Wrapped in Darkness - Stefanie Hasse - E-Book

Wrapped in Darkness E-Book

Stefanie Hasse

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Beschreibung

Willkommen an der Horus Bell Prep - von den Schülern nur Hell Prep genannt. Hier regieren Macht, Intrigen und Elias Dark. Für Trisha ist die elitäre Schule kein Neuanfang, sondern die Bühne ihres Rachefeldzugs. Ihr Ziel? Elias Dark. Für alle anderen ist er einer der Saints und der beliebteste Junge der Schule. Doch für Trisha ist er der gottverdammte Teufel in Person. Und ihr frisch angetrauter unantastbarer Stiefbruder, der es sich zum Lebensziel macht, Trisha und ihren Dad wieder loszuwerden. Zudem ist Elias heiß, gefährlich und Trishas Ex. Der einzige Typ, dem sie sich je gegenüber öffnen konnte. Bis er sie vor einem Jahr verraten hat. Doch heute ist Trisha nicht mehr die verletzliche Trixie von damals. Was Elias schon sehr bald selbst erkennen wird. Denn Trisha ist fest entschlossen, Elias für all den Schmerz zahlen zu lassen. Doch wenn Vertrauen zerbricht und Liebe zur Waffe wird, bleibt nur die Wahrheit – oder der Untergang. #LoversToHatersToLovers #MorallyGreyCharacters #SpicyBadboyRomance #EliteHigh/PrepSchool #SecondChance #StepbrotherRomance #DualPOVs #RichVsPoor

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 528

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Stefanie Hasse

Wrapped in Darkness

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Wrapped in Darkness

Ausführliche Informationen über unsere Autorinnen und Autoren und ihre Bücher www.leaf-verlag.de

1. Auflage 2025

Copyright © 2025 by Stefanie Hasse

Copyright Deutsche Erstausgabe © 2025 by LEAF Verlag

Bücherbüchse OHG, Siebenbürger Straße 15a, 82538 Geretsried, Deutschland

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.

Lektorat: Sarah Di Fabio

Korrektorat: Larissa Bendel

Gesetzt aus der der Adobe Caslon

Satz: LEAF Verlag unter Verwendung von Stockmaterial von Adobe Stock (© gomixer)

ISBN: 978-3-911244-43-5

Hinweis der Autorin:

Liebe Leser:innen,

dieses Buch erzählt euch aus mehreren Perspektiven die Geschichte von Beatrice und Elias, doch aufgrund ihrer gemeinsamen Erlebnisse wirkt es, als hätten wir mehr als diese zwei Perspektiven. Um es euch einfacher zu machen, in die jeweilige Zeit einzutauchen, gibt es in dem Buch drei verschiedene Zeitangaben: davor (Trixie), danach (Trixie) und heute (Trisha). Ich wusste von der ersten Idee an, dass ich diese Geschichte nicht linear erzählen will, sondern die Entwicklung der beiden immer wieder direkt gegenüberstellen möchte. Ich hoffe, ihr seht es mir nach und ich verwirre euch nicht zu sehr. Viel Spaß beim Lesen!

Dieses Buch enthält einige explizite Szenen, die Figuren handeln mitunter in moralischen Grauzonen und es gibt ein paar potenziell triggernde Inhalte, die ihr auf der letzten Seite findet. Achtung! Diese spoilern zum Teil die Handlung.

Eure Steffi

Für alle, die schon immer auf die moralisch grauen Jungs standen. I feel you.

Und für Sabrina, die damals von der allerersten Rohversion des ersten Kapitels an mitgefiebert hat und ewig auf den Rest warten musste. Danke für deinen Support.

Inhalt

1 HEUTE

2 DAVOR

3 HEUTE

4 DAVOR

5 HEUTE

6 DAVOR

7 HEUTE

8 DAVOR

9 DANACH

10 HEUTE

11 HEUTE

12 HEUTE

13 HEUTE

14 DAVOR

15 DAVOR

16 HEUTE

17 DAVOR

18 DAVOR

19 DANACH

20 HEUTE

21 DAVOR

22 DANACH

23 HEUTE

24 DAVOR

25 HEUTE

26 DANACH

27 DAVOR

28 DANACH

29 DAVOR

30 DAVOR

31 DAVOR

32 DANACH

33 HEUTE

34 HEUTE

35 DAVOR

36 DANACH

37 DAVOR

38 DANACH

39 DANACH

40 DANACH

41 HEUTE

42 DANACH

43 HEUTE

44 DANACH

45 HEUTE

46 DAVOR

47 HEUTE

48 DAVOR

49 HEUTE

50 DANACH

51 HEUTE

52 DANACH

53 HEUTE

54 DANACH

55 HEUTE

56 DANACH

57 HEUTE

58 DANACH

59 HEUTE

60 HEUTE

61 HEUTE

62 HEUTE

63 HEUTE

64 HEUTE

65 HEUTE

NACHWORT

Februar

Trisha

Wir wünschen dir den allerbesten Start an der Horus Bell Prep«, säuselt Direktorin Faulkner und strahlt dabei heller als die Bühnenspots über uns. Während höflicher Applaus erklingt, lächelt sie so breit, dass der fette Scheck in ihren Mund gepasst hätte, ohne mit dem viel zu grellen knallroten Lippenstift in Berührung zu kommen. Der Scheck, der die Schule für die Umstände der »außerordentlichen Aufnahme an dieser Eliteschule während des Schuljahres« entlohnen soll. Garantiert landet ein großzügiger Teil davon in Ms. Faulkners eigener Tasche. Wie sonst sollte sich eine einfache Schuldirektorin, selbst die des luxuriösesten und exklusivsten Internats der Welt, diese teuren Klamotten und die offensichtlichen Schönheitsoperationen leisten können?

Ich erwidere ihr falsches Lächeln, hauche ein demütiges »Vielen Dank, Ms. Faulkner« und präsentiere meinem Dad, meiner frisch gebackenen Stiefmutter Kathlyn und dem Publikum mein Sonnenscheingesicht, ehe ich mich von dieser Horrorshow verabschieden und mein Zimmer aufsuchen darf. Ich habe die ganze Farce lang Ausschau nach ihm und seinen Freunden gehalten, aber natürlich lässt sich keiner der Saints dazu herab, bei einer Pflichtveranstaltung wie dieser aufzutauchen.

Ich trete durch den schweren schwarzen Vorhang, der die Bühne von der Kulisse trennt, während sich Ms. Faulkner für die überaus großzügige Spende bedankt. Nun wissen auch alle anwesenden Schüler und ihre Eltern, die sich bisher keine Gedanken gemacht haben, wie teuer mein Platz hier erkauft wurde. Vielen Dank auch. Der Applaus wird leiser, als der Vorhang hinter mir in seine ursprüngliche Position zurückfällt und mich schummriges Zwielicht umarmt. Ich folge der leuchtenden Beschilderung für den Fluchtweg, sollte es einmal zu einem Brand kommen. Den gibt es längst, auch wenn der Feuermelder nicht darauf reagiert. Weshalb ich lieber im Halbdunkel taste, anstatt den Weg durchs Publikum zu nutzen und mich von neugierigen Blicken – oder echten Waffen – erdolchen zu lassen, während ich zwischen den Stuhlreihen hindurchgehe. Die fünf Minuten auf dieser verfluchten Bühne haben den meisten hier sicherlich längst ausgereicht, um sich eine Meinung über mich zu bilden. Das tut es immer. Diese Inszenierung eben war reine Schikane, um mir meinen Platz an der H. Bell Prep, unter den Schülern bekannt als Hell Prep, deutlich zu machen. Ganz am unteren Ende der Nahrungskette.

Es gleicht einem verdammten Déjà-vu. Wieder bin ich die Neue an der Schule. Der Sand im komplizierten, aber nach ein paar Monaten gut funktionierenden Getriebe einer Hierarchie, in der jeder aufsteigen will. In diesem Fall ein Aufstieg, um zum inneren Kreis von Elias Dark zu gehören, dem selbst ernannten König der Hell Prep, und seinen Minions, den Saints. Nein, sie sind garantiert keine Heiligen, sondern das Gegenteil. Aber irgendwer fand es offenbar urkomisch, sie Saints of Hell (Prep) zu nennen – als Kontrast zum Footballteam der Schule, den Lexington Devils.

Den drei Arschlöchern scheint das gefallen zu haben. Grund genug, sie niemals so zu nennen.

Ich verlasse den Backstagebereich durch die Tür auf den Flur, der zum Haupteingang des Auditoriums führt. Die grelle Beleuchtung dort sticht mir schmerzhaft in die Augen, sodass ich blinzeln muss, um den dunklen Schemen zu vertreiben, den ich wahrnehme und für den Nachbrenneffekt halte. Natürlich habe ich nicht so viel Glück.

Als hätte ich ihn mit bloßer Gedankenkraft beschworen wie den leibhaftigen Teufel, der er ist, lehnt er lässig an der gegenüberliegenden Wand, das türkisfarbene Hemd nur bis zur Hälfte der Brust zugeknöpft. Die dunkle Krawatte mit der eingestickten weißen Schlange – der Ouroboros ist Teil des Schulwappens und daher das Maskottchen der Schule – hängt wie eine lockere Schlinge um seinen Hals, der vom hochgestellten Kragen des schwarzen Blazers mit Schulwappen in Szene gesetzt wird. Sein Kopf ist leicht geneigt, sodass eine Strähne seines heute fast schwarzen Haars seine Schläfe streichelt und das Schattenspiel seine hohen Wangenknochen noch schärfer und die dunkelbraunen Augen noch finsterer wirken lässt.

Schnell verdränge ich die Erinnerung an das Gefühl dieser weichen Haare unter meinen Fingerspitzen, das Vibrieren seines rauen Stöhnens, wann immer meine Fingernägel über seine Haut gekratzt haben, und daran, wie heiß er nach dem Sex aussieht, wenn seine Haare feucht sind und jeder Zentimeter seiner über wohldefinierte Muskeln gestrafften Haut mit salzigem Nass bedeckt ist.

»Deine letzte Chance, Beatrice.« Elias lässt den Kiefer knacken, als wäre das Geräusch das Satzzeichen.

»Wofür, Bruderherz?«, kontere ich, recke das Kinn nach oben und schenke ihm einen abfälligen Blick. »Dich vor Chlamydien aufgrund deines fragwürdigen Frauengeschmacks zu schützen? Dafür ist es wohl leider zu spät.« Ich zucke mit den Schultern und hebe die Hände, als würde mir der Umstand leidtun. Die breiten silbernen Ringe um mein rechtes Handgelenk klimpern dabei aneinander.

Elias knurrt, behält aber seine lässige Haltung bei. »Verschwinde von dieser Schule und aus meinem Leben.« Jedes Wort ist ein abgehacktes Zischen. Wie Pfeile, die der König der Hell Prep auf mich abschießt. Doch er hat keine Ahnung, wie stark mein Panzer inzwischen ist. »Und nimm deinen Vater gleich mit!«

»Awwwww.« Ich seufze theatralisch. »Muss ich jetzt etwa Angst haben, dass du zu unserer Mutter rennst und mich verpetzt?«

»Sie ist meine Mutter!«, brüllt er, stößt sich schwungvoll von der Wand ab und macht einen Satz auf mich zu.

Mein Lächeln wird echt, und er hält sofort inne, als er seinen Fehler bemerkt, auf die Stichelei angesprungen zu sein. Ich bohre direkt mit dem imaginären Dolch weiter.

»Gestern – direkt nach der Hochzeit mit meinem Vater – hat sie mir gestanden, wie sehr sie sich immer eine Tochter gewünscht hat.« Ich schniefe, als hätte ich tiefstes Mitleid mit der laut Forbes Magazine reichsten Erbin der USA. »Kein Wunder«, ramme ich den Dolch nun mit voller Wucht in Elias’ Herz, »bei dem missratenen Abschaum, den sie Nachwuchs nannte.« Ich betone die Vergangenheitsform, auch wenn der Gedanke an ihn sämtliche Ängste in mir auslöst, die mein Therapeut verarbeitet zu haben glaubt. Säure steigt meine Speiseröhre auf und es vergeht nicht einmal ein Wimpernschlag, da stehe ich an die Tür hinter mir gedrückt da, die Luft mit der Wucht einer gefühlten Tonne harter Muskeln aus der Lunge gepresst. Elias’ Unterarm presst sich gegen meine Kehle, sodass ich nicht einmal mehr schlucken kann. Seine Worte tropfen wie pures Gift aus seinem Mund: »Wenn du noch ein Mal etwas über Archer sagst, bringe ich dich um.«

Ich starre ihn ausdruckslos an, blinzle nicht einmal, während sein Blick über mein Gesicht huscht, um die erwartete Angst aufzusaugen. Doch da kann er lange suchen. Wenn ich im vergangenen Jahr eins gelernt habe, dann meine wahren Gefühle zu verbergen.

Ich spüre seine scharfen Atemzüge im Gesicht, meine Hände liegen in erster Abwehrhaltung noch immer an seiner Brust, an der ich den harten, schnellen Schlag seines Herzens gegen die Handfläche hämmern spüre.

Ich lächle, fahre mit der Zungenspitze über meine Lippe und kralle mich mit der rechten Hand in seine Brust. Selbst durch den schweren Stoff des Hemds muss er meine Fingernägel spüren. Das Kratzen schwebt zwischen uns wie ein Echo aus der Vergangenheit.

Ein dunkles Grollen lässt seine Brust vibrieren. Sein Blick ist scharf wie ein Messer, dazu bestimmt, mich Stück für Stück zu töten.

Weil ich seinen Bruder getötet habe.

Drei rasende Herzschläge lang gebe ich mir Zeit, den Biss ihrer Fingernägel in meine Brust zu spüren und die feuchte Zungenspitze beim Lecken ihrer Lippe zu verfolgen.

Drei Herzschläge lang kann ich entscheiden, ob ich sie noch fester gegen die Tür presse und ihr die Zunge in den Mund ramme oder ihr weitere Atemzüge verwehre, weil sie es gewagt hat, Archer zu erwähnen. Ich könnte natürlich auch zurücktreten, damit sie dem Befehl Folge leisten kann und endlich wieder aus meinem Leben verschwindet. Aber wir beide wissen, dass sie das nicht tun wird. Ich sehe es in ihrem Blick, in der Herausforderung ihres emporgereckten Kinns, der aufrechten Haltung. Sie schreckt kein bisschen vor mir zurück, lässt nicht den geringsten Hauch von Angst erkennen. Wären die Umstände anders, wäre ich beeindruckt. Aber das bin ich nicht.

Die drei Herzschläge sind längst vorbei, vermutlich sogar hundert weitere, und doch verharren wir noch immer reglos hier in der Stille des schwach beleuchteten Flurs. Ihre schnellen Atemzüge streifen mein Gesicht, ein direkter Link zu meinem Schwanz, der sich wie auf Knopfdruck meldet, sich Trixie – nein, Trisha, wie sie sich jetzt nennt – entgegenreckt. Offenbar hat er nicht verstanden, was das Mädchen vor mir getan hat. Dass die Zeiten, in denen wir einzig dafür existiert haben, ihr Vergnügen zu bereiten, längst Geschichte sind. Eine Geschichte, die mit zu viel Blut geendet hat.

Sie reagiert mit einem dämonischen Grinsen auf meine Erektion und schiebt ihren Oberschenkel ein Stück nach vorne, reibt ihn mit sanftem Druck gegen meine Härte, bis ich das Stöhnen nicht mehr zurückhalten kann. Ich verfluche meinen Körper für die pubertäre Reaktion und weiche zurück. Nur so weit, dass sie mich nicht länger reizen kann, ich sie jedoch weiterhin im Griff habe.

»Du gibst auf?« Die Frau vor mir ist die personifizierte Sünde, ein überbelichtetes scharfkantiges Abbild des Mädchens von damals, das mir unter die Haut ging wie kein anderer Mensch zuvor. Das junge Mädchen mit dem gebräunten Teint und den sanften Wellen im dunkelblonden Haar ist einer mit aufwändigen Highlights versehenen blonderen Version gewichen. Ihre Haut ist inzwischen weiß wie Porzellan und ihre Augen sind so dunkel geschminkt, dass das warme Braun wie dämonisches Schwarz wirkt.

Heute hämmert jeder einzelne ihrer Blicke Schmerz unter meine Haut wie eine Tätowiernadel und brandmarkt mich für alle Zeiten. Ihr Name auf meiner linken Brust wurde inzwischen mit einem schwarzen Dolch übertätowiert, der direkt zwischen detailreich gezeichneten Rippen in ein blutendes aufgerissenes Herz sticht. Meine tägliche Erinnerung im Spiegel daran, dass ich innerlich tot bin – und dass sie mit ihrem Verhalten den Elias von damals getötet hat. Sie wird mich nicht noch einmal verletzen können – keine Frau wird das jemals wieder.

Und doch wird sie mein Untergang sein, wenn ich es nicht endlich schaffe, meine Hormone unter Kontrolle zu bekommen. Fuck!

Ich sammle sämtliche Willenskraft in mir, beuge mich zu ihr, als würde ich ihr Spiel mitspielen, und ihre Lider senken sich flatternd, als mein Atem ihren Hals streift. Sie neigt ihn willens zur Seite, gibt mir Zugang zu den empfindlichen Stellen ihrer Haut, die im Kragen der Bluse der Schuluniform gefangen wären, hätte sie nicht ein paar Knöpfe offen stehen lassen, um mir einen perfekten Blick auf ihre weichen Brüste zu geben. Ich kann an ihrem schnellen Auf und Ab erkennen, wie schwer sie inzwischen atmet.

Der Gedanke, dass ich ihr ebenso unter die Haut gehe, reißt mich kurz mit, dann puste ich sanft von ihrem Ohrläppchen zum Schlüsselbein und ihr raues Seufzen lässt meinen Schwanz pulsieren. Ich fahre den Weg mit meiner Zungenspitze zurück, streife über den Metallreif um ihren Hals. Sie erschaudert, als ich den Mund weiter öffne und ihr ins Ohr hauche. »Du wirst dir wünschen, unsere Wege hätten sich nie gekreuzt.«

Ihr ersticktes Aufkeuchen ist mir ein Genuss, während ich mich zurückziehe, sie so schnell loslasse, dass sie an der Wand ein Stück nach unten sackt, bis sie sich fangen kann. Endlich blitzt für den Bruchteil eines Augenblicks echte Sorge in ihrem Gesicht auf, dringt durch die Maske, die sie für unsere Eltern und die Leute dort draußen angelegt hat. Das ewig lächelnde sorgenfreie Rich Girl, das jede Menge Spaß hat und das Leben in vollen Zügen genießt. Aber nicht hier. Nicht an meiner verdammten Schule.

Mom hat mich gebeten, meiner neuen Schwester zu helfen. Ich solle nett zu ihr zu sein. Das werde ich. Nur habe ich eine ganz andere Definition von Nettsein als Mom. Ich werde Trixie jede Menge Aufmerksamkeit schenken. Bis sie endlich von hier verschwindet und mir mein Leben wieder zurückgibt. Auch wenn es für Archer zu spät ist.

»Du hättest uns bei der Hochzeit ruhig vorwarnen können, dass sie so heiß geworden ist«, beschwert sich Bash, und ich erstarre, presse meine Zähne so fest zusammen, dass mir ein sengender Schmerz durch den Kiefer schießt. Ein willkommener Schmerz, der mich aufrüttelt, damit ich meine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle bekomme, ehe er etwas bemerkt. Ich lehne mich nach außen hin tiefenentspannt in den schweren Ohrensessel ihm gegenüber. Ich hätte wissen müssen, dass meine Freunde die neue Trixie – Trisha! –, die sie gestern bei der Hochzeit zum ersten Mal gesehen haben, nicht unkommentiert lassen. Aber zumindest haben sie bei der Zeremonie und der anschließenden Party ihr Maul gehalten.

Bash holt ein Bier aus der Kühlbox neben der Couch und wirft es mit einem vorwurfsvollen Blick zu mir, ehe er nach einem weiteren taucht und es mit einem Zischen öffnet.

»Ich meine, hast du sie dir mal angeschaut?« Lust funkelt in seinen eisblauen Augen.

»Sie ist meine Schwester, Arschloch.« Ich nehme einen langen Schluck, um nichts weiter sagen zu müssen.

Er deutet mit der Bierflasche auf mich. »Deine Schwester, du sagst es.« Seine Augenbrauen zucken herausfordernd. Nun sieht er seinem Vater auf den zahlreichen Fotos unglaublich ähnlich. Wann immer ein lebensmüder Reporter oder Fotograf Enrique Hielo nah genug kommt, um ein Foto zu schießen, strahlt dieser exakt dieselbe Herausforderung aus, ehe er das Gegenüber in der Luft zerreißt. Manchmal sogar wortwörtlich. Es sollen etliche Leichen den Weg des Drogenbarons pflastern. Aber wer bin ich, das zu verurteilen?

Ein besitzergreifendes Knurren steigt aus meiner tiefsten Seele auf – oder von weiß der Teufel woher –, aber ich ersticke den Laut im letzten Moment. Bash, eigentlich Sebastián Hielo, besitzt ein sehr gutes Gespür dafür, welche Knöpfe er drücken muss, und hat seinen Ruf als zweitgrößtes Arschloch der Schule nicht umsonst.

Er will mir gerade etwas mitteilen, da wird die Tür zu unserem Gemeinschaftsraum geöffnet und Blake stürmt herein, tritt die Tür hinter sich mit dem Fuß zu und bohrt seinen Blick in meinen.

»Warum zur Hölle hast du nicht gesagt, wie heiß sie geworden ist?« Offenbar hat sich gestern noch jemand zurückgehalten.

Ich präsentiere: Arschloch Nummer drei, wenn man dem Ranking der Mädchen in der Hell-Prep-App glauben kann: Blake Steele, blond, engelsgleiches Aussehen und trotz Zungen- und Augenbrauenpiercing der vermeintliche Traum aller Schwiegermütter und ein echt kranker Typ.

Bash beklatscht ihn für die Aussage und hebt die Hand zum Faustschlag. »Meine Rede. Aber ich glaube, Elias hat bei der Hochzeit einen Beschützereid geleistet. Vielleicht hat ihn all die Sentimentalität weich werden lassen«, stichelt er weiter. Wenn Mom vor diesem feierlichen Event nicht sämtliche Gerüchte einer Verbindung von Trixie zu Archers Tod hätte verstummen lassen, würden die beiden sie vielleicht anders sehen … Obwohl, nein, ich denke nicht.

Während ich seufze, prustet Blake los, weshalb ich Blickdolche aus zusammengekniffenen Augen auf die beiden abfeuere. »Wir können gern rüber in den Ring, und ich zeige euch, wer von uns über die Ferien weich geworden ist.« Ich balle meine Rechte zur Faust und lasse die Knöchel knacken.

»Uuuuuuuh! Da fühlt sich jemand angegriffen«, stichelt Blake. »Ich denke, du solltest besser vorsichtig mit ihm sein, Bash. Nicht dass sich Elias noch verletzt und von seiner heißen Schwester verarztet werden muss.« Sein Zungenpiercing verursacht ein Klimpern beim Schlag gegen seine Zähne, wie immer, wenn er damit herumspielt.

»Fickt euch!«, grunze ich und weigere mich, weiter auf ihre Sprüche einzugehen, die sich nun um Trixie im Krankenschwesteroutfit drehen. Fuck, jetzt bekomme ich das Bild nicht los.

Wie gern hätte ich ihnen untersagt, sich ihr zu nähern, weil es meine Aufgabe ist, sie zu vergraulen. Aber vielleicht ist ein klein wenig brüderliche Hilfe der Jungs gar nicht mal so schlecht. Wenn ich Trixie irgendwie zerstören kann, dann vermutlich nicht persönlich. Sonst hätte ich es bei all den Familientreffen schon geschafft.

»Lächelst du etwa?« Bash tritt mit dem Fuß gegen mein Bein und ich kehre blinzelnd aus meinen finsteren Plänen zurück. »Ich wusste, dass du sie genauso heiß findest wie wir. Ich meine: Wer Augen im Kopf hat …«

Ich leere mein Bier in einem einzigen Zug, stelle die Flasche auf den kleinen Tisch vor mir und lehne mich entspannt zurück. Ich werde die beiden nicht einmal animieren müssen, Beatrice anzubaggern, aber ich kann sie ein wenig motivieren: »Finger weg von meiner Schwester.«

»Ja klar«, singt Blake, und die beiden stoßen lachend an. Klappt doch ganz gut.

September

Trixie

Du schaffst das, sie werden dich schon nicht beißen«, neckt mich Dad und stößt mich mit dem Ellbogen an. Wir sitzen in seinem nagelneuen Wagen vor dem sich öffnenden gusseisernen Tor mit den Initialen der Schule auf jedem der beiden Flügel. Der Torbogen ist so weit über uns, dass selbst ein Bus locker unter den geschwungenen Metalllettern Lexington High hindurchgepasst hätte. Wenngleich sich dieses Tor niemals für einen gewöhnlichen Bus öffnen würde. Denn die Lexington High ist eine Eliteschule, die teuerste private Highschool des Landes, die die vielversprechendsten Studierenden für das Senior Year direkt an die Horus Bell Prep nebenan weiterleitet, die Brutmaschine für künftige Ivy-League-Studierende.

»Ich glaube, ich bin aufgeregt«, sagt Dad, und ich lache auf, während er nervös auf das Lenkrad tippt.

»Warum bist du aufgeregt?«, frage ich. »Du musst nicht plötzlich eine Uniform tragen und zu lauter Fremden an die Schule, die sich vermutlich schon ein Leben lang kennen.«

Dad atmet tief durch. »Du hast recht. Vielleicht steigere ich mich etwas zu sehr hinein.« Er pustet die Luft aus, als läge er in den Wehen. Vermutlich hat er zuletzt über etwas Derartiges geschrieben und zu viel recherchiert.

»Das ist noch eine Untertreibung«, entgegne ich. Dad hat so was ständig. Als Ausrede kommt dann immer, er müsse die Emotionen ganz klar aufschlüsseln, um sie sich für später abzuspeichern.

»Der erste Schultag an einer neuen Schule ist ein oft genutzter Einstieg in eine Geschichte«, sagt er, während das Tor die letzten Zentimeter zurücklegt, und ich verdrehe die Augen.

»Diese – meine! – Geschichte beginnt direkt mit einer Abmahnung, wenn du nicht endlich Gas gibst und mich dadrin absetzt«, ermahne ich meinen Vater, der noch immer keine Anstalten macht, weiterzufahren, obwohl das Tor längst geöffnet ist.

»Ich sollte darüber nachdenken, für Jugendliche zu schreiben«, murmelt Dad eher zu sich selbst, gibt aber endlich Gas, und wir rollen langsam die Auffahrt hinauf. Hier müssen rund eine Million Pflastersteine zum Einsatz gekommen sein, und mir tun die armen Menschen leid, die jeden einzelnen vermutlich von Hand an seinen Platz gesetzt haben. Die Einfahrt scheint nicht enden zu wollen, windet sich zwischen hübschen mediterran anmutenden Raketenzypressen einen Hügel hinauf, auf dem irgendwann endlich meine neue Highschool in Sicht kommt. Sie ähnelt eher einem klassizistischen Bau oder einem griechischen Tempel als einer Schule. Jedenfalls erwecken die Säulen den Eindruck, die das Dach über der fünfstufigen Freitreppe stützen, welche nicht nur an der Gebäudefront entlang zum Eingangsportal hochführt, sondern offenbar das gesamte Verwaltungsgebäude umrahmt. Auf dem Platz davor werden gerade weitere Schülerinnen und Schüler von Limousinen ausgespuckt und schließen zu einzelnen Gruppen auf. Ich höre freudige Rufe und verfolge, wie einige meiner Mitschüler lachen, sich gegenseitig schubsen und daraufhin direkt wieder umarmen.

»Es sieht nicht so aus, als wäre es anders als an deiner bisherigen Schule«, spricht Dad meinen Gedanken aus. Der einzige Unterschied ist, dass sie allesamt in das dunkle Türkis, wohl eher schon Petrol, der Schuluniform gekleidet sind, die auch ich trage. Im Rahmen meines Stipendiums habe ich mehrere Garnituren in allen Variationen gestellt bekommen: Türkis-silbern karierte Röcke, dunkle türkisfarbene Hosen oder die schlichte weiße Alternative, Pullunder in uni und kariert, weiße Blusen mit türkis-silbern gestreifter Krawatte oder der passenden Schleifenkrawatte – die inklusive Anleitung kam, weshalb ich inzwischen weiß, dass sie Lavallière genannt wird. Im Begleitschreiben stand, dass irgendeine berühmte Modedesignerin, die früher hier Schülerin war, die Kollektion entworfen hat. Zumindest gibt es genug Auswahl und Kombinationsmöglichkeiten, dass wir nicht alle wie verschieden große Ebenbilder herumrennen.

»Du kannst mich hier rauslassen«, sage ich zu meinem Vater, weil ich nicht möchte, dass er mich direkt hinter dem Brunnen mit irgendeiner griechischen Göttin darin absetzt, sodass jeder weiß, dass ich neu bin.

»Jeder wird wissen, dass du neu bist«, greift mein Vater wieder meinen Gedanken auf, als hätte er einen sechsten Sinn oder so, hält den Wagen aber an einem abgehenden Pfad an, um mir die Entscheidung zu lassen.

»Vermutlich hast du recht, dann also das volle Peinlichkeitsprogramm.« Ich grinse ihn an und er gibt wieder etwas Gas.

»Dann darf ich dich zum Abschied küssen und dir hinterherrufen, dass ich stolz auf meinen kleinen Schatz bin?« Dads Mundwinkel zuckt.

»Untersteh dich!«, erwidere ich lachend.

»Man wird als Vater ja noch träumen dürfen. Ich bin übrigens wirklich stolz auf dich, nur damit du das weißt.« Wir rollen im Schritttempo voran, damit sämtliche Schüler, die von den Nebengebäuden aufs Schulgebäude zuströmen, aus dem Weg springen können.

»Worauf denn?«, frage ich und seufze. »Es ist ja nicht so, dass ich das Stipendium verdient hätte.«

»Es ist aber auch nicht so, dass es ausgereicht hätte, dem Produzenten der Verfilmung zu sagen, dass er dich bitte auf die Lexington schicken soll. Ich habe nur die Connections genutzt. Ohne die ausreichenden Punkte beim Auswahltest hättest du es nicht geschafft. Und deshalb bin ich stolz auf dich.«

Der Wagen kommt direkt vor dem breiten Eingangsportal mit dem darüberhängenden Relief mit Schulwappen zum Stehen.

»Und ich weiß, dass du das Beste draus machen wirst«, fügt er hinzu. »Außerdem bin ich froh, dass ich mir keine Gedanken machen muss, weil ich dich zu oft allein zu Hause lasse.«

»Als hättest du dir sonst Gedanken darüber machen müssen. Ich bin keine zwölf mehr.« Ich verdrehe die Augen.

»Nein, du bist sechzehn, was nur geringfügig mehr ist.«

Ich stöhne auf. Er lässt sich ja doch nicht belehren.

»Soll ich dir beim Gepäck helfen, oder …?«

»Bloß nicht«, sage ich so schnell, dass er loslacht.

»Woher hab ich das nur gewusst?«

»Machst du mir den Kofferraum auf?«, frage ich, und er nickt, ehe er nach dem Knopf dafür sucht. »Mach’s gut, mein Krümel.«

»Du auch, Dad! Und viel Erfolg am Set.« Ich beuge mich über die Mittelkonsole und umarme meinen Vater, der sich eben wieder aufrichtet, nachdem er den Knopf für den Kofferraum erfolgreich aufgespürt und betätigt hat.

»Danke!«, haucht er mir ins Ohr, während er mir die Luft aus den Lungen quetscht und mich so fest an sich zieht, dass mir die Armlehne zwischen uns in den Bauch drückt.

Ich atme noch einmal den so vertrauten Geruch seines Rasierwassers ein und bin mir sicher, den Duft nach Büchern und Tinte darunter zu riechen, obwohl Dad seine Manuskripte am Laptop schreibt wie vermutlich alle Autoren. Erst als ich den mein gesamtes Leben lang vertrauten Duft gespeichert habe, lasse ich ihn los und lege die Hand an den Türöffner.

Du schaffst das! Damit rede ich mir in Gedanken Mut zu, öffne die Beifahrertür und steige aus, ohne nach oben zu sehen, wo auf der Treppe alle Gespräche verstummt sind. Ich spüre zahlreiche Blicke auf mir, nehme mir jedoch vor, sie zu ignorieren und Selbstbewusstsein auszustrahlen, indem ich mich nicht davon verunsichern lasse. Ich sehe noch mal kurz zurück zu Dad, verabschiede mich mit einem »Ich melde mich!« und stoße die Tür zu, ehe er etwas Peinliches erwidern kann.

Mit wenigen Schritten bin ich beim Kofferraum, hänge mir meine Schultasche über die Schulter und hieve den Koffer mit den letzten Alltagsdingen heraus, die ich nicht schon vorab herschicken konnte.

Meine Handflächen werden feucht. So viel zum Thema selbstbewusster erster Eindruck. Verdammt!

Dad fährt los und ich drehe mich auf wackeligen Beinen dem Gebäude zu, tackere ein vermutlich gruselig wirkendes Lächeln auf meine Wangen, straffe die Schultern und hebe das Kinn, um meine künftigen Mitschülerinnen und Mitschüler das erste Mal anzusehen.

Statt vieler weit entfernter Gesichter blicke ich in das gottgleiche Gesicht eines Typen, der mein Herz zum Stolpern bringt, ehe es wild pochend die verlorenen Schläge aufholen möchte. Mein Gegenüber hat dunkelbraunes Haar, genau in der richtigen Länge, um die Hände darin zu vergraben. Seine Augen sind fast genauso dunkel, aber das Lächeln auf seinen Lippen ist so strahlend hell, dass es ihm sämtliche Finsternis nimmt.

»Hi«, sagt er mit einer sonoren Stimme, die über die Haut gleitet wie Samt. »Du musst Beatrice Harper sein.«

Ist es möglich, dass man sich in den Klang des eigenen Namens auf fremden Lippen schockverlieben kann? Ich blinzle ihn an und hoffe stark, dass ich nicht sabbere, während ich mir vorstelle, wie sich seine vollen Lippen wohl anfühlen. Mein Vater schreibt ständig über kitschige erste Begegnungen, aber ich hatte bisher nie geglaubt, dass ein erster Blick so … bedeutend sein, so tief gehen kann, dass er mein Innerstes aufwühlt und mich völlig unsortiert zurücklässt.

Ein Räuspern erklingt, als ich gerade die hohen Wangenknochen beneide und seiner Kieferlinie folge – über beides würde sich jeder Künstler freuen, da bin ich mir sicher, auch wenn auf dem Gesicht noch ein Hauch Weichheit liegt, der in wenigen Jahren sicher harten Kanten gewichen sein wird.

Entfernt höre ich ein Kichern und Hitze schießt in meine Wangen, weil mir auffällt, dass ich den Typen viel zu lange angestarrt habe und die mir dargebotene Hand nach wie vor ignoriere. Letzteres ändere ich schnell, und ein Stromstoß fährt durch mich hindurch, als mich seine rauen Finger umgreifen.

»Hi, ja, ich bin Beatrice, die Neue«, antworte ich und klinge sowohl atemlos als auch absolut dämlich, sodass ich das weitere Lachen im Hintergrund verdient habe und am liebsten im Boden versunken wäre.

»Ich bin Elias Dark, Sprecher der Juniors an der Lexington High. Ich soll dich in Empfang nehmen und ins Sekretariat führen, Beatrice.«

Ich hätte ihn am liebsten gebeten, mir meinen Namen aufzunehmen, um ihn als Dauerschleife abzuspielen.

Gottverdammt, Beatrice. Krieg dich wieder unter Kontrolle!

Elias schmunzelt vergnügt, als könne er meine Gedanken lesen, und provoziert eine neue La-Ola-Welle meiner Hormone, als er sich die Lippen befeuchtet und fragt: »Darf ich dir den Koffer abnehmen?«

Er streckt die Hand bereits nach dem Griff aus, doch ich reiße ihn schnell an mich. »Ich kann das selbst.«

Meine Stimme klingt glücklicherweise fester, als ich vermutet hätte, aber das Auflachen im Hintergrund verunsichert nun Elias, der sich durch das Haar fährt, es noch mehr durcheinanderbringt und mich in einem Tagtraum versinken lässt, in dem es meine Finger sind. Verfluchte Hormone!

»Dann … sollten wir jetzt wohl los«, stammelt Elias und wendet sich zögernd ab, sieht dann noch mal über die Schulter zu mir, als müsse er sich vergewissern, dass die Verrückte, die ihn beinahe ansabbert, real ist. Ich stöhne innerlich, folge ihm dann mit schmerzenden Wangen, weil das Lächeln, mit dem ich die Schar an Beobachtenden grüße, die wir passieren, sogar für mich angestrengt wirkt.

Dann … sollten wir jetzt wohl los.«

Gottverdammt, Elias, was war das denn? So gestammelt habe ich das letzte Mal mit sechs, als mich die Nanny beim Kekseklauen erwischt hat.

Keine Ahnung, was mit diesem Mädchen ist, aber kaum, dass Beatrice ihre langen Beine mit den Kniestrümpfen der Schuluniform aus dem Wagen befördert hat, war nur noch ein Promille meines Blutvolumens für die Versorgung meines Gehirns zuständig, und alles andere wurde auf Reserve gestellt. Beatrice Harper ist die Verkörperung meiner feuchten Träume, und ich kann kaum mehr aufrecht stehen, weil ich so schmerzhaft hart bin, während sie mich aus ihren großen, unschuldigen Augen ansieht.

Sie reicht mir gerade mal bis zur Schulter und muss daher ihren Kopf in den Nacken legen, um mir ins Gesicht zu sehen, weil ich ihr zu nah auf die Pelle gerückt bin, bevor sie mitsamt ihrem Koffer entsetzt zurückweichen musste.

Super gemacht, Idiot, schelte ich mich weiter, als ich mit großen Schritten, denen sie vermutlich nicht folgen können wird, am Gebäude vorbeigehe, um den seitlichen Eingang zum Sekretariat zu nehmen. Erst nachdem wir um die Ecke gebogen sind und ich nicht länger die Blicke sämtlicher Schüler und Schülerinnen auf mir spüre, werde ich langsamer, versuche mich an einem weniger debilen Lächeln und warte, bis Beatrice zu mir aufschließen kann. Immerhin habe ich wieder etwas Blut in der oberen Hälfte meines Körpers und die Sauerstoffversorgung scheint sich auf einem gesunden Maß einzupegeln. Ich räuspere mich, um nicht wie im Stimmbruch zu klingen, ehe ich frage: »Freust du dich auf das neue Schuljahr?«

Gott, ernsthaft, Elias? Ich schlage mir in Gedanken mit voller Wucht gegen die Stirn.

»Ähm, ja, natürlich«, erwidert sie und sieht mit einem schnellen Seitenblick zu mir, der mich ihr Stirnrunzeln erkennen lässt.

Japp, Elias, du bist der King des Small Talks.

Ich beschleunige meine Schritte wieder, damit sie nicht bemerkt, wie rot meine Wangen werden. Noch nie in meinem Leben war ich so froh, die gepolsterten Stühle auf dem Flur zu sehen, die normalerweise für die Wartezeit auf ein Gespräch mit Direktorin Faulkner genutzt werden. Ich falle nahezu ins Sekretariat und stammle atemlos Beatrice’ Namen, ehe ich vor lauter Nervosität verschwinde, ohne mich von Mrs. Evans, der Sekretärin, oder gar Beatrice zu verabschieden. Mom würde sich für mich schämen.

Ein echt gelungener erster Auftritt, Idiot!

Januar

Trisha

Was ist nur mit dir los?«, fragt mich Dad und meint es offenbar sogar ernst. Ich habe eben den Esstisch verlassen, weil ich nicht länger auf heile Familie beim Dinner machen wollte, während Elias unentwegt Drohungen flüstert, und bin dabei leider gegen den Typen vom Service-Personal gestoßen, der nun an uns vorbeistürmt, um Putzsachen zu holen.

Ich murmle ein »Sorry« in seine Richtung. Er kann nun wirklich nichts dafür und ich hasse mich selbst für meine Stimmung. Und die verdammten äußeren Umstände meines Lebens. Aber dass Dad und Kathlyn darauf bestanden haben, gemeinsam mit Elias und mir zu Abend zu essen – bisher haben entweder er oder ich uns davor drücken können – und immer wieder dämliche Anspielungen à la süße Patchworkfamilie machen, hat an meinem Geduldsfaden gezerrt und ihn letztendlich zum Zerreißen gebracht. Ehe ich dem Drang nicht länger widerstehen konnte, Elias meinen Teller ins Gesicht zu schleudern, bin ich aufgesprungen, habe mich in einem Anflug von Höflichkeit sogar mit einem Lächeln in Kathlyns Richtung entschuldigt und bin mit einer lodernden Flamme in meinem Inneren davongerannt.

Dad ist mir gefolgt, hat mich im Foyer der gigantischen Villa eingeholt und mich am Arm gepackt, um mich zum Stehenbleiben zu bringen – weil er genau weiß, dass er auf längere Strecke nicht mit mir mithalten kann.

Ich starre ihn nur fassungslos an. Schlimm genug, dass er mich schon gezwungen hat, Weihnachten mit seiner neuen Freundin zu verbringen. Jetzt schleppt er mich auch noch zum Ende der Weihnachtsferien an diesen verdammten Ort, wo ich ständig an ihn erinnert werde. Allein in diesem Moment sehe ich ihn auf zahlreichen Bildern, die bei den Darks offenbar jährlich aufgenommen werden und in goldenen Rahmen die in zartem Rosé gemusterte Ornamenttapete des Foyers schmücken. Ich bin kurz davor, zu kotzen – am liebsten natürlich auf eins der Fotos mit dem beschissenen Lächeln in diesem verfickten Gesicht, das mein Leben zerstört hat.

»Du fragst ernsthaft, was mit mir los ist?«, zische ich, forme die Lippen zu einem Schlitz und kneife die Augen zusammen, sodass ich ihn durch die falschen Wimpern kaum mehr sehen kann. Ich hoffe, Dad hat den Kurs in Mimiklesen nicht vergessen, den er letztes Jahr im Rahmen seiner Recherchen besucht hat. Ach nein, dort hat er ja sie kennengelernt. Also hat er vermutlich vom Inhalt des Seminars, einem der Bausteine eines zigtausend Dollar teuren Midlife-Crisis-Selbstfindungsretreats – offiziell heißt es anders, aber meine Beschreibung trifft mehr zu –, gar nichts mitbekommen. Selbstfindung! Am Arsch. Das Retreat ist eher die teuerste Singlebörse des Kontinents.

Und Karma ist eine miese Schlampe, sonst hätte sie nicht ausgerechnet Kathlyn Dark an jenem Wochenende, an dem »alle gleich sind« auf meinen Dad losgelassen. Äußerlich die perfekte Kopie meiner verstorbenen Mom – dazu noch nett und freundlich wie sie, als Bonus eine der reichsten Erbinnen des Landes. Ich würde sie so gern dafür hassen, dass sie so ein Monster in die Welt gesetzt hat, aber sie macht es mir echt schwer. Meine Wut auf sie funktioniert nur, wenn sie nicht in Sichtweite ist und an den Fäden zupft, die Moms Tod in meiner frühen Kindheit hinterlassen hat: der wohl angeborenen Sehnsucht nach der Liebe einer Mutter. Verflucht! Jetzt werde ich schon sentimental, obwohl sie nicht in der Nähe ist. Fuck!

»Hey, Krümel«, sagt Dad mit seiner ultrasamtigen Stimme, die sofort Assoziationen mit all den Geschichten weckt, die er mir in meiner Kindheit zum Einschlafen vorgelesen hat. Er manipuliert mich wie die Figuren in seinen Büchern! »Ich wollte nie, dass du dich auf irgendeine Weise zurückgesetzt fühlst, das musst du mir glauben.«

Zur Hölle, das tue ich trotzdem. Nur bin ich das gottverdammte Karma leid, das mir täglich ins Gesicht lacht und mir in den Arsch tritt, sobald ich mich abwende.

Böse Zungen behaupten, Kathlyn hätte mich vor dem Knast bewahrt, indem sie die Anzeige zurückgezogen hat. Aber ich sehe das anders. Sie wollte sich selbst schützen, den Ruf ihrer Familie oder vielleicht sogar Dad – aber garantiert nicht mich. So nett sie mir gegenüber auch tut, sie kann in mir nichts anderes sehen als das Mädchen, das ihren Sohn auf dem Gewissen hat, oder? Bald wird sich die rosarote Brille auflösen, die sie und Dad tragen, und sie wird mich hassen, meinen Vater dafür verabscheuen, dass er mir geglaubt und sie dazu gebracht hat, mir ebenfalls zu glauben. Anschließend wird sie ihn zum Teufel jagen. Eigentlich warte ich bei jedem dieser vergifteten Familientreffen darauf, doch die Brille scheint besser zu halten als meine Fake-Wimpern.

»Ich warte nur darauf, dass sie endlich aufwacht«, schleudere ich ihm entgegen. »Oder du. Du musst doch erkennen, dass wir nicht auf ewig in diesem Poor-vs-rich-Trope leben können.« Ich gestikuliere mit den Händen in Richtung Marmortreppe, die klassisch geschwungen ins Obergeschoss führt, um bei Empfängen auch die Ankunft der Gastgeber von oben herab in Szene zu setzen. Die Goldadern des weißen Marmors funkeln im Licht des modernen Kristallkronleuchters.

»Krümel, ich …«

»Nein, Dad. Wach auf! Wenn die ersten Glückshormone verflogen sind, wird sie checken, dass sie mich hassen muss – oder vor schlechtem Gewissen eingehen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis ihre Dopamin- und Oxytocinlevel sinken. Du weißt das vermutlich sogar besser als ich.« Schließlich ist es sein Job, diese Gefühle in seinen Büchern hervorzurufen, und ich durfte mir in der Wolke-sieben-Phase mit Elias dasselbe anhören – samt Erklärung: Dopamin ist ein Neurotransmitter, der bei sexueller Anziehung und Verliebtheit den Körper flutet und ein Gefühl von Glück und Euphorie vermittelt. Oxytocin ist ein Hormon, das für die Bindung zwischen Menschen verantwortlich ist und bei intimeren Momenten und körperlicher Nähe freigesetzt wird. Beides sorgt für die erwähnte rosarote Brille und lässt nach einer bestimmten Zeit nach. Ich kann nicht aus Erfahrung sprechen, da meine Zeit mit dem Dämon aka Elias Dark nicht lange genug andauerte, aber ich schätze einfach mal, dass zigtausend Studien nicht lügen, zu denen Dad mir im Prinzip täglich Links geschickt hat, weil ich »ihn und mein Leben wegen Elias vernachlässige«. Jetzt macht er doch tatsächlich dasselbe mit mir.

»Es ist nicht die oberflächliche Sache, die du mir unterstellst«, versucht Dad es erneut und sieht mich mit diesem verdammten übertriebenen Schmollmund an, mit dem er mich als kleines Mädchen zum Lächeln gebracht hat. »Ich werde dich immer lieben, Krümel, aber …«

Ich verdrehe die Augen, und er hebt die Brauen voller Vorwurf.

»Ich liebe Kathlyn. Ich habe sie an Silvester gebeten, meine Frau zu werden, und sie hat Ja gesagt.«

Die Temperatur im Foyer sinkt auf ein arktisches Niveau, das es in Kalifornien selbst im tiefsten Winter nicht haben dürfte.

»Du hast was?« Meine Stimme überschlägt sich und hallt in Heliumtonlage bis hoch zum Kristallkronleuchter.

»Wir wollen den Rest unseres Lebens zusammen verbringen, Krümel. Als Familie. Kathlyn, du, Elias und ich.« Er sieht so … verliebt aus, dass es mich für einen Moment entwaffnet. Ein Kloß bildet sich in meiner Kehle, und ich schlucke und schlucke, ohne dass das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, verschwindet. Ich habe ihn nie so glücklich gesehen wie in der Zeit seit dem Midlife-Crisis-Retreat und ich würde ihm jederzeit gönnen, mit der Frau, die er offenbar liebt, in den Sonnenuntergang zu reiten – alternativ Kathlyns Porsche dafür zu nutzen. Aber nicht bei unserer Vorgeschichte.

»Nein«, sage ich daher mit belegter Stimme, räuspere mich und wiederhole lauter: »Nein, verdammt noch mal!«

»Es ist entschieden, Krümel. Ich brauche nicht dein Einverständnis.«

»Nein, das brauchst du nicht«, kontere ich und mutiere zu Googles oberstem Suchergebnis beim Stichwort Teenagerzicke. »Aber wenn dir nur irgendwas an deiner Beziehung zu mir, deiner Tochter, liegt, überlegst du es dir anders.«

»Sei nicht so ein Klischee, Krümel«, versucht Dad es mit der inneren Ruhe eines buddhistischen Mönchs, was mich noch mehr zur Weißglut treibt. »Emotionale Erpressung ist unter deinem Niveau.«

Ich lache hart auf. »Das Niveau hast du vorgelegt, als du begonnen hast, die Frau zu vögeln, die mich in den Knast bringen wollte.«

Die Ader an Dads Schläfe beginnt zu pochen. Offenbar fehlt doch noch ein Stück bis zur Mönchsgelassenheit.

»Ich werde mich nicht für meine Gefühle entschuldigen, Krümel. Aber ich werde jetzt gehen und warten, bis du wieder bei Sinnen bist«, presst er hervor, dann dreht er sich um und verschwindet mit quietschenden Sohlen in Richtung Speisesaal. Den gigantischen Bereich Esszimmer zu nennen, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Der Raum ist größer als die Cafeteria meiner Schule. Von dem einsamen langen Tisch, an dessen Ende wir bis eben zu viert saßen und einen Gang nach dem anderen serviert bekamen, genießt man durch die Fensterfront die perfekte Aussicht auf den großen Pool, den weitläufigen Garten und das funkelnde L.A. weit unten im Tal.

Ich bemerke jetzt erst, dass ich noch meine Gabel in der Hand halte, und schleudere sie ihm hinterher. Vermutlich mehrere Minuten zu spät – denn er reagiert nicht einmal darauf.

»Ist zwischen Daddy und dir etwa nicht alles im Lot?«

Die Stimme lässt mich erstarren, dabei innerlich erschaudern und wimmern, weil sie mir einst so unter die Haut gegangen ist. Nach einer Schrecksekunde sehe ich mich um, doch Elias kommt nicht aus Richtung Speisesaal, sondern steht plötzlich hinter mir.

Ich trete aus dem Schatten der ausladenden Marmortreppe und genieße es, wie Trixie zusammenzuckt. Ach nein, Trisha, wie sie sich nun nennt, seit sie diese ganze Maskerade trägt, die aus ihr das Klischee eines unnahbaren Bad Girls macht. Ich sehe die Gänsehaut auf ihren viel zu dünnen und viel zu bleichen Armen. Wir wohnen in L.A., verdammt, hier kann man nur mit täglichem Bad in Sunblocker so weiß bleiben.

Sie fährt zu mir herum und stößt ein leises Knurren aus, das bei mir gänzlich den vermutlich erhofften Effekt verfehlt. Anstatt Angst zu haben, erinnert sich mein Schwanz an die Laute, die sie ausgestoßen hat, wenn ich morgens eng an Trixies Körper gekuschelt aufgewacht bin. Woraufhin sie sich meist sehr schnell überzeugen ließ.

Fuck, denk jetzt nicht daran, wie sie sich angefühlt hat, Elias! Denk an deinen Bruder!

Trixie macht einen Schritt auf mich zu, hebt das Kinn und strafft die Schultern, um größer zu wirken, als sie ist. Mit ihren knapp eins siebzig ist sie nicht gerade klein, reicht mir aber dennoch nur bis zur Schulter.

Wo sie sich perfekt anschmiegen konnte, bemerkt mein … vermutlich mein Schwanz. Wer zur Hölle auch immer mit diesem »er denkt mit seinem Schwanz« begonnen hat, hat damit garantiert alle Männer darin bestärkt, es wirklich zuzulassen. Und jetzt stehe ich hier, so hart, dass es beinahe wehtut, und kurz davor, Archer zu verraten und sie auf Knien anzuflehen, sie lecken zu dürfen.

Trixie leckt sich über die Lippen, nachdem ihr Blick kurz nach unten gewandert ist. »Freust du dich etwa so sehr, mich zu sehen?«

Ich schnaube, denke dabei an dieses verdammte Video, das Bash mir letztens geschickt hat und das prompt jegliche Erektion zunichtemacht. »In deiner Gegenwart sicher nicht, Trixie.« O wie ich es liebe, sie zu reizen. Ich werde sie niemals Trisha nennen, ganz gleich, wie oft sie es fordert.

Sie braucht einen Moment, bis sie was auch immer auf ihrer Zunge lag hinuntergeschluckt hat, ehe sie mit einem dämonischen Lächeln sagt: »Wenn du gelauscht hast, weißt du es ja bereits, oder?«

Offenbar habe ich etwas Wichtiges verpasst. Sie macht einen Schritt nach dem anderen auf mich zu, bis sie in Reichweite ist und mit ihren Fingern über meine Brust streift. Dann spricht sie glücklicherweise weiter, ohne dass ich nachhaken muss.

»Sie werden heiraten, Bruderherz!« Ihre Fingernägel bohren sich in meine Brust und ich kann das Stöhnen nicht zurückhalten, während sämtliches Blut zurück in meinen Unterleib schießt.

Ich sehe Trixie an, dass sie sich lieber die Eingeweide herausreißen würde, als sich über die Hochzeit zu freuen – aber genauso sehr weiß ich, dass sie sich allein deshalb doch freuen kann, weil ich mich noch mehr ärgere als sie sich.

Ihre spitzen künstlichen Nägel kratzen über den Stoff meines Shirts und bleiben definitiv voller Absicht an meiner Brustwarze hängen, bis der Schmerz kaum mehr auszuhalten ist.

»Dazu wird es niemals kommen«, knurre ich und registriere nur beiläufig, dass es genau das ist, was sie von mir hören wollte. Verdammt!

Doch es ist mir egal, ob sie die Schlacht gewonnen hat. Ich verspreche mir und Archer, alles dafür zu tun, diesen Teufel aus dem Haus zu jagen, genau wie ich Archer auf seiner Beerdigung geschworen habe, seinen Tod zu rächen.

September

Trixie

Ich habe ungelogen noch nie einen Menschen getroffen, der in so kurzer Zeit so viel erzählen kann. Direktorin Faulkner hätte jedes Wordbattle mit gestandenen Rappern gewonnen. Nur leider konnte ich ihren zahlreichen Erläuterungen auf Dauer ebenso wenig folgen wie den einschlägigen Songs beim ersten Hören. Daher verlasse ich ahnungslos wie zuvor das elegante Büro, nachdem ich erst nach mehrmaliger Wiederholung ihrerseits der Bitte nachgekommen bin, alle Unterlagen bei ihrer Sekretärin Mrs. Evans abzuholen.

Blinzelnd, als würde ich gerade aus einer langen Meditation ins Jetzt zurückkehren, stolpere ich im Vorzimmer zum Schreibtisch von Mrs. Evans.

»Ach, Kindchen«, betitelt sie mich, als wäre sie hundert Jahre alt – dabei ist sie höchstens vierzig. »Sie sind etwas blass um die Nase. Soll ich jemanden rufen, der Sie zu Ihrem Zimmer führt?«

Ich lächle und will gerade zusagen, dann fährt sie fort: »Mr. Dark dürfte inzwischen beim Coach sein, um das Probetraining vorzubereiten, aber in ein paar Minuten wäre er sicher hier, wenn ich ihn ausrufen lasse.«

Ich verschlucke mich fast, lasse das Lächeln so schnell los, dass meine Mundwinkel wortwörtlich nach unten fallen, und stammle ein »Nein danke«. Auf eine weitere Begegnung mit Elias Dark muss ich meine Hormone erst einmal vorbereiten, ehe sie mich wieder wie eine Idiotin dastehen lassen. »Ich werde mein Zimmer sicher allein finden, wenn Sie mir einen Plan oder so …«

Die Sekretärin wedelt bereits mit einer Aktenmappe. »Hierin finden Sie alles, was Sie brauchen. Die Schlüsselkarte für Apartment C3 ist am Campusplan befestigt.«

Ich nehme die Akte entgegen. Mit einem Plan in der Hand kann es doch gar nicht so schwer sein, ein einzelnes Zimmer zu finden. Nicht schwer genug, um erneut Elias Darks Hilfe in Anspruch zu nehmen wie eine hilflose Jungfrau in Nöten aus einem Regency-Roman.

»Ich danke Ihnen, Mrs. Evans«, sage ich freundlich lächelnd, ehe ich mich verabschiede und das Sekretariat verlasse.

Direkt auf dem Flur nehme ich den Lageplan heraus, verstaue die Akte in meinem Koffer und ziehe diesen mit mir auf dem Weg zu Gebäude C. Dieses ist laut Plan eines von vier Wohnheimen, die sich wie perfekt ausgerichtete Würfel im Zentrum der umstehenden Gebäude befinden, von denen ich eins gerade verlasse. Ich lasse die zur Auffahrt gerichtete Gebäudeseite hinter mir und passiere das im Plan mit einem »Hier bin ich« gekennzeichnete Verwaltungsgebäude in die andere Richtung, bis sich auf einer kleinen Erhebung am Ende des Weges der Campus vor mir ausbreitet. Jetzt glaube ich auch zu wissen, warum am Ende der Auffahrt überall Bäume die Sicht versperrt haben: Sie bilden den äußeren Ring hinter dem Oval an Gebäuden, das aus Unterrichtssälen, der Sport- und der Schwimmhalle, der Mensa, einem kleinen runden Café und einem Shop besteht. Es ist eine kleine Welt für sich, in die ich nun eintauche. An jeder Weggabelung finden sich kleine metallene Hinweisschilder, damit sich bloß niemand verläuft. Daher finde ich meinen Würfel – Gebäude C – recht schnell. Zu meinem Erstaunen sind die Wohnheime einstöckig, die einzelnen Apartments sind über einen umlaufenden Weg erreichbar, aber jeweils mit Sichtschutz und allerhand Büschen und Bäumen von den anderen getrennt wie Reihenhäuser in einer noblen Gegend in der Stadt. Ich suche die winzigen Briefkästen vor den schmalen Wegen zwischen den einzelnen Türen nach der Apartmentnummer C3 ab und umrunde dabei das halbe Gebäude, bis ich zwischen den vier Würfeln ankomme und meinen Koffer hüpfend über das Kopfsteinpflaster zur Tür zwischen den beiden großen Fenstern ziehe.

Ich weiß, dass alle Stipendiatinnen zusammen untergebracht sind, weshalb ich nicht unangekündigt in den Alltag der anderen platzen will. Ich suche nach einer Klingel, aber finde nichts dergleichen und wühle letztendlich doch nach meiner Schlüsselkarte, um sie an den Scanner über dem Türknauf zu halten. Mit einem leisen Piepen springt die Tür vor mir auf und ich schiebe sie langsam ins Innere eines langen Flurs.

»Hallo?«, rufe ich und wage ein paar Schritte über die hellen Fliesen, vorbei an zwei geschlossenen Türen. Am Ende des Flurs fällt Sonnenlicht durch ein bodentiefes Fenster, was deutlich macht, dass die Würfel einen Innenhof haben müssen. Ich rufe ein weiteres Mal, während ich an zwei Türen pro Seite vorbeigehe. Vielleicht sind meine Mitbewohnerinnen noch nicht hier? Am Ende des Gangs treffe ich auf ein offenes Wohn-/Esszimmer mit kleiner Küchenzeile und Frühstückstheke. Die Wand hinter der dunkeltürkisfarbenen Couch ist komplett verglast, und ich traue meinen Augen nicht, was sich mir jenseits dieser Fenster und der geöffneten Terrassentür offenbart. Im Zentrum des Innenhofs ruht ein kleiner Pool zwischen etlichen Loungeliegen und mehreren schattigen Plätzen mit gläsernen Kühlschränken.

Mir war bewusst, dass die Lexington absolut elitär ist und neben Stipendiaten wie den Bewohnerinnen von C3 nur Abkömmlinge der reichsten Familien der Welt hier ihren Abschluss machen, aber dass ich quasi in einem Nobelhotel lerne, war mir bis eben nicht bewusst.

»Da bist du ja endlich«, sagt jemand hinter mir. Ich lasse vor Schreck meine Keycard fallen und drehe mich um. Vor mir steht ein Mädchen in meiner Größe mit kinnlangem dunkelbraunen Haar, funkelnden grünen Augen und einem ehrlichen Lächeln. Sie trägt hellblaue On-Ear-Kopfhörer um den Hals und zerrissene Jeans zu einem weißen Hoodie mit türkisfarbenem Lexington-Logo auf der Brust. Ihre Hand mit hellblau lackierten Fingernägeln reckt sich mir entgegen.

»Ich bin Liza Morgan, wir werden wohl das nächste Schuljahr gemeinsam hier wohnen.«

»Ich bin Beatrice, Trixie«, stelle ich mich vor und erwidere den Händedruck. »Sind die anderen auch schon da?«

»Welche anderen?« Liza rümpft die schmale Nase.

»Die anderen Stipendiatinnen.«

»Es gibt immer nur maximal vier Personen mit Stipendium, nie mehr als zwei gleichen Geschlechts.«

»Dann … wohnen wir hier ganz allein? Was ist hinter den ganzen Türen?« Ich deute den Flur entlang.

Liza deutet mit dem Finger von Tür zu Tür, angefangen bei der angelehnten hinter sich, aus der sie offenbar eben gekommen ist.

»Das ist mein Zimmer, direkt gegenüber von deinem, die Räume daneben sind die Badezimmer, in deins kommst du auch durch dein Zimmer direkt. Hinter den ersten beiden Türen neben dem Eingang befinden sich das Studierzimmer und die Besenkammer mitsamt der Apartmenttechnik.«

»Wir haben ein Studierzimmer?«, frage ich mit peinlich dünner Stimme.

»O ja. Aber wenn du einmal den Tower, die Campusbibliothek, besucht hast, willst du nicht in der winzigen Kammer sitzen, glaub mir.«

Das muss ich ihr wohl glauben.

»Wer hat denn heute Empfangsdienst?« Sie sieht mich voller Mitleid an. »Du hast doch nicht etwa Lorraine kennengelernt?«

»Mich hat Elias Dark zum Sekretariat gebracht«, antworte ich und warte ihre Reaktion ab. Sie scheint gänzlich unbeeindruckt und ist offensichtlich weit weniger empfänglich für Elias’ Charme als ich.

»Du Glückliche. Mich hat Lorraine in meinem ersten Jahr begrüßt und ich erhole mich immer noch davon.«

Ich sehe sie abwartend an, bis sie seufzt und erklärt: »Sie hat mir noch vor einer Begrüßung deutlich gemacht, dass ich mir jeglichen Gedanken an ihren Dark aus dem Kopf schlagen soll, wenn ich nicht mein Stipendium in die Tonne werfen möchte – und das nur, weil der Typ in meine Richtung geblickt, mich aber vermutlich nicht einmal wahrgenommen hat.«

Mir wird eiskalt bei Lizas so locker dahergesagten Worten, weil ihr ehrliche Sorge im Gesicht steht. »Lorraine ist ein besitzergreifendes Biest, egal, um wen oder was es geht.«

»Dann ist sie mit Elias zusammen?«, frage ich, und mein Magen gibt ein dumpfes Pochen der Enttäuschung von sich, egal, wie dämlich das auch sein mag.

Liza lacht. »Elias?« Sie schüttelt den Kopf. »Nein, Elias wird für Lorraine und alle anderen immer der süße kleine Bruder von Archer sein.« Ihre Augen werden für einen Moment glasig. »Gegen Archers Bad-Boy-Vibes ist offenbar kaum jemand immun, weshalb Lorraine ständig miese Laune hat und die an den Dynamites auslässt.«

»Die Dynamites sind die Cheerleader, oder?«, hake ich nach, ob ich mich aus den Unterlagen zu Hause recht erinnere.

»Genau. Und Lorraine ist die amtierende Anführerin.«

»Und Archer und Elias sind Zwillinge?«

»Nein, Archer ist ein Jahr älter und inzwischen an der Hell Prep nebenan.«

»Du meinst die H. Bell Prep?«

»Wenn du es sagst …«, sagt sie gedehnt, und ich speichere mir den offensichtlich internen Namen der elitärsten Prep School des Landes. Wer sich nach der elften Klasse der Lexington für einen Besuch dort qualifiziert und sich im letzten Schuljahr auf der H. Bell Prep auf sein Studium vorbereitet, hat die Zulassung zu sämtlichen Ivy-League-Colleges quasi schon in der Tasche. Doch leider werden pro Jahr maximal zwei Stipendien vergeben.

»Komm, ich zeige dir dein Zimmer«, reißt Liza mich aus den Gedanken und schiebt mich voran, bis sie mir mit präsentierender Geste die Tür öffnen kann.

Nach einem kurzen Eingangsbereich mit Garderobe erweitert sich mein Blick Stück für Stück auf einen hellen, sicher fünfzig Quadratmeter großen Raum mit geöffneten Jalousien vor der Fensterfront mit Terrassentür zum Innenhof zu unserer Linken. An der gegenüberliegenden Wand steht ein breites Bett neben einem weißen Schreibtisch. Auf der linken Seite befinden sich zwei Türen.

»Ankleidezimmer.« Liza deutet auf die Tür neben dem Bett, dann auf die zweite näher bei uns. »Badezimmer. Ich lasse dich dann mal ankommen, ja?«

Ich bin immer noch so vollkommen überwältigt von dem Anblick, dass ich nur wortlos nicken kann und noch eine ganze Weile tatenlos herumstehe, als Liza die Tür längst geschlossen hat.

Ich trete etwas später als die anderen aus der Gemeinschaftsdusche in die Umkleidekabine, weil Coach Gardner mich noch ewig bequatscht hat.

»Wir können ja unseren Teamcaptain fragen«, sagt Bash gerade zu Blake. Die beiden warten bereits angezogen auf mich, die anderen Teammitglieder sind schon weg.

»Was fragen?« Ich rubble mir mit dem Handtuch die Haare, ehe ich es um die Hüften binde und zu meinem Spind gehe. Anschließend ziehe ich meine Tasche heraus und werfe sie neben Blake auf die Bank, als der mich neugierig mustert und fragt: »Was hältst du von den Neuen?«

Sofort sehe ich Beatrice vor mir, ihre langen Beine in den Kniestrümpfen, ihre leuchtenden rehbraunen Augen, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen, und die vollen Lippen, die ich kosten will.

»Fuck, Elias!« Blake reißt seine Augen auf. »Wirst du etwa hart, wenn du an Di Lago und Montgomery denkst?« Die beiden vorpubertierenden Idioten lachen sich kringelig, während ich mich darauf konzentriere, meine Erektion loszuwerden. Jeder noch so kleine Gedanke an Beatrice Harper macht dies jedoch zunichte.

»Haha!«, belle ich meine sogenannten Freunde an.

»Na, dann verrate uns mal, wer dein Blut so in Wallung bringt.« Bash zuckt mit den Brauen und Blake haut ihm auf den Hinterkopf.

»Wo zur Hölle hast du das denn her? Aus einem Regency-Roman?«

»Was denn?«, fragt Bash.

»Du solltest weniger Zeit mit deinen Schwestern verbringen«, rät Blake. »Der Sommer zu Hause hat dir offenbar nicht gutgetan.«

»Ich könnte den Sommer ja auch mit deiner Schwester …«

»Wage es nicht«, knurrt Blake, und ich lache auf.

Während sich die beiden weiter streiten, ziehe ich mich an, froh darüber, dass die Aufmerksamkeit nicht länger auf mir liegt. Als ich mit meiner Tasche an den beiden Streithähnen vorbeigehe, springen sie auf.

»Du hast vergessen, uns die Quelle deines wallenden Blutes zu nennen.« Blake wirft einen Blick zurück auf Bash, der nur schnaubt. Verdammt. Er hat es nicht vergessen.

»Da ist eine neue Stipendiatin«, sage ich, und Blake rümpft die Nase.

»Dieses kleine graue Mäuschen?«, fragt Bash.

Ich halte meine Gesichtszüge unter Kontrolle. Solange niemand Beatrice so sieht wie ich, habe ich vielleicht …

»Stille Wasser sind tief und schmutzig«, wirft Blake ein und wartet meine Reaktion mit einem Schmunzeln ab. Meine Nasenflügel beben, weil alles in mir schreit, ich müsse mein Revier verteidigen. Etwas, das ich bisher nicht kannte, wenn es um meine besten Freunde geht. Das eine Mal, als Blake und ich Interesse am selben Mädchen hatten, war das im Kindergarten und wir haben Simone dann einfach beide unsere Freundin genannt. Bei Beatrice sorgt allein der Gedanke, Blake könnte ihr zu nahe kommen, für ein Knurren tief in meiner Kehle.

»Wann hast du sie getroffen?«, frage ich. Ich kann das Grollen nicht aus der Frage heraushalten und gebe Blake damit, was er wollte. Seine Zungenspitze gleitet über seine Unterlippe, während seine Augenbrauen herausfordernd zucken.

»Wir haben sie gesehen, bevor wir zum Training gekommen sind«, erklärt Bash gänzlich unbeeindruckt von unserem Alphatiergehabe. »Sie hat mit der Übersichtskarte in der Hand ihr Apartment gesucht und wäre blind in uns hineingerannt, wären wir nicht ausgewichen.«

»Wir sollten das Kennenlernen unbedingt nachholen.« Blakes Grinsen ist pure Herausforderung, und zum ersten Mal in den vielen Jahren, in denen wir uns kennen, überlege ich, ob ich es ihm aus dem Gesicht schlagen soll.

»Lass den Scheiß, Steele! Wenn Elias auf die Kleine steht, soll er sie haben. Bro-Code und so. Lasst uns gehen.« Ausgerechnet der Sohn eines berüchtigten Drogenbarons ist die Stimme der Vernunft.

»Bro-Code?« Ich lache. »Aus welchem Film, den du mit Valentina schauen musstest, hast du das denn?«, stichelt Blake. Wir nehmen Bash in unsere Mitte und schieben ihn zum Ausgang der Umkleidekabine. Über unseren Freund hinweg fange ich Blakes Blick auf, der mir sagt, dass er den Bro-Code niemals verletzen würde, ganz gleich, wie sehr er so tut.

Februar

Trisha

Wo bist du, Krümel???

Dads Nachricht leuchtet mir vom Bildschirm meiner Smartwatch entgegen. Ein Tochtergeschenk meiner neuen Stiefmutter. Zusammen mit dem von Kathlyn gesponsorten Handgepäckskoffer mit dem LV-Monogramm und der weltbekannten Monogrammblume. Er hüpft hinter mir über das Kopfsteinpflaster des geschwungenen Pfades, der vom Auditorium im Verwaltungsgebäude hinab aufs Gelände der Hell Prep führt.

Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und antworte ihm.

Auf dem Weg in mein Apartment.

Kaum dass die Nachricht empfangen wurde, klingelt das Telefon und unterbricht den dröhnenden Sound von Paramore in meinen Kopfhörern. Ich nehme den Anruf über die AirPods an.

»Warum bist du abgehauen?«, fragt Dad.

»Ernsthaft?«, frage ich zurück.

»Hör doch, mein Schatz …«

»Nein, Dad, ich höre nicht«, unterbreche ich ihn. »Du wolltest, dass ich hierherkomme, ich bin hier. Also genieß dein Leben dort draußen.« Ich beende das Telefonat und stelle das Handy auf »nicht stören«.

Ich weiß, wie kindisch ich mich verhalte, aber das ist mir egal. Wochenlang habe ich darum gebettelt, an meiner alten Schule bleiben zu dürfen, aber Dad und Kathlyn haben meinen Wunsch ignoriert. Die Tatsache, dass sich Elias noch mehr gesträubt hat als ich, ist der einzige Lichtblick dieses verfluchten Arrangements, das Kathlyn mit Ms. Faulkner geschlossen hat. Jetzt bin ich hier und werde garantiert nicht vor meinem Dad und meiner neuen Stiefmutter Freude heucheln. Ich habe sie so lange ertragen, wie ich musste, nachdem Dad mich nach meiner Begegnung mit Elias direkt nach dem Empfang aufgespürt hat. Kathlyn hat mich vorgeführt wie einen preisgekrönten Pudel, hat mich den einflussreichen Eltern und anwesenden Geschäftspartnern vorgestellt, von zahlreichen CEOs der Westküste bis zum Dekan von Harvard habe ich zig Hände geschüttelt, um den Schein zu wahren. Bei der ersten Gelegenheit jedoch habe ich meinen kleinen Koffer und die Flucht ergriffen.

Meine Schritte beschleunigen sich auf dem leicht abschüssigen Weg hinab zur Hell Prep. In vielen Dingen spiegelt diese Seite des Geländes die Lexington-Seite der liegenden Acht, mit dem gemeinsamen Verwaltungsgebäude an der Schnittstelle. Umringt von Bäumen befinden sich am Äußeren des Ovals die Unterrichtsgebäude, in der Mitte die Wohnkomplexe. Da die Hell Prep nur ein Schuljahr umfasst, sind natürlich weniger Wohnungen nötig und so teilen sich lediglich vier Parteien ein Gebäude. Von Kathlyn weiß ich, dass man sich auch mit noch so viel Spendengeldern kein Apartment aussuchen kann, weshalb die selbst ernannten Heiligen des Höllenlochs hier nicht zusammenwohnen. Ich steuere auf Gebäude Eta zu, in dem ich Apartment 2 beziehen soll. Auch hier gibt es Briefkästen neben den Eingangstüren an der rechten Seite der jeweiligen Fassade, aber ich habe kein Interesse daran, die anderen Bewohner des Hauses kennenzulernen. Ich weiß schon jetzt, dass ich als Persona non grata zähle und mich alle wie eine Aussätzige behandeln werden, um die Gunst der Saints nicht zu verlieren.

Das Innere des Apartments ist an Luxus nicht zu überbieten. Der Eingangsbereich ist so gelegt, dass er zwar Helligkeit von den Fenstern bietet, aber den Blick auf den restlichen komplett offenen Raum verbirgt. Tritt man jedoch an der offenen Treppe nach oben vorbei, genießt man über den Wohn- und Essbereich hinweg die uneingeschränkte Sicht auf den Innenhof mit Pool und etlichen Palmen, die neben zahlreichen Sträuchern und den Balkonen darüber die Veranden jedes Apartments beschatten. Eine hypermoderne Küchenzeile führt hier ein vermutlich sehr tristes Dasein an der rechten Zimmerwand. Ein Blick zurück Richtung nun verborgenem Eingang genügt, um die offene Galerie der Maisonette-Wohnung zu überblicken.