Yumiko Sayo und die Jahrhundertwende - Anushka Winter - E-Book

Yumiko Sayo und die Jahrhundertwende E-Book

Anushka Winter

4,8

Beschreibung

Yumiko Sayo und ihre Freunde lernen in einem Antiquitätenladen einen seltsamen Jungen kennen. Er zeigt ihnen eine mysteriöse magische Welt, die wunderschön und gefährlich zugleich ist...

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Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Für Bienchen

Inhaltsverzeichnis

Der feuerrote Hase

Die Schatulle

Das Geheimnis

Das Tal der Vergessenen

Das Labyrinth

S-Bahnhof Schönhauser Allee

Miyara

Der Mann, der alles vergessen wollte

Die Warnung der Wasserschlange

Süßes oder Saures

Chinesisches Neujahr

Der feuerrote Hase

Komm endlich hier herunter, sonst wird das Essen noch kalt!«, rief Yumi Kamigawa ihrer Tochter in einem freundlichen, aber bestimmten Ton zu. Sie hatte das Frühstück schon zubereitet und jetzt wartete sie, dass Yumiko Sayo endlich aufstand, um zu frühstücken und sich für die Schule fertig zu machen. Immer kam sie zu spät.

»Ich sag es nicht noch einmal, Yumiko Sayo Kamigawa! Wenn du jetzt nicht zum frühstücken kommst, wird es nichts mehr für dich geben.«

Sie lauschte, ob sich im oberen Stockwerk etwas regte. Als sie nichts hörte, nahm sie einen der zwei Teller vom Tisch, um das Spiegelei und das Toast darauf in den Kühlschrank zu legen. Doch da hörte sie, dass sich oben etwas regte.

Yumiko Sayo wachte von dem lauten Rufen ihrer Mutter schließlich auf. Sie setzte sich in ihrem kleinen weißen Holzbett auf und stieß sich an dem Holzbalken darüber. »Aaaah!«, rief sie und rieb sich den Kopf, an dem sich eine kleine Beule bildete. Sie gähnte und streckte sich, doch ihre Müdigkeit ließ sich damit nicht abschütteln. Sie nahm sich ihre Kuschelkatze Kami und trottete die Treppe hinunter in die Küche. Sie gähnte noch einmal, bevor sie sich gegenüber ihrer Mutter an den Küchentisch setzte und sich hungrig über das Spiegelei mit Toast hermachte.

»Na, da bist du ja endlich. Ich dachte, ich muss wieder heraufkommen, um dich zu wecken.«, sagte ihre Mutter zwischen zwei Bissen.

Überrascht sah Yumiko Sayo ihre Mutter an. »Mich? Aufwecken?« Sie blinzelte und ließ ihre Gabel auf den Teller fallen. »Also ich bin hellwach. In Zukunft brauchst du mich auch nicht mehr zu wecken. Die anderen Siebtklässler lassen sich auch nicht mehr von ihren Eltern wecken.«

Die Mutter nickte lächelnd. »Na, wenn das so ist. Dann werden wir heute Nachmittag wohl mal in das Einkaufszentrum gehen und dir einen Wecker kaufen. Dann kannst du dich selber wecken, wie die anderen Siebtklässler. Du bist ja jetzt auch schon groß, das hatte ich ganz vergessen.«

Yumiko Sayo sprang freudig auf. »Ins Einkaufszentrum? Dürfen Mizuki Mai und Akiyama Taro mitkommen? Bitte, bitte, sag ja!«

Ihre Mutter lachte und räumte die Teller in die Spüle. »Aber natürlich dürfen deine Freunde mitkommen. Bring sie doch einfach nach der Schule mit, dann fahren wir mit der Straßenbahn hin.«

Yumiko Sayo schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein, Mama. Treffen wir uns lieber beim Einkaufszentrum. Das spart doch Zeit.« Sie wollte ungern mit ihrer Mutter in der Straßenbahn fahren, denn die anderen Siebtklässler taten das auch nicht mehr.

Die Mutter nickte. »Wie du meinst, Yumiko. Wie lange hast du denn Unterricht?«

»Bis dreiviertel zwei. Also treffen wir uns um zwei Uhr an der Hauptstraße, in Ordnung?«

Die Mutter nickte nur und wandte sich zum gehen. Dann drehte sie sich noch einmal um. »Ach, wo es mir gerade einfällt. Du kannst dir im Einkaufszentrum noch ein Geschenk aussuchen, für deinen Geburtstag.«

In drei Wochen hatte Yumiko Sayo Geburtstag und da würde sie endlich zwölf Jahre alt werden. Dann war sie immer noch ein Jahr jünger als ihre Freunde Mizuki Mai und Akiyama Taro. Aber sie fand, dass das gar nicht so sehr auffiel.

Für einige Augenblicke blieb sie allein in der Küche stehen, ehe ihr Blick auf die Uhr fiel. »Oh nein, schon viertel vor acht!«, sagte sie erschrocken zu sich selbst. Sie rannte raus, doch drehte sich noch einmal um, denn sie hatte irgendetwas am Fenster gesehen. Sie ging näher heran und sah einen feuerroten Hasen davon hüpfen. Verwundert starrte sie ihm hinterher, während sie mal wieder vollkommen die Zeit vergaß. Als sie sich von der Verwunderung erholt hatte, rannte sie in ihr Zimmer, zog sich ihre Schuluniform über, schnappte sich ihre Schulmappe und rannte zur Straßenbahn.

Sie war jetzt nicht mehr so voll, wie die vorige vermutlich gewesen war.

Während sie in der Bahn stand und aus dem Fenster nach draußen sah, dachte sie über den feuerroten Hasen nach. Was hatte der wohl zu bedeuten? Einmal vor langer Zeit war sie bei ihrer Cousine zu Besuch gewesen. Die hatte auch Hasen gehabt, doch die waren weiß, schwarz oder braun gewesen. Ein feuerroter Hase war ihr zuvor noch nie begegnet. Schon gar nicht einer, der in der Stadt frei herumgelaufen war. Sie war so sehr in Gedanken vertieft, dass sie beinahe ihre Station verpasste.

Noch etwas verdattert stieg sie nach zwei Stationen aus und rannte die letzten paar hundert Meter eilig zu ihrer Schule. Als sie in die richtige Straße einbog, sah sie schon von weitem, dass noch andere Schüler erst jetzt eintrafen. Ein Blick auf eine Stadtuhr verriet ihr, dass es genau eine Minute vor Unterrichtsbeginn war. Wenigstens wäre sie an ihrem ersten Tag in der siebten Klasse gerade so pünktlich.

Auf dem Schulhof blickte sie sich um und suchte nach ihren Freunden. Irgendwo in der Masse von Schülern konnte sie die beiden erkennen. »Mizuki Mai!«, rief sie und hob eine Hand zum winken. Ein Mädchen, das etwas größer und dünner war als die anderen, drehte sich um. Das dunkelblonde, glatte Haar fiel ihr auf der einen Seite ins Gesicht, sodass ihr rechtes Auge bedeckt war. Neben ihr drehte sich ein Junge in ihrem Alter um, der ein bisschen größer war als das Mädchen und über den dunklen Locken eine schwarze Mütze trug.

Yumiko Sayo rannte auf die beiden zu. »Mensch, ich hab euch ja so vermisst!«, sagte sie etwas laut zu den beiden und die drei umarmten sich vor lauter Wiedersehensfreude. Yumiko Sayo war in den letzten vier Ferienwochen bei ihrer Großmutter auf dem Land gewesen und hatte ihre Freunde seitdem nicht mehr gesehen.

»Yumiko! Wie ist das schön dich wiederzusehen. Hattest du auch Spaß bei deiner Großmutter?«

Yumiko Sayo nickte. »Wir haben ganz viel Pflaumenmarmelade gekocht. Kommt doch später vorbei und holt euch welche.«

Mizuki Mai und Akiyama Taro nickten fröhlich.

»Was habt ihr denn ohne mich die ganze Zeit gemacht?«, fragte Yumiko Sayo interessiert.

»Wir?«, fragte Mizuki Mai nervös zurück.

Yumiko Sayo sah sie fragend an. Sie drehte sich um, denn sie nahm eine Stimme wahr. Neben den üblichen tuschelnden Schülern tauchte jetzt eine etwas ältere, kleine Frau auf. Yumiko Sayo sah sofort, dass sie eine Chinesin war. Als die Chinesin nicht weitersprach, drehte sie sich wieder zu ihren Freunden, doch es herrschte noch immer ein betretenes Schweigen.

»Ja weißt du, Yumiko … An dem Tag, an dem du abgereist bist, da hat Akiyama mich ins Kino eingeladen.«

Yumiko Sayo fielen vor Erschütterung fast die Augen aus dem Kopf. »Ins Kino!!!???«, rief sie und drehte sich beleidigt weg.

»Ich wollte doch nur …«, fing Mizuki Mai an. Akiyama fiel ihr ins Wort. »Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Ins Kino geht man doch alle Tage.«

Mizuki Mai sah besorgt zu Yumiko Sayo hinüber. »Das mag schon sein, Akiyama. Aber doch nicht zu zweit.«, flüsterte sie ihm hinter vorgehaltener Hand zu.

»Ich lasse euch dann mal allein im Kindergarten. Wenn du willst, kannst du nachher zu mir kommen und wir sehen uns einen Film an.« Er wandte sich zum gehen und blieb noch einmal stehen und drehte sich halb um, als Mizuki Mai ihn zurückhielt. »Etwa zu zweit?«, wollte sie wissen und sah wieder besorgt zu Yumiko Sayo, die mit verschränkten Armen dastand und in die Ferne starrte.

»Möchtest du etwa nicht?«, wollte Akiyama wissen. »Ich habe dir schon so viel zu essen gekauft. Du hast doch immer solchen Hunger.«

Mizuki Mai wurde rot und sah zu Boden. Hunger hatte sie wirklich immer und auch jetzt machte er sich wieder bemerkbar.

»Aber sicher will ich.« Sie starrte auf ihre Fußspitzen. »Aber sollten wir nicht auch Yumiko einladen? Wir haben sie doch gerade erst wieder gesehen. Das ist so als würden wir sie ausschließen.«

Akiyama Taro sah sie eine Weile mit ausdrucksloser Miene an, sodass Mizuki Mai befürchtete, er würde gleich sauer werden.

»Wie du meinst. Dann treffen wir uns eben zu dritt. Sucht euch doch auch gleich einen Film aus. Ich hole euch dann um sieben Uhr an der Bornholmer Straße ab.« Dann drehte er sich wieder um und drängelte sich durch die anderen Siebtklässler weiter nach vorne.

Mizuki Mai sah ihm nach. »Irgendwas hat er doch ...«, murmelte sie zu sich selbst.

Sie drehte sich zu Yumiko Sayo um und ruckelte sie ein wenig am Arm.

»Yumiko, meinst du nicht, du willst heute Abend mit uns einen Film schauen?«

»Klar!«, rief Yumiko Sayo und löste ihre verschränkten Arme. »Aber ihr kommt auch heute nach der Schule mit ins Einkaufszentrum, oder?«

Mizuki Mai nickte und sie mussten beide lachen.

Die kleine Chinesin begann jetzt zu sprechen und die Schüler, die sich eben noch angeregt unterhielten, verstummten und hörten der Frau zu. Sie teilte die Schüler in drei verschiedene Klassen mit jeweils dreiundzwanzig Schülern auf. Die drei Freunde kamen alle in die 7b.

Akiyama Taro kämpfte sich durch die Massen wieder zu den beiden Mädchen und zu dritt gingen sie in den Klassenraum. Sie waren unter den letzten, sodass schon fast alle Plätze besetzt waren und sie nicht alle nebeneinander sitzen konnten. Akiyama Taro setzte sich neben Mizuki Mai in die erste Reihe, neben ein dünnes blondes Mädchen mit einem runden Brillengestell auf der Nase.

Yumiko Sayo sah sie beiden sauer an und ging ganz nach hinten, zu der letzten Dreierbank, zwischen einen schlafenden Jungen und einem fies drein blickendem Mädchen, das nacheinander fünf Bleistifte anspitzte. Sie sah sich das Mädchen unauffällig genauer an und stellte fest, das sie älter sein musste. Vielleicht hatte sie schon mehrere Klassen wiederholen müssen. Es warf ihr einen vernichtenden Blick zu und Yumiko Sayo wich vor ihr zurück. Da fiel ihr Blick wieder auf die Bleistifte und ihr fiel ein, dass sie ihre eigenen Zuhause vergessen hatte. Ob sie sich einen von dem Mädchen leihen durfte? Sie ging an ihr vorbei und setzte sich in die Mitte. Im gleichen Augenblick kam die Lehrerin hinein und bat die Schüler, ihre Hefte und Bleistifte herauszuholen.

Panisch schielte sie hinüber zu all den anderen, doch sie schien die einzige zu sein, die weder Bleistift noch Heft dabei hatte.

Sie starrte Mizuki Mai eindringlich an und hoffte, dass sie ihren Blick von hinten irgendwie merken würde, damit sie ihr einen Bleistift leihen konnte. Doch die starrte nur mit rotem Gesicht und einem Lächeln auf Akiyama Taros Hände.

Was hatte das bloß zu bedeuten?

Die Lehrerin kam mit schnellen Schritten auf Yumiko Sayo zu.

»Hast du etwa nichts mitgebracht?«, fragte sie erstaunt.

Yumiko Sayo brachte kein Wort heraus. Endlich drehte sich Mizuki Mai zu ihr um.

»Ich kann ihr eines meiner Hefte geben. Das geht schon in Ordnung.«, sagte sie, stand auf und brachte Yumiko Sayo ihr zweites Heft.

»Und woher bekommt sie nun einen Bleistift?«, wollte die Lehrerin wissen.

Mizuki Mai zuckte mit den Schultern und ging zurück zu ihrem Platz.

Der Blick der Lehrerin fiel auf die fünf in Reih und Glied geordneten Bleistifte des Mädchens neben Yumiko Sayo.

»Wie ist denn dein Name?«, fragte die Lehrerin und warf einen Blick in das Klassenbuch, das sie unter dem Arm geklemmt trug.

Das Mädchen stand auf und lächelte ein wenig überlegen. »Naomi Kiku.«, sagte sie. »Das bedeutet so viel wie »schöne Chrysantheme«. Wenn ich mich nicht recht irre.«

Sie setzte sich wieder und faltete ihre Hände auf ihrem Schoß.

»Nun, Naomi Kiku. Wärst du bereit, deiner Sitznachbarin … wie war doch gleich dein Name?«

Yumiko Sayo stand ebenfalls auf und sagte ihren Namen an. Anders als Naomi Kiku wusste sie nicht, welche Bedeutung ihr Name hatte. Sie hatte ihre Eltern nie danach gefragt. »Na, nun setze dich wieder. Naomi Kiku, wärst du bereit, Yumiko Sayo einen deiner Bleistifte zu leihen?«

Naomi Kiku setzte ein finsteres Gesicht auf und warf einen Bleistift hinüber zu Yumiko Sayo.

»Den möchte ich aber nach der Schule wieder haben. Angespitzt bitte.«

Yumiko Sayo grummelte und nahm den Bleistift ohne ein weiteres Wort an. Es gefiel ihr überhaupt nicht, dass sie nun für den Rest des Halbjahres neben so einer Zicke sitzen musste.

Warum hatten sie nur so herumgetrödelt? Wären sie etwas schneller gewesen, hätten sie alle drei nebeneinander sitzen können.

Sie warf einen Blick auf den Jungen neben ihr, der noch immer zu schlafen schien. Seufzend schlug sie ihr Heft auf.

Die Schatulle

Die Schulglocke erschien ihr heute wie das schönste Geräusch, das sie je gehört hatte. Die Schüler stürmten in Trauben aus dem Unterricht und verschwanden in verschiedene Richtungen. Die drei Freunde liefen schweigend nebeneinander her, auf dem Weg zum Einkaufszentrum.

»Kommt ihr dann heute Abend zusammen?«, fragte Akiyama Taro.

»Aber du Dummerchen, wir kommen doch aus verschiedenen Richtungen.«, lachte Mizuki Mai und Yumiko Sayo stimmte mit ein.

Akiyama Taro sah die beiden angenervt an. »Hätte ja sein können, dass Tegel und Pankow in der gleichen Richtung liegen. Ihr wisst doch, mit Orientierung habe ich es nicht so. Jetzt hört doch endlich auf wie die albernen Gänse zu lachen.«

Mizuki Mai ging langsamer. »Aber Akiyama. Das ist doch nicht böse gemeint.« Sie versuchte, ihn zu beschwichtigen, damit er nicht so beleidigt war. Yumiko Sayo ging schneller, um den Turteltauben anzudeuten, dass sie nicht mehr so viel Zeit bis zwei Uhr hatten.

Die drei beeilten sich und bogen in die Hauptstraße ein. Die Hauptstraße hieß eigentlich Breite Straße, aber es war die größte Straße hier in der Umgebung und hier fand auch der meiste Verkehr statt. Deswegen nannten sie sie immer nur die Hauptstraße.

Als sie an der Ampel auf das grüne Männchen warteten, sahen sie schon Yumikos Mutter vor dem Zentrum stehen und warten. Als sie aufsah und die Kinder erblickte, winkte sie fröhlich.

Im Einkaufszentrum erwarteten sie Lärm und Menschenmassen, doch es war ungewöhnlich leer an diesem Tag. Zu viert gingen sie an einigen Läden vorbei, bis sie an einem Laden für Haushaltswaren stehen blieben.

Die Mutter, die vorangegangen war, drehte sich um. »Schaut euch doch in anderen Läden ein wenig um. Ich gehe so lange den Wecker für dich kaufen.«, sagte Yumi, als sie die lange Schlange vor der Kasse erblickte. »Und vergiss nicht, dir etwas für deinen Geburtstag auszusuchen.« Sie gab jedem zwei Zwanziger und verschwand in dem Laden.

Die Kinder starrten glücklich das Geld an. Es passierte nicht oft, dass sie so viel Geld in den Händen hielten. Das war ein echter Glückstag. Sie liefen weiter, an Läden mit aktueller Mode, technischen Geräten oder Büchern vorbei. An der Tür zur Außenwelt blieben die drei stehen.

»Was meinst du, Yumiko, erlaubt uns deine Mutter, dass wir nach draußen gehen?«, fragte Mizuki Mai.

Yumiko Sayo zuckte nur mit den Schultern. Unsicher standen die drei dort herum, bevor sie sich schließlich entschieden, draußen nach einem Laden zu suchen.

Mizuki Mais Großvater besaß einen alten Antiquitätenladen, den sie ihren Freunden nur zu gern endlich mal zeigen wollte. Jetzt, wo sie Geld hatten, war das eine gute Gelegenheit dafür.

Nur wenige hundert Meter neben dem Einkaufszentrum befand sich der Laden. Er lag unter einem baufälligen Altbau und zeigte schon im Schaufenster die herrlichsten Sachen. Zwischen altmodischen Puppen, antiken Büchern und kleinen, bunt bemalten Schränkchen, sahen sie auch alte Fotos, edel aussehenden Schmuck und sehr viel Spielzeug.

Als sie den Laden betraten, quietschte die Tür und eine angenehm helle Glocke ertönte. Im Inneren war es ziemlich dunkel. Der große, voll gestellte Raum, war nur mit ein paar altmodischen Stehlampen beleuchtet. Oben an der Decke, die mit rotem, bestickten Samt versehen war, genauso wie die mit Kirschbaumholz getäfelten Wände, befand sich keine Deckenleuchte.

Irgendwo hörten sie ein Geräusch, als würde ein Stapel Bücher umfallen und gleich darauf hörten sie ein leises Fluchen. Es klang aber nicht wie von einem alten Mann. Die drei sahen sich fragend an.

Aus einem verborgenen Zimmer, das mit einem bunten Perlenvorhang verhängt war, kam ein Junge. Er war etwas älter als die drei Freunde.

»Das muss wohl der Student sein, der seit Neuestem für meinen Großvater arbeitet.«, flüsterte Mizuki Mai.

Yumiko Sayo sah sich den Jungen an. Er war groß und dunkelhaarig und irgendwie war er der schönste Junge, den sie je gesehen hatte.

Sie sah zu Mizuki Mai hinüber, doch sie schien sich nicht so sehr für ihn zu interessieren wie sie selbst.

»Braucht ihr Hilfe? Oder wollt ihr euch nur umsehen?«, fragte er mit einer angenehm warmen Stimme.

Yumiko Sayo fing an, etwas herum zu stottern, bevor Mizuki Mai sie unterbrach. »Wir kommen klar, danke. Wir wollen vielleicht etwas kaufen.« Dann sprach sie etwas leiser weiter, an Yumiko Sayo gewandt: »Was ist denn mit dir los?«