herrschte dicke Luft. Das Gespräch danach hat mich dann zur Besinnung gebracht. Mom machte mir klar, dass sie beide verstehen könnten, wie es mir ging und was ich zu ertragen hätte. Und dass es nur einen Weg hinaus gäbe, ein richtig guter Schulabschluss, mit dem mir sämtliche Möglichkeiten offenstanden.«

»Interessanter Ansatz.« Kayleigh lächelte. »Da hat sie alles richtiggemacht, würde ich sagen.«