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Die Festschrift gibt einen Einblick in die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Theologisch-Pastoralen Instituts und seiner Umwelt. Sie hält fest, wie das 50-jährige Jubiläum des Instituts gefeiert wurde. Veröffentlicht sind in ihr sowohl die Festansprache von Bischof Dr. Bätzing als auch die Festvorträge von Prof. Rainer Bucher und Prof. Maren Lehmann. Zugleich laden die Beiträge dazu ein, die vorgelegten Gedanken weiter zu entwickeln, denn sie sind als Momentaufnahme gedacht - ebenso agil und dynamisch wie die Zeit, in die hinein sie geäußert wurden.
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Seitenzahl: 90
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Vorwort
THORSTEN HOFFMANN
Zwischen Planung und Unplanbarkeit
EIN ZITAT VON KARL RAHNER
Festansprache
GEORG BÄTZING
Ansprache in der Vesper des Festaktes
Festvorträge
RAINER BUCHER
Dekonstruktionen. Pastoraltheologische Perspektiven auf die Lage der Kirche zwischen Planung und Unverfügbarkeit
MAREN LEHMANN
Zwischen Planung und Unverfügbarkeit. Für eine Kirche auf dem Weg
Artikel
HERMANN JOSEF GROSS
50 Jahre TPI Mainz. Von der Wiege des Institutes und „kranken Kühen"
CHRISTOPH RÜDESHEIM
Kirchliche Fortbildung x.0, oder: Was ist die Zukunft der Fortbildung in der nächsten Gesellschaft?
POSITIONSPAPIERE AUS DEM TPI
Disruption und Transformation – Die Zeit ist aus den Fugen
Grußworte
BARBARA KORMANN
NATASCHA ROSELLEN
RAINER BUCHER
Üblicherweise plant man einen runden Geburtstag frühzeitig, stellt die Gästeliste mit Bedacht zusammen, schwelgt schon bei der Vorbereitung in Erinnerungen und überlegt, wie die Feier am besten gestaltet werden kann. Genau so haben wir es auch im Verwaltungsrat des Theologisch-Pastoralen Instituts (TPI) gemacht, als es um das 50-jährige Jubiläum ging:
2018 wurden bereits erste Ideen entwickelt, die wir 2019 soweit konkretisierten, dass das Jubiläum im Jahresprogramm 2020 angekündigt und persönliche Einladungen versendet werden konnten. Doch dann kam alles anders. Die Corona-Pandemie veränderte radikal unsere Lebensgewohnheiten und an eine große Jubiläumsfeier war 2020 nicht zu denken. Schweren Herzens entschlossen wir uns zu einer Verschiebung ins Jahr 2021 und waren sicher, dass wir dann wieder ungezwungen und in größerem Rahmen feiern könnten.
Doch auch diese Planungen erwiesen sich als nicht haltbar. Inmitten steigender Inzidenzen und strenger Corona-Schutzbestimmungen mussten wir das Jubiläum, das vom 18. bis 19. November 2021 in Präsenz im Erbacher Hof in Mainz geplant war, wenige Tage vor der Veranstaltung in ein digitales Format umwandeln. Unser Dank gebührt an dieser Stelle allen, die einen solchen Wechsel möglich gemacht und mitgetragen haben. Gemeinsam gelang es, trotz der schwierigen Voraussetzungen, ein frohes und bewegendes Jubiläum zu feiern.
Die 50-Jahr-Feier des TPI war also geprägt von Unwägbarkeiten und kurzfristigen Anpassungen. Planung traf auf Unplanbarkeit. Rückblickend hätte es kaum passender sein können. Steht die Feier damit nicht sinnbildlich für unsere kirchliche und gesellschaftliche Situation in dieser Zeit? Immer weniger ist vorhersehbar. Immer weniger tragen die Lösungen der Vergangenheit. Im TPI-Verwaltungsrat haben wir uns im Zugehen auf das Jubiläum mit dem Thema „Disruption" beschäftigt, also mit Abbrüchen in unserer Kirche und in unserer Gesellschaft, die uns vor Augen führen, dass wir uns in Zeiten eines fundamentalen Wandels befinden - und damals war ein Krieg in Europa noch gar nicht vorstellbar.
In einer solchen Situation ein Jubiläum zu feiern, ist anspruchsvoll. Und doch haben wir mit Zuversicht gefeiert. Das TPI hat in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt, dass es ein Kompetenz- und Ideenzentrum ist und dass hier Menschen Kirche entwickeln. Heute gilt das mehr denn je. Veränderung und Krisen sind der Normalfall. Darin liegt eine Chance, denn diese Situation führt zu der vertieften Frage, wozu wir Kirche sind und wie wir als Christinnen und Christen mit den Menschen auf der Suche nach Gott bleiben können. Dazu brauchen kirchliche Mitarbeitende Kompetenzen, die ihnen dabei helfen, das eigene Tun zu reflektieren und unplanbaren Situationen souverän zu begegnen. Das TPI wird sich dieser Aufgabe als Kompetenzzentrum auch weiterhin mit viel Engagement stellen und damit den Trägerdiözesen und ihren Mitarbeitenden einen wertvollen Dienst erweisen.
Ich freue mich, dass die vorliegende Festschrift einen Einblick in die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des TPI und seiner Umwelt gibt. Sie hält damit fest, wie wir das 50-jährige Jubiläum des Instituts gefeiert haben und was uns bewegt hat. Zugleich lädt die Festschrift dazu ein, die vorgelegten Gedanken weiter zu entwickeln, denn sie sind als Momentaufnahme gedacht - ebenso agil und dynamisch wie die Zeit, in die hinein sie geäußert wurden.
Im Namen des Verwaltungsrats danke ich den Autorinnen und Autoren für die Erstellung der Texte, dem Team des TPI für die redaktionelle Bearbeitung und den Teilnehmenden unserer Jubiläumsfeier, die uns ermutigt haben, ein solches schriftliches Dokument ergänzend zur digitalen Veranstaltung vorzulegen.
Allen, die diese Festschrift in Händen halten, wünsche ich eine anregende Lektüre und hoffe, dass daraus Impulse erwachsen, die das TPI auch in den kommenden Jahrzehnten zu einem wichtigen Ort theologischer Reflexion und Entwicklung machen werden.
DR. THORSTEN HOFFMANN, Vorsitzender des Verwaltungsrates, Trier
„Zunächst ist nüchtern zu sehen, daß alle Planung der Zukunft der Kirche in den nächsten Jahrzehnten uns von der Notwendigkeit eines Ganges in eine unplanbare Zukunft, von Wagnis und Gefahr und Hoffnung auf die unberechenbare Gnade Gottes nicht dispensiert. Wenn die profane Zukunft trotz aller modernen Futurologie nicht wirklich genau vorausgewußt werden kann, schon weil, von allem anderen abgesehen, die Rückkopplungseffekte der geplanten und erreichten Momente der Zukunft auf die Mentalität der kommenden Generation gar nicht genau vorausgewußt werden können, wenn diese unberechenbare profane Zukunft das Aktionsfeld der Kirche der Zukunft ist und das Handeln der Kirche mitbestimmt, dann ist es eigentlich selbstverständlich, daß die Zukunft der Kirche auch nur für die nächsten Jahrzehnte nicht wirklich genau vorausgewußt und aktiv geplant werden kann. Wir gehen auch heute immer noch in eine uns verhüllte Zukunft der Kirche. Das ist das menschliche Schicksal auch der Kirche und etwas, was eine christliche Haltung der wirklichen Hoffnung und des Vertrauens eigentlich als selbstverständlich voraussetzen muß. Wir können, wenn wir wollen, uns dabei trösten, daß alle Futurologen, Gesellschaftswissenschaftler und Politiker für ihre Zukunft trotz aller Berechnungen und Voraussagen auch nicht wirklich mehr wissen, alle profanen Prophezeiungen immer wieder teilweise oder gänzlich desavouiert werden, weder Gutes noch Böses genau so eintreffen, wie es erhofft oder gefürchtet wurde, weder ein Gelobtes Land noch eine endgültige Katastrophe uns die Last und die Würde einer weiteren Pilgerschaft durch die Geschichte bald abnehmen werden. Eine rationale und nüchterne kirchliche Futurologie kann auch nicht im Ernst ergänzt werden durch einen Rückgriff auf diese oder jene Prophezeiungen, die in frommen Kreisen feilgeboten werden, weil sie selber nur Ausdruck einer apokalyptischen und nicht eschatologischen Mentalität sind, die nun einmal in gewissen soziologischen Schichten nicht auszurotten ist. Wenn daher im folgenden gewisse Voraussichten und Imperative für eine nähere Zukunft der Kirche in Deutschland vorgetragen werden, dann geschieht dies immer unter dem strikten Vorbehalt des eben Gesagten.
Wenn einem dann diese Perspektiven der Zukunft vage und billig vorkommen, vielleicht nur Binsenwahrheiten zu sein scheinen, dann muß er sich fragen lassen, ob er Besseres und Deutlicheres in diesen Fragen zu sagen weiß, und vor allem, ob denn wirklich in der deutschen Kirche die Konsequenzen mutig und eindeutig gezogen werden, die sich schon aus dem hier Gesagten ergeben können. Solange dies nicht wirklich geschieht, solange doch meist nur Lippenbekenntnisse bezüglich dieser Konsequenzen abgegeben werden, um im Grunde genommen alles beim alten zu lassen und das, was heute für die Zukunft getan werden könnte, auf morgen zu verschieben, so lange muß man auch immer wieder solche Selbstverständlichkeiten sagen.Es darf dabei vor allem auch nicht übersehen werden, daß schon die nähere gesellschaftspolitische Zukunft unseres Volkes sehr ungewiß ist, da sehr wesentliche Änderungen – zum Guten und zum Schlimmen – möglich sind, die wir für eine Programmatik der kirchlichen Zukunft schon, so gut es möglich ist, einkalkulieren müßten. Man kann aber den Eindruck haben, daß dies im kirchlichen Leben und Planen fast gar nicht geschieht und mehr oder weniger stillschweigend von der Voraussetzung ausgegangen wird, die profane Gesellschaft des Westens bleibe doch auch in den nächsten Jahrzehnten ungefähr so, wie sie jetzt ist. Natürlich ist in dieser Hinsicht vieles nicht vorauszusehen, und darum sind viele an sich wünschenswerte Vorbereitungen dafür oder dagegen nicht möglich, so daß die evangelische Warnung vor einem Praemeditari auch heute noch in Kraft bleibt. Aber auf das, was man voraussehen kann, sollte man sich doch rechtzeitig vorbereiten und nicht einfach weitermachen wie bisher und abwarten wie eine Maus, die, von der Schlange der Zukunft hypnotisiert, gar nichts zu ihrer Rettung tut. Auch wenn man sich für das wappnet, was von der Zukunft voraussehbar ist, bleibt noch genug, was unberechenbar ist und nur in Hoffnung und Geduld erwartet werden kann."
Rahner, K. (1973): Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance. Freiburg, Herder, hier 49–51.
FESTANSPRACHE
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht, denen, die gemäß seinem Ratschluss berufen sind; denn diejenigen, die er im Voraus erkannt hat, hat er auch im Voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. Die er aber vorausbestimmt hat, die hat er auch berufen, und die er berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht. Röm 8,28–30
Diese Verse stellen den Angelpunkt der 16 Kapitel des Römerbriefes dar und angesichts der theologischen und kommunikativen Begabung des Paulus wird es kein Zufall sein, dass er gerade diese Passage in die Mitte rückt. Der Apostel erinnert an die Treue Gottes, der uns immer schon meint und in seinem guten Blick hat. Er vermittelt Zuversicht in herausfordernden Lebens- und Glaubensumständen, indem er eine resiliente Gewissheit in den römischen Christinnen und Christen aktiviert: Seid gewiss, Gott hat sich etwas dabei gedacht, als er euch berufen hat. Die Wirkung solcher Verkündigung reicht bis heute; wenn diese Verse gelesen werden, dann schaffen sie eine Atmosphäre von Gewissheit, Geborgenheit und Ermutigung – auch in den unbequemen Umbrüchen und Abbrüchen, die wir heute in der Kirche erleben, erleiden und gestalten wollen.
Ein zentrales Stück des Römerbriefes. Dieses vielschichtige Werk des Apostels Paulus, das vermutlich ja bereits etliche Zeit vor der Abfassung der ersten Evangelien entstanden ist, eignet sich insgesamt, um dankbar und voll Anerkennung auf die Arbeit des TPI zu schauen. In immer neuen Anläufen entstehen Programme und Angebote, um Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Entfaltung ihrer Kompetenzen zu unterstützen; sie angesichts andauernder und immer neuer Krisenhaftigkeit persönlich zu stärken durch die Vergewisserung der Möglichkeiten und Grenzen ihrer Rollen und Aufträge. Im letzten Jahresbericht finde ich das gut zusammengebunden: Das TPI wird dort als Kompetenzzentrum beschrieben, das durch die Arbeit mit Einzelnen und Kursgruppen Prozesse der Kirchenentwicklung und anstehender Transformation in den Trägerdiözesen unterstützen und beeinflussen will.
Und was hat das mit dem Römerbrief zu tun? Nicht selten lädt das TPI ausdrücklich zu theologischer Arbeit mit den biblischen Quellentexten unseres Glaubens ein. Darüber hinaus trägt die biblische Vergewisserung in allen Kursangeboten zu solider Fundierung bei.