Zwei auf einem Weg - Richard Roper - E-Book

Zwei auf einem Weg E-Book

Richard Roper

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Beschreibung

Zwei Freunde: Einer von ihnen hat ein Geheimnis, der andere lebt eine Lüge. So beginnen sie ihre Reise auf dem Weg zurück zu sich selbst und zueinander – 184 Meilen entlang der Themse. Eine Reise, die die bittersüßen Höhen und Tiefen des Lebens widerspiegelt und die man nicht so schnell vergisst. Theo lebt im Gartenschuppen seiner Eltern, wo er ein gebrochenes Herz und ein verletztes Ego pflegt, überzeugt, das Leben könne nicht noch schlimmer werden – bis er, ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag, zur Zwangsräumung aufgefordert wird. Tiefpunkt. Doch ein Neubeginn steht schon vor der Tür: sein Jugendfreund Joel, der ihn an ein Versprechen erinnert. Eine Wanderung auf dem Themsepfad, 184 Meilen, nur sie beide. Joel scheint das Erwachsenwerden mustergültig gemeistert zu haben. Er schreibt erfolgreich Comedy-Shows und ist noch mit seiner Jugendliebe Amber zusammen. Doch nach einer fatalen Diagnose bricht alles um ihn herum auseinander. Aus dem Bedürfnis nach Wiedergutmachung beschließt Joel, sich mit seinem besten Freund Theo zu versöhnen. Nur dass Theo seit dreizehn Jahren nicht mit ihm gesprochen hat, seit dem furchtbaren Unfall …

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Seitenzahl: 492

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Richard Roper

Zwei auf einem Weg

Roman

 

 

Aus dem Englischen von Birgit Schmitz

 

Über dieses Buch

Freundschaft ist ein Weg aus vielen kleinen Schritten …

 

Mit 30 wieder im Gartenschuppen seiner Eltern gestrandet, lebt Theo in seiner persönlichen Sackgasse. Und dann klopft auch noch die Vergangenheit an die Tür – sein Jugendfreund Joel, mit dem er seit dreizehn Jahren nicht gesprochen hat, seit dem schrecklichen Unfall … Joel schreibt inzwischen erfolgreich Comedy-Shows fürs Fernsehen. Doch nach einer fatalen Diagnose bricht sein Leben zusehends auseinander. Aus dem Bedürfnis nach Wiedergutmachung beschließt Joel, sich mit seinem besten Freund Theo zu versöhnen und ihn an ein altes Versprechen zu erinnern: eine Wanderung auf dem Themsepfad, 184 Meilen, nur sie beide.

 

Zwei Freunde – einer von ihnen hat ein Geheimnis, der andere lebt eine Lüge. So beginnen sie ihre Reise entlang der Themse und auf dem Weg zurück zu sich selbst und zueinander.

Vita

Richard Roper arbeitet als Sachbuch-Lektor für einen großen Londoner Verlag. Nach seinem Debüt «Das Beste kommt noch», das in 19 Ländern erschien, ist «Zwei auf einem Weg» sein zweiter Roman. Der Autor lebt in London und ist den Themsepfad selbst in drei Etappen abgewandert – auch wenn ihm dabei nie zwei verrückte Freunde auf einem Tandem begegnet sind.

 

 

Birgit Schmitz studierte Theater, Film- und Fernsehwissenschaft in Köln und Berlin und arbeitete einige Jahre als Dramaturgin. Nach Engagements am Burgtheater Wien und am Thalia Theater Hamburg wechselte sie in die Freiberuflichkeit. Heute lebt sie als Literaturübersetzerin, Lektorin und Texterin/Interviewerin in Frankfurt am Main.

Impressum

Die englische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel «When We Were Young» bei Orion Publishing Group Ltd., UK.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, August 2022

Copyright © 2022 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

«When We Were Young» Copyright © 2021 by Richard Roper

Redaktion Tobias Schumacher-Hernández

Covergestaltung Hafen Werbeagentur, Hamburg

ISBN 978-3-644-01260-8

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

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www.rowohlt.de

Für meinen Neffen William

Teil eins

Kapitel EinsTheo

Ich sollte aus meiner Wohnung rausfliegen, was schon an sich ziemlich blöd war. Dass die Vermieter meine eigenen Eltern waren, machte die Sache nicht besser. Aber das deutlichste Anzeichen für meine nicht ganz optimale Lebenslage war wohl, dass ich zufälligerweise die Hütte in ihrem Garten bewohnte.

Der Räumungsbescheid war mir per Brief unter der Hüttentür zugestellt worden; auf dem Umschlag stand in Dads krakeliger Handschrift mein Name.

Theo,

ich fürchte, das dauert jetzt alles schon zu lange. Du kannst nicht einfach immer weiter hier wohnen bleiben, ohne Anstalten zu machen, dein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Das hier war nur als Provisorium gedacht. Darum geben wir dir bis zum Tag nach deinem Geburtstag diesen Samstag Zeit, dir was anderes zu suchen.

Es ist besser so.

In Liebe,

Dad & Mum

Die Diskussion übers «Ausziehen» hatten wir in den letzten zwei Jahren wohl an die hundertmal geführt – eigentlich ständig, seit ich aus London zurück nach Hause geschlichen gekommen war. Aber ein offizieller Räumungsbeschluss stellte – auch wenn er hinten auf den Gemeindebrief neben die Werbung für den «Rate das Gewicht»-Backwettbewerb gekritzelt war – eine neue Eskalationsstufe dar. Also beschloss ich, den Stier nach einem kurzen zweistündigen Nickerchen bei den Hörnern zu packen.

Als ich durch den Garten zum Haus ging, sah ich Dad gefährlich schwankend oben auf der Leiter stehen und mit einer mörderischen Heckenschere am Efeu an der Hauswand herumschnippeln. Er trug seine von ihm so genannten «Gartenschuhe» – alte Büro-Slipper, die absolut null Schutz boten gegen Dinge wie – um ein beliebiges Beispiel aus der Luft zu greifen – Heckenscheren. Ich wusste nicht, was in ihn gefahren war. Seit er im Ruhestand war, vertrieb er sich die Zeit mit dem, was Mum «die kleinen Projekte deines Vaters» nannte, aber die meisten davon schienen ihn unmittelbar in Gefahr zu bringen. Und so war ich zu ständiger Wachsamkeit verdammt: musste Fenster aufstoßen, um Lötdämpfe abziehen zu lassen, und so tun, als hätte ich rein zufällig die Schutzbrille aus meinem alten Chemiekasten gefunden, um sie dann auf seiner Werkbank zu vergessen und den Amazon-Karton später diskret zu entsorgen. Ich wünschte, er würde sich eine Scheibe von Mum abschneiden: Alle Werke von Agatha Christie zu lesen und sich mit einem Zahnarzt über den Umweg von Leserbriefen im Lokalblatt eine knackige Fehde über die neue Einbahnstraßenregelung zu liefern, erschien mir sehr viel altersgerechter.

Mir blieb nichts anderes übrig, als mich unten auf die Leiter zu stellen, damit sie nicht wegrutschte, und den Efeustücken zu trotzen, die auf mich herabregneten.

«Morgen!», rief ich zu ihm hoch.

«Nachmittag!», antwortete er.

Meine Armbanduhr zeigte eine Minute nach zwölf an. Der erste Punkt ging an ihn.

«Ich nehme an, du hast unsern Brief bekommen?», sagte Dad.

Ich verdrehte die Augen. «Ja, er erreichte die Schützengräben im Morgengrauen. Danke für die Schokolade und die Zigaretten. Jetzt ziehen wir mit gestärktem Kampfgeist in die Schlacht.»

«Ist das einer von deinen berühmten Späßen? Nicht sehr witzig, fürchte ich.»

«Ich würde sagen, ungefähr so witzig, wie von meinen Eltern auf die Straße gesetzt zu werden.»

Ich schaffte es nur knapp, beide Hände an der Leiter zu halten, während ich einem besonders fiesen Efeubatzen auswich, der direkt an meinem Ohr vorbeisauste.

«Tja, ich fürchte, du lässt uns keine andere Wahl. Wir führen dieses Gespräch ja jetzt schon zwei Jahre.»

«Dreiundzwanzig Monate, um genau zu sein.»

«Haarspaltereien. Schwache Ausreden. Et cetera.»

«Hm, und was soll ich davon halten, dass ihr eine Woche vor meinem Geburtstag damit ankommt?», sagte ich.

«Ach, komm schon, jetzt sei nicht eingeschnappt.»

«Ich bin nicht eingeschnappt», sagte ich seufzend, verdrehte erneut die Augen und verschränkte die Arme – nur um im nächsten Moment wieder nach der Leiter zu greifen. Sie war gefährlich zu einer Seite geruckelt, als Dad sich nach der Regenrinne gereckt hatte, um etwas daraus zu entfernen. (Moos, wie’s aussah, denn ein Großteil davon hing jetzt in meinen Haaren.)

Zu meiner Erleichterung beschloss Dad, eine Pause zu machen. Unten angekommen, legte er eine Hand auf meine Schulter. Ich bemerkte einige Altersflecken auf seiner Haut. Wie lange hatte er die schon? Waren sie zur selben Zeit aufgetaucht, als die letzte Stelle mit braunen Stoppeln aus seinem jetzt schmutzig weißgrauen Bart verschwunden war?

Er schob mich mit sanftem Nachdruck vom Fuß der Leiter weg und sagte: «Hör zu. Wie ich dir schon sehr, sehr oft gesagt habe: Ich weiß, dass du in London eine ziemlich harte Zeit hattest. Wir wünschen uns alle, dass aus dieser Sache beim Fernsehen was geworden wäre, und was Babs angeht – die Trennung und was weiß ich nicht alles –, das war echt ein Jammer. Wir hatten sie wirklich gern. Aber davon, dass du zu Hause hockst und Trübsal bläst, wird nichts besser, oder?»

«Aber ich bin glücklich hier, Dad. Zählt das denn gar nicht?»

Er fuhr fort, als hätte er mich nicht gehört: «Je länger du hierbleibst, desto schwieriger wird es für dich, wieder den Anschluss zu finden.»

«Wieder den Anschluss zu finden? Das klingt ja, als hätte ich zehn Jahre wegen bewaffneten Raubüberfalls gesessen. Oder als wär ich so eine Art … Eremit.»

«Na ja, weit entfernt davon bist du jedenfalls nicht. Ich meine, sieh dir doch nur mal an …», er zeigte auf meine Unterkunft, «wie du meine Gartenhütte zu deiner kleinen Höhle umgestaltet hast.»

«Hey, nichts gegen die Hütte. Ich hab gerade extra noch eine Lichterkette aufgehängt.»

Dad rieb sich die Augen.

Ich roch einen Moment der Schwäche, den ich sofort auszunutzen versuchte.

«Würdest du nicht auch sagen, dass ich ein vorbildlicher Mieter bin? Ich mähe den Rasen. Ich räume die Spülmaschine aus. Ich … ich zahle Miete.»

«Nicht in den letzten acht Monaten», schoss Dad zurück.

«Na ja, nicht im engeren Sinne. Aber ich hab Mr Pigglesby fast jeden Tag mit ein paar Münzen gefüttert.»

Wir schauten beide durchs Küchenfenster auf das Sparschwein auf der Anrichte. Das treulose Miststück schien meinem Blick auszuweichen.

«Und davon mal abgesehen», fuhr ich fort. «Sobald eines meiner Drehbücher ein Erfolg wird, kauf ich dir eine neue Hütte, versprochen.»

«Und wie geht’s voran mit den Drehbüchern?»

«Absolut top», sagte ich, obwohl ich in Wahrheit seit Monaten kein Wort geschrieben hatte.

«Tut mir leid», sagte Dad und klang verstörend beharrlich, «aber unsere Entscheidung steht fest. Du warst jetzt lange genug hier. Wir lassen keine weiteren Ausreden mehr gelten. Und wie’s in dem Brief steht, geben wir dir Zeit bis nach deinem Geburtstag. Denn schließlich …»

O Gott. Jetzt holte er zum entscheidenden Schlag aus. Ich wappnete mich für den Todesstoß.

»… wirst du ja dreißig.»

Kapitel ZweiJoel

Der Brief hatte alles verändert. Obwohl mir die Nachricht, die er enthielt, bereits am Vortag persönlich mitgeteilt worden war, war sie erst richtig angekommen, als ich sie schwarz auf weiß vor mir sah. Von dem Moment an hatte ich den Brief, in der linken Jackentasche versteckt, immer bei mir getragen. In den vergangenen vier Wochen hatte ich ihn ebenso sorgfältig gehütet wie den Gegenstand in der rechten Jackentasche – den Ring, den ich jetzt mit der Hand umschloss, um mich zum hundertsten Mal an diesem Morgen zu vergewissern, dass er noch da war.

Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz nach zehn. Wenn die Zeiger noch einmal ganz herumgewandert waren, sollte der Ring einen neuen Besitzer haben …

Nie war ich mir sicherer gewesen, wie sehr ich Amber Crossley liebte, als an einem regnerischen Morgen vor etwas mehr als zwei Monaten. Die Stadt erwachte gerade erst langsam, und alles war friedlich. Ich drehte mich zu Amber um, die noch schlief. Mein Blick wanderte zu der zarten, bleistiftdünnen Narbe an ihrem Kinn, die sie sich mit sieben bei einem Sturz vom Fahrrad eingehandelt hatte. Ich erinnere mich, gedacht zu haben, wie sehr ich die Vorstellung hasste, dass sie Schmerzen erleiden musste, zumal wenn ich überlegte, was ich ihr selbst schon alles zugemutet hatte. Nun, von jetzt an, dachte ich, wird alles anders. Ich würde ihr nie mehr wehtun, und jeder andere, der es eventuell vorhatte, würde zuerst an mir vorbeimüssen. Das kleine Boot, auf dem wir zusammen durch die Zeit segelten, hatte schon einige heftige Stürme überstanden, aber nun trieb es durch ruhige, klare Gewässer. Ich wusste tief in meinem Herzen, dass nun, endlich, alles so war, wie es sein sollte. Und in exakt diesem Moment schlug Amber die Augen auf, als hätte sie die ganze Zeit meinen Gedanken gelauscht. Als sich unsere Blicke trafen, breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus; langsam, wie ein Kräuseln auf der Oberfläche eines vollkommen stillen Sees. Und da hatte ich gewusst, dass ich sie heiraten würde.

Ich steckte den Ring wieder in die Tasche und stellte mir das kleine Ferienhaus in der Toskana vor, das ich für den Anlass gebucht hatte. Die aufgehende Sonne wärmte seine Mauern, Schwalben glitten über unseren Köpfen durch den Himmel. Ich hatte geplant, bei einem spontanen Picknick an diesem Abend gemeinsam mit ihr den Sonnenuntergang zu genießen. Und genau dann wollte ich ihr den Antrag machen. Amber war von Rom, wo sie ihre alte Freundin Charlotte besucht hatte, auf dem Weg dorthin. Mein Flug, der mich zu ihr bringen sollte, würde wenige Stunden später ab Heathrow gehen. Es würde ein perfekter Tag werden …

… Nur, dass daraus nichts werden würde.

Stattdessen saß ich, umgeben von schreienden Babys und wichtigtuerischen Geschäftsleuten, in einem stickigen, quietschenden Zug auf dem Weg ins tiefste englische Hinterland, um jemanden zu besuchen, den ich seit fünfzehn Jahren nicht gesprochen hatte und der mich, soviel ich wusste, abgrundtief hasste.

Der Zug fuhr in einen Tunnel. Ich lehnte den Kopf gegen den Sitz und schloss die Augen, denn mir war schlecht von dem Geschaukel. Dann, genau in dem Moment, als wir wieder ins Tageslicht eintauchten, kam der Anruf, vor dem ich mich schon die ganze Zeit gefürchtet hatte. Ich trat in den Vorraum hinaus und spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, nicht dranzugehen, aber nach dem nächsten Klingeln überwand ich mich schließlich.

«Hallo.»

«Buongiorno, mein Schatz! Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen. Bitte sag mir, dass es in London regnet. Hier ist es so toll heute.»

Ich schaute aus dem Fenster in den wolkenlosen Himmel.

«Ja, es regnet wie aus Eimern.»

«Perfekt. Bist du schon am Flughafen?»

Ich bekam einen trockenen Mund.

«Hallo, bist du noch da?», fragte Amber.

«Ja, ich bin noch da … aber ich … Ich weiß, das ist superätzend, aber ich kann nicht kommen.» Es dauerte einen Moment, bis Amber das verdaut hatte.

«Wie meinst du das?»

Ich versuchte, ihre Enttäuschung zu überhören.

«Es ist was dazwischengekommen.»

«Bei der Arbeit?»

«Nein, was anderes … Es ist …» Schon bei der kleinsten Rückfrage geriet ich ins Schwimmen.

«Moment, Joel, bitte sag mir, dass du nicht … Hör zu, es ist nicht schlimm, wenn du einen Ausrutscher hattest.»

«Nein», sagte ich schnell. «Ich schwöre. Nicht einen Tropfen.»

«Du kannst es mir ruhig sagen. Ich bin auch nicht sauer.»

«Nein, das ist es nicht», sagte ich.

«Was denn dann?» Jetzt klang Amber ein kleines bisschen genervt.

In dem Moment wurde der Zug langsamer, und die monotone Stimme des Zugbegleiters kam über die Lautsprecher:

«In wenigen Minuten erreichen wir Kemble.»

«Hab ich da gerade Kemble gehört?», fragte Amber. «O Gott, es ist doch nichts mit deiner Mum, oder? Ist was passiert?»

«Nein, es ist nichts passiert», sagte ich. «Aber … sie hat mich angerufen und war ziemlich von der Rolle. Sie ist wieder nicht gut drauf – aber schlimmer als sonst.»

Das stimmte wenigstens, auch wenn es mir Unbehagen bereitete, an das Gespräch mit Mum zurückzudenken, in dem ich ihr von dem Brief erzählt hatte. Sie hatte immer mal schlechte Tage gehabt, seit ich ausgezogen war, und ich wusste, dass sie manchmal sehr litt – vor allem, wenn sie mich über lange Phasen nicht sah –, aber weinen gehört hatte ich sie noch nie.

«Oh, die Arme!», sagte Amber. «Aber okay, dann komme ich wohl besser gleich mit dem nächsten Flieger nach Hause.»

«Nein, du solltest trotzdem noch bleiben – lade doch Charlotte ein. Ihr zwei habt euch sicher noch eine Menge zu erzählen. Ich komme nach, sobald ich kann.» Ich wusste zwar, dass das so gut wie unmöglich war, selbst wenn heute alles gut lief, aber ich konnte nicht anders.

«Wenn du meinst.»

Amber bemühte sich mir zuliebe, nicht enttäuscht zu klingen, wodurch ich mich gleich noch zehnmal schlechter fühlte.

«Tut mir leid», sagte ich. «Ich wünschte, es wäre anders.» Und das tat ich weiß Gott.

In dem Moment wurde der Empfang schlecht, dann brach die Verbindung ganz ab, und mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich dieses Spiel noch durchgehalten hätte.

Wir erreichten den Bahnhof von Kemble. Im Vorbeifahren sah ich das Ortsschild mit den rostbraunen Buchstaben auf mattweißem Hintergrund. Als die Türen aufgingen, zögerte ich. Ich konnte einfach im Zug bleiben und noch eine Station bis Stroud fahren, wo Mum wohnte. Nichts zwang mich dazu, hier auszusteigen. Aber im letzten Moment tat ich es doch noch, und der Zug fuhr, Dieselgeruch hinter sich lassend, weiter.

Ich lief bis zum Ende des Bahnsteigs und ging die Fußgängerbrücke hoch. Oben blieb ich stehen und betrachtete die Gleise unter mir. Dann drehte ich mich langsam einmal um mich selbst und ließ meine Umgebung auf mich wirken. Ein Doppeldecker nahm wackelig Anflug auf den Cotswold Airport. Im Süden ragte die Spitze des Kirchturms gerade so über die Baumwipfel. Im Norden stand das Pub The Thames Head, wo ich mein erstes legales Bier getrunken hatte. Und von da aus war es nur ein Katzensprung zu der Wiese, auf der zwei sorglose jugendliche Rumtreiber sich ein Versprechen gegeben hatten.

Ohne den Brief hätte ich das Versprechen von damals vielleicht vergessen – was schade gewesen wäre, aber auch nicht weiter tragisch. Aber der Inhalt dieser einen DIN-A4-Seite lenkte meine Aufmerksamkeit schlagartig auf Dinge, an die ich Jahre nicht mehr gedacht hatte. Auf Fehler aus der Vergangenheit, die nie korrigiert worden waren. Auf Menschen, die mir einmal sehr viel bedeutet hatten. Und einer davon war der Junge mit den Locken gewesen, dem ich dabei zugesehen hatte, wie er auf dem Rand des Themsequellen-Denkmals balancierte und über eine Zukunft sprach, die eine Million Jahre weit weg schien. Es war nur ein dummes Teenie-Versprechen gewesen und ebenso schnell in Vergessenheit geraten, wie die Fußspuren in dem Gras verschwanden, über das wir damals nach Hause liefen. Trotzdem hatte ich jetzt das Gefühl, dass ich es unbedingt einhalten sollte – auch wenn mich das gleich zum unbeliebtesten Geburtstags-Überraschungsgast aller Zeiten machen würde.

Kapitel DreiTheo

«Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, du alter Spinner.»

Ich beugte mich hinunter, um mich von meiner Schwester extra fest drücken zu lassen. Mit ihren vom jahrelangen Rollstuhlfahren gestählten Armen hätte sie mich jederzeit zerquetschen können. Alice’ Haus lag direkt neben dem unserer Eltern. Sie hatten es gekauft, als die Nachbarn weggezogen waren, und all ihre Ersparnisse aufgebraucht, um es für sie umzubauen: mit Rampen, breiteren Fluren, einem speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Bad – und allem Pipapo.

Ich ließ mich aufs Sofa fallen und stieß einen langen, tiefen Seufzer aus.

Das Gespräch mit Dad über meinen Auszug lag jetzt eine Woche zurück. Es war klar, dass er und Mum diesmal hart bleiben würden, und wenn ich nicht wollte, dass auf meine Geburtstagsfeierlichkeiten gleich mein Rauswurf folgte, würde ich zu drastischen Maßnahmen greifen müssen.

«Mum und Dad meinen es tatsächlich ernst, sie setzen mich auf die Straße», sagte ich. «Es bleibt mir also nichts anderes übrig» – ich konnte nicht widerstehen, eine dramatische Pause einzubauen –, «als sie zu verklagen.»

Alice starrte mich einfach nur an, ohne eine Miene zu verziehen – wie immer, wenn sie mir zu verstehen geben will, dass ich völligen Blödsinn rede.

Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, aber üblicherweise hatte meine kleine Schwester recht.

«Okay, klar, natürlich verklage ich sie nicht wirklich», sagte ich. Ich stellte mir ihre kleinen Gesichter bei Gericht vor. Sie zu verklagen, wäre, wie Paddington Bär zu erklären, er habe eine Allergie gegen Marmelade entwickelt.

«Gut», sagte Alice. «Nachdem dieser Quatsch also vom Tisch ist: Kannst du das alles nicht einfach als den dringend benötigten Tritt in den Hintern betrachten?»

«Wieso?», fragte ich so unschuldig wie möglich.

«Na ja, du bist gerade dreißig geworden … und du wohnst in einer Hütte. Ich bin kein Life Coach oder so, aber ich würde meinen, daran erkennt man, dass du nicht gerade mitten im Leben stehst. Nimm’s mir nicht übel, aber ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass du dein Leben komplett verschwendest, weil du dich in einen Kokon aus Ichbezogenheit und sinnlosen Rachegedanken eingesponnen hast.»

«Hm», sagte ich. «Es wird ja gemeinhin erwartet, dass man ‹schon gut› sagt, wenn jemand einer Kritik ‹Nimm’s mir nicht übel› voranstellt. Aber um ehrlich zu sein, finde ich das schon ziemlich kränkend.»

Um mich den unangenehmen Wahrheiten, die Alice ausgesprochen hatte, nicht stellen zu müssen, flüchtete ich mich in sprachliche Spitzfindigkeiten, was sich immer mehr zu einer meiner Stärken entwickelte.

«Langweilst du dich denn hier nicht zu Tode?», fragte Alice völlig unbeirrt. «Ich meine, willst du nicht was von der Welt sehen? Um es ganz klar zu sagen: Nicht alle von uns haben den Luxus, problemlos überall hinfahren und alles erkunden zu können, worauf sie verdammt noch mal Bock haben.»

Ich bekam sofort Schuldgefühle und schaute weg. Nach Alice’ Unfall hatte ich mir geschworen, sie niemals allein hier zurückzulassen. Sie hatte mich förmlich anbetteln müssen, auf die Uni zu gehen, während ich ihr klarzumachen versuchte, dass daraus nichts werden würde. Damals war das vielleicht eine noble Geste von mir gewesen, aber dass ich wegen Alice hierblieb, war mittlerweile nichts weiter als eine faule Ausrede, hinter der ich mich – zu meiner Schande – versteckte. Denn um ehrlich zu sein, ging ich nicht weg, weil ich Angst hatte. Ich konnte noch so viel vorschützen, dass es mir ja leider nicht möglich sei, meine Reiseträume zu verwirklichen oder meine großen Pläne, etwas in der Welt zu bewirken oder irgendwo die Karriereleiter zu erklimmen und einen Haufen Geld zu verdienen, in die Tat umzusetzen. In Wahrheit erschöpfte sich mein Ehrgeiz darin, zu testen, wie viele Würstchen ich hintereinander weg verdrücken konnte, und die Vorstellung, mich wieder der Realität zu stellen, erschien mir ähnlich verlockend wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.

Erst während der letzten Monate, in denen ich unausweichlich auf die dreißig zusteuerte, hatte eine nervige Stimme in meinem Hinterkopf mich gezwungen, Bilanz zu ziehen. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ein Resümee meines bisheriges Lebens kein spannender Lesestoff war, vor allem dann nicht, wenn man ihn in die Form eines dieser MSN-Fragebögen von Anfang der 2000er goss:

Name: Theo Hern.

Höchster Bildungsabschluss: B.A.

Alter: Urgh. Dreißig.

Beziehungsstatus: Single. Per gemeinsamem Beschluss. Definitiv eine einvernehmliche Entscheidung. Ohne Frage. Okay, 60 zu 40 war’s ihre. Maximal 70 zu 30.

Erscheinungsbild: Eine Kreuzung aus Screech aus California High School und einem desinteressierten Gerichtsdiener in einer True-Crime-Doku.

Interessen: Die Werke von Søren Kierkegaard, Impressionismus, Schach, die Musik von Chopin und Strawinsky, Opern, Kalligrafie, Taekwondo, Geocaching, Glasbläserei, Kraftdreikampf, das Hutmacherhandwerk, Freiwilligenarbeit.

Wahre Interessen: Mich in der U-Bahn absichtlich-unabsichtlich so hinstellen, dass ich die Textnachrichten von anderen lesen kann.

Größte Stärken: Kann richtig gut die Uhrzeit erraten und kenne noch alle Jingles aus der TV-Werbung der frühen 90er. Guter Hairstyle (2009–2012).

Größte Schwächen: Zarte Hände. Schwarzmalerei.

Was ich verbieten würde, wenn ich die Weltherrschaft innehätte: Fracking. Straßenkünstler.

Beruf: Social-Media-Manager bei einer Billig-Burger-Kette.

Der letzte Punkt auf der Liste war der deprimierendste.

Nach der Uni und dem – nach einem «Zwischenfall» beim Edinburgh Festival katastrophal fehlgeschlagenen – Versuch, es als Comedian zu schaffen, war ich mit der Frau, die ich liebte, nach London gezogen, um Karriere zu machen. Ich warf mich voller Elan in eine Reihe von Marketing-Jobs und bekam schließlich eine Stelle als Texter. Ich schaffte es, meine Position relativ stetig immer weiter auszubauen und jeden Tag genug Kreatives zu tun, um den nervtötenden Teil der Arbeit für die Firma wettzumachen. So weit, so vernünftig. Aber dann wurde ich irgendwie kribbelig. Hatte ich die Flinte zu schnell ins Korn geworfen? Seit meiner Kindheit war ich geradezu besessen gewesen von der Idee, in der Fernsehwelt Fuß zu fassen und Comedyserien zu schreiben – und was war? Ich hatte meine Ideale verraten. Aber dann passierte etwas, das ich nur zu gern als EINDEUTIGESZEICHEN auslegte. Einer meiner Kunden im Kommunikationsteam bei Sky fand einen Werbetext von mir (ich zitiere) «megakomisch» und beschloss daraufhin, den Text an seinen Freund in der Comedy-Redaktion weiterzugeben. Dieser Freund, Bryan, lud mich zu einem Kaffee ein. Er war nicht der blitzgescheite lakonische Kreative, den ich erwartet hatte – und ich war einigermaßen abgetörnt von seinem T-Shirt mit dem Aufdruck iPups. Aber nach unserem Treffen meinte er, er würde sich freuen, wenn ich in sein Autorenteam für einen Piloten käme, an dem er gerade arbeite. «Das wär cool», sagte ich. Dabei drückte ich ein Ketchup-Tütchen so fest zusammen, dass der Inhalt auf mein T-Shirt spritzte und ich aussah, als hätte ein Heckenschütze auf mich geschossen. Aber an diesem Abend schwebte ich nach Hause und feierte in jedem Pub auf dem Weg mit einem Bierchen. Als ich zu Hause ankam, fuhr ich meinen Laptop hoch, öffnete das Mailprogramm und informierte meinen Chef: Theo Hern wird nicht länger ein Schreibsklave dieses unerträglichen Schweineunternehmens sein, sondern geht unter die Autoren.

Das wäre vielleicht alles kein Problem gewesen, wenn ich in meiner Kündigung nicht so viel Gift verspritzt hätte. Aber es stellte sich heraus, dass Bryan wohl irgendeinen Fehler gemacht hatte und ich doch nicht mit ihm an dem Piloten arbeiten durfte. Im Gegenteil wollte er wahrscheinlich kündigen und zum Versicherungsmathematiker umschulen, denn er war pleite und wohnte auf einem Kanalboot ohne Fenster. Und mein Ex-Chef bevorzugte es, mich lieber nicht zurückzunehmen.

Und so begann die Kette von Ereignissen, die schließlich dazu führte, dass ich vor zwei Jahren aus London nach Hause zurückgekehrt war: ohne Job, ohne Freunde, mit einem gebrochenen Herzen und einer hässlichen unförmigen Narbe am rechten Ellenbogen, deren Ursprung mir so peinlich ist, dass es körperlich wehtut.

Weil die Chancen, ein glänzendes Arbeitszeugnis zu bekommen, eher gering waren, blieben mir nicht allzu viele Optionen, als es darum ging, mir eine neue Stelle zu suchen. Am Ende ergatterte ich mit viel Glück den Job, den offiziellen Twitter-Account einer Billig-Burger-Kette namens «Captain Beefy» zu betreuen, die unerklärlicherweise mehr als hunderttausend Follower hat. Meine Aufgabe besteht darin, hirnerweichende acht Stunden am Tag dümmliche Witzchen und Kalauer zu posten und mit den Followern zu interagieren. Und wenn ein Feiertag ansteht oder gerade irgendwas trendet, soll ich darauf Bezug nehmen. Ich gebe mir alle Mühe, mich dem Enthusiasmus meines freundlichen, aber total schrägen Chefs Jake anzupassen. Aber als er mich neulich fragte, warum ich denn nichts über die Freuden getwittert hätte, «als Engländer den St. George’s Day zu begehen», konnte ich mich nicht überwinden, ihm die Wahrheit zu sagen, nämlich, dass alles, was mir zum St. George’s Day einfiel, ein einsamer Schuh auf dem Dach einer Bushaltestelle war. Im Regen.

«He, hörst du mir überhaupt zu?» Alice warf mir eine Pistazienschale an den Kopf.

«Was?», sagte ich.

«Ich erzähle dir gerade lang und breit, wie sehr du dein Leben verschwendest.»

«Tut mir echt leid. Weißt du eigentlich von den Gästen, die sich bei Mum und Dad eingeladen haben, um auf meinen Geburtstag anzustoßen?» (Mir war eingefallen, dass ich noch eine Ablenkung in petto hatte.)

Alice kniff die Augen zusammen. «Gäste? Was denn für Gäste?»

«Na, unsere reizenden Nachbarn natürlich. Beverley und Roger.»

«O Gott», stöhnte Alice. «Die langweiligsten Menschen der Welt. Wie spät ist es? Ach, egal. Wenn ich später eine Unterhaltung mit den beiden überstehen will, muss ich jetzt anfangen zu trinken. Bleib du hier sitzen und denk über dein erbärmliches kleines Leben nach, ich schaue mal nach, was ich an Alkohol dahabe.»

Ich sah Alice dabei zu, wie sie sich in die Küche manövrierte – und konnte mich wie immer nicht entscheiden, ob ich ihr meine Hilfe anbieten und riskieren sollte, gönnerhaft zu wirken, oder lieber nichts tat und es drauf ankommen ließ, als nicht hilfsbereit dazustehen. Mich erfasste eine riesige Welle der Zuneigung für meine Schwester. Ihr Einfühlungsvermögen ließ zwar deutlich zu wünschen übrig, aber ich wusste, dass sie nur mein Bestes wollte. Dasselbe galt für Mum und Dad. Wirklich, ich hatte ein unfassbares Glück, dass sie meine Familie waren. Sie waren die beste Art von Auffangnetz, die man sich wünschen konnte, und ich liebte sie alle sehr. Ehrlich, nichts machte mich glücklicher, als an einem schönen Tag mit ihnen im Garten zu sitzen und Tee zu trinken. Mir ist egal, wie langweilig oder traurig es klingt, wenn ich das sage. Denn es sind genau solche Momente, in denen meine Sorgen von mir abfallen, selbst wenn Dad sich dann entschließt, mit seinen Slippern aufs Dach zu steigen, um die Fernsehantenne neu auszurichten, während in der Ferne Donner grollt. Das Problem war nur, dass sie mich alle miteinander wieder in die Welt hinausschicken wollten, ganz egal, wie oft ich ihnen erklärte, dass ich das doch alles schon gemacht hatte und es wirklich nicht das Richtige für mich war.

«Du sprichst über das Leben wie ein Kind, das zum ersten Mal eine Olive probiert hat», hat Mum mal in einem der seltenen Momente zu mir gesagt, in dem der Frust mit ihr durchging. Aber so schwer es auch auszuhalten war, dass ich sie und Dad und Alice enttäuschte – ich fühlte mich einfach immer noch zu schwach, um es wieder mit dem echten Leben aufzunehmen. Es musste mir nur etwas weniger Durchgeknalltes einfallen, als sie zu verklagen, damit sie das mit dem Rauswurf für ein weiteres Jahr vergaßen.

Als Alice mir ein Glas Wein reichte, stieß sie versehentlich mit dem Ellenbogen gegen die Fernbedienung auf der Sofalehne, und plötzlich ging der Fernseher an. Wir gerieten in die Schlussszene einer Wiederholung der aktuellen Folge von The Tooth Hurts, der erfolgreichen Zahnarzt-Sitcom auf BBC One. Alice und ich hatten uns die komplette Episode am Vorabend schon in eisigem Schweigen angeschaut. Und auch jetzt sahen wir wieder ohne den Hauch eines Lächelns dabei zu, wie die reizende, von Amber Crossley gespielte Hauptfigur rückwärts in eine Hochzeitstorte fiel und das Studiopublikum in Gelächter ausbrach.

«So schlecht», sagte ich.

«Echt arm», pflichtete Alice mir bei, und ich fühlte mich schuldig und wohlig zugleich, wie immer, wenn ich Alice so sehr aufstachelte, dass sie ihre Wut auf den Bildschirm lenkte.

«Bist du bereit?», fragte ich.

Alice nickte.

«Warte … jetzt gleich …»

Der Abspann lief an, und wir warteten, bis der Name auf dem Bildschirm erschien, dann riefen wir im Chor unsere Parole:

«Der verdammte Joel Thompson!»

Kapitel VierJoel

Das Einzige, wofür Kemble berühmt ist, ist ein kleines, etwas verlegen in der Gegend rumstehendes Denkmal mit ein paar Steinen davor. Die Stelle markiert die Quelle der Themse und den Beginn des Themsepfads, eines 184 Meilen langen Wanderwegs, der an der Thames Barrier, einem Sperrwerk im Osten Londons, endet. Mich erstaunt jedes Mal wieder, dass sich am Bahnhof von Kemble keinerlei Hinweis auf dieses Denkmal findet, wo doch sonst jede noch so unbedeutende regionale Sehenswürdigkeit angepriesen wird. «Ausstieg hier für das Brotmuseum von Uttoxeter sowie zum Umsteigen nach London St. Pancras für die Weiterreise nach Paris.» Vielleicht macht es ja den Charme dieses Dorfes aus, dass es sein Licht unter den Scheffel stellt. Ich komme heutzutage nur noch selten hierher, aber nach dem, woran ich mich aus meiner Kindheit erinnere, kann es sehr reizvoll sein. Die Wiesen sind im Sommer saftig und grün und auch im Winter noch schön, wenn sie von Frost überzogen sind. Als Jugendlicher habe ich die idyllische Schönheit des Ortes ausgiebig gefeiert, indem ich sie mit Steinen bewarf.

Sobald ich den Bahnhof verließ, sprang mich die Vergangenheit förmlich an. Die Hecken waren erfüllt von Vogelgezwitscher, in der Ferne surrten Mähdrescher. Der perfekte August-Samstag in England. Aufmerksamkeit für meine Umgebung war nicht gerade meine starke Seite. Ich neigte eher dazu, mit gesenktem Kopf durch die Gegend zu laufen. Aber seit Kurzem ertappte ich mich häufig bei dem Versuch, mir so vieles davon einzuprägen wie möglich. Und heute war alles reines Gold.

Ich blieb stehen, um es auf mich wirken zu lassen. Aber wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, hatte meine mangelnde Eile wohl eher damit zu tun, warum ich hier war und wen ich besuchen wollte. Ich hatte immer darauf gewartet, dass meine Schuld- und Reuegefühle wegen dem, was passiert war, irgendwann von selbst nachlassen würden, aber jetzt konnte ich mich nicht mehr darauf verlassen, dass die Zeit alte Wunden heilt. Wenn ich versuchen wollte, Wiedergutmachung zu leisten und die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, musste ich es sofort tun.

Als ich vor Theo Herns Elternhaus ankam, atmete ich ein paarmal tief durch. Ich erinnerte mich an die vielen Abende, an denen ich hier stehen geblieben war, um einen Blick zurückzuwerfen – dankbar für die Wärme und Liebe, mit der ich stets hinter dieser Haustür empfangen wurde, und voller Furcht vor dem, was mich zu Hause erwartete. Es war bitter zu spüren, dass mich die gleiche Angst nun hier befiel.

Ich ging auf die Haustür zu und probte dabei den Satz, mit dem ich das Gespräch eröffnen wollte. «Ich kam gerade hier durch, und da ist mir wieder eingefallen, dass du heute Geburtstag hast», würde ich sagen. «Also dachte ich, ich schaue kurz vorbei, um Hallo zu sagen.» Ich drückte mit klopfendem Herzen auf die Klingel, doch die Ironie des Ganzen entlockte mir ein Lächeln. Denn auch wenn ich Theo das nicht wissen lassen würde, war ich in Wirklichkeit gekommen, um auf Wiedersehen zu sagen.

Als auch nach dem zweiten Klingeln niemand öffnete, verspürte ich eine Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung. Vielleicht hatte ich mich ja im Datum geirrt. Aber dann sah ich im Augenwinkel, wie der Vorhang im Wohnzimmer sich bewegte. Es war also definitiv jemand da. Ich klingelte noch mal. Wieder nichts.

Ich ging um das Haus herum in den Garten. Zuerst konnte ich wegen des blendenden Sonnenlichts nicht erkennen, was jenseits der Terrassentüren vor sich ging, aber als ich näher kam, sah ich, dass da Leute im Wohnzimmer kauerten, mit dem Rücken zu mir. Als ich erst Theos Eltern entdeckte und dann Alice, verschlug es mir den Atem. Theo hockte auf der anderen Seite des Zimmers und spähte zwischen den Vorhängen hindurch auf die Straße – das Zucken, das ich vorhin bemerkt hatte. Allein schon der Anblick seines wilden Lockenkopfs löste bei mir akute Nostalgie aus, die mich wie ein Schlag in die Magengrube traf. Als ich noch näher heranging, inzwischen mit Herzrasen, kapierte ich, dass Theo und seine Familie sich vor mir versteckt hatten. Das verhieß nichts Gutes.

Im Endeffekt blieb mir keine andere Wahl, als höflich an die Scheibe zu klopfen.

Selbst als ich sah, wie Theo sich mit vor Schreck und Angst verzerrter Miene langsam umdrehte, konnte ich nicht anders, als zu lächeln. Auch wenn er gerade dreißig geworden war, hatte er sich kaum verändert. Unter anderem weil er ein T-Shirt trug, von dem ich geschworen hätte, dass ich es noch aus unserer Schulzeit kannte. Wie sehnte ich mich danach, dass er mit einem breiten Grinsen die Tür aufreißen, lachen und mich fragen würde, was zum Teufel ich hier machte.

Dann kam er auf mich zumarschiert, riss die Tür auf und sagte genau das, was ich mir gewünscht hatte, nur mit Schaum vor dem Mund.

«Was zum Teufel machst du hier?»

Der Hass in seinem Blick ließ mich einen Schritt zurückweichen.

«H-hallo», stammelte ich. Ich räusperte mich und wusste plötzlich nicht mehr, wohin mit meinen Händen. Sie hinter dem Rücken zu verschränken, erschien mir zu feierlich, sie in die Taschen zu stecken, zu lässig. «Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich kam einfach gerade hier durch», sagte ich in dem lächerlichen Versuch, locker zu klingen. «Und da dachte ich, ich schau mal vorbei, um Hallo zu sagen, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag natürlich.»

«Du kamst was …?» Theo starrte mich völlig verwirrt an, so als wäre ich ein Fremder, der ihn gerade in einer fremden Sprache nach dem Weg gefragt hat. «Du kamst einfach … gerade … hier durch», wiederholte er.

«Ja», sagte ich.

«Auf dem Weg nach …?»

«Ach, weißt du doch.»

«Äh, nein», sagte Theo. «Tu ich nicht.»

«Könnten wir uns vielleicht kurz mal unter vier Augen unterhalten?», fragte ich, da ich die Blicke der anderen auf mir spürte.

Theo stieß ein seltsames Japsen aus, eine Art höhnisches Lachen, über das ich unter anderen Umständen vielleicht gelacht hätte, aber jedes Gefühl der Belustigung wurde im Keim erstickt, als ich seinen jetzt wahrhaft mörderischen Blick bemerkte.

«Sorry, aber mir ist nicht nach einem Schwätzchen. Vielen Dank fürs Vorbeischauen – aber du weißt ja: nicht angemeldet, nicht eingeladen, nicht willkommen. Und wenn sonst nichts ist, wärst du dann wohl so nett, dich zu verpissen.»

«Na ja, es gibt tatsächlich noch was anderes», sagte ich. «Was Wichtiges. Ich weiß, dass wir uns sehr lange nicht gesprochen haben …»

«Aus gutem Grund.»

»… und das jetzt ziemlich unerwartet kommt, aber bitte … hörst du’s dir einfach mal an? Du wirst es hören wollen, das versprech ich dir.»

Theo tat so, als dächte er darüber nach.

«Ähm. Nein danke, interessiert mich nicht.»

Er wollte die Tür zumachen, aber ich schob schnell meinen Fuß dazwischen. Wir schauten beide überrascht auf meinen eingeklemmten Fuß.

«Bitte», sagte ich, «es dauert nicht lange. Zwanzig Minuten, mehr will ich gar nicht.»

Ein Blick in Theos Augen sagte mir, dass er mit sich rang. Er war offensichtlich nicht erfreut, mich zu sehen, aber doch neugierig zu erfahren, worum es ging, da war ich mir sicher.

Schließlich zog er die Tür wieder auf und befreite meinen Fuß. Dann ging er weg und kehrte wenige Augenblicke später mit einer Jacke unter dem Arm zurück.

«Also gut», sagte er. «Aber zehn Minuten, nicht zwanzig. Und ganz bestimmt nicht hier.»

Kapitel FünfTheo

Als Joel mit unseren Pints an den Tisch zurückkam, wurde mir bewusst, wie es in einem anderen Leben hätte sein können: Dann hätten wir zusammen hier gesessen, in der Stammkneipe unserer Teenie-Zeit, vielleicht am Weihnachtsabend, über die um uns herum sitzende alte Truppe aus der Schule gelästert, uns die beknackten Spitznamen von damals in Erinnerung gerufen und all die zweifelhaften Geschichten wieder aufgewärmt, die von Mal zu Mal absurder geworden wären.

Ich trank mein Pint übertrieben demonstrativ in einem Zug halb leer. Meine Jacke hatte ich mir über die Schultern gehängt, statt sie richtig auszuziehen, um zu zeigen, dass ich mich hier gar nicht erst gemütlich niederließ. Ich hatte immer noch nicht ansatzweise verdaut, dass Joel – der verdammte Joel Thompson – tatsächlich leibhaftig vor mir saß. Ich hatte gar nicht gewusst, was ich tun sollte, als er plötzlich vor dem Haus stand. Was vielleicht erklärt, warum ich panikartig allen befohlen habe, sich zu verstecken. Keine Ahnung, ob sie dachten, es wären Zeugen Jehovas oder kriegslüsterne Aliens gekommen, oder ob sie es für ein neues Gesellschaftsspiel hielten, das ich für meinen Geburtstag erfunden hatte. Jedenfalls klang ich offenbar so überzeugend, dass sie alle widerstandslos taten, was ich ihnen sagte.

Joel spielte mit seinem Bierdeckel herum und wirkte untypisch nervös. Er zeigte keine Spur von dem lässigen Charme, den ich von ihm gewohnt war. Auf eine seltsame Art verunsicherte mich das. Joel war immer jemand gewesen, der sich auf jede Situation einstellen konnte und spielend mit ihr fertigwurde. Und das war nur eine von vielen Eigenschaften, um die ich ihn beneidete. Ich hatte Jahre gebraucht, um zu ergründen, worin der Hauptunterschied zwischen uns lag, und war am Ende zu dem Schluss gekommen, dass Joel ein Mensch war, dem man wirklich jeden Hut aufsetzen konnte. Er war jeder Aufgabe gewachsen, vor die man ihn stellte, wohingegen ich zu den Menschen gehörte, die nicht einmal darauf vertrauten, dass eine automatische Tür sich auch wirklich öffnete, wenn sie darauf zugingen.

Aber heute schien er nicht nur nervös zu sein, er sah auch, nun ja, ziemlich scheiße aus. In meiner Vorstellung war er inzwischen dermaßen auf dem roten Teppich zu Hause, dass er einen persönlichen Visagisten beschäftigte, aber seine Haut war wächsern und fahl, und er wirkte fast ausgemergelt. Kaum, dass er auch nur semiberühmt geworden war, waren Gerüchte über Koks-Exzesse (wie klischeehaft!) und durchzechte Wochenenden in Soho aufgetaucht. Auf der Website einer Klatschzeitung hatte ich sogar mal ein Foto entdeckt, das ihn beim Verlassen eines runtergekommenen Clubs zeigte und auf dem er ziemlich «ramponiert» aussah, um nur eine der beschönigenden Umschreibungen zu bemühen.

Ich spürte bereits das Bier, das ich mir reingelötet hatte, und wollte die Sache hinter mich bringen, bevor ich anfing, mich zum Narren zu machen.

«Also, raus damit. Warum bist du hier?», fragte ich.

Joel kratzte sich am Kinn und blies dann die Wangen auf.

«Weißt du noch, wie wir uns das erste Mal an der Themsequelle bekifft haben?», fragte er.

Puh, das hatte ich jetzt wirklich nicht erwartet.

«Nein», erwiderte ich ausdruckslos, sah uns aber sofort an diesem Tag vor mir. Warum kam er ausgerechnet darauf zu sprechen? War das einfach ein cleverer Trick, um mich an glücklichere Zeiten zu erinnern? Falls er die Themsequelle wirklich aus taktischen Gründen erwähnte, war das perfide und ärgerlich.

Fast so ärgerlich wie die Tatsache, dass mir mit jeder Sekunde, die verging, klarer wurde, wie sehr ich ihn vermisst hatte.

Kapitel SechsJoel

Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Auch weil ich nicht wusste, ob Theo mitbekommen hatte, dass ich den Barmann zwei Flaschen alkoholfreies Bier in mein Pint-Glas hatte schütten lassen. Außerdem war es dermaßen typisch Theo, mit der Jacke über den Schultern dazusitzen wie ein miesepetriger Napoleon, dass ich ihn einfach nur in den Arm nehmen wollte.

Ich merkte, dass er log und sich durchaus noch an den Tag am Themsequellen-Denkmal erinnerte, ließ ihm das aber durchgehen und erzählte die Geschichte einfach so gut, wie ich sie selbst noch zusammenbekam. Wir hatten uns damals was besorgt, was Hasch sein sollte, aber genauso gut auch ein Brühwürfel hätte sein können. Wir waren absolute Rebellen, wir ließen uns von niemandem was vorschreiben. Und wie hätten wir «denen da oben» besser den Stinkefinger zeigen können, als indem wir uns am Startpunkt eines amtlichen Wanderwegs niederließen und etwas rauchten, was auch gut als Instantsoße durchgegangen wäre?

«Ich finde, wir sollten diesen Pfad gehen», hatte Theo gesagt und einen Rauchkringel in die kalte Winterluft geblasen.

«Was, jetzt?», hatte ich gähnend gefragt. «Ich glaub, der ist fast 200 Meilen lang. Und ich hab echt Kohldampf.»

«Nicht jetzt, aber sagen wir in einer Million Jahren, wenn wir dreißig sind oder so. Dann wandern wir durchs Land, machen in jeder Kneipe Station und legen … du weißt schon … Schlampen flach.»

«Ich weiß ja nicht, ob dich eine ranlässt, wenn du sie so nennst.»

Ich duckte mich, weil er mit einem Zweig nach mir schlug.

«Aber stell’s dir doch mal vor. Nur du und ich, wie wir durch die Gegend ziehen. Von dem Zeug hier hätten wir natürlich auch was dabei.»

«Klar.»

«Ich könnte Akkordeon lernen und das auch mitnehmen.»

«Okay, ich bin raus.»

Theo ignorierte mich. Er war aufgestanden, auf den Stein geklettert, der das Denkmal bildete, und balancierte wild mit den Armen rudernd darauf herum. «Am Ende würden wir ganz erschöpft von unserer Tour in London einlaufen.»

«Randvoll mit Chlamydien.»

«Randvoll mit Erfahrungen.»

Ich tat so, als würde ich schnarchen.

«Komm schon, bist du dabei?», fragte Theo und sprang wieder runter.

«Wenn ich Ja sage, gehen wir dann Pizza essen?»

«Ja, okay.»

«Also gut. Ich bin dabei.»

Wir legten uns die Arme um die Schultern und gingen. Jede Verlegenheit, in die uns diese offene Zuneigungsbekundung sonst womöglich gestürzt hätte, kaschierten wir, indem wir so taten, als wären wir zu stoned, um gerade gehen zu können – wobei ich es schon krass fand, wie sehr Hasch nach Sonntagsbraten schmeckte.

Jetzt, in dem Pub, schaute Theo mich skeptisch an, während ich die Geschichte erzählte.

«Und was ist dann passiert?», fragte er.

Ich machte ein böses Gesicht. «Ich glaube, du hast mich in eine Hecke geschubst.»

«Ach ja.» Theo musste grinsen, nahm aber schnell einen großen Schluck Bier, als er meinen Blick bemerkte.

«Dann erinnerst du dich also?», fragte ich.

Er zuckte die Achseln. «Kann sein.»

«Und …?»

«Und was?»

«Lass es uns tun! Denk drüber nach: Du und ich auf dem Themsepfad. Oxford, Runnymede, Windsor, Henley. Guck, hier!» Ich zog ein Buch aus der Hosentasche, das ich am Vortag gekauft hatte. «Ich hab einen Wanderführer und alles.»

Theo starrte mich einfach nur an.

«Ist das dein Ernst?», fragte er. «Mal abgesehen davon, dass ich meinem Chef nicht einfach so sagen kann, ich bin dann mal weg. Glaubst du echt, du kannst – nach allem, was war – einfach so zurück in mein Leben spaziert kommen und mich an ein blödsinniges Versprechen erinnern, das wir uns mit fünfzehn gegeben haben?»

«Okay, okay, du hast ja recht», sagte ich, die Hände hochhaltend. «Ich hätte dich vorwarnen sollen, dass ich komme. Und es versteht sich von selbst, dass mir das mit Edinburgh immer noch total leidtut, und natürlich auch die Sache mit … mit …»

Theo stand auf. «Du kriegst nicht mal ihren Namen raus, was? Sie heißt Alice. Meine Schwester heißt Alice.» Er trank sein Bier aus. «Danke für das Angebot und alles, aber ich fürchte, lieber würde ich von einem sehr hohen Gebäude auf eine sehr fiese Zaunspitze springen, als noch eine weitere Sekunde mit dir zu verbringen.»

Ich beobachtete ihn, während er Anstalten machte zu gehen und blindlings mit den Armen herumstocherte, um sie in die Ärmel seiner Jacke zu bekommen. Und selbst als ihm das schließlich gelungen war, legte er noch einen typischen slapstickhaften Abgang hin, indem er durch eine Tür «stürmte», auf der – in Augenhöhe – «Ziehen» stand.

Schlimmer hätte die Sache wohl nicht ausgehen können. Und eigentlich wusste ich auch nicht, warum ich etwas anderes erwartet hatte. Zu glauben, ich könnte ihn aufgrund einer schönen Erinnerung dazu bringen, mit mir diese Wanderung zu machen, erschien mir jetzt selbst absurd.

Plötzlich kam es mir drückend heiß vor in diesem Pub, und ich ging aufs Klo, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu werfen. Als ich mich wieder aufrichtete, schaute mir Amber von einem ausgeblichenen Plakat entgegen. Es stammte von der kurzen Live-Tour von The Tooth Hurts, die wir nach der ersten Staffel gemacht hatten. Auch nach all den Jahren weckte ihr Lächeln sofort Sehnsucht in mir, selbst wenn es mir in der trostlosen Männertoilette einer schäbigen alten Kneipe auf einem halb zerfetzten Plakat begegnete. Ich kämpfte gegen das dringende Bedürfnis an, sie anzurufen und ihr alles zu erzählen.

Durch das Fenster sah ich, wie Theo mit geballten Fäusten davonstolzierte. Aber als ich mich gerade abwenden wollte, sah ich, dass er stehen blieb und einen Blick zurückwarf, bevor er seinen Weg fortsetzte. Und dieses kurze Zögern gab mir neue Hoffnung. Er war in Versuchung. Aber er hatte offensichtlich das Gefühl, mir gegenüber aus Prinzip nicht nachsichtiger sein zu dürfen. Also musste ich ihm einen anderen Anreiz bieten. Etwas, dem er nicht widerstehen konnte.

Ich betrachtete erneut das Plakat, und da kam mir eine Idee. Wenn ich meinen alten Freund dazu bringen wollte, über die Vergangenheit hinwegzusehen und mich wieder in sein Leben zu lassen, musste ich ihm seinen Traum auf einem Silbertablett servieren.

Kapitel SiebenTheo

Joel kam hinter mir hergerannt, und für die kurze Strecke war er ganz schön aus der Puste. Für einen privaten Fitnesstrainer gab der seine Kohle vom Fernsehen also schon mal nicht aus.

«Mach mal langsam, Theo.»

«Bin nicht interessiert», sagte ich.

«Okay, hör zu. Ich hab dir nicht alles erzählt», keuchte er. «Es gibt noch einen anderen Grund, warum ich hier bin.»

«Bin trotzdem nicht interessiert.»

«Theo.» Diesmal packte er mich am Ellenbogen. Dass er mich jetzt auch noch festhielt, erschreckte und schockierte mich, und ich riss mich wütend los.

«Jetzt hör du mir mal zu. Wenn dieser andere Grund nicht der ist, dass du eine verdammte Zeitmaschine erfunden hast, will ich ihn nicht hören, verstanden?»

In dem Moment bog eine Frau mit ihrem Windhund um die Ecke.

«Guten Tag!», rief sie fröhlich.

«Guten Tag!», antworteten wir wie aus einem Mund, denn auch wenn man gerade mitten in einer dramatischen Auseinandersetzung steckt, ist man sich doch bewusst, dass man in England ist und es Regeln gibt.

«Also, ich hatte neulich ein Meeting bei der BBC», sagte Joel.

«Schön für dich.»

Joel ignorierte mich.

«Denen ist eine Serie geplatzt, die eigentlich für nächstes Jahr eingeplant war, und jetzt brauchen sie Ersatz – eine andere Serie. Eine sechsteilige Comedy. BBC Two, der Sendeplatz abends um halb zehn.»

«Na und?», sagte ich.

«Na ja, ich bin in Zugzwang gekommen. Sie wollten einen Vorschlag von mir hören, aber ich hatte nichts. Nicht mal den Hauch einer Idee. Was ich natürlich nicht sagen konnte. Ich hab mir das Hirn zermartert, und da fiel’s mir plötzlich wieder ein: The Regulars.»

Mein Herz setzte kurz aus. The Regulars. Die beste Idee, die Joel und ich je gehabt hatten. Sie war uns in einer feuchtfröhlichen Nacht gekommen, als wir offiziell noch gar keinen Alkohol konsumieren durften. Die Serie spielte in einem Pub (schließlich heißt es ja: Schreib über was, das du kennst) und handelte von einigen verschrobenen Stammkunden, die versuchen, ihre runtergekommene Kneipe vor der Schließung zu bewahren. Aber dann hatten unsere Wege sich getrennt, und es war nie was daraus geworden.

«Erinnerst du dich?», fragte Joel.

«Klar. Und … was haben sie gesagt, als du es vorgeschlagen hast?» Ich versuchte, desinteressiert zu klingen, aber nach Joels Grinsen zu urteilen, gelang mir das offensichtlich nicht.

«Sie fanden die Idee so geil, dass sie mir auf der Stelle zugesagt haben, Theo.»

Ich schaute ihn mit offenem Mund an, mein Vorsatz war sofort vergessen. «Ist das dein Ernst?»

«Ja», sagte Joel. «Ich weiß. Verrückt, oder? Aber die Sache ist die: Weil das Ganze ja die geplatzte Serie ersetzen soll, brauchen sie schon bis Ende nächsten Monat Drehbücher, sonst überlegen sie sich was anderes, was sie im nächsten Jahr auf dem Platz bringen.»

«Nächsten Monat? Ist das nicht … Das ist doch mit Sicherheit zu knapp bemessen?»

«Ja, schon. Zumindest, wenn ich’s allein machen würde. Darum habe ich denen schon gesagt, ich brauche einen Co-Autor. Und dass ich auch genau den Richtigen für den Job kenne …»

Als mir dämmerte, was Joel mir sagen wollte, wäre ich beinahe in Gelächter ausgebrochen. Das war absurd. Das konnte gar nicht sein.

«Denk drüber nach», fuhr Joel fort. «Wir wandern den Themsepfad entlang und schreiben die Drehbücher unterwegs. Dann liefern wir das fertige Skript pünktlich persönlich in London ab und gehen anschließend noch ganz entspannt den letzten Rest des Weges. Perfekter geht’s doch gar nicht.»

Während ich noch zu verstehen versuchte, was gerade passierte, faselte Joel schon von Castings und Partys und davon, dass das für mich und meine Karriere erst der Anfang wäre. Und wisst ihr, was das Schlimmste war? Ich war ihm gegenüber sofort milder gestimmt, spürte, wie meine Wut verrauchte, und begriff, dass ich tatsächlich irgendwann an einen Punkt kommen könnte, an dem ich ihm doch noch alles verzeihen würde. Wie schrecklich leicht man mich doch kriegen konnte.

Joel stellte sich vor mich und legte die Hände auf meine Schultern. «Hörst du mir auch zu? Dir ist schon klar, was das heißt, oder? Das ist das, wovon wir immer geträumt haben. Und dann die Wanderung! Ich weiß ja, dass sich … nun ja, eine Menge verändert hat, seit wir die Idee hatten, aber wär’s nicht toll, wenn wir das wirklich durchziehen?»

Ich kaute auf meiner Lippe. In Anbetracht der Tatsache, dass ich wusste, wie Joel tickte, war der Themsepfad tatsächlich perfekt. Er würde diszipliniert bei der Sache bleiben müssen und nicht dauernd abschweifen oder sich mit irgendwas ablenken können, wie er es früher immer getan hatte. Der Zeitrahmen war eng gesteckt, aber ich wusste, dass wir es schaffen konnten. Ich meine, selbst wenn er gesagt hätte, wir hätten nur eine halbe Stunde, hätte ich es wahrscheinlich versucht. Denn was er sagte, stimmte. Es war genau das, wovon ich immer geträumt hatte. Aber als ich Joel ins Gesicht blickte und seine erwartungsvoll aufgerissenen Augen sah, verspürte ein Teil von mir das Bedürfnis, hart zu bleiben – der Teil, der ihm gesagt hatte, ich wollte ihn nie wiedersehen.

Wir waren inzwischen am Bahnhof angekommen, und es fuhr gerade ein Zug ein.

«Hör zu», sagte Joel. «Ich sag dir was: Du musst dich nicht jetzt sofort entscheiden. Ich bin morgen früh um zehn am Startpunkt des Pfades, okay? Wenn du nicht da bist, weiß ich Bescheid und versuche auch nicht mehr, dich zu kontaktieren. Kein Druck. Aber … sag mir wenigstens, dass du drüber nachdenkst.»

Dass er mir wirklich keinen Druck machte, wäre vielleicht glaubwürdig gewesen, wenn er nicht immer noch meine Schultern umklammert hätte. In seinem Blick lag eine Verzweiflung, die mir Unbehagen bereitete. Dieser Joel war meilenweit von dem immer gut aufgelegten, fast schon arroganten Typen entfernt, den ich gekannt hatte.

«Ich denk drüber nach», sagte ich, dann schob ich nacheinander seine Hände weg.

«Super!», antwortete Joel. Er trat einen Schritt zurück und wirkte etwas verlegen darüber, dass ich mich so von ihm hatte losmachen müssen.

Wir schauten uns an und blieben einen Moment unschlüssig voreinander stehen. Auch bevor wir uns verkracht hatten, war es schon nicht unsere Art gewesen, uns zu umarmen. Aber die Hände hatten wir uns auch nie gegeben. Wir waren uns immer einig gewesen, dass das eher was für Bankangestellte und Schiedsrichter war.

Ich hatte mein Gewicht gerade nach hinten verlagert, um mich umzudrehen und zu gehen, als Joel, zu Boden schauend, sagte: «Es ist echt schön, dich zu sehen, Theo.»

Damit ging er, den Kopf gesenkt, die Hände in den Taschen, geradewegs durch das Tor und auf den Bahnsteig hoch, wo er eine Sekunde, bevor sich die Türen schlossen, einstieg. Der Zug setzte sich sofort in Bewegung, und es wirkte so, als hätte er speziell auf ihn gewartet. Als jemand, der bei jeder Reise, unabhängig von ihrer Länge oder Wichtigkeit, grundsätzlich mindestens eine halbe Stunde zu früh da war, konnte ich nur den Hut vor ihm ziehen.

Ich betrachtete die Stelle am Boden, die Joel, raffiniert, wie er war, während seiner Abschiedsworte fixiert hatte. Vielleicht dachte er, es wäre ihm gelungen, mir Sand in die Augen zu streuen, aber ich kannte Joel Thompson viel zu gut, um nicht zu kapieren, dass hinter all dem etwas steckte, was er mir nicht sagte.

Als der Zug hinter der nächsten Kurve verschwand, kehrten meine Gedanken zu The Regulars zurück. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie mein zehnjähriges Ich reagiert hätte, wenn ihm jemand gesagt hätte, dass es in der Zukunft eine eigene Sitcom bei der BBC haben würde. Es sprach einiges dafür, dass ihm der Schädel explodiert wäre.

***

Ich sah lustig aus als Kind. Ich hatte meine Wachstumsschübe immer zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Körperteilen, weshalb ich nie so aussah, als wäre ich wirklich zu Hause in meinem Körper. Gekrönt wurde dieses Aussehen durch widerspenstige Locken und einen leichten Silberblick, den meine Mutter auch gern Goldblick nannte, wenn sie mich aufheitern wollte. Das war eins der Dinge, die zu meinem entscheidenden Charakterzug in diesem Alter führten: meiner Schüchternheit. Eine meiner frühesten Erinnerungen besteht darin, dass ich bei Cousins in Norfolk zu Besuch war, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Mit fremden Menschen in einem Raum zu sein, machte mich damals dermaßen verlegen, dass ich mein Gesicht den ganzen Nachmittag im Sofa vergrub und mich tot stellte. Solange niemand wusste, dass ich existierte, war alles in Ordnung.

Ich gab mir alle Mühe, mich in der Grundschule wohlzufühlen, aber einen richtigen Freund hab ich dort nie gefunden. Ich fand es anstrengend, von Menschengruppen umgeben zu sein, vor allem in den Pausen. Das ganze Geschrei und Gerenne und Gezerre war einfach zu viel für mich. Warum konnten nicht alle wenigstens ein bisschen leiser sein? Ein bisschen weniger wild?

Am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien, ich war sieben, spitzte sich die Lage zu. Wir Schüler waren die Straße hinunter zum Gemeindehaus geleitet und in Gruppen aufgeteilt worden, dann erklärte uns ein Lehrer, dass wir jetzt das «Schokoladespiel» spielen würden. Ehe ich mich’s versah, lag plötzlich eine große Tafel Schokolade in der Mitte meiner Gruppe, und sofort brach Chaos aus. Von irgendwoher waren zwei Würfel und eine Mütze aufgetaucht. Der Junge neben mir – der genau zu wissen schien, was zu tun war, so als hätte er sein Leben lang dafür trainiert wie ein Athlet für die Olympischen Spiele – nahm die Würfel und warf prompt zwei Sechsen. Im selben Moment fingen alle an zu kreischen und zu schreien, während der Junge hektisch die Mütze sowie einen Schal und Handschuhe anzog. Dann bearbeitete er die verpackte Schokolade wie ein Irrer mit einem Plastikbesteck, um an die klebrige Masse im Inneren heranzukommen. Alle schrien vor Aufregung. Ähnliche Szenen spielten sich überall im Raum ab, und ich hielt es kaum aus. Auf einmal wurden mir die Würfel in die Hand gedrückt, und ein schnieker blonder kleiner Junge schrie mich an, ich solle würfeln. Stattdessen warf ich die Würfel einfach hin und rannte – sämtliche «Komm zurück!»- und «Ist doch nur ein Spiel!»-Rufe ignorierend – aus dem Raum. Ich schaffte es mit Ach und Krach, die schwere Tür des Gemeindehauses aufzuziehen, und floh in die eisige Kälte hinaus.

Meine Mutter wurde angerufen, um mich abzuholen. Ich weiß noch, dass sie sich in den Schnee gekniet und mich fest an sich gedrückt hat, als ich ihr erklärte, warum ich so aufgelöst war. «Hey, Schatz, ist doch nicht schlimm. Wir fahren jetzt einfach schnell nach Hause, ja?» Im Auto war es warm, und im Radio lief Slade. Kurze Zeit später saß ich wieder eingequetscht zwischen Mum und Dad auf dem Sofa, und auf dem Boden davor spielte meine damals vierjährige Schwester Alice. Am liebsten schichtete sie Bauklötze vorsichtig zu einem Turm auf, nur um ihn anschließend, über ihre eigene Zerstörungswut freudig glucksend, umzuwerfen und sofort wieder aufzubauen. Im Kamin prasselte ein Feuer. Dad zerzauste mir die Haare. Dort wurde ich geliebt. Dort war ich sicher.

Die BBC muss damals als Lückenfüller in der Vorweihnachtszeit ein paar alte Comedy-Klassiker wiederholt haben. Mum und Dad kicherten hin und wieder, aber erst bei dem Sketch von Peter Cook und Dudley Moore in der Gemäldegalerie gerieten sie völlig aus dem Häuschen. Noch nie vorher hatte ich erlebt, dass meine Eltern sich vor Lachen dermaßen bogen, und obwohl ich gar nicht wirklich verstand, was so lustig war, musste ich mitlachen, als ich sah, wie Mum und Dad sich kringelten. In dem Moment war der ganze Kummer wegen des Vorfalls im Gemeindehaus plötzlich so weit weg von mir, als wäre ich auf einem anderen Planeten. Diese zwei Dummköpfe auf dem Bildschirm, unscharf und in Schwarz-Weiß, mehr brauchte es nicht. Wie fröhlich sie Mum und Dad machten! Jemanden so zum Lachen zu bringen, war wie eine Art Superkraft. Und so begann meine Obsession.

Von dem Tag an bestand ich darauf, dass wir bei jeder Autofahrt «etwas Lustiges» hörten. Deshalb grub Dad ein paar Sitcom-Klassiker und Sketchshows von Radio 4 aus grauer Vorzeit aus: Round the Horne, Hancock’s Half Hour, I’m Sorry I’ll Read That Again. Das meiste davon überstieg meinen Horizont bei Weitem – es kamen Anspielungen darin vor, die ich in meinem Alter noch gar nicht verstehen konnte –, aber das machte nichts. Wahrscheinlich ging die Hälfte an mir vorbei, aber indem ich während der nächsten Jahre mit der Akribie eines Pathologen die Details studierte, bekam ich allmählich ein Gefühl für den Rhythmus und das Timing, den feinen Takt, in dem man eine Pointe erst sorgsam vorbereitete und dann zündete.

Nie waren wir als Familie entspannter als in Dads altem Saab, wenn wir in den Ferien über die Autobahn zockelten und diesen Shows lauschten. Und wenn wir dann am Strand ankamen, passierte jedes Mal exakt das Gleiche: Unsere Eltern schliefen sofort ein, und Alice malte Bilder, während ich Drehbücher las und meine eigenen grauenhaft schlechten Nachahmer-Versionen davon schrieb. Wenn wir mutig waren, gingen wir im Meer schwimmen. Alice bekam in dem eiskalten Wasser Lachanfälle und sah dann aus wie eine Wikingerfürstin, die den Untergang einer rivalisierenden Sippe feiert.

Ein Moment ist mir in besonderer Erinnerung geblieben. Wir waren in Whitesands in Wales, wo ein Schwarm von nicht giftigen Quallen angespült und von der zurückweichenden Flut am Strand zurückgelassen worden war. Dad machte sich