Zur Geschichte des Urchristentums - Engels Friedrich - E-Book

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Engels Friedrich

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Beschreibung

In einer Reihe von Schriften zur Geschichte von Friedrich Engels steht auch diese Schrift. Dabei zieht er Parallelen zu seinen sozialreformerischen Ideen. - Interessant zu lesen für sozial oder christlich interessierte Menschen.

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Friedrich Engels

Zur Geschichte des Urchristentums

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Friedrich Engels: Zur Geschichte des Urchristentums

 

Friedrich Engels

 

Zur Geschichte des Urchristentums

 

 

 

 

1. elektronische Auflage 2014

[email protected]

I

Die Geschichte des Urchristentums bietet merkwürdige Berührungspunkte mit der modernen Arbeiterbewegung. Wie diese, war das Christentum im Ursprung eine Bewegung Unterdrückter: es trat zuerst auf als Religion der Sklaven und Freigelassenen, der Armen und Rechtlosen, der von Rom unterjochten oder zersprengten Völker. Beide, Christentum wie Arbeitersozialismus, predigen eine bevorstehende Erlösung aus Knechtschaft und Elend; das Christentum setzt diese Erlösung in ein jenseitiges Leben nach dem Tod, in den Himmel, der Sozialismus in diese Welt, in eine Umgestaltung der Gesellschaft. Beide werden verfolgt und gehetzt, ihre Anhänger geächtet, unter Ausnahmegesetze gestellt, die einen als Feinde des Menschengeschlechts, die andern als Reichsfeinde, Feinde der Religion, der Familie, der gesellschaftlichen Ordnung. Und trotz aller Verfolgungen, ja sogar direkt gefördert durch sie, dringen beide siegreich, unaufhaltsam vor. Dreihundert Jahre nach seinem Entstehen ist das Christentum anerkannte Staatsreligion des römischen Weltreichs, und in kaum sechzig Jahren hat sich der Sozialismus eine Stellung erobert, die ihm den Sieg absolut sicherstellt.

Wenn also Herr Professor Anton Menger in seinem »Recht auf den vollen Arbeitsertrag« sich wundert, warum bei der kolossalen Zentralisation des Grundbesitzes unter den römischen Kaisern und bei den maßlosen Leiden der damaligen, fast ausschließlich aus Sklaven bestehenden Arbeiterklasse »auf den Sturz des weströmischen Reichs nicht der Sozialismus gefolgt sei« – so sieht er eben nicht, daß dieser »Sozialismus«, soweit er damals möglich war, in der Tat bestand und auch zur Herrschaft kam – im Christentum. Nur daß dies Christentum, wie dies den geschichtlichen Vorbedingungen nach gar nicht anders sein konnte, die soziale Umgestaltung nicht in dieser Welt verwirklichen wollte, sondern im Jenseits, im Himmel, im ewigen Leben nach dem Tod, im nahe bevorstehenden »Tausendjährigen Reich«.

Die Parallele beider geschichtlichen Erscheinungen drängt sich schon im Mittelalter auf, bei den ersten Erhebungen unterdrückter Bauern und namentlich städtischer Plebejer. Diese Erhebungen, wie alle Massenbewegungen des Mittelalters, trugen notwendig eine religiöse Maske, erschienen als Wiederherstellungen des Urchristentums aus eingerissener Entartung1; aber regelmäßig verbargen sich hinter der religiösen Exaltation sehr handfeste weltliche Interessen. Am großartigsten trat dies hervor in der Organisation der böhmischen Taboriten unter Johann Žižka glorreichen Angedenkens; aber durch das ganze Mittelalter geht dieser Zug, bis er nach dem deutschen Bauernkrieg allmählich einschläft, um wieder zu erwachen bei den Arbeiterkommunisten nach 1830. Sowohl die französischen revolutionären Kommunisten wie namentlich Weitling und seine Anhänger berufen sich aufs Urchristentum, lange bevor Ernest Renan sagte: Wollt ihr euch eine Vorstellung von den ersten christlichen Gemeinden machen, so seht euch eine lokale Sektion der Internationalen Arbeiterassoziation an.

Der französische Belletrist, der auf Grundlage einer selbst in der modernen Journalistik beispiellosen Ausschlachtung der deutschen Bibelkritik den kirchengeschichtlichen Roman: »Origines du Christianisme« anfertigte, wußte selbst nicht, wieviel Wahres in obigem Worte lag. Ich möchte den alten »Internationalen« sehen, der z.B. den sogenannten zweiten Brief Pauli an die Korinther lesen kann, ohne daß wenigstens in einer Beziehung alte Wunden bei ihm aufbrechen. Der ganze Brief, vom achten Kapitel an, hallt den ewigen, ach so wohlbekannten Klageton wider: les cotisations ne rentrent pas – die Beiträge wollen nicht einkommen! Wie viele der eifrigsten Propagandisten der sechziger Jahre würden dem Verfasser dieses Briefs, wer er auch sei, verständnisinnig die Hand drücken und flüstern: also auch dir ging's so! Auch wir können ein Liedchen davon singen – auch in unsrer Assoziation wimmelte es von Korinthern – diese nicht einkommenden Beiträge, die unfaßbar vor unsren Tantalusblicken umherflatterten, das waren ja grade die berühmten »Millionen der Internationale«!

Eine unsrer besten Quellen über die ersten Christen ist Lucian von Samosata, der Voltaire des klassischen Altertums, der gegen jede Art religiösen Aberglaubens sich gleich skeptisch verhielt und daher weder heidnisch-gläubige noch politische Gründe hatte, die Christen anders zu behandeln als irgendwelche andre Religionsgenossenschaft. Im Gegenteil, er verspottet sie alle ihres Aberglaubens halber, die Jupiter-Anbeter nicht minder als die Christus-Anbeter; für seinen flach-rationalistischen Standpunkt ist die eine Sorte Aberglauben ebenso albern wie die andre. Dieser jedenfalls unparteiische Zeuge erzählt unter anderm auch die Lebensgeschichte eines Abenteurers Peregrinus, der sich Proteus nannte, aus Parium am Hellespont. Besagter Peregrinus debütierte in seiner Jugend in Armenien mit einem Ehebruch, wurde auf frischer Tat ertappt und nach Landessitte gelyncht. Glücklich entrannt, erdrosselte er in Parium seinen Vater und mußte fliehen.