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Band eins der humorvollen Cosy Crime-Reihe rund um das ungleiche Ermittler-Team
Da ist mächtig was los auf Norderney! Der tollpatschige bayrische Jungpolizist Georg Pampelhuber wird auf die Nordseeinsel Norderney zwangsversetzt. In der neuen, sehr kleinen Zwei-Personen-Inselwache trifft er auf seinen noch jüngeren Vorgesetzten Matthis Jüllich. Statt Urlaubsidylle pur warten jede Menge offene Fragen auf sie: Welche dubiosen Geschäfte gehen im Rathaus vor sich? Was hat ein toter Jogger am Strand zu suchen? Und wo um alles in der Welt steht der verdammte Polizeicaddy?
Erste Leser:innenstimmen
„Authentisch unperfekte Charaktere, jede Menge Humor und spannende Ermittlungsarbeit – ein großartiger Cosy Krimi!“
„Unterhaltsamer Auftakt der Krimi-Reihe mitten im spannenden Handlungsort der rauen Nordsee.“
„Zwei Polizisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und mir große Freude beim Lesen berietet haben!“
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Seitenzahl: 365
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Da ist mächtig was los auf Norderney! Der tollpatschige bayrische Jungpolizist Georg Pampelhuber wird auf die Nordseeinsel Norderney zwangsversetzt. In der neuen, sehr kleinen Zwei-Personen-Inselwache trifft er auf seinen noch jüngeren Vorgesetzten Matthis Jüllich. Statt Urlaubsidylle pur warten jede Menge offene Fragen auf sie: Welche dubiosen Geschäfte gehen im Rathaus vor sich? Was hat ein toter Jogger am Strand zu suchen? Und wo um alles in der Welt steht der verdammte Polizeicaddy?
Erstausgabe Juli 2023
Copyright © 2025 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-98778-482-8 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98778-508-5
Covergestaltung: ArtC.ore-Design / Wildly & Slow Photography unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com: © karamysh, © Oliver Hoffmann, © Michael Thaler, © GUDKOV ANDREY, © mitchFOTO Lektorat: Daniela Pusch
E-Book-Version 17.07.2025, 18:20:26.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
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Gewidmet:
† Erika Kovacs 1964 – 2023
Die ersten Strahlen der Sonne erreichten Norderney, für die Nacht war es an der Zeit, dem Morgen zu weichen. Ein sanftes Meeresrauschen bettete den Weststrand in eine himmlische Ruhe. Leise wehte eine laue Brise vom menschenleeren Strand in Richtung des Nobelviertels.
Flott öffnete sich die Haustür der ersten Villa in der Straße. Der Hausherr verließ wie jeden Morgen sehr früh sein Anwesen, um eine Runde am nahegelegenen Strand zu joggen. Er kniff ein Auge zu, als ihn die ersten Sonnenstrahlen blendeten. Langsam bildeten sich feine Schweißtropfen auf seiner erst kürzlich frisch nachrasierten Glatze und rannen ihm über das freundliche Gesicht.
Er hatte kaum zweihundert Meter bis zum Strand. Hier konnte er seine Seele baumeln und seinen Geist schweifen lassen. Dies war die Route, welche er täglich wählte. Er liebte die Ruhe und Einsamkeit, bevor der hektische Betrieb an den Stränden Norderneys eintrat. Zwischen dem Strand und der Brandung fand er immer die Kraft, die ihn durch seinen anstrengenden Tag brachte. Er liebte es, bei Tagesanbruch als Erster seine Spuren in den frisch ausgewaschenen Sand zu setzen. Denn schlussendlich war er derjenige, der vorangehen musste. Es war schon eine große Verantwortung, mit welcher er Tag für Tag zurechtkommen musste. Ihm war es einfach wichtig, immer alle Interessen zu vertreten, und somit einen angemessenen Mittelweg zu finden.
Er erhöhte seine Geschwindigkeit, während seine Gedanken tief um eine komplizierte Angelegenheit kreisten. Wie sollte er dieser Lage nur Herr werden? Langsam sammelten sich dicke Schweißtropfen auf seiner hohen Stirn und zogen ihre feuchten Bahnen über seine Wangen.
Was ihn jedoch am meisten störte, war, dass sein bester Freund aus Kindestagen, und gleichzeitig auch ein Kind der Insel genau wie er, zum ersten Mal nicht auf seiner Seite stand. Obwohl sie sich einst gegenseitig geschworen hatten, immer im Sinne ihrer Philosophie zu handeln.
Seine Füße versanken angenehm im Sand, mit flotten Schritten war er kurz vor seinem täglichen Etappenziel: einem alten, fast schon morschen Fischersteg. Den weißlackierten, angerosteten Anlegepoller des Stegs klatschte er stets ab und kehrte danach um, den ganzen Weg zurück nach Hause joggend. Anschließend ging es sofort unter die Dusche. Erfrischt weckte er dann seine Familie. Sobald dies erledigt war, gab es das Frühstück. Dann ging es ab in die Arbeit. Das machte er jeden Tag so, egal bei welchem Wetter. Doch heute sollte ein anderes Schicksal auf ihn warten.
Ein Mann, schmächtig, keine ein Meter achtzig groß, saß wartend auf dem weißen Anlegepoller. Ein dunkler Pullover verbarg seinen Oberkörper, die aufgezogene Kapuze verdeckte sein Gesicht. Seine Hände steckten lässig in die Bauchtasche gestemmt. Schon von Weitem sah der Jogger die Gestalt auf dem Poller sitzen. Eigentlich wäre er dieser mysteriösen, dunklen Gestalt lieber ausgewichen. Aber sein Ehrgeiz, den Poller wie jeden Morgen abzuklatschen, war groß. Daher schlug er wie gewohnt den Weg zum Steg ein, steuerte zielstrebig auf den weißen Poller und den Mann zu. Seine Gedanken kreisten immer noch um die aktuellen Probleme seiner Projekte. Der alte Steg knarzte wie gewohnt, als seine flotten Schritte das Holz in Schwingung versetzten. Kurz vor dem Ziel blickte er in das im Dunkeln verborgene Gesicht, konnte jedoch nur grobe Konturen erkennen. Die fremde Gestalt sagte auf einmal seinen Namen mit einer so markanten Stimme, dass ihn der Schreck umgehend aus seiner Gedankenwelt riss. Ihm kam die Stimme bekannt vor, doch wusste er nicht, wie er jene zuordnen sollte. Seine Augen vermochten sich nicht auf das verborgene, dunkle Gesicht einzustellen, und seine Reaktion kam zu spät. Blitzschnell zog der Fremde eine Waffe aus der Bauchtasche seines Pullovers. Es gab nur einen gedämpften Knall, nur einen Schuss, eine Kugel, aber diese schlug ihm direkt in die Brust ein.
Alles ging so schnell. Als er den Knall hörte, sah er etwas Rotes aus seiner Brust spritzen, spürte einen Stich wie noch nie zuvor in seinem Leben, bevor die Dunkelheit ihn in der Sekundenschnelle eines Gedankens aus dem Leben riss.
Der Schütze ergriff sofort die Flucht, als er sah, dass er genau das Herz getroffen hatte.
So lauteten die Regeln.
Kein Leiden, keine aufwendige Sauerei. Einfach seriös, ohne großes Reden, eine Kugel ins Herz. Denn der feine Herr wusste ganz genau, wofür seine Strafe war.
Sieben Tage zuvor
Seit Generationen war die kleine Gemeinde Prutting im idyllischen Voralpenland von der Familie Pampelhuber beschützt worden. Prutting befand sich zwischen dem Simssee und Rosenheim, aus polizeilicher Sicht gehörte die Pruttinger Wache jedoch in einen anderen Verwaltungsbezirk. Zum Glück, denn die Polizeibehörde in Rosenheim hatte es mit härteren Delikten zu tun als die kleine, putzige Pruttinger Wache. Der letzte Fall, der je durch die Pruttinger Medien gezogen war, war ein Falschparker vor der Metzgerei Dimpelmoser gewesen, unerhört.
Irgendwann, es musste um 1870 gewesen sein, da startete Prutting eine Serie an Kommissaren, welche einst von dem ersten Ordnungshüter der Gemeinde, Xaver Pampelhuber, aufgestellt worden war. Sein Porträt zierte immer noch den urigen Gastraum im Wirtshaus „Zur alten Post“, gleich hinten rechts, zwischen Kachelofen und Hirschgeweih. Dass diese Erfolgs-Serie einmal ihr fulminantes Ende finden würde, konnte sich niemand vorstellen. Warum auch? Alles zog über Jahre und Generationen seine geregelten Bahnen. Doch die Zeiten sollten sich ändern. Selbst das kleine, überschaubare Prutting blieb von Veränderungen nicht verschont. Früher war es eine ganz andere Gesellschaft gewesen, jeder kannte jeden und egal, welches Problem entstand, man fand immer eine gemeinsame Lösung. Es regierten Respekt und Rücksicht aufeinander, stets geregelt von einem Ordnungshüter der Familie Pampelhuber.
Georg Pampelhuber hatte es schon immer schwer im Leben gehabt. Er fühlte sich eingesperrt in einer Tradition, die er nicht brechen wollte, aber am liebsten auch nicht weitergeführt hätte. Georg war nicht der erste Pampelhuber, der nicht nur stämmig, sondern sogar übergewichtig war. Mit seiner langen, braunen, gelockten Dauerwellenfrisur und dem braunen Vollbart ähnelte er seinem viel zu früh verstorbenen Großvater Franz Pampelhuber, welcher im Dienst auf tragische Weise sein Leben gelassen hatte. Als Todesursache war „ertrunken“ im Totenschein vermerkt worden. Siebzehn Maß waren wohl doch eins zu viel gewesen. Jedoch immer noch ein eiserner Rekord auf dem Pruttinger Volksfest. Sein damaliger Partner musste nicht lange warten, ehe er die nächste Generation Pampelhuber von der Polizeischule an seine Seite gestellt bekam, Karl-Heinz Pampelhuber, Georgs Vater.
Lange musste Karl-Heinz kämpfen, um mithilfe zahlreicher Ausnahmeregelungen fünfunddreißig Jahre später seinen Sohn Georg in die Ausbildung zu bekommen. Zumal ja eigentlich schon dessen Augen viel zu schlecht waren. Das alleine wäre ja nicht schlimm gewesen, wenn er sich nicht so gegen eine Brille gewehrt hätte. Aber das waren bei Weitem nicht alle Probleme. Auch menschlich passte seine Art nicht auf viele Berufsfelder. Aber irgendwie hatte es doch funktioniert: Georg schaffte mit Hängen und Würgen seine Ausbildung und bekam eine Anstellung im Polizeirevier Prutting. Er war zwar nicht sofort Revierleiter, wie einst sein Vater es gewesen war, doch immerhin bekam er einen Posten in der Wache.
Georg bedauerte es sehr, dass er nie zusammen mit seinem Vater auf Streife gegangen war. Rein theoretisch war es möglich gewesen, da es bis zur Pensionierung seines Vaters noch ein paar gemeinsame Jahre gab. Doch irgendwie verlängerte sich seine Ausbildung auf mysteriöse Weise stetig. Mal konnten die Lehrer einfach die vielen Inhalte nicht vermitteln, manches müssten sie selbst erst noch begreifen, doch manchmal war es auch Zeit, die den Lehrkräften fehlte, mal die Technik, die für Probleme sorgte, und manchmal kam überraschend Schlecht-Wetter. Einmal schneite es sogar und der Lehrer schaute lieber aus dem Fenster. Zudem sollte alles, was sonst so die Welt störte, Einfluss auf dessen Ausreden finden.
Doch nun war es soweit und seine ersten Tage auf dem Revier zeugten von der absoluten „Fähigkeit in Person“, wie ihn sein Chef, Revierleiter Braun, nannte. Denn noch nie hatte ein Polizist an seinem ersten Arbeitstag, nach einem Anruf eines Kindes, tatsächlich in wenigen Minuten ein Team aus Spurensicherung der Kreisstadt Rosenheim, dem Mordkommissariat aus München und dem Sondereinsatzkommando aus Stuttgart zusammengestellt, da ein Leichenfund auf dem Waldfriedhof gemeldet worden war. Ohne vorab den Hinweis des Kindes persönlich zu überprüfen. Es waren am Ende sogar zwei Helikopter des SEK gelandet, insgesamt waren fünfundneunzig Personen im Einsatz, sogar ein Fernsehteam vom Bayrischen Fernsehen rückte an, während Georg Gang für Gang den Waldfriedhof mit gezogener Waffe absuchte.
Als die ersten Einsatzkräfte abzogen, merkte Georg seinen Fauxpas. Er wusste, diesen Fehler würde man ihm so schnell nicht vergessen.
Natürlich war der Außendienst erst mal für ihn gestrichen. So jemand sollte nie wieder mit Uniform in der Öffentlichkeit gesehen werden, sagte Revierleiter Braun. Georgs tägliche Aufgabe bestand fürs Erste aus Innendienst. Telefondienst war jedoch keine gute Idee, hier durfte er nur als Pausenvertretung eingeteilt werden. Beim Sortieren der Akten … Tja, da haperte es leider mit der alphabetischen Ordnung. Die Hauspost klappte meistens jedoch ganz gut. Die ersten Arbeitstage konnten somit für Georg sehr lang werden. Er kämpfte sich mühselig durch seine erste Woche ins Wochenende. Er wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Deshalb machte er sich selbstverständlich seine Gedanken. Sein Ansporn war es, in den Außendienst zu kommen. Frisch ausgeruht und hochmotiviert machte er sich also in der neuen Woche ans Werk. Es sollte an einem dieser Montage geschehen, welche das Zeug zur Legende hatten. Georg fühlte sich bereit. Die Kirchturmglocken schlugen zwölf Uhr. Das war sein Signal, Mittagspause der Kollegen, alle gingen sie glücklich und ausgelassen zu Stadelmeiers Grillbude. Das Schicksal Pruttings lag nun für dreißig Minuten ganz allein in seinen Händen. Nervös betrachtete er das Telefon. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Die Tropfen mehrten sich sekündlich, rannen hinab über seine Wangen. Er spürte, es würde passieren, das Blatt würde sich wenden, er würde eine Chance auf ein echtes Verbrechen erleben. In seinen Gedanken sah er, wie eine Menschenmenge ihn als Held feierte. „Georg, Georg …“, skandierten sie, ehe es zu „Schorsch, Schorsch, Schorsch“ wechselte. Zahlreiche junge Blondinen feierten ihn wie Groupies, so wie er nun mal war: nämlich zum Helden geboren.
Plötzlich passierte es, das Telefon klingelte. Prutting brauchte ihn!
Ein Schlag, welcher wie ein Schuss klang, war das Erste, was der Anrufer zu hören bekam. Georg glitt das schnurlose Telefon prompt aus den verschwitzten Fingern und fiel natürlich so geschickt zwischen Schreibtisch und Heizung, dass es erst mal einen Moment dauerte, ehe er es mit seinen eleganten, jedoch viel zu kurzen Wurstfingern herausgefriemelt bekam. Diese Aktion war eine große Kraftanstrengung für Georg. Die Gegenseite hörte nach dem lauten Knall nur ein Stöhnen und Keuchen. Insgesamt sollte es drei Versuche dauern, bis er den Hörer erfolgreich am Ohr hielt. Selbstbewusst meldete er sich als Kommissar Pampelhuber. Ganz genau wie seine größten Vorbilder. Wobei ihm dieser Titel selbstverständlich noch nicht zustand.
Am Ende der Leitung vernahm der Kommissar nun ein ängstliches Wimmern von einer sehr hohen, piepsenden Kinderstimme. Angeblich die Kleine von den Grubers, sie sei bei der Oma im Schrank versteckt, da zwei Herren in einer fremden Sprache schrien und handgreiflich gegen die Oma seien.
„Jo freilich, und mein Name ist Hase“, erwiderte der Kommissar. Und legte einfach auf.
Er ließ sich doch nicht wieder von einem Kind verarschen. Garantiert fiel er nicht auf solch eine Göre rein, dachte er sich.
Dumm nur, dass der Fall diesmal echt war. Tatsächlich gab es auf dem Hof der Grubers Probleme mit zwei entlassenen Erntehelfern. Diese verloren nach ihrer Entlassung komplett die Beherrschung. Erst schlugen sie wie im Rausch die arme, alte Bäuerin grün und blau. Anschließend erbeuteten sie das gesamte Ersparte. Die kleine Enkelin, welche gerade die Sommerferien auf dem Bauernhof der Großeltern verbrachte, erlebte einen Schock fürs Leben. Das Kind musste nach dem Vorfall in psychologische Betreuung.
Dieser Vorfall war es dann auch für Georg. Er wurde suspendiert und in den tiefsten Innendienst verfrachtet. Also was nun? Was sollte als Nächstes folgen? Etwa ein Telefonverbot und Hausmeistertätigkeiten? Ginge das mit der Karriereleiter nicht andersherum? Welch eine Schmach, er konnte sich zu Hause nicht mehr blickenlassen. Vielleicht war es an der Zeit, etwas eigenständiger zu werden und von zu Hause auszuziehen? Immerhin war er schon zweiunddreißig, dachte er sich.
Seinem Vater konnte er nach den aktuellen Vorkommnissen nicht mehr in die Augen sehen. Er spürte die Zurückweisung und Enttäuschung. So hart hatte sein Vater gekämpft, um seinen Sohn in den Dienst zu bekommen. Und nun? Nur eine Woche nachdem der Junior seinen Einstand feierte, sollte er alles verlieren. Sogar ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung bekam der glücklose Sohnemann an die Backe geheftet.
„I soll was?“, überschlug sich die Stimme von Georg Pampelhuber, welche aus dem Chefbüro glasklar durch die ganze Wache zu hören war. Danach ein lauter Knall von einer zugeschlagenen Tür und Georg rannte mit verzogener Miene aus der Wache. Er fühlte sich müde und abgeschlagen. Georg wusste, dass er in einem großen Schlamassel saß. Doch der Spruch von Revierleiter Braun hatte ihm das Genick gebrochen. Er könne froh sein, wenn er die Wachein Zukunft überhaupt noch betreten dürfe. Also war es entschiedene Sache. Seine Karriere sollte jetzt schon komplett enden. Er könne sich eine neue Tätigkeit suchen, Prutting brauche ihn nicht.
In einem Anfall aus Wut und Verzweiflung irrte Georg durch den Ort, um schließlich im Gasthaus „Zur alten Post“ zu landen. Wo er mit einem Maßkrug Spezi am Tresen saß. Es dauerte nicht lange bis Resi, die Wirtin des Gasthofes, seine Traurigkeit erblickte. Resi konnte genetisch bedingt bei so einer Situation nicht wegsehen. Egal ob Liebeskummer oder Skandal, die Gastwirtin hatte immer einen flotten Spruch auf den Lippen.
„Mensch Spatzl, was ist denn los bei dir?“ Georg zuckte kurz zusammen. Er war so in seinen Gedanken verloren, dass er die gute Seele des Hauses nicht bemerkt hatte. Wie sie dort lauerte, einsam hinter dem Tresen wartend auf den neuesten Tratsch.
„Der alte Braun hat mi rausgeschmisse!“, wimmerte er weinerlich entgegen. Doch im nächsten Augenblick änderte er seine Körperhaltung. Schlagartig richtete er sich auf und hob den Kopf an. Als ob Resi einen Schalter gefunden und umgelegt hätte. Mit Selbstsicherheit in der Stimme legte Georg los und schimpfte wie ein Rohrspatz: „Dieser alte Drecksack …, den mach i rund. Weißt du, einen Pampelhuber, den wird man nicht so einfach los … Prutting ohne einen Pampelhuber … ja ist der Papst katholisch? Nicht mit mir Resi, das lass i mir nicht bieten, weißt du, dem Arsch zeig i es.“ Georg haute mit der Faust auf den Tresen, sodass sein Krug klirrte, und sprach weiter, „Aber sofort, i starte ne Pete …, ne Pede …, na so a Peda … Mensch, das Unterschriftsding halt. Ja, und am Ende, ja da schmeißen die den raus … und weißt du mit was? Mit Recht!“
Gesagt getan, Georg borgte sich für einen Augenblick das Smartphone von Resi. Er selbst lehnte die Technik ja schon immer ab. Dennoch fand er sich auf dem Gerät sehr schnell zurecht und formulierte den Skandal für die sozialen Netzwerke. Die Wirtin lieferte ihm zum Glück sofort einen Zugang für alle gängigen Plattformen. Da ihre Accounts, gerade aber die von der „Alten Post“, gutgeführt waren, bot sie ihm eine beachtliche Reichweite. So konnte Georg auf Anhieb den ganzen Ort erreichen. Das war für seinen spontanen Plan absolut wichtig. Er startete einen Aufruf und bat die Gemeinschaft um Hilfe. Er konnte ja nicht ahnen, was für ein Shitstorm sich bereits wenige Minuten nach seiner Meldung zusammenbraute.
„Geht’s jetzt besser?“, fragte Resi.
„Jo Mei“, sagte Georg und ließ die Faust sanft auf den Tresen fallen, „manchmal, da muss der Pampi eben machen, was der Pampi eben machen muss.“ Resi beugte sich daraufhin etwas näher zu ihm und sprach mit ihrer ruhigen und einfühlsamen Art: „Du Georg, ich denke, du siehst das alles viel zu verbissen.“
Georg traute seinen Ohren nicht und runzelte die Stirn, ehe er „Wie meinst du das?“ über seine Lippen brachte.
„Ich seh doch, wenn du hier hereinkommst. Das Erste, was du machst, ist eine kleine Verbeugung vor dem Porträt vom Xaver, dem ersten Ordnungshüter Pruttings. So etwas hat dein Vater nie gemacht.“
Georg drehte sich leicht zur Seite und nahm das Porträt in den Augenschein. Er starrte regelrecht auf das Bild, ehe er Resi fragte: „Weiß er das …, äh dass das Bild hier hängt?“
„Na sag bloß, meinst du, dein Vater hat des nicht mitbekommen?“
Georg wirkte nachdenklich und erwiderte, „Hast ja recht! Aber i verstehe immer noch nicht, was du mit dem zu verbissen gemeint hast?“
„Spatzl, seitdem ich dich kenne, heißt es Pampelhuber hier, Pampelhuber da, Ordnungshüter Tradition bla bla bla…“ Resi schüttelte den Kopf, ihre blonden Haare flogen von einer zur anderen Seite.
„Jo, aber die Leut!“, wollte Georg gerade erwidern, als ihm Resi ins Wort fiel. „Die Leut haben sich verändert, Prutting hat sich verändert, die Zeit hat sich verändert. Verstehst du das? Ich denke, Tradition ist die kollektive Angst vor Veränderungen. Natürlich gibt es schöne Traditionen, wie das Volksfest. Aber soll es das gewesen sein? Warum machen wir nicht mal was Neues?“
Georg konnte ihr nicht so ganz folgen. Zögerlich begann er: „Willst du mir also sagen, dass i mich in etwas reinknie, mir den Arsch für nichts aufreiße? I glaub, da hast du dich geschnitten, Resi!“
Einen Moment fehlten ihr die Worte, es schien, als hätte sie den Faden verloren. Doch dann richtete sie sich etwas auf, beugte den Kopf leicht zur Seite und sagte. „Ich will dir erklären, dass es in Prutting eine Polizei-Wache gibt und den Leuten es scheißegal ist, wer da drin sitzt. Wenn jeden zweiten Donnerstag der Sandmann Nachtdienst schiebt, juckt das keine Sau, solange alles läuft und Bürger ihre Ruhe haben. Verstehst du das?“
Georg griff nach Resis Handy und sah eine rote +99 bei dem Nachrichtensymbol aufleuchten. „Ha, siehst du Resi, die Leute reagieren!“ Georgs selbstsicheres Lächeln sollte jedoch im Keim ersticken. Die Wirtin schüttelte abwartend den Kopf und zapfte ein frisches Weißbier, als sie ihn aufforderte. „Ja dann lese mal vor, was Prutting zu sagen hat.“
Georg atmete tief ein, startete die App und begann laut und selbstbewusst vorzulesen. „Die erste Nachricht: Geh doch sterben du Honk! Oh, ich glaub, das war nicht für mich. Ach, hier unten gehen die Kommentare weiter.“ Georg las nun erst einmal leise für sich weiter. „Seit wann dürfen Behinderte zur Polizei?“, fragte jemand, während jemand anderes sich beschwerte, dass der Kommentator ein Spast sei, weil er das Wort behindert nicht sagen solle, da dies rassistisch sei. Jemand anderes wiederum wies darauf hin, dass alle nicht ganz knusper seien, da Spast von spastisch abstamme, weshalb dies ebenfalls eine Beleidigung gegenüber Behinderten sei. Jemand ganz anderes fühlte sich mit dem Hashtag #meetoo berufen ein paar Worte zu verfassen und so nahm das Übel seinen Lauf.
Gefrustet trank Georg sein Spezi aus, bezahlte und verabschiedete sich von Resi. Er musste sich wohl oder übel seinem Schicksal stellen. Schneller als gedacht erreichte er sein Ziel. Doch er konnte nicht glauben, was er auf dem Hof der Wache sah. Der alte, blaue, verrostete Ford seines Vaters stand mitten auf dem Parkplatz. Seitdem sein Vater pensioniert war, hatte er die Wache nicht mehr betreten. Warum auch? Hoffentlich war nichts zu Hause passiert, dachte Georg und betrat mit flotten Schritten die Büroräume. Es war mittlerweile später Nachmittag. Der Empfang war schon nicht mehr besetzt, denn Beate, die Sekretärin der Wache, hatte längst Feierabend. Alle anderen ehemaligen Kollegen mussten wohl gerade auf Streife sein, da nur noch zwei Fahrzeuge auf dem Parkplatz standen. Georg folgte den gedämpften Geräuschen aus dem Konferenzraum. Er hörte das kernige, kräftige Organ seines Chefs und seinen Vater scherzen und lachen. Georg öffnete ohne zu klopfen die Tür und betrat den Raum.
„Was ist denn hier los?“, japste Georg. Die Anstrengung der flotten Schritte durch den langen Gang hatten ihm den letzten Atem geraubt. Rechthaberisch blickte sein Vater ihn an und forderte ihn auf, sich zu setzen. Georg fühlte, wie langsam Zorn in ihm aufstieg. Vor allem die Haltung, die ihm sein Vater entgegenbrachte. So wie er dasaß, mit seinem rotkarierten Hemd über dem neuerdings, seit seiner Pensionierung, gut erkennbaren Bierbauchansatz. Straff spannten die Hosenträger seiner blauen Jeans. Karl-Heinz zeigte mit dem Zeigefinger auf den Stuhl direkt gegenüber. Nicht dass an dem großen, länglichen Konferenztisch noch acht weitere unbenutzte Stühle stünden. Nein, genau gegenüber von ihm sollte er sich setzen.
Von der Stirnseite des großen Tisches strahlte ihm Revierleiter Braun mit einer Erleichterung entgegen, als hätte er alle Probleme der Erde gelöst, während er ihm selbstsicher Folgendes verkündete: „Wir haben eine Lösung gefunden!“
Der Adrenalinstoß fühlte sich eher wie ein Stich ins Herz an. Georg wusste nicht, was er sagen sollte. Was um alles in der Welt passierte hier? Der neumodische, silbergraue Laptop seines Chefs stand aufgeklappt auf dem Tisch, das Display so geneigt, dass beide Herren mühelos hineinschauen konnten. Im Papierfach des Druckers, der rechts auf dem Sideboard stand, lagen frische Ausdrucke. Er erkannte, dass es sich um Zugtickets handelte. Die Verbindungsdaten konnte er aber nicht erkennen. Sein Blutdruck stieg ins Unermessliche. Wieder bemerkte er das Hämmern an seinen Schläfen.
„Was für ein Spiel wird hier gespielt?“, fragte Georg mit einer kleinlauten, zittrigen Stimme. Verunsichert zog er den Stuhl zurück. Seine Augen machten die Runde durch den Raum. Er atmete noch einmal tief ein. Mit seinen Augen fixierte er seinen Chef. Alles hatte Georg in diesen wenigen Augenblicken analysiert, wirklich alles, außer wo jetzt genau der kleine schmale Stuhl stand. So sollte sein geschmeidiges Gesäß so talentiert auf den Stuhlrand des modernen Designerstuhls von 1985 auftreffen, dass dieser sofort unter Georgs Gewicht in die Knie ging und mit einem flotten Knarzen zusammenbrach. Versuch Nummer zwei sollte auf Anhieb gelingen. Die drei Herren saßen alle am großen Konferenztisch und blickten sich wortlos in die Augen. Keiner wollte oder konnte die Geschehnisse der letzten Sekunden kommentieren, jedoch war es noch zu früh, um einfach anzufangen zu sprechen. Stille hüllte den Raum vollends ein und wob ihn in eine gewisse Mystik. Nichts außer leisen Atemgeräuschen waren eine Zeit lang zu hören, bis schließlich Revierleiter Braun mit folgenden Worten die Stille brach: „Lieber Georg, ich hatte heute vorgehabt, dich aus dem Polizeidienst der Wache Prutting auszuschließen und dich bis Abschluss des laufenden Ermittlungsverfahrens wegen unterlassener Hilfeleistung zu suspendieren. Doch dein Vater hat mich auf eine bessere Idee gebracht.“
Verschlagen lächelte Karl-Heinz zu seinem Sohn, ehe er aufstand und zum Fenster ging. Er zog die Gardine etwas zur Seite und begann mit einem Monolog, als befände er sich in einer billigen Seifenoper. „Georg ich weiß, wie wichtig dir die Tradition ist. Ich weiß auch, wie schwer es war, dich überhaupt in den Dienst zu bekommen. Jedoch denke ich, dass alles ist eine Nummer zu groß für dich …“ Karl-Heinz drehte sich vom Fenster weg und stiefelte durch den Raum. Vor und zurück, immer und immer wieder, während er ununterbrochen seinen Worten folgte, als hätte er sie vor langer Zeit auswendig gelernt. „Ich wurde Polizist, weil ich es werden wollte. Nicht weil ich es werden musste! Ich war jahrelang mit Felix auf Streife, bevor ich ihn zu meinem Nachfolger als Revierleiter gemacht habe. Du bist einfach noch nicht soweit. Ich kann dir nicht mehr helfen, du musst dich dringend verändern. Du bist überhaupt nicht teamfähig! Du hörst auf niemanden. Aber vor allem kann es dir keiner rechtmachen. Du lebst immer noch in deinem Kinderzimmer! Du machst überhaupt nichts im Haushalt …“
„Hal … Halt“, Georg hatte keinen Hauch einer Chance.
Sein Versuch, sich zu rechtfertigen, wurde sofort abgewürgt. „Ach, ich vergaß, du hast ja deiner Mutter großkotzig ein orthopädisches Attest an den Kühlschrank getackert!“ Karl-Heinz brodelte vor Zorn, sein rechtes Auge zuckte, als wäre Karneval in Rio. „Ich hab Felix überzeugt, dich zu versetzen, raus aus Prutting, raus aus Bayern, um dir eine allerletzte Chance als Polizist zu geben. Und wir meinen das ernst, Georg! Keine Widerrede, verstanden?“ Georgs Miene wirkte wie versteinert.
„Wir haben heute“, sagte Felix Braun, „schon alles eingefädelt, während du sonstwo warst!“
Für Georg brach in diesem Moment eine Welt zusammen. Vielleicht war er zu selbstverständlich, ja vielleicht auch etwas zu arrogant an die Sache herangegangen. Aber solch eine harte Entscheidung wollte Georg einfach nicht akzeptieren.
Trotz der feuchten, gläsernen Augen fand Revierleiter Braun, es sei der richtige Augenblick, um mit den harten Fakten zu beginnen. Er teilte Georg freudig mit, dass er mit einem alten Bekannten, der jetzt Polizeipräsident in Niedersachsen war, telefoniert hatte. Er habe ihm den aktuellen Fall geschildert und jener wusste sofort Bescheid, welcher Job nach Georgs Fähigkeiten rief. Das Land Niedersachsen hatte eine Budgetänderung im Haushaltsbuch durchsetzen können und baute als Pilotprojekt eine kleine Polizeistation auf der Nordseeinsel Norderney auf. Weitere Inseln könnten ebenfalls ihre eigenen Polizeibehörden bekommen, wenn dieses Projekt erfolgreich verlief. Georg sollte einen einheimischen Kollegen bei dem Aufbau der Wache Norderney unterstützen. Gemeinsam mit ihm solle er eine Tagesroutine erarbeiten, da er in diesem Projekt als All-in-One-Cop, für Fälle aller Art zuständig sein werde. Zusätzlich sollte eine Zusammenarbeit mit der Küstenwache organisiert und optimiert werden. Die Dauer des Pilotprojektes werde zwei Jahre betragen. Das Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung würde, wenn er das Pilotprojekt annahm, mit einer kleinen Geldstrafe, sowie ein paar läppischen Sozialstunden eingestellt werden.
Das war wirklich etwas zu viel für Georgs Gemüt. Er kämpfte seine Tränen zu verbergen. Natürlich war es sein großes Ziel, Polizist zu bleiben, aber eben hier in Prutting. Eine Versetzung spielte in seiner Planung absolut keine Rolle.
„Weißt du, was das Beste ist?“ Herr Braun zeigte zu dem Drucker auf dem Sideboard. Leicht stöhnte der ältere Herr auf, als er sich von seinem Stuhl erhob. Anscheinend zwickte der Rücken, denn er lief die wenigen Schritte zum Papierauswurf wirklich nicht rund.
Sekunden später lagen alle wichtigen Unterlagen vor Georg. Egal ob Unterkunft, Zugtickets oder eine geeignete Fährverbindung, alles war bereits auf seinem Namen ausgestellt.
Stolz grinsten die beiden Herren ihn an. Georg wusste nicht, was er sagen sollte. „Bis wann muss i dir Bescheid geben?“
Felix Braun schaute für einen Moment, als sei Georg nicht ganz zurechnungsfähig, ehe er mit einer ernsten Miene fortfuhr: „Du brauchst dir nicht groß den Kopf zerbrechen: Morgen geht es schon los.“
Erschrocken hob Georg den Kopf und schaute zu seinem Vater. „A… Aber was ist mit Mutter?“
„Aber was ist mit Mutter …“, äffte Karl-Heinz ihn nach, „Mutter freut sich, sie packt schon deine Koffer!“
Rums!, das saß. Georg merkte schnell, dass es keine Chance mehr für ihn gab. Die Schicksalsfäden waren gebündelt und gewebt.
Insel Baltrum – am selben Tag
Was für ein schönes Wetter, die Sonne präsentierte ihr schönstes, strahlendes Lächeln zur Mittagsstunde, weit und breit war keine Wolke in Sicht. Hin und wieder wehte eine sanfte, erfrischende Brise vom Meer durch den kleinen Kiefernwald. Es war wieder soweit, Matthis Jüllich hatte seine Vormittagsrunde beendet. Nun begann der schönste Teil seiner Arbeit. Einsam bezog er wie jeden Tag Stellung auf der Bank am Wegesrand. Vorsichtig griff er mit seiner Hand den Nacken. Er spürte den vertrauten Schmerz, dank des schweren Bollerwagens, welchen er kilometerweit hinter sich hergezogen hatte. Nachdem der etwa einen Meter achtzig große, schlaksige Jungpolizist seine Verspannung fürs Erste gelöst hatte, widmete er sich seiner fast antiken Fracht. Mühsam baute er ein altes, rostiges Monstrum von einem Blitzer auf. Wie immer richtete er die Radarfalle auf die Kreuzung Westdorf-Ostdorf aus. Er fragte sich oft, ob das alte Gerät im Falle eines Verstoßes überhaupt noch reagieren würde. Doch für seine Zwecke sollte es absolut reichen. Erleichtert rieb Matthis die Spuren von Rost an seiner Hose ab. Danach setzte sich der Polizist auf die Holzbank. Langsam ließ er seinen Blick über den Waldrand schweifen, ehe er aus seiner Jackentasche den neusten Kriminalroman seines Lieblingsautoren zog. Heute mangelte es ihm jedoch an Konzentration. Immer wieder legte er sein Buch zur Seite.
Er wusste, dass er diesen Job nicht ewig machen konnte, dafür waren seine schulischen Leistungen einfach viel zu gut. Matthis hatte die Polizeiausbildung als landesweit Bester absolviert. Doch irgendetwas bremste ihn aus. Manchmal hatte er einfach Angst, sein Schneckenhaus zu verlassen. Dabei war er es ja selbst, oder vielmehr die Stimme tief in seinem Inneren, welche ihn nach Perfektion auf der Karriereleiter streben ließ. Daher hatte er sich vor Kurzem bei dem Polizeipräsidenten Herrn Flensburger für die Leitung und den Aufbau der neuen Inselwache auf Norderney beworben. Gerne dachte er an jenen verregneten Morgen auf der Fähre nach Baltrum zurück. Das Schiff hatte kaum abgelegt, um ihn wie jeden Morgen zur Arbeit zu bringen, als plötzlich sein Handy ihm eine neue E-Mail im Posteingang signalisiert hatte. Aufgeregt hatte er seinen Blick auf das Display fallenlassen, und schreckte sofort auf, als er endlich die langersehnte Nachricht vom Polizeipräsidenten erkannte: Er bekam den Job! Er hatte wohl einen guten Eindruck hinterlassen, mit seinem gepflegten Erscheinungsbild, den kurzen, blonden Haaren und den guten Noten.
Matthis versuchte erneut einen Einstieg in seinen Roman zu finden. Doch wieder sollte es ihm heute nicht gelingen. Sein Blick verharrte bei dem alten Blitzer. Das war schon eine witzige Zeit hier auf Baltrum gewesen. Vor allem die lustigen Gespräche mit den Urlaubern würden ihm fehlen. Matthis umgab ein weinendes und ein lachendes Auge, heute an seinem letzten Arbeitstag auf der autofreien Ferieninsel Baltrum. Matthis legte erneut sein Buch zur Seite, stand auf und schaute zu dem Kinderspielplatz um die Ecke. Heute war kein großer Betrieb bei den Rutschen. Er erinnerte sich, wie oft er den Kindern seine Arbeit hatte erklären müssen. Diese dachten nämlich, er sei wohl etwas zu doof und wüsste nicht, dass hier keine Autos fuhren. Aber hier ginge es doch nicht um Autos, hörte er sich tausende Male sagen. Ehe er der Jugend erklärte, dass es in Deutschland einen Richtwert gab. Dieser besagte, dass es in jedem Gebiet der Bundesrepublik zu gleichen Teilen einer Verkehrsüberwachung bedarf. Das hatten hochstudierte Menschen einmal so nebenbei zwischen Kaffee und Sitzungen in Berlin beschlossen. Das war eben wie bei den Landschaftsgärtnern der Stadt Norden, die mussten schließlich auch bei Regen Blumengießen, wenn das auf ihrem Tagesplan stand. Klimafreundlichkeit und deutsche Bürokratie, das funktionierte in diesem Land noch nie!
Matthis setzte sich erneut auf die Bank. Diesmal sollten seine Gedanken ihm eine Pause gönnen, somit konnte er sich dem Kriminalroman widmen. Eine stärkere, kühle Brise streifte ihn. Er schaute auf und stellte fest, dass die Sonne hinter dem Wäldchen verschwunden war. Die Bäume warfen lange Schatten. Nun war es an der Zeit, sich von diesem Ort zu verabschieden. Er musste sich mit dem Abbau des Blitzers noch einmal richtig sputen, wenn er die letzte Fähre ans Festland noch erreichen wollte.
Insel Norderney – am selben Tag
Fiete Jensen saß in seinem Büro und kämpfte sich durch den anstehenden Aktenberg, als er über einen Änderungsantrag von seinem Stellvertreter stolperte. Stutzig zog er das Standardformular E38 aus dem Stoß der zu genehmigenden Formulare. Irgendetwas konnte doch hier nicht stimmen, dachte der Bürgermeister von Norderney. Mittlerweile durfte er schon über acht Jahre dieses Amt bekleiden. Doch sowas hatte er noch nie erlebt. Wie hinterhältig war es bitte, ihm ein E38 in den Aktenberg der zu genehmigenden Maßnahmen unterzujubeln? Unterstellte man ihm etwa, dass er seine Arbeit nicht gewissenhaft erledigte. Gerade er, ein Mann von der Insel, für die Insel. Hatte sein Stellvertreter etwa vergessen, dass es die absolute Zuverlässigkeit war, weshalb ihm seine treue Wählerschaft seit Jahren folgte und unterstützte. Natürlich war dies nicht alles. Sein charismatisches Aussehen unterstrich er stets mit seiner ordentlichen Kleiderwahl. So sah man ihn meistens mit dunkler Stoffhose und weißem Hemd bei der Arbeit. Im Gesicht immer glattrasiert, auf dem Haupt eine polierte Glatze.
Diese Dreistigkeit ging ihm aber definitiv zu weit. Er versuchte, trotz alledem wie immer sachlich zu bleiben, und sich mit einem kurzen Blick auf das Foto an seinem Schreibtisch abzulenken. Normalerweise klappte dies auch immer. Jedes Mal wenn er auf das idyllische Familienglück sah, spürte er, weshalb er diesen Beruf ergriffen hatte. Welch ein schönes Bild doch manchmal so spontan entstehen konnte. Die Augen seiner Ehefrau schienen fast zu funkeln, während seine Tochter Lucy Lou mit dem kleinen Tim seine erste Sandburg am naheliegenden Strand baute. Auch wenn dieses Bild schon einige Jahre auf den Buckel hatte, seine Tochter mit zehn Jahren gerade in eine etwas komplizierte Phase überging, und der kleine Tim mit acht Jahren auch Sandburgen eher als öde bezeichnete, schätzte er diese Momentaufnahme der Zeit umso mehr.
Doch heute brachte ihn der Anblick nicht wirklich zur Ruhe. Er fühlte sich einfach hintergangen und das von seinem besten Freund seit Kindertagen. So entschied er, der Angelegenheit nachzugehen.
Seine Sekretärin staunte nicht schlecht über den stürmischen Gang, welchen der sonst eher friedvolle Bürgermeister an den Tag legte. Wenige Augenblicke später erreichte er sein Ziel. Ungebremst schoss er in das Büro seines Stellvertreters Freddy Bartsch.
Dieser staunte ebenfalls nicht schlecht und legte den Telefonhörer hektisch zurück auf das Telefon.
„Stör ich?“, raunzte der Bürgermeister ihn an.
„Mensch, Fiete, was ist denn los?“, fragte Freddy scheinheilig. Doch Fiete konnte er nichts vormachen. Irgendetwas hatte seinen besten Freund verändern lassen. Denn seit Neuestem wirkte er auf Fiete wie ein Fremder. Das freundliche und ehrliche Lächeln war verschwunden. Sein warmherziges Erscheinungsbild wich einer eher schmierigen Version. Mit seinen neuerdings kürzeren, dunklen, stark gegelten Haaren unterstrich er seine neuen Charakterzüge optimal. Der gepflegte Dreitagebart war verschwunden und der eher stämmige Körperbau wich einer drahtigen Figur.
„Was soll das A38 auf meinen Schreibtisch?“, fragte der Bürgermeister. Seine Stimme zitterte vor Zorn.
„Ach darum geht es“, winkte Freddy erleichtert ab. „Ich hatte gehofft, dass du keine große Szene daraus machst und die Maßnahme einfach blind mit bewilligst. Das ist doch keine große Sache, oder?“
„Keine große Sache?“, Fietes Stimme überschlug sich fast. „Warum sollte ich das bitteschön so bewilligen? Du hast ja nicht einmal einen plausiblen Grund eingetragen.“
„Vertrau mir einfach! Es geht hierbei um etwas, das so viel größer ist wie ich oder du oder auch Norderney. Weißt du, wir können mehr haben als all das hier. Ich verspreche dir so viel mehr. Ich glaube, uns kann die Welt gehören.“
„Ich glaube, irgendwas läuft hier gewaltig schief. Ich kann dir in dieser Angelegenheit nicht blind vertrauen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Menschen das dulden würden.“
„Hier gibt es nichts zu dulden, mein Lieber, denn es hat bereits begonnen. Denk doch einmal im Leben an dich, an Lucy Lou oder Tim. Was könntest du ihnen als Vater alles bieten? Vergiss die Menschen hier. Denk an Karla. Ihr könntet die Welt bereisen, so wie sie immer wollte. Vertraue mir und ich hole dich mit ins Boot.“
„Du hast doch Wahnvorstellungen! Wenn du dieses Formular durchsetzen möchtest, dann gehe den offiziellen Weg und lege es dem Stadtrat zur Abstimmung vor. Meine Stimme bekommst du ohne plausiblen Grund auf keinen Fall.“
„Vielleicht brauche ich diese auch nicht!“
„Was soll das heißen? Willst du mir drohen?“
„Nein, nein, keine Sorge. Aber im Stadtrat gibt es mehr Stimmen als deine. Wäre doch schade, wenn du der Einzige wärst, der verliert, oder?“
„Ich garantiere dir, dass du die Anderen niemals davon überzeugen wirst. Sie werden dieselben Fragen stellen und dir niemals blindlinks folgen.“
„Lass das unsere Sorge sein! Ich denke, Argumente werden wir liefern können.“
„Unsere Sorge? Wer steckt da noch mit drin?“
„Komm, sei auf unserer Seite. Es wird an der Zeit, endlich aus dem Schatten zu treten.“
„Was? Aus dem Schatten? Du hast sie doch nicht mehr alle!“, schallte es lautstark durch das kleine Büro, bevor der Bürgermeister sich umdrehte und den Raum verließ.
„Warum Vater?“, waren die ersten Worte, welche Georg später auf dem Parkplatz zu seinem Vater sprach. „Warum nicht?“, erwiderte er forsch. „Das wird dir sicherlich guttun. Dich hält hier ja nichts, du hast keine Freunde, keine Freundin, also lass deine Reise beginnen!“
„I hätte meine Probleme auch alleine lösen können!“, polterte Georg ihm entgegen. „Mensch Vater, i hatte einen Plan!“
„Ach ja? Einen Speiseplan vielleicht, oder was?“ Karl-Heinz setzte sich auf den Fahrersitz, Georg stieg ebenfalls in den alten, blauen, verrosteten Ford ein. Die Beifahrertür war noch nicht zu, schon giftete Karl-Heinz erneut gegen ihn. „Erzähl mir mal deinen Plan, ach oder war das der Shitstorm?“ Sprachlos nahm sein Sohn die Worte entgegen. Der Wagen machte sich langsam und holpernd auf den Weg. Die ersten Kilometer verbrachten sie schweigend. Doch Georg konnte das alles nicht auf sich sitzenlassen. „I hät meine Probleme auch selber lösen können!“
„Nein, das glaub ich nicht“, antwortete ihm sein Vater. „Mensch, warum bist du so ein Sturkopf wie dein Opa? Warum könnt ihr euch nicht einmal helfen lassen, wenn es ausweglos ist.“
„Vater, langsam gehst du zu weit!“, gab Georg mit ungewohnt ruhiger und erwachsener Stimme von sich. Das konnte Karl-Heinz so nicht auf sich sitzenlassen. „Deine Spinnereien bin ich leid! Deine Fantasien und das ganze Blablabla, kannst du Mutter erzählen, aber nicht mir, ist das klar!?“
Die Stimmung konnte nicht aufgeheizter sein wie an jenem Abendmahl. Georgs letztes Abendmahl! Seine Mutter Elfriede, die gute Seele des Hauses, richtete alles für die Brotzeit her, ob Essiggurken oder Radi, Meerrettich, Knoblauch, Zwiebeln. Es lag alles bereit, Brot und Brezeln, Wurst oder Käse, alles fand seinen Platz auf der weiß-blau-gestreiften Tischdecke. Jedoch die Falten und Mienen, die der Abend in die Gesichter zeichnete, sollten eine andere Geschichte erzählen. Schluss mit der ausgewogenen Harmonie, Schluss mit der heilen Welt und vor allem Schluss mit der langen, für Georg nahezu heiligen, Familientradition.
„Vielen Dank für mein letztes Abendmahl, Mutter“, dröhnte Georg, er konnte nicht so schnell reagieren, da bekam er die zusammengerollte Abendzeitung von seinem Vater auf die Stirn geklatscht.
„Karl-Heinz!“, schrie Elfriede erschrocken auf.
„Der Junge kann sich nicht immer über alles und jeden stellen, letztes Abendmahl, ich glaub, ich spinn!“
„Hoppla stimmt, der Judas sitzt ja mit am Tisch!“, klatsch, klatsch, klatsch, die Zeitung traf Georg mit jedem Schlag fester und fester.
„Ist das alles, was du kannst, alter Mann?“, warf Georg spöttisch seinem Vater an den Kopf, als dieser von ihm abließ. Georg applaudierte und es ging noch einmal von vorne los, diesmal war sein Vater jedoch nicht mehr so zielsicher, wie bei der ersten Runde und traf neben der Stirn zusätzlich Auge und Nase.
Elfriede hatte große Mühe, die Situation zu entspannen, doch schließlich sollte es ihr gelingen, die Wogen zu glätten. Schweigsam konnte die Brotzeit zu Ende gebracht werden.
Verlassen und einsam fühlte sich Georg ein wenig später in seiner Kinderstube. Melancholie färbte seine Miene in eine tiefe Traurigkeit. Andrea Bocelli und Sarah Brightman sollten jenen Augenblick füllen. „Time to say goodbye“, sang der Tenor. Seine Stimme strahlte eine unglaubliche Ruhe von der alten Schallplatte aus. Georg schaute auf zwei große Rollkoffer und einen Seesack vor seinem leeren Kleiderschrank. Das alles hatte seine Mutter in Windeseile für ihn eingepackt. Sein Blick schweifte immer wieder durch sein Zimmer. Ein letztes Mal, so sagten seine Gedanken, legte er sich auf sein geliebtes Bett. Schon morgen wird seine Reise beginnen, 08:40 Uhr am S-Bahnhof. Georg überflog noch sporadisch seine Reiseunterlagen, welche ihm Beate Hübner liebevoll kurz vor Feierabend zusammengeschludert hatte. Hätte er gewusst, welche Odyssee vor ihm lag, so wären ihm sicherlich nicht einfach so die Augen zugefallen.
Prutting
Der Wecker hätte eigentlich nicht klingeln müssen, denn Georg hatte ohnehin fast kein Auge zubekommen. Seine Sorgen und Ängste waren einfach zu groß. Mürrisch schlug er den Alarm aus und blieb noch ein paar Minuten liegen. Schlussendlich gab er sich einen Ruck. Es blieb ihm ja nichts anderes übrig, er musste sich seinem Schicksal beugen. Auf nach Norderney!
Während er die letzten Kleidungsstücke, welche seine Mutter nicht eingepackt hatte, zusammensuchte, brummte er vor sich hin. Auf eine dunkle Jeans folgten ein weißes T-Shirt und darüber seine geliebte, alte, hellbraune Lederjacke. Seine Sorgenfalten und das blaue Auge verbarg er mit einer großzügigen Pilotensonnenbrille.
Nach erfolgreichem Abschluss seiner Morgenroutine kämpfte er sich polternd und fluchend mit seinen drei viel zu großen Gepäckstücken hinab durch das schmale Treppenhaus. Es war ein Aufwand, bis er endlich unten die gute Stube erreichte. Seine Eltern warteten schon auf ihn, sie wollten ihn bis zum Bahnhof begleiten. Na gut, um ehrlich zu sein, das mit dem Begleiten, das wollte Elfriede, seine Mutter. Sein Vater wollte eher auf Nummer Sicher gehen, dass die Versetzung auch wirklich klappte.
„Auf Junge, du brauchst nicht meinen, noch groß zu frühstücken. Schau mal auf die Uhr!“, schnauzte ihm sein Vater zur Begrüßung entgegen. „Ebenfalls einen guten Morgen“, erwiderte Georg grantig. Elfriede war von dem Moment schwer gezeichnet. Ihren kleinen Jungen musste sie fortschicken. Raus in die weite, weite Welt. Auch wenn Georg zweiunddreißig war und mittlerweile Vollbart trug, so war er für sie doch immer noch ihr kleiner Tollpatsch. Die richtige Überschrift für ihre Verabschiedung war Ein Schicksalsschlag, den so nur das Leben schreibt. Karl-Heinz hatte Puls, blickte ständig nervös auf seine Armbanduhr und signalisierte mit jeder Geste und jedem Atemzug, dass es nun an der Zeit war.
Wenig später standen sie alle am Gleis, um Georg zu verabschieden. Die tosende Meute bestand aus seinen Eltern, Revierleiter Braun mit seiner Sekretärin, sowie Resi vom Wirtshaus. Der große Moment war gekommen, auf Gleis zwei fuhr der Zug nach Rosenheim ein. Es sollte seine erste Etappe sein. Georg verabschiedete sich bei Resi mit einer herzlichen Umarmung, danach ein grimmiger Blick zu Revierleiter Braun. Leise konnte man ein Geflüstertes, „Adios, Drecksack!“, von dessen Lippen vernehmen. Schlussendlich wandte er sich erneut seiner Mutter zu. Lang lebe das Drama. „Leb wohl, Mutter! Ich habe das alles nie gewollt, Mutter. Pass gut auf dich auf, Mutter.“
Doch nun sollte seine große Show beginnen. Er hatte sich als Letztes seinen Vater vorgenommen.
Der Zug fuhr ein, die Waggontür öffnete mit einem lauten Zischen direkt vor Georg. Er packte sein Gepäck, huschte die Stufe hoch und drehte sich um. Nun schaute er seinem Vater in die Augen. Vor allen Beteiligten nahm er die Sonnenbrille ab und sprach: „Danke für alles, Rocky!“ Ein Raunen machte die Runde. Das Timing passte, die Tür ging zu, der Zug fuhr los. Georg ließ einige geschockte Gesichter zurück. Zufrieden setzte er sich und blickte aus dem Fenster. Ach, wenn Engel reisen, da scheint die Sonne, dachte er, während er die schöne Landschaft wehmütig betrachtete. Ihm war es sehr wichtig, zum Abschied noch etwas zurückzulassen. Denn so einfach ließe er sich nicht die Heimat nehmen. Auch wenn sein Vater nun gewonnen hatte und er jetzt nach Norderney fuhr. Er wird zurückkehren und sich seiner Tradition und Aufgabe in der Wache Prutting stellen. Doch langsam kam es Georg in den Sinn: Warum zum Teufel fuhr er eigentlich mit der S-Bahn nach Rosenheim? Rosenheim war doch südlicher als Prutting. Musste er für Norderney nicht Richtung Norden?