Woyzeck - Georg Büchner - E-Book + Hörbuch

Woyzeck E-Book

Georg Büchner

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Beschreibung

Büchners Drama „Woyzeck“, das 1876 erschien, ist in drei handschriftlichen Fragmenten überliefert. Es handelt vom Soldaten Woyzeck, der seine Freundin Marie und deren gemeinsames Kind zu unterstützen versucht und dabei als Versuchsperson von einem Arzt und seinem Vorgesetzten missbraucht wird. Als er erfährt, dass Marie ihn betrügt, bringt er sie um. Das Werk gehört zu den meistgelesensten und -gespielten Texten der dramatischen Weltliteratur. Es wirkte wie kein anderes Stück des 19. Jhdts. in die Dichtungsgeschichte des 20. Jhdts. ein.

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Text und Materialien

GEORG BÜCHNER

WOYZECK

Ein Fragment

HAMBURGER LESEHEFTE PLUSKÖNIGS MATERIALIEN516. HEFT

Zur Textgestaltung Das Stück wurde durchgesehen, neue Ergebnisse der Büchnerforschung sind berücksichtigt worden. Bei Woyzeck wird die erste Szene (S. 5) zuweilen auf S. 11 eingeordnet, die Szene „Der Hof des Doktors“ statt auf S. 19 hinter „Kaserne“ auf S. 22, „Es kommen Leute“ (S. 26) im Anschluss an die Mordszene (S. 24). Die Rechtschreibung wurde den amtlichen Regeln behutsam angepasst.

 

Analysiert und interpretiert (in anderer Szenenfolge) wird Woyzeck in Königs Erläuterungen, Band 315, C. Bange Verlag.

 

3. Auflage 2023

 

Alle Drucke dieser Ausgabe und die der Hamburger Lesehefte sind untereinander unverändert und können im Unterricht nebeneinander genutzt werden.

 

Heftbearbeitung Text: Uwe Lehmann Heftbearbeitung Materialien: Dr. Oliver Pfohlmann Umschlaggestaltung und Layout: Petra Michel Umschlagzeichnung: Ingeborg Strange-Friis

 

ISBN: 978-3-8044-2581-1PDF: 978-3-8044-6581-7EPUB: 978-3-8044-7581-6 © 2020 by C. Bange Verlag GmbH, Hollfeldwww.bange-verlag.de

 

ISBN: 978-3-87291-515-3PDF: 978-3-87291-700-3EPUB: 978-3-87291-650-1 © 2020 by Hamburger Lesehefte Verlag, Husumwww.hamburger-lesehefte.de

Hinweise zur Bedienung

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Das E-Book enthält in eckigen Klammern beigefügte Seitenzählungen, diese verweisen auf die Printausgabe des Werkes.

Versdramen weisen zusätzlich zur Seitenzählung eine Versnummerierung in entsprechender Höhe auf dem Rand aus.

Inhaltsverzeichnis

Text

Biografie

Wort- und Sacherklärungen

Materialien

Zugänge

Der nächste von allen Sternen

Wissenschaftler, Revolutionär, Dichter

Quellen

Tragödie eines Menschen der untersten Schicht

Das arme Mädchen

Selbstzeugnisse

Wenn etwas hilft, so ist es Gewalt

Ich verachte niemanden

Goethe ja, Schiller nein

Das Kunstgespräch in Lenz

Zu Entstehung und Form

Eine Revolution des Theaters ohne Theater

Komplizierte Entstehung

Deutungen

Gesellschaft oder pathologischer Fall?

Ein Doktor ohne Mitleid

Zur Wirkungsgeschichte

So könnte Theater sein

Gewaltiger Eindruck

Von ihm kommt alles her

Die Entdeckung des Geringen

Die Wunde Woyzeck

Text

PERSONEN

WOYZECK

MARIE

HAUPTMANN

DOKTOR

TAMBOURMAJOR

UNTEROFFIZIER

ANDRES

MARGRET

BUDENBESITZER

MARKTSCHREIER

ALTER MANN MIT LEIERKASTEN

JUDE

WIRT

ERSTER HANDWERKSBURSCH

ZWEITER HANDWERKSBURSCH

KÄTHE

NARR KARL

GROSSMUTTER

ERSTES, ZWEITES, DRITTES KIND

ERSTE, ZWEITE PERSON

POLIZIST

Soldaten. Studenten. Burschen und Mädchen.

Kinder. Volk.

[5]BEIM HAUPTMANN

Hauptmann auf einem Stuhl; Woyzeck rasiert ihn.

HAUPTMANN.

Langsam, Woyzeck, langsam; eins nach dem andern! Er macht mir ganz schwindlig. Was soll ich dann mit den zehn Minuten anfangen, die Er heut zu früh fertig wird? Woyzeck, bedenk Er: Er hat noch seine schöne dreißig Jahr zu leben, dreißig Jahr! Macht dreihundertsechzig Monate! Und Tage! Stunden! Minuten! Was will Er denn mit der ungeheuren Zeit all anfangen? Teil Er sich ein, Woyzeck!

WOYZECK.

Jawohl, Herr Hauptmann.

HAUPTMANN.

Es wird mir ganz angst um die Welt, wenn ich an die Ewigkeit denke. Beschäftigung, Woyzeck, Beschäftigung! Ewig, das ist ewig, das ist ewig – das siehst du ein; nun ist es aber wieder nicht ewig, und das ist ein Augenblick, ja, ein Augenblick. – Woyzeck, es schaudert mich, wenn ich denke, dass sich die Welt in einem Tag herumdreht! Was ’n Zeitverschwendung! Wo soll das hinaus? Woyzeck, ich kann kein Mühlrad mehr sehn, oder ich werd melancholisch.

WOYZECK.

Jawohl, Herr Hauptmann.

HAUPTMANN.

Woyzeck, Er sieht immer so verhetzt aus! Ein guter Mensch tut das nicht, ein guter Mensch, der sein gutes Gewissen hat. – Red Er doch was, Woyzeck! Was ist heut für Wetter?

WOYZECK.

Schlimm, Herr Hauptmann, schlimm: Wind!

HAUPTMANN.

Ich spür’s schon, ’s ist so was Geschwindes draußen; so ein Wind macht mir den Effekt wie eine Maus. (Pfiffig.) Ich glaub, wir haben so was aus Süd-Nord?

WOYZECK.

Jawohl, Herr Hauptmann.

HAUPTMANN.

Ha! ha! ha! Süd-Nord! Ha! ha! ha! Oh, Er ist dumm, ganz abscheulich dumm – (Gerührt) Woyzeck, Er ist ein guter Mensch – aber (mit Würde) Woyzeck, Er hat keine Moral! Moral, das ist, wenn man moralisch ist, versteht Er. Es ist ein gutes Wort. Er hat ein Kind ohne den Segen der Kirche, wie unser hochehrwürdiger Herr Garnisonsprediger sagt – ohne den Segen der Kirche, es ist nicht von mir.

WOYZECK.

Herr Hauptmann, der liebe Gott wird den armen Wurm nicht drum ansehen, ob das Amen drüber gesagt ist, eh er gemacht wurde. Der Herr sprach: Lasset die Kleinen zu mir kommen!

HAUPTMANN.

Was sagt Er da? Was ist das für eine kuriose [6]Antwort? Er macht mich ganz konfus mit seiner Antwort. Wenn ich sag: Er, so mein ich Ihn, Ihn –

WOYZECK.

Wir arme Leut . . . Sehn sie, Herr Hauptmann: Geld, Geld! Wer kein Geld hat . . . Da setz einmal eines seinesgleichen auf die Moral in die Welt! Man hat auch sein Fleisch und Blut. Unsereins ist doch einmal unselig in der und der andern Welt. Ich glaub, wenn wir in Himmel kämen, so müssten wir donnern helfen.

HAUPTMANN.

Woyzeck, Er hat keine Tugend! Er ist kein tugendhafter Mensch! Fleisch und Blut? Wenn ich am Fenster lieg, wenn’s geregnet hat, und den weißen Strümpfen so nachseh, wie sie über die Gassen springen – verdammt, Woyzeck, da kommt mir die Liebe! Ich hab auch Fleisch und Blut. Aber Woyzeck, die Tugend! Die Tugend! Wie sollte ich dann die Zeit herumbringen? Ich sag mir immer: du bist ein tugendhafter Mensch, (gerührt) ein guter Mensch, ein guter Mensch.

WOYZECK.

Ja, Herr Hauptmann, die Tugend – ich hab’s noch nit so aus. Sehn Sie – wir gemeine Leut, das hat keine Tugend, es kommt einem nur so die Natur; aber wenn ich ein Herr wär und hätt ein’ Hut und eine Uhr und eine Anglaise und könnt vornehm reden, ich wollt schon tugendhaft sein. Es muss was Schönes sein um die Tugend, Herr Hauptmann. Aber ich bin ein armer Kerl.

HAUPTMANN.

Gut, Woyzeck. Du bist ein guter Mensch, ein guter Mensch. Aber du denkst zu viel, das zehrt; du siehst immer so verhetzt aus. – Der Diskurs hat mich ganz angegriffen. Geh jetzt, und renn nicht so; langsam, hübsch langsam die Straße hinunter!

FREIES FELD, DIE STADT IN DER FERNE

Woyzeck und Andres schneiden Stecken im Gebüsch.

ANDRES

(pfeift).

WOYZECK.

Ja, Andres, der Platz ist verflucht. Siehst du den lichten Streif da über das Gras hin, wo die Schwämme so nachwachsen? Da rollt abends der Kopf. Es hob ihn einmal einer auf, er meint’, es wär ein Igel – drei Tag und drei Nächt, und er lag auf den Hobelspänen. (Leise.) Andres, das waren die Freimaurer! Ich hab’s, die Freimaurer.

ANDRES

(singt).

Saßen dort zwei Hasen,

Fraßen ab das grüne, grüne Gras . . .

[7]WOYZECK.

Still! Hörst du’s, Andres? Hörst du’s? Es geht was!

ANDRES.

Fraßen ab das grüne, grüne Gras

Bis auf den Rasen.

WOYZECK.

Es geht hinter mir, unter mir. (Stampft auf den Boden.) Hohl, hörst du? Alles hohl da unten! Die Freimaurer!

ANDRES.

Ich fürcht mich.

WOYZECK.

’s ist so kurios still. Man möchte den Atem halten. – Andres!

ANDRES.

Was?

WOYZECK.

Red was! (Starrt in die Gegend.) Andres! Wie hell! Über der Stadt is alles Glut! Ein Feuer fährt um den Himmel und ein Getös herunter wie Posaunen. Wie’s heraufzieht! – Fort! Sieh nicht hinter dich!(Reißt ihn ins Gebüsch.)

ANDRES

(nach einer Pause)