Zwischen Pluralität und Präskription: Sprachnormen in der Romania in Geschichte und Gegenwart -  - E-Book

Zwischen Pluralität und Präskription: Sprachnormen in der Romania in Geschichte und Gegenwart E-Book

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Beschreibung

Der Band versammelt ausgewählte Beiträge des XXXVI. Romanistischen Kolloquiums, die aktuelle sprachnorm(en)bezogene Fragestellungen aus der romanistisch-linguistischen Forschung behandeln. Historische Zusammenhänge und Entwicklungen stehen dabei ebenso im Fokus wie aktuelle Gegebenheiten. Die Beiträge, die sich sowohl in der europäischen Romania als auch in der außereuropäischen Frankophonie und Hispanophonie bewegen, behandeln ein breites Spektrum an Themen: Neben der Rolle von Sprachnormen in Standardisierungsprozessen wird das Spannungsverhältnis von Sprachgebrauch und -normen im Kontext verschiedener Konstellationen sowie die gesellschaftliche, mediale oder öffentliche Diskussion von Sprachnormen exemplarisch untersucht. Der Band unterstreicht die Bedeutung der Erforschung von Sprachnormen romanischer Sprachen in ihren vielfältigen Erscheinungsformen, Kontexten und Wirkungen.

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Seitenzahl: 433

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Lidia Becker / Julia Kuhn / Christina Ossenkop / Claudia Polzin-Haumann / Elton Prifti (Hrsg.)

Zwischen Pluralität und Präskription: Sprachnormen in der Romania in Geschichte und Gegenwart

DOI: https://www.doi.org/10.24053/9783381110926

 

© 2024 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISSN 2750-042X

ISBN 978-3-381-11091-9 (Print)

ISBN 978-3-381-11093-3 (ePub)

Inhalt

Zwischen Pluralität und Präskription. Sprachnormen in der Romania in Geschichte und Gegenwart: EinleitungBibliographieSprachnormen und StandardisierungÜber die Veränderungen der Ausrichtung von Referenzformen dominierter romanischer Sprachen1 Vorüberlegungen2 Früher Sprachausbau des Okzitanischen im (späten) Mittelalter3 Die erste okzitanische Renaissance 1550–16604 Die unterschiedlichen Orientierungen seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts5 Die Entwicklungen im katalanischen Sprachgebiet6 Neuere EntwicklungenBibliographieDie Rekonfiguration und Modernisierung romanischer Standardsprachen: zu einem doppelten Paradigmenwechsel im Italienischen, Spanischen und Katalanischen1 Einleitung2 Dialektischer Wandel: formelle und informelle Standardisierung3 Neukonfiguration der Standardsprachlichkeit: Demotisierung, Destandardisierung, Restandardisierung und ‚Neo-Standards‘4 Entwicklungen der Standardsprachlichkeit im Italienischen, Spanischen und Katalanischen5 Modernisierung des Italienischen, Spanischen und Katalanischen6 SchlussBibliographie‚Alte‘ und ‚neue‘ Sprecher:innen, Sprachgebrauch und -perzeptionNormes linguistiques en contexte de langue minoritaire : Le cas du Français Louisianais1 Introduction2 Portrait sociolinguistique de la francophonie louisianaise3 Cadre théorique : Aménagement linguistique et normes4 Les normes linguistiques en Louisiane5 Attitudes des locuteurs du français louisianais vis-à-vis des normes6 ConclusionBibliographiePluralidad de normas en español: discurso normativo y percepción en torno a tres estructuras morfosintácticas1 Introducción2 Material y metodología3 Análisis de los resultados4 ConclusiónObras de referencia gramaticalBibliografíaUsos del pretérito perfecto compuesto (PPC) en la provincia de Arequipa: entre usos canónicos y tendencias innovadoras1 Introducción2 El área de investigación4 Usos del pretérito perfecto compuesto (PPC)5 Presentación del corpus6. Análisis7 Resultados e interpretación de los datos8 ConclusiónBibliografíaAbreviacionesDiskurse und Debatten in Gesellschaft, Medien und ÖffentlichkeitLa ideología del estándar y su impacto en ELE1 Ideología y normatividad en el aprendizaje y la enseñanza de lenguas segundas y extranjeras2 Relevancia de la ideología del estándar en ELE3 Ideología del estándar en documentos normativos europeos4 Ideología del estándar en documentos normativos nacionales y libros de texto5 Ideología del estándar en la representación de la lengua y su cultura6 ConclusiónBibliografíaSprachnormenkonzepte in der öffentlichen Auseinandersetzung: die Debatte um die écriture inclusive in Frankreich1 Einführung – Fragestellungen und Korpuswahl2 Sprachnormenkonzepte in den Debatten3 Ergebnisse und PerspektivenBibliographieTypologie de normes communicatives et démarcatives : analyse de discours acadiens1 Introduction2 La construction discursive de l’acadien dans la recherche3 Dimensions des normes communicatives et démarcatives4 Langue légitime, violence symbolique, théories et méthodes scientifiques5 Analyse6 DiscussionBibliographie

Einleitung

Sprachnorm(en)bezogene Fragen beschäftigen die romanistisch-linguistische Forschung aus unterschiedlichsten Perspektiven und in verschiedensten Zusammenhängen, z. B. in der Sozio-, Varietäten-, Medien- und Diskurslinguistik, Studien zur Sprachpolitik oder den Forschungen zur Räumlichkeit der romanischen Sprachen (z. B. Plurizentrik, Sprachgeographie, Linguistic Landscapes). Sprachnormen und sprachnormative Diskurse sind ein zentrales Moment für unser Verständnis sowohl historischer Entwicklungen und Standardisierungsprozesse als auch aktueller (mitunter konflikthafter) Situationen. Von dieser zentralen Bedeutung zeugt allein ein kursorischer Blick auf Handbücher der romanistischen Linguistik (cf. z. B. Holtus/Metzeltin/Schmitt 1990 und 1992; Ernst et al. 2003–2008; Kolboom/Kotschi/Reichel ²2008; Born et al. 2012; Ayres-Bennett/Carruthers 2018; Ridruejo 2019; Lebsanft/Tacke 2020; Eckkrammer 2021)1, neben unzähligen Einzelstudien auf verschiedenen Maßstabsebenen. Die vielfältigen, oftmals von impliziten Normen bestimmten gesellschaftlichen Zusammenhänge, in denen romanische Sprachen verwendet werden, bieten schier unerschöpfliche Forschungsfragen, ebenso das beständige Ringen um ‚die richtige Norm‘ – und nicht zuletzt das Spannungsverhältnis zwischen beiden Dimensionen, das sich u. a. auch in den (bisweilen kontroversen) Diskussionen innerhalb einer breiteren Öffentlichkeit2 oder in Lehr-/Lernkontexten romanischer Sprachen in Schule oder Universität spiegelt (cf. z. B. Bertrand/Schaffner 2010; Leitzke-Ungerer/Polzin-Haumann 2017).

Dem zentralen Thema der Sprachnormen in ihren vielfältigen Erscheinungsformen, Kontexten und Wirkungen widmete sich das XXXVI. Romanistische Kolloquium. Angesichts der COVID-19-Pandemie fand das Kolloquium im Wintersemester 2021/22 als wöchentliche Vortragsreihe statt, organisiert an der Universität des Saarlandes. Der vorliegende Band versammelt ausgewählte Beiträge des XXXVI. Romanistischen Kolloquiums, die verschiedene der eingangs skizzierten sprachnorm(en)bezogenen Fragestellungen behandeln. Dabei zeigen sich einmal mehr die engen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Dimensionen, zwischen historischen Entwicklungen und aktuellen Gegebenheiten. Die Beiträge bewegen sich sowohl in der europäischen Romania als auch in der außereuropäischen Frankophonie und Hispanophonie. Sie wurden insgesamt drei Schwerpunkten zugeordnet, zwischen denen durchaus auch Querbezüge bestehen: Zwei Beiträge sind primär der Rolle von Sprachnormen in Standardisierungsprozessen gewidmet. Es schließen sich drei Beiträge an, die an verschiedenen Sprachen und im Kontext verschiedener Konstellationen das Spannungsverhältnis von Sprachgebrauch und -perzeption untersuchen. Schließlich beleuchten drei weitere Beiträge die gesellschaftliche, mediale oder öffentliche Diskussion von Sprachnormen.

Georg Kremnitz eröffnet den Band mit Überlegungen zu grundlegenden Aspekten des Sprachausbaus in der Romania, die er v. a. am Ausbau des Okzitanischen vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart exemplifiziert. Die Orientierung an wechselnden Vorbildern geht mit einer stärkeren Annäherung des Okzitanischen an oder seiner Entfernung von diesen Bezugssprachen einher. Der Beitrag bietet damit Anknüpfungspunkte für die Betrachtung weiterer dominierter romanischer Sprachen in Geschichte und Gegenwart.

Felix Tacke befasst sich aus vergleichender Perspektive mit der Standardisierung des Italienischen, Spanischen und Katalanischen. Dabei zeichnet er einen grundlegenden Wandel in der Entwicklung der drei Standardsprachen nach, der letztlich mit einer Neukonfiguration der normgebenden Kriterien verbunden ist und auch von den mit der Normierung befassten Akteuren entsprechende Anpassungen verlangt. Diese nach Tacke neue Form der „Standardsprachlichkeit unter den Bedingungen der Spätmoderne“ (55) charakterisiert sich durch eine Öffnung des formellen Standards für traditionell als nicht dem Standard zugehörig eingestufte Domänen. Der Autor plädiert für eine systematische Beschreibung der neuen Standardsprachen im Rahmen „einer vergleichenden Standardologie“ (29).

Im zweiten Abschnitt präsentiert zunächst Imane Capelle einen aktuellen Blick auf die Situation des Louisianischen Französisch. Nach einem einleitenden Überblick über die Gesamtsituation der Sprache, verbunden mit einer ausführlichen Beschreibung der sprachplanerischen Arbeiten des Council for the Development of French in Louisiana (CODOFIL), werden erste Ergebnisse einer Studie zu den Einstellungen verschiedener Sprecher:innengruppen vorgestellt. Der Beitrag zeigt die Probleme im Zusammenhang mit der Wahl der Sprachnorm in Louisiana, macht aber auch deutlich, dass der Konsens über die Notwendigkeit der Sprachbewahrung die divergierenden Normauffassungen überlagert.

Die beiden folgenden Artikel führen in die hispanophone Welt. Vor dem Hintergrund der Plurizentrizität des Spanischen setzt sich Clara Comas Valls mit drei zentralen morphosyntaktischen Variablen in Mexiko und Spanien auseinander: dem Gebrauch von pretérito perfecto simple/compuesto, der (fehlenden) Pluralisierung des direkten Objektpronomens (Typ „se lo(s) compró“) und der Temporalpräposition hasta. Dabei stellt sie den normativen Diskurs verschiedener sprachlicher Referenzwerke und die Wahrnehmung der Sprecher:innen einander gegenüber. Es wird gezeigt, dass trotz einer allgemeinen Kenntnis der diatopischen Spezifika v. a. im Hinblick auf Mexiko die Beschreibungs- und Kodifikationsarbeit noch nicht umfassend geleistet wird. Auch das metasprachliche Wissen der Sprecher:innen aus beiden Ländern divergiert. Die Ergebnisse lassen laut Comas Valls insbesondere unter den mexikanischen Informant:innen eine gewisse Unsicherheit im Hinblick auf Fragen der Sprachnormen erkennen.

Auch Rabea Fröhlich setzt sich mit der Opposition von pretérito perfecto simple/compuesto auseinander, fokussiert dabei allerdings auf letzteres. Ihr Beitrag ist den zentralen Funktionen und Verwendungskontexten des pretérito perfecto compuesto (PPC) in der Provinz Arequipa (Peru) gewidmet. Nach einer Darstellung des Forschungsstands zu den Vergangenheitstempora in den andinen Varietäten (Bolivien, Ecuador, Peru) arbeitet Fröhlich anhand von umfassendem Datenmaterial sog. „usos canónicos“ und „usos innovadores“ des PPC in Arequipa heraus. Die Daten werden vor dem Hintergrund der Spachkontaktsituation mit amerindischen Sprachen und andinen Varietäten einerseits und den spezifischen kommunikativen Funktionen des PPC andererseits, die nicht zuletzt stark mit der Person des Sprechenden zusammenhängen, interpretiert.

Die Beiträge im dritten Abschnitt behandeln Diskurse und Debatten rund um Sprachnormen in Gesellschaft, Medien und Öffentlichkeit. Auch hier sind der hispanophone und der frankophone Sprachraum präsent. Agustín Corti analysiert die Standardsprache als Ideologie inklusive damit verknüpfter kultureller Praktiken im Kontext des Spanischen als Fremdsprache. Dabei unterscheidet er eine Makroebene der normativen Arbeit verschiedener Akteure auf europäischer Ebene und eine Mikroebene, die sich u. a. über Curricula und Lehrwerke und in Repräsentationen und Handlungen von (angehenden) Lehrenden manifestiert. Es wird deutlich, wie die Setzung der Ideologie des Standards auf der Makroebene in der Folge die Mikroebene bestimmt, jenseits des nicht präskriptiven Charakters des Modells. So manifestiert sich im gegebenen Fall ein nicht unbedingt mit linguistischen Beschreibungen konform gehender peninsulär bestimmter Standard, von dem ausgehend das lateinamerikanische Spanisch als Variante konzeptualisiert wird.

Dietmar Osthus widmet sich der öffentlichen Debatte um geschlechts-/gendergerechten Sprachgebrauch in Frankreich, insbesondere jüngsten Debatten zur inklusiven Sprache. Im Mittelpunkt stehen dabei weniger die bekannten Argumente für und gegen die inklusive Schreibweise an sich, sondern die unterschiedlichen Sprachnormenkonzepte, die in den Debatten zutage treten. An ausgewählten Beispielen werden die Kriterien dessen, was als sprachlich ‚korrekt‘ gilt, sowie die damit verbundenen normativen Instanzen herausgearbeitet, ebenso die Gewichtung der sozialen Aspekte der Geschlechtergleichstellung gegenüber der sprachlichen Ebene der morphologischen Paradigmen. Die Studie strebt damit einen Beitrag zum besseren Verständnis des sozialen Rahmens sprachnormativer Diskurse in der heutigen Zeit an.

Benjamin Peter schließlich greift mit der aktiven Aushandlung von Normen auf einer metapragmatischen Ebene eine in der Forschung eher wenig beachtete, gleichwohl insbesondere im Kontext minorisierter Sprachen wichtige Frage auf. Ausgehend von vorliegenden Forschungsarbeiten zum akadischen Französisch wird der Begriff der ‚demarkativen Normen‘ eingeführt und als metapragmatische Kategorie im Kontinuum der Sprachproduktionen von den kommunikativen Normen abgegrenzt. Das entworfene Modell wird anschließend für eine Analyse ausgewählter Diskurse über das akadische Französisch verwendet. Im Sinne der citizen sociolinguistics wird gezeigt, wie sprachliche Elemente – unabhängig von ihrer tatsächlichen Bedeutung – zur umfassenden Identitätskonstruktion in einem sprachlichen und sozialen Normenhierarchiegefüge genutzt werden.

Die Studien in diesem Band unterstreichen nicht nur die Aktualität und hohe gesellschaftliche Relevanz sprachnorm(en)bezogener Fragen, sondern einmal mehr die Vielfältigkeit der romanistisch-linguistischen Forschung zum Komplex der Sprachnormen, sei es die ausgewählten Sprachen oder Sprachräume betreffend, seien es die gewählten theoretisch-methodischen Ansätze. Wir hoffen, damit sowohl zu einer informierten und kritischen Auseinandersetzung mit diesen Fragen als auch zu einer weiteren Erforschung der komplexen Zusammenhänge von Sprache(n) und Gesellschaft(en) in der Romania beizutragen.

Wir bedanken uns bei Anika Hensgen, Max Penth, Kerstin Sterkel, Nicola Veit und Katharina Weiten (Saarbrücken) für Ihre Unterstützung bei der Erstellung der Druckvorlage sowie bei Kathrin Heyng (Narr Francke Attempto Verlag) für die Betreuung des vorliegenden Bandes.

Lidia Becker

Julia Kuhn

Christina Ossenkop

Claudia Polzin-Haumann

Elton Prifti

Bibliographie

Ayres-Bennett, Wendy/Carruthers, Janice (eds., 2018): Manual of Romance Sociolinguistics, Berlin/Boston, De Gruyter.

Becker, Lidia/Herling, Sandra/Wochele, Holger (eds., 2024): Manuel de linguistique populaire, Berlin/Boston, De Gruyter.

Bertrand, Olivier/Schaffner, Isabelle (eds., 2010): Quel français enseigner? La question de la norme dans l’enseignement/apprentissage, Paris, Éd. de l’École Polytechnique.

Born, Joachim et al. (eds., 2012): Handbuch Spanisch. Sprache, Literatur, Kultur, Geschichte in Spanien und Hispanoamerika. Für Studium, Lehre, Praxis, Berlin, Erich Schmidt Verlag.

Eckkrammer, Eva Martha (ed., 2021): Manual del español en América, Berlin/Boston, De Gruyter.

Ernst, Gerhard et al. (eds., 2003, 2006, 2008): Romanische Sprachgeschichte. Ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen, 3 vols., Berlin/New York, De Gruyter.

Holtus, Günter/Metzeltin, Michael/Schmitt, Christian (eds., 1992): Lexikon der Romanistischen Linguistik [LRL], vol. VI/1: Aragonesisch/Navarresisch, Spanisch, Asturianisch/Leonesisch, Tübingen, Niemeyer.

Holtus, Günter/Metzeltin, Michael/Schmitt, Christian (eds., 1990): Lexikon der Romanistischen Linguistik [LRL], vol. V/1: Französisch, Tübingen, Niemeyer.

Kolboom, Ingo/Kotschi, Thomas/Reichel, Edward (eds., ²2008): Handbuch Französisch. Sprache – Literatur – Kultur – Gesellschaft. Für Studium, Lehre, Praxis, 2., neu bearb. und erw. Aufl., Berlin, Erich Schmidt Verlag.

Lebsanft, Franz/Tacke, Felix (eds., 2020): Manual of standardization in the Romance languages, Berlin/Boston, De Gruyter.

Leitzke-Ungerer, Eva/Polzin-Haumann, Claudia (eds., 2017): Varietäten des Spanischen im Fremdsprachenunterricht. Ihre Rolle in Schule, Hochschule, Lehrerbildung und Sprachenzertifikaten, Stuttgart, ibidem.

Ridruejo, Emilio (ed., 2019): Manual de lingüística española, Berlin/Boston, De Gruyter.

Sprachnormen und Standardisierung

Über die Veränderungen der Ausrichtung von Referenzformen dominierter romanischer Sprachen

Überlegungen anhand vor allem des Okzitanischen und Katalanischen

Georg Kremnitz

Résumé

Il s’agit de montrer que le développement de langues de référence peut, à des moments différents, suivre des modèles différents. Ainsi, ces mouvements peuvent initier des évolutions qui rapprochent ou éloignent les langues en question d’autres langues. De cette façon, des changements dans des directions très diverses peuvent se produire. Je montrerai ces évolutions de manière exemplaire à l’aide des différentes formes de référence de l’occitan du Moyen Age au présent.

Mots clés: Catalan, Occitan, conceptions de langue de référence, première renaissance occitane, troubadours, aménagement linguistique

Abstract

Here, I shall show that the evolution of reference forms of languages may, in the course of history, adopt different models. They can initiate evolutions which may approach or, on the other hand, remove reference forms from other languages. So can be generated very different evolutions. I shall show these evolutions on behalf of the different reference forms of the Occitan language from the Middle Ages to the present time.

Keywords: Catalan, Occitan, conceptions of reference language, first occitan renaissance, trobadors, language elaboration

1Vorüberlegungen1

Jede sprachliche Kommunikation in komplexeren Gesellschaften setzt ein gewisses Maß an Sprachausbau (Kloss 1967, 1978) voraus. Diese Notwendigkeit steigert sich noch mit Einführung von Schrift; nur wenn die Konventionen zwischen den Teilhabern an der jeweiligen Kommunikation einigermaßen klar sind, kann diese gelingen (ich verweise beiläufig auf die Spannungen zwischen Emission und Rezeption, Kremnitz 2022). Nun ist schriftliche Kommunikation, soweit wir wissen, nur wenige Male unabhängig voneinander erfunden worden; neueste Vermutungen gehen von nur drei bis vier Malen aus (Ferrara 2019, 14). Dabei führt gewöhnlich der Weg von einem vor allem ideographischen auf verschiedenen Zwischenstufen zu einem grundsätzlich phonographischen System. Nur das chinesische Schriftsystem verharrt bis heute auf einem weitgehend ideographischen Stadium; das hängt mit den Besonderheiten der isolierenden chinesischen Sprachen zusammen, fast alle übrigen Sprachen, die das chinesische Schriftsystem übernommen haben, haben es in Richtung auf die Phonographie weiterentwickelt (es handelt sich gewöhnlich nicht um isolierende Sprachen).

Bei diesen frühen Ausbauschritten geht es vor allem um graphische Regeln. Wo ein vorhandenes Schriftsystem übernommen wird, wird es gewöhnlich wenigstens bis zu einem gewissen Grad an die Bedürfnisse der aufnehmenden Sprache angepasst: überflüssig scheinende Zeichen werden aufgegeben oder mit neuen Entsprechungen versehen, als neu interpretierte Laute bisweilen mit neuen Zeichen oder Zeichenkombinationen wiedergegeben. Bisweilen kommt es auch zu bewussten Abgrenzungsversuchen gegenüber bisherigen Leitsprachen, vor allem, wenn diese als unterdrückend empfunden werden. Das gilt etwa besonders für die heutige Referenzform des Baskischen, die batua, die sich bewusst von allen romanischen Vorbildern entfernt. Ausbau in Richtung auf die Grammatik setzt eine genauere Kenntnis des Funktionierens von Sprachen voraus und beginnt daher gewöhnlich erst später.

Auf diese Weise kommt es am Ende einer längeren Entwicklung zur Bildung des lateinischen Alphabets, das vieles aus dem Griechischen übernimmt. Das Latein wird seit dem 6. Jahrhundert v.u.Z. schriftlich verwendet und nach und nach in Regeln gefasst. Nach dem Ende des Weströmischen Reiches 476 verschwindet das Griechische allmählich aus Mittel- und Westeuropa, sodass ausschließlich das Latein als normierte Sprache bekannt ist. Es erhält eine gewaltige Stütze dadurch, dass die westliche Kirche es beibehält, und dass die weltlichen Herrschaften sich als Fortsetzungen bzw. Erneuerungen des Römischen Reiches verstehen. Aus dieser Zeit stammt die Gleichsetzung von lingua latina und grammatika (wobei schon dieses Wort zeigt, wie stark der ‚unterirdische‘ Einfluss des Griechischen ist). Nur an den Rändern Europas können sich wenige andere mehr oder weniger in Regeln gefasste Sprachen entwickeln.

Daher stützen sich alle Versuche in Westeuropa, andere Sprachen in Regeln zu fassen und damit zu funktionierenden herrschaftlichen Kommunikationssystemen auszubauen, auf das Latein, ganz besonders, wenn es sich um romanische Sprachen handelt. Es handelt sich eine lange Reihe von Re-Interpretationen.

2Früher Sprachausbau des Okzitanischen im (späten) Mittelalter

Das Altokzitanische ist die erste romanische Sprache, deren Ausbau spätestens ab dem Beginn des 13. Jh. betrieben wird, bevor die Trobadorkultur im Feuer der Albigenser-Kreuzzüge untergeht. Davon zeugen die frühen Grammatiken, die zwar vor allem Poetiken sind, aber in gewissem Umfang auch die Sprache selbst in Regeln zu fassen versuchen. Es handelt sich vor allem um die Razos de trobar von Ramon Vidal de Besalú (um 1210?), den Donatz Proensals von Uc Faidit (Uc de Saint Circ?, ca. 1240) und schließlich die Leys d’Amors von Guilhem Molinier aus Toulouse (zwischen 1332 und 1356); einige andere kommen hinzu.1 Sie sind alle stark (und ausschließlich) vom lateinischen Vorbild abhängig und nur begrenzt in der Lage, darüber hinaus zu gehen. So schreibt etwa der Donatz über die Konjugationen (außer der ersten): „De las autras tres conjugasos sun tan confus l’infinitiu en vulgar que coven a laissar la gramatica e donar autra regla novella“ (Marshall 1969, 108). Noch immer ist das Latein die absolute Sprache im Bereich der entstehenden Romania, neue Regelversuche können nur in Bezug auf sie entstehen. Immerhin entwickeln sich nach und nach Schreibkonventionen des Okzitanischen, welche die Forschung zeitweise veranlasst haben, von Koine- oder Skripta-Formen (da nur schriftliche Überlieferungen vorliegen) zu sprechen, vor allem für die dichterische und die administrative Sprache, teilweise auch für die religiöse, heute ist man etwas vorsichtiger, sieht die Sprachformen als weniger einheitlich an und geht vom Begriff der Koine wieder ab; teilweise erfolgt die Betrachtung einfach aus unterschiedlichen Perspektiven.2

In ähnlicher Weise zeigt sich die Abhängigkeit der anderen sich herausbildenden romanischen Schriftsprachen vom Latein. Nur dort, wo es an Entsprechungen fehlt, kommt es zu Veränderungen. Aus dem Latein nicht bekannte Laute werden meist mühsam durch Digraphen oder diakritische Zeichen wiedergegeben, nicht mehr benötigte Zeichen verschwinden meist (oder bekommen neue Funktionen). Allerdings gibt es vor allem bei den Digraphen schon bald Unterschiede zwischen verschiedenen Schreibtraditionen. Sie setzen sich bis heute etwa in den unterschiedlichen Traditionen für die Schreibung der palatalisierten Konsonanten fort. In der Grammatik werden meist nur Erscheinungen der Morphologe behandelt, die Syntax findet kaum Beachtung.

Gelegentlich lassen sich ab dem Ende des Mittelalters Einflüsse einer romanischen (nicht mehr lateinischen) Tradition auf eine andere feststellen: So übernimmt etwa das Altgalicische nicht nur gewisse poetische Traditionen von den Trobadoren, sondern auch einzelne Graphien, wie die Schreibung der Palatale. Punktuell wirkt das Okzitanische hier als Leitsprache. Diese Graphien gelangen dann in der frühen Neuzeit über portugiesische Mönche, die im Zuge ihrer missionarischen Versuche im heutigen Vietnam eine Neuverschriftung des bis dahin mit auf chinesischen Zeichen beruhenden vietnamesischen Schriftsystems versuchen, in die vietnamesische Schriftsprache. Zwar ist ihr Versuch nicht von Erfolg gekrönt, die Graphie der Palatale wird indes aus dem früheren Versuch in das heutige orthographische System übernommen.

3Die erste okzitanische Renaissance 1550–1660

Die Renaissance verändert die Situation in Westeuropa. Nun versuchen die verschiedenen Herrscher, die Stellung des Lateins zu begrenzen und ihre jeweiligen Sprachen zu Herrschaftssprachen zu machen. Dafür gibt es mehrere Gründe: der Anspruch auf Souveränität, der mit einer eigenen Herrschaftssprache verbunden wird, das schon früher erfolgte Verschwinden des Lateins als natürliche gesprochene Sprache und die Erfindung des Buchdrucks, die einen Schub für die Alphabetisierung der Bevölkerung bedeutet und damit die (in Zunahme begriffene) Verwaltung auf Lateinisch als aufwändig erscheinen lässt. Dieser teilweise geplante Ausbau der Herrschaftssprachen (und nur dieser) führt überall zu einer starken Relatinisierung, da einerseits die Terminologien entlehnt, andererseits auch viele Textsorten aus dem Lateinischen übernommen werden. Gleichzeitig kommt es aufgrund des durch den Humanismus wieder bekannteren klassischen Griechisch zu einer leichten Gräzisierung, die sich im gelehrten Lexikon, aber auch in manchen Graphien, wie ph oder th finden lässt. Auf der anderen Seite lassen sich punktuell durchaus Abgrenzungsversuche gegenüber dem Latein beobachten; einzelne Konventionen des Lateins werden aufgegeben.

Wie gesagt, unterliegen im allgemeinen nur Herrschaftssprachen diesem Normativierungsprozess. Sprachen, die nicht zugleich Sprachen von Herrschaft sind, werden nicht ausgebaut, und immer weniger schriftlich verwendet. Zwar gibt es noch kaum Bemühungen um eine allgemeine Schulpflicht (nur einige protestantische Länder bilden eine Ausnahme, allerdings liegt zwischen den Absichten und ihrer Umsetzung oft ein langer Zeitraum), daher kommt es nur in geringem Maße zu sprachlichen Substitutionen, aber manche Sprachen verschwinden infolge dieser Vernachlässigung, wie etwa das Preußische in Ostpreußen.

Das Okzitanische ist in einer seltsamen Zwischenposition: Zwar ist es keine wirkliche Herrschaftssprache mehr, nach dem Erlass des Edikts von Villers-Cotterêts von 1539 darf es offiziell im Königreich Frankreich nicht mehr in rechtlich relevanten Schriftstücken verwendet werden. Diese ordonnance setzt sich erstaunlicherweise im Gegensatz zu manchem Vorläufer in einem Zeitraum von etwa 60 Jahren durch und sorgt auch dafür, dass die schon fast vergessenen schriftsprachlichen Traditionen des Altokzitanischen rasch vollends aufgegeben werden.

Auf der anderen Seite versucht die Königin von Navarra, Jeanne d’Albret (Joana de Labrit, 1528–1572), die sich 1560 der Reformation angeschlossen hat, die Souveränität des Restes ihres kleinen Reiches (der südlich des Pyrenäenkammes gelegene Teil wurde bereits 1512 von Aragon annektiert) auch durch sprachenpolitische Maßnahmen zu sichern: Sie lässt wichtige religiöse Texte ins Okzitanische (Bearnesische) und ins Baskische übersetzen. Zugleich kommt es in anderen Teilen des okzitanischen Sprachgebiets zu religionspolitischen Auseinandersetzungen. Diese dürften dazu beigetragen haben, dass es zu einer als ‚erste Renaissance‘ bezeichneten literarischen Bewegung kommt, die über rund ein Jahrhundert andauert. Sie hat, zeitlich versetzt, drei Zentren: einen Teil der Gascogne, die Provence und das Gebiet des Languedoc um Toulouse. Diese Bewegungen entwickeln sich unabhängig voneinander, ihre Protagonisten haben, soviel man weiß, kaum Kontakt miteinander. Nur zwischen Toulouse und der Gascogne gibt es sporadische Beziehungen.

Allen gemein ist, dass die Schriftsteller offensichtlich keine genauere Kenntnis der mittelalterlichen Graphietraditionen mehr haben; auch die Ausdehnung des okzitanischen Sprachgebiets ist ihnen nicht bekannt. Sie lösen das Problem auf unterschiedliche Weise: Pey de Garròs (um 1525-um 1583), der wichtigste Autor der Gascogne, schafft ein eigenes System, das auf phonologischen Grundlagen beruht, die administrativen Traditionen verwendet, daneben aber recht uneinheitlich ist; bei ihm ist der Einfluss der französischen Graphietraditionen gering. Er entschließt sich ausdrücklich „a prene la causa damnada/de nosta lenga mesprezada“ (Gardy 1997, 56), darin kann man eine klare renaissentistische Absicht und eine recht genaue Analyse der Lage der Sprache erkennen. Der Bearnese Arnaud de Salette (um 1540-zwischen 1579 und 1594), der auf Veranlassung der Königin die Psalmen übersetzt (sie werden 1583 veröffentlicht), kann sich noch teilweise auf die Traditionen der bearnesischen Verwaltungssprache stützen. Bei Joan de Garròs, dem jüngeren Bruder, ist die weitgehende Ausrichtung auf französische Graphien bereits offenkundig.

In der Provence, wo die Erinnerung an die einstige Unabhängigkeit (bis 1480) noch lebhaft ist, werden zwar manche provenzalischen Traditionen bewahrt, aber die Graphien richten sich weitgehend an denen des Französischen aus. Das lässt sich bei Bellaud de la Bellaudièra (um 1543–1588) ebenso beobachten wie bei seinen Zeitgenossen. Jean de Nostredame (1522–1576/77) nimmt zwar mit Les vies des plus celebres et anciens poetes provensaux, qui ont floury du temps des Comtes de Provence (1575) eine erste Wiederaufwertung der Trobadore vor, aber er reduziert sie systematisch auf die Provence. Bei Bedarf ändert er sogar ihre Biographien. Die provenzalische Renaissance richtet sich, was Graphie und Sprache betrifft, weitgehend an dem französischen Vorbild aus. Dabei lässt sich auch hier eine zeitliche Entwicklung beobachten: die späteren Autoren sind stärker von den französischen Traditionen beeinflusst als die früheren. Diese Abhängigkeit ist noch deutlicher bei den Autoren der tolosanischen Renaissance: sie versuchen, die Lautungen nach den Regeln der französischen Graphie wiederzugeben, die okzitanischen Traditionen spielen praktisch keine Rolle mehr. Ähnlich lässt sich die zunehmende Übernahme von Franzismen im Lexikon beobachten. Diese ist natürlich umso massiver, je geringer der Bildungsstand der Autoren ist. Das wird besonders deutlich bei einem Autor wie Augier Gaillard (Galhard, vor 1540-nach 1593), der nur über eine geringe Bildung verfügt, und daher auf das Französische in der Graphie ebenso wie in der Sprache angewiesen ist. Wenn auch Peire Godolin (1580–1649) aus Toulouse ihm sprachlich überlegen ist, in der Graphie stützt er sich ebenso auf das Französische wie sein Landsmann aus Rabastens.

So schwankt diese erste Renaissance zwischen vereinzelten Versuchen, der jeweiligen Norm ein eigenes Gesicht zu verschaffen und einer immer stärkeren Anlehnung an das Französische. Diese Abhängigkeit wird zunächst in der Graphie sichtbar, aber auch im Lexikon und nach und nach auch in manchen Bereichen der Grammatik. Die Dependenz vom Französischen wird in der Folgezeit immer stärker, gleichzeitig nimmt das schon seit Beginn nicht sehr starke Bewusstsein einer Renaissance ab (cf. Courouau 2017).

4Die unterschiedlichen Orientierungen seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts

Von Beginn der Bewegung des 19. Jahrhunderts an ist das renaissantistische Bewusstsein stärker entwickelt. Diese Bewegung spielt sich im Rahmen des ‚Frühlings der Völker‘ ab. Allerdings sind ihre Anfänge mühsam: Insbesondere als Folge der Revolution von 1789 hat sich das Bewusstsein einer Diglossie zwischen Französisch und den übrigen Sprachen Frankreichs in der Bevölkerung fest verankert. Daher ist es wenig erstaunlich, dass sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keine ernsthaften Bemühungen um eine Normativierung beobachten lassen. Die Autoren (es sind mit verschwindenden Ausnahmen Männer) wenden die französischen Traditionen für die Graphie und für die Grammatik auf das Okzitanische an, oft ungeschickt, inkonsequent und mit großer Mühe. Erst der Felibrige wird bei seiner Gründung 1854 ein Konzept vorlegen, das in einer weitgehenden Anwendung und Rationalisierung der französischen Graphieregeln auf die unterrhonische Mundart Mistrals und seiner Freunde besteht. Auf diese Weise ist die Graphie weit regelmäßiger als die französische. Das geht so weit, dass Jules Ronjat (1864–1925), der Verfasser der großen historischen Grammatik des Okzitanischen (Ronjat 1930–1941), diese Regeln auch auf das Französische anwendet; allerdings kann er sich mit seiner Regularisierung nicht durchsetzen. Auch die grammatischen Vorstellungen lehnen sich weitgehend an das französische Vorbild an. Das Ergebnis ist zwiespältig: zwar ist die Graphie vom Französischen aus für die Sprecher dieser Mundart relativ leicht zugänglich, für alle anderen Varietäten des Okzitanischen, selbst in der Provence, ist es indes wenig geeignet. Die französische Konzeption einer Referenzsprache, die sich vom gesellschaftlichen Sprachgebrauch massiv unterscheiden kann, wird einfach übernommen. Als die Nachteile für die Renaissance-Bewegung im 20. Jahrhundert deutlich wurden, wollen einige provenzalische Autoren entweder von einem droit de chef-d’oeuvre (auf Mistral bezogen) ausgehen oder das Provenzalische zur eigenen, vom Okzitanischen verschiedenen Sprache, erklären. Es handelt sich um eine simple Antithese, mit der die Positionen der dominanten Sprache einfach auf den Kopf gestellt werden sollen. Die Erfolge sind begrenzt.

Da diese Referenzsprache die Realitäten der meisten okzitanischen Varietäten nur ungenügend abbildet, werden ihr bald andere Konzeptionen gegenübergestellt. Diese beginnen 1875 mit den (unzureichenden) Vorstellungen des Chanoine Joseph Roux (Ros, 1834–1905) aus Tulle, der eine gewisse Kenntnis der altokzitanischen Traditionen hat und diese zur Grundlage einer noch zu schaffenden Referenzsprache machen will. Er will sich damit vom Vorbild des Französischen lösen, was ihm in der Praxis allerdings nur teilweise gelingt (Roux 1895).

Die languedokischen Felibres Antonin Perbosc (1861–1944) und Prosper Estieu (1860–1939) gehen auf diesem Weg weiter, indem sie auf der Grundlage der mittelalterlichen Traditionen durch die Fusion der verschiedenen Varietäten zu einer neuen Referenzsprache gelangen wollen, die allen kommunikativen Zwecken genügen soll. Dabei ist ihnen eine Dosis Nationalismus nicht fremd: „[…] pensam qu’al desus dels parlars popularis e de la literatura popularia cal edificar la lenga nacionala, la granda literatura occitana“ (Perbosc 1904, 117). Beide stehen mit Vertretern der katalanischen Renaissance, vor allem dem Kreis um Josep Aladern (Cosme Vidal i Rosich, 1869–1918) aus Reus, in Kontakt. Letzten Endes beschränkt sich das von ihnen und dem Chanoine Joseph Salvat (1889–1972) vorgeschlagene Modell auf eine Regularisierung des Languedokischen. Immerhin gelingt ihnen eine weitgehende Ablösung vom Französischen. Louis Alibert (1884–1959) wird auf diesem Wege weitergehen und in den dreißiger Jahren seine Grammatik vorlegen, die er als Referenzgrammatik für das Languedokische ansieht. Alibert schreibt über die Grundlage seiner Arbeit:

Estimam qu’al punt de vista de la grafia, cal conciliar nostras tradicions classicas, los resultats de l’estudi scientific de la lenga, la grafia mistralenca e la grafia catalana, sens trop nos alunhar de las costumas a las qualas em avesats despuei l’escola. Cresem que la melhora basa es de prendre per norma lo Diccionari Ortogràfic de Pompeu Fabra en regetant las notacions que son especificament catalanas. (Alibert 1935–1937, XXXV-XXXVI, Graphie des Originals)

Mithin wendet er sich vom französischen Vorbild ab, stützt sich auf die klassische Tradition (soweit sie bekannt ist) und nimmt das Katalanische als Vorbild. Nach seiner Sprachkonzeption ist das folgerichtig: er sieht das Katalanische zusammen mit dem Okzitanischen als einen Teil eines grop occitano-roman an. Nach dieser Konzeption ist das Languedokische aufgrund seiner geographischen Lage die zentrale Varietät und empfiehlt sich damit als Grundlage einer Referenzform. Erst in einem zweiten, etwas überstürzten Schritt wird diese revidierte Grammatik zur Referenzgrammatik des Okzitanischen nach den Vorstellungen des Institut d’Estudis Occitans, als es im Zuge der Verabschiedung der loi Deixonne Anfang 1951 einer verbindlichen Grammatik für den nun begrenzt möglichen Unterricht bedarf. Damit ist Alibert eine grundlegende Veränderung der Ausrichtung gelungen; er insistiert auf der Nähe zwischen Okzitanisch und Katalanisch. Bedeutsam ist, dass Alibert fast als erster der Kodifikatoren der Syntax des Okzitanischen besondere Bedeutung beilegt und damit von einer Vorstellung von Gelehrten des 19. Jahrhunderts abkommt, die behaupteten, die Sprache habe keine eigenständige Syntax.

5Die Entwicklungen im katalanischen Sprachgebiet

Bekanntlich setzt fast zeitgleich im frühen 19. Jahrhundert die Renaixença in Katalonien ein. Auch dort stellt sich bald die Frage nach der Referenzform. In der Hauptsache stehen sich zwei Konzeptionen gegenüber: die des Rückgriffs auf die mittelalterlichen Traditionen und die des català que ara es parla, die implizit eine weitgehende Übernahme der kastilischen Traditionen bedeutet; die beiden Gruppen werden oft als Jocfloralescos und Xarons bezeichnet. Mit dieser Auseinandersetzung ist die Frage nach der kommunikativen Funktion des Katalanischen verbunden. Bekanntlich wird sich nach langen Auseinandersetzungen die Konzeption Pompeu Fabras (1868–1948) im Rahmen des Institut d’Estudis Catalans weitgehend durchsetzen, die auf den klassischen Traditionen aufbaut und sich zugleich auf die Umgangssprache des Zentrums, vor allem Barcelonas, stützt. Fabra muss den Konservativen einige Konzessionen machen, insgesamt bleibt diese Referenzform indes eine der kohärentesten einer romanischen Sprache. Daher wird sie auch in den übrigen katalanischsprachigen Gebieten nach und nach angenommen, zumal Fabra sie in einem gewissen Umfang für regionale Varianz öffnet. Er geht von einer umfassenden kommunikativen Funktion der Sprache aus. Trotz der Niederlage der Republik im Spanischen Bürgerkrieg und einer teilweise unerbittlichen Verfolgung durch den Franquismus kann sie sich weitgehend durchsetzen.

Allgemein wird das Katalanische als Brückensprache zwischen der Gallo- und der Iberoromania angesehen. Allerdings unterliegt ihre Referenzform seit dem Beginn der Ausbauarbeit einer gewissen Hinwendung zur Iberoromania unter Aufgabe galloromanischer Züge. Das soll nur an einem Beispiel gezeigt werden: Valentí Almirall (1841–1904), einer der wichtigsten Katalanisten des späten 19. Jahrhunderts, veröffentlicht 1886 eine theoretische Grundlegung des Katalanismus unter dem Titel Lo catalanisme; nach der heutigen Referenzform müsste es El catalanisme heißen; der bestimmte Artikel, der auch im Okzitanischen vorkommt, wird durch einen ersetzt, den auch das Kastilische besitzt. Ähnliche Beobachtungen lassen sich in anderen Bereichen der Grammatik und im Lexikon machen. Vergleicht man die aufeinander folgenden Grammatiken mit normativen Ansprüchen, so kann man feststellen, dass sie an einzelnen Stellen immer wieder leichte Verschiebungen in Richtung auf iberoromanische Formen vornehmen. Natürlich ist das angesichts der politischen und kommunikativen Situation der Sprache nicht überraschend. Allerdings entfernt sie sich auf diese Weise etwas von der historischen Nähe zum Okzitanischen und somit von der Galloromania. Folgerichtig nimmt auch die passive Kompetenz der Katalanen für Okzitanisches langsam ab.

6Neuere Entwicklungen

In den letzten Jahrzehnten haben sich die normativen Bemühungen im Hinblick auf beide Sprachen intensiviert. Weitere Bereiche der Sprachen sind normativ geregelt worden. Allerdings sind – in meinen Augen – die Bilanzen gemischt. Im Falle des Okzitanischen ist die Verbindlichmachung der (languedokischen) Referenzform Aliberts für alle Varietäten der Sprache teilweise auf Widerstand gestoßen. Immerhin hat in den letzten beiden Jahrzehnten das Konzept einer plurizentrischen Sprache den Streit etwas entschärfen können (vor allem Sumien 2006), aufgrund der sinkenden kollektiven Kompetenz und der Vorstellung mancher Sprecher, die Referenzsprache müsse genau ihre gesprochene Varietät abbilden, tritt er jedoch immer wieder auf.1 Außerdem hat die Revision von Aliberts Vorstellung des Sprachraumes und die Beschränkung des Sprachgebiets auf den Raum nördlich der Pyrenäen dazu geführt, dass manche seiner Regelungen als ‚zu katalanisch‘ angesehen und teilweise rückgängig gemacht werden. Manche dieser Reformen der Reform wird man als nicht unerlässlich ansehen dürfen. Die Neuregelungen stützen sich gewöhnlich stärker auf französische Vorbilder (die Katalanischkompetenz der meisten okzitanischen Sprachwissenschaftler ist bescheiden). Somit entfernt sich die okzitanische Norm wieder weiter von der katalanischen und reduziert sich stärker auf galloromanische Züge. In einer sehr indirekten Weise (und nur in kleinen Schritten) erhöht sich damit die Abhängigkeit vom französischen Vorbild erneut. Die Referenzform von Mistral und Roumanille hat praktisch kaum eine Weiterentwicklung erfahren. Auf diese Weise bewegen sich die Referenzformen beider Sprachen heute wieder etwas auseinander.

Ähnlich wie im katalanischen Sprachgebiet der Reformeifer bisweilen überschießt, ist das gelegentlich auch beim Okzitanischen der Fall. Die beste Normativierung taugt nichts, wenn sie nicht von den Verwendern angenommen und umgesetzt wird; die Umsetzung vollzieht sich indes in langen Zeiträumen. Wenn eine befriedigende Lösung gefunden ist, dann sollte sie lange Zeit gelten, damit die Verwender nicht über Gebühr verunsichert werden. Es sei abschließend an eine alte Bemerkung von Loïs Alibert erinnert, der, in der für damals typischen Beschränkung auf die Literatursprache, sagt:

Si l’on veut une langue littéraire, il faut en accepter les conditions d’existence. Celle-ci comporte un peu d’artifice et d’archaïsme. Elle ne peut se limiter à un terroir ni à un temps; elle doit être la synthèse de la langue des écrivains anciens et modernes. (Alibert 1943, 25, ähnlich bereits 1935–1937, XXXIX)

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Die Rekonfiguration und Modernisierung romanischer Standardsprachen: zu einem doppelten Paradigmenwechsel im Italienischen, Spanischen und Katalanischen

Felix Tacke

Is it appropriate to see late modernity as an era when linguistic standardisation is in some ways and in some places being reversed, or at least rendered more complex and multi-dimensional? (Coupland/Kristiansen 2011, 13)

Riassunto

Questo articolo affronta due importanti sviluppi riguardanti le lingue standard romanze, in particolare l’italiano, lo spagnolo e il catalano. Questi sviluppi riguardano, in primo luogo, la riconfigurazione generale della normatività linguistica durante la tarda modernità che risulta nell’emergere di varietà romanze neo-standard e, in secondo luogo, la modernizzazione sia del concetto di linguaggio standard sia degli strumenti di codificazione da parte dei principali attori (istituzionali) del settore di standardizzazione formale negli ultimi decenni. Dal punto di vista della standardologia comparata, questi sviluppi saranno descritti e discussi facendo riferimento ai concetti chiave di demotizzazione, destandardizzazione e ristandardizzazione. Si dimostrerà che, oggigiorno, le culture linguistiche italiana, spagnola e catalana sono caratterizzate da situazioni di doppio standard, ovvero la coesistenza di lingue letterarie standard ‘vecchie’ e lingue neostandard. Mentre le prime sono sempre più percepite come ‘classiche’, le ultime funzionano come nuovi modelli di ‘buona lingua’ perché vengono adattate alla comunicazione sia formale che informale, tanto scritta quanto parlata.

Parole chiave: standardologia comparativa, lingue neo-standard, standardizzazione, destandardizzazione, restandardizzazione, situazioni a doppio standard

Abstract

This paper deals with two important developments regarding Romance standard languages, especially Italian, Spanish and Catalan. These concern, first, the general reconfiguration of standardness during Late Modernity resulting in the emergence of Romance neo-standards and, second, the modernization of both the concept of standard language and the instruments of codification by the main (institutional) actors in the field of formal standardization over the last decades. From the perspective of comparative standardology, these developments will be described and discussed referring to the key concepts of demotization, destandardization and restandardization. It will be shown that as of today, the Italian, Spanish and Catalan language cultures are characterized by double-standard situations, i.e., the coexistence of ‘old’ literary standard languages and neo-standard languages. While the former are increasingly perceived as ‘classical’, the latter function as new models of ‘best language’ because they are adapted to both formal and informal, written and oral communication.

Keywords: comparative standardology, neo-standards, standardization, destandardization, restandardization, double-standard situations

1Einleitung

Standardsprachen kennzeichnen sich traditionell dadurch, dass sie die jeder natürlichen Sprache inhärente Variation auf ein Minimum reduzieren (cf. Milroy/Milroy ⁴2012 [1985], 6), um in einer Sprachgemeinschaft als überregional neutrales Kommunikationsmedium dienen zu können. Standardsprachen sind daher diachron betrachtet weit weniger dynamisch als die Varietäten der jeweiligen historischen Einzelsprache, aus denen sie in mehr oder weniger bewusster Weise durch die fortwährende Auswahl geeigneter (und die damit einhergehende Stigmatisierung ungeeigneter) Varianten herausdestilliert wurden. Als ‚Erfindungen der Neuzeit‘ basierten – nicht nur – die romanischen Standardsprachen dabei noch bis vor kurzer Zeit auf dem Ideal einer zum Vorbild erklärten Literatursprache, sodass ‚Standardsprache‘ und ‚Literatursprache‘ synonym verwendet werden konnten.1 Das 20. Jahrhundert hat diesen Zusammenhang jedoch erst auf die Probe und schließlich ganz in Frage gestellt. Die von den Linguisten der Prager Schule so glücklich bezeichnete ‚Elastizität‘ beziehungsweise ‚elastische Stabilität‘2 der Standardsprache, d. h. ihre Anpassungsfähigkeit an die sich wandelnden Kommunikationsbedingungen, wurde insbesondere mit dem Aufkommen audio-visueller Massenmedien dermaßen überdehnt, dass die jahrhundertealten romanischen Standardsprachen heute einer tiefgreifenderen Reform bedürfen. Der hier zu konstatierende Paradigmenwechsel ist ein doppelter: Er betrifft zum einen den grundlegenden Wandel der Standardsprachlichkeit im Sinne der Verwendung der Standardsprachen, der im vergangenen Jahrhundert begonnen hat und den man unter dem von Stewart geprägten Begriff der informellen Standardisierung in den Blick nehmen kann; zum anderen umfasst er – deutlich zeitversetzt – die sich bezüglich dieser neuen sprachlichen Realität erst in den letzten zwei Jahrzehnten materialisierende formelle Standardisierung, also die Anpassung der einschlägigen Kodifizierungswerke an die neue Situation und damit die kommunikativen Bedürfnisse der romanischen Sprachkulturen.

In den folgenden Abschnitten will ich diese grobe Lagebestimmung in Bezug auf drei romanische Sprachen – das Italienische, Spanische und Katalanische – genauer darstellen. Abschnitt 2 beschreibt zu diesem Zweck zunächst in historischer Perspektive die Dialektik zwischen formeller und informeller Standardisierung in Bezug auf die romanischen Sprachen, bevor in Abschnitt 3 das begriffliche Instrumentarium zur Beschreibung der Neukonfiguration der Standardsprachlichkeit, wie sie für die Spätmoderne typisch ist, diskutiert werden soll. Abschnitt 4 wendet diese Begriffe, vor allem das Konzept der Demotisierung, Destandardisierung und Restandardisierung auf die seit Jahrzehnten beobachtbare Entwicklung der Standardsprachlichkeit in den genannten Sprachen an. Schließlich soll in Abschnitt 5 gezeigt werden, inwiefern im Bereich der formellen Standardisierung durch Sprachpflegeinstitutionen auf diese Entwicklung durch den Versuch, die kodifizierten Standardsprachen zu modernisieren, reagiert wird. Abschnitt 6 beinhaltet ein knappes Fazit. Der Aufsatz versteht sich als Beitrag zu einer vergleichenden Standardologie (comparative standardology),3 die den Blick für die Entwicklungstendenzen moderner (europäischer) Standardsprachen schärfen soll.

2Dialektischer Wandel: formelle und informelle Standardisierung

Standardisierungsprozesse lassen sich in zwei Perspektiven beschreiben, nämlich einerseits hinsichtlich der im Sprachgebrauch beobachtbaren Regularisierungen innerhalb der Sprachverwendung, die zur (mehr oder weniger unbewussten) Auswahl von Varianten führt, die von den Sprechern als exemplarisch bewertet werden; und andererseits in Bezug auf die explizite Standardsetzung durch die Kodifizierung exemplarischer Formen, die von (nicht nur) institutionellen Akteuren und ‚Autoritäten‘ geleistet wird und das zum Resultat hat, was traditionell als Standardsprache bezeichnet wird. Die erste Perspektive, die gewissermaßen die ‚natürliche‘ Entstehung von Standardsprachlichkeit betrifft, wird mit Stewart (1968 [1962], 534) als ‚informelle Standardisierung‘ bezeichnet, die explizite Standardsetzung als ‚formelle Standardisierung‘ (cf. Lebsanft/Tacke 2020, 14; Ayres-Bennett 2021, 33).1 Informelle und formelle Standardisierung stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinander. Betrachtet man aus beiden Perspektiven heraus die Entwicklung europäischer Standardsprachen in den letzten 150 Jahren, so lässt sich nicht nur ein bedeutsamer Wandel, sondern ein regelrechter Paradigmenwechsel erkennen, den ich im Folgenden für die romanischen Standardsprachen nachzeichnen möchte. Grob verallgemeinert lassen sich dabei drei – sich überschneidende – Phasen differenzieren, die von der Kodifizierung der ‚alten‘ Literatursprachen als Resultat der formellen Standardisierung seit der Frühen Neuzeit über die gesellschaftliche Verbreitung dieser Standardsprachen und die daraus resultierende Ausdehnung ihrer Verwendungsdomänen in den Bereich der Mündlichkeit bis zur Herausbildung neuer Standardsprachen und dem Versuch, die gegebenen Standardsprachen – und zugleich das zugrundeliegende Konzept von Standardsprachlichkeit – entsprechend zu modernisieren, reichen.

Die erste Phase der formellen Standardisierung hat seit der Frühen Neuzeit zu präskriptiven Sprachnormen geführt,2 die vorwiegend auf den Literatursprachen der sogenannten ‚goldenen Zeitalter‘ basierte. Diese zunächst in Form von Wörterbüchern und daraufhin über normative Grammatiken und Orthographien kodifizierten Standardsprachen gelten nicht nur als diatopisch ‚neutral‘, sondern sind auch in diastratischer und diaphasischer Hinsicht klar begrenzt. So ist einerseits der an Quintilian anknüpfende consensus eruditorum, der Konsens der Gebildeten über den ‚guten Sprachgebrauch‘, maßgeblich und andererseits wird der formelle – idealiter schriftsprachliche – Ausdruck kodifiziert, was zum Resultat hat, dass die Regularitäten niedrigerer Sprachregister und die ‚normale‘ mündliche Sprachverwendung demgegenüber als ‚Abweichung‘ – gemeinhin als ‚weniger korrekt‘ oder gar ‚falsch‘ – stigmatisiert werden. In diesem Sinne hat die Kodifizierung europäischer Standardsprachen neben der Auswahl der exemplarischen Formen traditionell auch die Eliminierung von Ausdrucksformen zur Folge gehabt, die als weniger formell bewertet werden (Lebsanft/Tacke 2020).3 Standardsprachlichkeit und Distanzsprachlichkeit, d. h. der Fokus auf medial und konzeptionell schriftliche Kommunikation, sind im neuzeitlichen Verständnis also weitgehend deckungsgleich (cf. Koch/Oesterreicher ²2011, 18–19).4 Seit dem 20. Jahrhundert findet nun ein erster Paradigmenwechsel hinsichtlich der Orientierung an den traditionell an den Schrift- beziehungsweise Literatursprachen ausgerichteten romanischen Standardsprachen statt. Zum einen wird dieser bedingt durch die schulische Implementierung der Standardsprachen, die zu ihrer flächendeckenden Verbreitung in der Gesellschaft jenseits der Bildungseliten führt und bei der die Verwendungsdomänen der Standardsprachen auf zahlreiche mündliche Situationen ausgeweitet werden (‚Demotisierung‘, cf. Abschnitt 3); zum anderen verliert die schriftsprachliche Standardnorm auch durch die Etablierung audio-visueller Massenmedien sowie zuletzt neuerer digitaler Kommunikationsformen massiv an Bedeutung (cf. Tacke 2015; Greußlich 2022). Diese Entwicklungen werden heute insgesamt als kennzeichnend für die Spätmoderne betrachtet:

The written form is generally considered fundamental for a standard language, as it is typically the most safeguarded, revered and preserved aspect of the standard. However, there have been significant changes to the nature, practice and domains of writing with the development of technology, especially in the era of Late Modernity. The growing presence and influence of digital communication has ushered in sweeping changes to writing and its spheres of usage. Traditional conceptualizations which characterize writing as predominantly formal, public-facing and distant (both spatially and temporally; […]) are being challenged by the written practices emerging in channels of communication such as emails, social media and text messaging. (Ayres-Bennett/Bellamy 2021, 14–15)

In einem schleichenden Prozess büßen die kodifizierten Literatursprachen ihren Status als sprachliche Modellgeber ein und vor allem die mündliche Standardrealisierung entfernt sich immer mehr von den kodifizierten Ausdrucksmustern. Diese ‚Lockerung‘ beziehungsweise größer werdende ‚Entfernung‘ von der Distanzkommunikation manifestiert sich konkret in der überall beobachtbaren Integration sogenannter Substandardvarianten, die bis dato als diatopisch markierte oder diastratisch und diaphasische niedriger bewertete Formen stigmatisiert wurden.5 Damit einhergehen kann in manchen Szenarien ein gewisser Grad an ‚Destandardisierung‘ (cf. Abschnitt 3), womit ein Prestigeverlust der traditionellen Standardsprache sowie ein Nachlassen der Überzeugung, dass es einer präskriptiven Norm überhaupt bedarf, gemeint ist. Destandardisierungstendenzen sind wohl dort am sichtbarsten, wo die regional verwendete Standardsprache sich von dieser – vor allem diatopisch betrachtet – am deutlichsten unterscheidet, nämlich in plurizentrischen Kontexten wie im Fall des Spanischen (weniger im Fall des Katalanischen und kaum im Italienischen). Die plurizentrische Ausdifferenzierung umfasst dabei zunächst nur die informelle Standardisierung, also die die Standardsprachenverwendung betreffende Herausbildung nationaler (teilweise auch regionaler) Varietäten der Standardsprache – hier wird mitunter von ‚Restandardisierung‘ gesprochen (cf. Abschnitt 3). Aber auch außerhalb plurizentrischer Szenarien geben die Ausweitung der Standardsprachenverwendung auf die gesprochene Sprache, auf informellere Redekontexte sowie die Integration von Merkmalen von zuvor als Substandard betrachteter regionaler Varianten Anlass dazu, von ‚neuen Standardsprachen‘ zu sprechen.6 Diese neuen, funktionell deutlich weitgefächerteren, aber noch weniger kodifizierten Standardsprachen sind heute unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt: Im Italienischen hat sich dafür etwa der von Berruto (²2012 [1987]) geprägte Begriff des italiano neo-standard etabliert; im Katalanischen spricht man demgegenüber unter anderem von einem català light, das dem alten, als català heavy bezeichneten Literaturstandard gegenübergestellt wird (cf. Kailuweit 2002; Kailuweit/Jaeckel 2006, 1550; Tacke 2017). Entscheidend ist, dass sich diese neuen Standardsprachen durch eine höhere Funktionalität kennzeichnen. In diesem Sinne konfiguriert sich Standardsprachlichkeit auch konzeptionell abweichend vom früheren Fokus auf die rein formelle Sprachverwendung und die Domäne der Schriftlichkeit völlig neu. Dies spiegelt sich auch in den Bewertungskriterien, insofern die klassische Dichotomie ‚richtig‘ vs. ‚falsch‘ um die – auch geographisch differenzierte – Berücksichtigung des situativen Kriteriums ‚angemessen‘ vs. ‚unangemessen‘ ergänzt und teilweise ersetzt wird.

Die Entstehung neuer Standardsprachen gibt nicht nur Anlass, diese wissenschaftlich zu beschreiben, sondern stellt die mit der formellen Standardisierung betrauten Akteure vor die Herausforderung, der dynamischen und komplexer werdenden Standardsprachlichkeit bei der Ausarbeitung und Aktualisierung der Kodifizierungsinstrumente Rechnung zu tragen. Dieser Modernisierungsprozess ist in den hier betrachteten Sprachen in vollem Gange und insbesondere im Spanischen weit fortgeschritten. Was ich bereits für die Neukonzeption der normativ-präskriptiven Grammatikographie im Spanischen gezeigt habe (Tacke 2011), nämlich eine Abwendung von der Präskription eines einzigen Sprachmodells, lässt sich mittlerweile auch für das Katalanische und teilweise auch für das Italienische konstatieren und manifestiert sich konkret im sogenannten ‚normativen Diskurs‘ (Berrendonner 1982) jüngerer Kodifizierungsinstrumente. Dieser kennzeichnet sich nämlich zunehmend durch einen deskriptiven Ansatz, der die gebildeten Sprecher zur eigentlichen normsetzenden Instanz erklärt und normative Empfehlungen aus einer soziolinguistischen Datenbasis ableitet – oder abzuleiten vorgibt. Die größere Komplexität gegenwärtiger Standardsprachlichkeit findet entsprechend in umfangreicheren und differenzierter beschreibenden Kodifizierungswerken (Wörterbücher, Grammatiken) ihren Widerhall.

3Neukonfiguration der Standardsprachlichkeit: Demotisierung, Destandardisierung, Restandardisierung und ‚Neo-Standards‘

Mit den neuen soziolinguistischen Realitäten stellt sich auch die Frage ihrer adäquaten theoretischen Erfassung. Schon in den ersten theoretischen Beiträgen zur Modellierung von Standardisierungsprozessen, mit denen Standardisierung und sprachliche Normativität überhaupt erst zum Gegenstand sprachwissenschaftlicher Forschung wurden, finden sich Überlegungen zur Frage der funktionellen Anpassungsfähigkeit von Standardsprachen an die (wechselnden) kommunikativen Bedürfnisse, denen sie dienen sollten. Die Linguisten der Prager Schule stellten in diesem Sinne anknüpfend an Jespersen (1925) fest, dass Standardsprachen sich durch ‚Stabilität‘ kennzeichnen müssen, dabei aber eben auch ‚elastisch‘ sein sollten, um auch unter wandelnden Bedingungen ‚zweckdienlich‘ zu bleiben (Mathesius 1932 bzw. 1976, 89).1 Auch Einar Haugens Standardisierungsmodell, das trotz aller Kritik das bis heute wohl einflussreichste Modell zur Beschreibung von Standardisierungsprozessen in ganz unterschiedlichen soziolinguistischen Szenarien darstellt, lässt den Bereich des funktionellen Ausbaus von Standardsprachen im Rückgriff auf die in der Prager Schule geprägten Begriffe nicht unberücksichtigt – ich komme darauf in Abschnitt 5 zurück.2 Mit Blick auf die jüngeren – zunächst informellen – Standardisierungstendenzen in den europäischen Nationalsprachen bietet es sich indes an, zunächst auf die Begriffe ‚Demotisierung‘, ‚Destandardisierung‘ und ‚Restandardisierung‘ (oder auch ‚Umstandardisierung‘) einzugehen, die zuletzt regelmäßig herangezogen werden, um den fortlaufenden Wandel von Standardsprachlichkeit diesseits wie jenseits des Atlantiks theoretisch – und komparatistisch! – zu erfassen. Die Etablierung dieser Terminologie ist maßgeblich Mattheier (1997a) sowie den weiteren Beiträgern zu dem Band Standardisierung und Destandardisierung europäischer Nationalsprachen (Mattheier/Radtke eds., 1997) zu verdanken,3 mit dem die Aufmerksamkeit verstärkt auf „Auflösungserscheinungen des sprachlichen Standards“ (Radtke 1997, VII) in europäischen Sprachgemeinschaften sowie die Entstehung von ‚neuen‘ Standardsprachen gerichtet worden ist. Hier zu nennen sind seither auch die entsprechend ausgerichteten Beiträge in den Bänden Standard Languages and Language Standards in a Changing Europe (Kristiansen/Coupland eds., 2011), On the Development of a New Standard Norm in Italian (Cerruti/Crocco/Marzo eds., 2017) sowie im jüngst erschienenen Cambridge Handbook of Language Standardization (Ayres-Bennett/Bellamy eds., 2021). Über die vergangenen 25 Jahre lässt sich dabei die Schwierigkeit erkennen, die Begriffe trennscharf voneinander abzugrenzen. Einigkeit besteht hinsichtlich der Empirie, insofern sich in sämtlichen betrachteten Sprachgemeinschaften Tendenzen zu einer Neukonfiguration von Standardsprachlichkeit feststellen lassen, die aus der Demotisierung, d. h. der gesamtgesellschaftlichen Generalisierung des kodifizierten Standards (demos ‘Volkʼ), resultiert und übereinstimmend als Phänomen der Spätmoderne (Late Modernity) aufgefasst wird. Mattheier (1997a, 6) beschreibt diese Entwicklung – nicht nur für das Deutsche – historisch wie folgt:

In Deutschland hat es etwa bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gedauert, bis die ostmitteldeutsch-gottschedische Form des Standards sich diatopisch völlig durchgesetzt hatte, und in Norwegen stehen bis heute zwei regionale Varianten der Standardvarietät gegeneinander. Aber nicht nur regional, sondern auch sozial ist der Geltungsbereich einer entstehenden Standardvarietät anfangs meist auf einen kleinen Ausschnitt aus der gesellschaftlichen Totalität beschränkt. So konzentriert sich die Gruppe der aktiven Verwender der ausgebildeten deutschen Standardvarietät gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf den sehr kleinen Kreis der Bildungsbürger, und es bedurfte noch lang andauernder Popularisierungs- und Pädagogisierungsprozesse im 19. Jahrhundert, um die Standardvarietät allgemein in der gesamten deutschen Sprachgemeinschaft zu verbreiten. Generalisierungsentwicklungen betreffen jedoch nicht nur die räumliche und soziale Durchsetzung einer Standardnorm. Hinzu kommt auch die Entwicklung der Multifunktionalität des neuen Standards. Standardvarietäten sind in der Anfangsphase ihrer Entwicklung meist diaphasisch sehr eng begrenzt gültig: die italienische Standardvarietät als Sprachform der schönen Literatur, die französische als Sprache der Verwaltung und des Hofes. Im Laufe der Zeit weiten sie ihr Verwendungsspektrum auf immer mehr Kommunikationssituationen aus, wobei dem Übergang vom schriftlichen zum mündlichen Medium besondere Bedeutung zukommt. […] In dem Maße, in dem die Standardvarietät überkommene diatopische und diastratische Nonstandardvarietäten verdrängt, weitet sich ihre stilistische Vielschichtigkeit aus. Es entwickeln sich regionale und nationale Varianten der Standardvarietät, aber auch offiziellere und kolloquialere Varianten.

Umstrittener sowohl hinsichtlich der Definition als auch der Anwendung ist der Begriff der Destandardisierung. Mit ihm geht es nicht allein um Standardvarietäten, sondern um ihre gesellschaftliche Akzeptanz und die ihnen entgegengebrachte ideologische Haltung. Mattheier (1997a, 7) verweist auf Daneš’ Beobachtungen zum Tschechischen, demzufolge „das Verständnis und das Wissen um die tschechische Standardnorm insbesondere in der jüngeren Generation abnimmt“, was bedeute, „daß sich innerhalb der tschechischen Standardsprachgemeinschaft eine gesellschaftliche Teilgruppe ausbildet, die die Gültigkeit der Norm, die sie in der Schule gelernt hat, in Frage stellt“ – ein Phänomen, das natürlich nicht nur im Tschechischen auftritt; darüber hinaus könne „auch die Gültigkeit der Standardvarietät als Ganzes […] in einer Sprachgemeinschaft in Frage gestellt werden“. In der jüngeren Rezeption wird Destandardisierung nun jedoch vorwiegend an die Gültigkeit des ‚Glaubens an die Notwendigkeit von Standardsprachlichkeit‘ geknüpft, wie die Definition von Ayres-Bennett (2021, 49) verdeutlicht:

Destandardization: a possible development whereby the established standard language loses its position as the one and only ‚best language‘. Democratization can lead to ‚value levelling‘ that will secure access to public space for a wider range of speech varieties – this would be equal to a radical weakening and eventual abandonment of the ‚standard ideology‘ itself.