Witch Hunter - Virginia Boecker - E-Book

Witch Hunter E-Book

Virginia Boecker

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Beschreibung

Wer ist Freund? Wer ist Feind? Als die 16-jährige Hexenjägerin Elizabeth mit einem Bündel Kräuter gefunden wird, das ihr zum Schutz dienen soll, wird sie in den Kerker geworfen und selbst der Hexerei angeklagt. Doch wider Erwarten retten weder Caleb, ihr engster Freund und heimlicher Schwarm, noch ihr Lehrmeister Blackwell sie vor dem Scheiterhaufen. Stattdessen befreit sie in letzter Sekunde ein ganz anderer: Nicholas Perevil, der mächtigste Magier des Landes und Erzfeind aller Hexenjäger. Nun muss sich Elizabeth entscheiden, wo ihre Loyalitäten liegen.  

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Seitenzahl: 504

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Virginia Boecker

Witch Hunter

Roman

Aus dem amerikanischen Englischvon Alexandra Ernst

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

 

 

 

 

Für Scott

und

für England

   1   

Ich stehe am Rand eines Platzes, auf dem sich die Menschen drängen. Sie sehen zu, wie die Scheiterhaufen angezündet werden. Die beiden Henker in ihren dunkelroten Umhängen und den verkohlten Lederhandschuhen umrunden mit brennenden Fackeln die hölzernen Plattformen, wo vier Hexen und drei Hexenmeister stehen, festgezurrt an dicken Holzpfosten. Rings um ihre Füße sind Reisigbündel aufgeschichtet. Mit entschlossenem Blick starren sie in die Menge.

Ich weiß nicht, was genau sie verbrochen haben; ich habe sie nicht selbst verhaftet. Aber ich weiß, dass es keine Ausflüchte und keine Entschuldigungen von ihnen geben wird. Kein Winseln um Gnade, kein Widerrufen ihrer Taten. Sie verharren schweigend, auch als die Henker die Fackeln an das Holz halten und die ersten Flammen in den bleigrauen Himmel züngeln. Unbeugsam bis zum Ende.

So war es nicht immer. Aber je mehr die Rebellion der Reformisten um sich greift, desto unnachgiebiger und trotziger werden die Reformisten selbst. Außerdem spielt es keine Rolle, was man ihnen zur Last legt. Welcher Magie sie sich bedienten. Zaubersprüche, Geisteranrufungen, Tränke, Kräuter – das alles ist heutzutage verboten.

Es gab eine Zeit, als diese Dinge toleriert wurden, sogar geschätzt. Magie wurde als hilfreich angesehen. Früher. Dann kam die Pest. Begonnen durch Magie, verbreitet durch Magie. Durch die Magie wären wir beinahe vernichtet worden.

Wir haben sie gewarnt, haben sie aufgefordert, damit aufzuhören, aber sie taten es nicht. Jetzt stehen wir hier auf einem schmutzigen Platz unter einem schmutzigen Himmel und zwingen sie zum Aufhören.

Rechts von mir, vielleicht zwanzig Meter entfernt, steht Caleb. Er starrt ins Feuer, die blauen Augen zu Schlitzen verengt, die Stirn gerunzelt. Seine Miene verrät nichts. Vielleicht ist er traurig oder gelangweilt, vielleicht spielt er auch gerade in Gedanken »Kreis und Kreuz« mit sich selbst. Es ist schwer zu sagen. Selbst ich weiß nur selten, was er denkt, und ich kenne ihn länger als irgendjemand sonst.

Er ist wachsam. Er weiß, dass die Proteste nicht mehr lange auf sich warten lassen. Schon werden die Stimmen lauter, Füße scharren, vereinzelte Rufe von Verwandten oder Freunden sind zu hören. Die Leute halten Stöcke und Steine in der Hand. Noch warten sie ab, aus Respekt vor den Männern und Frauen auf dem Scheiterhaufen. Aber wenn sie nicht mehr sind, wird die Wut losbrechen. Gegen die Henker, gegen die Wachen, die die Straße säumen, gegen jeden, der dafür sorgt, dass dem Gesetz Genüge getan wird. Die Menschen haben Angst vor Magie, aber noch mehr fürchten sie sich vor den Magiern und ihrer Rache.

Da! – Ein leichtes Zupfen an einer dunkelblonden Locke, eine Hand, die sich langsam in eine Hosentasche schiebt. Es ist so weit.

Ich habe den Platz zur Hälfte überquert, als das Schreien anfängt. Ich bekomme einen Stoß in den Rücken, dann noch einen. Ich stolpere vorwärts und pralle gegen einen Mann vor mir. »Pass doch auf!« Er wirbelt herum und funkelt mich böse an. Aber sobald er mich sieht, wird sein Blick freundlich. »Tut mir leid, Miss. Ich habe Euch nicht gesehen, und …« Er verstummt und betrachtet mich genauer. »Bei meiner Treu, Ihr seid ja noch ein halbes Kind. Ihr solltet nicht hier sein. Geht nach Hause. Hier gibt es nichts für Euch zu sehen.« Ich nicke und weiche zurück. In einem hat er recht: Hier gibt es nichts für mich zu sehen.

Ich folge Caleb eine breite, gepflasterte Straße entlang, dann durch den »Knoten« – ein Labyrinth aus engen, mit Unrat übersäten Gassen –, vorbei an aneinandergedrängten Häusern aus dunklem Holz, deren steile Dächer die Straße bei Tag und Nacht in Schatten hüllen. Wir durchqueren sie rasch: Kuhgasse, Fasanenplatz, Gänseweg. Die Straßen in dieser Gegend haben seltsame Namen aus einer Zeit, als auf dem Marktplatz von Tyborn noch Vieh verkauft und geschlachtet wurde.

Heute ist es ein Schlachtplatz für Menschen.

Auf den Straßen ist viel los, was an einem Brandtag nichts Ungewöhnliches ist. Alle, die nicht der Hinrichtung beiwohnen, stehen vor dem Ravenscourt Palast und protestieren dagegen oder hocken in einer Taverne in Upminster und versuchen, sie zu vergessen. Es ist riskant, heute eine Verhaftung vorzunehmen. Man könnte uns sehen. Und dann haben wir die aufgebrachte Menge auf dem Hals. Wenn wir eine gewöhnliche Hexe im Visier hätten, würden wir die Sache auf einen anderen Tag verschieben.

Aber das ist keine gewöhnliche Verhaftung.

Caleb zieht mich in einen dunklen Hauseingang. »Bist du bereit?«

»Natürlich.« Ich lächle.

Er grinst mich an. »Alle spitzen Gegenstände in Angriffsposition?«

Ich greife unter meinen Umhang und ziehe mein Schwert.

Caleb nickt zufrieden. »Die Wachen warten auf uns am Fasanenplatz, und für alle Fälle habe ich Marcus im Gänseweg und Linus in der Kuhgasse postiert.« Er macht eine Pause. »Mann, diese Straßennamen sind einfach dämlich.«

Ich muss ein Lachen unterdrücken. »Ich weiß. Aber ich werde Marcus’ und Linus’ Hilfe nicht brauchen. Ich schaffe das schon.«

»Wenn du es sagst.« Caleb greift in seine Tasche und holt eine Fünf-Shilling-Münze heraus, nimmt das Geldstück zwischen Daumen und Zeigefinger und hält es mir vor die Augen. »Sagen wir, das Übliche?«

Ich stoße ein Schnauben aus. »Das könnte dir so passen. Ich muss fünfmal ran, also steht mir auch fünfmal das Kopfgeld zu. Außerdem sind das Totenbeschwörer, was bedeutet, dass ich es mit mindestens einem Leichnam, jeder Menge Blut und einem Haufen Knochen zu tun habe. Das macht einen Sovereign, mindestens, du Knauser.«

Caleb lacht. »Du handelst wie ein Marktweib, Grey. Also schön. Sagen wir zwei Sovereigns, und danach gehen wir was trinken. Einverstanden?«

»Einverstanden.« Ich reiche ihm meine Hand, aber statt einzuschlagen, küsst er sie. Mein Magen schlägt einen komischen kleinen Purzelbaum und ich fühle, wir mir die Hitze in die Wangen steigt. Aber er scheint es nicht zu bemerken. Er steckt bloß die Münze wieder ein, zieht dann seinen Dolch aus dem Gürtel, wirft ihn in die Luft und fängt ihn geschickt wieder auf.

»Gut. Dann lass uns anfangen. Diese Totenbeschwörer werden sich nicht selbst verhaften.« An die Hauswände gedrückt huschen wir weiter. Jeder Schritt durch den Morast in der Gasse macht ein leise schmatzendes Geräusch. Endlich stehen wir vor dem Haus, auf das wir es abgesehen haben. Von außen unterscheidet es sich durch nichts von den anderen Häusern: ein kleines, ganz gewöhnliches, weiß getünchtes Gebäude mit einer Holztür, von der die rote Farbe abblättert. Doch was hinter dieser Tür vorgeht, ist alles andere als gewöhnlich. Normalerweise sind die Hexenmeister, die ich verhafte, noch am Leben, sind aus Fleisch und Blut. Heute vermutlich nicht. Mein Magen verkrampft sich leicht, wie immer vor einem Arrest, in einer Mischung aus Erregung, Angst und Nervosität.

»Ich trete die Tür auf, aber du gehst zuerst rein«, flüstert mir Caleb zu. »Du hast das Kommando. Es ist deine Beute. Schwert bereit, und los. Die Waffe immer vor dem Körper, nicht eine Sekunde lang senken. Und lies den Arrestbrief vor.«

»Ich weiß.« Ich habe keine Ahnung, warum er mir das alles sagt. »Ich mache das schließlich nicht zum ersten Mal.«

»Schon klar. Aber das hier ist anders. Sie sind anders. Rein und raus, keine Spielchen. Und keine Fehler mehr, klar? Ich kann dich nicht jedes Mal decken.«

Ich denke an all die Ausrutscher, die mir in den letzten Wochen passiert sind: die Hexe, die mir auf der wilden Jagd durch die Straßen beinahe entwischt wäre; der Schornstein, in dem ich stecken blieb, weil ich nach versteckten Zauberbüchern suchte; das Cottage, das ich in der Vermutung stürmte, es würden ein paar Hexenmeister darin Zaubertränke brauen. Stattdessen waren da nur ein paar ältliche Ordensbrüder, die Bier herstellten. Missgeschicke, ich kann es nicht leugnen. Aber Fehler mache ich nicht.

Zumindest war das früher so.

»Verstanden.« Ich hebe mein Schwert, das unruhig in meinen schweißnassen Händen liegt. Rasch wische ich sie an meinem Umhang ab. Caleb tritt mit voller Wucht gegen die Tür. Sie bricht auf und ich stürme ins Haus.

Drinnen finde ich wie erwartet die fünf Totenbeschwörer, die sich kreisförmig um ein offenes Feuer versammelt haben. Über den Flammen hängt ein großer Kessel, aus dem sich ein faulig stinkender, rosafarbener Dampf wölbt. Die fünf tragen zerschlissene braune Kutten mit großen Kapuzen, die ihre Gesichter verbergen. Sie stöhnen und singen, in jeder Hand Knochen – entweder sind es Armknochen oder die Beinknochen eines sehr kleinen Menschen –, wie ein Haufen Kannibalen. Ich würde lachen, wenn mich der Anblick nicht so ekelte.

Ich gehe um sie herum, das Schwert stets auf sie gerichtet. »Hermes Trismegistos. Ostanes der Perser. Olympiodorus von Theben …« Ich verstumme, weil ich mir bei diesen hochtrabenden Namen, die sie sich selbst geben, beinahe einen Knoten in die Zunge mache.

»Ihr fünf«, sage ich schließlich. »Kraft der Autorität, die mir König Malcolm von Anglia verliehen hat, verhafte ich euch wegen der unerlaubten Ausübung von Hexerei.«

Sie singen einfach weiter, schauen nicht einmal auf. Ich werfe Caleb einen Blick zu. Er steht neben der Tür und spielt immer noch mit seinem Dolch. Er wirkt belustigt.

»Ihr werdet euch widerstandslos abführen und nach Upminster bringen lassen, wo ihr im Fleet-Gefängnis auf eure Verhandlung unter dem Vorsitz des Obersten Inquisitors, Lord Blackwell, dem Herzog von Norwich, warten werdet. Falls man euch schuldig spricht, erwartet euch der Tod am Strang oder auf dem Scheiterhaufen, wie es dem König gefällt. Eure Ländereien und sämtliche Besitztümer fallen der Krone zu.« Ich muss kurz Atem schöpfen. »Gott sei euch gnädig.«

Das ist gewöhnlich der Moment, in dem sie anfangen zu protestieren und behaupten, sie seien unschuldig. Das tun sie immer. Ich habe noch nie eine Hexe oder einen Hexenmeister verhaftet, die sagten: »Tja, da habt Ihr mich wohl erwischt. Gewiss habe ich verbotene Zaubersprüche aufgesagt und verbotene Bücher gelesen und verbotene Kräuter gekauft. Gott sei Dank seid Ihr gekommen, um mich aufzuhalten!« Stattdessen sagen sie: »Was wollt Ihr hier?« und »Ich war es nicht!« und »Das muss ein Irrtum sein!« Aber es ist niemals ein Irrtum. Ich klopfe niemals an die falsche Tür. Wen ich verhafte, der hat gegen das Gesetz verstoßen.

Genau wie diese Hexer.

Ich rede weiter: »Donnerstag, 25. Oktober 1558. Ostanes der Perser erwirbt auf dem Schwarzmarkt in Hatch End Eisenhut, ein ausgewiesenes Gift. Sonntag, 13. November 1558: Hermes Trismegistos ritzt das Siegel Salomons, einen Talisman, mit dem man Geister beschwört, in den Hadrianswall außerhalb der Stadt. Freitag, 18. November 1558: Alle fünf Beschuldigten werden gesehen, wie sie auf dem Allerheiligen-Friedhof in Fortune Green den Leichnam von Pseudo-Democritus, alias Daniel Smith, ein anderer bekannter Schwarzmagier, ausgraben.«

Immer noch nichts. Sie summen und singen einfach weiter, wie ein Schwarm alter Bienen. Ich räuspere mich und versuche es diesmal lauter.

»Die Beschuldigten befinden sich im Besitz der folgenden Texte, die alle auf der Liste der Librorum Prohibitorum stehen, der Liste der verbotenen Bücher: Albertus Magnus’ Magister Sententiarum, Thomas Cranmers Neues Buch der allgemeinen Sprüche, Desiderius’ Handbuch eines reformierten Ritters.«

Darauf müssen sie doch reagieren. Hexen und Hexenmeister hassen nichts so sehr wie die Erkenntnis, dass ich in ihrem Zuhause gewesen bin und ihre geheimsten Verstecke ausspioniert habe: die kleinen, ausgehöhlten Nischen unter den Bodendielen oder unter dem Hühnerstall und die Hohlräume in den Strohmatratzen. Vor mir ist kein Versteck sicher. Ich finde alles, was Hexen und Zauberer zu verbergen haben.

Mittlerweile kommt es mir sinnlos vor, ihre Verbrechen aufzuzählen, schließlich habe ich sie in flagranti bei einem viel größeren Vergehen erwischt. Ich weiß nicht genau, wie ich mich jetzt verhalten soll. Ich habe keine Lust, den ganzen Tag hier herumzustehen und ein paar alten Narren beim Singen zuzuhören. Außerdem darf ich nicht zulassen, dass sie ihre Anrufung vollenden. Andererseits kann ich auch nicht einfach vorstürmen und sie mit meinem Schwert angreifen. Wir sollen die Schuldigen verhaften, nicht umbringen. So lauten Blackwells Regeln. Und keiner von uns würde wagen, sich diesen Regeln zu widersetzen. Trotzdem packe ich mein Schwert fester, würde es liebend gerne schwingen. Da sehe ich es: Der rosafarbene Dampf über dem Kessel ballt sich zu einer Form zusammen, die sich in die Luft erhebt, wo sie leicht hin und her schaukelt. Was immer dieses Ding ist, das die Hexer beschwören wollen – ich vermute stark, es handelt sich um Pseudo-Democritus, alias Daniel Smith, schließlich haben sie seinen Kadaver aus dem Grab geholt –, es ist abstoßend. Halb Geist, halb Leichnam, durchsichtig und doch vermodernd – schwammige Haut, abfallendes Fleisch und freiliegende Organe. Ein merkwürdiges Surren geht von dem Ding aus und ich sehe, dass es von unzähligen Fliegen bedeckt ist.

»Elizabeth.«

Calebs Stimme lässt mich hochschrecken. Er steht jetzt neben mir, den Dolch vor sich, bereit zum Angriff. Wie gebannt starrt er auf die rosafarbene Erscheinung.

»Was meinst du?«, flüstere ich. »Ist das ein Geist?«

Er schüttelt den Kopf. »Ich glaube nicht. Es ist zu … ich weiß auch nicht …«

»Zu saftig?«

Caleb verzieht das Gesicht. »Bäh! Mir wäre lieber, du hättest ›ekelhaft‹ gesagt. Aber ja, du hast recht. Und bei einem Geist bräuchte man auch nicht fünf Männer für eine Beschwörung. Ich vermute, es ist ein Ghoul, oder ein Wiedergänger. Schwer zu sagen, er ist ja noch nicht voll ausgebildet.«

Ich nicke.

»Wir müssen sie aufhalten, ehe sie damit fertig sind«, erklärt er. »Du nimmst die beiden auf der linken Seite, ich kümmere mich um die drei auf der rechten.«

»Auf keinen Fall.« Ich drehe mich zu ihm um. »Das ist meine Verhaftung. Ich schnappe mir alle fünf. So war es ausgemacht. Du kannst das saftige Ding im Topf haben.«

»Nein. Du kannst es nicht mit fünf Totenbeschwörern gleichzeitig aufnehmen.«

»Noch drei Sovereigns, dass ich es wohl kann!«

»Elizabeth …«

»Komm mir nicht so!«

»Elizabeth!« Caleb packt mich an den Schultern und dreht mich mit einem Ruck um. Im Raum ist alles still geworden. Die Totenbeschwörer haben mit ihrem Singen und Summen aufgehört. Ihre Blicke sind auf uns gerichtet. Und statt der Knochen haben sie lange, gebogene Dolche in der Hand, die in unsere Richtung deuten.

Ich mache mich von Calebs Griff frei und trete mit hoch erhobenem Schwert auf sie zu.

»Was tust du hier, Mädchen?«, sagt einer von ihnen.

»Ich bin hier, um euch zu verhaften.«

»Wie lautet die Anklage?«

Ich schnalze ungeduldig mit der Zunge. Wenn er denkt, dass ich die ganze Litanei noch einmal wiederhole, ist er schiefgewickelt.

»Das Ding da«, sage ich und rucke mit dem Kopf in Richtung der zuckenden Geistererscheinung. »Das ist die Anklage.«

»Ding?«, meldet sich ein anderer mit empörter Stimme zu Wort. »Das ist kein Ding. Das ist ein Ghoul.«

»Wusste ich’s doch«, flüstert Caleb hinter mir. Ich achte nicht auf ihn.

»Und es ist das letzte Ding, das du sehen wirst«, setzt der Hexer hinzu.

»Das hättet ihr wohl gerne«, sage ich und greife nach den Handschellen. Ich schaue nach unten, nur eine Sekunde lang, um sie von meinem Gürtel zu lösen. Aber eine Sekunde ist genug. Einer der Totenbeschwörer schleudert seinen Dolch.

»Pass auf!«, schreit Caleb.

Aber es ist zu spät. Der Dolch bohrt sich mit einem entsetzlichen, dumpfen Reißen in meine Brust, direkt oberhalb meines Herzens.

   2   

»Verdammt!«

Ich lasse mein Schwert fallen und ziehe mir den Dolch aus der Brust. In meinen Gedärmen lodert es heiß auf, gefolgt von einem scharfen Kribbeln. Und im Bruchteil einer Sekunde hat sich die Wunde geschlossen. Es ist kaum Blut zu sehen; es tut nicht einmal weh, jedenfalls nicht sehr. Bei diesem Anblick erstarren die Hexer. Sie wissen es, wussten es schon, als ich durch die Tür trat, aber es leibhaftig zu sehen, ist etwas ganz anderes: das Stigma, das oberhalb meines Nabels in meine Haut eingebrannt ist, ein schwarzes Mal. XIII. Das Stigma, das mich beschützt und allen zum Beweis dient, was ich bin. Eine Vollstreckerin der Dreizehnten Tafel. Eine Hexenjägerin.

Sie weichen vor mir zurück, als ob sie mich fürchten müssten.

Sie müssen mich fürchten.

Ich stürze vor und ramme dem vordersten Hexer meine Faust in den Magen. Er krümmt sich und ich lasse meinen Ellbogen auf seinen Nacken niedersausen, woraufhin er zu Boden geht. Dann wende ich mich dem nächsten zu. Trete auf seinen Fuß, nagele ihn am Boden fest und ramme ihm mein Knie seitlich gegen die Hüfte. Er knickt ein und heult auf. Blitzschnell packe ich seine Hände und fessle ihn mit den Handschellen aus Messing. Messing ist immun gegen Magie; Zauberei kann diesem Metall nichts anhaben. Der Totenbeschwörer hat keine Chance zu entkommen. Dann nehme ich mir die restlichen drei vor. Sie weichen langsam zurück. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Caleb mich beobachtet. Er grinst.

Ich greife mir ein weiteres Paar Handschellen und gehe auf sie zu. Aus der Nähe betrachtet, wird deutlich, wie alt sie sind. Graue Haare, runzelige Haut, wässrige Augen. Jeder von ihnen ist mindestens siebzig, wenn nicht älter. Sie wären besser in die Kirche gegangen und hätten ihre Gebete gesprochen, anstatt Leichen auszugraben und Geister zu beschwören. Aber diesen Rat kann ich mir sparen. Sie hätten sowieso nicht auf mich gehört. Kein Hexer hört je auf uns.

Ich packe einen der Magier an den Handgelenken und lasse die Messingfesseln einschnappen. Bevor ich mich den anderen beiden zuwenden kann, murmelt einer von ihnen einen Zauberspruch: »Mutzak tamshich Kadima.«

Im Raum wird es totenstill. Das Feuer erlischt und der aufgeblähte rosafarbene Dampf verschwindet, zieht sich in den Kessel zurück, als ob er nie existiert hätte. Der Hexer spricht leise weiter; er will das Ritual vollenden. Ich packe meinen Dolch und schleudere ihn auf ihn, aber es ist zu spät. Der Geist, der bislang als durchsichtiger, widerlicher Schemen über dem Kessel gehangen hat, verfestigt seine Substanz. Mit einem dumpfen Aufprall fällt er vor mir auf die Füße.

Caleb stößt einen unterdrückten Fluch aus.

Noch ehe sich einer von uns rühren kann, hat mich der Ghoul zu Boden gestoßen und seine kalten, fauligen Hände um meine Kehle geklammert. Dann drückt er zu.

»Elizabeth!« Caleb will mir zur Hilfe kommen, aber die beiden verbleibenden Totenbeschwörer rücken ihm mit erhobenen Dolchen auf den Leib.

Ich greife nach den Händen des Ghouls, zerre an den Handgelenken, kratze ihm die Haut in Fetzen und hämmere auf seine Arme ein. Will Luft in meine Lungen saugen, auch wenn diese Luft nach Moder, Dreck und Tod stinkt. Doch nichts kann ihn aufhalten. Ich höre, wie Caleb meinen Namen ruft, und ich will ihm antworten, aber aus meinem Mund kommt nur ein ersticktes Wispern. Ich kämpfe weiter, werfe mich hin und her und versuche verzweifelt, den Ghoul abzuschütteln. Aber er ist zu stark.

Mir wird schwarz vor Augen. Ich schlage mit der flachen Hand auf den Steinboden in dem Versuch, mein Schwert zu packen. Aber es liegt außerhalb meiner Reichweite. Caleb kann mir nicht helfen. Er hat einen Hexer überwältigt, muss sich aber immer noch gegen den zweiten wehren, der nun dazu übergegangen ist, Caleb mit fliegenden Gegenständen zu attackieren: Möbel, glühende Holzscheite und Knochen. Ich bin auf mich allein gestellt. Ich weiß, es gibt einen Ausweg. Aber wenn ich nicht bald darauf komme, worin genau dieser Ausweg liegt, dann wird der Ghoul mich erdrosseln. Nicht einmal mein Stigma kann mich davor bewahren.

Und dann kommt mir eine Idee.

Ich schnappe nach dem erbärmlichen Rest Luft, stoße einen – wie ich hoffe überzeugenden – letzten Atemzug aus und werde schlaff. Mein Unterkiefer klappt herunter und in meine Augen tritt ein leerer Ausdruck. Ich habe keine Ahnung, ob meine List funktioniert, denn das Ding, das mich umklammert hält, ist tot, und vielleicht lassen sich die Toten nicht austricksen. Als er nicht aufhört zu drücken, fürchte ich, dass ich einen Fehler gemacht habe, und ich muss all meine Selbstbeherrschung aufbringen, um reglos liegen zu bleiben.

Schließlich lässt er von mir ab. In dem Moment, in dem er seine Hände von meiner Kehle nimmt, fahre ich mit der Hand in einen Beutel mit Salz an meinem Gürtel und werfe ihm eine Ladung davon ins Gesicht.

Ein unirdisches Kreischen lässt den Raum erbeben, als das Salz den Rest der Haut, die noch am modernden Fleisch des Ghouls klebt, auflöst, sich in seinen Schädel frisst und seine Augen und sein Gehirn zu einer grauen, klebrigen Masse verschmilzt. Warme, eitrige Fleischfetzen tropfen auf mein Gesicht, ein Augapfel löst sich aus der Höhle und baumelt vor mir wie ein unappetitliches Fadenknäuel. Ich muss den Würgereiz unterdrücken, rolle mich rasch auf die Seite, greife mir das Schwert vom Boden und hole aus. Die Klinge schneidet glatt durch den Hals des Ghouls und in einem Sog aus heißer Luft und einem weiteren ohrenbetäubenden Kreischen verschwindet er.

Der letzte Totenbeschwörer hält inne und die Gegenstände, die er mit Zauberkraft durch den Raum geschleudert hat, fallen krachend zu Boden. Caleb zögert keine Sekunde. Er packt den Magier an den Haaren und rammt sein Knie gegen den Kopf des Gegners, dann schlägt er ihm so fest ins Gesicht, dass er rückwärtstaumelt und ins Feuer fällt. Noch ehe er wieder auf die Füße kommen kann, geht Caleb neben ihm in die Hocke und fesselt ihn.

Dann hält er einen Moment lang mit gesenktem Kopf inne. Sein Atem geht schwer. Sein blondes Haar klebt ihm schweißnass auf der Stirn, sein Gesicht ist blutverschmiert. Ich liege immer noch auf dem Boden, die Hände und Kleider mit Erde und Schleim und Gott weiß was noch besudelt. Schließlich hebt er den Kopf und schaut mich an.

Und dann fangen wir beide an zu lachen.

Caleb tritt vor die Tür und pfeift nach den Wachen. Sie stürmen ins Haus, gekleidet in ihre schwarz-rote Uniform mit dem Wappen des Königs auf der Brust und einer roten Rose, dem Zeichen seines Hauses, auf den Oberarm gestickt. Einer nach dem anderen werden die Hexer nach draußen geschleppt, auf einen Karren geworfen und angekettet. Als sie zum letzten kommen, tritt ein unglücklicher Ausdruck in ihre Gesichter.

»Der da ist tot«, sagt einer zu Caleb.

Tot? Das kann doch nicht sein! Aber als ich mir den Totenbeschwörer, nach dem ich meinen Dolch geworfen habe, genauer betrachte, sehe ich, dass er mit dem Gesicht nach oben daliegt, die Augen weit offen und himmelwärts gerichtet. Das Messer, das seine Beine hätte treffen sollen, steckt in seinem Rumpf.

Verdammt.

Ich werfe Caleb einen erschrockenen Blick zu, doch er achtet gar nicht auf mich, sondern fängt an zu reden.

»Ja, er ist tot«, sagt er ruhig. »Das ist Pech, aber im Grunde genommen hatten wir noch Glück.«

»Glück?«, wiederholt der Wachmann entgeistert. »Wie meint Ihr das?«

»Wir hatten Glück, dass nur einer von ihnen starb«, antwortet Caleb mit ruhiger Stimme. »In dem Moment, in dem wir das Haus betraten, versuchten sie, einander umzubringen. Vermutlich hatten sie eine Art Pakt geschlossen. Ihr wisst doch, wie Totenbeschwörer sind. Sie sind besessen vom Tod.« Er zuckt mit den Schultern. »Wir haben die ganze Zeit während der Verhaftung versucht, sie auseinanderzubringen. Ich meine, schaut euch doch einmal hier um. Und schaut euch die arme Elizabeth an. Sie sieht erbärmlich aus.«

Der Wachmann wirft mir einen Blick zu, als ob er vergessen hätte, dass ich auch noch da bin.

»Ich muss das Lord Blackwell melden«, sagt ein anderer Wachmann. »Ich kann ja schlecht einen toten Gefangenen abliefern.«

»Natürlich nicht«, sagt Caleb. »Warum gehen wir nicht gemeinsam? Ich wollte selbst gerade nach Ravenscourt zurückkehren. Wenn wir zusammenarbeiten, haben wir weniger Papierkram zu erledigen. Was meint ihr?«

»Papierkram?« Der Wachmann tritt unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »An einem Samstag?«

»Aber gewiss doch. Nach einem ersten mündlichen Bericht müssen wir alles noch einmal aufschreiben. Wird nicht lange dauern, höchstens ein paar Stunden. Gehen wir?« Caleb marschiert zur Tür und hält sie auf.

Die Wachen schauen einander an und beraten sich flüsternd.

»Das kann doch bestimmt warten. Schließlich kann er uns ja nicht weglaufen …«

»Aber was ist mit dem Leichnam? Es wird doch jemandem auffallen, dass er sich nicht bewegt …«

Caleb mischt sich lächelnd ein. »Darüber würde ich mir keine Sorgen machen. Niemand achtet auf die Gefangenen, wenn sie erst mal hinter Gittern sitzen. Und ihr habt recht, er kann ja nicht weglaufen. Niemand kommt aus dem Fleet raus. Außer, er wird zum Schafott geführt.«

Die Wachmänner lachen und Caleb fällt in ihr Lachen mit ein. Aber mich überläuft es kalt. Ich schiebe eine Hand in die Tasche meines Umhangs und balle sie zur Faust.

Caleb begleitet die Wachen nach draußen und schaut zu, wie sie auf die Pferde steigen. Sie verabschieden sich mit einem Handschlag und reiten davon. Die schweren hölzernen Räder des Karrens schleudern dicke Klumpen Lehm in die Höhe, und das Klappern der Pferdehufe ist das einzige Geräusch in der immer noch menschenleeren Gasse.

Caleb kommt wieder ins Haus. Sein Gesicht gibt nichts preis. Er rückt Möbel zurecht und sammelt unsere Waffen ein. Ich weiß, dass er wütend ist, weil ich den Hexer getötet habe. Daran gibt es keinen Zweifel. Es war dumm und unachtsam von mir. Ich habe einen Fehler gemacht, trotz seiner Warnung. Schlimmer noch, ich habe keine Entschuldigung. Jedenfalls keine, die ich ihm liefern könnte. Gleich wird er mich anschreien. Ich kann ihn nicht daran hindern, aber vielleicht kann ich ihn etwas besänftigen.

»Okay, ich geb’s zu. Das war nicht meine beste Arbeit«, sage ich. »Aber sieh’s doch mal so: Jetzt musst du mir keine zwei Sovereigns bezahlen. Einer reicht mir voll und ganz.«

Er knallt den Stuhl, den er gerade aufgehoben hat, auf den Boden und wirbelt zu mir herum. »Was zum Teufel ist passiert?«

»Ich weiß auch nicht«, sage ich. »Hab wohl nicht aufgepasst.«

Caleb runzelt die Stirn. »Ich habe dich gewarnt.«

»Ich weiß. Und es tut mir leid. Ich weiß auch nicht, wie das geschehen konnte.«

»Du weißt genau, dass das nicht reicht. Wenn irgendjemand fragt, was heute los war, musst du die gleiche Geschichte parat haben, die ich eben den Wachen erzählt habe.«

»Ich weiß«, sage ich noch einmal.

»Es ist wichtig«, beschwört er mich. »Wenn die Wahrheit rauskommt, wird Blackwell es erfahren. Und du weißt, was uns dann blüht.«

Ich weiß es genau. Er wird mich in seine Kammer rufen lassen und mich mit Augen anstarren, die so scharf und schwarz und hypnotisch sind wie die einer Krähe. Dann wird er wissen wollen, was passiert ist. Nicht nur hier und heute, sondern alles, zu jeder Zeit. Alles, was ich getan habe, die Menschen, denen ich begegnet bin, die Orte, die ich gesehen habe. Er wird wissen wollen, warum ich meine Konzentration verloren habe. Er wird mich mit seinen Fragen bestürmen, bis ich alles gestehe und er alles weiß.

Und er darf nicht alles wissen. Niemand darf das. Nicht einmal Caleb.

»Gehen wir«, sagt Caleb. »Die Feuer werden niedergebrannt sein und man darf uns nicht sehen.«

Er zieht mich am Arm durch die Tür hinaus auf die Straße. Wir nehmen den gleichen Weg durch die labyrinthartigen Gassen wie vorhin, bis wir zur Westcheap kommen, der breiten, gepflasterten Straße, die von Tyborn geradewegs zum Ravenscourt Palast führt.

Obwohl wir noch weit weg sind, sehen wir sie: vom Eingangstor des Palastes bis in die umliegenden Straßen – überall drängen sich Leute. Menschentrauben, Männer und auch Frauen, schreien und singen und schmähen den König, seine Ratgeber, sogar die Königin, wegen ihrer Unbeugsamkeit gegenüber der Magie.

»Es wird immer schlimmer«, sagt Caleb.

Ich nicke. Verbrennungen waren noch nie populär, aber es gab früher keinen offenen Aufruhr gegen sie. Nicht in diesem Maße. Wenn man mit der Politik des Königs nicht einverstanden war, beklagte man sich hinter vorgehaltener Hand. Man druckte Pamphlete und verteilte sie in den Straßen, flüsterte seine Kritik bei einem Glas Ale in der Schenke. Es kommt mir unfassbar vor, dass sich die ganze Stadt nun vor den Toren des Palastes versammelt, bewaffnet mit Stöcken und Steinen und … Schmiedehämmern?

»Was machen die denn da?« Ich entdecke eine Gruppe von Männern, die Hämmer hoch erhoben, in der Nähe der Palastmauer, dort, wo zwölf Steintafeln hängen. Die Zwölf Tafeln von Anglia.

Die Zwölf Tafeln sind die Gesetze des Königreichs, in Stein gemeißelt und entlang der Tore zum Ravenscourt Palast aufgehängt. Auf jeder Tafel ein anderes Gesetz: Eigentum, Verbrechen, Erbschaft und so weiter. Nachdem Blackwell Inquisitor wurde, fügte er die Dreizehnte Tafel hinzu. Auf ihr sind die Gesetze gegen Hexerei verzeichnet und die Strafe für die Ausübung von Magie. Die Dreizehnte Tafel verleiht den Hexenjägern ihre Autorität. Wegen ihr gibt es die Scheiterhaufen und die Verbrennungen, gegen die die Menge heute aufbegehrt. Die Tafel verschwand vor zwei Jahren, vermutlich von Vandalen gestohlen und zertrümmert. Aber obwohl sie nicht mehr existiert, gibt es noch die Gesetze, die auf ihr geschrieben standen.

Die anderen zwölf Tafeln zu zerstören, hätte keinen Sinn. Sie haben rein gar nichts mit Hexerei zu tun. Und selbst wenn, würde es nichts ändern. Doch die Männer schlagen wie verrückt auf die Steintafeln ein, bislang aber ohne Erfolg. Kein Wunder, die Tafeln sind riesig, mindestens zwei Meter hoch und fast einen halben Meter dick, aus massivem Stein.

Caleb schüttelt den Kopf. »Er hat völlig die Kontrolle verloren«, murmelt er.

»Wer?«, frage ich.

»Wer wohl? König Malcolm natürlich.«

Meine Augen werden groß und rund. Ich habe Caleb noch nie schlecht über den König sprechen hören. »Er tut bestimmt sein Bestes.«

Caleb schnaubt. »Es ist ziemlich schwer, Protestmärsche aufzulösen und Rebellionen zu unterdrücken, wenn man zu beschäftigt ist mit der Jagd oder mit Frauen, die nicht die eigene Gattin sind.«

Ich keuche auf. Meine Wangen werden heiß. »Das ist Verrat.«

Er zuckt mit den Schultern. »Mag sein. Aber du weißt, dass es stimmt.«

Ich gebe keine Antwort.

»Malcolm muss ihn endlich vernichten«, fährt Caleb fort. »Oder wir müssen es tun. Nur so kann die Rebellion gestoppt werden.«

Er ist Nicholas Perevil, ein Zauberer und Anführer der Reformisten. So nennen sich die Unterstützer und Befürworter der Magie: Reformisten. Nicht alle Reformisten sind Zauberer, aber alle Reformisten haben das gleiche Ziel: die antimagischen Gesetze abzuschaffen, die Dreizehnte Tafel loszuwerden und den Verbrennungen ein Ende zu bereiten. Nicholas Perevil ist im Grunde genommen nur ein ganz gewöhnlicher Zauberer, den wir jagen, einfangen und aburteilen sollten. Aber bevor Malcolm den Thron bestieg, hat sich sein Vater an Perevil gewandt und ihn um Hilfe gebeten, hat ihn an den Hof geladen und gemeinsam mit ihm nach einem Weg gesucht, wie Reformisten und Puristen – so nennen die Reformisten alle, die Magie ablehnen – friedlich miteinander leben können.

Es dauerte nicht lange und Perevil war der mächtigste Hexenmeister in Anglia. Nicht nur was seine magischen Fähigkeiten betrifft, sondern auch in Bezug auf den Einfluss, den er ausübte. Er war der Vertraute des Königs, er beeinflusste die Politik von Anglia. Er wurde in den Rat des Königs berufen und setzte dort sogar seine eigenen Leute ein. Seine Gegner schäumten vor Wut. Unmöglich, sagten sie. Inakzeptabel.

Sie hatten recht.

Fünf Jahre später waren sie tot, und mit ihnen halb Anglia. Getötet durch die Pest, die Perevil erschuf, eine Verschwörung, um seine Feinde zu vernichten und das Land zu schwächen – und um sich selbst auf den Thron zu setzen, alles mit einem einzigen Handstreich. Aber Perevil hatte nicht damit gerechnet, dass Malcolm überleben würde. Und Blackwell.

Und mit uns hatte er auch nicht gerechnet.

»Gut möglich«, sage ich zu Caleb. »Aber es ist schwer, jemanden zu verhaften, den man nicht finden kann.«

»Dann sollten wir uns vielleicht etwas mehr Mühe geben.« Caleb schaut an seiner grob gewebten Wolltunika herab. »Ich habe mich nicht durch ein Jahr harte Ausbildung gequält, nur um mich zu kleiden wie ein mittelloser Junker. Und dir gefällt doch wohl auch nicht, dass du die ganze Zeit diesen Fetzen tragen musst, oder?« Er deutet auf mein hässliches Kleid, das braune Gewand einer Magd.

Nach dem Beginn der Rebellion wurden die Hexenjäger zur Zielscheibe der Reformisten. Das ist der Grund, warum Blackwell uns verbot, unsere Uniformen zu tragen, warum wir unsere Identität verbergen müssen. Warum er uns auftrug, in Ravenscourt zu leben, versteckt unter den Bediensteten des Königs. Und das ist auch der Grund, warum ich heute versagt habe, warum mir dieser Fehler unterlaufen ist. Denn wenn ich nicht nach Ravenscourt zurückgekehrt wäre …

Wieder ballt sich meine Hand zur Faust.

Wir biegen in eine dunkle, feuchte Gasse, gesäumt von winzigen Geschäften, deren Läden und Türen fest verschlossen sind. Ganz hinten an der Mündung der Straße befindet sich eine windschiefe Holztür, darüber ein grünes Schild mit der Aufschrift Das Ende der Welt in goldenen Lettern. Caleb stößt die Tür auf. Der Innenraum ist gerammelt voll: Piraten und Diebe, Säufer und Schläger. Die meisten sind schon betrunken, obwohl es erst kurz nach Mittag ist. In einer Ecke ist lautstark ein Kartenspiel im Gange und in einer anderen bricht gerade eine Prügelei los. Dazwischen kauern drei Musikanten und plagen sich vergeblich ab, das Getöse und Gejohle der Menge mit ihren Melodien zu übertönen.

Wir entdecken Joe, den alten, weißhaarigen Wirt, und steuern auf ihn zu. Er hält für jeden von uns ein Glas mit schäumendem Ale bereit und beobachtet uns, während wir vorsichtig daran nippen.

»Und?« Er verschränkt die Arme vor der Brust.

Caleb hustet und spuckt Ale über den ganzen Tresen.

»Kümmer dich gar nicht um ihn.« Ich stoße Caleb meinen Ellbogen in die Rippen. »Es schmeckt sehr gut.«

Joe hält sich für einen Ale-Feinschmecker und braut jede Woche ein anderes Gesöff, das er an seinen Kunden ausprobiert, mit ganz unterschiedlichem Erfolg. Das Ale von letzter Woche, versetzt mit der Essenz von gebratenem Schweinefleisch, war bislang das schlimmste. »Warum das Essen kauen, wenn man es auch trinken kann?«, lautete seine Begründung. Heute schmeckt das Bier leicht nach Rosmarin, und noch nach etwas anderem, was ich aber nicht identifizieren kann.

»Was ist da drin?«, frage ich. »Lakritze?«

Joe schnaubt. »Nicht ganz. Ich hoffe, ihr beiden habt heute nicht mehr allzu viel vor.«

Marcus und Linus sitzen an unserem üblichen Tisch ganz hinten und wir gesellen uns zu ihnen. Caleb greift um mich herum, um einen Stuhl herbeizuziehen, und ich werde rot vor Freude, weil ich glaube, dass der Stuhl für mich bestimmt ist – bis er ihn an mir vorbeihebt und sich selbst daraufsetzt. Einen Augenblick lang gucke ich ziemlich dumm aus der Wäsche. Dann hole ich mir einen eigenen Stuhl und setze mich.

»Was ist denn mit dir passiert?« Marcus deutet mit seinem Glas auf mich.

»Wieso?«

»Du siehst aus wie der lebende Tod.« Er rümpft die Nase. »Und du riechst auch so. Hast du die Hexer verhaftet, bevor oder nachdem sie dich getötet, verscharrt und wieder ausgegraben haben?« Marcus lacht über seinen schlechten Scherz und Linus fällt mit ein.

»Wenn du dich weniger darum kümmern würdest, wie ich aussehe, und mehr um das Einfangen von Hexen, wärst du vielleicht halb so gut wie ich«, fahre ich ihn an.

Caleb lacht, aber Marcus schaut mich böse an und knurrt eine Beschimpfung. Ich achte gar nicht darauf. Aber als er sich abwendet, glätte ich mir rasch das Haar und streiche ein paar Strähnen hinter die Ohren. Dabei fällt mir ein blutiger Fleischfetzen aus den Haaren und ich zucke angeekelt zusammen.

»Sie war unglaublich. Ihre beste Verhaftung bisher.« Caleb hebt das Glas und prostet mir zu, aber die anderen rühren ihre Getränke nicht an. Das wundert mich nicht. Linus hat nicht mehr mit mir gesprochen, seit er letzten Sommer versucht hat, mich in eine Nische des Palastgartens zu ziehen und zu küssen, und für seine Mühe einen Schlag auf die Nase bekommen hat. Und Marcus … nun, Marcus hat mich noch nie gemocht. Ein großer, schwarzhaariger und bulliger Kerl wie er hätte nie gedacht, dass er von jemandem wie mir – klein, blond, mädchenhaft – ernsthafte Konkurrenz zu erwarten haben könnte.

Trotzdem scheint Caleb nicht zu bemerken, dass mich die anderen umso mehr verabscheuen, je mehr er mich lobt. Außerdem war die heutige Verhaftung wohl kaum etwas, worauf ich stolz sein kann. Ich überlege mir schon, ob ich wieder zu Joe an die Bar gehen soll, als Linus etwas sagt, was mich aufhorchen lässt.

»Wir haben gerade über das Kostümfest an Weihnachten gesprochen«, erklärt er Caleb. »Hast du schon überlegt, mit wem du hingehen willst?«

Caleb lächelt und trinkt einen Schluck Ale. »Vielleicht.«

Vielleicht? Mein Magen verknotet sich hoffnungsvoll.

Marcus johlt. »Wer ist sie?«

»Ich sag’s euch, wenn ich sie gefragt habe.«

»Es ist Cecily Mowbray, stimmt’s?«, bohrt Marcus nach.

»Nein, es ist Katherine Willoughby«, behauptet Linus. »Ich habe sie letztes Wochenende zusammen gesehen.«

Caleb lacht. »Wir sind bloß Freunde.«

Freunde?, denke ich. Seit wann? Cecily ist die Tochter eines Grafen und Katherine die eines Vicomte. Beide sind Hofdamen von Königin Margaret und unheimlich hochnäsig und unheimlich schön. Besonders Katherine. Groß gewachsen, dunkelhaarig, sehr gebildet. Sie ist die Art Mädchen, die Kleider trägt und keine Hosen, Schmuck statt Schwertern und die nach Blumen riecht und nicht nach Blut.

»Das hat aber gar nicht so ausgesehen, als ob ihr ›nur Freunde‹ wärt«, entgegnet Linus. »Es sei denn, du küsst all deine Freunde mitten auf den Mund«, setzt er höhnisch hinzu.

Die letzte Bemerkung soll mich treffen. Nachdem ich Linus die Nase geknickt hatte, sagte er mir auf den Kopf zu, dass ich in Caleb verliebt sei. Ich habe es abgestritten, aber vermutlich hat er mir nicht geglaubt.

»Tja«, sagt Caleb und kratzt sich am Nacken. Entgeistert bemerke ich, wie seine Ohren rot werden. Ich habe Caleb noch nie verlegen erlebt. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als zu gestehen.«

Mein Herz sackt in den Keller.

Marcus und Linus lachen und necken Caleb, aber ich höre gar nicht hin. Caleb und Katherine Willoughby? Wie ist das möglich? Ich weiß, dass Caleb ehrgeizig ist, aber er hatte bislang für Leute wie Katherine nichts übrig – Leute, die alles in die Wiege gelegt bekommen, die nie für etwas kämpfen müssen, so wie er es musste.

Er hat wohl seine Meinung geändert.

Ich bin so in meinen Gedanken gefangen, dass ich erst bemerke, wie sich alle erheben, als Caleb über mir steht.

»Wir gehen zurück zum Palast«, sagt er. »In den Gemächern der Königin wird nachher ein Tanz veranstaltet.«

Ich zucke mit den Achseln. Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, wie Caleb Katherine Willoughby beim Tanz eng umschlungen hält. Dabei kann Caleb Tanzen nicht ausstehen.

»Was hast du vor?«

»Hierbleiben«, sage ich. »Der Musik zuhören. Ale trinken.«

Caleb zieht die Augenbrauen hoch. »Wieso? Es schmeckt grässlich.«

»Finde ich gar nicht.« Aber er hat recht. Es ist grässlich. Es ist schwer und hat einen merkwürdigen metallischen Geschmack, der mir in der Kehle brennt. Obwohl das Gefühl nichts ist verglichen mit dem Rumoren in meinem Bauch und dem schrecklichen Kitzeln in meinen Augen, weil ich kurz davor stehe, in Tränen auszubrechen.

»Okay.« Er runzelt die Stirn. »Aber sei vorsichtig. Das Zeug scheint ziemlich stark zu sein, und …«

»Ich komme schon klar.« Mit einer Handbewegung scheuche ich ihn weg. »Mach dir um mich keine Sorgen.«

»Ich mache mir immer Sorgen um dich«, sagt er. Aber er geht trotzdem. Ich schaue ihm nach und wünsche mir mehr als alles auf der Welt, dass ich die Art von Mädchen wäre, die ihn zum Bleiben veranlassen könnte.

   3   

Ich stehe vom Tisch auf, setze mich in einen gepolsterten Sessel neben dem offenen Kamin und bestelle ein Mittagessen – Brot und Käse und noch ein Glas von Joes merkwürdigem grünem Ale. Das Brennen ist verschwunden und mittlerweile schmeckt mir das Zeug richtig gut. Die anderen Gäste scheinen mit mir einer Meinung zu sein; sie kippen es literweise in sich hinein und sind noch lauter und prahlerischer als sonst.

Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon da sitze, als ein Mann vom Tresen aufsteht, seinen Stuhl umwirft und anfängt zu würgen. Er taumelt auf die Tür zu, und als er sie aufstößt, sehe ich, dass es draußen nachtschwarz ist.

War ich wirklich den ganzen Tag hier? Es kam mir vor wie zwei Stunden. Vermutlich sollte ich zum Palast zurückgehen, aber es gibt nichts, was dort auf mich wartet. Zumindest nichts Gutes. Da trinke ich lieber noch ein Glas Ale. Ich springe auf, um eins zu bestellen.

Großer Fehler. Die Welt dreht sich vor meinen Augen – rasend schnell. Ich strecke die Hand aus, um mich abzustützen, aber als meine Handfläche auf die Wand trifft, verschwindet sie. Nicht die Wand, sondern meine Hand. Sie fährt in den Stein hinein, und zwar bis zum Handgelenk. Faszinierend.

Ich ziehe die Hand zurück und schiebe sie wieder in die Wand. Hin und her, hin und her, bis mich jemand anspricht.

»Stimmt etwas nicht mit Eurer Hand, Miss?«

Ich drehe mich um. Die Stimme gehört einem Mann, der mir gegenübersitzt. Sein Gesicht versteckt sich hinter einem Schleier aus Pfeifenrauch.

»Ja. Nein. Ich weiß nicht. Aber … Hände verschwinden doch für gewöhnlich nicht in Wänden, oder?« Trotz des Nebels in meinem Kopf ist mir klar, was für einen Unsinn ich da von mir gebe. Ich fange an zu lachen.

Der Rauch zieht ab und entblößt das Gesicht des Mannes: lockige schwarze Haare, ein sorgfältig gestutzter schwarzer Bart. Eine lange, gebogene Pfeife ragt aus seinem Mundwinkel. Die Pfeife hat einen Holzstiel und einen weißen Kopf, der wie ein Hundeschädel geformt ist. Er spricht, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen.

»Ihr seid ein bisschen jung für dieses Zeug, findet Ihr nicht?«

Ich lache noch lauter. Ich bin schon so lange auf mich allein gestellt, dass es mir absurd vorkommt, wenn jemand mein Benehmen kritisiert. Besonders, wenn dieser Jemand ein Pirat ist. Das sieht man gleich an der Pfeife. Nur weit gereiste Männer wie Piraten oder wohlhabende Kaufleute besitzen solche Pfeifen. Der Rest begnügt sich mit einfachen Holzpfeifen, ohne Hundeköpfe oder dergleichen. Und die wohlhabenden Kaufleute lassen sich in solchen liederlichen Schenken nicht blicken. Also bleibt nur der Pirat.

Ich starre auf seine Pfeife, die hoch und runter ruckelt. Dann zucke ich zurück, als sie sich in eine riesige schwarze Schlange verwandelt. Sie schlängelt sich aus seinem Mund und schlingt sich um seinen Hals. Der Pirat redet weiter, scheinbar unbeeindruckt von dem Reptil, das nun an seinem Kopf emporwandert.

»Ich würde das Zeug nicht mal meinem Sohn zu trinken geben, und der ist älter als Ihr. Ihr seid doch höchstens vierzehn.«

»Sechzehn. Passt auf!«

Ich strecke die Hand aus und schlage dem Piraten die Schlange aus dem Mund, die auf dem Boden aufschlägt. Dort liegt sie, bebend und sich windend. Dann explodiert sie in allen Farben des Regenbogens.

»Wie hübsch.« Ich greife mit den Fingern nach den Bändern aus Licht, die sich vor mir emporkräuseln. Ein Chor aus süßen Stimmen erfüllt die Luft. Sie kommen aus dem Regenbogen. »Hört Ihr das? Der Regenbogen singt!« Ich singe mit: »Greensleeves war mein gülden Herz, la-la-la-la-la. Greeeensleeeeves …«

»Herrje, Ihr seid ja in einem entsetzlichen Zustand«, brummt der Pirat.

Er hebt seine Pfeife vom Boden auf – wo ist die Schlange hin? – und steckt sie in die Innentasche seines Umhangs. Dann nimmt er meinen Arm und führt mich zur Tür. Eigentlich sollte er mich nicht anfassen, denn er ist ein Pirat und ich bin ein junges Mädchen und überhaupt. Und ich sollte mich auch nicht von einem fremden Mann vor die Tür – und Gott weiß wohin noch – führen lassen. Aber um ihm das zu sagen, müsste ich aufhören zu singen, und das will mir einfach nicht gelingen.

»Ihr solltet etwas frische Luft schnappen«, sagt er.

»Aber die Luft ist doch hier drin. Ich kann sie sehen! Sie ist rosa. Wusstet Ihr, dass Luft rosa ist?« Ich plappere und brabbele vor mich hin und schaue zu dem Piraten hoch, der mich in die mittlerweile belebte Gasse führt. Er ist sehr groß. »Wie ist Euer Name?«

»Peter.« Er wendet sich von mir ab. »George, da bist du ja. Danke, dass du so schnell gekommen bist. Also, was denkst du?«

»Freut mich, Euch kennenzulernen, Peter George. Ich bin Elizabeth Grey. Könnt Ihr die Sterne sehen, Peter George? Sie schreiben Euren Namen in den Himmel. P.E.T. …« Ich deute mit dem Finger auf die blinkenden Lichter, die vor meinen Augen tanzen. Sie sind so nah, dass ich sie fast berühren kann.

»Aye, das ist sie«, tönt eine Stimme neben meinem Ohr.

Ich stoße ein erschrecktes Quietschen aus und mache einen Satz seitwärts. Neben mir steht ein Junge. Wo kommt der denn auf einmal her? Er betrachtet mich von oben bis unten und ich starre zurück. Dunkelbraune Haare, hellblaue Augen. Gut gekleidet, mit einem grünen Umhang, blauen Hosen und schwarzen Stiefeln. Irgendetwas an ihm kommt mir bekannt vor, aber ich komme nicht drauf, was es ist. Ich mache den Mund auf und will ihn fragen, aber stattdessen fange ich an zu kichern.

»Ist sie betrunken?«, fragt der Junge.

»Voll wie eine Haubitze«, sagt Peter George. »Absinth. Der verflixte Joe hat das Zeug ins Ale gemischt und sich nicht die Mühe gemacht, ihr Bescheid zu sagen. Sie ist viel zu jung für so etwas. Aber lassen wir das jetzt. Bist du sicher?«

Absinth! Deshalb also war das Ale so grün. Ich habe schon erlebt, wie Höflinge Absinth tranken und daraufhin irre wurden. Wie gut, dass ich gegen diese Wirkung immun bin.

»Sie ist ein bisschen zerrupft, aber sie ist es, kein Zweifel«, sagt der Junge. »Aber ist sie auch in der Verfassung zu reden?«

»Klar kann ich reden«, platze ich heraus. »Seht Ihr? Guckt doch – ich mache es doch gerade. Ich rede gern.« Was eigentlich nicht stimmt, es sei denn, ich bin mit Caleb zusammen oder habe zu viel getrunken. Joe sagt, dann quassele ich für zehn.

Peter George und der Junge wechseln einen Blick.

»Also schön. Bringen wir sie irgendwo hin, wo es nicht so überfüllt ist. Mal sehen, was wir aus ihr herausbekommen.«

Der Junge schiebt seinen Arm unter meinen und manövriert mich durch eine Reihe Gassen bis zum Fluss. Mir wird klar, dass sie Tyburn weitläufig meiden.

»Wir bringen dich nur zurück zum Palast und auf dem Weg dorthin unterhalten wir uns ein bisschen«, sagt der Junge. »Wenn du nichts dagegen hast.«

»Feuerräder«, sage ich und stolpere über einen losen Pflasterstein.

»Tatsächlich?« Er hält mich am Arm fest, damit ich nicht hinfalle. »Ich sehe zwar keine. Aber wenn du es sagst …«

»Nein, Eure Augen. Sie drehen sich wie Feuerräder. Wie war doch gleich Euer Name?«

»George.«

»Komisch. Der andere Mann ist nämlich auch ein George. Peter George … Hups!« Ich trete auf den Saum meines Umhangs und gehe in die Knie.

»Nein, er heißt nur Peter. Ich bin George. Kommt, ich helfe Euch hoch.« Er zieht mich auf die Füße und mir fällt auf, dass wir gleich groß sind.

»Ihr seid aber klein!«, sage ich.

»Klein? Ich doch nicht! Ich glaube eher, Ihr seid klein. Habt Ihr darüber schon mal nachgedacht?«

Ich denke darüber nach. »Mein Gott, Ihr habt wohl recht. Ihr seid schrecklich klug.«

George lacht kurz auf. »Wenn bloß alle so leicht davon zu überzeugen wären wie Ihr.«

Nur Peter kommt zu uns, nimmt mich an den Schultern und betrachtet mich, zwingt mich, zu ihm aufzublicken.

»George sagt, du lebst im Palast. Stimmt das?«, fragt er.

Ich nicke.

»Was genau tust du dort?«

»Ich bin eine Magd.« Die Lüge kommt mir glatt und ohne Stocken über die Lippen. Ich war früher wirklich eine Magd, schlafe noch immer bei den Mägden. Und manchmal wünsche ich mir, ich wäre noch eine von ihnen.

»Eine Magd?« Er blinzelt überrascht. »Dienstmagd oder Kammerzofe?«

»Küchenmagd.«

Es ist nicht zu übersehen, dass er enttäuscht ist. »Seit wann?«

»Seit ich neun bin.«

»Neun?« Er runzelt die Stirn. »Wo sind deine Eltern?«

»Tot.«

»Ich verstehe.« Nur Peters Stirn glättet sich. »Und du hast die ganze Zeit in der Küche gearbeitet?«

Ich nicke noch einmal. »Ich kann ein Huhn schlachten, es ausnehmen und kochen, und auch Enten und Fasane, was Ihr wollt. Ich kann einen anständigen Eintopf kochen und gutes Brot backen. Ich kann sogar Butter machen. Und meine Böden sind so sauber, dass man davon essen könnte.« Innerlich krümme ich mich, weil ich weiß, wie blöd das klingt. Aber ich halte mich nur an meine Befehle.

Nur Peter wedelt mit der Hand. »Schön und gut. Aber abgesehen davon, würdest du sagen, dass irgendetwas an dir anders ist als an den anderen Mägden? Ungewöhnlich, meine ich.«

Nur etwa hundert Dinge. Na ja, nicht unbedingt hundert. Wenn man es genau nimmt, bloß eins.

»Nein, Sir. Ich bin nichts Besonderes, nur eine ganz gewöhnliche Magd.«

Er wendet sich George zu. »Veda muss jemand anderen gemeint haben. Das kann nicht das Mädchen sein, das wir finden sollen. Ich dachte für einen Moment, wenn sie vielleicht Kammerzofe einer hochgestellten Dame wäre … Aber diese Magd hier, sie kann uns nicht helfen. Sie ist nur irgendein junges Ding. George?«

George hört gar nicht zu. Er starrt mich mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck an.

»Wahrscheinlich hast du recht«, sagt er schließlich und wendet sich von mir ab. »Wir sollten sie zum Palast zurückbringen. Es ist schon spät und vermutlich sucht man bereits nach ihr.«

Wir machen uns auf den Rückweg, nehmen den Schotterweg am Severn entlang, um nicht durch die belebten Straßen gehen zu müssen. Ich stolpere ständig über meine eigenen Füße und George und Nur Peter ziehen mich abwechselnd wieder hoch und klopfen mir den Staub aus dem Umhang, bis der Weg schließlich an einer Treppe endet, die hinauf zu den Palasttoren führt.

»Da sind wir«, sagt Nur Peter. »George, bist du bereit?«

»Natürlich.« George grinst mich an. Ich will sein Lächeln erwidern, als plötzlich lange schwarze Reißzähne aus seinem Kiefer wachsen. Erschrocken mache ich die Augen zu.

»Elizabeth?« Ich öffne die Augen wieder. Nur Peters Gesicht hängt wenige Zentimeter vor meinem. »George wird sich um dich kümmern und dafür sorgen, dass du sicher nach Hause kommst. Und ich rate dir, in Zukunft um Absinth einen großen Bogen zu machen, klar?«

Ich nicke. Er ist sehr nett, für einen Piraten. Ich wünschte nur, sein Gesicht würde nicht ständig so zerfließen. »Okay, Nur Peter.« Wieder schließe ich fest die Augen. »Das mache ich.«

Er kichert leise. »Nicht ›Nur Peter‹, Herzchen. Nur … ähm, ach, was soll’s. George, wir sehen uns später noch.« Er dreht sich um und verschwindet in der Dunkelheit.

George hilft mir die Stufen hinauf bis zu dem schweren Schmiedeeisentor, das den Zugang zu den Palastgärten schützt. Die Wachen öffnen uns und George schiebt mich sanft hindurch.

»Wir sind zu Hause«, sagt er.

»Wir?«, platzt es überrascht aus mir heraus.

George lacht. »Ja, ich wohne auch hier. Du hast mich immer noch nicht erkannt, was? Ich bin König Malcolms neuer Hofnarr.«

   4   

Ich dachte mir doch gleich, dass er mir irgendwie bekannt vorkommt. »Du siehst nicht aus wie ein Narr.«

»Das will ich doch hoffen. Hofnarr ist mein Beruf, nicht mein Naturell. Und nur manchmal meine Leidenschaft.« Er grinst.

»Du bist zu jung für einen Narren«, beharre ich, wobei ich leicht ins Schwanken gerate.

»Ganz und gar nicht.« George hält mich an den Schultern fest. »Ich bin achtzehn, was das närrischste aller Lebensalter ist. Die ganze Last des Erwachsenseins, ohne die Freiheiten des Kindes – und ohne das Wohlwollen und die Nachsicht, die Kindern gewährt werden.« Er führt mich den kleinen Weg entlang, der sich am Rand des Gartens entlangschlängelt. »Du musst unbemerkt in dein Zimmer kommen, ehe jemand dich in diesem Zustand sieht.« Er schaut sich um. »Aber ich weiß nicht, wie …«

»Aber ich.« Ich packe ihn am Ärmel. »Komm mit.«

Ich zerre ihn mit mir, weg vom Weg und über den Rasen zu einer mit Wein überwucherten Mauer. Ich gehe an der Mauer entlang, wobei ich mit der Hand durch die Weinranken fahre.

»Weißt du, was an diesem Palast so bemerkenswert ist?«, frage ich ihn. »Dass er mit so vielen Steinfiguren verziert ist. Viele sind versteckt, aber wenn man sie findet, merkt man sehr schnell, dass sie immer in der Nähe von etwas unglaublich Interessantem sind. Schau her.«

Ich bleibe stehen und deute auf eine kleine, steinerne Schnauze, die vorwitzig aus dem Weinlaub ragt. Ich schiebe meine Hand zwischen die Ranken und taste nach dem Riegel, der sich dort verbirgt. Ah, da ist er ja. Ich hebe ihn an und höre ein leises Klicken. Dann halte ich den Vorhang aus Weinranken beiseite. Dahinter wird eine kleine Türöffnung sichtbar.

Er macht es schon wieder, starrt mich mit diesem seltsamen Gesichtsausdruck an, die dunklen Augenbrauen nach oben gezogen und ein kaum merkliches Grinsen auf den Lippen.

»Was?«, frage ich.

»Ach, nichts. Nur … du bist ein komisches Mädchen.«

»Bin ich nicht.«

»Doch, bist du. Ich meine, woher kennt eine Küchenmagd die geheimen Türen des Palastes?«

Ich schnalze mit der Zunge. »Das ist noch gar nichts.«

»Was du nicht sagst.« Er schüttelt den Kopf und nickt dann in Richtung Tür. »Nach dir.«

Ich quetsche mich durch die schmale Öffnung und George schiebt sich hinterher. Ich beuge mich vor und ordne die Ranken wieder so, dass die Tür von außen nicht zu sehen ist. Dann ziehe ich sie zu. Nun ist es rabenschwarz.

»Da vorne ist eine Treppe«, sage ich. »Wenn du ganz nach oben gehst, kommst du an eine Tür. Die führt in den großen Saal. Man kommt hinter dem Wandbehang heraus, du weißt schon, der mit den Eulen und den Fledermäusen, die den Zauberer angreifen.« König Malcolm hat eine Vorliebe für brutale und blutige Darstellungen auf Gemälden und Wandteppichen. Ich hasse sie allesamt.

»Aye, ich weiß. Aber was ist mit dir?«

»Ich gehe da lang.« Mit dem Daumen deute ich über meine Schulter, obwohl es so dunkel ist, dass er die Geste vermutlich nicht sehen kann. »Der Gang hinter mir führt in die Küche. Die Kammern der Mägde liegen gleich dahinter.«

Ich stehe eine Weile da und warte. Aber er geht nicht weg. Und obwohl auch ich ihn nicht sehen kann, fühle ich seinen Blick auf mir. Ich kann mir nicht vorstellen, was er von mir will.

»Ich denke, du kannst jetzt gehen«, sage ich.

Er rührt sich immer noch nicht. »Es wäre mir lieber, wenn ich dich sicher in deinem Gemach wüsste.«

Ich verschränke meine Arme vor der Brust. »Ich brauche deine Hilfe nicht.«

»Das habe ich auch nicht behauptet«, erwidert George freundlich. »Ich wollte nur nett sein. Ich glaube, du könntest einen Freund gebrauchen.«

»Was bringt dich denn auf den Gedanken?«

»Na ja. Du sitzt allein in einer üblen Spelunke, trinkst allein Ale mit Absinth, torkelst gemeinsam mit einem Piraten und einem Narren nach Hause …«

»Was geht dich das an, Wichtigtuer?«

»Eigentlich heiße ich mit Nachnamen Cavendish. Aber lassen wir das. Warum wollen wir keine Freunde sein? Ich bin neu hier. Ich könnte jemanden gebrauchen, der mir zeigt, wie alles so läuft.«

»Du bist wahrlich ein Narr, wenn du glaubst, eine Küchenmagd wüsste, wie hier alles so läuft«, murmele ich.

Ich wünschte, er würde endlich gehen. Ich will nur noch in mein Bett und schlafen. Will vergessen, dass dieser Tag jemals existiert hat. In der Dunkelheit verliert der Absinth langsam seine Wirkung und ich erinnere mich wieder: wie ich versehentlich diesen Totenbeschwörer getötet habe; Caleb und Katherine Willoughby; sie und er beim Kostümfest, und ich allein zu Hause.

Dann habe ich eine Idee.

»Wenn du König Malcolms Narr bist, dann weißt du doch bestimmt über das Kostümfest an Weihnachten Bescheid.«

»Aye, ich habe davon gehört.«

»Wenn du wirklich wissen willst, wie hier alles läuft, könntest du dort damit anfangen, es herauszufinden. Und da wir nun Freunde sind, könntest du mich mitnehmen.«

George räuspert sich. »Dich mitnehmen?«

»Ja.«

»Zum Kostümfest?«

»Ja.«

Schweigen. Zum dritten Mal an diesem Tag merke ich, wie meine Wangen anfangen zu glühen.

»Was ist?«, fahre ich ihn gereizt an. »Eine Küchenmagd ist wohl nicht gut genug für einen Narren, richtig?«

»Nein. Es ist nur … Ich hätte nicht gedacht, dass Dienstboten zum Fest gehen dürfen.«

Verdammt. Er hat natürlich recht. Dienstboten sind nicht eingeladen. Aber ich wollte gar nicht als Küchenmagd gehen, sondern als Hexenjäger. Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte, weil ich ja eine Maske getragen und niemand mich erkannt hätte.

»Das stimmt«, räume ich ein. »Aber du darfst gehen. Und wie ich schon sagte, du kannst mich mitnehmen.«

Wieder räuspert er sich. »Du bist wirklich niedlich, weißt du? Und wenn ich auch nur ansatzweise ein Interesse in dieser Richtung hätte, wärst du jemand, den ich durchaus in Betracht ziehen würde.«

Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, dass er mich abweist.

»Ein einfaches Nein hätte genügt«, murmele ich.

»Lass dir versichern, dass mein Nein alles andere als einfach ist.«

»Ich bin nicht in Stimmung für Rätsel«, knurre ich. Hätte ich bloß dieses Ale nicht getrunken. Oder so viel davon, dass ich jetzt irgendwo bewusstlos in einer Ecke liegen würde, statt mich hier vor einem Narren zum Narren zu machen.

»Ich gehe jetzt«, sage ich. »Also, du weißt Bescheid: die Treppe hoch, durch die Tür, unter dem Wandbehang durch. Und das war’s.« Ich drehe mich um und wanke den Gang entlang. Ich bin schon fast am Ende angelangt, als ich seine Stimme höre.

»Vielleicht sehen wir uns bald mal wieder.«

Ich antworte nicht, sondern gehe einfach weiter.

Je weiter ich gelange, desto schmaler und wärmer wird der Gang. Ich nähere mich der Küche. Das Abendessen wurde schon vor Stunden serviert, aber ich rieche es noch, höre die Geräusche hinter der Wand, das Klappern der Töpfe, das Rufen der Mägde, die Schritte der Dienstboten, die das Essen aus dem großen Saal herunterbringen.

Mein Magen fängt an zu knurren und ich überlege, ob ich mich hineinschleichen und mir etwas stibitzen kann, ohne dass jemand es merkt. Ich lasse mich auf alle viere nieder und krieche an der Wand entlang, bis ich zu einer kleinen Nische komme. Ich schiebe meine Hand hinein und ertaste den Griff einer kleinen Tür, die sich zur Küche hin öffnet, zwischen einer Wand und dem Brotofen.

Entdeckt habe ich diese Tür bereits in meiner ersten Woche in der Küche. Ich war erst neun und hatte nicht den Mut, sie zu öffnen. Ich wusste nicht, was sich auf der anderen Seite befand, aber ich malte mir die unterschiedlichsten Grässlichkeiten aus: Schlangen, Geister, bösartige Kinderfresser. Die Zeit verging und ich vergaß die Tür, bis eines Tages Caleb zu mir kam und mir bei meiner Arbeit Gesellschaft leistete.

Ich weiß noch, wie er auf dem Boden hockte und mit sich selbst ein Würfelspiel spielte, die linke Hand gegen die rechte. Eigentlich durfte er sich nicht in der Küche aufhalten, er lenkte die Mägde zu sehr ab. Caleb war erst vierzehn, aber er war beinahe zwei Kopf größer als ich und hatte dunkelblonde Haare, die ihm in Wellen über die Augen fielen. Er sah gut aus und er wusste es. Ich war damals zwölf und ich wusste es auch. Außerdem wusste ich, dass er stur war. Kein Jammern und Flehen konnten Caleb dazu bringen, etwas zu tun, was er nicht wollte – oder ihn von einem einmal eingeschlagenen Weg abbringen. Wenn er sich entschlossen hatte, in der Küche zu bleiben und mich abzulenken, dann würde er das auch tun. An diesem Tag war es die Tür, die ihn schließlich dazu veranlasste, mich zu verlassen. Er nahm die Würfel vom Boden auf, ging durch den Raum und drückte die Tür auf. Dahinter befand sich ein Gang, schmal und feucht, der in die geheimnisvolle Dunkelheit führte.

Er bat mich, ihn zu begleiten, gemeinsam mit ihm herauszufinden, wohin er führte. Damals hatte ich noch keine Abneigung gegen enge und feuchte Orte – anders als heute –, aber ich wollte trotzdem nicht mitkommen. Ich hatte noch viel zu tun, und wenn ich jetzt ging, würde ich Ärger bekommen. Aber ich war Caleb immer überallhin gefolgt. Es gab nichts, was ich nicht für ihn getan hätte. Es war mir nie in den Sinn gekommen, dass er mich eines Tages nicht mehr fragen würde. Dass ich ohne ihn nicht wusste, wohin ich gehen sollte.

Plötzlich habe ich keinen Hunger mehr. Ich zwänge mich durch die Tür, durchquere die Küche und trete in den Gang, der zum Quartier der Mägde führt. Hier ist es dämmrig; der Gang wird nur von einer einzigen Fackel an der Wand beleuchtet. Aber selbst das schwache Licht bringt meinen Kopf wieder zum Kreiseln. Ich lehne mich gegen die Wand und schließe die Augen, damit es aufhört. Ich bin müde. Ich bin so müde, dass ich nicht gleich antworte, als ich seine Stimme höre.

»Elizabeth?«

Mit einem Ruck stelle ich mich gerade hin. Da, im Schatten am Ende des Gangs, ist Caleb. Er kommt auf mich zu, die Hände auf dem Rücken. Mein Herz macht bei seinem Anblick einen kleinen Hüpfer.

»Wo warst du?« Er steht jetzt vor mir. Sein Gesicht liegt halb im Schatten. »Und was ist mit dir passiert? Du siehst fürchterlich aus.«

»So was hört jedes Mädchen immer wieder gern«, murmele ich.

»So hab ich es nicht gemeint.«