Ausgetanzt - Anni Bürkl - E-Book

Ausgetanzt E-Book

Anni Bürkl

3,9

Beschreibung

Berenike Roithers neuer Teesalon im beschaulichen Kurort Altaussee im Salzkammergut verlangt ihre volle Aufmerksamkeit. Doch bald wird sie aus der gewohnten Arbeit herausgerissen: Ihre Tanzlehrerin Caro, die am mystischen Hallstätter Gräberfeld ein keltisches Tanzritual abhalten wollte, wird tot aufgefunden - in der Mitte entzwei gesägt und in einem Friseursalon zur Schau gestellt. Auch Berenike fragt sich, wer so viel Hass gegen die engagierte Frauenhausmitarbeiterin hegte. Und plötzlich steckt sie selbst mitten in den Ermittlungen …

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Titel

Anni Bürkl

Ausgetanzt

Kriminalroman

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2010 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 07575/2095-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2010

Lektorat: Doreen Fröhlich, Meßkirch

Herstellung/Korrekturen: Julia Franze / Claudia Senghaas

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von Anni Bürkl

ISBN 978-3-8392-3564-5

Zitat

Man trinkt Tee,

um den Lärm der Welt zu vergessen.

T’ien Yi-heng

EinsTee der weisen Frauen

Immer dunkler wurde der Himmel über dem Hochtal, während Berenike aufwärts strebte. Eben erst war sie bei goldenem Abendlicht durchs liebliche Hallstatt gefahren und dann mit der letzten Salzbergbahn heraufgekommen. Das letzte Stück des Weges ging es zu Fuß weiter. Vor Kurzem hatte Caro, ihre Lehrerin für ›Tänze der keltischen Ahninnen‹, Berenike nach dem Kurs auf ihren Salon für Tee und Literatur angesprochen. Ob sie sich vorstellen könne, bei einer kleinen Veranstaltung Tee auszuschenken. Details hatte die Tanzlehrerin zuerst nicht verraten wollen. Sie war sich durch die roten Haare gefahren und hatte Berenike dann zu absolutem Stillschweigen verpflichtet. Dumme Kommentare von Uneingeweihten würden die Magie des Ortes und der geplanten Zeremonie zerstören. ›Natürlich‹, hatte Berenike genickt. Sie konnte sich dem Zauber mancher Dinge selbst nicht entziehen. Erst danach hatte Caro mehr erzählt. Und was sie angekündigt hatte, klang toll.

Es sollte eine intime Tanzvorführung geben, exklusiv für Frauen. Ein Tribut an die großen Göttinnen, dazu Rituale aus alter Zeit. Berenike, einem kleinen Zusatzgeschäft niemals abgeneigt, hatte den Vorschlag erfreut angenommen. Sie würde einen Reception Tea vorbereiten, etwas ganz Edles. Heute, in der Nacht des Schnitterinnenfestes vom 31. Juli auf den 1. August, fand das Fest statt. Caro zufolge war es früher auch als Leinernte oder Kornmuttertag bekannt. Ein Mondfest, das die künftige Ernte feiern sollte, die goldenen Garben, die Mutter Erde ihren Kindern schenkte. Deshalb wurden auch besondere Brote gebacken. Dies sei der beste Zeitpunkt, um überall dort einen harten Schnitt zu setzen, wo es sein musste. Gerade Frauen sollten das erkennen, geknechtet, wie die meisten von ihnen seien, hatte Caro gemeint und Berenike dabei intensiv angesehen. Als Abschluss, so viel hatte die Tanzlehrerin verraten und dabei beiläufig ein paar schwierig aussehende Dehnungsübungen gemacht, würden sie gemeinsam ein Kornweiblein aus reifen Ähren flechten, das Material dafür würde Caro mitbringen. Diese Vorstellung gefiel Berenike besonders. Auch wenn etwas an Caros Verhalten sie stutzig gemacht hatte. Was das sein mochte, Berenike hätte es nicht sagen können. Doch sie war gern in der Natur und mit anderen zusammen. Beides kam wegen der vielen Arbeit jetzt in der Hochsaison sowieso zu kurz, also hatte sie umso lieber zugesagt.

Berenike hielt kurz inne, um die Wegbeschreibung zu rekapitulieren. Nach dem Denkmal für die keltischen Gräber sollte sie bei einer zweistämmigen Buche links abbiegen. Feuchte Grashalme kitzelten sie an den Knöcheln, hatte sie doch die Hose, die sie zum roten T-Shirt und der Lederjacke trug, wegen der Hitze ein wenig aufgekrempelt. Der Weg war mehr ein Trampelpfad und kaum noch zu erkennen. Zudem war hier das Blätterdach dicht, Brombeerpflanzen und Brennnesseln eroberten sich ihr ursprüngliches Terrain zurück, etwas riss schmerzhaft an Berenikes Haut, eine Haarsträhne blieb an einem Zweig hängen. Die Haare waren ein wenig gewachsen, hingen ihr bis in den Nacken, was eigentlich zu warm war für den Sommer. Berenike befreite sich, ein einzelnes schwarzes Haar blieb an dem Busch hängen. Die Dämmerung kam jetzt schnell. Berenike konnte kaum noch etwas erkennen, also kramte sie nach der Taschenlampe und schaltete sie ein. Berenike lauschte auf die Geräusche des Waldes. Ganz ohne Begleitung war sie jetzt hier, kein Ausflügler war um diese Uhrzeit noch unterwegs, keine Schulklasse strömte mehr zum Salzbergwerk. Eigentlich war sie gern allein unterwegs, und dank Karate fühlte sie sich meistens sicher. Auch wenn sie vor Jahren in Wien ein furchtbares Erlebnis gehabt hatte, als ein damaliger Kunde in ihrem Job als Eventmanagerin sie attackiert hatte. Heute war die Sache vergangen und verjährt, sie musste damit leben.

Dieses schmerzhafte Ereignis hatte sie letztlich zur Aussteigerin werden lassen, die im Salzkammergut einen Teesalon eröffnete. Das war vor bald zwei Jahren gewesen. Berenike tastete nach ihrem linken Auge, wie so oft, wenn sie sich angespannt fühlte. Sicher sah man auch jetzt, dass dieses Auge schiefer war als das andere. Sie dachte wieder an jene bewusstseinserweiternde Indienreise vor Jahren. Damals hatte ihr ein geheimnisvoller Mann klarzumachen versucht: ›Du bist zur Schamanin geboren‹. Doch was sollte man mit so einer Veranlagung mitten im Europa des 21. Jahrhunderts anfangen? Außerdem vertraute Berenike mittlerweile am liebsten auf ihre eigene Kraft und Stärke.

Mit großen Schritten ging sie weiter. Ein Käuzchen schrie. Also musste jetzt jemand sterben, so hieß es. Blödsinn, sagte sich Berenike, sie wollte sich die Vorfreude auf den Abend nicht durch solchen Aberglauben verderben lassen. Und diese komische Angst besiegen, die sich in ihr breitmachen wollte. Obwohl sie doch stark war, ihr eigenes Leben hier auf dem Land lebte, schon seit geraumer Weile . Es hatte einer gehörigen Portion Mutes bedurft, mit über 30 ein neues Leben im Ausseerland zu beginnen. Mut und Erkenntnis, damals, nach ihrer großen Krise, die von dem Angriff auf ihr Leben ausgelöst worden war. Jetzt war sie 37. Das Leben schwingt grad gut, fand sie. Es ging aufwärts, ihr Salon lief immer besser. Sie liebte ihr Leben, liebte ihr Lokal, in dem sie die schöne Welt des Tees hochleben ließ und wunderbare Bücher verkaufte, die die Menschen bereichern konnten. Nur die Sache mit Jonas bereitete ihr Kopfzerbrechen. Den ehrgeizigen Polizeiermittler hatte Berenike letztes Jahr im Zuge eines Mordfalls kennengelernt. Sie hatte zuerst gar nicht gewusst, dass er Polizist war. Eine aufregende Leidenschaft hatte ihren Ausgang genommen. Doch Jonas sah ihr Verhältnis zuweilen so anders als sie. Sein Wunsch nach einer festen Beziehung. Sie war mit ihrem lockeren Verhältnis eigentlich sehr zufrieden. Die meiste Zeit jedenfalls. Sie waren einfach zu unterschiedlich in vielen Dingen, als dass sich Berenike mehr vorstellen konnte.

In der Finsternis roch der Wald noch intensiver. Eine moosige Feuchte, die von der weichen Erde aufstieg. Ja, sie würde auch die Sache mit Jonas angehen. Das Leben verlief eben nicht immer planmäßig.

Ein Tropfen glitt unvermutet in ihren Kragen, kalt und unfreundlich. Bei einer Gruppe von drei Laubbäumen, einer davon hatte ein ›Auge‹, schlug sie sich in die Büsche, wie Caro es ihr erklärt hatte. Noch mehr Nässe drang von allen Seiten auf sie ein, das war kein Wunder, so verregnet, wie der Sommer sich dieses Jahr gebärdete. Die Äste gaben ihre feuchte Last ab, wenn Berenikes Schulter sie streifte, und auch der Boden wirkte modrig. Die Taschenlampe flackerte. Nicht, dass die noch ausging! Berenike krempelte die Hose hinunter, die Nacht würde kühl werden.

Auf einer kleinen Lichtung, die sie nach Plan erreichte, fiel ihr Blick auf das nächtliche Hallstatt. Der Ort faszinierte Berenike, seit sie nach ihrer ›Flucht‹ aus Wien ins Salzkammergut gezogen war. In der beinahe vollständigen Dunkelheit sah man kaum, wie sich dort unten auf engstem Raum Holzhäuser, Kirchen und Friedhof unterhalb des steil aufragenden Salzbergs aneinanderschmiegten. Traditionell nutzte man hier jeden Zentimeter Boden zwischen Bergen und Seeufer. Eigentlich komisch, dass die Siedlungstradition hier bis in die Jungsteinzeit reichte, so dunkel, wie das Dorf am Rande des Hallstätter Sees vor allem im Winter war. Weil der Ort so knapp an die Berge gebaut war, bekam er in der kalten Jahreszeit nur wenige Sonnenstrahlen ab. Doch das Salz und der damit verbundene Reichtum hatten schon damals gelockt. Die frühen Hallstattmenschen mussten ein interessantes Volk gewesen sein. Männer und Frauen schienen die gleichen Rechte besessen und allesamt im Berg gearbeitet zu haben, hatte Berenike gehört. Ihre Kleidung voller farbenfroher Karomuster, wie man sie in Gräbern gefunden hatte, inspirierte zum Nachmachen … Später waren die lutherischen Lehren hier auf fruchtbaren Boden gefallen, doch der Salzburger Erzbischof hatte dem einen Riegel vorgeschoben. Viele sogenannte ›Landler‹ waren nach Siebenbürgen vertrieben worden. Erst das Protestantenpatent von Kaiser Franz Josef verhalf schließlich auch den Protestanten zu Akzeptanz, wovon die evangelische Kirche Hallstatts zeugte. Heute standen Dachstein und inneres Salzkammergut inklusive Hallstatt unter dem Schutz des UNESCO-Weltkulturerbes.

Jetzt aber weiter, damit sie endlich zu den anderen Frauen stieß! Wieder ging es durch dichtes Gestrüpp. Berenike wischte sich hektisch eine Strähne aus dem Gesicht. Dachte an die keltischen Männer, die laut Überlieferung stolz auf ihre Haarpracht gewesen waren. Wie interessant es wäre, einen von ihnen heute zu treffen! Das könnte Abwechslung in ihr Liebesleben bringen, das in einem allzu aufregenden Zickzackkurs und dennoch nicht recht befriedigend verlief. Sie legte kurz die Hand auf ihren Bauch unter dem T-Shirt. Ein Kribbeln. Sie erinnerte sich an Jonas, seine Haut, sein Haar und wie sie … Sie hatte ihn lange nicht gesehen, nicht berührt, nicht gesprochen und nicht geküsst. Zu lange. Ein kleines Schaudern. Vielleicht wurde das von einem Geräusch aus dem Wald verursacht, das sie nicht zuordnen konnte. Sie schritt unwillkürlich schneller aus.

Berenike dachte an die bevorstehende Teezeremonie. Spirituskocher und Thermoskannen mit Wasser würden die anderen Frauen mitbringen. Berenike selbst sorgte für Tassen und Kräuter aus eigener Sammlung, die sie ›Tee der weisen Frauen‹ nannte. Dazu gehörten Gundelrebe, Hanfblätter und Beifuß. Das im Lateinischen nach der altgriechischen Göttin Artemis benannte Kraut würde als Frauenpflanze gut zu der Runde der Tänzerinnen passen. Berenike stellte ihre Kräutertees intuitiv zusammen, ließ sich auf die Bedürfnisse der Menschen ein, für die der Tee gedacht war. Meist klappte das gut.

Sie stolperte über eine Wurzel. Eine bitterschwarze Dunkelheit hatte sich über die Landschaft gelegt, wie Berenike sie erst hatte kennenlernen müssen. Sternen-Dunkelheit, nur auf dem Land waren die Gestirne so schön zu sehen. Hier war alles anders als in der Stadt. Im Ausseerland war sie glücklich, glücklich wie selten zuvor in ihrem alten hektischen Leben als Eventmanagerin. Aber so ein Moment in der Dunkelheit ließ ihr die Begrenzung ihrer Freiheit bewusst werden. In der Stadt, wo sie früher gelebt hatte und von wo sie freiwillig weggezogen war, war sie kaum jemals eingeschränkt, Straßenlaternen leuchteten alles aus. Verdammt, sie hätte nicht allein zu dem Treffpunkt gehen sollen. Plötzlich war sie sich unsicher, ob sie überhaupt noch auf dem richtigen Weg war. Sie schritt rascher aus und kam ins Keuchen. Blieb einen Moment stehen. Ließ die Taschenlampe über die Umgebung schwenken. Ein Einerlei von Bäumen, nichts Besonderes. Sie musste doch gleich da sein!

Ein Knall von irgendwo, vielleicht der Schuss eines Jägers. Berenike verabscheute das Töten von Tieren und kannte sich mit dem Thema Jagd nicht aus. Wahrscheinlich hatte die Jagdsaison begonnen, sie wusste es nicht genau. Sie glaubte, Schritte hinter sich zu hören. Sie lauschte, roch in den Forst mit seinen kühlen, dunklen Baumstämmen hinein. Da vorne wurde es heller. Eine winzige Lichtung, eine einzelne Linde war zu erkennen, vor einer Erdmulde. Sie spürte ein Keuchen, das nicht von ihr selbst kam. Da, Schritte. Nein. Das war jetzt … zu viel war das. Sie drehte sich um.

»Hej, Berenike!«

»Helena«, sie schluckte mühsam, »g-grüß dich.«

Fröhlich umarmte die groß gewachsene Helena Berenike. Sie kannten sich, weil Helena als Gaifahrerin das Brot aus Berenikes Lieblingsbäckerei auslieferte. »Wie geht’s dir? Wir müssen endlich unsere Séance planen!« Obwohl sich Berenike mit der immer gut aufgelegten Mandalamalerin, die als zweites Standbein das Brot von Berenikes Lieblingsbäckerei auslieferte, bald nach ihrem Umzug hierher angefreundet hatte, schafften sie es nie so recht, etwas gemeinsam zu unternehmen. Jetzt strahlte die Malerin noch mehr als sonst. »Aber ich hab ganz andere Neuigkeiten. Ich hab jemand kennengelernt. Einen echt süßen Kerl.« Helena fuhr sich durch das neuerdings blond gefärbte, kurze Haar. »Er ist aus Linz. Stell dir vor, ich find kaum Zeit für meine neue Ausstellung. Aber bis zur Vernissage ist noch ein bissl Zeit hin.« Helena war als Künstlerin ziemlich erfolgreich, offenbar traf sie mit ihren kreisrunden bunten Bildern einen Nerv der Zeit. Den Halbtagsjob in der Bäckerei behielt sie trotzdem, er war ein sicheres Einkommen.

»Aber schau, wir sind gleich da.«

Tatsächlich, da stand schon ein Grüppchen beisammen. Die Szene wurde nur vom flackernden Licht einer Fackel erhellt. Eine große, schlanke Frau mit wehenden Haaren ging ruhelos hin und her, als Berenike und Helena näherkamen. Mit einem Mal fühlte sich Berenikes Last zentnerschwer an. Sie nahm den Rucksack von den Schultern und stellte ihn ab, dann seufzte sie erleichtert auf. Mehrmals atmete sie tief durch.

So sah also der mystische Ort aus, von dem Caro gesprochen hatte. Berenike hörte das sanfte Läuten von Glöckchen, dann ein zartes »Mäh«. Schafe! Im Finsteren waren nur vereinzelt die weißen Tiere der Herde zu erkennen, hier in der Gegend gab es typischerweise mehr schwarze.

Plötzlich wurde Berenike die Stille bewusst. Die Frauen musterten sie abwartend. Der Mond trat hinter einem Berggipfel hervor, als würde er Guten Abend sagen, und tauchte das Grüppchen in etwas mehr Licht, wie angenehm. Silbrig schimmerten die hellgrauen Stämme der Buchen. Die kühle Luft schmerzte feucht in der Lunge, während Berenike die Stille auf sich wirken ließ. Keine der Frauen sagte ein Wort.

»Ich bin Berenike und ich soll …«, fing sie an.

»Ja, das wissen wir von Caro.« Eine Stimme wie ein Klavierkonzert, forte. Die dazugehörige Frau trug ein weich fallendes helles Leinenhemd zu einer ebensolchen Hose und sah energiegeladen aus.

»Geh, Selma, sei doch net so«, sagte eine Frau mit grauen Locken. Sie war in ein wallendes violettes Kleid gehüllt und lächelte Berenike warm an. Selma nickte.

Gemeinsam warteten sie auf die Tanzlehrerin.

»Na, Gerhild, wie läuft’s bei dir so?«, wandte sich Selma an die Graugelockte.

»Bestens. Viel besser als früher. Mädels, ich freu mich so, dass wir wieder beisammen sind.« Die Ältere blickte neugierig von einer zur anderen. An Berenike gewandt, fuhr sie fort: »Selma und ich haben früher einmal in einer WG gewohnt, gemeinsam mit Caro. Damals haben wir ganz anders gelebt, freier, haben uns öfter getroffen, wilde Frauengruppen waren das, aber schön!«

Einige nickten, Helena lächelte. »Ich freu mich jedes Mal auf unsere gemeinsamen Abende.« Wieder nickten alle, einige zögernd, andere euphorisch.

»Von Caro kann man so viel lernen.« Eine der jüngeren Frauen, die trotz ihrer kräftigen Muskeln verhärmt aussah, wie jemand, der kaum ins Freie ging, hockte sich abwartend auf den Waldboden. Sie schlug die Jeansbeine untereinander.

»Valerie, was weißt du schon, bist doch viel zu selten dabei!«, zischte Selma.

»Als Kellnerin auf Saison kann ich mir die Zeit leider nicht einteilen«, murmelte die Jüngere patzig. Valerie roch ein wenig nach Schweiß und nach einem blumigen Deodorant, zu künstlich für Berenikes Geschmack. Sie spielte mit einer Schachtel Zigaretten in der Hand. »Und schon gar nicht, wo ich nicht von hier bin.«

»Woher kommst du denn? Wenn ich so neugierig sein darf.« Berenike konnte es nicht lassen. Alle ›Zuagrasten‹ fand sie interessant, erinnerten sie sie doch an ihre eigene Geschichte.

»Aus der französischen Schweiz. Ich arbeite im Grünen Kakadu als Kellnerin«, erklärte Valerie.

»Ach, da muss ich ja schon länger nicht dort gewesen sein«, war Berenike überrascht, »wenn ich dir nie übern Weg gelaufen bin.«

Gerhild sah sich um. »Heute sind wir ja mal wieder alle beisammen, eine echt große Runde.« Der bunte Glasschmuck auf ihrer Brust klimperte, als sie sich bewegte. »Ich freu mich so, euch alle zu sehen! Als mein Mann weg ist, kannte ich plötzlich total wenig Leute. Wenigstens kann ich jetzt wieder arbeiten und treffe wen. Ich bin Masseurin, weißt du«, erklärte sie Berenike. »Seit Kurzem mit eigener Privatpraxis, gleich im Zentrum in Bad Ischl, auf der Esplanade.«

»Sie ist wirklich eine tolle Masseurin«, unterstrich Selma und nickte Berenike zu. »Wenn du je verspannt von dem ganzen Stress bist … sie macht auch Ayurveda und so.«

»Ich werd’s mir merken. Kann ich deine Telefonnummer haben, Gerhild?«

»Ja, natürlich, warte, ich habe eine Karte mit.« Sie kramte in ihrer Tasche und reichte Berenike dann eine Visitenkarte. »Ich bin so froh, dass ich jetzt auf meine eigene Rechnung arbeite.« Sie lächelte.

»Dir geht’s also wieder besser?«, mischte sich Selma ein.

»Ja, einigermaßen.« Ungewohnt offen wandte sich Gerhild mit tiefer, ruhiger Stimme an Berenike: »Weißt du, ich war total ausgebrannt. Ein Zusammenbruch, nachdem mein Mann und ich uns getrennt haben.« Und zu Selma gewandt: »Ich schau jetzt, dass ich nicht mehr als 20 Stunden die Woche arbeit. Das klappt finanziell grad so. Jetzt geht’s wieder aufwärts!«

»Wir werden fleißig Werbung für dich machen«, ergänzte Selma.

»Danke, Selma, das ist nett. Ich bin so froh, dass ich euch wieder getroffen hab! Weißt du, Berenike, in unserer WG damals, in Wien, während meiner Ausbildung, da war’s echt toll. Das war, noch bevor Caro angefangen hat, als Tänzerin Karriere zu machen. Erinnerst du dich, wie sie diesen unmöglichen Freund gehabt hat, Selma? Der nie was gemacht hat? Er ist bei uns eingezogen, aber geputzt hat der nie. Egal, wie oft wir ihm das gesagt haben.«

»So sind’s, die Männer«, erklärte Selma. »Ich möcht einen sehen, der weiß, wie man eine Waschmaschine bedient.«

Gelächter schallte durch die Dunkelheit. Mochten sich die Vögel und die Tiere des Waldes wundern.

»Aber geh, heut ist das doch nicht mehr so«, warf Valerie ein, »mein Ex-Freund hat kein Problem mit dem Haushalt gehabt.«

»Und dann ist die Gerhild ihrem tollen Herrn Doktor begegnet«, tönte eine Schwarzhaarige mit dunkler Stimme, die Berenike bereits im Tanzkurs kennengelernt hatte. Sie hatte sich sofort gut mit Ellen verstanden, und so waren sie nach den Kursen bei unzähligen Tassen Tee beisammengesessen.

Gerhild sagte nichts.

»Sie hat ihn gleich geheiratet, den Hoffnungsträger der Heilkunde, und ist mit ihm hierher zurück. Weil er so nett war und eine Hilfe gebraucht hat in seiner neu übernommenen Praxis.«

»Erinner mich nicht dran, Ellen, bitte.« Gerhilds graue Haare sahen jetzt aus, als wären sie selbst niedergeschlagen, nicht nur ihre Trägerin. Dann raffte sie sich auf. »Damals fand ich es eben vielversprechend, mit ihm hierher zu kommen. Aber jetzt bin ich froh, dass das vorbei ist. Wisst ihr, was das Neueste ist? Der Alfred behauptet, ihm laufen die Patienten weg, weil ich nicht mehr in seiner Praxis arbeite. Ich hätte doch bei ihm bleiben sollen, bis er in Pension geht. Dabei war unsere Trennung ein Ende mit Schrecken. Der hat mich jahrelang beschimpft, ›du bist zu blöd für alles‹, so hat der mich angeschrien, vor den wartenden Kranken.« Sie schaute Ellen bedeutsam an.

»Männer!« Selma sah sich Beifall heischend in der Runde um. »Nützen dich aus und wenn’s was Besseres haben, sind’s weg.«

»Verurteil doch nicht alle pauschal, nur wegen deiner Arbeit im Frauenhaus«, erwiderte Ellen angriffslustig.

»Wir können uns eine Welt ohne Männer eh nicht vorstellen, was«, lachte Valerie und rieb sich die Arme. Es wurde wirklich kühl.

»Vielleicht schon«, ließ Selma nicht locker.

»Geh, das wär fad«, hielt ein extrem blasses Mädel dagegen, das die ganze Zeit nicht von Valeries Seite abrückte. Es waren die ersten Worte, die von ihr zu vernehmen waren.

»Wer bist du eigentlich?«, fragte Selma.

»Denise.« Die schlaksige junge Frau, die komplett in Schwarz gekleidet war, stand mit hängenden Schultern da. Das T-Shirt zierte ein Totenkopf über der eingesunkenen Brust. Ihre kurzen Hühnerbeine hatte sie in Netzstrümpfe gehüllt, dazu trug sie einen knappen Lederrock und an den Füßen unpassende Slipper. Auf ihrer Unterlippe glitzerte ein Piercing. Sie deutete mit bleichem Kinn auf Valerie. »Ich wohn in dem Gasthaus, wo sie arbeitet, meine Eltern haben mich mitgeschleppt. Sie finden, ich soll Farbe bekommen, jetzt, wo die Uni Ferien hat. Ha! Bei Sonnenlicht bekomm ich Pickel. Valerie hat mich hierher eingeladen, weil ich die Nacht und ihre Erscheinungen liebe.« Auf einen ihrer schwarz lackierten Nägel war kunstvoll ein Totenkopf gemalt. Wieder schrie ein Käuzchen und Denise sah sich lächelnd um.

»Wo bleibt denn Caro?« Die junge, schlanke Frau, die bei Helenas und Berenikes Kommen so nervös hin und her getigert war, bückte sich nach ihren Sachen und warf sich mit einer einzigen schnellen Bewegung ein Leopardenfell über. Ob echt oder nicht, konnte man im Dunkel kaum erkennen. »Ich will endlich tanzen.« Rastlos machte sie ein paar Schritte.

»Na, Rita, schon eine heiße Show in Aussicht?«

»Leider nicht. Dabei nerven mich die bei Koromar furchtbar.« Sie sah Berenike leidend an. »Kennst du wahrscheinlich nicht, das Leiterplattenwerk. Ich muss dort als Sekretärin dahinvegetieren, bis man mich entdeckt.«

Die Kellnerin Valerie unterdrückte ein Grinsen, das man wahlweise als nett oder ironisch auffassen mochte, und zupfte eine Zigarette aus ihrer Packung.

»Nicht hier, Valerie, bitte!« Gerhild sah sie tadelnd an.

Valerie blickte kurz auf. »Na gut.« Sie steckte den Glimmstängel zurück in die Schachtel. Eine Weile sagte keine was. Valerie und Denise fingen zu tuscheln an. Sie brachen ab, als sie Berenikes Blick bemerkten.

»Was verschlägt eine Schweizerin hierher?«, fragte Berenike Valerie. »Ich dachte, die Löhne seien bei euch höher?«

»Ja, das stimmt. Aber wie es der Zufall so will«, sie warf einen Seitenblick auf Denise. »Oder Gott Amor … ich hatte private Gründe, eine Lovestory.«

»Ach so.«

Immer noch keine Spur von Caro. Rita sah auf die Uhr, trippelte weiter hin und her. »Vielleicht hat unsere beste Tanzkoryphäe einen neuen Lover.« Rita konsultierte neuerlich ihre Uhr. Wieder Schritte. Zwei vor, innehalten, zwei Schritte zurück. Gewicht verlagern. Und das Ganze von vorne. »Einer allein tut es ja nicht für die Dame. Aber was hat man bei dem Elternhaus erwartet! Ihr Vater ist auch ein Weiberheld.«

»Recht hat sie.« Gerhild blieb freundlich. »Ihr wisst, was Caro uns gelehrt hat. Wir können uns einzig auf den Moment verlassen. Glaub mir, ich weiß das.«

»Stimmt.« Ellens Blick, der ebenso dunkel zu sein schien wie ihre Stimme, wanderte in eine unbekannte Ferne.

»Ich hab übrigens Caro erst heute im Auto gesehen, als sie Richtung Obertraun fuhr.« Valerie belauerte Ellen. Die zuckte zusammen. »Dort wohnst du doch, nicht wahr? Ist Sven heute Abend zu Hause?«

»Wieso?«

»Naja …« Valerie lachte eines dieser unehrlichen Kellnerinnenlachen und verdrehte anzüglich die Augen.

»Sven und Caro? Geh bitte.« Ellen legte eine Hand vor Augen. »Wenngleich er nicht mehr mit mir … ihr wisst schon …« Sie fuhr sich über die Stirn. Helena, die bisher stumm etwas abseits gestanden war, legte Ellen nun einen Arm um die Schulter. »Ich weiß nicht mehr, seit wann«, fuhr Ellen fort. »Aber Caro …« Mutlos ließ sie die Arme sinken. »Meinst du wirklich?«

Valerie lachte betont harmlos und wie im Triumph. »Ich weiß nicht. Ist ja dein Mann, nicht meiner.«

»Außerdem war er noch nicht zu Hause, als ich mich auf den Weg gemacht hab. Wo bleibt Caro nun wirklich?«

Jemand sah aufs Handy, das Display leuchtete bedrohlich auf. Es war 30 Minuten über der vereinbarten Zeit. Sie mussten Caro anrufen, natürlich. Aber da meldete sich niemand. Die Frauen sahen einander im Schein der Fackel ratlos an. Ellen umkrampfte ihre Umhängetasche.

»Es ist ungewöhnlich, dass Caro ausgerechnet an einem so besonderen Tag fehlt.« Selma zog die Brauen hoch.

»Sie kommt aber gern zu spät, zumindest zum Tanzkurs.« Berenike hatte sich bereits mehrfach darüber geärgert, dass jemand derart mit ihrer knappen Freizeit umging.

»Wir müssen sie suchen.« 40 Minuten waren vergangen. Berenike durchbrach die Erstarrung, ihre eigene und die der Frauen. »Es hilft nichts.« Der Wald raschelte wie zur Bestätigung. »Womöglich hat sich Caro den Fuß verstaucht und braucht Hilfe.«

»Wollen wir nicht gleich so was annehmen.«

»Vielleicht ist es nicht so arg und sie hat nur ihr Handy irgendwo liegen gelassen.« Helena zeigte sich wieder einmal als geborene Optimistin, wie schon oft, seit Berenike sich mit ihr angefreundet hatte.

»Wer von euch kennt sich hier gut aus?« Berenike blickte in die Runde der Frauen, acht waren sie insgesamt.

»Ich«, meldete sich Selma zu Wort, »einigermaßen wenigstens.«

Die Frauen schalteten Taschenlampen ein, die wirre Lichtlinien ins Dunkel zeichneten. Stimmen wirbelten durcheinander. Brachten Mutmaßungen vor, Ideen, wo man suchen und wer wen anrufen und warum überhaupt Caro sich verspätet haben könnte.

Berenikes innere Augen sahen Schlimmes. Nicht Caro, bitte! Sie hielt Caro für stark. Auch wenn sie ihr nicht sonderlich sympathisch war. Sie erhob die Stimme: »Wir müssen einen Plan machen, uns bei der Suche aufteilen. Aus welcher Richtung kommt Caro?«

»Sie wohnt in St. Agatha.«

»Ja, aber sie ist nach Obertraun gefahren.«

»Dann müsste sie eigentlich denselben Aufstieg genommen haben wie wir alle. Also wird eine Gruppe den Weg zur Bergstation der Salzbergbahn abgehen.« Selma übernahm das Kommando. »Ellen, du wirst das gemeinsam mit Rita und Gerhild machen. Du kennst dich doch hier einigermaßen aus?«

»Jaja«, nickte Ellen, sie wirkte ein wenig abwesend.

»Helena«, fuhr Selma fort, »du übernimmst mit Valerie und Denise den Welterbe-Wanderweg in die andere Richtung. Und du, Berenike, gehst mit mir, wir werden rund um den Treffpunkt nach Caro suchen.«

»Alles klar«, nickte Helena. Valerie sah sie zweifelnd an. Endlich hatten sie einen Plan.

»All right, chief inspector.« Denise schloss sich den beiden mit einem Glitzern in den Augen an. »What shall we do with the dead body?«

Valerie stieß sie in die Seite, und Helena murmelte: »Lass diese Scherzchen, okay?«

Denise nickte brav.

»Wenn wir sie nur finden!« In Gerhilds Stimme schwang die Ankündigung von Tränen. »Meiner Seel, ich kenn Caro schon so lang. Da war ich so froh, wieder mit ihr in Kontakt zu sein, und jetzt das.«

Denise verdrehte die Augen. »Was soll denn schon sein? Es passiert eh nie was. Nichts wirklich Interessantes.« Wieder ein Stoß von Valerie, die mit ihrem Handy spielte. Denise schwieg endlich und trabte hinter Helena her. Selma schnallte sich ihre Tasche so vorsichtig um, als hätte sie weiche Eier darin verpackt. Die Dunkelheit legte sich wie schwarzer Samt um ihre Körper, ihre Seelen.

»Caro hat sich die Natur zur Vertrauten gemacht«, Rita schauerte unter ihrem wilden Umhang, »und jetzt …« Jetzt hat der Wald sie geholt. Aber nein, wie kindisch. Böse Waldgeister gibt es nicht, sagte sich Berenike, nur böse Menschen.

»Bitten wir die Göttin um Hilfe. Schütz uns, Waldmutter«, rief die junge Tänzerin im Leopardenfell und ihre Stimme war so hektisch wie alles an ihr, hektisch und hell, »Forstmutter … ach, ohne Caro weiß ich gar nicht, wie ich tun soll.« Rita brach mit hysterischer Stimme ab. Sie schob ihren Ärmel hoch, kratzte sich und stöhnte. »AAAH.«

Berenike meinte, blutverkrustete Wunden zu sehen. »Hast du dir wehgetan?«

»Was? Nein, es ist nichts.« Rita drehte sich weg und bedeckte ihren Arm wieder. »Gehen wir.«

Endlich zogen sie los. Als Berenike sich noch einmal umdrehte, war keine der Frauen mehr zu sehen außer Selma, die hinter ihr ging. Allein mit Selma. Allein, echote ihr Herzschlag.

»Ich wollte die anderen nicht beunruhigen«, fing Selma nach ein paar Schritten an, »aber mit dir kann ich offen reden, Berenike, nicht wahr? Du hast doch auch letztes Jahr den Mordfall erlebt. Du wirkst so, als könntest du das ertragen.« Sie blickte Berenike forschend an, und diese nickte. »Ich mach mir große Sorgen um meine Kollegin«, fuhr Selma fort. »Caro und ich arbeiten im Frauenhaus in Bad Ischl. Sie unterrichtet nur nebenher in Amélies Studio, weil sie Geld braucht.« Unter Selmas Fußsohlen knackte etwas. »Caro kennt sich hier aus wie in ihrer eigenen Westentasche. Die würde sich nicht einfach verlaufen.« Selma stolperte und fiel. »Scheiße.« Sie saß da und plötzlich war ein Summen zu vernehmen. Wie von einem, der nicht singen kann. Dann Krähenrufe. Und schon wieder ein Käuzchen. Mühsam rappelte sich Selma auf. Ihre Figur wirkte weich und offen und mütterlich, auf eine sinnliche Art. Berenike streckte ihr eine Hand entgegen, Selma achtete nicht darauf. »Scheißfinsternis.« Sie klaubte die Taschenlampe vom Boden auf und griff nach irgendwelchem Kram, der aus ihrer Tasche gefallen war. Berenike griff nach einem Glas, doch Selma war schneller. »Lass nur, es geht schon.« ›Butte‹, konnte Berenike gerade noch entziffern, ehe Selma das Glas eingesteckt hatte und sich im Strahl der Taschenlampe verstohlen umsah. Berenike wunderte sich, wer transportierte schon Butter in einem Glas. Sie wollte etwas sagen, aber Selma ging bereits voraus.

Sie wandten sich nun hierhin und dahin, die Finsternis spielte ihnen Streiche, zwei Taschenlampen kamen in ihrer Müdigkeit kaum dagegen an. Ein Vogel schrie verschlafen. Erneut Dornenranken. Berenike verhedderte sich darin, als ob die Pflanze sie hier gefangen halten wollte, unwissend und ratlos, wie sie war. Dazu diese Nachtkälte, die machte die Finger klamm und die Seele.

Ein pfeifendes Schnauben ließ sie zusammenfahren. Selma tastete nach Berenikes Hand. »Hast du das auch gehört?«

»Ja«, ihr Flüstern war ein Brennen im Hals, versengte die Lunge beim Atemholen. Eine Stimme. Worte in der dunklen Luft, unverständliche Worte. Gleich darauf war es wieder still.

Berenike drückte Selmas Hand. »Alles ok?«

»Jaha.« Nichts war ok. Caro fehlte.

Selma hustete. »Gehen wir weiter.«

Berenike dachte an Jonas, der wäre jetzt … Sie stapfte voraus. Nein, sie war selbstständig, sie würde mit eigener Kraft aus der Situation herausfinden. Ohne ihren Polizistenfreund. Wie kindisch und mädchenhaft, auf einen Prinzen zu warten, der sie doch nie zur rechten Zeit küsste.

Da vorne lenkte sie etwas von ihren Gedanken ab. Etwas Dunkles, das sie fühlen konnte, aber nicht sehen. Es lauerte, kam näher. Berenike verfluchte ihre Eitelkeit. In der Nacht sah sie noch schlechter als bei Tageslicht. Und noch immer hatte sie keinen Sehtest gemacht. Eitelkeit, nichts sonst. Aber jetzt, jetzt wäre eine Brille angebracht.

Irgendetwas kam auf sie zu. Ein Lebewesen. Berenike starrte nach vorn. Überlegte, welche Tiere hier lebten. Dachte an wilde Hunde, Bären, Luchse. Gleichzeitig linste sie zu Selma. Ohne sich abzusprechen, verlangsamten sie beide ihre Schritte. Selma umklammerte Berenikes Arm. Eine Stimme war zu hören. Ein Wimmern nur, vielleicht doch ein Tier. Verdammt, es war so finster. »Caro?« Berenike flüsterte. »Caro, bist du das? Caro!«

»Hör auf mit dem Scheiß!«, schrie Selma und krallte dabei ihre Nägel in Berenikes Fleisch, dass auch sie aufschrie, und völlig unpassend spürte sie Selmas beruhigend warme Brüste an ihrer Seite. »Caro, das ist nicht lustig!«, brüllte Selma. Einen Moment lang war es still. Totenstill. Und dann eine weinerliche Stimme: »Ich bin es. Ich bin nicht Caro. Aber ich weiß –«

»Ein Mann. Männer«, sagte Selma, »Feinde.«

ZweiDruidentee

»Adi! Was soll das! Erschreck uns nicht!« Selma ging nicht gerade zimperlich mit dem etwa 20-Jährigen um, der im Dunkel vor ihnen aufgetaucht war. Der Typ stand mit wehleidig verzogener Miene vor ihnen und ließ die Arme hängen. Selbst für den Wald war seine Kleidung zu nachlässig, abgerissen sogar. Selma leuchtete ihm mit ihrer Taschenlampe voll ins Gesicht. Er hielt sich die rechte Hand vor die Augen.

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