Zwölf Seelen - Eduardo Esmi - E-Book

Zwölf Seelen E-Book

Eduardo Esmi

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

In diesen Thriller kauft der Student Johannes 1963 in Berlin zwölf Seelen von Kommilitonen. Geht dann als Kriegsfotograf in den Kongo. Lernt da seinen Partner Jean kennen und zieht mit ihm von einem Kampfgebiet zum nächsten. Später findet Johannes auf dem Dachboden seines Elternhauses die längst vergessenen Verträge. Macht sich auf, die gekauften Seelen an Prior Dominus zurückzugeben. Was er dabei erlebt, stellt alles Erlebtest in den Schatten. Menschliche Gier, Erpressung, Betrug, Gewalt, bis hin zu Geisterbeschwörung, lässt ihm das Blut gefrieren, erstaunen und am Verstand der Menschen zweifeln.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 338

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Zum Buch

In diesen Thriller kauft der Student Johannes 1963 in Berlin zwölf Seelen von Kommilitonen. Geht dann als Kriegsfotograf in den Kongo. Lernt da seinen Partner Jean kennen und zieht mit ihm von einem Kampfgebiet zum nächsten. Erst ihre schrecklichen Erlebnisse in den Folterkammern von Buenos Aires unter der Junta von General Jorge Rafael Videla lässt sie gemeinsam eine neue Aufgabe suchen.

Später findet Johannes auf dem Dachboden seines Elternhauses die längst vergessenen Verträge. Macht, sich auf die gekauften Seelen an Prior Dominus zurückzugeben.

Was er dabei erlebt, stellt alles Erlebtest in den Schatten. Lässt ihm das Blut gefrieren, erstaunen und am Verstand der Menschen zweifeln.

Danksagung

Meinen besonderen Dank geht an

Margitta Piechotka, die mir auf nette Art meine

Fehler aufgezeigt hat.

Eduardo Esmi, das Pseudonym von Friedhelm Schmidt, lebt in Orxeta, Spanien. War lange Jahre Mitglied des Gemeinderats und ist als Autor und Fotograf tätig.

Er hat zahlreiche Bücher sowie Kurzgeschichten veröffentlicht. Bekannt sind auch seine Bildbände und Presseberichte.

Inhaltsverzeichnis:

West-Berlin, 1963

Albertville, Afrika, 1965

Frankfurt am Main

Nizza

Buenos Aires 1976

Nizza

Akte: Andrea Schick

Akte: Hans Merk

Akte: Peter Eichholz

Akte: Torsten Maier

Akte: Bruno Köller

Akte: Helmut Rode

Akte: Alexander leicht

Akte: Sascha Grube

Akte: Ernst Zimmermann

Akte: Jörg Ender

Akte: Petra Lauemann

Akte: Olaf Neubert

Nizza

Die verlorene Seele

Boye, Niedersachen

Peking

Wiedergeburt

Die Suche

Tibet

Zentralgefängnis in Peking.

Umerziehung

Zurück in Berlin

Frankfurt an Main

*

West-Berlin, 1963

Studentenkneipe, Nähe der Technischen Universität.

Zeit: 2 Uhr nachts.

An der noch vollen Theke stehen Johannes und neben ihm ein weiterer Student.

Johannes Wiener schlang 184 cm groß. Modisches, lockendes Haar, nicht wie die meisten Studenten Schulterlanges. Seine feinen Gesichtszüge spiegeln wenig von seiner introvertierten Art wider. Nur seine Textilen unterscheiden sich nicht vom Rest der Kommilitonen. Jeans mit hellbrauen Fransenstiefeln. Unter seiner hellen Wildlederjacke mit Fransen an den Ärmeln trägt er ein Pulli mit Rundkragen. Auch sein Rasierwasser ist nicht billig. Er schaut sich interessiert um. Versucht in der Menge bekannte Gesichter zuerkennen. Es riecht nach Bier und Zigarettenrauch. An den Wänden Plakate von Che Guevara, Hồ Chí Minh, Mao und Fidel Castro. Aus der Musikbox dröhnt es. David

Bowie hält gegen den Lärm mit seinen Liedern an. Von der Toilette aus dem Keller zieht leichter Urin-Duft nach oben, der aber gegen den Rauch keine Chance hat. Der Tressen vor ihnen ist nass vom Bier und voll mit Zigarettenasche. Sie unterhalten sich über die politische Lage Westberlins.

>>Sag mal, mit wem rede ich hier, ich bin der Johannes. Alle sagen aber Jo zu mir. Studiere zurzeit hier Kunst und Du? <<

Schaut sich sein Gegenüber prüfend an. Wie alle männlichen Personen hier in Jeans, dunklen Pulli und Westernstiefel. Lange braune Haare verdecken fast sein Gesicht. Nur seine schlanken Hände lassen auf seine sportliche Figur ahnen.

>>Bruno, Scheiße ich habe einen Durst, kannst du noch ein Bier ausgeben, ich bin völlig blank.

Was hat Dich Jo hier nach Berlin geführt? <<

>>Na was uns alle hierhergelockt hat. Beste Studienbedingungen, Befreiung vom Wehrdienst und weg von zuhause. Ha, ha das mit der Pleite kenn ich. Altes Studentenleiden. He Rita, mach uns noch mal zwei Halbe. <<

Nach Minuten knallt Rita zwei halbe Biere auf den Tressen. Der Schaum spritz nur so.

>>Danke und Prost, was willst du denn mit Kunst? Später am Kudamm sitzen und Touristen zeichnen? Da verdienst du doch kein Geld. <<

>>So gesehen nicht, aber ich mache nebenbei noch ein Praktikum als Fotograf und bin dann schneller fertig. Reisejournalist oder Kriegsberichterstatter, mal sehen, wo ich unterkomme. Wie ist es bei dir? <<

>>Zurzeit Naturwissenschaften, aber wo ich zum Schluss lande, weiß ich heute noch nicht. Sag mal Jo, bist du politisch arrangiert in der APO (Außerparlamentarische Opposition) oder SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund)? <<

>>Nein die sind mir zu tumultuarisch. Die Herrschaften vorweg der Rudi, sind in meinen Augen nur bramarbasiert. <<

>>Meinst Du den Dutschke? <<

>>Ja, ja, wen den sonst.

Ich verkaufe meine Seele nicht an die Politik, du denn? <<

>>Ich habe keine. <<

>>Wie du hast keine, was heißt das denn? <<

Erstaunt blickt Jo sein Gegenüber an.

>>Na ganz einfach, ich glaube, dass es keine Seele gibt. In der Naturwissenschaft wirst du geboren, bist als Lebewesen ein Teil der Nahrungskette und stirbst und dann ist Schluss mit deiner Existenz. <<

>>Auch kein weiteres Leben, keine Seelenwanderung, nichts mehr, nur noch Tod und dann verwesen? <<

>>Genau, du wirst wieder Erde oder wie die Bibel sagt Asche. <<

>>Dann musst du dich auch nicht für deine Taten hier verantworten vor Gott? <<

>>Nein, denn ich bin Gott, jetzt nur ein kleiner, der Macht hat über seine Tiere, Pflanzen und alles, was du dir kaufen kannst. Schau, wenn ich einen Hund habe, kann ich ihm jederzeit sein Leben nehmen. Wenn ich ein gütiger Gott bin, lebt er lange bei mir. Bin ich ein grausamer Gott, verliert er schnell sein Leben. Das kannst du auf alles übertragen, auch auf Menschen. <<

>>Mein Gott, Bruno. Dann glaubst Du auch nicht, dass es Gut und Böse gibt? <<

>>Doch Jo, wie gesagt, in jedem Menschen, gleich Gott steckt das Gute und das Böse. Vergesse einfach mal die christliche Lehre, das ist doch Volksverdummung, mehr nicht. Die Kirche hat sich doch nur durch Unterdrückung und Bereicherung all die Jahrhunderte gehalten. In Ägypten waren die Pharaonen alle gottähnlich und das kannst du in der gesamten Menschheitsgeschichte nachlesen. Warum streben alle an die Macht. Soll ich dir das sagen. Ganz einfach, weil sie gottähnlich seinen wollen. Oder primitiv gesagt, weil sie alle kleine Götter sind. Ob sie ein Land regieren, einen Konzern führen, oder nur Bürovorsteher sind. So einfach ist das Leben. <<

>>Also habe ich dich richtig verstanden, du glaubst, du hast keine Seele, stimmt das so? <<

>>Genau mein Lieber. <<

>>Dann verkaufe mir doch deine Seele, die du ja nicht hast. Ich kaufe deine Seele für einen Halben und einen Wodka, was sagst du dazu? <<

>>Klar, Du mit deiner Ambiguitätstoleranz kein Problem, ist ein Scheißgeschäft für dich, aber ist ja auch deine Sache. He Rita, mach noch mal das Gleiche, stell aber zwei Wodka dazu. <<

>>Halt erst unterschreibst Du mir hier einen Kaufvertrag, mein Lieber. <<

Hiermit verkaufe ich: Bruno Köller, geb. am 12.03.1944 meine Seele an Herrn Johannes Wiener. Berlin den 02. 02. 1963.

Unterschrift.

>>Na dann prost, mein lieber Jo, jetzt hast du was gekauft, was es gar nicht gibt. Oder bist du der Satan? Ha, ha. <<

>>Ich bin, wenn du so willst, des Teufels Sohn und sammle Seelen für mich und ihn. << Grinst dann irgendwie teuflisch.

*

So kam Johannes Wiener als Student zu zwölf Kaufverträgen.

Bewarb sich in Hamburg bei einer Illustrierten als Kriegsfotograf. Wurde auf Probe eingestellt, reiste dann als Fotograf in den Kongo und vergaß die Seelen.

*

Albertville, Afrika, 1965

Demokratische Republik Kongo

Hotel Imperial.

Das Hotel liegt am Ufer des Tanganjikasee am Rande der Stadt. Umgeben von herrlichen grünen Bäumen und Sträuchern. Nur der einst gepflegte Rasen ist jetzt total zertrampelt. Neben dem Hotel sammeln sich die Armee und die Söldnertruppen. Die internationale Presse, Waffenhändler und Agenten aller Geheimdienste und Händler bevorzugen dieses Hotel.

Die Bar ist überfüllt mit Journalisten, Fotografen und Kameraleuten aus aller Welt, ein Stimmengewirr schallt durch den Raum. Nach vorne offen, damit man vom Empfang Einblick hat, wer sich darin befindet. Auch dieser Raum hat schon bessere Zeiten gesehen. Ein riesiger Deckenventilator versucht die stickige heiße Luft zu verteilen. Alle Zimmer sind vermietet und zum Teil doppelt belegt. Am Ende der langen Bar steht ein junger Mann und schaut traurig auf seine Flasche Bier. Ein weiterer sehr junger Mann stellt sich neben ihn und spricht ihn an.

>>Pardon sind Sie der französische Journalist, der gerade seinen Partner verloren hat? << Der Befragte blickt nicht mal auf, sondern nickt nur.

>>Mein Name ist Johannes Wiener, Fotograf für eine deutsche Illustrierte, ich versuche nach Stanleyville zu kommen. Zum Kommando 52, die jetzt die Stadt sichern soll. Mein Partner sitzt da hinten und lässt sich volllaufen. Schreibt lieber seine Berichte hier im Hotelzimmer als an der Front. Ich kann ja verstehen, dass nicht jeder ein Kriegsreporter ist, aber dann bleibt man zu Hause und schreibt über Hochzeiten oder sonst was. Darf ich fragen, was mit ihrem Partner passiert ist? <<

Lange Pause, der Franzose nimmt einen Schluck aus seiner Bierflasche und wendet sich dem Deutschen zu.

Er wirkt mit seine 185 cm sehr schlank. Trägt ein Buschhemd mit Druck ,, PRESSE“ und eine militärische Tarn Hose. Alles sieht verschwitzt und verschlissen aus . Nur sein Gesicht ist hübsch und sehr jugendlich.

>>Ja, mein Partner, der ging nur kurz mal nachts an den See runter und dann fanden wir ihn in genau in sieben Teilen. Seine Hoden und sein Penis sind bis heute verschwunden. Waren wahrscheinlich die ,,Simbas“. Alles nur einige Meter vom Hotel entfernt. Jetzt warte ich auf einen Fotografen aus Paris, der leider immer noch nicht eingetroffen ist. Ach, übrigens mein Name ist Jean, arbeite für die AFP, (französische Presseagentur). <<

>>Jean, ich darf doch Jean sagen, was hältst du davon, wenn wir beide versuchen, nach Stanleyville zu kommen. Ich weiß, dass morgen ein Trupp nach Richtung Stanleyville unterwegs sein soll. Wollen wir beide versuchen, irgendwie dahin zu kommen? <<

>>Gut, wenn bis morgen früh der Fotograf nicht da ist, komme ich mit. Die fahren ja nie zeitig los. Wir müssen versuchen, an einen deutschen Söldner mit Namen Siegfried Müller zu gelangen. Der leitet die Operation ,,Tshuapa“ gegen die Simbas. Du kannst es besser als ich, ihr Deutsche versteht euch doch. Aber einen Tipp, zieh dir andere Sachen an. Kleide dich wie die Söldner und schlepp nicht unnötiges Zeugs mit. Nur was wichtig ist. Hast du eine Waffe? <<

>>Nein, Scheiße, habe auch keine anderen Klamotten, nur den Großstadtfummel. Die Idioten in der Redaktion hätten mich ja vorbereiten können. Drücken mir das Ticket und Dollars in die Hand und jetzt los. <<

>>Jo, ich nenne dich Jo, habe von meinem ExPartner Hemden und so mit der Aufschrift ,,Presse international“ die kann ich dir geben. Wenn die zu groß sind, ist das nicht tragisch, besser als zu eng. Wie händeln wir beide das, ich schreibe und du fotografierst, oder macht jeder sein Ding? <<

>>Was hältst du davon, bei dieser Aktion sind wir doch beide an unsere Auftraggeber gebunden. Denn Berichte für unsere Zeitung schreibt doch mein Partner vom Hörensagen im Hotelzimmer, ich liefere nur die Fotos. Wenn du mir hilfst, mache ich für dich mit meiner zweiten Kamera Aufnahmen für euch. Oder du gibst mir die Kamera von deinen Ex-Partner und verwendest die dann für dich. Da ich meine Filme nach Hamburg schicken muss. <<

>>Wenn du das für uns machst, versuche ich ein Honorar für veröffentlichte Bilder rauszuholen. Aber erst mal brauchen wir Fotos. <<

>>Gut Jean, wir sehen uns Morgen so gegen sieben Uhr hier beim Frühstück. <<

*

Nach einigen Fragen landen sie an einen sich sammelnden Konvoi.

>>Sind sie Hauptmann Müller? <<

>>Ja, was gibt es, ich habe wenig Zeit, wir wollen gleich los. <<

>>Mein Freund und ich müssen nach Stanleyville und bitten Sie, ob sie uns mitnehmen können. Wir arbeiten für die Presse. <<

>>Meinetwegen, sucht euch einen Platz auf dem Transporter. Aber keine Garantie, wie und wann wir ankommen. Eure Pressehemden nützen euch nichts, wenn die Simbas euch zu fassen kriegen. Die machen alle bestialisch klein. Die Zauberer beschwören sie, dass sie für jeden toten Weißen ein Leben mehr haben. Dass sie durch den Tod die Seele übernehmen und somit unverletzlich sind. Aber ich werde sie eines Besseren belehren. Wenn die meinen, sie können uns durch ihre Brutalität beeindrucken, dann werden sie staunen, was Brutalität wirklich ist. Aber zu euch habt ihr Waffen? <<

>>Ich ja, aber Jo hier hat nur ein Messer. <<

>>Gut, ihr fahrt ja auf dem Transporter mit, wenn wir überfallen werden sollten, muss sich Jo eine Waffe von einem Gefallenen greifen. Wir haben leider keine mehr. Nehmt euch genug Wasser mit, ich weiß nicht, wann wir unsere Feldflaschen auffüllen können. So und noch eins im Krieg hier geht um Politik. Es gibt keine Regeln, außer die des Überlebens. Ich werde hier die Strategie der verbrannten Erde durchziehen, das heißt, jedes Simba Dorf wird verbrannt, schon alleine um ihren Zauber zu brechen. Wollen mal sehen, was weiße Götter gegen schwarzen Zauber bewirken können. Ihr haltet euch bitte zurück, habe keine Lust, Berichte über tote Presse Jungs schreiben zu müssen. In 10 Minuten fahren wir. <<

*

Die Truppe besteht aus vier Jeeps mit aufmontierten Maschinengewehren und zwei Jeeps mit einer 75 mm Kanone. Dazwischen die Truppentransporter und Verpflegungswagen.

Die Kampfeinheit besteht aus 40 weißen Söldnern und ca. 120 Afrikanern. Führungsoffizier ist Siegfried Müller, der um seinen Hals das Eiserne Kreuz trägt, was er sich im Zweiten Weltkrieg erworben hat. Seine ruhige, besonnene Befehlsart kommt gut an bei seinen Soldaten. Da er als Führungsoffizier immer vorn an der Spitze des Trupps fährt.

Jean und Johannes haben sich in dem zweiten Transporter direkt hinter dem Führerhaus gestellt. So können sie von oben die Straße oder den Weg einsehen und Fotos machen. Die

Straßen sind nur noch dem Namen nach Straßen. Staubige Wege oder überwachsene Linien im Dschungel. Der Fahrtwind bringt einiges an Erleichterung und Luft bei der Hitze.

Sie kommen nach zwanzig Kilometern an eine Straßenkreuzung. Vor der Kreuzung stehen die Simbas quer zur Straße und drohen mit Speeren und Pfeilen. Zu erkennen sind sie durch ihre schlanke Körpergröße und dem Leopardenfell, das jeder Krieger trägt.

Müller lässt halten, gibt Befehle. Drei Jeeps fahren keilförmig an die Spitze der Kolone, die Mannschaften gehen mit ihren entsicherten Waffen neben dem Transportwagen her, um sie abzusichern. Hinten fahren versetzt zwei Jeeps als Rückendeckung.

Auf ein Zeichen von Müller geben die drei ersten Jeeps Gas und rasen mit steigender Geschwindigkeit aus allen Rohren feuernd auf die Simbas zu. Schießend durchfahren sie die Menschensperre, drehen schleifenmäßig um und schießen jetzt auf die flüchtigen Krieger.

Jo schießt vom Lkw seine Fotos, beim Filmwechseln bekommt er mit, dass sie auch von der Seite angegriffen werden. Die ersten Söldner fallen oder werden verletzt. Springt vom Lkw, um sich eine Waffe zu holen. In dem Moment, als er sich nach der Maschinenpistole bückt, streift ihn ein Pfeil am linken Auge. Er richtet sich auf, läuft auf den langsam fahrenden Lkw zu, springt auf und stellt sich wieder neben Jean.

>>He Jo, du blutest wie ein Schwein, halt das gegen die Wunde und gehe nachher, wenn das hier vorbei ist, zum Sani. <<

>>Wo blute ich? <<

>>Neben deinem Auge merkst du das nicht? <<

>>Nein<< und fasst sich an seine linke Gesichtshälfte.

>>Scheiße, ja. <<

Blickt auf seine blutverschmierte Hand.

In der Zwischenzeit sind schon einzelne Gruppen hinter den flüchtigen Simbas her, die aber im Dickicht des Urwaldes verschwinden konnten. An der Kreuzung wird sich gesammelt. Die

Wagen zu einer Art Wagenburg zusammengestellt und Wachen eingeteilt.

Johannes stellt sich mit seinem blutigen Tuch am Kopf in die Reihe der Leichtverletzten.

>>Zeigen Sie mal her, woher stammt das? <<

>>Ein Pfeil hat mich gestreift. <<

>>Glück gehabt, was aber wasch die Wunde aus und jemand soll sie aussaugen, damit keine Wundinfektion dich außer Gefecht setzt. Sei froh, dass es stark blutet, so dringt kaum Gift in Blutkreislauf ein. Danach bekommst du ein schönes Pflaster und schon stimmt die Welt wieder. So, ab jetzt habe noch andere Herrschaften zu versorgen. <<

>>Jean, eine Bitte, kannst du meine Wunde aussaugen, der Sani sagt, da kann Gift drin sein. <<

>>Los komm her und jammre nicht rum. <<

Jean saugt die Schramme aus und spuckt das Blut auf den Weg. Danach wäscht er noch die Wunde mit Jo s Trinkwasser aus. Beide gehen dann zum Sanitäter zurück.

Später lässt sich Jo von einem der Söldner seine Waffe erklären und beschäftigt sich damit.

*

Der gefangene Simba Krieger liegt mit gestreckten Gliedern am Pfosten gefesselt am Boden. Seine Schusswunden an den Oberschenkeln bluten noch immer leicht.

Müller geht zu einem den schwarzen Unterführern und bespricht sich mit ihm. Baut ein tragbares Tonbandgerät auf und platziert das Mikrofon dicht am Kopf des Kriegers. Die anschließende Folter lässt den Gefangen in seiner Sprache, die Macht der Weißen, die Hilfe zu seiner Mutter und die Angst, in der Dunkelheit zu sterben, laut in den Urwald schreien. Nach einiger Zeit erlischt das Geschrei gurgelnd. Wie bei allen Toten werden ihm sein Glied und Hoden abgeschnitten, die Manneskraft soll jetzt auf den Sieger übergehen. Ohne eine Regung räumt Müller das Tonbandgerät zusammen und verbindet den Tonausgang mit einem Verstärker.

>>Das werden wir jeden Abend von der höchsten Stelle über den Urwald schallen lassen. Gegen den Zauber sind sie machtlos. Die haben panische Angst, in der Dunkelheit zu sterben. Da sich ihre Seele in der Nacht verirrt und die Geister über sie herrschen.

Jo, zeigen Sie mal her, na ist ja nur ein Kratzer Glück gehabt. <<

>>Wie viel haben sie erledigt bei dem Angriff? <<

Mit dem, der da liegt, sind es 42 Krieger, es waren aber mehr, also nicht leichtsinnig werden und allein in den Urwald gehen. Wenn es hell wird, müssen wir zu jeder Zeit mit einem Angriff rechnen. Aber Sie haben ja jetzt eine Waffe. <<

>>Wie hoch sind unsere Ausfälle? <<

>>Zwei weiße Kameraden tot, fünf Afrikaner verletzt, alle nur leicht. Suchen Sie sich zur Nacht einen sicheren Platz zum Schlafen und lassen Sie ihre Waffe entsichert, damit Sie schnell schießen können. <<

>>Jean, was meinst du, wollen wir oben auf der Ladefläche schlafen oder in einem der Mannschaftszelte? <<

>>Also ich bleibe oben auf dem Wagen, das ist mir sicherer. <<

>>Jean nochmals danke für deine Hilfe bei meinem Kratzer. Scheiße mit dem Pfeil, der war wahrscheinlich vergiftet, sagt jedenfalls der Sani. <<

*

Am Nebenarm des Tanganjikasees.

>>Jo, ich gehe mich mal waschen, komm mit und sichere mich ab. Ich glaube nicht, dass Rebellen unterwegs sind, aber man weiß es ja nie. Außerdem mag ich keine Überraschungen, die im Wasser auf uns wartet. <<

>> Wie auf uns wartet? <<

>>Jo, überleg mal. Krokodile, Schlangen oder auch Nilpferde. Zudem kommen ja auch Raubtiere wie Löwen usw zum Trinken. Also pass bitte auf. <<

Jo und ein spanischer Söldner stehen an einem Baum und schauen Jean zu, wie der sich wäscht. Jean hat seine Waffe und Textilien abgelegt, um sich ganzkörpermäßig zu reinigen. Mit einmal laufen schreiend zwei Simba Krieger mit ihren Speeren auf Jean zu. Urplötzlich aus dem Dickicht des Dschungels stehen sie am Ufer.

>>Jean pass auf. <<

Jo reißt seine Waffe hoch und will feuern. Es löst sich aber kein Schuss. Die Waffe klemmt. Er schmeißt die Waffe weg und zieht im Laufen sein Messer. Jean ist ein Stück ins Wasser geflüchtet, ist aber wehrlos, da seine Waffe am Ufer liegt.

Die beiden Krieger stürmen mit ihren Speeren auf Jean zu. Durch den Wasserdruck am Ufer kommen sie nicht schnell voran. Ein Krieger hat seinen Speer nach Jean geworfen, ihn aber verpasst. Versucht jetzt mit seiner Machete nach Jean zu schlagen. Das Wasser peitscht auf. Der spanische Söldner steht wie versteinert und blickt entsetzt auf das Geschehen. Jo hechtet mit dem Messer voraus auf den Krieger mit der Machete zu. Rammt ihm das in den Rücken und klammert sich von hinten an dem Krieger fest. Die beiden verschwinden im lehmigen Wasser. Die Wasseroberfläche brodelt und peitscht auf durch den Kampf im Wasser. Der zweite Krieger wendet sich jetzt den beiden zu, kann aber nicht eingreifen, da die Körper eng umschlungen immer wieder im Wasser verschwinden. Jo taucht auf und hat in der einen Hand sein Messer, in der anderen die Machete. Seitlich taucht der erste Simba langsam in einem Gemisch aus Lehmwasser und Blut auf, treibt aus vielen Wunden blutend den Seitenarm lang. Jo stürzt sich jetzt auf den zweiten Krieger. Kann ihm einen Stich versetzten, der ihn umschmeißt.

Sekunden schnellt er blutend auf, versucht Jo mit seinem Speer zu treffen. Jo kann dem Stich ausweichen und mit der Machete den Speer aus der Hand des Kriegers schlagen, verliert aber dabei auch seine Machete. Der Krieger ist so dicht an ihn greift Jo an die Kehle und versucht ihn unter Wasser zu drücken. Das Messer gleitet immer wieder in seinen schwarzen Körper, bis ihn seine Kräfte verlassen und er stirbt. Auf dem roten Wasser schwimmend folgt er langsam seinem Kameraden. Ein eigenartiges Bild, zwei Leopardenfelle treiben auf dem aufgewühlten Wasser vom Ufer weg. Erst nach Minuten versinken auch sie im Wasser. Jo steht im Wasser und hält sich seinen Hals und ringt heftig nach Luft. Von hinten schiebt ihn Jean aus dem Wasser.

Jose, der Söldner, murmelt immer wieder,>> como un tiburon, como un tiburon (wie ein Hai, wie ein Hai.) <<

>>Jo, ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, du hast zwei Leben bei mir gut, << umarmt ihn und geht schweigend zum Lager. Jean und Johannes hatten beide nicht eine Schramme davongetragen. Von dem Tage an hieß Jo nur noch der ,,Tiburon“ der Hai. Sein Name wurde genau so bekannt, wie der des Hauptmanns Müller, der in die Geschichtsbücher einging als ,,Kongo-Müller,

*

Anruf in Paris.

>>Jean, ich bin es, Jo. Wie geht es dir? Wollte dich nur über eine Neuigkeit informieren. Ich habe bei uns gekündigt. Das ist mir alles zu dumm. Das grenzt schon an Dilettantismus. Meine Fotos sind denen zu brutal, so was können die angeblich nicht drucken, aber den erfundenen Bericht, der ist gut. In einer solchen Redaktion will ich nicht bleiben. Wie sieht das bei Dir aus, wollen wir beiden uns selbstständig machen und unsere Berichte, Fotos und Filme an die Agenturen verkaufen? Was hältst du davon? Also ich steige bei dem Verlag aus und mach mich selbstständig. <<

>>Jo, gib mir einige Tage Bedenkzeit, wo kann ich dich erreichen. <<

>>Ich bin jetzt noch in Hamburg in der Redaktion, fahre aber zu meinen Eltern. Wir machen das so, ich rufe dich in fünf Tagen zurück, reicht dir die Zeit? <<

>> Ich denke schon. Sollten uns aber auf jeden Fall sehen. <<

So zogen sie gemeinsam von Krieg zu Krieg, ihr Weg führte über den Kongo nach Laos, Mosambik, dann nach Asien. Von Thailand nach Rhodesien, weiter nach Nigeria, von dort aus nach Uganda und Zaire bis nach Argentinien, Buenos Aires.

*

Frankfurt am Main

Er kam von der Beerdigung seiner Mutter, die er nur allein mit einem Geistlichen abgewickelt hatte. Auf den Friedhof lag noch etwas Schnee.

Die Luft war nasskalt um die Null Grad. Er geht am Grab seines Vaters vorbei, stoppt, geht zurück und bleibt einige Minuten dort stehen. Es war ihm, als wenn ihn eine Stimme zurückgerufen hat.

Kopfschüttelnd geht er weiter, den Mantelkragen hochgeschlagen gegen das nasskalte Wetter. Er steigt in seinen Leihwagen und fährt zu seinem Elternhaus. In der Wagnerstraße Nummer 6 vor dem Haus bleibt er wiederum stehen, um in sich hinein zuhören. Keine Gefühlsregungen, noch nicht einmal Neugier auf das, was er vorfinden wird. Jetzt versucht er sich an seine Kindheit zu erinnern. Nichts, einfach nichts. Irgendetwas blockiert ihn. Die Trauer um seine Mutter? Ein Leben, was einsam geendet hat? Die Erkenntnis, dass hier und jetzt seine Jugend ausklinkt. Er geht ins Haus, schaut sich alle Räume an. Im Bad blickt er in den Spiegel. Sieht ein Gesicht, das zwar noch interessant ist, aber von Trauer beherrscht wird. Gesunde Bräune und noch volles Haar, Lachfalten, auf die er immer zu stolz ist. Nichts sieht er jetzt. Verspürt keine Regung, keine positive Erinnerung, das Haus ist ihm fremd geworden.

>> Ich muss hier raus. <<

Erst im Garten kommt so etwas wie Vertrautheit durch die alten Bäume, besonders die Trauerweide, die er schon als Kind geliebt hat. Spricht leise mit dem Baum, streicht mit seiner Hand zärtlich über den Stamm und geht dann zurück ins Haus.

Auf dem Dachboden ein verstaubtes Leben in Koffern, Kartons und alten Möbeln. Auf einem Karton steht ,, Johannes“ hebt den Deckel auf, schaut sich die Sachen an. Ein alter Stoff Teddy, ein geschnitztes Holzpferd und eine Schachtel mit der Aufschrift, Meine Seelen.

Die alten Kleidungsstücke lässt er im Karton.

Die Schachtel und das Holzpferd nimmt er mit.

Verlässt sein Elternhaus wie ein Fremder.

Sitzt im Hotelzimmer und geht die Zettel durch, die in der Schachtel liegen. Es sind zwölf Kaufverträge, alle ausgestellt in Berlin im Jahr 1963.

*

Nizza

Telefonzentrale der Sicherheitsfirma ,,Tiburon“

>>Hallo Lea, wie geht es euch da unten, steht die Sonne noch über dem Meer? Wie ich sehe, solltest du dich mal an Strand legen, deine Bräune lässt nach. <<

>>Man Jo, das kannst du doch gar nicht sehen, aber wenn das ein Befehl ist, findest du mich ab heute nachmittags am Strand. Wenn du mitkommst, ziehe ich mein Oberteil aus. Hi, hi. <<

>>Lea verbleiben wir mal so, wenn ich zurück bin, gehen wir gemeinsam, aber ich will keine Streifen sehen, muss alles knusprig braun sein. Du verstehst so zum Reinbeißen. Ha, ha. So, und jetzt gib mir unser Computergenie, den Andre. <<

>>Ja, Chef. <<

Sekunden später schaltet sich die Information- Abteilung zu.

>>Andre, ich habe hier eine Namensliste, die maile ich dir jetzt durch. Brauche von jedem Namen eine Akte, ganz wichtig sind, Wohnort, Vermögensverhältnisse und alles, was du finden kannst. Also wie immer. Gehe in alle Archive und auch wenn nötig in Firmenunterlagen sowie Bankkonten. Aber wem sag ich das. Die Sache hat höchste Priorität, Zugang nur für Jean und mich. Ich komme in einigen Tage zurück, erwarte, dass die Akten dann auf meinem Tisch liegen, ok. <<

>>So wie Sie das Haus betreten, gehen die Akten in ihr Büro. <<

>>Danke Andre, gibt es sonst etwas, was dringend ist? <<

>>Nein, Jo, wir haben alles im Griff, gute Reise und bis dann. <<

*

Buenos Aires, 1976

Wie es in Südamerika üblich ist, übernahm man auch hier seinen Spitznamen ,, El Tiburon“ . Seine Zähne waren ein Messer, eine Rasierklinge, die er im Geldgürtel versteckte und eine spitze Nadel, die in seinem Stiefel eingelassen war.

Nach Argentinien kamen sie, als er mit Jean die französischen Offiziere, die sie namentlich aus dem Algerienkrieg kannten, aufsuchten, um einen Bericht über Folter zu dokumentieren. Die französische Spezialeinheit war jetzt nach Argentinien versetzt worden, um der Junta ihr Wissen über Folter weiterzugeben. Angefordert wurden sie von der Militärjunta unter General Jorge Rafael Videla.

Jean und Johannes war aufgefallen, dass genau wie im Algerienkrieg in Argentinien Tote, die gefoltert wurden, aus dem Meer angespült wurden. Diese Methode der Beseitigung von Opfern kannten sie aus den Einsätzen der französischen Armee in Algerien. Die Opfer wurden erst gefoltert und dann über das Meer aus dem Hubschrauber oder Flugzeug gestoßen. Hervorgetan hatte sich hier ein Renee genannt.

,, Der Schlächter aus Lyon“.

Durch die Verbindungen von Jean, dessen Onkel ein hoher Offizier der berüchtigten ,,Paras“ einer Fallschirmspringerdivision ist, konnten sie als Armeeangehörige dieser Spezialeinheit in Argentinien die Gefängnisse ,,EL Vesubio“ bekannt als ,, die Hölle“ und das Geheimgefängnis ,,Esma“ besuchen.

Ihre Uniformen waren Französisch, aber ohne Rangabzeichen und Namen. Offiziell als Beobachter der französischen Armee, der Einheit Paras.

Speziell suchten sie nach einer jungen Deutschen, die in Buenos Aires verschwunden war. Der Auftrag kam von der DPA (deutsche Presseagentur. )Die Studentin Elisabeth Käsemann war eingereist, um gegen die Junta zu demonstrieren, wurde verhaftet und ins EL Vesubio geschafft. Von da verliert sich ihre Spur.

Buenos Aires

>>Sie fahren heute mit einer Schwadron mit und sehen sich die Arbeitsweise an. Achten Sie bitte darauf, dass sich alles in einem gewissen rechtlichen Rahmen bewegt. Sie tragen keine Uniform und immer eine Sonnenbrille. Wir wollen nicht, dass die linke Seite Sie auf ihren Propagandablättern als Todesengel ablichtet. Ihr Hemd tragen Sie über der Hose, damit ihre Pistole nicht auffällt. Sie halten sich in allem zurück, denken Sie daran, Sie sind nur Beobachter. Melden Sie sich an einer Toreinfahrt, das Gebäude heißt,, El Vesubio“ Ecke De La Riestra und Au Teniente General Pablo Ricchieri im Stadtteil Partido La Matanza. Ein Leutnant Rius wird Sie da einweisen. Seien Sie nicht überrascht, dass die alle in Zivilkleidung sind. Ach noch eins, keine Fotos. Die Kameras lassen sie im Hotel, auch die Minos, habe ich mich da klar ausgedrückt? <<

>>Jawohl mon General. <<

Morgens im EL Vesubio

>>Jo, wir duzen uns hier alle. Mein Name ist Lorenzo, du sollst die nächsten Tage mit uns unterwegs sein. Von Dir ,, EL TIBURON“ haben wir schon gehört. Denke, dass dir die Geschichten hier bei uns nichts ausmachen. Hast Du eine Waffe? <<

Jo hebt sein Hemd an und zeigt, dass er bewaffnet ist.

>>Hast du irgendeinen Wunsch oder Neigungen, die kannst du dann alle bei uns ausleben. <<

>>Nein, Lorenzo, ich bin nur hier als Beobachter mehr nicht. <<

>>Gut, ich führe dich durch das Gefängnis und erkläre Dir die Abläufe. Wir bekommen die Namen vom Inlandgeheimdienst und von den Armeegeheimdiensten. Die Personen holen wir ab und bringen sie hier her. Wenn es Widerstand gibt und das kommt oft vor, wird sofort geschossen. Also pass auf, dass du nicht in einen Kugelwechsel gerätst. So, hier ist unsere Küche, hier sitzen wir und bereiten uns auf den Einsatz vor oder auf die Verhöre. Geradeaus sind die Männerzellen dahinter der Verhörraum. Links sind die Frauenzellen mit Befragungsraum und Arztpraxis. Was ganz wichtig ist, wir haben keine Namen. Nur der Doktor heißt Doc, mehr nicht. Wenn du mir was sagen willst, gib mir ein Zeichen und wir gehen raus. Hier sitzen nur subversive Elemente. Politische Umstürzler, die den Staat kaputtmachen wollen. Sowie Linksradikale, so nach dem Vorbild des Che Guevara. <<

Jo blickt sich um. Alles macht einen kalten Eindruck. Selbst die Wände, die zum Teil stark vergammelt sind, strahlen Angst und Tod aus. Der Verhörraum ist total mit weißen Fliesen verkleidet.

>> Mein Gott stinkt es hier. Es riecht nach Exkrementen, Blut und Tod. Kein Wunder, das alle hier Angst haben. <<

Jo schüttelt sich. Nur in der Küche, die ein Fenster hat und gut belüftet ist, kann man es aushalten.

>>Wie ich hörte, habt ihr Che im Kongo ja auch verjagt. Stimmt das, dass du mit ,, Kongo-Müller“ zusammen gekämpft hast? Das musst du unbedingt erzählen, wir sind alle sehr neugierig auf deine Story. <<

Jo nickt nur.

>> Würde ich gerne, aber leider ist alles topsecret oder wie es bei euch heißt ultra secreto. <<

>>man ist ja nicht so toll. Hatten uns schon auf deine Geschichten gefreut. Aber gut, wir wissen ja, wie man mit top-secret umgeht. Wenn du mal eine Frau brauchst, da in den Zellen sitzen genug rum, die auf Abwechslung warten. Wenn ein Häftling verstirbt, rufen wir den ,, Müllwagen“ der entsorgt die Leichen dann, aber so, dass sie nie wieder zu finden sind. Spurlos, so zu sagen. Einmal die Woche kommt ein Lumpensammler und holt die Gefangenen ab, die gestanden haben. Wo die dann hingebracht werden, weiß ich nicht. Habe gehört, die sammeln sie in einem Fußballstadion. So, lass uns los, wir besuchen heute drei Leute und einen Spezialeinsatz. Ich mache dich noch mit dem Team bekannt, Lucas ist unser Fahrer, der ist besser als Manuel Fangio. Dann noch Diego und Ruben, die sich aber bei Außeneinsätzen abwechseln, da immer einer von uns in der Küche seinen muss. Du fährst als vierter Mann mit. Die ,,Gäste“ kommen immer nach hinten in den Kofferraum. Die kotzen und pissen uns nur das Auto voll vor Angst. Wir fahren zuerst zu einem linken Lehrer, der uns vom Innenministerium übermittelt wurden.

Lucas bleibt im Auto, die Türen und der Kofferraum bleiben auf, damit wir schnell verschwinden können. Du kommst mit, bleibst aber in Hintergrund. Wenn wir Fehler machen, kannst du immer noch eingreifen. Du bist jetzt in Team und wir verlassen uns auf dich. <<

Der Lehrer war nicht da. Entweder wurde er gewarnt oder es ist ein ganz Vorsichtiger. Lorenzo will abends noch mal vorbeifahren.

Bei der zweiten Adresse kommt der Gesuchte gerade die Straße lang.

Das Auto hält mit quietschenden Reifen, Lorenzo und Diego stürzen sich auf den Gesuchten. Streifen ihm einen schwarzen Sack über dem Kopf und fesseln die Hände mit Handschellen. Danach landet er unsanft im Kofferraum.

Zurück zu El Vesubio.

Der Gefangene wird erst einmal in eine Zelle gesperrt. Die Eingangszeit ins Buch eingetragen und weiter geht es zur nächsten Adresse.

Ein Hochhaus. Der Verdächtige sieht sie kommen und versucht nach oben zu flüchten. Lorenzo läuft die Treppen hoch, Diego bleibt am Fahrstuhl. Jo geht auf die andere Straßenseite, um besser das Geschehen zu überblicken.

Auf einmal fallen Schüsse. Der Gesuchte erscheint mit erhobenen Händen an der Außentreppe. Eine Gestalt hinter ihm hebt ihn hoch und stößt ihm über das Geländer in die Tiefe. Er bleibt mit zerschmetterten Gliedern auf den Steinen liegen.

Lorenzo kommt mit dem zweiten Mann aus dem Haus gelaufen, sie springen ins Auto. Der startest es mit Vollgas.

>>Was jetzt bleibt der so liegen, wer kümmert sich um den Fall? <<

>>Das war wieder einer der vielen Selbstmorde in der Stadt. Dafür ist die Polizei zuständig, die wickeln das ab.

So jetzt zu unserem Spezialeinsatz. Es geht darum, dass ein Student, der in meiner Nähe wohnt, ein Verhältnis mit dem Mädchen hat, was die Mutter meiner Kinder werden soll. Ich habe sie schon mehrmals eingeladen zum Kaffee, zum Essen, aber sie hat immer abgelehnt.

Sie ist sehr eingebildet und hochnäsig, da ihr Vater eine bekannte Schneiderei hat. Na, du kennst ja sicher die Töchter Neureicher. Das werde ich jetzt ändern. Ein Geständiger hat angegeben, dass der Student Gabriel der linken Seite angehört und einen Staatsstreich plant. Ha, ha. <<

>>Ist sie denn auch politisch arrangiert? <<

>>Nein, soviel ich weiß nicht, aber wer weiß, was er uns alles im Verhör erzählt. Diesmal bleibe ich als Fahrer im Wagen, ihr geht rein, sie braucht mich nicht zu sehen. <<

*

Diego und Lucas stehen vor der Tür von Gabriel, dem Studenten. Jo steht zurückgesetzt auf der Treppe. Diego lauscht an der Tür. Nickt und sagt:>> er ist da, scheint Besuch zu haben, also gehen wir rein. <<

Geht ein Schritt zurück und tritt die Tür ein. Die springt mit einem lauten Knall auf. Die beiden stürmen rein.

>>Liegen bleiben alle beide die Arme nach hinten. Jo sieht, dass Lucas auf dem Rücken vom nackten Gabriel hockt und ihm die Handschellen anlegt. Dann holt er einen schwarzen Stoffsack aus der Tasche und zieht den Gabriel über den Kopf. Der lautstark dagegen protestiert.

Auch die junge Frau hat eine schwarze Kapuze auf dem Kopf.

Beim Verlassen der Wohnung spielt Diego dem Mädchen an den Brüsten rum. Die versucht ihn abzuschütteln.

>>Da wird sich aber einer freuen, wenn er die Titten sieht << und grinst. Die beiden werden brutal in den Kofferraum gestoßen und ab geht es zum Gefängnis. Dort werden sie jeweils in die Frauen und Männerzellen gesperrt und im Eingangsbuch vermerkt. Aber nur erst mit Vornamen. Anna und Gabriel.

*

Da Lorenzo schnell an sein Ziel kommen will, soll erst Gabriel verhört werden. Seine Zelle ist ca. drei qm groß, ohne Fenster, wie alle Einzelzellen hier. Licht kommt nur durch den Türspalt und den Spion. Die Gefangenen sitzen auf den Boden. Die Hände nach hinten gefesselt und die schwarze Kapuze über dem Kopf. Für ihre Bedürfnisse haben sie nur ein Loch im Boden.

Bei den weiblichen Gefangenen gibt es ,,Suiten“ das heißt, dort ist ein klappbares Bett vorhanden. Sie bekommen auch Wasser zum Reinigen je nach Laune der Verhöroffiziere.

Zwei Verhörräume gibt es.

Einen ,,Technischen“ in dem mit Elektroschocks gearbeitet wird, sowie ein ,,weißer Raum“ in dem Folter angewandt wird, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Zudem noch die,,Praxis“ ,hier arbeitet der Doc. Seine Aufgabe ist es, die Folter zu überwachen und gegebenenfalls die Opfer aus der Besinnungslosigkeit oder Koma zurückzuholen und sie nach dem Verhör ärztlich zu versorgen. Bei Tod durch Folter zu versuchen, durch Maßnahmen sie ins Leben zurückzuführen.

Im weißen Verhörraum werden Vergewaltigungen vorgenommen, sowie sogenannte ,,Wasserspiele“ veranstaltet, das heißt, die Opfer werden kurz vors Ertrinken gebracht. ,,Das Waterboarding“. Außerdem finden hier auch die Scheinhinrichtungen statt.

Die Papageienschaukel und das Aufhängen an Füßen und Händen und die Zwangshaltungen werden auch hier angewandt.

Der technische Raum besteht aus einem Eisengestell, ähnlich wie ein Metallbett, was senkrecht an die Wand gezogen werden kann. An den Deckenbalken hängen Metallketten, an denen Elektroden befestigt sind. Auch einige Vorrichtungen, wie gynäkologischer Stuhl und Pfähle dienen dem Verhör.

In der Praxis des Doktors gibt es einen gynäkologischen Stuhl, den Zahnarztstuhl für die Zahnfolter und eine Arztliege zur Behandlung der ,,Patienten“.

In allen drei Räumen steht ein Tisch, an den der Verhörspezialist sitzt und seine Verhöre führt. Meist assistieren ihm zwei Helfer.

*

Gabriel, nackt, nur die Kapuze auf dem Kopf, wird in den technischen Raum geführt. In dem Verhörbüro befinden sich Lorenzo, der erst nur die Befragung leitet. Ruben steht bei Gabriel und befestigt ihn an einem Seil, damit er an dem hochgezogen werden kann. Jo steht hinter Lorenzo an der Wand.

>>Ihren Namen bitte nicht, dass wir hier den Falschen behandeln. <<

>>Gabriel Santos, 21 Jahre alt. <<

>>Gabriel wissen Sie, warum Sie hier sind? <<

>>Nein, aber ich will meinen Anwalt sprechen. <<

>>Ihren Anwalt wollen Sie, na gut. Dann beende ich hiermit die Befragung. <<

Schreibt einige Sätze ihn ein Protokoll und wendet sich wieder dem Gefangenen zu. Gibt Ruben ein Zeichen, der ihn ruckartig nach oben zieht. Schaukelt jetzt leicht mit den Füßen übern Boden. Sein Gesicht ist schmerzverzerrt.

>>Ich weiß nicht, ob Sie sich ihrer Lage überhaupt bewusst sind. Sie werden beschuldigt, an der Universität gegen den Staat und seine Einrichtungen zu agieren. Weiter an Protesten und Ausschreitungen gegen den Staat teilgenommen zu haben. Ist das so richtig? <<

Gabriel schweigt.

Lorenzo gibt Ruben ein Zeichen. Der schlägt mit einem Schlagstock auf die Niere des Gefangenen. Gabriel schreit schmerzerfüllt auf und ringt nach Luft.

>>Das ist nur zu Ihrer Hilfe, vielleicht können Sie sich jetzt besser erinnern, Herr Santos. << Nickt Ruben zu, der wieder auf die Niere schlägt. Ein Dauerschrei schallt durch den Raum.

>>Jetzt beruhigen Sie sich mal, wir haben ja noch nicht mal angefangen, wie soll das denn noch weitergehen? Sie können sich das Verhör ersparen, wenn sie uns ein Geständnis unterschreiben. Außerdem schildern Sie uns bitte, wie tief ihre Freundin mit drinsteckt. <<

Nachdem er wieder zu Atem gekommen ist, stammelt er: >> sie ist unschuldig, nur meine Freundin. <<

>>Für wie dumm halten Sie uns, wenn Sie an ihren subversiveren Versammlungen teilgenommen haben, ist sie doch dabei gewesen. Wir haben Zeugen. <<

>>Das kann ich beschwören. <<

Lorenzo gibt Ruben wieder ein Zeichen. Der klemmt eine Elektrode an den Hoden und geht zum Transformator.

Dreht den Hebel und Gabriel schreit und zittert am Seil. Der Schweiß läuft bei ihm in Strömen.

Beim dritten Mal verliert er die Besinnung.

Ruben schüttet ihm Wasser in Gesicht, Gabriel kommt zu sich.

>>Das können wir die ganze Nacht durchziehen, nachher bist du verbrannt wie ein Grillhähnchen. Sollen wir dir noch beim Nachdenken helfen? <<

Gabriel schüttelt den Kopf. Wird vor den Tisch gesetzt und unterschreibt ein vorgefertigtes Geständnis.

Ruben und Lukas schleppen ihn zurück in seine Zelle.

>>Was passiert jetzt mit ihm? <<

Lorenzo schüttelt den Kopf, sagt: >> ich weiß es nicht, wir sorgen dafür, dass sie gestehen, das Weitere weiß ich nicht. Ihn holt dann der ,,Lumpensammler“ ab. Aber komm, wir gehen in die Küche, ich muss noch den Bericht abfassen.

Jo hört, wie er zu Ruben sagt: >>du gehst mit Lukas und Diego zu Anna und bereitet sie für morgen vor. <<

Nach einiger Zeit kommen die drei zurück und lachen. Diego zieht sich noch seinen Hosenschlitz zu. Ruben sagt zu Lorenzo:>> an der wirst du viel Freude haben. <<

Dann kommt die Ablösung. Die Berichte werden übergeben und abgeheftet. Lorenzo weist noch darauf hin, dass Anna in Zelle sechs auf ihren Besuch wartet.

In der nächsten Schicht.

Lorenzo bespricht sich mit seinen Leuten.

>>Der Lehrer ist geflüchtet, die Nachbarn sagen, er habe Verwandte auf dem Land. Somit sind wir raus. Die Akte geht zurück.

So jetzt zu Anna. Die behält ihre Kapuze auf. Sie braucht mich nicht zu sehen. Ruben, du führst das Verhör, Diego behandelt sie. Jo und ich bleiben im Hintergrund. Die Herren der Nachtschicht haben sie die halbe Nacht versorgt. Die Kiste Bier ist ihr Dank.

Wir lassen das nach dem alten Muster ablaufen, na ja, du kennst das ja. Wenn sie bewusstlos wird, hören wir auf. Dann zurück in ihre Zelle. Aber nicht, dass ihr sie mir verletzt. <<

Anna wird in den Verhörraum gebracht. Sie wirkt verängstigt und unsicher. Nackt, die Hände nach hinter gebunden, Kapuze über dem Kopf. Sie riecht nach altem Sperma.

>>Wie heißen Sie? <<

Keine Antwort.

>>Ich frage Sie nochmals, wie heißen Sie nicht, dass hier eine Verwechslung vorliegt. <<

>>Anna Santiago<<