Der Pilger Kamanita: Ein Legendenroman - Gjellerup, Karl - kostenlos E-Book

Der Pilger Kamanita: Ein Legendenroman E-Book

Karl, Gjellerup

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The Project Gutenberg eBook, Der Pilger Kamanita, by Karl Adolph Gjellerup

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Title: Der Pilger Kamanita

Author: Karl Adolph Gjellerup

Release Date: February 7, 2005 [eBook #14962]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER PILGER KAMANITA***

E-text prepared by Inka Weide and the Project Gutenberg Online Distributed Proofreading Team

Der Pilger Kamanita

Ein Legendenroman von Karl Gjellerup

Inhaltsverzeichnis

I. DER ERHABENE BEGRÜSST DIE STADT DER FÜNF HÜGELII. DIE BEGEGNUNGIII. NACH DEM UFER DER GANGAIV. DIE BALLSPIELERINV. DAS MAGISCHE BILDNISVI. AUF DER TERRASSE DER SORGENLOSENVII. IN DER SCHLUCHTVIII. DIE PARADIESKNOSPEIX. UNTER DEM RÄUBERGESTIRNX. GEHEIMLEHREXI. DER ELEFANTENRÜSSELXII. AM GRABE DES HEILIGEN VAJAÇRAVASXIII. DER LEBEMANNXIV. DER EHEMANNXV. DER KAHLE PFAFFXVI. KAMPFBEREITXVII. IN DIE HEIMATLOSIGKEITXVIII. IN DER HALLE DES HAFNERSXIX. DER MEISTERXX. DAS UNVERNÜNFTIGE KINDXXI. MITTEN IM LAUFEXXII. IM PARADIESE DES WESTENSXXIII. SELIGE REIGENXXIV. DER KORALLENBAUMXXV. DIE KNOSPE ÖFFNET SICHXXVI. DIE KETTE MIT DEM TIGERAUGEXXVII. DER WAHRHEITSAKT (SACCAKIRIYA)XXVIII. AM GESTADE DER HIMMLISCHEN GANGAXXIX. IM DUFTE DER KORALLENBLÜTENXXX. "ALLES ENTSTANDENE--"XXXI. DIE ERSCHEINUNG AUF DER TERRASSEXXXII. SATAGIRAXXXIII. ANGULIMALAXXXIV. DIE SPEERHÖLLEXXXV. LAUTERE SPENDEXXXVI. BUDDHA UND KRISHNAXXXVII. PARADIESWELKENXXXVIII. IM REICHE DES HUNDERTTAUSENDFACHEN BRAHMAXXXIX. WELTENDÄMMERUNGXL. IM KRISHNAHAINXLI. DER LEICHTE SPRUCHXLII. DIE KRANKE NONNEXLIII. DAS NIRVANA DES VOLLENDETENXLIV. VASITTHIS VERMÄCHTNISXLV. WELTENNACHT UND WELTENGRAUENNOTE

I. DER ERHABENE BEGRÜSST DIE STADT DER FÜNF HÜGEL

inst wanderte der Buddha im Lande Magadha von Ort zu Ort und kam nach Rajagaha. Der Tag ging schon zur Neige, als der Erhabene sich der Stadt der fünf Hügel näherte. Gleich dem Abglanz einer segnenden Götterhand breiteten sich die milden Strahlen der Sonne über die weite, mit grünen Reisfeldern und Wiesen bedeckte Ebene. Hier und dort zeigten kleine an der Erde hinkriechende Wölkchen, wie aus reinstem Goldstaube, daß Menschen und Ochsen von der Feldarbeit heimkehrten; und die langgestreckten Schatten der Baumgruppen waren wie von einer regenbogenfarbigen Glorie umgeben. Aus dem Kranze der blühenden Gärten glänzten die Torzinnen, Terrassen, Kuppeln und Türme der Hauptstadt hervor, und in unvergleichlichem Farbenschmelz, als wären sie aus Topasen, Amethysten und Opalen gebildet, lag die Reihe der Felsenhügel da.

Von diesem Anblick ergriffen, blieb der Erhabene stehen. Mit Freuden begrüsste er jene vertrauten Formen, die so manche Erinnerungen für ihn bargen: das graue Horn, das breite Joch, den Seherfelsen und den Geierkulm, "dessen schöner Gipfel die andern wie ein Dach überragt";--vor allen aber Vibhara, den Berg der heissen Quellen, der mit seiner Höhle des Sattapannibaumes dem Heimatlosen eine erste Heimat bereitet hatte--die erste Rast auf dem letzten Wege vom Sansara ins Nirvana.

Denn als er damals "noch in frischer Blüte, mit glänzendem, dunklem Haar, im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter, gegen den Wunsch seiner weinenden und klagenden Eltern" das fürstliche Vaterhaus im nördlichen Lande der Sakyer verlassen und seine Schritte nach dem Gangatal gerichtet hatte, da gönnte er sich erst dort einen längeren Aufenthalt, indem er jeden Morgen um Almosenspeise nach Rajagaha ging. In jener Höhle hatte ihn auch damals der König von Magadha, Bimbisara, besucht und ihn vergebens beschworen, ins Elternhaus und ins Weltleben zurückzukehren, bis der Fürst, durch die Worte des jungen Asketen umgestimmt, das erste Vertrauen fasste, das ihn später zum Anhänger des Buddha machte.

Lange Zeit war seitdem verflossen--ein halbes Jahrhundert, in dem er nicht nur seinen eigenen Lebenslauf, sondern den Lauf der Welt gewendet hatte. Welcher Unterschied zwischen damals, als er drüben in der Höhle des Sattapannibaumes weilte, und jetzt! Damals war er noch ein Suchender, ein nach der Erlösung Ringender: schreckliche Seelenkämpfe standen ihm noch bevor, jahrelange, ebenso furchtbare wie fruchtlose Kasteiungen, bei deren Schilderungen selbst dem Beherztesten seiner Zuhörer sich die Haare vor Entsetzen sträubten;--bis er dann endlich, nach völliger Überwindung solcher Schmerzensaskese, durch inbrünstige Selbstvertiefung die Erleuchtung errang und zum Heil der Wesen als ein allerhöchster, vollendeter Buddha aus dem Kampfe hervorging.

Damals ähnelte sein Leben einem unstäten Vormittag in der Regenzeit, wo blendender Sonnenschein und tiefe Schatten wechseln, während der Monsun die Wolken immer höher aufeinander türmt, und das tödlich drohende Gewitter immer näher grollt. Jetzt aber war es von demselben abendlichen, heiteren Frieden erfüllt, der über dieser Landschaft ruhte, und der immer tiefer und verklärter zu werden schien, je mehr der Sonnenball sich dem Horizonte näherte. Auch die Sonne seines Lebenstages neigte sich ja dem Untergange zu. Sein Werk war vollbracht. Das Reich der Wahrheit war fest begründet, die Heilslehre der Menschheit verkündet; viele wandel- und wissensbewährte Mönche und Nonnen und Laien-Anhänger beiderlei Geschlechts waren fähig, dieses Reich zu schützen, diese Lehre aufrechtzuerhalten und weiterzuverbreiten. Und schon stand nach den Erwägungen dieses Tages, den er mit einsamer Wanderung zugebracht hatte, die Erkenntnis in seinem Herzen fest: gar bald wird es für mich Zeit sein, auf immer diese Welt zu verlassen, aus der ich mich selber und alle, die mir folgen, erlöst habe, und in die Ruhe Nirvanas einzugehen.--

Und die Gegend mit wehmütigem Gefallen überblickend, sprach der Erhabene bei sich selber:

"Lieblich fürwahr ist Rajagaha, die Stadt der fünf Hügel, reizend sind ihre Umgebungen! Reich gesegnet sind die Felder, herzerfreuend die baumbeschatteten, wasserblinkenden Auen, überaus anmutig die buschigen Felsenhügel.--Zum letzten Male sehe ich ja jetzt von diesem schönsten Punkte aus diese liebliche Gegend. Nur einmal noch, wenn ich weiterziehe und mich auf jenem Joche umwende, werde ich von drüben das liebliche Tal Rajagahas erblicken und dann nimmermehr."

In der Stadt ragten nur noch zwei Bauwerke goldig in das Sonnenlicht empor: der höchste Turm des Königspalastes, von wo aus Bimbisara ihn zuerst erspäht hatte, als er, ein junger unbekannter Asket, seine Straße zog und durch seinen hohen Anstand die Aufmerksamkeit des Magadhakönigs auf sich lenkte;--und der Kuppelaufsatz des Indratempels, in welchem damals, bevor sein Wort die Menschen von blutigem Aberglauben erlöst hatte, Tausende und Abertausende von unschuldigen Tieren jährlich dem Gott zu Ehren hingeschlachtet wurden. Nun tauchten auch die Turmzinnen erlöschend in das steigende Schattenmeer unter, und nur jener Kegel von goldenen, übereinandergespannten Sonnenschirmen,[1] der den Tempeldom krönte, glühte noch, gleichsam frei in der Luft schwebend, als ein Wahrzeichen der "Königsstadt"[2];--immer röter sprühte und funkelte er auf dem dunkelblauen Hintergrund von hochragenden Baumwipfeln. Und hier erblickte der Erhabene das immer noch ziemlich entfernte Ziel seiner Wanderung. Denn jene Baumwipfel waren die des Mangohaines jenseits der Stadt, der ihm von seinem Anhänger Jivaka, dem Leibarzt des Königs, geschenkt worden war, und in welchem ein schönes Klostergebäude den Mönchen gesunde und bequeme Unterkunft gewährte.

[1] Der goldene Sonnenschirm ist das Emblem der Königswürde.

Nach diesem Besitztum des Ordens hatte nun der Erhabene die ihn begleitenden Mönche--zweihundert an der Zahl--unter der Leitung seines Vetters und treuen Begleiters Ananda vorausgehen lassen, weil es ihn lockte, die Wonne einer einsamen Tageswanderung zu kosten. Und es war ihm bekannt, daß um die Zeit des Sonnenunterganges von Westen her ein Zug junger Mönche, geführt vom weisen Sariputta, dem großen Schüler, in dem Mangohain eintreffen würde. In seinem lebhaften, auf das Anschauliche gerichteten Geiste spielte sich nun das Schauspiel ab, wie die ankommenden Mönche mit den schon anwesenden sich freundlich begrüßten, wie ihnen von jenen Sitz und Lagerstatt angewiesen, Mantel und Almosenschale abgenommen wurden, und wie dabei großer Lärm und lautes Geschrei entstand, als ob Fischer um die Beute rauften. Und ihm, der stille Betrachtung liebte und dem Lärm abhold war, wie der einsam wandernde Löwe: ihm war gerade jetzt, nach der köstlichen Ruhe der einsamen Wanderung und dem friedlichen Segen dieser Abendlandschaft, der Gedanke doppelt peinlich, in ein solches Treiben hineinzugeraten.

Und so entschloß er sich im Weiterschreiten, nicht durch die Stadt nach seinem Mangohain zu gehen, sondern in dem ersten besten Hause des Vorortes, in dem er Unterkunft finden konnte, sein Nachtlager aufzuschlagen.

Unterdessen waren die goldigen Flammen des westlichen Himmels in brennende Orangetöne verweht und diese wiederum in die feurigste Scharlachglut zerschmolzen. Ringsum leuchteten die Felder immer grüner und grüner, als ob die Erde ein Smaragd wäre, der von innen durchstrahlt würde. Aber schon umspann ein traumhaft violetter Dunst die Ferne, während eine fast übersinnliche Purpurflut--man wußte nicht, ob Licht, ob Schatten--wie von überallher niedersinkend, emporsteigend und hereinströmend, den ganzen Raum durchwallte, Festes auflösend und Loses sammelnd, Nahes fortschwemmend und Fernes heranflutend, Alles aber in Schwanken und flimmerndes Zittern versetzend....

Durch die Schritte des einsamen Wanderers emporgeschreckt, hakte ein fliegender Hund seine ledernen Flügel von dem Zweig eines schwarzen Salabaumes los und strich mit piepsendem Schrei durch die Dämmerung, um den Obstgärten des dorfähnlichen Vorortes einen Besuch abzustatten.

So war es Abend geworden, als der Erhabene diesen Vorort Rajagahas erreichte.

II. DIE BEGEGNUNG

eim ersten Hause, dessen Wand bläulich zwischen den Gartenbäumen hervorschimmerte, gedachte der Erhabene vorzusprechen. Wie er sich nun aber der Tür nähern wollte, wurde er ein Netz gewahr, das auf einen Ast gehängt war. Und der Erhabene schritt fürbass, das Haus des Vogelstellers verschmähend.

An diesem äußeren Rande des Ortes waren die Häuser spärlich verstreut, auch hatte dort unlängst eine Feuersbrunst gewütet, und so dauerte es denn eine Weile, bis er wieder an eine menschliche Wohnung kam. Es war dies das Gehöft eines wohlhabenden Brahmanen. Der Erhabene war schon zum Tor hereingetreten, da hörte er, wie drinnen die beiden Frauen des Brahmanen keiften, mit lauten schreienden Stimmen sich zankten und sich gegenseitig mit groben Schimpfworten bewarfen. Und der Erhabene wendete sich um, trat wieder zum Torwege hinaus und schritt fürbaß.

Der Lustgarten jenes reichen Brahmanen erstreckte sich weithin den Weg entlang. Der Erhabene begann schon Müdigkeit zu spüren, und sein rechter Fuß, von einem scharfen Stein verletzt, schmerzte ihn im Weiterschreiten. So näherte er sich endlich dem nächsten Wohnhause, das schon von weitem sichtbar war; denn heller Lichtschimmer strömte quer über den Weg durch das Gitter der Fensterläden und die offenstehende Tür. Wäre aber auch ein Blinder gekommen, so hätte er doch das Haus bemerkt, denn übermütiges Lachen, Becherklang, Stampfen tanzender Füße und lieblich heitere Töne der siebensaitigen Vina drangen ins Freie heraus; an den Türpfosten gelehnt aber stand ein schönes Mädchen in reichem Seidengewand und mit Jasmingewinden behangen. Lachend ihre vom Betelkauen roten Zähne zeigend, lud sie den Wanderer ein: "Tritt herein, Fremder! Hier wohnt die Freude."

Und der Erhabene schritt fürbaß, seines Wortes gedenkend: "Als Weinen gilt im Orden der Heiligen das Singen; als Tollsein gilt im Orden der Heiligen der Tanz; als kindisch gilt im Orden der Heiligen das Zähnezeigen zur Unzeit, das Lachen: Genüg' euch in Wahrheit Entzückten das Lächeln des lächelnden Blickes."

Das Nachbarhaus war nicht weit entfernt, aber der Lärm der Zecher und der Vinaspieler drang bis dahin, und so ging der Buddha weiter bis zum nächsten Hause. Neben diesem waren aber zwei Metzgergesellen beim letzten Schimmer des Tageslichtes eifrig am Werk, eine soeben geschlachtete Kuh mit scharfen Messern zu zerlegen.

Und der Erhabene schritt an der Wohnung des Schlächters vorüber.

Vor dem nächsten Hause standen viele Schüsseln und Näpfe aus frischem Ton, die Ausbeute einer rechtschaffenen Tagesarbeit; unter einer Tamarinde befand sich das Töpferrad, und der Hafner löste gerade eine Schüssel davon ab und trug sie zu den anderen.

Der Erhabene trat zum Hafner hin, begrüßte ihn höflich und sagte:

"Wenn es dir, Abkömmling Bhagas, nicht ungelegen ist, bleibe ich über Nacht in deinem Vorsaale."

"Es ist mir, o Herr, nicht ungelegen. Doch ist soeben ein Pilger angekommen, müde von einer langen Wanderung. Und er hat schon sein Lager hier aufgeschlagen. Wenn es ihm recht ist, mögest du bleiben, o Herr, nach Belieben."

Und der Erhabene überlegte sich: "Einsamkeit freilich ist der beste Gefährte. Aber dieser liebe Pilger ist hier spät angekommen, wie ich selber, müde von einer langen Wanderung. Und er ist an den Häusern unreiner, blutiger Gewerbe vorbeigegangen, ist an dem Hause des Zankes und des gehässigen Streits und an dem Hause des Lärms und der unwürdigen Freuden vorübergeschritten, um erst hier beim Hafner einzukehren. Mit einem solchen Manne zusammen kann man die Nacht verbringen."

So trat denn der Erhabene in die Vorhalle ein, wo er einen jungen Mann von edlen Gesichtszügen gewahr wurde, der in der einen Ecke auf einer Matte saß.

"Wenn es dir, Pilger, nicht ungelegen ist," sprach der Erhabene zu ihm, "bleibe ich über Nacht hier im Vorsaale."

"Geräumig, Bruder, ist der Vorsaal des Hafners; bleibe der Ehrwürdige nach Belieben."

Da breitete nun der Erhabene an der einen Wand die Strohmatte hin und setzte sich nieder, die Beine gekreuzt, den Körper gerade aufgerichtet, in heiliges Sinnen versunken. Und der Erhabene brachte die ersten Stunden der Nacht sitzend zu. Und auch der junge Pilger brachte die ersten Stunden der Nacht sitzend zu.

Da gedachte denn der Erhabene bei sich: "Ob wohl dieser edle Sohn fröhlich beflissen ist?--Wie, wenn ich ihn nun darum fragte?"

Und der Erhabene wandte sich also an den jungen Pilger:

"Weshalb, o Pilger, bist du in die Heimatlosigkeit gegangen?"

Der junge Pilger antwortete:

"Nur ein paar Nachtstunden sind vergangen. Wohlan, wenn mir der Ehrwürdige seine Aufmerksamkeit schenken will, werde ich erzählen, weshalb ich in die Heimatlosigkeit gegangen bin."

Der Erhabene gab durch freundliches Kopfnicken sein Einverständnis zu erkennen, und der junge Pilger hub zu erzählen an.

III. NACH DEM UFER DER GANGA

ch heisse Kamanita mit Namen und bin in Ujjeni geboren, einer weit im Süden gelegenen Stadt, im Lande Avanti, im Gebirge. Dort kam ich in einer begüterten, wenn auch nicht sehr vornehmen Kaufmannsfamilie zur Welt. Mein Vater ließ mir eine gute Erziehung zuteil werden, und als ich die Opferschnur anlegte, war ich schon ziemlich im Besitze der meisten Fertigkeiten, die sich für einen jungen Mann von Stand passen, so daß man allgemein glaubte, ich müßte in Takkasila[1] erzogen worden sein. Im Ringkampf und im Degenfechten war ich einer der ersten; ich hatte eine schöne, wohlgeübte Singstimme und verstand die Vina kunstreich zu schlagen; ich konnte alle Gedichte Bharatas und noch viele andere auswendig hersagen; mit den Geheimnissen der Metrik war ich aufs innigste vertraut, und verstand auch selber gefühlvolle und sinnreiche Verse zu schreiben. Im Zeichnen und Malen übertrafen mich nur Wenige, und meine Art Blumen zu streuen wurde allgemein bewundert. Groß war mein Geschick im Färben der Kristalle und meine Kenntnis von der Herkunft der Juwelen; keine Papageien oder Predigerkrähen sprachen so gut wie diejenigen, die ich abgerichtet hatte. Auch verstand ich von Grund aus das vierundsechzigfeldige Brettspiel, das Stäbchenspiel, das Bogenspiel und das Ballspiel in allen seinen Abarten, sowie allerlei Rätsel- und Blumenspiele. Und es wurde, o Fremder, eine sprichwörtliche Redensart in Ujjeni: "Vielbefähigt wie der junge Kamanita."

[1] Das Oxford des alten Indien (in Pendschab gelegen).

Als ich zwanzig Jahre alt war, ließ mein Vater mich eines Tages rufen und sprach also zu mir:

"Mein Sohn, deine Erziehung ist jetzt vollendet, und es ist Zeit, daß du dich in der Welt umsiehst und dein Kaufmannsleben beginnst, auch habe ich dafür jetzt eine gute Gelegenheit gefunden. In diesen Tagen schickt unser König eine Gesandtschaft an den König Udena in Kosambi, weit von hier, im Norden. Dort habe ich aber einen Gastfreund Panada. Der hat mir längst gesagt, in Kosambi wäre mit Produkten unseres Landes, besonders mit Bergkristallen und Sandelpulver, sowie mit unseren kunstvollen Rohrgeflechten und Weberwaren ein gutes Geschäft zu machen. Ich habe aber immer eine solche Geschäftsreise als ein großes Wagnis gescheut wegen der vielen Gefahren des Weges. Wer nun aber die Hin- und Herreise im Gefolge dieser Gesandtschaft macht, für den ist gar keine Gefahr vorhanden. Wohlan, mein Sohn, wir wollen auf den Lagerplatz gehen und uns die zwölf Ochsenwagen und die Waren ansehen, die ich für deine Fahrt bestimmt habe; du wirst für unsere Produkte Musselin aus Benares und ausgesuchten Reis mit zurückbringen, und das wird, hoffe ich, ein glorreicher Anfang deiner kaufmännischen Laufbahn sein; auch wirst du Gelegenheit haben, fremde Länder mit anderer Natur und anderen Sitten kennen zu lernen und unterwegs mit Hofleuten, Männern vom höchsten Anstande und feinsten Betragen tagtäglich zu verkehren, was ich für einen hohen Gewinn erachte; denn ein Kaufherr muß ein Weltmann sein."

Ich dankte meinem Vater unter Freudentränen, und schon wenige Tage danach nahm ich vom Elternhause Abschied.

Wie schlug mein Herz vor freudiger Erwartung, als ich inmitten dieses prächtigen Zuges, an der Spitze meiner Karren, zum Stadttor hinauszog und die weite Welt offen vor mir lag. Jeder Tag dieser Reise war mir wie ein Fest, und wenn abends die Lagerfeuer flammten, um Tiger und Panther zu verscheuchen, und ich im Kreise älterer und vornehmer Männer an der Seite des Gesandten saß, dünkte ich mich vollends im Märchenland.

Durch den herrlichen Waldbereich Vedisas und über die sanften Höhenzüge des Vindhyagebirges erreichten wir die ungeheure nördliche Ebene, wo eine ganz neue Welt sich mir eröffnete; denn ich hätte nie gedacht, daß die Erde so flach und so groß sei. Und etwa einen Monat nach unserer Abreise sahen wir an einem herrlichen Abend, von einer palmengekrönten Anhöhe aus, zwei goldene Bänder, die sich dem Dunstkreise des Horizontes entwanden, das unendliche Grün durchzogen und sich allmählich einander näherten, bis sie sich zu einem breiten Band vereinigten.

Eine Hand berührte meine Schulter.

Es war der Gesandte, der an mich herangetreten war.

"Da siehst du, Kamanita, die heilige Jamuna und die hochheilige Ganga, die dort vor unseren Augen ihre Fluten vereinigen."

Unwillkürlich erhob ich anbetend meine Hände.

"Du tust recht, sie also zu grüßen," fuhr mein Beschützer fort. "Denn wenn die Ganga von dem Göttersitz im nördlichen Schneegebirge kommt und gleichsam aus der Ewigkeit flutet, so kommt die Jamuna aus fernen Heldenzeiten, und ihre Fluten haben die Trümmer der Ilfenstadt[1] gespiegelt und jene Ebene bespült, wo die Panduinge und die Kuruinge um die Herrschaft rangen, wo Karna in seinem Zelte grollte, wo Krishna selber die Rosse Arjunas lenkte--doch ich brauche dich ja nicht daran zu erinnern, da du in den alten Heldenliedern wohl bewandert bist. Oft habe ich drüben auf jener spitzen Landzunge gestanden und gesehen, wie die blauen Wogen der Jamuna neben den gelben der Ganga dahinflossen, ohne sich mit ihnen zu vermischen, so wie die Kriegerkaste neben der Brahmanenkaste unvermischt besteht. Dann kam es mir vor, als ob ich mit dem Rauschen dieser blauen Fluten auch kriegerische Klänge vernähme, Waffengetöse und Hörnerrufe, Wiehern von Rossen und Trompeten der Kampfilfen, und mein Herz schlug höher, denn auch meine Ahnen waren ja dabei gewesen und der Sand Kurukschetras hatte ihr Heldenblut getrunken."

Voll Bewunderung blickte ich zu diesem Manne aus der Kriegerkaste empor, in dessen Familie solche Erinnerungen lebten.

Er aber faßte mich an der Hand.

"Komm, mein Sohn, und begrüße das Ziel deiner ersten Reise."

Und er führte mich nur wenige Schritte um ein dichtes Gebüsch herum, das bis jetzt die Aussicht nach Osten verdeckt hatte.

Als diese sich nun plötzlich öffnete, stieß ich unwillkürlich einen Schrei der Bewunderung aus.

Dort--an einer Biegung der breiten Ganga--lag eine große Stadt: Kosambi.

Mit ihren Mauern und Türmen, ihrer aufsteigenden Häusermasse, ihren Terrassen, ihren Quais und Ghâts[1] sah sie, von der untergehenden Sonne beleuchtet, wahrlich aus, als wäre sie ganz und gar aus rotem Gold gebaut--so wie es ja Benares war, bis die Sünden der Einwohner es in Stein und Mörtel verwandelten;--die wirklich goldenen Kuppeln aber glänzten wie ebensoviele Sonnen. Oben von den Tempelhöfen stiegen dunkle, rotbraune Rauchsäulen, von den Leichenverbrennungsstätten am Ufer solche von hellblauer Farbe, kerzengerade in die Höhe, und, gleichsam von ihnen getragen, schwebte baldachinartig über dem Ganzen ein Schleier wie aus den zartesten Perlmuttertönen gewoben, während dahinter alle Farben, die da brennen und leuchten können, über den Himmel ausgegossen durcheinander glühten. Auf dem heiligen Strom, der diesen Glanz widerspiegelte, schaukelten unzählige Boote mit bunten Segeln und Wimpeln, und trotz der Entfernung sah man, wie die breiten Treppen der Ghâts von Leuten wimmelten, während viele schon unten in den glitzernden Wellen plätscherten. Ein fröhliches Geräusch, wie das Summen eines Bienenkorbes, drang von Zeit zu Zeit zu uns herauf.

[1] Landungsplatz mit prachtvollen Freitreppen für Badende--gewöhnlich von Vorsprüngen und Kiosken unterbrochen und durch einen monumentalen Torbau abgeschlossen.

Du kannst dir denken, daß ich eher eine Stadt der dreiunddreißig Götter als eine der Menschen zu sehen vermeinte, wie denn überhaupt das Gangatal mit seinem üppigen Reichtum uns Bergbewohnern wie das Paradies vorkam. Und für mich sollte ja auch hier das Paradies auf Erden sich zeigen.

Noch in derselben Nacht schlief ich unter dem wirtlichen Dache Panadas, des Gastfreundes meines Vaters. Früh am folgenden Tage eilte ich aber zum nächsten Ghât und stieg mit unbeschreiblichen Gefühlen in die heiligen Wogen, um nicht nur den Reisestaub, sondern auch meine Sünden abzuspülen. Diese waren infolge meiner Jugend ja nur gering; ich füllte aber eine große Flasche mit dem Gangawasser, um sie meinem Vater mitzubringen. Sie ist jedoch, wie du erfahren wirst, leider nie in seinen Besitz gekommen.

Der edle Panada, ein Greis von ehrwürdigstem Aussehen, führte mich nun nach den Kaufhallen, und durch seine freundliche Hilfe gelang es mir, im Verlaufe der folgenden Tage meine Waren vorteilhaft zu verkaufen und eine überreiche Menge von den bei uns sehr geschätzten Produkten der nördlichen Ebene einzukaufen.

Dies mein Geschäft war glücklich zu Ende gebracht, bevor die Gesandtschaft noch daran dachte, sich zur Abreise zu rüsten, was mich keineswegs verdroß; denn ich hatte nun volle Freiheit, mir die Stadt anzusehen und ihre Vergnügungen zu genießen, was ich in der Gesellschaft Somadattas, des Sohnes meines Wirtes, in ausgiebigstem Maße tat.

IV. DIE BALLSPIELERIN

n einem schönen Nachmittage begaben wir uns in einen öffentlichen Garten vor der Stadt--eine gar prächtige Anlage unmittelbar am hohen Ufer der Ganga mit schattigen Baumgruppen, großen Lotusteichen, Marmorhäuschen und Jasminlauben, wo zu dieser Tageszeit immer ein reges Treiben herrschte. Hier ließen wir uns in einer goldenen Schaukel von der Dienerschaft schaukeln, während wir den herzerfreuenden Tönen der liebestrunkenen Kokila und dem süßen Plaudern der grünen Papageien lauschten. Da erhob sich plötzlich ein gar erheiterndes Klingen von Fußspangen. Sofort sprang mein Freund aus der Schaukel und rief:

"Sieh da! Gerade kommen die schönsten Mädchen von Kosambi, auserlesene Jungfrauen aus den reichsten und vornehmsten Häusern, um die Vindhya-bewohnende Göttin durch Ballspiel zu verehren. Du kannst von Glück sagen, Gastfreund! denn bei diesem Spiel kann man sie ungehindert sehen! Komm, wir wollen diese Gelegenheit nicht versäumen."

Ich ließ mir dies natürlich nicht zweimal sagen, sondern folgte eiligst meinem Freunde.

Auf einer großen, edelsteinbesetzten. Bühne erschienen sofort die Mädchen, zum Spiele bereit. Wenn es nun schon eine seltene Augenweide war, diese Schar von Schönheiten in ihrem Glanz von schimmernder Seide, duftigen Musselinschleiern, Perlen, Edelsteinen und Goldspangen zu sehen--was soll man dann erst von dem Spiele selbst sagen, das diesen Schwellgliederigen die mannigfaltigste Gelegenheit gab, ihre ganze Anmut in überaus reizenden Stellungen und Bewegungen zu entfalten? Und doch war das nur gleichsam ein Vorspiel. Denn als diese Gazellenäugigen uns eine geraume Zeit durch die verschiedenartigsten Spiele ergötzt hatten, traten sie alle zurück, und nur eine blieb in der Mitte der edelsteinbesetzten Bühne--und in der Mitte meines Herzens stehen.

Ach, mein Freund, was soll ich sagen! Von ihrer Schönheit zu reden wäre Verwegenheit! Denn ich müßte ein Dichter sein wie Bharata selbst, um auch nur einen schwachen Abglanz davon deiner Phantasie vorzuzaubern. Es sei genug, hervorzuheben, daß diese Mondgesichtige von makelloser Gestalt und an allen Gliedern von frischer Jugend umblüht war, daß sie mir als die leibliche Glücks- und Schönheitsgöttin erschien, und daß alle meine Körperhärchen sich bei diesem Anblick vor Entzücken sträubten. Und nun begann sie zu Ehren der Göttin, deren Verkörperung sie schien, ein kunstreiches Spiel. Lässig warf sie den Ball zu Boden, und als er dann langsam emporstieg, gab sie ihm mit ihrer schößlinggleichen Hand, deren Daumen sie etwas krümmte und deren zarte Finger sie ausstreckte, einen kräftigen Schlag, trieb dann den aufsteigenden Ball mit dem Handrücken empor und fing ihn beim Herabfallen in der Luft wieder auf. Sie warf ihn in langsamem, in mittlerem und in raschem Tempo, bald ihn anfeuernd, bald ihn besänftigend, schlug ihn abwechselnd mit der linken und mit der rechten Hand, trieb ihn in jede Himmelsrichtung und wieder zurück. Wenn du--wie's mir aus deinem verständnisvollen Blick scheinen will--mit der Spielballwissenschaft vertraut bist, so brauche ich dir nichts zu sagen, als daß du wohl niemals das Curnapada und das Gitamarga so vollkommen ausgeführt gesehen haben wirst.

Dann aber machte sie etwas, was ich nie gesehen und wovon ich auch nie gehört habe. Sie nahm nämlich zwei goldene Bälle, und während ihre Füße zum Klange ihrer Schmuckjuwelen sich tanzend bewegten, ließ sie diese Bälle so schnell in blitzartigen Linien springen, daß man gleichsam nur die Goldstäbchen eines Käfigs sah, in dem ein Wundervogel niedlich umherhüpfte. Dabei geschah es, daß unsere Blicke sich plötzlich begegneten; und noch heute, o Fremder, verstehe ich nicht, wie es zuging, daß ich nicht augenblicklich tot niedersank, um in einem Wonnehimmel wiedergeboren zu werden. Aber es mag wohl sein, daß meine Werke eines vorhergehenden Lebens, deren Früchte ich in diesem genießen muß, noch nicht erschöpft waren; denn dieser Rest meines Wandels von einst hat mich ja in der Tat durch mehrere tödliche Gefahren bis auf den heutigen Tag gebracht und wird wohl noch lange vorhalten.

Gerade jetzt aber entfloh ihr einer der Bälle, die ihr bisher so gehorsam gewesen waren, und sprang in einem mächtigen Satze von der Bühne herunter. Viele junge Leute eilten ihm nach; ich und ein junger, reich gekleideter Mann erreichten ihn gleichzeitig und wir gerieten aneinander, weil keiner ihn dem anderen gönnte. Durch mein genaues Vertrautsein mit den Kniffen der Ringerkunst gelang es mir, ihm ein Bein zu stellen; er aber ergriff, um mich zurückzuhalten, meine kristallene Halskette, an der ich ein Amulett trug. Die Kette zerriß, er stürzte zu Boden und ich erhaschte den Ball. Wütend sprang er auf und schleuderte mir die Kette vor die Füße. Das Amulett war ein Tigerauge, kein gerade sehr kostbarer Stein, aber dieser war ein unfehlbares Mittel gegen den bösen Blick--und jetzt, als der seine mich traf, mußte ich ihn gerade vermissen. Aber was kümmerte mich das? Hielt ich doch den Ball, den ihre Lotushand soeben berührt hatte, in Händen, und als sehr geschicktem Ballspieler gelang es mir, einen so genau berechneten Wurf zu tun, daß der Ball gerade vor der einen Ecke der Bühne aufschlug, um dann mit einem mäßigen Sprung gleichsam bezähmt in den Bereich der schönen Spielerin zu gelangen, die keinen Augenblick aufgehört hatte, den anderen Ball in Bewegung zu erhalten, und sich nun wieder in ihren Goldkäfig einspann--unter großem Jubel der zahlreichen Zuschauer.

Damit war denn nun die Ballspielverehrung der Lakshmi zu Ende, die Mädchen verschwanden von der Bühne, und wir begaben uns auf den Heimweg.

Unterwegs meinte mein Freund, es sei gut, daß ich nichts dort am Hofe erreichen wollte, denn der junge Mann, dem ich den Ball abgejagt hätte, sei kein geringerer als der Sohn des Ministers, und man habe es ihm angesehen, daß er mir unversöhnlichen Haß geschworen habe. Das ließ mich nun völlig kalt; wie viel lieber hätte ich erfahren, wer meine Göttin war. Ich scheute mich aber, danach zu fragen, ja, als Somadatta mich mit der Schönen necken wollte, tat ich sehr gleichgültig, lobte in Kennerausdrücken ihre Fertigkeit im Spielen, fügte jedoch hinzu, daß wir in meiner Heimatstadt wenigstens ebenso geschickte Spielerinnen hätten--während ich in meinem Herzen der Unvergleichlichen diese Lüge abbat.

Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß diese Nacht kein Schlaf in meine Augen kam, die ich nur schloß, um immer wieder von der reizenden Erscheinung umschwebt zu werden. Den nächsten Tag brachte ich in einer von allem Tageslärm entfernten Ecke des Hausgartens zu, wo der Sandboden unter einem Mangobaum meinem von Liebesglut gepeinigten Körper Kühlung bot, die siebensaitige Vina als einzige Gefährtin, der ich meine Sehnsucht anvertraute. Sobald aber die abnehmende Tageshitze einen Ausflug erlaubte, überredete ich Somadatta, mit mir nach dem Lustgarten zu fahren, obschon er es vorgezogen hätte, einem Wachtelkampf beizuwohnen. Aber umsonst durchirrte ich den ganzen Park--viele Mädchen waren da, überall ihr Spiel treibend, als wollten sie mich mit falscher Hoffnung von einem Ort zum anderen locken; aber jene einzige, Lakshmis Ebenbild, war nicht darunter.

Nun tat ich, als ob ich eine unwiderstehliche Sehnsucht hätte, das eigentümliche Leben an der Ganga wieder zu genießen. Wir besuchten alle Ghâts und bestiegen schließlich eine Barke, um uns in die fröhliche Flottille zu mischen, die jeden Abend auf den Wogen des heiligen Stromes schaukelte, bis das Farbenspiel und der Goldglanz erloschen und Lichter von Fackeln und Lampions auf dem Strome tanzten und wirbelten.

Dann mußte ich endlich meine ebenso stumme wie stürmische Hoffnung aufgeben und den Bootsführer anweisen, nach dem nächsten Ghât zu steuern.

Nach einer schlaflosen Nacht blieb ich in meinem Zimmer, und um meinen Geist, der doch nur von ihrem Bild erfüllt war, zu beschäftigen und zu zerstreuen, bis ich wieder in den Lustgarten eilen konnte, versuchte ich mittelst Pinsel und Farben ihre holde Erscheinung, wie sie tanzenden Schrittes den Ball schlug, auf die Tafel zu bannen. Keinen Bissen vermochte ich zu mir zu nehmen; denn wie der lieblich singende Çakora nur von Mondstrahlen lebt, also lebte ich nur von den Strahlen jener Mondgesichtigen, obgleich sie mich nur durch den Nebel der Erinnerung erreichten; doch hoffte ich zuversichtlich, daß sie an diesem Abend im Lustgarten mit ihrem vollen Glanz mich letzen und beleben würden. Aber auch diesmal wurde ich enttäuscht. Nun wollte Somadatta mich in ein Spielhaus mitnehmen, denn er war so versessen auf das Würfelspiel wie Nala, nachdem der Dämon Kali in ihn gefahren war. Ich schützte indessen Müdigkeit vor. Aber anstatt nach Hause zu gehen, begab ich mich wieder nach den Ghâts und auf den Fluß hinaus--leider nicht mit besserem Erfolg als am vorhergehenden Abend.

V. DAS MAGISCHE BILDNIS

a ich wußte, daß für mich doch nicht an Schlaf zu denken war, legte ich mich an diesem Abend gar nicht zu Bett, sondern setzte mich auf das zur Andacht bestimmte Graslager am Kopfende des Bettes, und brachte dort unter inbrünstigen Liebesbetrachtungen und im Gebet an die lotustragende Lakshmi, ihr himmlisches Urbild, in frommer und geziemender Weise die Nacht zu; aber die frühe Morgensonne fand mich wieder mit Pinsel und Farben an der Arbeit.

Mehrere Stunden waren mir dabei im Fluge vergangen, als Somadatta hereintrat. Ich hatte gerade noch Zeit, die Tafel und die Malwerkzeuge unters Bett zu schieben, als ich ihn kommen hörte. Dies tat ich ganz unwillkürlich.

Somadatta nahm einen niedrigen Stuhl, setzte sich neben mich und betrachtete mich lächelnd.

"Ich merke wohl," sagte er, "daß unserem Hause die Ehre widerfahren soll, die Ausgangsstätte eines Heiligen zu sein. Du fastest ja, wie es nur die strengsten Asketen tun, und enthältst dich der üppigen Gewohnheit des Lagers. Denn weder auf den Kopf- und Fußkissen noch auf der Matratze ist der geringste Eindruck deines Körpers zu sehen, und die weiße Decke ist faltenlos. Obwohl du durch das Fasten schon recht schmächtig geworden bist, ist dein Körper doch wohl noch nicht ganz ohne Gewicht, was sich übrigens auch hier am Grassitze zeigt, wo du offenbar die Nacht in Gebet und Selbstvertiefung zugebracht hast. Aber ich finde doch, daß für einen so heiligen Bewohner dies Zimmer etwas zu weltlich aussieht. Hier auf dem Nachttisch die freilich unberührte Salbenbüchse und der Napf mit Sandelstaub, das Gefäß mit wohlriechendem Wasser und die Dose mit Zitronenbaumrinde und Betel. Dort an der Wand die gelben Amaranthkränze, die Laute--aber wo ist denn das Malbrett, das doch sonst an jenem Haken hängt?"

Während ich in meiner Verlegenheit auf diese Frage keine Antwort zu finden vermochte, entdeckte er nun das vermißte Brett und zog es unter dem Bett hervor.

"Ei, was ist denn das für ein böser, abgefeimter Zauberer," rief er, "der hier auf dem Brett, das ich doch selber ganz leer an jenen Haken gehängt habe, das reizende Bild eines ballspielenden Mädchens durch magische Kraft hat entstehen lassen--offenbar in der bösen Absicht, den angehenden Asketen gleich im Anfange mit Versuchungen anzufallen und ihm Sinne und Gedanken zu verwirren! Oder am Ende ist es ein Gott, denn wir wissen ja, daß die Götter sich vor der Allmacht der großen Asketen fürchten; und bei solch einem Beginnen wie dem deinigen könnte schon das Vindhyagebirge vor der Inbrunst deiner Buße zu rauchen anfangen, ja durch die Aufhäufung deines Verdienstes müßte das Reich der himmlischen Götter ins Wanken kommen. Und jetzt weiß ich auch, welcher Gott es ist: gewiß ist es der, den sie den unsichtbaren nennen, der Gott mit den Blumenpfeilen, der einen Fisch im Banner trägt--Kama, der Liebesgott, von dem du ja auch deinen Namen hast. Und--Himmel, was seh' ich! das ist ja Vasitthi, die Tochter des reichen Goldschmiedes."

Als ich so zum ersten Male den Namen der Geliebten hörte, fing mein Herz heftig zu pochen an, und mein Gesicht entfärbte sich vor Erregung.

"Ich sehe, lieber Freund," fuhr der schlimme Spaßmacher fort, "daß dieser Gedanke von dem Zauber Kamas dich in großen Schrecken versetzt, und in der Tat müssen wir etwas tun, um seinem Zorn zu entgehen. Da ist aber ein Weiberrat nicht zu verachten. Ich will dies magische Bild meiner geliebten Medini zeigen, die auch mit beim Tanze war und überdies die Milchschwester der schönen Vasitthi ist."

Hiermit wollte er sich mit dem Bilde entfernen. Da ich nun wohl merkte, was der Schelm vorhatte, hieß ich ihn warten, weil dem Bilde noch eine Inschrift fehlte. Ich mischte mir die schönste feurig-rote Farbe und in gar kurzer Zeit schrieb ich mit den zierlichsten Schriftzügen einen vierzeiligen Vers, der sehr einfach den Vorgang mit dem goldenen Ball erzählte. Wenn man aber die Zeilen rückwärts las, besagte der Vers, daß jener Ball, mit dem sie gespielt hatte, mein Herz sei, das ich selber ihr zurückschickte, wenn sie es auch davonjage; man konnte aber auch den Vers quer durch die Zeilen von oben nach unten lesen, und dann enthielt er eine Klage über die Verzweiflung, in die mich die Trennung von ihr gestürzt hatte; las man aber in umgekehrter Richtung, dann wurde man gewahr, daß ich doch zu hoffen wagte.

Von dem, was ich solchermaßen hineingeheimnißt hatte, ließ ich aber nichts verlauten, und so war denn Somadatta von dieser Probe meiner Dichtkunst, die ihm gar zu einfach schien, auch nicht sonderlich erbaut. Er meinte, ich müsse durchaus davon sprechen, wie Gott Kama, durch meine Askese in Schreck versetzt, das Zauberbild zu meiner Versuchung hervorgezaubert und mich dadurch überwunden hätte--wie denn jeder immer am meisten von seinem eigenen Witze entzückt ist.

Als nun Somadatta das Bild entführt hatte, fühlte ich mich in einer gehobenen und tatkräftigen Stimmung, weil doch nun ein Schritt getan war, der vielleicht in seinen Folgen zum ersehnten Glücksziel führen mochte. Ich konnte wieder essen und trinken, und nachdem ich mich gestärkt hatte, nahm ich die Vina von der Wand und ließ ihre Saiten bald melodisch seufzen, bald jubeln, während ich den himmlischen Namen Vasitthi in immer neuen Tönen wiederholte.

So fand mich denn auch Somadatta, als er mehrere Stunden später mit dem Bild in der Hand wieder hereintrat.

"Die ballspielkundige Zerstörerin deiner Ruhe hat auch gedichtet," sagte er, "aber vielen Sinn finde ich eben nicht in ihren Versen aufgespeichert, wenn auch die Schrift für ungewöhnlich hübsch gelten darf."

Wirklich gewahrte ich--mit welchem Entzücken, vermag ich nicht zu sagen--einen zweiten Vierzeiler, der mit Schriftzügen wie zarte Blütenzweige auf das Brett gleichsam hingehaucht war. Somadatta freilich hatte keinen Sinn darin finden können, denn das Ganze bezog sich eben auf das, was er nicht bemerkt hatte, und zeigte mir, daß die Holde meine Strophe in allen Richtungen--rückwärts, nach unten und aufwärts--richtig gelesen hatte, was mir einen hohen Begriff von ihrer Bildung und ihren Kenntnissen gab, wie denn auch ihr feiner Geist sich in der anmutig scherzenden Wendung zeigte, mit welcher sie meine feurige Erklärung als eine höfliche Galanterie hinnahm, der man nicht allzu große Bedeutung beimessen dürfe.

Nun versuchte ich freilich auch dieselben Lesemethoden auf ihre Strophe anzuwenden, in der Hoffnung, vielleicht doch ein verblümtes Geständnis oder irgend eine geheime Botschaft, wohl gar die Einladung zu einem Stelldichein darin zu finden; jedoch vergeblich. Ich sagte mir denn auch sogleich, daß dies gerade ein Beweis der höchsten und feinsten weiblichen Gesittung sei: die Liebliche zeigte mir, daß sie wohl imstande sei, die Subtilität und die verwegenen Pfade des männlichen Geistes zu verstehen, daß sie sich aber nicht verleiten lasse, seinen Spuren zu folgen.

Über meine enttäuschte Erwartung wurde ich nun auch sofort durch die Worte Somadattas getröstet.

"Aber diese Schönbrauige, wenn sie auch keine große Dichterin ist, hat doch wahrlich ein gutes Herz. Sie weiß, daß ich schon seit langer Zeit meine geliebte Medini, ihre Milchschwester, nicht gesehen habe, außer in großer Gesellschaft, wo nur die Augen sprechen können, und auch die nur verstohlen. Und so gibt sie uns Gelegenheit, uns in der folgenden Nacht auf der Terrasse des väterlichen Palastes zu treffen. Diese Nacht ist es leider nicht möglich, weil ihr Vater ein Gastmahl gibt; so lange müssen wir uns also gedulden. Vielleicht hast du Lust, mich bei diesem Abenteuer zu begleiten?"

Dabei lachte er ganz verschmitzt, und ich lachte ebenso und sicherte ihm meine Begleitung zu. In der vortrefflichsten Laune nahmen wir das Brettspiel, das an die Wand gelehnt war, und wollten uns durch diese den Geist anregende Beschäftigung die Zeit verkürzen, als ein Diener hereintrat und sagte, ein Fremder wünsche mich zu sprechen.

Ich ging in die Vorhalle und traf da den Bedienten des Gesandten, der mir sagte, ich müsse mich zur Abreise fertig machen und mich schon in dieser Nacht mit meinen Wagen im Hofe des Palastes einfinden, damit man beim ersten Morgengrauen aufbrechen könne.

Meine Verzweiflung kannte keine Grenzen. Ich wähnte, ich müsse unversehens irgend eine Gottheit beleidigt haben. Sobald ich meine Gedanken einigermaßen sammeln konnte, stürzte ich zum Gesandten und log ihm eine Menge vor von einem Geschäft, das noch nicht ganz abgewickelt wäre und unmöglich in so kurzer Frist zum gedeihlichen Abschluß gebracht werden könnte. Mit heißen Tränen beschwor ich ihn, die Reise nur noch um einen Tag zu verschieben.

"Du sagtest mir doch schon vor acht Tagen, daß du fertig wärest," entgegnete er.

Ich aber versicherte ihm, daß sich nachher unverhofft noch eine Aussicht auf einen bedeutenden Gewinn eröffnet hätte. Und das war auch keine Unwahrheit, denn welcher Gewinn hatte für mich mehr zu bedeuten, als die Eroberung dieses unvergleichlichen Mädchens?--Und so gelang es mir denn endlich, ihm diesen einen Tag abzulisten.

Die Stunden des folgenden Tages vergingen schnell mit den nötigen Reisevorbereitungen, so daß mir die Zeit, trotz meiner Sehnsucht, nicht allzu lang wurde. Als der Abend hereinbrach, standen die Karren beladen im Hof. Alles war zum Vorspannen bereit, um, sobald ich--noch vor Morgengrauen--erschien, aufbrechen zu können.

VI. AUF DER TERRASSE DER SORGENLOSEN

ls es nun völlig Nacht geworden war, begaben wir, Somadatta und ich, uns in dunkelfarbiger Kleidung, hoch aufgeschürzt, fest gegürtet und das Schwert in der Hand, nach der Westseite des palastartigen Hauses des reichen Goldschmiedes, wo sich die Terrasse über der steilen Felswand einer Schlucht befand. Mit Hilfe einer mitgebrachten Bambusstange erkletterten wir nun, die wenigen Vorsprünge geschickt benutzend, die in tiefen Schatten gehüllte Felsenwand, überstiegen dann mit Leichtigkeit die Mauer und befanden uns nun auf einer großen, mit Palmen, Asokabäumen und prächtigen Blumenpflanzen aller Art geschmückten Terrasse, die, in Mondlicht gebadet, sich vor uns ausbreitete.

Nicht weit von mir entfernt sah ich die der Lakshmi ähnliche Großäugige, die mit meinem Herzen Ball spielte, neben einem jungen Mädchen auf einer Ruhebank sitzen, und bei diesem Anblick fing ich an so heftig an allen Gliedern zu zittern, daß ich mich an die Brüstung lehnen mußte, deren marmorne Kälte meine in Feuersglut schon entschwindenden Sinne erfrischte und stärkte. Indessen war Somadatta auf seine Geliebte zugeeilt, die mit einem leisen Ruf aufgesprungen war.

Nun faßte ich mich denn auch so weit, daß ich mich der Unvergleichlichen nähern konnte, die, anscheinend überrascht durch die Ankunft eines Fremden, sich erhoben hatte und unschlüssig schien, ob sie bleiben oder gehen sollte, während sich ihr Auge, wie das der erschreckten jungen Antilope, wiederholt mit Seitenblicken aus dem äußersten Augenwinkel auf mich richtete, wobei sie wie eine vom leisen Winde geschaukelte Ranke bebte. Ich aber stand da in beständig wachsender Verwirrung, mit gesträubten Wangenhaaren und weit aufgeblühten Augen und konnte nur mühsam einige Worte von dem unverhofften Glück, sie hier zu treffen, hervorstammeln. Als sie aber meine große Zaghaftigkeit bemerkte, schien sie selber ruhiger zu werden. Sie setzte sich wieder auf die Bank und lud mich mit einer lässigen Bewegung ihrer Lotushand ein, neben ihr Platz zu nehmen, während sie mit einer Stimme, die sehr leicht und gar lieblich zitterte, mir versicherte, sie sei sehr glücklich über diese Gelegenheit, mir zu danken, weil ich ihr den Ball mit solcher Geschicklichkeit zurückgeworfen hätte, daß keine Störung im Spiel entstanden sei; denn wäre das geschehen, so würde ihr ganzes Verdienst dahin gewesen sein, und die von ihr ungeschickt verehrte Göttin hätte ihr gezürnt oder ihr wenigstens kein Glück geschenkt. Darauf antwortete ich, sie habe mir nicht zu danken, da ich höchstens das wieder gut gemacht hätte, was ich selber verfehlt; und als sie nicht verstand, wie ich das meinte, wagte ich sie daran zu erinnern, wie unsere Blicke sich begegnet hatten und sie darob verwirrt den Ball schief traf, so daß er ihr davonflog. Sie aber errötete heftig und wollte das durchaus nicht zugeben--was hätte sie denn auch dabei verwirren können?

"Ich denke," antwortete ich, "daß meine weit aufgeblühten Augen gleichsam einen solchen Duft von Bewunderung haben entströmen lassen, daß du dadurch einen Augenblick betäubt wurdest und mit der Hand daneben schlugst."

"Ei, was sprichst du mir da von Bewunderung," antwortete sie, "du bist ja gewohnt, in deiner Heimat noch viel geschicktere Spielerinnen zu sehen."

Aus dieser Äußerung entnahm ich mit Genugtuung, daß man sich über mich unterhalten hatte, und daß meine an Somadatta gerichteten Worte ihr getreulich mitgeteilt worden waren. Doch wurde mir auch heiß und kalt bei dem Gedanken, daß ich ja fast geringschätzig über sie gesprochen hatte, und ich beeilte mich, ihr zu versichern, daß daran kein wahres Wort gewesen wäre, und daß ich nur so gesprochen hätte, um nicht mein süßes Geheimnis dem Freunde preiszugeben. Das wollte sie aber nicht glauben, oder tat wenigstens so; und darüber vergaß ich dann glücklich meine ganze Schüchternheit, geriet in großen Eifer, um sie zu überzeugen, und erzählte ihr, wie bei ihrem Anblick der Liebesgott seine Blumenpfeile auf mich hatte regnen lassen. Ich sei überzeugt, daß sie in einem früheren Leben meine Frau gewesen sei, denn woher käme wohl sonst eine so plötzliche und unwiderstehliche Liebe? Wenn dem aber so sei, dann müsse doch auch sie in mir ihren ehemaligen Gemahl erkannt haben, und es müsse auch bei ihr eine solche Liebe entstanden sein.

Mit solchen dreisten Worten drang ich ungestüm auf sie ein, bis sie endlich ihre glühende, tränenperlende Wange an meiner Brust verbarg und mir in kaum hörbaren Worten gestand, daß es ihr ebenso gegangen sei wie mir, und daß sie gewiß gestorben wäre, wenn ihre Milchschwester ihr nicht noch rechtzeitig das Bild gebracht hätte.

Dann küßten und herzten wir uns unzählige Male und meinten vor Wonne vergehen zu müssen, bis plötzlich der Gedanke an meine unmittelbar bevorstehende Abreise wie ein schwarzer Schatten über meine Fröhlichkeit fiel und mir einen tiefen Seufzer erpreßte.

Erschrocken fragte Vasitthi, warum ich also seufzte. Als ich ihr aber dann den Grund nannte, sank sie wie ohnmächtig auf die Bank zurück, und brach in einen unerschöpflichen Tränenstrom und in herzzerreißendes Schluchzen aus. Vergeblich waren meine Versuche, die innig Geliebte zu trösten. Umsonst versicherte ich ihr, daß ich, sobald die Regenzeit vorüber sei, zurückkehren und sie dann nimmermehr verlassen wolle, wenn ich mich auch als Tagelöhner in Kosambi verdingen müsse.--In den Wind gesprochen waren alle Beteuerungen, daß meine Verzweiflung bei der Trennung nicht geringer sei als die ihre, und daß nur die harte, unerbittliche Notwendigkeit mich so bald von ihr wegrisse. Kaum daß sie unter Schluchzen ein paar Worte hervorbringen konnte, um zu fragen, warum es denn so notwendig sei, schon morgen, nachdem wir uns eben erst gefunden hätten, abzureisen--und als ich ihr dies dann sehr genau und umständlich erklärte, schien sie keine Silbe davon zu hören oder zu verstehen. O, sie sähe schon, daß ich mich danach sehne, nach meiner Vaterstadt zurückzukommen, wo es noch viel schönere Mädchen als sie gäbe, die auch viel besser Ball spielen könnten, wie ich es ja selber gesagt hätte!