Zwölf und zwei Geschichten - Hermann Gerstenkorn - E-Book

Zwölf und zwei Geschichten E-Book

Hermann Gerstenkorn

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Beschreibung

Diese Kurzgeschichten für Kinder wurden schon vor etwa zwanzig Jahren geschrieben. Ihr Inhalt ist aber zeitlos gültig, auch wenn sich manche äußeren Umstände geändert haben. Die Geschichten zielen vor allem auf Vertrauen, gegenseitige Wertschätzung, Fanmilienbande und auch auf das ab, was man einfach Liebe nennen könnte. Es geht darin unter anderem um selbstloses Handeln zugunsten anderer, um zu ertragenden Kummer und um die Überwindung seiner Änste. Sie sollen dazu anregen, über seine eigenen Einstellungen und seine eigenen Taten und Gedanken nachzudenken. Vielleicht findet sich der Leser / die Leserin in der einen oder anderen Geschichte wieder. Diese sprechen in Bildern aus dem alltäglichen Leben, die aber nicht unbedinge wörtlich zu nehmen sind. Vor blindem Nacheifern, z.B. vor einer Mutprobe auf’s Scheunendach zu klettern, sei abzuraten! (Lesealter ab 8 Jahre)

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Seitenzahl: 59

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Zwölf Geschichten:

Brüder

Das läßt sich Vater nicht gefallen

Ein bescheidenes Weihnachtsfest

Roland ist tot

Am Badestrand

Prügelei mit Folgen

Vom Baumhaus

Das hätte Willi auch gewußt

Ein schlimmer Tag

Verpatzte Sonntagsruhe

Das ist doch gar nicht schlimm

Reiner geht auf’s Scheunendach

Zwei Geschichten:

Neben dem Krieg

Vertrauen

Vorwort

Die „12 Geschichten“ kommen nicht von ungefähr. Einige davon hat der Autor selbst in ähnlicher Form erlebt, zu anderen wurde er durch die Erlebnisse anderer angeregt. Aber so richtig ersponnen hat er keine einzige.

Die „Zwei Geschichten“ sind etwas später entstanden. Ausschlaggebend für die Entstehung war vor allem der Krieg im Irak von 1991.

Hermann Gerstenkorn

Platenlaase, den 08.02.2010

Zwölf Geschichten

Brüder

Thomas ist vielleicht wütend! „Laß das!“ schreit er seinen kleinen Bruder Jürgen an. „Das ist mein Laster!“

Jürgen versteht nicht, warum Thomas so wütend ist. Es ist schließlich nicht das erste Mal, daß Thomas später von der Schule kommt, und daß Jürgen noch ein wenig mit den Autos spielt, bevor es Essen gibt. So ist es ja fast jeden Tag. Aber daß Thomas heute so wütend darüber ist, daß versteht Jürgen nicht.

Kreuzwütend ist Thomas aber darüber. Er reißt Jürgen den Laster aus der Hand und stößt ihn so derb in die Seite, daß Jürgen gegen die Bettkante schlägt. Jürgen fängt an zu weinen. „Du Blödmann!“ sagt er zu Thomas und geht heulend ins Wohnzimmer. Thomas kümmert sich gar nicht um Jürgen. Ihm ist sein Laster jetzt viel wichtiger. Und den stellt er gleich wieder auf seinen Platz in den Schrank.

Nun ist es vielleicht nicht gerade richtig, daß Thomas so böse gegen seinen kleinen Bruder ist. Aber wenn man sich, wie Thomas, einen Laster gekauft hat, auf den man lange gespart hat, dann will man auch diesen Laster für sich alleine haben.

Thomas geht nun auch ins Wohnzimmer. Mutter sitzt auf dem Sofa, Jürgen sitzt auf Mutters Schoß. Als Thomas in die Stube kommt, fängt Mutter gleich an auf ihn einzureden.

„Thomas! Ein schöner Bruder bist du. Läßt Jürgen nicht mal mit deinen Autos spielen.“

„Der kann immerzu mit den Autos spielen,“ meint Thomas, „aber nicht mit meinem Laster!“

„Ach, dein Laster! Als ob das etwas anderes ist,“ sagt Mutter. Sie versteht nicht, worin da der Unterschied liegt.

„Den hab’ ich mir selber gekauft!“ erklärt Thomas. Er nimmt sich einen Apfel aus der Obstschale und setzt sich in einen Sessel. Dann erzählt er Mutter, wie lange er auf den Laster gespart hatte, auf seinen ersten eigenen Laster, der ganz allein ihm gehört.

Jürgen sieht böse zu Thomas hinüber. „Blödmann!“ sagt er. Und am liebsten würde er ihn noch sagen, daß es solche Blödmänner gar nicht geben dürfe, und daß die, die es gibt gleich tot umfallen müßten. Aber das sagt Jürgen doch lieber nicht.

„Ach du!“ fängt Mutter wieder an. „Du denkst immer nur an dich, an Jürgen denkst du nie!“ Sie findet es gar nicht schön, wie Thomas so eigensinnig über seinen Laster denkt.

„Und Vater will morgen mit dir in die Sternwarte geh’n,“ sagt sie. „Aber wenn ich ihm erzähle, wie böse du zu Jürgen bist, dann wird er wohl lieber den mitnehmen!“

Das ist gemein von Mutter! Einmal in die Sternwarte zu gehen war schon immer Thomas’ größter Wunsch. Und sein Vater hatte es ihm für morgen versprochen; Thomas freute sich schon darauf. Aber nun? Darf er nun etwa nicht mit Vater zur Sternwarte gehen...?

Thomas findet das ungerecht und schreit vor Empörung. „Das ist gemein!“ schreit Thomas. Er gräbt sein Gesicht in den Schoß und weint. - Oh, wie bitterlich Thomas weint.

„Nun hör aber auf zu weinen!“ sagt Mutter streng. „Du hast selber schuld, daß es so kommt!“

„Du bist gemein!“, brüllt Thomas hervor. Er ist so wütend, daß er es gar nicht sagen kann. Er könnte den ganzen Saft mit der bloßen Hand aus seinem Apfel pressen, so wütend ist er, wütend über so viel Ungerechtigkeit.

Ach! Wie ist Thomas nur elend zumute. Es hat gar keinen Sinn so wütend zu sein; man wird nur noch wütender davon, und dann wird man traurig. Und schließlich ist einem so elend zumute, daß man am liebsten gar nicht mehr da sein will. So elend ist jetzt auch Thomas zumute.

„Blödmann!“ sagt Jürgen noch einmal zu Thomas. Er stellt sich vor, wie schön es wäre, wenn solche Blödmänner wie Thomas tot umfallen würden. - Jürgen weint nicht mehr. Und Thomas, der weint auch nicht mehr; dazu fühlt er sich viel zu elend.

Thomas steht auf und sucht mit den Augen die Obstschale ab. „Nicht mal `n Messer ist hier!“ sagt er und verschwindet in die Küche.

Messer!?! - Jürgen wird angst und bange. Was hat Thomas vor mit dem Messer? - Will er sich etwa `was antun? - Oh, Gott!! Jürgen stellt sich vor wie es ist, wenn Thomas, der Blödmann, wirklich tot umfällt...

„Thomas!“ ruft Jürgen. Er reißt sich von Mutter los und folgt Thomas geschwind in die Küche. Thomas steht am Küchenschrank und hält ein spitzes Messer in der Hand. „Thomas, nicht! Nicht!“ schreit Jürgen. Oh, wie ist ihm bange in diesem Augenblick.

Er springt zu Thomas an den Schrank. „Thomas!“ Jürgen ist ganz verzweifelt; er wimmert beinahe. „Nicht, Thomas! Bitte...!“

Thomas dreht sich zu Jürgen um und hält ihm seinen Apfel hin: „Wieso? Soll ich den Wurm etwa mitessen...?“

Ende

Das läßt sich Vater nicht gefallen

„Oh, Papa, du bist eine Memme!“ sagte Alexander. „Eine richtige Memme bist du!“

Alexander sagt so etwas natürlich nicht jeden Tag zu seinem Vater; das hatte er vorher noch nie getan. Aber gestern, da kam es einfach so aus ihm heraus.

Ach, sein Vater! Der ist wahrhaftig keine große Kämpfernatur. Er hatte sich bei dem Gebrauchtwagenhändler ein neues Auto gekauft, und gestern morgen, als er zur Arbeit fahren wollte, ist es nicht angesprungen.

„Na, da hat dich der Händler sicher übers Ohr gehauen. Am besten du rufst gleich bei ihm an,“ meinte Mutter.

Ja, das wollte Vater auch tun. Aber zuerst mußte er zur Arbeit, und da blieb ihm keine Zeit mehr zum Telefonieren. Er mußte ja nun mit dem Bus fahren, und der kommt immer ganz pünktlich. „Ich werde vom Büro aus mit dem Händler telefonieren,“ sagte Vater, bevor er ging.

Schon zu mittag kam Vater wieder nach Hause. Er habe den Nachmittag extra frei bekommen, um die Sache mit seinem kaputten Auto zu klären, sagte er. Auch habe er schon Geld von der Bank geholt, damit er die Reparatur in bar bezahlen könne. „Die wird nicht billig sein,“ meinte Vater. „Aber wenn ich bar bezahle, kriege ich sicher Ermäßigung.“

„Ach, Alfred,“ sagte Mutter zu ihrem Mann. „Du hast gar nicht bei dem Autohändler angerufen, stimmt’s?“

Es stimmte, er hatte nicht angerufen. Vater ist eben keine Kämpfernatur, die stets auf ihre Rechte pocht.