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Bruce Olson, der seit 1961 unter den Motilonen Kolumbiens lebt, erlitt Gefangennahme, Krankheit, Einsamkeit, Kidnapping und Folter. Doch die Entdeckungen, die er dabei in seiner Unbedarftheit machte, haben die Welt der Mission revolutioniert. "Das Buch meines Freundes Bruce Olson. erzählt die Geschichte des bemerkenswerten Fortschritts unter den Motilonen und ihren Beitrag zur wirtschaftlichen, geistlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in meinem Land" (M. Pastrana, ehem. Präsident Kolumbiens) - "Ein Allzeit-Klassiker der Missionsliteratur. Bruce Olson ist ein moderner Held der Mission, der uns vorgemacht hat, wie man unerreichte Stämme erreichen kann." (Loren Cunningham, Gründer von "Jugend mit einer Mission")
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Seitenzahl: 345
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Titel der Originalausgabe: Bruchko by Bruce E. Olson
© 2006 by Charisma House, a Strang Company, 600 Rinehart Road, Lake Mary, Florida 32746, USA
5., ergänzte Auflage 2008 (1. Auflage im ASAPH Verlag)
© 2008 der deutschsprachigen Ausgabe ASAPH Verlag, D-Lüdenscheid
Aus dem Amerikanischen von Heinz Volz, überarbeitet von Dorothea Appel
Umschlaggestaltung: studiogearbox.com
Satz/DTP: Jens Wirth/ASAPH
Druck: Schönbach-Druck, D-Erzhausen
Printed in the EC
eBook: ISBN 978-3-95459-527-3 (Best.-Nr. 148527)
Print: ISBN: 978-3-940188-05-2 (Best.-Nr.: 147405)
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ASAPH, D-58478 Lüdenscheid
E-Mail: [email protected] – www.asaph.net
Eigentümerhinweis
Impressum
Inhalt
Widmung
Vorwort: Der Beginn eines Wunders
Prolog: Neun Monate in Gefangenschaft
Heim in den Dschungel
Wer ist mein Gott?
Auseinandersetzung
Ein Missionar?
Ein erstes Zusammentreffen mit Indianern
Hilfe in letzter Minute
Kommunisten
Beinahe umgebracht
Bestechung
Ein furchterregender Empfang
Innerhalb und außerhalb der Zivilisation
Ungeduldiges Warten
Entmutigung
Ein Bündnisbruder
Als Menschenfresser verkannt
Einfluss durch die Zauberin
Jesus, der Motilone
Die Nacht des Jaguars
Wunder im Alltag
Wie David und Jonathan
Gloria
Knapp am Tod vorbei
Der Strudel
Jenseits des Horizonts
Epilog
Christian Life Missions
Bobaríshora gewidmet,
der von uns ging,
während dieses Buch
geschrieben wurde
Bruce Olson, schlaksig und jungenhaft, war eben erst den Teenagerjahren entwachsen, als er mir im O’Hare International Airport in Chicago beim Essen gegenübersaß. Das war im Jahr 1967. Zwei Stunden lang hörte ich fasziniert, wie dieser scheue und zurückhaltende junge Mann zögernd von seinen Erfahrungen mit Steinzeit-Indianern tief in den Urwäldern Südamerikas erzählte, dann aber mit leuchtenden Augen verkündete, er sei überzeugt, Gott habe einen ganz anderen Plan für die Evangelisierung abgelegener und unerreichter Eingeborenenvölker als in der konventionellen Missionsarbeit üblich.
Kurz bevor Bruce dann losfliegen musste, sagte ich: „Ihre Erfahrungen sind wirklich hochinteressant, Bruce. Ich gratuliere Ihnen, dass Sie der Führung des Herrn gefolgt sind und die Motilone-Indianer erreicht haben. Zu schade, dass es keine Fotos zu dem gibt, was Sie beschreiben.“
Wieder blitzten seine Augen auf. „Aber sicher habe ich Fotos!“
Er griff in seine Aktentasche, zog ein dickes Ringbuch heraus und öffnete es vor mir. Langsam blätterte ich die Seiten um und konnte kaum glauben, dass die bunten Kodachrome-Abzüge sein geliebtes Motilonen-Volk in praktisch jedem Aspekt ihres gemeinschaftlichen Lebens zeigten. Eine Serie dokumentierte die Errichtung eines Motilonen-Stamm-Langhauses, vom Fällen der Bambusstämme an, welche dann zu einem stabilen Gerüst zusammengebunden werden, dessen Dachsparren stark genug sein müssen, um mehrere Dutzend Hängematten zu halten, in denen die Motilonen schlafen. Auf anderen unbemerkt aufgenommenen Fotos war zu sehen, wie Familien des Stamms sich sammelten, um ihre Mahlzeiten zuzubereiten und zu essen. Ihre Nahrungsbeschaffung wurde in packenden Bildern von der Vogel- und Affenjagd mit Pfeil und Bogen dargestellt. Wieder andere zeigten den Bau eines Damms im Fluss, mit dem die Strömung zum Fischefangen aufgehalten wurde. Auf dem vielleicht interessantesten dieser Fotos waren die motilonischen Stammesangehörigen mit mehreren Fischen zu sehen, die sie zwischen den Zähnen statt in einem Fischkorb aufbewahrten, während sie sich weiter um das Beschaffen der Tagesmahlzeit kümmerten.
„Wenn Sie von diesen Fotos Gebrauch machen können, bitte – verwenden Sie sie, wie Sie wollen. Ich hätte sie gerne zurück, wenn Sie sie nicht mehr brauchen“, sagte Bruce.
Aus diesem Interview entstand eine ausführliche Coverstory in der Zeitschrift Christian Life, eine Dokumentation der erstaunlichen Wege, durch die der Herr einen nicht ausgebildeten Jugendlichen benutzte, um einen ganzen Indianerstamm zu evangelisieren, der bis dahin nichts vom Evangelium gehört hatte.
Ein großer säkularer Verlag schickte Bruce sofort einen Scheck mit dem Voraushonorar für ein Buch über seine Erfahrungen, das er für sie schreiben sollte. In typischer Bescheidenheit gab Bruce den Scheck aber wieder zurück. Später sagte er mir: „Ich wollte nicht einen Vorteil aus den Motilone-Indianern ziehen, indem ich mit ihnen Profit machte. Außerdem hat erst einer der Motilonen mit Sicherheit Jesus Christus ganz als seinen persönlichen Retter und Herrn angenommen. Ich glaube, Gott wird mehr wirken, und ich will sein Programm nicht unterbrechen.“
Wir blieben mit Bruce Olson in Verbindung. Von Zeit zu Zeit konnten wir ihm Geld schicken, mit dem er Medizin kaufte; er wollte das Gesundheitswesen unter den Motilonen fördern und ihnen entsprechendes Verhalten beibringen. Ohne Missionsorganisation im Hintergrund war Olson vollkommen von solchen Spenden abhängig.
Eines Tages schrieb Bruce, dass er in die Vereinigten Staaten kommen und den ersten Motilonen mitbringen würde, in dessen Leben der Heilige Geist nachweislich gewirkt hat. Sein Name war Bobaríshora. Bruce fragte, ob er ein paar Tage bei uns bleiben könnte, damit wir mehr Material von ihm und von Bobaríshora bekämen.
„Aber bitte arrangieren Sie nichts für uns, wo wir vor Gemeinden auftreten sollen“, warnte er. „Es ist das erste Mal, dass Bobaríshora aus dem Dschungel herauskommt. Ich möchte nicht, dass er eingeschüchtert wird.“
Unsere Büromannschaft war wirklich beeindruckt. Im Lächeln des kurzen, gedrungenen und dunklen Bobaríshora zeigte sich deutlich der innere Frieden und die Ruhe seines neuen Lebens in Christus.
Unser Leitartikel in der Zeitschrift über Bobaríshoras Besuch und zusätzliche Beweise für das wunderbare Wirken des Heiligen Geistes unter den Motilone-Indianern förderte die Unterstützung für Bruce Olsons Dienst. Bruce war ermutigt, seinen Dienst von Krankenstationen auf Schulen auszuweiten und Viehwirtschaft und andere landwirtschaftliche Methoden einzuführen, die die Ernährungsweise des Stamms ergänzte, welche sich bisher ausschließlich auf Jagd und Fischfang stützte.
Aber es wurde schwieriger, die geistliche und soziale Integrität der Motilonen zu bewahren. Obwohl sie in der Weite der Berge sicher schienen, hatten doch Landsiedler – oft flüchtige Insassen der Gefängnisse in den größeren Städten – begonnen, in das Gebiet vorzudringen, wobei sie den Anspruch erhoben, dass die Indianer es nicht verdienten, das Land zu behalten, auf dem sie lebten. Als nicht eingetragene Staatsbürger wären sie keine legalen Besitzer. Und so begannen die Siedler, das Land zu beanspruchen, auf dem seit mehr als vierhundert Jahren der Motilonenstamm lebte.
Eines Tages erhielt ich einen Telefonanruf von Bruce Olson. Er war am Flughafen in Miami. „Ich glaube, die Zeit ist reif, dass ich ein Buch schreibe, in dem ich Gottes Wirken unter den Motilone-Indianern dokumentiere. Wir brauchen es als Beweismittel, um das Recht der Motilonen auf das Land zu verteidigen, auf dem Gott ihre Hinwendung zum Glauben an Jesus Christus bewirkt hat.“
Solch ein Buch, glaubte er, würde ihm und seinen Kontakten mit den Präsidenten sowohl von Kolumbien als auch Venezuela und mit den Mitarbeitern der Vereinten Nationen helfen, an die er sich mit der Bitte um Hilfe gegen die Übergriffe der Siedler gewandt hatte. „Helfen Sie mir, es zu schreiben und zu veröffentlichen?“, fragte er.
Das Ergebnis war die erste Ausgabe des vorliegenden Buches, damals mit dem Titel „For This Cross I’ll Kill You“, verlegt bei Creation House (heute heißt der Verlag Charisma House).
Bald trafen Briefe der Leser ein: Missionsschüler und Gläubige, besonders junge Leute, waren von dem Buch und von seiner Botschaft begeistert. Jetzt richtete sich die Aufmerksamkeit aus aller Welt auf Bruce Olson.
Ein bekannter französischer Anthropologe stellte infrage, was in dem Buch über einen indianischen Steinzeitstamm stand, der das Evangelium von Jesus Christus angenommen habe. Aber andere namhafte Autoritäten bestätigten Bruce’ Bericht. Als sich weiterer Erfolg einstellte, wurde das Buch 1978 überarbeitet und erschien dann unter dem Titel „Bruchko“. Seitdem folgten mehrere Auflagen, um die Nachfrage zu decken. Inzwischen wurde es in achtzehn Sprachen verlegt. Heute ist Bruce Olson eine anerkannte Autorität für Mission.
Er spricht vierzehn Sprachen. Seine Forschungsergebnisse sind in renommierten sprachwissenschaftlichen Publikationen erschienen. Er ist ein Pionier auf dem Gebiet der computergestützten Übersetzung von Stammessprachen.
Als enger, persönlicher Freund von vier kolumbianischen Präsidenten hat er vor den Vereinten Nationen und vor der Organisation amerikanischer Staaten gesprochen und viele Ehrungen für seinen Beitrag zum medizinischen und sozialen Wohlstand südamerikanischer Indianer erhalten.
Als ich hörte, dass kommunistische Rebellen Bruce Olson im Oktober 1988 als Geisel genommen hatten, war ich schockiert. Diese bemerkenswerte Geschichte wird im folgenden Prolog erzählt, den ich für die dritte Überarbeitung von Bruchko schrieb. Ein Epilog am Ende des Buches bringt den Leser auf den neuesten Stand bezüglich dessen, was die Motilone-Indianer erreicht haben, indem sie ihre Isolation aufgaben und eine leitende Stellung unter den Dschungelstämmen einnahmen, um die Gute Nachricht von Jesus Christus zu verkünden und ihre historischen Länder und ihr Erbe zu behalten.
Noch heute, über zwanzig Jahre nach meiner ersten Begegnung mit Bruce Olson, begeistert und inspiriert mich die Geschichte dieses bemerkenswerten Mannes. Ihnen wird es nicht anders ergehen.
Robert Walker
Verlagsleiter a. D.
Charisma and Christian Life Magazine
Der Dschungel hallte wider von Vogelrufen und Affenschreien. Mitunter schien das monotone Summen der Laubheuschrecken im Hintergrund alles zu übertönen. Der dichte Blätterwald hoch über den Köpfen filterte den Rauch der morgendlichen Lagerfeuer. Guerilleros fanden sich in Gruppen zusammen, aßen oder diskutierten die Ereignisse des vor ihnen liegenden Tages. Dann und wann warfen sie einen Blick auf ihren Gefangenen Bruce Olson.
Dies würde ein besonderer Tag werden – der Tag, an dem Bruce wegen seiner „Verbrechen gegen das Volk“ von einem Erschießungskommando exekutiert werden sollte.
Seine Gefangennahme durch die Guerillatruppen war nicht überraschend gewesen.
Die Leiter der ELN (Ejército de Liberación Nacional), der kommunistisch inspirierten nationalen Befreiungsarmee, hatten Jahre daran gearbeitet, genügend Gefolgsleute zusammenzubekommen, um die Regierung stürzen zu können. Die über zwanzig Indianerstämme, die im Dschungel lebten, waren nicht als Staatsbürger anerkannt gewesen, bis Mitglieder des Motilonenstammes, mit denen Bruce 28 Jahre lang zusammengewohnt und -gearbeitet hatte, begannen, ihren Platz in entscheidenden Regierungskreisen einzunehmen. Bruce’ Schulprogramme bewirkten unter anderem, dass den Motilonen als Wortführern für alle Dschungelstämme inzwischen große Bedeutung zukam. Die ELN hielt Bruce für ihren Schlüssel zu den Motilonen. Einige Jahre zuvor hatten sie ihn gefragt, ob er sich ihnen anschließen würde. Als er unmissverständlich antwortete, dass er das als Christ nicht könne, beschlossen sie, ihn gefangen zu nehmen in der Hoffnung, ihr Ziel zu erzwingen.
Im Oktober 1988 machten sich Bruce und eine Gruppe motilonischer Gefährten eines Tages den Rio de Oro hinunter auf den Weg zu einer ihrer motilonischen Lebensmittelkooperativen. Bei allen Reisen achtete er sorgfältig darauf, nicht in die Nähe von Guerilla-Lagern zu geraten. Aber als sie sich jetzt der Anlegestelle näherten, sah er plötzlich zwei Kämpfer mit Gewehren in der Hand aus dem Dschungel kommen. Die Konfrontation war kurz, denn Bruce und die Motilonen trugen keine Waffen. Bruce’ motilonische Freunde durften gehen, aber er wurde gefesselt. Zwischen bewaffneten Wächtern wurde er von der Lichtung an der Anlegestelle zu einem Camp hoch in den Bergen an der Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela getrieben.
Jetzt, am vermeintlich letzten Tag seines Lebens, fesselte man seine Arme an den Baum hinter ihm, und ein Schwarm Insekten saugte Blut aus seinem Körper. Er beobachtete, wie die Guerilleros im Lager herumgingen.
Fast neun Monate waren seit Bruce’ Gefangennahme vergangen. Sie waren kaum weniger als grausam gewesen. Stundenlang war er befragt worden. Aber er stritt nie, wie andere Gefangene es taten. Stattdessen erklärte er, dass er als ein Jünger Jesu Christi nicht zu einer Organisation gehören könne, die ihre Ziele mithilfe von Gewalt erreichen wollte.
Der Indoktrinationsprozess umfasste Folter in vielen Formen, mental wie körperlich. Viele der Gefangenen der Guerilleros waren unter den unaussprechlichen Entwürdigungen, denen sie ausgesetzt wurden, zusammengebrochen. Aber der Herr befähigte Bruce, diese als Teil des göttlichen Plans ansehen zu können und seinen Geiselnehmern die Liebe Gottes zu zeigen, wie er sie in all den vielen Jahren des Zusammenlebens mit ihnen auch den Motilonen gezeigt hatte.
Als Bruce die Guerilleros in ihren Aktivitäten während seiner Monate in der Gefangenschaft beobachtete, begann er Mitleid mit ihnen zu verspüren. Nach wie vor stimmte er ihrer Philosophie nicht zu, nach der sie Gewalt anwandten, um ihre Ziele zu erreichen. Aber er konnte erkennen, wie sehr es ihnen darum ging, die Lebensbedingungen der Armen in Kolumbien verbessern zu wollen.
So begann er, ganz unauffällig Vorschläge zu machen, von denen er meinte, sie könnten dem Einzelnen jeweils helfen. Er zeigte den Köchen, wie man leckere Mahlzeiten aus Dschungelfrüchten, Beeren und Larven zubereitete. Als der Lager-Sanitäter merkte, dass Bruce über medizinisches Wissen verfügte, bat er ihn um Hilfe beim Auswählen und Verabreichen von Medizin und in der Frage der Zahnhygiene im Camp.
Bruce war Gott besonders für die Besucher der Diskussionsgruppen dankbar, die die Leiter der Lager ihn abhalten ließen. Die Themen umfassten Gesundheitsvorsorge, Politik, Geschichte, Lesen und Schreiben.
Einige Monate nach seiner Gefangennahme erlaubte man Bruce, eine Bibel zu haben. Als die Guerilleros ihn lesen sahen, baten ihn viele, ihnen die Bibel zu erklären. Er sagte, dass das für den Sonntag reserviert bleiben müsse, weil er annahm, dass sie als Bewohner eines katholischen Landes vielleicht am Sonntag größeren Respekt vor der Bibel haben würden. Als sie am Sonntag mit ihren Fragen zurückkehrten, konnte er ihnen zeigen, dass Gott sie so sehr liebte, dass er seinen Sohn zur Erde sandte, um an ihrer Statt für ihre Sünden zu sterben. Er war erstaunt, dass sich mehr als die Hälfte seiner Zuhörer bekehrten – und im Alltag zeigte sich, dass sie Jesus wirklich als ihren Erlöser und Herrn über ihr Leben angenommen hatten.
Das Leben in einem Guerillacamp ist nicht leicht. Bruce war in zwölf verschiedenen – wahrscheinlich wurde er aus Sicherheitsgründen immer wieder verlegt. Seine Gefangennahme fiel in die Regenzeit. Entsprechend hatte er ständig durchnässte Kleider. Die meiste Zeit bewachte man ihn streng, besonders bei Nacht, und oft wurden ihm die Arme hinter dem Rücken gefesselt.
Krankheit ist ein stets präsenter Begleiter der Dschungelbewohner. Bruce hatte seinen Anteil daran mitbekommen, besonders an Malaria. Über die Jahre hatte er den Motilonen beigebracht, wie man Malaria medizinisch behandelt, ebenso wie die häufig auftretenden Epidemien von Masern, Hepatitis und anderen Krankheiten, die alle plagen, die im Dschungel leben.
Kurz vor seiner angesetzten Exekution aber war er in einem der Lager kritisch erkrankt. Dies war der Tiefpunkt während seiner Gefangenschaft. Er versuchte seine übliche Taktik in solchen Situationen, dass er sich sich selbst außerhalb des körperlichen Schmerzes vorstellte. Er stellte sich vor, dass sein wahres Ich mit Christus in Gott verborgen war und unempfindlich für die körperliche Belastung. Aber ein paar Wochen zuvor hatte er eine schweren Anfall von Divertikulitis mit heftigen Blutungen erlitten. Eines Nachts war der Schmerz so schlimm geworden, dass er sich nicht mehr mental von ihm loslösen konnte.
Schwach und erschöpft nahm er plötzlich den ergreifend schönen Gesang eines Mirla-Vogels wahr. Aber warum denn jetzt?, fragte er sich. Mirlas singen nicht bei Nacht.
Ob er im Delirium war oder nicht, wusste Bruce nicht, aber dieser Vogelgesang ließ nicht nach in jener Nacht, in der er immer wieder das Bewusstsein verlor. Am merkwürdigsten fand er, dass ihm die Melodie so bekannt vorkam. Dann merkte er, dass die Mirla den Moll-Gesang der Motilonen nachmachte, wenn sie von der Auferstehung Jesu Christi sangen. In seiner Hängematte schaukelnd, die in die Dachsparren des Langhauses geknotet war, hatte er oft über die Liebe Gottes gestaunt, die diesen Eingeborenen, die jetzt seine Brüder und Schwestern in Christus waren, seinen Erlösungsplan so wunderbar offenbart hatte.
Das Lied der Mirla trug ihn durch den furchtbaren Schmerz der Nacht. Am nächsten Morgen unterhielten sich sogar die Guerilleros über das merkwürdige Verhalten des Mirla-Vogels, das sie die Nacht über wachgehalten hatte. Einer von ihnen meinte sogar, vielleicht sei es gar kein Vogel, sondern ein Engel für ihren Gefangenen gewesen. Auch Bruce war sich da gar nicht sicher.
Jetzt konnte er sehen, wie die Anführer die Männer zusammenriefen, damit sie seiner Hinrichtung als Zeugen beiwohnten. Viele zögerten, besonders die, die an den Diskussionsgruppen teilgenommen hatten. Aber die Kommandeure waren unerbittlich. Alle Guerilleros müssen sich darüber klar sein, was geschieht, wenn sich jemand den Befehlen ihrer Anführer widersetzt. Doch trotz der unheilvollen Atmosphäre der Situation war Bruce ergriffen von einem tiefen Empfinden von Frieden, einem Frieden, den nur Gott schenken konnte.
Bruce musste zugeben, dass die Guerilla-Anführer ihr Bestes gegeben hatten. Stundenlang war er schmerzhafter Indoktrination ausgesetzt gewesen. Es war ganz klar, wovon sie überzeugt waren: Wenn sie ihn überreden könnten, sich mit der ELN zusammenzutun, und er sich als Leiter aller Indianerstämme in ihren revolutionären Kampf einbrächte, dann würde die nationale Befreiungsarmee erfolgreich sein. Als die Guerilleros schließlich erkannten, dass ihre Indoktrinationstaktiken nicht griffen, waren sie verzweifelt.
Sie änderten seinen Status; jetzt war er nicht mehr „politischer Gefangener“, sondern „Kriegsgefangener“. Die Vorwürfe, die sie sich gegen ihn einfallen ließen, waren lächerlich. Ihre Anschuldigungen umfassten Drogenhandel, Mord an Tausenden Motilonen, Ausnützen der Indianer als Sklaven und Arbeit für die CIA – alles „Verbrechen gegen das Volk“.
Drei Tage zuvor war Bruce das Ultimatum gestellt worden: Zusammenarbeit oder Tod. Er hatte ein halbes Dutzend solcher Hinrichtungen ansehen müssen. Es war kein angenehmes Schauspiel. Die meisten der armen Opfer flehten weinend um Gnade und beteuerten ihre Unschuld, bevor sie starben.
In den vergangenen 28 Jahren war sein Glauben mehrmals fast bis zum Tod geprüft worden. Dabei hatte der Herr Bruce’ Vertrauen auf ihn gestärkt. Bruce war in die kolumbianischen Urwälder gekommen, weil er überzeugt war, dass Gott ihn dort haben wollte. So lange er dieser Vision gehorsam blieb, musste er glauben, dass der Herr in allem für ihn sorgen würde.
Aber vor einer Hinrichtung hatte er noch nie gestanden. Als Bruce beobachtete, wie der Kommandeur Gewehre an die Männer ausgab, die ihn dann töten sollten, kam ihm merkwürdigerweise die Erinnerung an die unbeschreibliche Botschaft der Mirla in den Sinn.
War das der Grund, weshalb der Herr ihm in jener schicksalhaften Nacht diesen Vogelgesang geschenkt hatte? Das schien möglich. Schließlich hatte Jesus gesagt, er würde ihn nie verlassen noch versäumen. Er konnte ihm jetzt auf keinen Fall nicht glauben.
Bruce musste traurig lächeln, als er die Guerilleros in ihren schäbigen Uniformen ansah. Viele waren in seinen Bibeldiskussionsgruppen gewesen. Mehr als die Hälfte dieser Kämpfer hatten in irgendeiner Weise ein Bekenntnis zu Jesus als ihrem Erlöser abgelegt. Sie taten Bruce leid. Hätten sie sich geweigert, an dieser Exekution teilzunehmen, wären sie selber erschossen worden. Patronen wurden ausgeteilt, und er konnte das Klickgeräusch beim Einsetzen in die Gewehre hören.
Auf Befehl des Kommandeurs hoben die Guerilleros langsam das Gewehr. Dann kam der Befehl: „Feuer!“
Bruce wartete auf die Einschüsse in seinen Körper. Kein Einschuss. Es waren Platzpatronen gewesen.
Der Kommandeur gab nie eine Erklärung ab. Aber später, als die Guerilleros Bruce freiließen, sagte er einfach, es sei ein Fehler gewesen, ihn gefangen zu nehmen.
Bruce dachte, die vorgetäuschte Hinrichtung war ihr letzter Versuch, ihn von einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Dann erfuhr er, dass die Motilonen durch die Medien das kolumbianische Volk aufgerüttelt hatten, so dass die ganze Nation seine Verteidigung geworden war. Die ELN-Führer merkten, dass sie eine verlorene Schlacht kämpften. Die Öffentlichkeit hatte seine Freilassung gefordert.
Später fiel Bruce auf, wie logisch Gott seine Freilassung gefügt hatte. Schließlich war Bruce es gewesen, der die Motilonen zur Freiheit durch den Glauben an Jesus Christus geführt hatte. Und es waren die Motilonen, die durch ihre Medienkampagne Bruce seine äußerliche Freiheit wiedergegeben hatten.
Wenn Sie nun die weitere Geschichte von Bruce lesen, werden Sie anfangen, die überaus tiefe Beziehung zwischen ihm und dem Motilonenvolk zu verstehen. Es ist eine Beziehung, die in den bitteren Realitäten des Dschungellebens und der kolumbianischen Politik geschmiedet wurde. Aber sie hat allerbeste Früchte hervorgebracht.
Robert Walker
Robert Walker gründete die Zeitschrift His und arbeitete als Assistent des Professors für Journalismus am Wheaton College. 1973 wurde er Herausgeber der Zeitschrift Christian Life, welche sich 1987 mit der Zeitschrift Charisma zusammenschloss. Er rief 1945 das Christian Writers’ Institute ins Leben und 1956 Christian Life Missions, ein gemeinnütziges Werk, das mehr als 100.000 Dollar für Bruce Olsons Mission in Südamerika aufbrachte.
Die in dem Prolog enthaltenen Informationen wurden folgenden Quellen entnommen: The Missions’ Mainsail, eine Publikation der „First United“-Methodistenkirche aus dem November 1988; Informationsschreiben des kolumbianischen Motilonen-Barí-Rates, einer Organisation der Eingeborenen, unter denen Olson arbeitete, von April 1989 bis Januar 1990; El Tiempo- [The Times]-Artikel, Bogotá, Kolumbien, vom 11. Juni 1989; The United Methodist Reporter-Artikel vom 4. August 1989; Bruce Olsons Rundbriefe an seine Unterstützer nach seiner Befreiung aus der Gefangenschaft vom 21. August 1989 bis 31. Mai 1990; Artikel im St. Paul Pioneer Press Dispatch, Minnesota; Pressemitteilung der Christian Life Missions, Lake Mary, Florida; Ansprache von Bruce Olson bei einem Gebetsfrühstück in Lake Mary, Florida, am 3. April 1992; ferner Artikel in der Zeitschrift Charisma & Christian Life vom November und Dezember 1989.
Bobby und ich trafen Ayaboquina, einen Stammeshäuptling der Motilone-Indianer, allein in der Dschungellichtung oben auf dem Steilufer. Grüne Bananenschösslinge und Yucca-Sprossen brachen schon aus der Erde hervor, und auf den fünfundzwanzig Morgen gab es für das Vieh reichlich Platz zum Weiden. Während wir mit Ayaboquina über die Fortschritte der Indianer sprachen, hörten wir auf dem Fluss unten ein Motorboot. Es war zu nahe am Ufer, als dass wir es hätten sehen können, aber wir hörten, wie es landete. Gewöhnlich braucht man mehrere Minuten, um zu der Lichtung hinaufzukommen, aber viel eher als erwartet kam ein Mann mit einem dunkelbraunen Gesicht zum Vorschein.
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