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Vier Geschwister treffen zufällig einen Mann, der in einem verfallenen Baumhaus wohnt. Er sagt, er sei ein berühmter Zauberer gewesen, habe aber durch böse Menschen alles verloren: Beruf, Wohnung, Geld, Freunde. Mit Hilfe der Kinder gelingt es ihm, wieder ein berühmter Zauberer zu werden. Als Dank dafür schenkt er ihnen ein Baumhaus.
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Seitenzahl: 87
Veröffentlichungsjahr: 2018
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„Ein böser Mann“
Willkommen bei meiner Zaubershow!
Zauberer ZISCH verzaubert alle
Gestatten, mein Name ist Specht!
Wir feiern ein Baumfest
Ich werde euch bestimmt wieder besuchen
Jetzt gehört das Baumhaus uns!
Polizei gegen KIDSTIVI
Ich melde mich aus Wien
Acht Karten für euch? Ich bin kein Zauberer!
Ritzeratze
Die Suche nach den Tätern
Max Specht – der Meisterdetektiv
Ein Phantasiebaumhaus
Das ist unser Baumhaus!
Das Baumhaus wächst und wächst…
Das Baumhaus ist fertig
Anton Rauter: Zauberer Zisch und das Baumhaus Zeichnungen: Sara Lucia Rauter und Elena Sophia Rauter Lektorin: Sieglinde Löschnauer
Meinen lieben Enkelkindern Sara Lucia und Elena Sophia gewidmet
Der Zauberer ZISCH wohnt in einem kleinen Baumhaus neben einem Teich am Rande eines riesigen Waldes. Das Haus macht einen verkommenen Eindruck. Die Sprossen der Leiter sind schon morsch. Durch die kleine Tür und die Fenster bläst der Wind und durch das löchrige Dach tropft ständig Wasser. Deshalb hängt in seiner Hütte ein Regenschirm, der das Wasser auffängt und in einen darunter stehenden Topf leitet. In der winzigen Behausung stehen ein knorriges Bett, ein Tisch und ein ururalter Ofen. In einem Kasten hängen einige Kleider. Das eine Paar Schuhe steht unter dem Bett. Auf der kleinen Terrasse stehen ein wackeliger Tisch und ein Sessel, dem ein Bein fehlt. Bei Tag traut sich der Zauberer nur ganz selten aus der Hütte, höchstens in seinen ungepflegten Garten, der von einer meterhohen Hecke umgeben ist. Was er zum Essen braucht, erntet er in seinem Gemüsegarten: Erdäpfel, Zucchini, Paradeiser, Paprika, Weißkraut, Salat, Kürbis und Kräuter. Oder er geht in den Wald, wo er Beeren und Früchte sammelt. Manchmal erlegt er auch ein Tier oder fängt einen Fisch. Oft muss er aber Hunger leiden, er hat nichts zu essen. Dann ist er sehr traurig und denkt an die Zeit, als er ein Zauberer war.
Er war einmal ein großer Zauberer, aber er kann nicht mehr als Zauberer auftreten, weil ihn eine böse Bande überfallen und seine Zaubersachen und sein Zauberbuch gestohlen hat. Da trifft er eines Tages im Wald die vier Kinder der Familie Retuar: Sophia, Melanie, Katharina und Johannes. Sie wohnen in einem Zweifamilienhaus in der Nähe des Baumhauses des Zauberers: im Erdgeschoss die Großeltern, im ersten Stock die Eltern mit ihren vier Kindern. Sie sollen im Wald Eierschwammerl suchen. Tatsächlich finden sie einen guten Platz, wo viele goldig-gelbe Eierschwammerl wachsen. Sie schneiden sie vorsichtig ab und legen sie in die mitgebrachten Körbe. Plötzlich erschrecken sie, weil eine komische Gestalt in einiger Entfernung auftaucht.
„Ich habe Angst“, ruft Melanie, „da ist ein böser Mann!“ und versteckt sich hinter einem Baum. Johannes ist der älteste und mutigste der Kinder. Er ruft dem Fremden zu: „Was machst du denn da? Etwa auch Eierschwammerl sammeln? Das ist unser Revier!“ Der Mann kommt näher. Jetzt sehen sie, wie armselig er gekleidet ist.
„Kinder, ich tu euch bestimmt nichts!“, meint er mit heiserer Stimme. „Ich suche nur ein paar Pilze, damit ich etwas zu essen habe!“
„Aber viel hast du noch nicht gefunden! Sollen wir dir suchen helfen?“ „Das wäre aber sehr nett!“ meint er. So suchen sie ohne viel zu reden gemeinsam nach Pilzen. Im Wald soll man ja leise sein, damit die jungen Tiere nicht gestört werden. Die Kinder haben ihre Körbe voll mit Pilzen. Der Mann hat nur wenige in seinem Korb.
Da meint Sophia: „Und was ist, wenn wir unsere ‚Ernte‘ teilen? Wir haben so viele Pilze gefunden. Die können wir alleine nicht alle verspeisen!“ Die Kinder stimmen dem Vorschlag zu: “Wir teilen!“
„Ich danke euch, liebe Kinder! Ich habe aber nur einen kleinen Korb mit. Und da haben nur wenige Pilze Platz. Also müsst ihr mitkommen zu meiner Hütte!“
Nun gehen sie im Gänsemarsch zur Hütte des Zauberers.
„Da ist noch ein schöner roter Pilz mit weißen Punkten darauf! Den nehmen wir auch noch mit!“, ruft Melanie.
„Bist du wahnsinnig“, sagt Johannes, „das ist ein Fliegenpilz! Und der ist giftig! Lass ihn ja stehen!“
„Das hat mir ja keiner gesagt. Wie soll ich das wissen. Ich gehe ja noch gar nicht in die Schule!“ Vor einem Baumhaus bleiben alle stehen. „Das ist mein Palast! Hier wohne ich!“
„Dein Palast?“, rufen die Kinder wie aus einer Kehle.
„Ja, mein Palast! Hier wohne ich. In diesem kleinen Baumhaus!“
„Das ist doch kein Palast! Willst du uns für dumm verkaufen? Ein Palast ist doch ein riesengroßes Haus wie ein Schloss mit vielen Zimmern!“ meint Katharina. „Du hast schon recht!“, sagt der Mann. „Früher, als ich viel verdiente und reich war, konnte ich es mir leisten, in einem Palast zu wohnen. Aber jetzt….!“
„Was ist denn passiert?“, fragen die Kinder.
„Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Zauberer ZISCH! Und wer seid ihr?“
„Wir sind vier Geschwister: Melanie, Sophia, Katharina und Johannes Retuar. Wir wohnen hier im Ort. Gar nicht weit weg von hier“, meint Melanie, die Jüngste, die immer die Erste sein möchte und sich gerne vordrängt.
„Was war früher? Was ist passiert? Bist du ein Flüchtling? Oder vielleicht ein böser Mensch, der uns was antun will? Oder ein Bettler, Obdachloser oder ein Gauner?“, fragt Johannes den Unbekannten. „Das ist eine lange Geschichte!“, meint der Mann. „Wenn ihr wollt, kann ich euch die Geschichte erzählen!“
„Ja bitte, erzähl! Wir müssen aber die Schwammerl nach Hause bringen. Die Eltern werden auf uns warten!“, meint Melanie. „Ich gehe nach Hause!“
„Wir sind alle gemeinsam gekommen. Wir gehen auch gemeinsam nach Hause! Und du gehst nicht alleine nach Hause! Hast du verstanden?“, spricht Johannes ein Machtwort.
„Ich will hören, was der Mann zu erzählen hat, warum er reich war und jetzt arm ist!“, meint Sophia. „Bitte erzähl uns deine Geschichte. Dann laufen wir halt nachher schnell nach Hause!“
„Und stolpern, und die Schwammerl fliegen aus dem Korb auf die Wiese. Dann haben wir den Salat! Und außerdem hat Mama gesagt, wir dürfen nicht mit einem fremden Mann mitgehen und schon gar nicht in ein Haus!“, lässt Melanie nicht locker.
„Gut!“, sagt der Mann. „Ich mache es ganz kurz. Wir gehen nicht ins Haus, dort ist eh zu wenig Platz. Wir setzen uns auf die Terrasse. „Schieß los!“ ruft Katherina.
„Ich war einer der berühmtesten Zauberer der Welt. Ich trat in allen großen Städten der Welt auf und begeisterte und verzauberte Millionen von Menschen mit meinen Zauberkünsten und Tricks. Ich war steinreich und wohnte in den besten Hotels, den schönsten Palästen und speiste in den teuersten Restaurants. Ich lebte in Saus und Braus.
Bis eines Tages etwas Schreckliches passierte. Ich wurde nach einer Vorstellung von einer Bande brutal überfallen und ausgeraubt. Zauberstab, Zauberbuch, Zauberutensilien – alles weg! Aus meinem Tresor raubten die Gangster mein gesamtes Vermögen. Aufgewacht bin ich im Krankenhaus: am ganzen Körper hatte ich blaue Flecken, beide Hände waren gebrochen. Wochenlang war ich ans Bett gefesselt. Meine Zaubererkarriere war zu Ende. Ich konnte nicht mehr auftreten und meine Künste zeigen, ich hatte kein Geld: Mittellos, arbeitslos machte ich mich auf den Weg und kam durch Zufall in diese Gegend. Ein alter Mann nahm mich in seinem Baumhaus auf. Bevor er starb, hat er mir diesen ‚Palast‘ und den Garten geschenkt. Und so lebe ich da und träume von den schönen alten Zeiten und davon, wieder als Zauberer aufzutreten. So, jetzt wisst ihr Bescheid, mit wem ihr es hier zu tun habt!“
Die Kinder sind ganz betroffen von dieser Geschichte.
Als Erste erfängt sich Sophia und sagt: „Ich habe eine Idee. Der Zauberkasten! Zu Hause habe ich einen alten Zauberkasten. Einige Kunststücke habe ich schon ausprobiert. Darf ich das nächste Mal den Zauberkasten mitnehmen und dir einige Tricks zeigen?“
„Da wäre toll!“, meint der Zauberer. „Das wäre cool!“, meinen die Kinder. „Und jetzt schnell nach Hause!“, ruft Johannes. Zuvor teilen sie noch die Eierschwammerl, wie sie ausgemacht hatten. Der Zauberer freut sich und bedankt sich tausendmal.
Auf dem Nachhauseweg bekommen es die Kinder mit der Angst zu tun. Sollen sie den Eltern etwas von dem Zauberer erzählen oder nicht? Fremde Leute ansprechen, mit Fremden in ein Haus gehen und viel zu spät nach Hause kommen - das würde Konsequenzen haben. Die gesammelten Pilze würden niemanden mehr interessieren. Und die Geschichte vom armen Zauberer – wen würde das interessieren? Und ob sie den Zauberer wieder besuchen dürfen, traut sich ohnedies keines der Kinder fragen.
Also fassen sie den Plan, zu einer Notlüge zu greifen und den Eltern zu erzählen, dass es leider sehr wenige Pilze gäbe und dass sie sich auf der Suche nach anderen Plätzen verirrt hätten. Den Großeltern würden sie es schon erzählen, was wirklich geschehen war. Bei denen dürfen sie immer viel mehr „anstellen“ als bei den Eltern. Die Großeltern würden die Geschichte sicher bei sich behalten und nicht mit den Eltern darüber sprechen. Das wissen die Vier nur zu gut.
Sophia ist von der Idee, den Eltern nichts zu sagen, nicht begeistert, aber sie sagt schließlich auch ja. Schon morgen würde sich ein Termin ergeben, wenn die Eltern in die Stadt fahren, um einen Großeinkauf zu tätigen. Vorausgesetzt, sie tragen den Kindern nicht Aufgaben auf, die sie in der Zeit ihrer Abwesenheit zu erfüllen hätten. Doch der Unmut scheint verflogen, die Eltern erwähnen den gestrigen Vorfall mit keinem Wort. Also machen sich Melanie, Sophia, Katharina und Johannes auf, den Zauberer zu besuchen. Sophia packt ihren Zauberkasten unter den Arm und freut sich schon auf ihre Vorstellung beim „Kollegen“.
Sie hatte ja bereits zwei Vorstellungen gegeben. Einmal in der Gasse, wo sie wohnen – auf hässlichen orangen Stühlen aus Hartplastik, die die Gemeinde aufgestellt hat, damit sich die Leute zu einem Tratscherl treffen können. Nur eine Frau war gekommen, die ihren schwerkranken Mann pflegen muss, aber sie hat sich eine ganze Stunde Zeit genommen. Sie hat sich so gefreut über die Darbietung der jungen Zauberin und ihrer Assistentin. Die Frau war überglücklich und strahlte über das ganze Gesicht! So wie die Künstlerin, die ganz gerührt war, dass sie jemandem mit ihren Zaubereien eine Freude bereiten konnte.
Die zweite Vorstellung gab sie bei einem Verwandtschaftstreffen – vor über 20 Personen. Es gab Riesenapplaus. Ein Mann wollte es ganz genau wissen, wie man diese Kunststücke macht. Er meinte: „Ich gehe zu dir in die Lehre!“ „Gut! Du bist mein erster Lehrling!“, antwortete Sophia und zeigte ihm einen Trick.