Zwei Herren aus Verona - William Shakespeare - E-Book

Zwei Herren aus Verona E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

Proteus und Valentin sind seit vielen Jahren beste Freunde und nichts könnte sie je auseinanderbringen – oder etwa doch? Beide Männer verlieben sich in Silvia, die Tochter des Herzogs von Mailand, und zwischen den beiden entsteht eine hitzige Rivalität um ihre Gunst. Damit nicht genug: Proteus' Freundin Julia reist ebenfalls nach Mailand, um ihre Beziehung zu Proteus zu retten. Werden die Liebenden am Ende zusammenfinden und kann die Freundschaft zwischen Valentin und Proteus diese Belastungsprobe überstehen?-

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William Shakespeare

Zwei Herren aus Verona

(The Two Gentlemen of Verona)

Übersezt von Karl Simrock

Saga

Zwei Herren aus Verona

 

Übersezt von Karl Simrock

 

Titel der Originalausgabe: Two Gentlemen of Verona

 

Originalsprache: dem Englischen

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1868, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726885927

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Personen:

Herzog von Mailand, Silviens Vater. Zwei Edelleute: Valentin, Proteus. Antonio, des Proteus Vater. Thurio, ein alberner Nebenbuhler Valentins. Eglamour, Silviens Begleiter auf der Flucht. Sput, Valentins drolliger Diener. Lanz, Diener des Proteus. Panthino, Diener des Antonio. Der Wirth, bei dem Julie in Mailand wohnt. Julie, eine edle Veroneserin, Geliebte des Proteus. Silvia, des Herzogs Tochter, Valentins Verlobte. Lucette, Juliens Dienstmädchen. Diener, Musikanten, Räuber. Die Scene ist bald in Verona, bald in Mailand und an der Grenze Mantuas.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt.

Platz in Verona.

Valentin und Proteus treten auf.

Valentin. Hör auf mir zuzureden, lieber Proteus:

Bleibst du daheim, so bleibt dein Witz geheim.

Wenn Neigung deine jungen Tage nicht

An der Geliebten süße Blicke bände,

Bät ich vielmehr, du möchtest mich begleiten,

Mit mir der Ferne Wunder zu beschauen,

Anstatt in dumpfer Unentschloßenheit

Die Jugend mit formlosem Nichts zu füllen.

Doch da du liebst, so lieb und wachse drin,

Und lieb Ich einst, sei das auch Mein Gewinn.

Proteus. So gehst du? Lieber Valentin, leb wohl!

Denk deines Proteus, wenn du Seltnes siehst

Und Merkenswerthes auf der Reise; wünsche,

Dein Glück mit dir zu theilen, mich zu dir,

Wenn es dir wohl ergeht; und in Gefahr

(Wenn jemals dich Gefahr umgiebt) empfiehl

Den Ausgang meinem heiligen Gebet:

Denn für dich beten will ich, Valentin.

Valentin. Du betst für mich aus einem Liebesbuch?

Proteus. Ganz recht, aus einem Buche, das ich liebe.

Valentin. Der seichten Mär vielleicht von tiefer Liebe,

Wie durch den Hellespont Leander schwamm.

Proteus. Ein tiefes Märchen ists von tiefrer Liebe.

Ueber die Schuhe stak er ja in Liebe.

Valentin. Ueber die Stiefel aber steckst du drin

Und bist doch nie den Hellespont durchschwommen.

Proteus. Mit spanschen Stiefeln, Freund, verschone mich.

Valentin. So kommst du doch auf keinen Strumpf.

Proteus. Wie so nicht?

Valentin. Verliebtheit, wo man Hohn für Kummer kauft,

Für Herzweh kühlen Blick, flüchtige Lust

Für zwanzig wache, müde, lange Nächte,

Wo der Gewinn vielleicht nur ein Verlust,

Und der Verlust Gewinn ist saurer Müh,

Nur eine Thorheit ists, mit Witz errungen,

Wenn nicht die Thorheit gar den Witz bewältigt.

Proteus. Der Schluß ist deines Lieds: ich bin nicht klug.

Valentin. Der Schluß des deinen zeigt es klar genug.

Proteus. Die Liebe schmähst du: ich bin nicht die Liebe.

Valentin. Lieb ist dein Meister, sie bemeistert dich,

Und wer ins Joch sich einer Thörin schmiegt,

Den kann man nicht ins Buch der Weisen schreiben.

Proteus. Doch sagen Dichter, wie in zarter Knospe

Die Raupe nagend wohnt, so wohne nagend

Die Liebe in dem edelsten Gemüth.

Valentin. Und Dichter sagen, wie die zarte Knospe

Vom Wurm zernagt wird, eh sie sich erschließt,

So wird der junge zarte Sinn in Thorheit

Verkehrt durch Liebe: innerlich zerfreßen

Verliert er schon im Lenz sein frisches Grün

Und alle schönen Früchte künftger Hoffnung.

Doch was vergeud ich Zeit, um dir zu rathen,

Dem Priester schwärmerischen Liebeswahns?

Lebwohl noch einmal: Auf der Rhede wartet

Mein Vater schon, mich eingeschifft zu sehn.

Proteus. Ich will dich hinbegleiten, Valentin.

Valentin. Nein, lieber Proteus, laß uns Abschied nehmen.

Zu Mailand laß in Briefen mich erfahren

Von deiner Liebe Glück und was sonst Neues

Sich hier begab, derweil dein Freund entfernt war;

So such ich auch dich wohl mit Briefen heim.

Proteus. Mög alles Glück in Mailand dir begegnen:

Valentin. Nicht minder dir daheim: und so leb wohl.

(Valentin ab.)

Proteus. Er jagt der Ehre nach und ich der Liebe.

Er läßt die Freunde, ihrer werth zu werden;

Mich laß ich, Freund, und Alles für die Liebe.

Du süße Julie, hast mich so verwandelt.

Daß ich nun Zeit und Wißenschaft versäume,

Die Welt nichts achte, guten Rath verschmähe,

Bis liebesiech hinschmachtend ich vergehe.

(Sputtritt auf.)

Sput. Gruß euch, Herr Proteus; saht ihr meinen Herrn?

Proteus. So eben schifft' er sich nach Mailand ein.

Sput. Nein, zwanzig gegen eins, er ist geschifft

Und ich ein Schaf, das seinen Herrn verlor.

Proteus. Ja, bald hat sich ein armes Schaf verirrt,

Wenn seine Heerd im Stiche ließ der Hirt.

Sput. Ihr schließt, mein Herr sei ein Schäfer und ich ein Schaf?

Proteus. Freilich.

Sput. So gehören ihm meine Hörner im Wachen wie im Schlaf.

Proteus. Eine einfältige Antwort wie sie ziemt für ein Schaf.

Sput. Das Alles macht mich zum Schaf.

Proteus. Ja, und deinen Herrn zum Schäfer.

Sput. Nein, ich kanns durch eine Schlußfolgerung widerlegen.

Proteus. Das wird schwer halten; aber ich wills durch eine andere darthun.

Sput. Der Schäfer sucht das Schaf und nicht das Schaf den Schäfer; ich aber suche meinen Herrn, nicht mein Herr mich: folglich bin ich kein Schaf.

Proteus. Das Schaf folgt des Futters wegen dem Schäfer; der Schäfer nicht der Speise wegen dem Schaf, Du folgst des Lohnes wegen deinem Herrn, nicht dein Herr des Lohnes wegen dir. folglich bist du ein Schaf.

Sput. Noch eine zweite Schlußfolgerung wie diese, so schrei ich bäh.

Proteus. Aber höre: gabst du Julien meinen Brief?

Sput. Ja, Herr: ich verlaufenes Schaf gab dem verkäuflichen Lamm euern Brief, und sie, das verkäufliche Lamm, gab mir, dem verlaufenen Schaf, nichts für meine Mühe.

Proteus. Hier ist zu wenig Weide für eine solche Heerde Lämmer.

Sput. Wenn der Weidegrund überfüllt ist, so müßt ihr sie stechen.

Proteus. Da bist du wieder verirrt: ich muß dich pfänden.

Sput. Nein, Herr, für das Brieftragen fändet ihr mich wohlfeiler ab.

Proteus. Immer noch verirrt! in den Pfandstall sollst du.

Sput. Fürs Bestellen in den Stall? Das ist ein böser Platz

Für den Boten, der den Brief überbracht hat euerm Schatz.

Proteus. Aber was sagte sie? Nickte sie nicht einmal?

Sput(nickt). Ich.

Proteus. Nickt, ich? Ach, das ist nichtig.

Sput. Ihr versteht mich nicht, Herr. Ihr fragtet mich, ob sie nickte, da nickte ich und sagte: ich.

Proteus. Und zusammengesetzt ist das nichtig.

Sput. Nun, habt ihr euch die Mühe genommen, es zusammen zu setzen, so nehmts für eure Mühe.

Proteus. Nein, nein, du magst es für dein Brieftragen behalten.

Sput. Ich muß viel aushalten, euch zu ertragen.

Proteus. Ei, Bursch, was hast du bei mir zu ertragen?

Sput. Herr, ich trug den Brief ganz ordentlich und erhielt nur einen nichtigen Lohn für meine Mühe.

Proteus. Ei sieh, dein Witz ist ja recht behende.

Sput. Und kann doch eurer langsamen Börse nicht beikommen.

Proteus. Zur Sache! Heraus mit ihrer Antwort: was sagte sie zu dem Brief?

Sput. Heraus mit eurer Börse, damit das Geld und die Sache zugleich zum Vorschein kommen.

Proteus. Gut, Freund: hier ist für deine Mühe. Was sagte sie?

Sput. Ach, Herr, ich glaube schwerlich, daß ihr sie gewinnt.

Proteus. Warum das? Konntest du das aus ihr herausbringen?

Sput. Nein, Herr, ich konnte gar nichts aus ihr herausbringen, nicht einmal einen Ducaten für die Ueberbringung eures Briefs. Und da sie so hart war gegen mich, der eure Gesinnung überbrachte, so wird sie eben so hartherzig gegen euch sein, wenn ihr euch mündlich gegen sie erklärt. Zu Liebeszeichen gebt ihr nichts als Steine, denn sie ist hart wie Stahl.

Proteus. Wie, sagte sie gar nichts?

Sput. Nein, nicht einmal: Nimm das für deine Mühe. Euch von Undankbaren zu unterscheiden, habt ihr mir Scheidemünze gegeben. Zum Dank dafür tragt künftig eure Briefe selbst; und so, Herr, will ich euch meinem Herrn empfehlen.

Proteus. Geh und bewahr vor Scheiterung dein Schiff:

Es kann nicht sinken, hat es dich an Bord,

Zu trocknerm Tod bist du am Strand bestimmt.

Ich muß ihr einen beßern Boten senden:

Mein Julchen, fürcht ich, würdigt nicht mein Schreiben,

Weil sies aus so unwerther Hand empfieng.

__________

Zweiter Auftritt.

Julie und Lucette treten auf.

Julie. Sprich jetzt, Lucette, denn wir sind allein.

Räthst du im Ernst, ich soll in Liebe fallen?

Lucette. Ja, Fräulein, wenn ihr nur den Hals nicht brecht.

Julie. Doch von der ganzen Auswahl junger Herrn,

Die ich hier täglich um mich seh und spreche,

Wer scheint der Liebe dir am würdigsten?

Lucette. Ich bitte, nennt sie mir, so sag ichs euch

Nach meiner schlichten, unvollkommnen Einsicht.

Julie. Was denkst du von dem schönen Eglamour?

Lucette. Ein wohlberedter Ritter, hübsch und fein;

Doch wär ich Ihr, er würde nimmer mein.

Julie. Und von dem reichen Herrn Mercatio?

Lucette. Von seinem Gelde gut, von ihm so so.

Julie. Laß hören, was du von dem jungen Proteus sagst.

Lucette. Gott, Gott: wie du uns doch mit Thorheit plagst:

Julie. Warum ergreift so sehr der Name dich?

Lucette. Verzeiht mir, Fräulein; doch ich schäme mich,

Daß ich unwürdge Dirne richten soll

Ueber einen Herrn so schön und anmuthvoll.

Julie. Du mochtest doch von allen andern sprechen.

Lucette. Er scheint mir alle andern auszustechen.

Julie. Dein Grund?

Lucette. Ich weiß nur einen Weibergrund:

Er scheint mir so nur, weil er mir so scheint.

Julie. Du räthst, ich soll ihm meine Liebe schenken?

Lucette. Ja, wenn ihr sie nicht weggeworfen glaubt.

Julie. Er ganz allein hat nie um mich geworben.

Lucette. Er ganz allein wär fast um euch gestorben.

Julie. Sein Schweigen zeigt, daß er für mich nicht fühlt.

Lucette. Verschloßne Glut ist die am Tiefsten wühlt.

Julie. Die lieben nicht, die keine Liebe zeigen.

Lucette. Die Liebe bergen ist Verliebten eigen.

Julie. O kennt ich doch sein Herz!

Lucette. Lest, Fräulein, dieß Papier.

Julie. »An Julie«. Ei, von wem?

Lucette. Der Inhalt weist es aus.

Julie. Wer aber gab es dir?

Lucette. Der Page Valentins, den Proteus sandte.

Er dacht es Euch zu geben, doch weil er euch nicht sah,

Nahm ichs in euerm Namen; verzeiht, daß es geschah.

Julie. Ei meiner Treu: 'ne feine Kupplerin!

Wagst du verliebte Zeilen anzunehmen?

Dich wider meine Jugend zu verschwören?

Nun, auf mein Wort, das ist ein ehrbar Amt,

Und du Beamte werth des Ehrenamts!

Da, nimm das Blatt, heiß es ihm wiedergeben,

Sonst komm mir nimmer wieder vor die Augen.

Lucette. Wer für die Liebe spricht, soll man den haßen?

Julie