Zukunftsfähig im Job - Katrin Busch-Holfelder - E-Book

Zukunftsfähig im Job E-Book

Katrin Busch-Holfelder

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Beschreibung

Unsere neue Arbeitswelt steckt voller Herausforderungen: Vorbei sind die Zeiten, als man noch vom selben Arbeitgeber in den Ruhestand verabschiedet wurde, bei dem man einst seine Ausbildung absolviert oder nach dem Studium eine klassische Führungslaufbahn eingeschlagen hatte – immer linear aufsteigend in einer hierarchisch klar strukturierten Organisation. Arbeitnehmerbiografien sehen heute vollkommen anders aus: Ob Globalisierung, Digitalisierung oder New Work – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen heutzutage vor allem durch Kreativität, Innovationsfreude, Flexibilität, Agilität und lebenslanges Lernen jeden Tag aufs Neue überzeugen. Denn auch die Berufsbilder verändern sich ständig: Die Qualifikationen, die heute noch gefragt sind, können morgen schon hinfällig sein. In Zeiten ständiger Veränderung, Komplexität und Unsicherheit, zunehmender Digitalisierung und Vernetzung bis hin zur künstlichen Intelligenz und Industrie 4.0 lautet die Kernfrage für jeden Einzelnen von uns, welche Haltung wir gegenüber diesen Herausforderungen einnehmen und wie wir mit ihnen umgehen. "Wir haben es selbst in der Hand, wie zukunftsfähig wir im Job sind", sagt die erfahrene Karriereberaterin Katrin Busch-Holfelder und gibt ihren Lesern konkrete Hilfestellungen, sich den Themen der modernen Arbeitswelt zu stellen und sich so optimal für die Arbeitswelt von morgen vorzubereiten. Denn der Wandel, den wir derzeit erleben, muss keine Bedrohung darstellen. Er ist vielmehr ein Prozess, den wir aktiv mitgestalten können. In diesem Buch zeigt die Autorin anhand anschaulicher Beispiele, konkreter Übungen und Tipps aus der Coachingpraxis, wie es uns gelingen kann, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Von der Entwicklung unseres persönlichen Mindsets, der Selbstreflexion, über die Chancen, die lebenslanges Lernen, Digitalisierung und neues Arbeiten bieten, bis hin zur Förderung unserer Kreativität und der Frage nach Entschleunigung und Balance im Alltag – dieses Buch ist eine praktische Alltagshilfe für alle, die ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen wollen.

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Für Johann und Julius

Katrin Busch-Holfelder

Zukunftsfähig im Job

Chancen erkennen und gelassen in die neue Arbeitswelt starten

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95623-984-7

Lektorat: Anke Schild, Hamburg

Umschlaggestaltung: Martin Zech, Bremen | www.martinzech.de

Illustrationen: Nathalie Michel | www.nathaliemichel.de

Autorenfoto: Bernadett Yehdou | www.fotoyeh.de

Satz und Layout: Lohse Design, Heppenheim | www.lohse-design.de

© 2020 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Inhalt

Vorwort

1 Persönliches Mindset

1.1 Auf der Suche nach Zukunftsfähigkeit

1.2 Komfortzone, Lernzone und Panikzone

1.3 Fixed und Growth Mindset

1.4 Gescheit scheitern

2 Lebenslanges Lernen

2.1 Lernen lohnt sich

2.2 Ungewisse Zukunft

2.3 Bunte Lebensläufe

2.4 Lernmotivation

2.5 Lernstrategien

3 Selbstreflexion und Selbstregulation

3.1 Berufliche Zufriedenheit

3.2 Persönliche Grundbedürfnisse

3.3 Selbstregulation: Umgang mit den eigenen Gefühlen

4 Digitalisierung

4.1 Der Blick zurück

4.2 Der Blick nach vorn

4.3 Roboter erobern die Welt

4.4 Die Digitalisierung betrifft jeden

5 Neues Arbeiten

5.1 Aufbruch in eine neue Arbeitswelt

5.2 Agile Methoden

5.3 Agile Menschen

5.4 New Work

5.5 Wege eines neuen Miteinanders

6 Kreativität

6.1 Kreativ sein kann jeder

6.2 Weck das Kind in dir

6.3 Produktive Langeweile und Träume

6.4 Just do it

7 Entschleunigung und Balance

7.1 Achtsamkeit und Digital Detox

7.2 Deep Work

7.3 Abschalten lernen

7.4 Authentizität

7.5 Sinnhaftigkeit

7.6 Der Mensch als Ganzes

Möglich ist vieles

Danke, danke, danke!

Anmerkungen

Literaturhinweise

Die Autorin

Vorwort

Die Welt dreht sich gefühlt schneller als je zuvor. Digitalisierung und künstliche Intelligenz haben in fast alle Arbeitsbereiche Einzug gehalten und verändern unsere Arbeitswelt und unser Leben – unwiderruflich. Für die einen klingt das verheißungsvoll, für die anderen ist es nur anstrengend. Wo sich früher eine Möglichkeit bot, gibt es heute eine Vielzahl von Optionen. Manchmal zu viele. Doch wir können es uns nicht aussuchen, ob die Veränderungen eintreten oder nicht. Die wenigsten von uns haben die Chance, auf eine einsame Insel zu fliehen und alles auszublenden, so schön diese Vorstellung auch manchmal wäre. Das Gute ist, dass wir zwar das große Ganze nicht aufhalten oder als Individuum wirklich beeinflussen können, dass wir es aber selbst in der Hand haben, wie wir uns auf Veränderungen einstellen, welche Haltung wir einnehmen und wie wir damit umgehen.

Der aktuelle Wandel ist keine Bedrohung, der wir ohnmächtig und handlungsunfähig ausgeliefert sind. Es geht um einen Prozess, den wir aktiv gestalten können und müssen. Persönliches Umdenken ist gefragt: Es ist für jeden von uns notwendig, das Gute im Wandel wahrzunehmen und diesem positiv zu begegnen. Und darüber hinaus flexibel und aktiv zu sein. Das fordert viele von uns aufs Äußerste. Erschwerend kommt hinzu, dass wir nicht wissen, wie die Anforderungen des Arbeitsmarktes in Zukunft genau aussehen werden. Wir machen uns also fit fürs Ungewisse oder zumindest fit für neue Rahmenbedingungen. Gerade für diejenigen unter uns, denen Sicherheit besonders wichtig ist, stellt daher die heutige Zeit eine besondere Herausforderung dar. Wer diese Anpassung jedoch vornimmt, der ist für die Arbeitswelt von morgen bestens aufgestellt. Und er hat die Chance, Dinge neu zu entdecken, die er schon seit Kindertagen in sich trägt, zum Beispiel seine Kreativität und Innovationsfreude. Auch die Suche nach der eigenen Motivation in bewegten Zeiten ist ein Schlüssel für die individuelle Arbeitszufriedenheit und den positiven Blick nach vorne. Sich aktiv und nachhaltig auf den Weg für die persönliche Zukunftsfähigkeit zu machen, bedeutet vor allem, Verantwortung für sich zu übernehmen und an der einen oder anderen Stelle das eigene Verhalten zu überdenken und zu ändern.

Dies zu tun, dazu möchte ich jeden einzelnen Leser und jede einzelne Leserin einladen und ermutigen. Und auch Unternehmen und Menschen mit Personalverantwortung will ich motivieren, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin zu unterstützen, zukunftsfähig zu werden.

Die folgenden Kapitel geben Anregungen, hilfreiche Ideen und Tipps, wie dies auf eine leichte und immer wieder auch spielerische Art gelingen kann. Fallbeispiele, Selbstchecks, Impulsfragen und Übungen laden zum Innehalten und zur Reflexion ein. Die Themenfelder der Zukunftsfähigkeit habe ich in sieben Kapitel unterteilt. Diese basieren auf zahlreichen Gesprächen mit Experten aus Unternehmen und Organisationen sowie Erkenntnissen aus aktuellen und wissenschaftlichen Studien. Meine persönliche Expertise in der Zusammenarbeit mit Menschen und Organisationen, im Umgang mit Veränderung und den positiven Blick auf die Welt möchte ich mit allen Leserinnen und Lesern dieses Buches teilen.

Zur besseren Lesbarkeit werden in diesem Buch personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen, Männer, trans- oder intersexuelle Personen beziehen, meist in der maskulinen Form dargestellt. Dies impliziert keine Herabsetzung der anderen Geschlechter und ist nur der einfacheren Lesbarkeit geschuldet.

1 Persönliches Mindset

1.1 Auf der Suche nach Zukunftsfähigkeit

War das schon alles? Da geht doch beruflich noch was, da ist doch noch Luft nach oben, oder? Wie soll ich mich für die Zukunft im Job aufstellen? Die Coachees Ben, Katharina und Yasmin kommen mit dem Wunsch der beruflichen Veränderung zur mir, einzeln natürlich. Ich frage nach, was sie denn genau meinen mit »Da geht doch noch was«, was sie unter »Karriere« und »Erfolg« verstehen und was sie in der Zukunft eigentlich erreichen möchten. Erstaunte Gesichter, bei allen. Die Antwort lautet fast unisono: »Da muss ich erst mal drüber nachdenken, denn ich dachte, Sie sagen mir das, deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen. Ich weiß einfach nicht mehr, wie Karriere heute funktioniert. Irgendwie scheint alles möglich. Gleichzeitig bin ich völlig orientierungslos und weiß nicht, ob ich nach Sinnerfüllung suchen soll oder was ich überhaupt will.« – »Das heißt, Sie suchen nach sinnerfüllter Zukunftsfähigkeit?«, fasse ich es zusammen. Ich erhalte Zustimmung: »Das bringt es auf den Punkt.« Vorsichtig kläre ich auch darüber auf, dass ich als Coach in erster Linie Fragen stelle und Impulse gebe, dass jedoch jeder für sich selbst diese Fragen beantworten muss.

So beginnt oftmals der gemeinsame Weg im Coaching – oder nennen wir es »Karriereberatung für heute, morgen und übermorgen«. Die erste Erkenntnis, die dabei vermittelt wird: Du bist für deine Zukunft, dein Glück und deinen persönlichen Weg selbst verantwortlich. Wie du handelst, was du tust und was du unterlässt, ist deine Entscheidung. Klar bringt jeder Mensch unterschiedliche Voraussetzungen mit, eine unterschiedliche Herkunft und damit einhergehend eine andere Sozialisation, andere Stärken, andere Wünsche und Ziele. Gemeinsam ist uns aber allen, dass jeder in seinem eigenen Handlungsrahmen aktiv sein kann und heute sogar (viel mehr als früher) sein muss.

»Karriere« buchstabiert man heute anders, da sich die Berufs- und Arbeitswelt extrem wandelt. Und weil sich die Menschen verändern. Die Werte der Babyboomer werden durch andere Werte jüngerer Generationen abgelöst. Ängste wegen des Klimawandels und Sorgen um ein friedliches Miteinander auf unserem Planeten stehen heute anders im Fokus als im letzten Jahrhundert. Auch die Vorstellungen über ein gelingendes Leben wandeln sich. Und dann ist da noch die Digitalisierung, die alles antreibt. In einer rasenden Geschwindigkeit. Man denke an die ganzen neuen Berufsfelder im Online-Business und IT-Sektor. Genauso aber an die Berufe, die in den nächsten Jahren verschwinden werden. Das eine geht, das andere kommt. Manche sehen vor allem die Chancen, die in der zunehmenden Digitalisierung liegen, andere spüren eher das Risiko und wittern überall Gefahr. Beides liegt dicht beieinander. Viele Berufe werden schlicht und einfach wegfallen. Berufe wie zum Beispiel Buchhalter, Steuerberater, Kassierer, aber auch Bankangestellte und Zahntechniker sind durch Fertigkeiten charakterisiert, die weitgehend durch künstliche Intelligenz und Digitalisierung automatisierbar sind. Es sind Berufe, die leicht von Computern und Robotern ersetzt werden können. Andere Berufe wiederum wie Therapeut, Erzieher, Sozialarbeiter und Lehrer lassen sich schlechter »entmenschlichen«, obwohl es schon ausgefeilte Ideen gibt, den Schulunterricht mithilfe von Robotern durchzuführen oder Chatbots1 zur Diagnose und Therapie von psychischen Problemen einzusetzen. Auch in diesen Berufsfeldern wird kräftig weiterentwickelt. Und sicher ist, dass in Zukunft in vielen sozialen und therapeutischen Berufen der eine oder andere Roboter bestimmte körperliche Tätigkeiten übernehmen wird. Die Frage ist, ob das Gespräch von Mensch zu Mensch und die individuelle Zuwendung in solchen Berufszweigen auch langfristig wichtig sind und Zukunftschancen sichern.2

Ja, und was sage ich jetzt jeweils zu Ben, Katharina und Yasmin? Ganz klar: Werde aktiv, suche nach dem, was dir beruflich wirklich Freude macht, aber immer vor dem Hintergrund der Zukunftsfähigkeit. Denn was hast du davon, wenn du dir den tollsten und schönsten Beruf aussuchst, dir das nötige Know-how aneignest und dieser dann verschwindet? Ersetzt durch künstliche Intelligenz. Deswegen ist es wichtig, solche Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und flexibel zu sein. Agil zu sein. Umdenken zu können und gegebenenfalls neu durchzustarten. Das bedeutet heute Zukunftsfähigkeit. Und diese wird immer auch mit Sinnsuche einhergehen. Das eigene Fühlen und Denken und somit deine eigene Haltung sind das, was dich ausmacht. Und dazu gehört auch, wie du dich auf die Zukunft einstellst. Wie und ob du herausfindest, auf welche Weise du deinen beruflichen Neigungen und Zielen auch in Zukunft nachgehen kannst.

1.2 Komfortzone, Lernzone und Panikzone

Um unser Handeln zu verstehen, bietet sich das Konzept der Komfortzone an. Was ist sie denn nun, die viel zitierte Komfortzone? Die Idee dahinter geht von drei Zonen aus: Komfortzone, Lernzone und Panikzone.3 Wir brauchen sie alle. Entscheidend ist aber, wie viel Zeit unseres Lebens wir in welcher Zone verbringen, denn in der Komfortzone ruhen wir uns aus, in der Lernzone erweitern wir unsere Fähigkeiten, und die Panikzone zeigt uns auf, wo unsere Grenzen sind.

Abb. 1: Das Konzept von Komfortzone, Lernzone und Panikzone

In jeder Zone sind wir also in einem anderen Zustand. Fangen wir für das Verständnis unseres Handelns bei der eigenen Komfortzone an. Im Grunde beschreibt sie unseren heutigen Aktionsradius. Oder unseren ganz persönlichen Wohlfühlrahmen. Sie umfasst also Situationen, die wir kennen und in denen wir nicht mehr darüber nachdenken müssen, wie etwas geht. Das gilt in ähnlicher Weise für den Körper. Schauen wir uns dazu doch mal unseren Alltag und unsere Bewegungsabläufe im Allgemeinen an. Unsere Sportarten, unsere Essgewohnheiten, unser Denken, unsere Kommunikation – einfach alles. Je öfter und je besser wir bestimmte Abläufe durchlaufen, umso bequemer ist es. Und diese Muster können wir dann in der Komfortzone fast blind abspulen. Je älter wir werden, umso mehr haben sich diese Muster gefestigt. Das, was wir nur gelegentlich ausprobieren, wird daher immer anstrengender. Daher lassen wir es oftmals langsam einschlafen. Und halten uns in der Komfortzone auf, indem wir unsere bekannten Abläufe wieder und wieder durchlaufen.

Das Gute an der Komfortzone ist, dass wir uns dort so richtig wohlfühlen, denn alles geht uns leicht von der Hand. Wir brauchen kaum nachzudenken und müssen uns nicht wahnsinnig anstrengen. Diese Behaglichkeit sorgt jedoch dafür, dass wir mit der Zeit veränderungsmüde werden. Müde und träge. Weil es so kuschelig dort ist und so wenig Kraft kostet. Weil wir im Alltag einfach sowieso schon so viel um die Ohren haben. Weil wir vielleicht auch einfach mal die Nase voll haben von der ganzen Veränderung – gerade in der heutigen Zeit, in der sich der Wandel drastisch beschleunigt hat und täglich neue Anforderungen definiert werden. Das ist einfach schon für sich genommen anstrengend. Wenn sich ein Mensch nun in der Komfortzone glücklich fühlt, über Jahrzehnte in derselben Firma denselben Job gut und zuverlässig verrichtet, immer im selben Supermarkt den gleichen Käse kauft und jedes Jahr am selben See Urlaub macht, warum sollte er nicht dortbleiben dürfen? Was ist so schlecht an der Komfortzone? Müssen wir ständig dazulernen und unsere persönliche Komfortzone kontinuierlich erweitern?

Die Zone, in der wir uns weiterentwickeln, nennt man Wachstumszone oder auch Lernzone. Nur durch das Betreten der Lernzone können wir unsere Komfortzone vergrößern. Wir entwickeln uns und wachsen. Und das ist manchmal mühsam, richtiggehend anstrengend. Am wohlsten fühlen viele von uns sich doch, wenn sie das tun, was sie immer tun. Ein ganz einfaches und bekanntes Beispiel sind die verschränkten Arme: Verschränke einfach einmal deine Arme vor dem Körper, während du diesen Satz liest. Welche Hand ist oben, welche unten? Jeder hat eine Lieblingsseite, die immer oben ist. Und jetzt versuche es einmal umgekehrt, verschränke also die Arme so, dass die andere Hand oben ist. Das fühlt sich komisch, fast falsch an, oder? Nimmst du wahr, was ich meine? Und genauso ist es bei ganz vielen Dingen in unserem Leben. Irgendwann stellst du nämlich im Laufe der Jahre fest, dass es gar nicht mehr so einfach ist, etwas anders zu machen als gewohnt. Bei Kleinigkeiten ist dies nicht so dramatisch, aber denk ein Stück weiter. Stell dir vor, in ein neues Haus umzuziehen, dir ein neues Hobby zuzulegen, einen neuen Job in einer neuen Firma anzunehmen, mit neuen Menschen und neuen Ansichten konfrontiert zu werden. Dann ist sie plötzlich da, die Angst. Lieber nicht. Bitte keine Veränderung. Weder im Job noch im Privaten. Bitte kein Bungee-Jumping oder andere neue Sportarten anfangen, neue Computerprogramme lernen – bitte nicht!

Angst ist das, was uns im Leben am meisten an Veränderungen hindert. Gleichzeitig ist sie dadurch unser bester Beschützer. Denn sich nicht zu verändern bedeutet Sicherheit. Da passiert uns nichts. Sich verändern bedeutet wiederum, die Komfortzone auszuweiten.

Mit der Lernzone betreten wir unbekanntes Terrain. Wir gehen ein Risiko ein, da wir die Routine durchbrechen und uns neuen Herausforderungen stellen. In dieser Zone spüren wir am Anfang eine hohe Unsicherheit, weil wir den Ausgang unseres Experiments noch nicht kennen. Im Laufe der Zeit lernen wir, mit der Unsicherheit zurechtzukommen. Läuft dann alles nach Plan und wir kommen gut zurecht, erweitern wir unsere Komfortzone.

Klappt das allerdings nicht, kann es sein, dass wir die sogenannte Angst- oder Panikzone betreten. Unser Denken und Handeln sind auf einmal blockiert; nichts geht mehr. Kein Denken, kein Handeln, keine Entwicklung. Müssten wir im Büroalltag jetzt beispielsweise eine neue Methode, die wir bisher noch nicht kannten, einsetzen, würden wir die wahrscheinlich nicht begreifen. In der Panikzone herrscht Stillstand. Hier können wir selten oder zum Teil auch gar nicht lernen, je nachdem, was für ein Typ Mensch wir sind, welche Erfahrungen wir bereits gemacht haben und wie groß unsere Ziele sind. Also müssen wir den Umweg gehen und in der Wachstumszone bzw. Lernzone lernen. Sozusagen »zurück auf Los« und kleinere Brötchen backen. Die meisten von uns lernen schwierige Themen am besten in ganz kleinen Schritten. Wirklich klitzekleinen Schritten. Stückchen für Stückchen können wir unsere Komfortzone immer weiter ausdehnen. Natürlich gibt es auch die anderen, die gerne wagemutig den Berg mit größeren Schritten beschreiten und sich trotzdem in der Lernzone befinden.

Abb. 2: Erweiterte Komfortzone

Das ist aber noch nicht alles. Das besonders Gemeine an der Komfortzone ist, dass sie auch schrumpfen kann. Nehmen wir das Beispiel, dass wir eine neue Chefin bekommen. Mit ihrem Start ändern sich die Anforderungen. Alle bisherigen Verhaltensweisen führen nicht zum gewünschten Erfolg. Wir fühlen uns erfolglos – und was passiert? Dann schrumpft unser Selbstwertgefühl und wir trauen uns immer weniger zu. Unser Handlungsrahmen wird dadurch immer kleiner und enger. Wir halten uns nicht mehr im Außenbereich unserer Komfortzone auf, sondern immer weiter in der Mitte. Unsere Komfortzone schrumpft.

Abb. 3: Schrumpfende Komfortzone – wenn die Lernzone nicht mehr betreten wird

Damit diese Entwicklung nicht zu einer Sackgasse wird, müssen wir dagegen angehen. Und ich wähle hier bewusst das Wort »müssen«. Anders geht es nicht, selbst in der letzten Einöde werden wir flexibel sein müssen. Die Welt und auch die Natur sind flexibel und ändern sich permanent. Und auch wir müssen flexibel sein. Maximal flexibel.

Wir kommen also nicht darum herum, in Zukunft unsere Komfortzone immer wieder zu verlassen, auszudehnen, zu erweitern. Wenn du zukunftsfähig sein und Veränderung zulassen möchtest, ist es wichtig, dass du sie selbst in die Hand nimmst und sie gestaltest. Und zwar so, dass sie für dich gut auszuhalten ist. Dich zu überfordern macht keinen Sinn. Nicht nur bei deiner Komfortzone, sondern ganz generell.

Im beruflichen Kontext könnte zum Beispiel ein kleiner Schritt darin bestehen, dass du dich freiwillig für Aufgaben meldest, bei denen du nicht hundertprozentig sicher bist, dass du alles wie gewohnt machen kannst. Oder du nimmst dir vor, dich im Meeting mit deiner Meinung zu Wort zu melden. Oder mal wirklich trotz Gegenwind deine Meinung zu vertreten. Du kannst dir überlegen, wo du Neues tendenziell vermeidest, und bewusst darauf achten, es einmal anders zu machen.

Wer beruflich in Zukunft nicht abgehängt werden will, muss also flexibel bleiben. Flexibel in seinem Denken und Handeln. Flexibilität ist die beste Antwort auf eine sich rasch wandelnde, dynamische Welt, da sind sich Psychologen und andere Experten einig. Und diese Flexibilität, nennen wir sie geistige Beweglichkeit, findet dann in unserem Mindset Ausdruck.

1.3 Fixed und Growth Mindset

»Ein Mindset ist«, so definiert es das Jahrbuch Personalentwicklung, »die gewohnheitsmäßige Denkweise, geistige Haltung und Mentalität eines Menschen, welche seine Interpretation und Reaktionsweise in verschiedenen Situationen bestimmen«. Insofern bestimmt das Mindset darüber, wie »ein Mensch seine Realität erlebt«.4

Die Wissenschaft sagt, dass nicht nur die Beweglichkeit unseres Denkens, sondern auch unsere Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, in Zukunft besonders gefragt sein wird. Auch eine positive Haltung gegenüber der Zukunft verspricht, dass wir mehr Chancen sehen und bei einem permanenten Wandel der Arbeits- und Lebensbedingungen leichter unseren Weg finden können. Das ist wesentlich, um im Berufsleben mithalten zu können und privat glücklich zu sein.

Die ersten Forschungen zum Thema Mindset fanden in einer Schule statt. Carol Dweck, Psychologieprofessorin an der Stanford University, wunderte sich in einem Experiment über Schülerinnen und Schüler, die trotz tatsächlich unlösbarer Aufgaben nicht frustriert waren, sondern sogar Aussagen trafen wie: »Ich liebe kniffelige Rätsel.« Oder: »Wissen Sie, genau das hatte ich gehofft: dass ich hier etwas lerne.«

Dweck wollte mehr darüber wissen, wie diese besondere Einstellung bei den jungen Menschen entstehen konnte und was es für Folgen hat, wenn sie mit dieser Haltung an schwierige Aufgaben herangehen. Mittlerweile forscht und lehrt sie seit mehr als 15 Jahren zum Thema Mindset und hat die Abgrenzung zwischen Fixed (starrem) und Growth (flexiblem) Mindset geprägt.5

Hier der Link zu einem Vortrag von Carol Dweck zum Thema Fixed und Growth Mindset:

https://www.youtube.com/watch?v=hiiEeMN7vbQ

Fixed Mindset (Starres Mindset)

Growth Mindset (Flexibles Mindset)

Fähigkeiten und Intelligenz sind grundsätzlich vorgegeben und nicht oder wenig veränderbar.

Fähigkeiten und Intelligenz sind grundsätzlich entwicklungsfähig und veränderbar.

Erfolg bedeutet, gute Noten zu haben bzw. »der Beste zu sein«. Dabei zählt das Ergebnis. Zusätzliche Herausforderungen werden nicht aktiv gesucht.

Erfolg bedeutet: »Lernen, um etwas besser zu verstehen.« Herausforderungen werden aktiv gesucht.

Fehler werden gleichgesetzt mit einem Mangel an Kompetenz. Nach schlechten Leistungen oder Fehlern sinkt die Motivation. Es kommt zu Reaktionen von Hilflosigkeit und Wut.

Fehler werden als Entwicklungsmöglichkeiten betrachtet. Dadurch steigen die Motivation und Leistungsbereitschaft.

Es werden Schuldige oder Gründe gesucht, häufig im Außen, um den eigenen Selbstwert nicht zu gefährden.

Die eigene Selbsteinschätzung ist realistischer. Es werden konstruktive Strategien und externe Unterstützung genutzt.

Andere Menschen werden als »Richter« angesehen.

Andere Menschen werden als Unterstützer gesehen.

Abb. 4: Fixed und Growth Mindset nach Carol Dweck6

Veränderungslust

Kürzlich habe ich gelesen, dass wir den »Veränderungsfrust durch Veränderungslust« ersetzen müssen. Das gefällt mir gut. Denn wenn wir im Leben und im Job glücklich und zufrieden sein wollen, müssen wir etwas haben, was uns motiviert. Wir müssen Lust auf Veränderung haben, um unsere Träume leben zu können, unsere Ziele zu erreichen und glücklich zu sein.

Das Stichwort »Veränderungslust« weckt in mir Gefühle von Freude und Spaß daran, Neues zu lernen – wie geht dir das? Denk einmal an das zurück, was du als Kind getan hast: krabbeln, laufen, Rad fahren, rechnen und schreiben, Klingelstreiche, soziales Miteinander, all das hast du mit Begeisterung gelernt und getan. Jetzt beschäftigen dich andere Themen, aber das Prinzip ist das Gleiche. Hinfallen, aufstehen, hinfallen, aufstehen. Glauben, es gehe nicht, und dann »Juhu! Geschafft!« rufen. Was heißt hier »scheitern«? Hinfallen ist ausdrücklich erlaubt, denn ohne Stolpern und Straucheln lernt man nicht zu laufen. Heute gibt es dafür im Unternehmenskontext die Ausdrücke Fehlerkultur und Agilität. Aufstehen, weitermachen, dranbleiben, Chancen sehen und nicht gleich aufgeben, wenn etwas mal nicht sofort im Erfolg mündet. Nicht bis zum Ende planen, sondern das machen, was gerade dran ist. Ausprobieren, was funktioniert, und dann erst mehr davon. Den Rest verwerfen. Früher gab es solche Sprichwörter wie »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen« oder »Übung macht den Meister«. Aber brauchen wir heute noch die Meisterschaft? Brauchen wir immer die 100 Prozent oder sind inzwischen nicht oftmals 80 Prozent gut genug? Hier meine Antwort: Mal braucht es die 100 Prozent und mal reichen 80 und manchmal sogar vielleicht weniger. Perfektionismus auf allen Ebenen ist Vergangenheit. Es gilt zu erkennen, wann wir Routinen und Perfektionismus benötigen und wann Flexibilität und Schnelligkeit. Wenn ich in der Werkstatt die Bremsen meines Autos reparieren lasse, dann sind mir 100 Prozent schon wichtig, da reicht mir keine Annäherung. Andere Bereiche benötigen Flexibilität und Anpassung. Da geht es eben Schritt für Schritt. Training ist zwar die Devise, aber in Verbindung mit neuen Wegen und alternativen Lösungen. Fallen und wieder aufstehen, so entsteht Beweglichkeit. Genau diese Wendigkeit ist eine der Kompetenzen, um in der sich stetig erneuernden Welt zurechtzukommen.

Der Mindset-Check

Anhand der folgenden Aussagen kannst du selbst einmal ehrlich überprüfen, wie dynamisch dein Mindset ist.

Selbstcheck Mindset

Nimm eine Skala von 1 bis 10 und beantworte die Fragen im Sinne von 1 = »Ich stimme überhaupt nicht zu« bis zu 10 = »Ganz meine Meinung, genauso ticke ich«. Du kannst gerne Farben zur einfacheren Visualisierung nutzen.

Ich glaube, dass es jederzeit möglich ist, neue Fähigkeiten zu entwickeln.Ich denke nicht in den Kategorien »richtig oder falsch«.Ich sehe Scheitern als Experimentieren und Ausprobieren.Ich sehe mich als Gestalter.Ich bin immer neugierig.